Über die reaktion von α-aminobenzylcyanid mit aldehyden und schwefel

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Journal f. prakt. Chemie. Band 361, Heft 2, 1974, S. 299-303 J. A. Barth, Leipzig a b c -- uber die Reaktion von a-Aminobenzylcyanid mi* Aldehyden und Schwefel Von K. GEWALD, H. SCHONFELDER und U. HAIN Sektion Chemie der Technischen Universitat Dresden C6H5 4-CHZC--C,H, 4-CH,-C& Inhaltsiibersicht Bei der gerneinsaxncn Einwirkung yon aromatischen Aldehyden und Schwefel auf =-Amino- benzylcyanid entstehen 6-Arylidenamino-2-aryl-4-phenylthiazole 1, aus denen durch hydrolytische Spaltung die freien 5-Amino-2-aryl-4-phenyl-thiazole 2 erhalten werden. Im Rahmen unserer Arbeiten uber Nitrilcyclisierungen haben wir u. a. gezeigt, da13 methylenaktive Nitrile mit elementarem Xchwefel und geejgneten Reaktionspartnern unter milden Bedingungen X-Heterocyclen liefern [l, 21. Es handelt sich dabei um Abfangreaktionen, bei denen wie bei der WILLGERODT-Reaktion intermediar eine C-Base thioliert wird. Insbesondere die Aminothiophensynthese aus Carbonylverbin- dungen, Nitrilen und Schwefel [I] legte den Versuch nahe, dieses Prinzip auch auf &-Aminonitrile zu iibertragen. a-Aminobenzylcyanid reagiert tatsachlich im gewiinschten Xinne : Mit aromatischen Aldehyden und Schwefel erhalt man bei 20- 50 "C in Gegenwart von Triathylamin die 5-Arylidenamino-thiazole 1 a- e. Das freie Amin lLBt sich dabei nicht isolieren ; die Bildung der ScHIFFschen Base als letzter Schritt der Gesamtreaktion lauft auch bei Aldehyd-UnterschuB ab. Die Bil- dung von l kann - wenn auch sehr langsam verlaufend - bereits ohne Triathylamin als zusatzliche Hilf sbase beobachtet werden. Ph 1 2 R-CH=O + HZN-CH-Ph + S -+ I CN 1/ R Ausb. (%) C6H5 64 4-CH3 -CGH, 75 N- ,(ph + 7 ; ' . ,I --R - CH= 0 4-CH3O-C6H, 70 4-NO2-CGHa 25 II C,H5-CH=CH 32 R/\SANH, i n-C,H, 24 3

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Journal f . prakt. Chemie. Band 361, Heft 2, 1974, S. 299-303 J. A. Barth, Leipzig

a b c

- - uber die Reaktion von a-Aminobenzylcyanid mi* Aldehyden und Schwefel Von K. GEWALD, H. SCHONFELDER und U. HAIN Sektion Chemie der Technischen Universitat Dresden

C6H5 4-CHZC--C,H, 4-CH,-C&

Inhaltsiibersicht Bei der gerneinsaxncn Einwirkung yon aromatischen Aldehyden und Schwefel auf =-Amino-

benzylcyanid entstehen 6-Arylidenamino-2-aryl-4-phenylthiazole 1, aus denen durch hydrolytische Spaltung die freien 5-Amino-2-aryl-4-phenyl-thiazole 2 erhalten werden.

Im Rahmen unserer Arbeiten uber Nitrilcyclisierungen haben wir u. a. gezeigt, da13 methylenaktive Nitrile mit elementarem Xchwefel und geejgneten Reaktionspartnern unter milden Bedingungen X-Heterocyclen liefern [l, 21. Es handelt sich dabei um Abfangreaktionen, bei denen wie bei der WILLGERODT-Reaktion intermediar eine C-Base thioliert wird. Insbesondere die Aminothiophensynthese aus Carbonylverbin- dungen, Nitrilen und Schwefel [I] legte den Versuch nahe, dieses Prinzip auch auf &-Aminonitrile zu iibertragen.

a-Aminobenzylcyanid reagiert tatsachlich im gewiinschten Xinne : Mit aromatischen Aldehyden und Schwefel erhalt man bei 20- 50 "C in Gegenwart von Triathylamin die 5-Arylidenamino-thiazole 1 a- e.

Das freie Amin lLBt sich dabei nicht isolieren ; die Bildung der ScHIFFschen Base als letzter Schritt der Gesamtreaktion lauft auch bei Aldehyd-UnterschuB ab. Die Bil- dung von l kann - wenn auch sehr langsam verlaufend - bereits ohne Triathylamin als zusatzliche Hilf sbase beobachtet werden.

