der funke - ausgabe nr. 18

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Occupy Nr. 18 / November 2011 Griechenland Wahlen 2011 zwischen Gewinnern und Verlieren Wir sind die Lösung Sie sind die Krise wie geht‘s weiter? revolutionäre Situation

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der Funke, Zeitung der marxistischen Strömung in JUSO und Gewerkschaft - Ausgabe Nummer 18, 5. November 2011

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Page 1: der Funke - Ausgabe Nr. 18

Occupy

Nr. 18 / November 2011

Griechenland Wahlen 2011 zwischen Gewinnern

und Verlieren

Wir sind die LösungSie sind die Krise

wie geht‘s weiter?

revolutionäre Situation

Page 2: der Funke - Ausgabe Nr. 18

2 DER FUNKE

Impressum: Kontakt: Der Funke Schweiz, Postfach 1696, 8401 Winterthur, [email protected]; Druck: Eigenverlag; Auflage: 250 Stück; Abonnement: [email protected]; Redaktion: Olivia Eschmann, Matthias Gränicher, Magnus Meister, Aline Waitschies; Layout: Aline Waitschies, Matthias Gränicher; Die Zeitschrift behandelt Fragen der Theorie und Praxis der schweizerischen und internationalen ArbeiterIn-nenbewegung.

inhalt

Editorial147. Sowenige Grossunternehmen kontrol-lieren laut einer ETH-Studie aus dem Jahre 2009 grosse Teile der globalen Wirtschaft. Drei Viertel dieser Unternehmen sind Finanz-gesellschaften. Vorne mitdabei; die UBS und die CS. Sie gelten als die 9. bzw. 14. mäch-tigsten Unternehmen der Welt. Zwei wich-tige Schlüsse lassen sich aus dieser Studie ziehen. Einerseits demonstriert sie eindrück-lich, dass die Banken die gesamte Weltwirt-schaft unterworfen haben, anderseits, dass die Konzentration (oder auch Monopolisie-rung) soweit fortgeschritten ist, sodass von freier Marktwirtschaft keine Rede mehr sein kann. So ist also die künstliche Trennung zwischen Finanzkapital und „Realwirtschaft“ zerschlagen und die freie Konkurrenz und der freie Markt in die Geschichtsbücher verbannt. Dies sind zwei Lektionen, die wir nie mehr vergessen sollten, denn sie entlar-ven die bürgerliche Politik und die wahren Machtverhältnisse, auch in den westlichen „Demokratien“. Diese Erkenntnisse sind zwar keineswegs neu, so hatte doch bereits Karl Marx diese Entwicklungen des Kapita-lismus vorhergesehen, doch sind sie gera-de in heutigen Weltlage der Schlüssel zum Verständnis der wirtschaftlichen und politi-schen Entwicklungen. Wir können momen-tan im ganzen Euroraum erleben wie die Interessen des Kapitals, also der Banken und Grosskonzerne, offen mit den Interessen der Mehrheit und den demokratischen Struk-turen aufeinanderprallen. Das Kapital geht vorerst aus jeder Runde siegreich hervor, dabei gibt es weder moralische noch demo-kratische Hemmschwellen. So titelte das re-nommierte Wirtschaftsmagzin „Forbes“: „Die wahre griechische Lösung: Ein Militärcoup“ oder „die Welt“ aufgrund des Referendums für das Rettungspakett für Griechenland: „Papandreou riskiert eine globale Finanz-schmelze“. Die Diktatur der Märkte, also die Diktatur weniger Grosskonzerne, ist beinahe perfekt. Ob Sozialdemokraten, Christsoziale oder Wirtschaftsliberale, alle tanzen sie nach den Pfeifen der geballten Wirtschaftsmacht einiger weniger.

Gleichzeitig provoziert das Aufbrechen des demokratischen Deckmäntelchens den erbitterten Wiederstand breiter Bevölke-rungsschichten. Vom heorischen, und doch verzweifelten Kampf der Griechen um ihre Lebensgrundlage, zu der Occupy-Bewe-gung vor allem in Amerika, welche immer breiter und militanter wird, bis hin zu den Kämpfen der Nordafrikanischen Arbeiter für ein menschenwürdiges Leben. Die Zeiten haben sich geändert; die Krise der kapitalis-tischen Wirtschaft zwingt das Kapital auch bei uns immer offener seine hässliche Fratze zu offenbaren und die Menschen sind nicht

mehr einfach bereit auf dem Altar des Pro-fits geopfert zu werden. Es stehen Jahre der erbitterten Verteilkämpfe, der Revolutionen und Konterrevolution, des offenen Klassen-kampfes bevor.

Die Organisationen und Parteien der Lohn-abhängigen stehen dieser Herausforde-rung in historischer Schwäche gegenüber. Die Jahrzehnte der Kollaboration mit den Bürgerlichen haben sie fett und träge wer-den lassen. Die nationalen Wahlen in der Schweiz haben gezeigt, dass die Krise der Schweizer Sozialdemokratie noch keines-wegs überwunden ist. Es ist bezeichnend, dass ein weiterer Verlust an Wähleranteilen nach den Wahlen 2007, durch die Partei-spitze als Sieg verkauft wird. Was haben wir den gewonnen? Drei Sitze, und sonst hat die SP seit Jahren keinen Blumentopf ge-wonnen.

Es scheint, als ob die Sozialdemokratie in einer Traumwelt der Konsesfindung, in der alle gleichlange Spiese haben und es nur um Meinungsverschiedenheiten geht, zu leben glauben. Es ist Zeit aufzuwachen, die Krise ist kein Alptraum; sie ist die harte Rea-lität, in welcher die Bürgerlichen die Interes-sen des Grosskapitals vertreten. Pünktlich nach den Wahlen werden nun Entlassungs-wellen angekündigt. Huntsman, Roche, ING und andere haben trotz riesigen Profite alleine in den letzten zwei Wochen tausen-de von Stellen vernichtet. Auch die Renten sollen nun, trotz dem abgeschmetterten Versuch den Umwandlungssatz zu senken, doch noch gekürzt werden. Der Bundesrat hat entschieden den Mindestzinsatz von 2% auf 1.5% zu senken. Gleichzeitig haben die Baumeister die Verhandlungen um den LMW scheitern lassen.

Die SP hat die Aufgabe sich konsequent für die Interessen der Lohnabhängigen einzu-setzen. Die aufflammenden Arbeitskämpfe wie bei Roche in Nyon oder bei Huntsman aktiv zu unterstützen und sie mit den Kämp-fen im öffentlichen Sektor zu verbinden. Die Sozialdemokratie muss wieder ein Pro-gramm gegen die Krise aufstellen, welches nicht der Logik des Kapitals gehorcht. Ein erster Schritt dazu muss die Forderung nach der Verstaatlichung von Betrieben, welche geschlossen werden sollen, unter Kontrolle der Beschäftigten sein. Das Kapital kennt nur eine Logik; Es ist die Logik des Profits. Wir müssen uns dieser zusammen mit dem überall aufkeimenden Widerstand entge-genstellen. Denn es ist ihre Krise, nicht die unsere.

Die Redaktion

schweiz03 Wahlen 2011 - zwischen Gewinnern und Verlieren

05 Der Volkwille und andere Kleinigkeiten

06 Bildungswahn(sinn)

08 Wir sind sauer!

arbeiterInnenbewegung

12 Kahlschlag bei Huntsman

13 Gehämmert und Gesichelt

22 Über meine Arbeit

international

09 Occupy - wie geht‘s weiter?

16 Griechenland steht erneut vor einer revolutionären Situation

21 Italien: Massendemonstration gegen Sparmassnahmen

wirtschaft

14 Rebellion der Produktivkräfte

geschichte

18 Geschichte der SPD: Teil 1

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DER FUNKE 3

schweiz

Wahlen 2011 -

Eine Auswertung der Wahlergebnisse für die Bundesversammlung ist wahrlich keine einfache Aufgabe. Wer hat ge-wonnen und wer hat verloren, bedeuten die Ergebnisse ein Wechsel der Kräfteverhältnisse etc. Aus marxistischer Sicht-weise stellen Wahlen einen momentanen Ausdruck der politischen Kräfteverhältnisse dar. Wir wollen vor Allem darauf fokusieren, was die Konsequenz dieser Resultate für die sozialistische Politik in der kommenden Legislaturperiode sein soll.

Wir müssen an dieser Stelle die Resultate nicht ausführlich wiedergeben, diese wurden in den letzten Wochen ausführ-lich in der bürgerlichen Presse durch Politiker jeglicher Couleur und soge-nannte Polit-Experten zerkaut. Etwas ist unbestreitbar; die neuen „Mitte-Parteien“ BDP und GLP konnten zulegen und zwar ziemlich massiv (+5.4%, bzw. 4%). Dies wurde nun oft als ein „new kids on the block“-Effekt präsentiert. Doch die per-sönliche Erfahrung eines jeden lehrt uns, dass es nicht so einfach ist, sich als Neu-ling gleich Anerkennung zu verschaffen. Entweder muss man sich diese in der, hier politischen, Praxis konkret verdie-nen, oder man profitiert von der schwin-denden Autorität der Etablierten.

Der BDP wird nachgesagt, sie geniesse dank der Arbeit ihrer Bundesrätin Wid-mer-Schlumpf über hohes Ansehen in der Bevölkerung, weshalb sie zugelegt habe. Das undurchsichtige Funktionieren des Bundesrates selbst bedingt jedoch, dass über ihre konkrete Arbeit relativ wenig an die Öffentlichkeit geraten kann. Ein Rest an Sympathie mit ihr ist vielleicht höch-stens an die Tatsache gebunden, dass sie sich vor 3 Jahren gegen Christoph Blo-cher gestellt hat.

Diese neuen Parteien haben weder ein klares politische Profil, welches sie von den anderen Parteien abgrenzt, noch eine klare soziale Basis. Für uns ist klar, die Stärke dieser Parteien ist die Diskre-ditierung der etablierten Parteien des Bürgerblocks, nichts anderes. Da kommt es ihnen sicherlich zugute, dass sie sich als etwas Neues und Unverbrauchtes, als politisch moderat und fortschrittlich prä-sentieren können. Ihre grösste Stärke ist jedoch die Schwäche der übrigen bürger-lichen Parteien und die vage Hoffnung der Wählerschaft, sie könnten Lösungen

anbieten.

Auch in der Frage des politischen Spek-trums, welchem sie zuzuordnen sind, begnügen wir uns nicht mit der Selbstbe-zeichnung der Parteien. Für uns geht es um die Verteidigung von Interessen; wel-che Interessen stehen hinter diesen Par-teien und wie sehen ihre „Lösungen“ aus.

Die GLP besteht zu einem wichtigen Teil aus Unternehmern, welche im sogenann-ten „Cleantech“ Markt aktiv sind, der pro-fitträchtige Investitionsmöglichkeiten verspricht. Es waren sogar Rohstoffhänd-ler auf ihren Wahllisten, also die Typen, die mit Ressourcen spekulieren und sich an der Not von Millionen eine goldene Nase verdienen. Die BDPler sind wohl am Besten als moralisierende Alt-SVPler zu bezeichnen, welche sich genauso wie ihre ehemaligen Parteikameraden nach einer Schweiz sehnen, welche so nie existiert hat. Sie bildete sich als eine Abgrenzung von Teilen des reaktionären Kleinbürgertums zum SVP-Grosskapital und dem rechtesten Flügel der Partei.

Wie sieht‘s aus, wenn es an die konkreten Fragen der politischen Entscheidungen geht? Für die ArbeiterInnenklasse sind (unter Anderem) drei Bereiche der par-lamentarischen Politik von grosser Wichtigkeit: Die Sozialpolitik, die Wirt-schaftspolitik und die Ausländer- und Mi-grationspolitik. In allen ist eines klar: die „Siegerparteien“ sind genauso reaktionär und verteidigen genauso die Interessen der Bourgeoisie wie ihre grossen „Schwe-stern“. Wenn die sogenannte neue Mitte in den entscheidenden Fragen genau die selben Positionen wie die „alte Mitte“ und die Rechte hat, weshalb sollten wir sie dann also in verschiedene politischen Blöcke unterteilen.

Schwächung der Rechten?

Die SVP hat verloren und zwar beinahe 2.5%. In unserem Perspektivendokument von 2009 schrieben wir folgendes: „Die Wirtschaftskrise wird sich auch in eine Krise der bürgerlichen Parteien über-setzen. Besonders die SVP wird dabei schwierige Positionen einnehmen müs-sen und die Interessensgegensätze ihrer Wählerschaft werden ihr strategische Schwierigkeiten bereiten.“ Die Masche der SVP-Grosskapitalisten hat ihren Zeni-th überschritten. Mit Fremdenfeindlich-keit allein lassen sich keine Wahlen mehr gewinnen, musste die SVP schmerzhaft feststellen. Dies ist ein lehrreicher Aus-druck des Einflusses der veränderten objektiven Bedingungen, in welcher wirt-schaftliche Unsicherheit einen wichtigen Teil der Wählerschaft der SVP erschüttert und nicht mehr die NachbarInnen mit Kopftuch oder die fremdklingende Spra-che in der Migros.

Die innere Unordnung der SVP hat nicht erst nach ihrer Wahlniederlage begon-nen, sondern es rumorte schon vor den Wahlen in der Basis. Dies ist Ausdruck der sozialen Heterogenität dieser Partei. Der Glarner Ständerat This Jenny anerkennt, dass die Partei sich vielleicht mehr auch sozialpolitischen Themen zuwenden sollte. Dies wird den widersprüchlichen Charakter der SVP nur noch weiter zum Vorschein bringen.

Wie oben ausgeführt, hat sich das all-gemeine Kräfteverhältnis in den für die Lohnabhängigen wichtigen Fragen jedoch dadurch keineswegs zu ihren Gunsten verschoben. Bürgerblock bleibt Bürgerblock, auch wenn seine farbliche Zusammensetzung variiert.

Zwischen Gewinnern und Verlierern

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4 DER FUNKE

schweiz

Schwächung der Linken?

Wir haben immer wieder betont, dass die Stärke der Rechten Audruck der Schwä-che der Linken sei. Umgekehrt ist aber die Schwäche der extremen Rechten aber nicht einfach in formallogischer Umdrehung dann die Stärke der Linken. Nachdem die SP vor 4 Jahren beinahe 4% Wähleranteil verloren hat, musste sie heu-er wieder 0.8% abgeben. Und auch wenn Teile der SP die Wahlniederlage dank 3 Sitzgewinnen klein reden wollen, sie ist real und auf dem tiefsten Stand seit 1991. Es ist klar, wer für die Wahlniederlage von 2007 Schuld hat: der sozialliberale Flügel der Partei. Das diesjährige Resultat ist Aus-druck der latenten Orientierungsdebatte zwischen diesem Flügel und dem linken, dem gewerkschaftlichen Flügel. Diese Debatte gilt es offen und durch die Basis auszutragen, wobei das zentrale Thema das Verhältnis zu den Bürgerlichen, sprich die Rolle der Sozialpartnerschaft sein soll.

Die offensichtliche allgemeine Schwä-chung der Linken kontrastiert jedoch mit Entwicklungen in einzelnen Kantonen. Es kann Allgemein gesagt werden, dass die SP dort erfolgreich sein konnte, wo sie die Themen Arbeit, Lohn und Rente ins Zen-trum ihrer Kampagne gestellt und sich nicht vom Parteiprogramm lossagte. Mit diesen linken auf die Lohnabhängigen orientierten Kampagnen konnte ein noch grösseres Abstürzen der Partei verhindert werden. Diese Tatsache wird innerhalb der Partei nicht ohne Wirkung bleiben. In gewissen Kantonen wurden aber auch VertreterInnen des rechten Parteiflügels mit passablen Resultaten gewählt. Diese stützen sich jedoch v.A. auf Personen-wahlen, welche bekanntlicherweise ei-nen hohen Anteil an Fremdwählern benö-tigen (also aus dem bürgerlichen Lager). Mit einem sozialistischen Wahlkamp und einem konsequenten Parteiaufbau haben solche Kampagnen jedoch nichts zu tun und dieser sollte heute im Zentrum sozia-listischer Politik stehen.