Ph

1

2 R-CH=O + HZN-CH-Ph + S -+ I CN

1/ R Ausb. (%)

C6H5 64

4-CH3 -CGH, 75 N- ,(ph

+ 7;'. ,I --R - CH= 0

4-CH3O-C6H, 70

4-NO2-CGHa 25 II C,H5-CH=CH 32 R/\SANH,

i n-C,H, 24 3

300 GEWALD, SCHONBELDER u. RAIN

Aliphatische Aldehyde sind offenbar fur die Reaktion weniger geeignet, wir konnten lediglich n-13utyraldehyd in maljiger Ausbeute zu 2 f umsetzen.

Aus den Arylidenaminoverbindungen 1 erhalt man leicht durch saure Hydrolyse in 8&%proz. Ausbeute die freien Aminothiazole 3. Verbindung 2 a stimmt in Schmelz- punkt und Spektren mit dem kurzlich von NYITRA~ und LEMPERT [3] beschriebenen, auf anderem Wege hergestellten 5-Amino-2,4-diphenylthiazol uberein. Damit ist auch gleichzeitig die Struktur 1 gcsichert.

Der Reaktionsablauf zu 1 kann - wenn auch nur spekulativ - in gewisser Analogie zur Thiophenbildung [l] folgendernial3en forrnuliert werden : Dem ersten Schritt, der Bildung des Azomethins A aus Aldehyd und Amiiionitril schlieljt sich die basenkataly- sierte ,,a-Thiolierung" (einer CH-aciden Verbindung) an, wobei das entstehende Thio- amid B (als Anion formuliert) sofort den Thiazolring [4] schlieljt. Das Thiazol 2 unter- lie@ schlieljlich sehr rasch einer Bondensation mit dem Aldehyd.

Ph Ph Ph I -H@ I N=C/

CH CN I 1 R-CH=N-CH t=-2 R-CH=N-C 10 +-+

R/E I

CN I CN

A

B

Damit ist jedoch nicht ausgeschlossen, daR A mit Schwefel auch nach einem anderen Mechanismus zu B reagieren kann, zumal lange bekannt ist, da13 aus SCHIFFschen Basen und Schwefel Thioamide entstehen konnen [5], allerdings unter wesentlich drastischeren Bedingungen als das hier der Fall ist.

Es lag nun nahe, das bereits in der Literatur erwahnte Benzylidenaminophenylaceto- nitril A selbst mit Schwefel umzusetzen. Entgegen den Angaben in [6] erhielten wir aber in keinem Falle aus Benzaldehyd und a-Aminobenzylcyanid A, sondern isolierten stets 2,4-Diphenyl-imidazol, dessen Herstellung au5 den genannten Komponenten in Gegenwart von Salzsaure bekannt ist [7]. Damit 1aBt sich ein direkter Nachweis fur den Primarschritt der Gesamtreaktion bzw. fur A als Intermediares nicht fuhren.

Bisher gelang es uns nicht, die Verbindungen vom Typ A auch mit anderen &-Amino- nitrilen zu erhalten. Dies durfte daran liegen, daR das notwendige interrnediare Azo- methin iiberhaupt nicht gebildet wird (aus Aminocyanacetamid und Benzaldehyd entsteht vermutlich ein Imidazolidonderivat) oder dieses in anderer Richtung rascher weiterreagiert .

Dem VEB Chemielrombinat Bitterfeld danken wir fur finanzielle Unterstiitzung.

Beschreibung der Vorsuche

die UV-Spekt.ren wurden mit dem Gerat Unicam SP 800 gemesaen. Fur die Aufnahme der IR-Spektren diente der Spektrograph UR 10 vom VEB Carl Zeiss Jena;

Reaktion von a-Aminobenzylcyanid mit Aldehyden und Schwefel 301

a- A m i n o b e n z y l c y a n i d

Eine von NEELAKANTAN und HARTUNG [Sl angegebene Darstellungsmethode wurde zur Ein- topfreaktion modifiziert: 10,6 g (0,l Mol) Benzaldehyd werden in einer Losung von 10,5 g (0,l Mol) Natriumbisulfit in 15 ml Wasser 0,5 Std. gut geruhrt. Danach tropft man bei G0"C allmahlich (gegen Ende sehr langsam) 8 nil 25proz. Ammoniaklosung sowie anschlieDend eine klare Losung von 6,5 g (0,l Mol) Kaliumcyanid in wenig Wasser zu. Nach 10 Min. Ruhren haben sich 11-12 g (80- 90%) 01 abgeschieden, das fur die. nachfolgenden Versuche (in 5proz. uberschul3) eingesetzt werden kann. Zur Isolierung des reineren, kristallinen ProdukteR wird das Gemisch 2 Std. bei - 5°C stehengelassen und scharf abgesaugt. F. 52-53OC (Ligroin).