Bereits jetzt diskutieren die Linken in der SP und allen voran die Juso, die Resultate und ziehen Schlüsse daraus. Es ist offen-sichtlich, dass die Partei sehr schwach ist, was grösstenteils auf eine geschwächte Basis zurückzuführen ist. Oberstes Ziel muss daher das Aktivieren und der Wie-deraufbau der Basis der Lohnabhängi-gen auf Grundlage einer kämpferischen sozialistischen Politik sein. Dafür ist ein Bruch mit den versöhnlerischen und klas-senkollaborationistischen Traditionen der Nachkriegszeit notwendig. Bereits Heute

zeichnen sich die politischen Angriffe ab, welche in der kommenden Legislatur auf die ArbeiterInnen abzielen, wie beispiels-weise das Rentenalter. Die SP muss sich darauf vorbereiten, diese Angriffe abzu-wehren und kompromisslos für die Errun-genschaften und Interessen der Lohnab-hängigen zu kämpfen. Dies wäre ein Sieg, für welchen es sich lohnt, über die Bücher zu gehen, denn zieht man die nötigen Konsequenzen aus einer Niederlage, kann sich diese in einen Sieg verwandeln.

Die Juso

Dass eine kämpferische Politik, welche eine starke Klassenkomponente hat, er-folgreich sein kann, zeigt die Erfahrung der Juso im Kanton Zürich. Mit einer Kam-pagne, welche die Lohnverteilung, die Bonzensteuer und die Verstaatlichung der Banken ins Zentrum rückte, konn-te die Juso zur stärksten Jungpartei des Kantons vorrücken. Gleichzeitig zeigte sie sich fähig, in den konkreten Kämpfen, wie etwa dem der Bauarbeiter am Zürcher HB oder den Besetzungen des Paradeplatzes, eine führende Rolle einzunehmen. Die Juso konnte ihre Stimmenzahl im Kanton Zürich beinahe verdoppeln und in an-deren Kantonen konnten Jusos ähnliche Erfolge auf Grundlage eines offensiven Wahlkampfs feiern und zwei Juso-Genos-sen konnten gewählt werden.

Konsequenzen

Trotz des relativen Erfolgs der Juso und dem Einzug zweier Genossen ins Parla-ment, haben wir keine Illusionen in die-ses. Für uns ist klar, egal welche Zusam-mensetzung die Bundesversammlung

hat, die wahre Macht in der Gesellschaft liegt nicht im Parlament, sondern in den Chefetagen der Banken, der Versiche-rungen und der grossen Industriebetrie-ben. Wahlen sind Ausdruck eines Kräf-teverhältnisses und gesellschaftlicher Tendenzen. Die SP muss ihre Fähigkeit dieses Kräfteverhältnis positiv zu Gunsten der Lohnabhängigen zu wenden wahr-nehmen. Dies hat sie in diesen Wahlen teilweise gezeigt. Dass auf Grundlage eines kämpferischen Programms Siege errungen werden können, haben die Ge-nossInnen der Juso und Linke SPlerInnen bewiesen. Es geht jetzt darum die Wahlen als Ausgangpunkt für eine sozialistische, also eine kompromisslose und offensive Politik zu verwenden. Auf dass sich das Kräfteverhältnis endgültig in Richtung einer radikalen Lösung der sozialen und wirtschaftlichen Probleme der Lohnab-hängigen verschieben kann, auf dass die Demokratie der Lohnabhängigen, welche die gesamten Gesellschaftlichen Bereiche umfasst, auf dass der Sozialismus sich ver-wirklichen kann. Wenn diese Konsequenz aus den Wahlen gezogen wird, können wir das Kräfteverhältnis wahrlich ändern.

- Für eine Partei der kompromisslosen Verteidigung der Interessen der Lohnab-hängigen!

- Kampf dem Bürgerblock und somit den Sozialabbauern und Rassisten jeglicher Couleur – kein Koalition mit den Bürger-lichen!

- Für die Überwindung des Kapitalismus!

Magnus MeisterRegio-Vorstand Unia Genf

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DER FUNKE 5

Unsere Genossin Anna konnte bei den Nationalratswahlen im Kanton Zürich mehrere Tausend Stimmen für ein sozialistisches Programm in Verteidi-gung der Lohnabhängigen und der Jugend gewinnen. Zu den knapp über 3‘000, welche die Juso-Liste eingewor-fen haben sind dies fast 1‘500 zusätz-liche Stimmen welche v.A. aus der SP und der Gewerkschaftsbewegung ka-men. Die Kampagne der Genossen der marxistischen Strömung der Juso kon-zentrierte sich besonders auf Interven-tionen an den Berufsschulen, wo sich zeigte, dass viele junge ArbeiterInnen

sehr offen sind für sozialistische Ideen. Bewaffnet mit einem revolutionären marxistischen Standpunkt konnten die Genossen Mal um Mal die Vertre-terInnen der Rechten Jungparteien entwaffnen und die Überlegenheit eines sozialistischen Programms in den brennenden Fragen der lohnab-hängigen Jugend wie Rassismus und wirtschaftlicher Ausbeutung der Ju-gend vorzeigen. Ein allgemeines Ge-fühl der wirtschaftlichen Ungerech-tigkeit macht die Jugendlichen sehr offen für sozialistische Ideen und lässt sie radikale Schlüsse ziehen. Nicht nur

konnten die Genossen die jungen Ar-beiterInnen von der Notwendigkeit der Verstaatlichung der Banken unter demokratischer Kontrolle der Beschäf-tigten überzeugen, sondern sie konn-ten auch viele überzeugen, aktiv zu werden und es konnten somit einige als neue GenossInnen für die Juso ge-wonnen werden. Die Koppelung aus politischer Propaganda und Agitation und der konsequente Aufbau der Or-ganisation, das ist sozialistischer Wahl-kampf!

5443 Stimmen für die kompromisslose Verteidigung der Lohnabhängigen!

Widersprüchlich, dreist und undemokra-tisch, so ist die bürgerliche Politik. Das Bürgertum befindet sich, zumindest mit dem Kopf, immer noch im Kalten Krieg. Wie sonst ist es zu erklären, dass die Schweiz nach wie vor eine riesige und völlig überteuerte Armee besitzt. Die Möchtegern- Kriegstreiber der bürger-lichen Parteien erzeugen das gewohnte Schreckensbild: Die Schweiz muss allzeit bereit sein ihre hochgelobte Neutralität zu verteidigen. Dies natürlich mit Kampf-jets. Das Volk wird dabei absichtlich das Recht auf Mitsprache verweigert.

Im September hat die bürgerliche Mehr-heit im Parlament entgegen der Bun-desratsempfehlung beschlossen, das Armeebudget von 4,1 auf 5 Milliarden Franken aufzustocken. Dies entspricht einer Armee von 100‘ 000 Mann und zu-sätzlichen Mitteln, um neue Kampfjets zu kaufen. Der Spass kommt die Steuerzah-lerInnen teuer zu stehen, nämlich 900‘ 000 Millionen Franken. Wofür?

Die Schweiz wird in absehbarer Zukunft nicht in den Krieg ziehen, wie das seit Jahren in den sicherheitspolitischen Ana-lysen des Verteidigungsdepartements unter SVP-Bundesrat Maurer bekräftigt wird. Daher braucht sie zur Sicherung des Luftraums keine Flugzeuge, welche in knapp 2 Minuten die Schweiz überflie-gen können.

Durch das Manöver über die Budgeter-höhung wird der Volkswille mit den Füs-sen getreten. Erst im letzten Jahr zog die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) ihre Initiative zurück, welche den Kauf neuer Kampfflugzeuge verbieten wollte. Dies, da die Regierung 2010 ver-sicherte, dass ein solcher Kauf finanziell nicht in Frage käme und die sicherheits-politische Lage dies überflüssig mache. Eine Erhöhung des Budget gibt Ueli Maurer mit seinem dickgefüllten Euro-geldbeutel nun die Möglichkeit nach Lust und Laune neue Kampfflugzeuge einzukaufen, ohne dabei ein Referen-dum durch das Volk fürchten zu müssen.

Das Militärbudget wird aufgestockt, doch um dies zu bezahlen werden Kürzungen in anderen Bereichen notwendig. Wie so-gar die erzbürgerliche Bundesrätin Eve-line Widmer-Schlumpf im Parlament ge-gen die Erhöhung des Budgets warnte, gehe dieser Abbau „zu Lasten der Ausga-ben für Bildung, der Hilfen für die Land-wirtschaft und der Förderung des öffent-lichen Nahverkehrs.“ Den Sozialabbauern im bürgerlich dominierten Parlament ist klar: Gekürzt werden kann überall, nur nicht bei der Armee. Denn welcher Herr-scher würde schon seine eigene Hofgar-de verkleinern? Wir dürfen nicht darüber entscheiden, ob wir neue Kampfjets oder überhaupt eine

nutzlose Armee wollen. Wie der SVPler This Jenny ausnahmsweise richtig be-merkt: „Für zwei Minarette bemüht man das Volk, für 22 Kampfflugzeuge nicht“.Das Volk muss bestimmen können, ob es lieber Kampfjets oder Gratis ÖV, eine unabhängige Forschung und eine solide Bildung will. Das Referendum wird ge-zielt umgangen, damit unter keinerlei Umständen die Heillige Kuh der konser-vativen Kriegstreiber gemetzget wird. Diese Schlachtung würde aber uns allen zugute kommen.

Sebastian WalterJuso Sektion Solothurn

Gegen den Willen der Regierung hat das Schweizer Parlament eine 20-prozentige Erhöhung des Militäretats be-schlossen. Damit soll die Armee neue Kampfjets kaufen. Das Volk darf darüber nicht abstimmen.

Der Volkswille und andere Kleinigkeiten

schweiz

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6 DER FUNKE

Die Anstellungsbedingungen im Bildungsbereich sind prekär. Dies verdeutlichte die Grossversammlung der Züricher LehrerInnen Mitte September. 700 Züricher VolkschullehrerInnen folgten dem Aufruf ihrer Verbände, um gegen die aktuell Arbeitsbedingungen vorzugehen. Die klare Botschaft der LehrerInnen: Sie wollen die massive zeitliche Überbe-lastung in Zukunft nicht mehr hinnehmen.

Bildungswahn(sinn)

Durchschnittliche Tagesarbeitszeit von LehrerInnen in Stunden

„Bildung ist unser höchste Gut“und „Kin-der sind unsere Zukunft“. Diese State-ments stimmen PolitikerInnen aller Ori-entierungen zu. Stehen sie aber auch hinter diesen?

Wenn man die Entwicklung im Bildungs-bereich betrachtet, stellt man schnell fest, dass solche Statements zu nichts anderem als leeren Floskeln verkommen sind. So macht die Welle der Sparmass-nahmen auch vor „unserem angeblich höchsten Gut“ sowie „unserer Zukunft“ nicht halt. Im Gegenteil: Beispielswei-se plant der Regierungsrat des Kantons Zürich im Rahmen von „San 10“ Ein-sparungen in Höhe von 78,4 Millionen Franken im Bildungsbereich. Sind diese Sparmassnahme gerechtfertigt und wen treffen diese Sparmassnahmen?

Gegenwärtig sind die Lehrerinnen und Lehrer in der ganzen Schweiz und be-sonders im Kanton Zürich von den Spar-massnahmen betroffen. Bei genauerer Betrachtung der aktuellen Anstellungs-bedingungen der Lehrerinnen und Lehrer, ist festzustellen, dass weitere Sparmassnahmen unausweichlich zur Eskalation im Bildungsbereich führen werden.

„Das Märchen desfaulen Lehrers“

Die aktuelle massive arbeitszeitliche Be-lastung des Personals im Bildungssek-tor geht auf eine Reihe bereits durch-geführter Schulreformmassnahmen (Umstrukturierungen des Schul- und Bildungswesens) ab Mitte der 1990er-Jahre zurück, die ohne jegliche zusätz-liche Ressourcen durchgeführt wurden. So wurden beispielsweise Kinder mit besondern Bedürfnissen in „Regelklas-sen“ integriert, Mehrstufenmodelle (verschiedene Jahrgangsstufen bilden eine Klasse) umgesetzt, administrative Aufgaben den Lehrpersonen anvertraut und sogenannte Gemeinschaftsarbeiten und Spezialfunktionen nebst der bishe-

rigen Lehrtätigkeit im Lehrerkollegium verteilt. Schulpolitisch wurden die Re-formen als fortschrittlich verkauft, was grundsätzlich stimmt, wenn diese Sache nicht einen grossen Haken hätte: Es wur-den keine adäquaten finanziellen Res-sourcen gesprochen. Der Reformenstru-del wurde und wird auf dem Buckel der Lehrpersonen ausgetragen.

1999 und 2009 hat der LCH (Dachver-band Schweizer Lehrerinnen und Lehrer) in 20 deutschsprachigen Kantonen je-weils während eines Jahres eine Arbeits-zeiterhebung unter den Lehrerinnen und Lehrern aller Schulstufen durchgeführt. Das Resultat der Studie ist erschreckend. „Die Jahresarbeitszeit bewegt sich je nach Schulstufe zwischen 2´060 und 2´091 Stunden (Mittel: 2´072 Stunden). Sie liegt drei Arbeitswochen über dem schweizerischen (im europäischen Ver-gleich höchsten) Referenzwert von 1´950 Stunden pro Jahr [Bei Annahme einer 42-Stunden-Woche, von 4 Ferienwo-chen und 8 Ferientagen]. … Die durch-schnittliche Arbeitszeit der Vollzeit-Lehrpersonen liegt bei 49 Stunden in den Unterrichtswochen. … Im Vergleich zu 1999 hat die Lehrerarbeitszeit um

durchschnittlich 139 Stunden oder 7% zugenommen – besonders auf der Volks-schulstufe mit Mehrbelastungen von 89-175 Stunden/Jahr“. (LCH Arbeitszei-terhebung 2009, Landert Partner, Zürich 2009,). Im Kanton Zürich leisten Lehrper-sonen sogar durchschnittlich 300 Über-stunden pro Jahr (Medienmitteilung von ZLV, VPOD Zürich und SekZH, 14.9.2011).

Bei der Analyse des Arbeitsmehrauf-wands seit 1999 wurde festgestellt, dass dieser nicht aus dem Unterrichten an sich oder Tätigkeiten resultiert, die sich unmittelbar auf das Unterrichten bezie-hen, wie etwa Planung, Vor- und Nachbe-reitung des Unterrichts, sondern durch administrative Aufgaben (Verwalten von SchülerInnenstatistik und Schulma-terialien etc.), Weiterbildung und Spezi-alfunktionen (Gemeinschaftsämter in-nerhalb des Kollegiums und der Schule) entsteht.

Diese Mehrarbeit und daraus entstehen-de Mehr.- bzw. Überbelastung zehrt an der psychischen Verfassung vieler Lehre-rInnen. Somit schlägt die sich die Mehr-arbeit ins Gegenteil um: Überbelastete Lehrpersonen schaden Kindern und Ju-

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DER FUNKE 7

gendlichen, satt ihnen auf ihrem Lebens-weg behilflich zu sein.