5 - Ar y 1 i d e n a m i n o - 2 - a r y 1 - 4 - p h e n y 1 t h i a z o 1 e

Ein Gemisch von 1,4 g (10 mMol) a-Aminobenzyleyanid, 0,32 g (10 mg-Atom) feingepulvertem Schwefel, 10 mMol Aldehyd und 10 ml abs. Athanol versetzt man unter Ruhren mit 0,6 ml Tri- athylamin. Danach wird noch 1 Std. bei 50°C geruhrt, nach dem Erkalten abgesaugt und mit wenig Athanol gewaschen. (Aus dem Filtrat 1aDt sich durch Verdunnen mit Wasser und Zusatz von wenig Eisessig noch etwas Rohprodukt gewinnen.)

1 a--0 (Allgemeine Arbeitsvorschrift)

5 - B e n z y l i d o n a m i n o - 2 , 4 - d i p h e n y 1 t h i a z o 1

Ausb. 2,2 g (64%), F. 145-147°C (Nitromethan).

1 a

C,,H,,N,S (340,4) Ber. C 77,63 H 4,74 N 8,523 S 9,40 Gef. C 78,lO H 4,80 N 8,24 S 9,53.

I,,,(DMF): 289 nm (log E = 4,25); 389 (4,31); 401 (4,34).

5 - (p - A n i s y 1 i d e n a m i n 0 ) - 2 - (p - a n i s y 1) - 4 - p h e n y 1 t h i a z o 1 1 b Ausb. 2,s g (70%), F. 150--15l0C (Nitromethan).

C,4H,oN,0,S (400,4) Ber. C 71,98 H 5,03 N 7,00 S 7,98 Gef. C 71,40 H 4,93 N G,70 S 8,30.

Imax(DMF): 279 nm (log E = 4,32); 300 (4,27); 418 (4,43).

5 - (p - T o 1 y 1 i d e n a m i n 0 ) - 2 - (p - t o 1 y 1) ~ 4 - p h e n y 1 t h i a z o 1 1 c

Ausb. 2,s g (55'33, F. 161--163°C (Nitromethan).

C,4H20N,S (368,4) Ber. C 78,24 H 5,47 N 7,60 S 8,68 Gef. C 77,89 H 5,30 N 7,24 S 9,12.

I,,, (DMF): 287 nm (loge = 4,32); 391 (4,30); 409 (4,36).

5 - (p - N i t r o b e n z y 1 i d e n a m i n 0 ) - 2 - (p - n i t r o p h e n y 1) - 4 - p h e n y 1 t h i a z o 1

Zu einem Cemisch von 2,8 g (20 millol) a-Aminobenzylcyanid, 0,64 g gepulvertem Schwefel und 10 ml Dimethylformamid tropft man unter Riihren 1 ml Triathylamin, wobei sich der Schwe- fel unter Erwflrmung auflost. Nach 1 Std. saugt man nach vorheriger Kuhlung ab. Ausb. 2,l g (24%), F. 255-256°C (Dimethylformamid).

1 d

C,,HI,N40,S (430,2) Ber. C G1,41 H 3,25 N 13,01 S 7,41 Gef. C G0,84 H 3,41 N 12,GO S 8,Ol.

I,,, (DMF): 306 nm (log e = 4,21); 439 (4,38).

302 GEWALD, SCHONFELDER u. HAIN

5 - C i n n a m y 1 i d e n a m i n o - 2 - (b - s t y r y 1) - 4 - p h e n y 1 t h i a z o 1 Ein Gemisch von 2,s g a-Aminobenzylcyanid, 5,3 g (40 mMol) Zimtaldehyd, 0,64 g feingepul-

vertem Schwefel und 10 ml Nitromethan wird unter Zusatz von 1 ml TriLthylamin 0,5 Std. ge- riihrt. Die ausgefallenen Mristalle werden nach vorheriger Kiihlung abgesaugt. Ausb. 2,5 g (32%), F. 150-153OC (Aceton).

1 e

C,,H,,N,S (392,3) Ber. C 79,60 H 5,lO N 7,13 S 8,16 Gef. C 78,90 H 4,87 N 7,50 S &SO.

I , , , (DMF): 280 nm (log F = 4,31); 302 (4,20) sh; 429 (4,40).

5 - B 11 t y 1 i d e n a m i n o - 2 - p r o p y 1 - 4 - p h e n y 1 t h i a z o 1 2,8 g a-Aminobenzylcyanid, 2,9 g (40 mMol) n-Butyraldehyd und O,G4 g Schwefel werden in

10 ml abs. Athanol unter Riihren tropfenweise mit 1 ml Trigthylamin versetzt und 1,5 Std. bei 50°C geriihrt. Danach gieDt man vom nicht umgesetzten Schwefel ab, neutralisiert rnit Essig- saure und saugt nach dem Erkalten ab. Ausb. 1,3 g (24%), F. 79-81’C (Nitromethan).