Da es nahezu unmöglich geworden ist, die Anforderungen einer Vollzeitstelle zu bewältigen, steigt die Zahl der Lehr-personen, die Teilzeit arbeitet. 2009 ar-beiteten 38% der Lehrpersonen Vollzeit (vgl. 1999: 44%). Der Trend zur Pensen-reduktion hält an. Gleichzeitig findet aber keine proportionale Reduktion der Arbeitszeitbelastung satt; kurzum Leh-rerInnen mit Teilzeitpensum leisten an-teilsmässig deutlich mehr unbezahlte Arbeit; sie arbeiten in ihrer Freizeit und somit verhältnismässig zu viel für den ihnen zugesprochen Lohn (LCH Arbeits-zeiterhebung 2009).

Es kann nicht angehen, egal welche Ar-beit man verrichtet, dass Mehrarbeit bei gleichbleibendem Lohn in die Freizeit verlagert werden muss, um der beruf-lichen Belastung standhalten zu können.Bei solchen Arbeitsbedingungen wun-dert es nicht, dass ein Mangel an Leh-rerInnen zu verzeichnen ist, obwohl die Zahl der Anmeldungen für die Aus-bildung an den Pädagogischen Hoch-schulen jährlich steigt. Doch bereits zu Beginn der Berufslaufbahn steigt ein signifikanter Teil der Lehrpersonen des unzumutbaren Arbeitsaufwandes wieder aus (Bildungspolitik Heft NR. 169, Dez. 2010, Zürich).

Wen diese schlechten Arbeitsbedingun-gen und ein solches System letztlich treffen, ist eine gar überflüssige Frage: Kinder und Jugendliche, kurzum die Ge-sellschaft der Zukunft. Und an dieser soll gespart werden?

Die Milchbüchleinrechnung der Gewerkschaft (vpod) und der Verbände

Die Lehrerinnen und Lehrer sind in der Gewerkschaft des vpod (Verband des Personals des öffentlichen Dienstes)organisiert. Der vpod Zürich, der Züri-cher Lehrerinnen- und Lehrerverband (ZLV) und die SekZH reagierten auf die prekären Arbeitsbedingungen der Leh-rerInnen, indem sie am 14. September 2011 eine Grossversammlung der Volks-schullehrpersonen einberief. Von den insgesamt 12‘000 Volksschul-Lehrper-sonen des Kanton ZH erschienen ca. 700.Die Verbände hatten vorab folgende

Forderungen an die Bildungsdirektion ausgearbeitet, über welche an der Ver-sammlung abgestimmt wurde:

1. Reduktion eines 100%-Prozent-Pen-sums (aktuell: 28 Lektionen) bei glei-chem Lohn: - 26 Lektionen für alle Volksschullehrper-sonen (analoge Lösung auch im Kinder-garten)- 24 Lektionen für alle Lehrpersonen mit Klassenführungsfunktion

2. Deutliche Erhöhung der Stundenzahl im Gestaltungspool, der den einzelnen Schulen für die gezielte Entlastung von Lehrpersonen mit besonderen Aufgaben zur Verfügung steht

3. Rasche Umsetzung der Entlastungs-massnahmen – die Reduktion der Pflicht-lektionen muss auf Beginn des Schul-jahres 2012/13 erfolgen

Die Teilnehmenden stimmten nahezu einheitlich für diese Forderungen. Falls diese Forderungen von der Bildungsdi-rektion erfüllt werden sollten, ist das Pro-blem der überlasteten Lehrperson dann vom Tisch?

An dieser Stelle lässt sich eine klei-ne Milchmädchenrechnung anstellen. Die 100% arbeitende Drittklasslehrerin Kleinmarie schiebt momentan pro Jahr 300 Überstunden. Sie hat eine eigene Klasse. Nächstes Schuljahr (falls die For-derungen durchgesetzt werden) wird Kleinmariechen nur noch 92 jährliche Überstunden (300h - 52 x 4h) in ihrem Blöckchen notieren (Forderung 2). Ihr Kollege Karlchen, übernimmt die Stun-den, die sie als Klassenlehrerin nicht mehr unterrichtet, und auch Stunden anderer KlassenlehrerInnen an der Schu-le, sodass er letztlich ebenfalls auf sei-ne „zukünftige“ 100%-Anstellung ohne Klassenführungsfunktion mit 26 Wo-chenlektionen kommt. Auch Karlchen verzeichnet rein rechnerisch immer noch 196 Überstunden (300h – 52 x 2h) (Forde-rung 1). Für die nun freigewordene Zeit können beide „besondere Aufgaben“ in-nerhalb des Schulhauses übernehmen. Schön, dass die Forderungen so rasch durchgeboxt wurden (Forderung 3). Dass die organisatorischen Strukturen dafür mehr schlecht als recht gegeben sind und nur noch „ein kleiner Teil der Arbeit“ ohne zusätzlichen Lohn in der Freizeit

verrichtet werden muss.

Wollen wir LehrerInnen wirklich eine sol-ch „sanfte“ Entlastung? Wäre nicht eher eine radikale, aber gut überlegte Strate-gie eine sinnvolle Herangehensweise an die Problematik der momentanen Über-belastung des Bildungspersonals, um eine langfristige Lösung zu generieren?

Was benötigt wird?

Wir brauchen keine PolitikerInnen, die sich um die Rettung der Banken küm-mern und über die Qualität der Schule debattieren, aber nicht um die Rettung der zukünftigen Gesellschaft bemüht sind. Nein gar schlimmer: an dieser soll gespart werden. Die rigiden Sparmass-nahmen betonen, dass der kapitali-stische Markt nicht an Personen interes-siert ist, sondern an dem, was Personen um jeden Preis leisten können, um die Produktivität zu steigern - selbst wenn es sich dabei um Personen handelt, die Bildungs- und Erziehungsarbeit leisten. Die Krux ist, dass soziale Arbeit, wie Bil-dung und Erziehung nicht maschinell erfolgen kann. Es braucht eine neue Ge-sellschafts- und Bildungspolitik, die ih-ren Auftrag moralischer Verantwortung für das Gemeinwohl wahrnimmt, soziale Arbeit respektiert und nicht unter dem Aspekt der Ökonomisierung betrachtet.

Infolge dessen dürfen wir die Spar-massnahmen in Form derart massiver zeitlicher Überbelastung des Bildungs-personals nicht tatenlos hinnehmen. Die Züricher LehrerInnen haben an der Grossversammlung gezeigt, dass sie be-reit sind dafür zu kämpfen. Die Gewerk-schaft (vpod) und die Lehrerverbände müssen Druck ausüben, indem sie nicht den Weg der Politik des geringeren Übels beschreiten (vgl. Milchbüchleinrech-nung), wie sie es bis anhin tun, sondern sich vollständig für die Interessen der Angestellten einsetzen: Gegen jegliche Abbaumassnahmen auf Kosten der An-gestellten im Bildungsbereich und für finanzielle Ressourcen, um die schu-lischen Reformen wie Integration, Mehr-stufenmodelle usw. sinnvoll umsetzen zu können.

Aline Waitschiesvpod Zürich Sektion Lehrberufe

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„Unsere Arbeitsbedingungen sind Ihre Pflege- und Behandlungsqualität!“ Mit diesem Slogan und 30‘000 Zitronen im Gepäck wurde am 22. September 2011 ein nationaler Signaltag des Ge-sundheitspersonals abgehalten. Die Zitronen wurden auf den Berner Bahn-hofplatz gekippt, um den Forderungen der Pflegefachpersonen, Hebammen, SpitalärztInnen, PhysiotherapeutInnen, LogopädInnen und anderen Angestell-ten des Gesundheitswesens noch mehr Nachdruck zu verleihen. Wir sind sauer! In der ganzen Schweiz trugen an diesem Tag ebenfalls über 40‘000 Arbeitende in Institutionen den Clip mit einer Zitrone darauf. Der Bundesrat und die natio-nalen Behörden sind trotz einer Petiti-on mit 30‘000 Unterschriften und trotz Verhandlungen sowie direkten Gesprä-chen seit zwei Jahren nicht auf Forde-rungen eingegangen. Die Message ist klar, das Gesundheitspersonal arbeitet bereits schon am Limit meist sogar da-rüber. Noch weitere Einsparungen sind nicht verkraftbar. Vor allem wenn man beachtet, dass bis 2020 ca. 25‘000 neue Pflegestellen geschaffen werden müs-sen. Die Folgen für die Arbeit sowie den Aufenthalt in Spitälern, vor allem aber in Langzeitinstitutionen wären überaus gravierend. Am 1.1.2012 wird das neue (korrumpierte) Abrechnungssystem eingeführt. Die sogenannten DRG’s (Di-agnosis Related Groups).

Gesundheit als Produkt?

Im Moment ist es in den meisten Kan-tonen noch so geregelt, dass einzelne Dienste wie Pflege, Physiotherapie, Hotellerie etc. direkt erfasst und abge-rechnet werden. Je nach Aufwand wird mehr oder weniger verrechnet. Der eine Patient liegt 4 Tage im Spital, ein anderer aber wegen Komplikationen 10. Die Einführung der Fallpauscha-le (dasselbe wird übrigens in den USA angewendet und ist mitverantwortlich dafür, dass deren Gesundheitssystem das teuerste der Welt ist und auch qua-litativ fragwürdig!) wird dazu führen, dass nur noch eine Pauschale pro Dia-gnose für das Spital verrechnet wird.

In Deutschland hat das System dazu geführt, dass 30‘000 Stellen abgebaut wurden und das Zeitbudget enorm ver-ringert wurde. Die Krankenkassen müs-sen ab dem neuen Jahr in Allgemein-spitälern 5% weniger Anteil bezahlen. Der Kanton wird dann 55% finanzieren und dies auch bei Privatspitälern, wel-che bis anhin gänzlich von den Zusatz-versicherungen gedeckt wurden. Durch die Umstellung auf das neue System werden voraussichtlich 1.5 Milliarden Mehrkosten entstehen. Rund 70% der Ausgaben einer Institution sind Lohn-kosten, durch das neue System wird eine Institution, die tiefe Löhne bezahlt und/oder weniger (Fach)personal be-schäftigt zukünftig als besonders gün-stig und effizient angesehen. Das Per-sonal wird gezwungen sein, Patienten möglichst schnell zu entlassen, damit Stellen geschont werden. Es entsteht ein Dilemma. Wem fühlen sich die Mit-arbeiter mehr verpflichtet, dem Betrieb, den Patienten oder der Familie? Eine gesunde Work-Life-Balance zu pflegen als Arbeiter in einem Gesundheitsberuf, ist schon jetzt nahezu unmöglich. In ei-ner Zeit mit stetig steigender Lebenser-wartung, ist es mehr als fahrlässig ein solches System einführen zu wollen, dessen Zweck darin besteht den Kon-kurrenzkampf unter Spitälern noch zu verschärfen und dies in einem Bereich, der einzig und allein der Gesellschaft zu dienen hat und nicht profitabel sein darf. Heilung und Gesundheit darf nicht zu einem Produkt verkommen. So et-was ist absurd!

Bei den Spitalärzten ist die Ausgangs-lage ähnlich prekär, es fehlen Ärzte. Eine Wochenarbeitszeit von über 50 Stunden ist Normalität im Gesundheits-wesen und bei Allgemeinmedizinern in Spitälern ein quasi unerreichbares Traumarbeitspensum. Sehr oft können auch Weiterbildungen nicht besucht werden. Der gute Wille des Fachperso-nals und der Ärzte wird schamlos aus-genutzt, denn diese gehen nicht ein-fach nach Hause bevor alle Patienten versorgt sind, sich sicher und wohl fühlen! Was gut ist für den Patienten ist

offensichtlich nicht immer gut für die Finanzbilanz. Profit darf aber nicht über Sicherheit und damit über das Leben Einzelner gestellt werden!

Es reicht!

Das Gesundheitspersonal fordert faire Arbeitsbedingungen, genügend Per-sonalbestände, denn nur so können Patienten verantwortungsvoll betreut werden und einen Ausbau der ambu-lanten Dienste, da Spitäler ihre Klienten schon jetzt immer früher entlassen. Sie fordern ausserdem Arbeitsverhältnisse, die es erlauben, Beruf und Familie zu vereinbaren, genügend Ausbildungs-plätze und auch genügend Zeit, um die-se Lernenden ausbilden zu können. Es brauche aber allem voran einen Stopp der Einführung des DRG’s bis flankieren-de Massnahmen zum Schutz der Löhne und Arbeitsbedingungen des Gesund-heitspersonals beschlossen sind. Wenn weiterhin sämtliche Postulate ignoriert werden, wird gestreikt!

Es ist gut, dass klare Forderungen auf-gestellt wurden, ein Moratorium reicht jedoch bei weitem nicht. Die Einfüh-rung der Fallpauschale muss mit allen Mitteln verhindert werden. Die Kon-sequenzen für den Spitalalltag wären fatal und die grossen Profiteure wären auch hier die Kassen. Die Steuer- und Prämienzahler werden dafür wiederum zur Kasse gebeten. Vor zwei Jahren wur-de von den bürgerlichen Befürwortern gross propagiert, dass wenigstens die Prämien sinken werden. Doch dies war eine dreiste Lüge. Es reicht! Ein Sektor, der einzig und allein der Gesellschaft zu dienen hat, zunehmend zu privatisie-ren, gleicht einer Vergewaltigung die-ses Sektors. Es muss mit allen Mitteln dagegen angekämpft werden, denn es geht um unsere Gesundheitsversor-gung. Auf, auf zum Kampf!

Julienne RüegerJuso Sektion Winterthur

Wir sind sauer!Aktuell arbeiten 200‘000 Personen in einem Gesundheitsberuf. Am 1.1.2012 wird voraussichtlich die Fallpauschale eingeführt. Das Gesundheitspersonal läuft Sturm und das BAG verkündet, es müsse mit Kollateralschäden gerechnet werden. Schöne Aussichten.

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Occupy - wie geht‘s weiter?Was Mitte September mit der Protestbewegung „Occupy Wall Street“ begann, weitet sich rasant aus. Vor allem junge Menschen gehen auf die Strasse und besetzen Plätze, um ihren Unmut über die ungerechte Verteilung des Geldes, die harten gesellschaftlichen Bedingungen und das korrupte Banksystem an sich kundzutun. Diese neue Bewegung ist global; doch welches sind ihre Perspektiven?

Wir leben in einer Periode des Kapita-lismus, in welchem die Interessen der global Herrschenden immer deutlicher zutage treten. Offen zeigt sich die Finan-zoligarchie als Puppenspieler der nati-onalen Bourgeoisien und deren Politik. Und die anhaltende Weltwirtschaftskrise setzt nun auch den letzten Träumereien von einem sozialen Kapitalismus ein klares Ende. Doch der globale Missstand erzeugt auch globalen Widerstand. Ara-bischer Frühling, europäischer Sommer und nun auch amerikanischer Herbst – die Massen haben dem Kapital den Kampf angesagt! Die neuste Erscheinung in diesem Feldzug ist die Occupy- Bewe-gung, welche sich von New York aus über andere Grossstädte wie Boston, Chicago und Miami ausgebreitete und nun auch in Europa angekommen ist. Spontan als Funke entstanden, breitet sich diese Be-wegung wie ein Lauffeuer über nationale Grenzen und Gesellschaftsschichten aus.

Alles begann in New York

Ausgerufen wurde die Occupy- Bewe-gung von dem kanadischen Journal „Ad-busters“, welcher gegen den massiven Konsumterror kämpft. Am 17. September fanden sich hunderte Menschen auf dem Zuccotti Park in New York ein und besetz-ten diesen. Auf dem Platz wurde und wird diskutiert, campiert, gegessen, Bücher an Ständen angeboten usw., und rings um den Park lauerte die Polizei und wartete auf Ausschreitungen. Die Occupy Wall-street wurde von der amerikanischen Presse erst totgeschwiegen, dann als eine Art bunt zusammengewürfeltes Fest dargestellt. Dies änderte sich aber nach einem Zwischenfall, bei dem die Polizei zwei Frauen mit Pfefferspray attackierte und als sich die Gewerkschaften offiziell einklinkten. Seitdem ist es nicht mehr möglich die Bewegung zu ignorieren.