C,,H,,N,S (272,2) Ber. C 70,58 H 7,35 N 10,29 S 11,76 Gef. C 71,Ol I€ 7,lO N 9,89 S 11,24.

I,,, (DMF) : 366 nm (log E = 4,13).

1 f

5-Amino-2,4-diphenylthiazol 2a 5 g 1 a unterwirft man in 30 ml halbkonz. Schwefelsaure einer Wasserdampfdestillation, bis

kein Benzaldehyd mehr iibergeht und die Losung in der Hitze klar geworden ist. (Das Gcsamt- voluinen der Fliissigkeit sol1 dabei 60 ml nicht iibersteigen.) AnschlieBend wird das Reaktions- gemisch unter Riihren und Kiihlen rnit 10proz. Natronlauge schwach alkalisch gemacht. Nach Absaugen erhalt man 3,5 g (95%) 2 a vom F. 124--126OC (Tetrachlorkohlenstoff) (Lit.: 126°C ~31).

Cl,H1,N,S (252,2) Ber. C 71,34 H 4,79 N 1 1 , l O S 72,68 Gef. C 71,42 H 4,87 N 1 1 , O l S 12,20.

I R (KBr): NH 3460, 3280, 3170 cm-I. NMR (CHCI,, t-Werte in ppm): C,H, 3,3; 3,8m, KH, 4,2 s.

5-Amino-2-anisyl-4-phenylthiazol 2b

Athanol). Wie vorstehend beschrieben erhalt man aus 5 g 1 b 3 g (85%) 2 b vom F. 165--167°C (verd.

C,,H,,N,OS (282,2) Ber. C 68,lO H 4,95 N 9,92 S 11,33 Gef. C 67,54 H 4,80 N 9,45 S 11,90.

IR (KBr): NH 3455, 3330, 3210 em-l.

5-Amino-2-(p-tolyl)-4-phenylthiazol 2c 5 g 1 c werden in 35 ml 48proz. HBr einer Wasserdampfdestillation unterwoi-fen, bis kein

Aldehyd mehr ubergeht und eine klare Losung (nicht mehr als 50-60 ml) entstanden ist. Nach dem Erkalten wird vom abgeschiedenen zfhen Hydrobromid abgegossen, dieses in Methanol ge- lost und mit waI3rigem Ammoniak die freie Base gefallt. Aus der HBr-Losung lLDt sich durch Alkalisieren mit NaOH noch etwas Rohprodukt gewinnen.

C,,H,,N,S (266,3) Ber. C 72,16 H 5,30 N 10,52 Gef. C 71,89 H 5,42 N 10,41.

IR (KBr): XH 3450, 3325, 3210 cm-l. XMR (CHCI,. t-Werte in ppm): CH, 7,6% s, KH, 6,2 s.

Ausb. 3 g (go%), 3’. 132--134°C (CCI,).

Reaktion von a-Aminobenzylcyanid mit Aldehyden und Schwefel 303

Literaturverzeichnis [l] K. GEWALD, H. BOTTCHER u. E. SCHINKE, Chem. Ber. 99, 94 (1966). [a] K. GEWALD, J. prakt. Chem. [4] 32, 26 (1966); K. GEWALD, M. KLEINERT, B. THTELE u.

[3] J. KYITRAI u. E. LEMPERT, Acta chim. Acad. Sci. hung. 73, 49 (1972). [4] A. H. COOK, J. HEILBRONN u. A. L. LEVY, J. chem. SOC. [London] 1947, 1594. [5] B. BOTTCHER u. F. BAUER, Liebigs Ann. Chem. 568, 218 (1950); R. WEGLER, E. KUHLE u.

W. SCHAFER in: Neuere Methoden, Bd.3, S. 1, Hrsg. W. FOERST, Verlag Chemie, Weinheim 1961.

M. HENTSCHEL, J. pralrt. Chem. 314, 303 (1972).

[6] I. PLOCHL, Ber. dtsch. chem. Ges. 14, 1139 (1881). [7] S. S. MINOVICI, Ber. dtsch. chem. Ges. 20, 2097 (1896). [8] L. XEELAKANTAN u. W. H. HARTUNG, J. org. Chemistry 29, 1943 (1959).

Bei der Redaktion eingegangen am 10. August 1973.

Anschr. d. Verf.: Dr. IC. GEWALD, Dip1.-Gwl. H. SCHONBELDER und Chem. -1ng. U. HAIN, Sektion Chemie der Technischen Universitat, DDR-8027 Dresden, Mommsen- stral3e 6