Nun hat die Occupy einen neuen Höhe-punkt in Oakland (California, Westküste) erreicht. Nachdem es am 25. Oktober zu Polizeigewalt gegen die Protestierenden gekommen ist (gewaltsame Platzräu-

mung, Demolierung der Zeltplätze unter Einsatz von Tränengas, Knallgranaten und Gummischrot), hat die Bewegung mit Unterstützung der wichtigsten loka-len Gewerkschaften einen 24stündigen Generalstreik ausgerufen, der am 2. No-vember erfolgreich stattfand. Die Soli-darität in der Bevölkerung mit der Oc-cupy- Bewegung ist in den Staaten nach mehreren polizeilichen Angriffen auch in anderen Städten massiv gewachsen. Und immer mehr schalten sich auch Gewerk-schaften und unabhängige Organisati-onen ein, welche sich mit der Bewegung solidarisieren.

Die Massen rebellieren

Das Phänomen der spontanen Massen-bewegungen und Besetzungen von Stadtteilen konnten wir schon in der ara-bischen Revolution und in Griechenland beobachten. Öffentliche Bereiche, wur-den von der Bevölkerung eingenommen und über Wochen friedlich verteidigt. Die Beteiligung an diesen Aktionen wuchsen stetig, Menschen aus allen Gesellschafts-schichten kamen zusammen und bil-deten eine riesige Diskussionsplattform für ihre unterschiedlichen Interessen und Forderungen. Viele wussten nicht was sie wollten, doch sie alle wussten genau, was sie nicht wollten: Dieses System der Ausbeutung und Unterdrückung!

Somit ist die Occupy- Bewegung, wie auch die anderen Massenbewegungen im Laufe des letzten Jahres, Ausdruck einer tiefen und weit verbreiteten Un-zufriedenheit. Grund dafür ist einerseits der gesunkene Lebensstandart in den letzten Jahren, nicht nur der Unter-schicht, sondern auch grosser Teile der Mittelschichten, andererseits das wach-sende Bewusstsein für die krass unge-rechte Vermögens- und Besitzverteilung in der kapitalistischen Gesellschaft. Die Arbeitslosigkeit in den USA ist so hoch wie seit 52 Jahren nicht mehr: Offiziell sind mehr als 14 Millionen Amerikane-rInnen arbeitslos und die Dunkelziffer ist weit höher. Die Lohnschere wird immer

grösser und viele AmerikanerInnen sind wegen des Kredit(-karten)systems hoch verschuldet. Und dies obwohl die Wirt-schaft überaus produktiv ist, und der ge-sellschaftliche Reichtum sehr gross. Vor allem die Jugend sieht sich einer immer grösseren Unsicherheit und Perspekti-venlosigkeit gegenübergestellt – dies nicht nur in den Vereinigten Staaten son-dern weltweit. Die daraus resultierende Wut und Frustration dringt an die Ober-fläche und entlädt sich auf der Strasse. Spanien, Italien, England, Israel und viele weitere Beispiele zeigen, wie gross und weitverbreitet diese Wut ist.

Occupy Paradeplatz

Am 15. Oktober fand diese Wut, neben 1500 anderen Städten weltweit, ihren Weg in die Schweiz. In Genf, Basel und Zürich trafen sich die „Empörten“ für eine friedliche Platzbesetzung. In Zürich fand diese auf dem Paradeplatz statt, welcher von über 1000 Menschen besetzt wur-de. Mit dem Slogan „Rettet Menschen, nicht Banken“ nahmen verschiedenste Gruppierungen und (Jung-)Parteien teil; vor allem die JUSO war sehr präsent und aktiv an den Gesprächen beteiligt. Die Platzbesetzung gestaltete sich sehr bunt und kreativ, so breit der Unmut in der Gesellschaft, so bunt äusserte sich die Kundgebung. An der Vollversamm-lung am Nachmittag teilten die Teilneh-merInnen ihre Ansichten mit kleinen Statements und Forderungen mit. Viele Forderungen waren nicht konkret und unpolitisch, stellten aber eine Möglich-keit dar, die verschiedenen Missstände in der Schweiz und weltweit aufzuzeigen. So wurden verschiedene Themen wie das Bankensystem, die harten Arbeitsbedin-gungen, die Flüchtlingspolitik und wei-teres angesprochen. Klare Forderungen wurden nicht beschlossen. Man war sich aber einig, den Platz nicht zu räumen und so campierten rund 40 AktivistInnen über Nacht auf dem Paradeplatz. Diese wechselten am Sonntagabend friedlich den Standort auf den Lindenhof, wo sie sich immer noch aufhalten. Der Parade-

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platz wird seitdem jeden Samstag be-setzt. Warum aber wählen die Massen die Strassen und Plätze und nicht die Politik, um ihrem Unmut Gehör und Platz zu ver-schaffen?

Bewusstseinssprünge- Eine globale Bewegung

Tausende, die an der Bewegung teilneh-men, waren bis zum Ausbruch der Bewe-gung nicht politisch aktiv und es reichte ein Funke, um dies zu ändern. Die Radi-kalisierung und Politisierung der Massen spiegelt sich aber nur spärlich oder gar nicht auf parlamentarischer Ebene wie-der. In den meisten europäischen Län-dern zeichnet die Wahlbeteiligung eine anhaltende Abwärtskurve (auch in der Schweiz befindet sich die Wahlbeteili-gung seit Ende der 70er unter 50% , im Vergleich dazu lag sie in den 20/30ern fast bei 80%). Wahlanalysten behaupten, Schuld daran sei das völlige Desinteresse der Bevölkerung an Politik. Schaut man sich jedoch die Massenproteste und De-monstrationen an, wird schnell klar, dass dem nicht so ist. Nur haben die Arbeite-rInnen keine Illusionen in die bürgerliche Demokratie mehr. Ob rechte oder linke Regierung, die Politik bleibt die gleiche: Die hart erkämpften Zugeständnisse an die ArbeiterInnenklasse werden in grossen Brocken abgebaut. Massenent-lassungen, Auslagerungen, massive Ver-schlechterungen der Arbeitsbedingun-gen und Aushöhlung des Sozialstaates

stehen auf der Tagesordnung. Und das auch unter sozialdemokratischen Parla-menten, wie Griechenland, Spanien und auch die USA gezeigt haben.

Politische Führung

Die spontane Versammlung auf der Stras-se – ohne Führung, ohne Organisation mag auf den ersten Blick positiv erschei-nen, kann die Bewegung so all die ver-schiedenen Meinungen und Individuen in sich vereinen und so grösser und brei-ter auftreten. Diese Heterogenität mag momentan ihre grösste Stärke sein, wird sich jedoch unweigerlich in ihre fatalste Schwäche verwandeln. Damit diese Be-wegung so vielfältig bleibt, muss sie nämlich jegliche Konkretisierung ihrer Ziele verweigern, einzig der gemeinsame Hass auf die Finanzoligarchie bleibt. Doch schon allein bei der Frage, wie denn diese bekämpft werden soll, gehen die Meinun-gen entschieden auseinander. Folglich hat die Bewegung trotz der antikapita-listischen Einstellung keine Führung und kein klares Programm, da alles mittels Konsensfindung entschieden wird. Durch die ebendiese stete Konsensfindung ist die Bewegung wenig handlungsfähig. So besteht die Gefahr, dass die entstandene Energie wirkungslos verpufft.

Frage der Demokratie

Auch die betriebene „absolute Basisde-mokratie“ an den Versammlungen ist

widersprüchlich. Ohne jegliche Führung wird versucht praktische und theore-tische Fragen zu klären, ohne dabei vom Fleck zu kommen. DemonstrantInnen, welche arbeiten, haben aber nicht die Ka-pazität stundenlange, wenn nicht tage-lange Diskussionen mitzuverfolgen, bis Entscheidungen gefällt werden können. Einmal abgesehen von der extremen In-effizienz solcher Strukturen (schon über die simpelsten Fragen wie Toilettenvor-richtungen wird stundenlang diskutiert), wird auch die Entscheidungsmacht de-nen überlassen, welche am meisten Zeit investieren können – Eine informelle Füh-rung bildet sich. Dann wird schnell klar, dass eine demokratisch gewählte Füh-rung den Anspruch einer Demokratie viel eher erfüllen würde, als diese sogenann-te „basisdemokratische“ Methode es tut. Demokratisch- zentralistische Strukturen würden den Diskussionen ausserdem einen vernünftigen Rahmen setzen, Ab-stimmungen leiten und deren Beschlüsse effizient umsetzen.

Was tun?

Der wichtigste Schritt ist, dass sich aus der Bewegung ein politisches Programm entwickelt, mit klaren Perspektiven und Forderungen! Es muss sich eine direkt gewählte Führung herausbilden, welche rechenschaftspflichtig und handlungsfä-hig ist, um die Bewegung weiterzufüh-ren. Die Bewegung muss global vernetzt werden, um organisiert aktiv zu werden: Es müssen weltweit klare Punkte ausge-arbeitet werden, die definieren, für was man einsteht und was es zu verändern gilt. Konkrete Forderungen, wie beispiels-weise die Verstaatlichung der Banken un-ter demokratischer Kontrolle der Ange-stellten, sind essentiell um der Bewegung ein klares politisches Profil zu geben, mit dem sich auch die restlichen Arbei-terInnen identifizieren können. Bleibt dieser Protest unklar und perspektiven-los, werden sich die jetzt noch enthusias-tischen und kämpferischen AktivistInnen enttäuscht abwenden und die Bewegung wird sich im Nichts verlaufen. Denn was kann man schon erreichen, wenn man sich nicht auf die Fahne schreibt, was man erreichen will?

Es muss klar sein, nicht nur gegen wel-che Interessen die Protestbewegung sich stellt, sondern auch für welche In-teressen sie kämpft – die Interessen der

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Arbeiterschaft, der Arbeitslosen und Mi-grantInnen! Das kann sie nur, indem sie kompromisslos für Arbeitsplätze, Verbes-serungen der Arbeitsbedingungen und soziale Einrichtungen kämpft.

Organisierung der ArbeiterInnenklasse

Gerade jetzt, da die ArbeiterInnen den Kampf in ihren Betrieben gegen Restruk-turierungsmassnahmen aufnehmen und auch die Gewerkschaften vom Bruch mit dem jahrzehntelang anhaltenden Arbeitsfrieden sprechen, muss sich eine Occupy- Bewegung klar positionieren. Die Verbindung mit konkreten Arbeits-kämpfen in den Betrieben, die Errichtung von Betriebsräten und die Vernetzung mit diesen müssen als Grundlage für die Umsetzung einer bewussten Klassenpo-litik von Unten dienen. Die Solidarisie-rung mit Streiks und Demonstrationen stärkt die eigene Bewegung und erhöht die Kampfbereitschaft der ArbeiterInnen-klasse. In diesen Fragen keine Position zu beziehen ist gleichbedeutend mit einer bewussten Sabotage dieser Kämpfe. Sich von der ArbeitnehmerInnen zu isolieren würde der eigenen Bewegung den Bo-den unter den Füssen wegziehen, da die Legitimation einer Protestbewegung in

seinem konsequenten Kampf für die In-teressen der unterdrückten Klasse liegt. Als Konsequenz muss sich die Occupy deshalb auch mit den Gewerkschaften und linken Parteien (In der Schweiz sind die JungsozialistInnen bereits sehr aktiv, wir verlangen das aber auch von der Sozi-aldemokratie!) vernetzen, wie das in den Staaten teilweise schon der Fall ist. Die Organisierung der ArbeitnehmerInnen wird so nicht nur auf der Strasse, sondern auch in den Betrieben und Schulen vo-rangetrieben und gewinnt durch die Teil-nahme der Parteien an politischem Profil und Stärke.

Für den Sozialismus!

Doch die unmittelbaren wirtschaftlichen Forderungen müssen im Kontext eines politischen Programmes stehen. Die Wirtschaftskrise mit ihren längerfristigen Folgen für die ArbeitnehmerInnen kann nicht einzig durch Betriebskämpfe und Demonstrationen gelöst werden. Selbst wenn durch siegreiche Kämpfe gewisse Verbesserungen erreicht werden konn-ten, leben wir nun in einer Periode des Kapitalismus, da solche Zugeständnisse an die ArbeiterInnenklasse nicht mehr möglich sind. Der Lebensstandart wird längerfristig sinken, deshalb braucht es

eine fundamentalere Lösung, um die Widersprüche im System zu lösen – nur eine geplante Wirtschaft unter demokra-tischer Kontrolle, nur der Sozialismus also kann diese lösen! Es wird ein harter und beschwerlicher Kampf bis zur Erreichung dieses Ziels sein, verbunden mit herben Rückschlägen, Zeiten der Endtäuschung und Desillusionierung. Revolutionen wer-den sich mit Gegenrevolutionen ablösen, überschwellende Kampfbereitschaft mit lähmender Frustration, und doch wird nichts an der Frage vorbeigehen: Sozialis-mus oder Barbarei?

Diese Frage wird sich immer deutlicher stellen und wir können sie nur zufrie-denstellend beantworten, wenn wir ihr organisiert und mit der Waffe eines revo-lutionären Programms entgegentreten. Nur eine revolutionäre Partei kann diese Aufgabe übernehmen. Deshalb organsie-ren wir uns in der Schule, im Betrieb, im Quartier und auf politischer Ebene, denn wir alle, die 99%, können den Kapitalis-mus bezwingen!

Rahel GerberJuso Sektion Thurgau

Olivia EschmannJuso Sektion Basel

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Die Grossunternehmen der Basler Chemie (mit Ausnahme von Hoffmann-La Roche) hatten sich im Verlauf des 20. Jahrhun-derts in verschiedenen Bereichen diversi-fiziert. Aus der Farbenproduktion des 19. Jahrhunderts entstanden so die hoch-spezialisierten Unternehmen in den Be-reichen Medikamente, Agrobusiness, Vi-tamine und chemische Zwischenprodukte für die Industrie. Die „Basler Chemie“ hatte sich dabei auf meist hoch veredelte Pro-dukte (Spezialchemikalien) spezialisiert, die überdurchschnittliche Gewinnmargen versprachen.

Aber die Ölkrisen in den 1970er Jahren gingen nicht spurlos an den Unternehmen vorbei. Auch in den 1990er Jahren war das Wirtschaftswachstum vergleichsweise tief. Wie es den Erwartungen der Aktionäre und Investoren entsprach, begannen die grossen Unternehmen ihre Geschäftsbe-reiche neu zu ordnen. Als Ciba-Geigy und Sandoz 1996 fusionierten und den Novar-tis-Konzern bildeten, war das angestrebte Ziel sich auf das rentabelste Geschäft, also der Pharmabranche, zu konzentrieren und den Rest loszuwerden. Während die Phar-ma-Konzerne Roche und Novartis noch heute enorme Profite einbringen und Pro-duktionsanlagen in der Region Basel be-treiben, haben die Chemiefirmen ihre Pro-duktion (meist) nach Asien ausgelagert.

Der Untergang des GAV

Der von den Chemiearbeitern im Winter 1943/44 durch Streiks erkämpfte GAV wur-de innert kürzester Zeit ausgehöhlt. Denn die Chemieindustriellen verfolgten nach der herben Niederlage eine Doppelstrate-gie um das Steuer wieder herumzureissen. So spielten sie die ihnen treu ergebenen Angestelltenverbände gegen die Gewerk-schaft aus, indem sie den Mitgliedern kleine Privilegien zukommen liessen (re-duzierte Preise von Eigenprodukten etc., getrennte Eingangstore für Angestellte und Arbeiter usw.) Unter anderem deswe-gen hat die Gewerkschaft unter den Ange-stellten in den Büros und Labors, die heute die Mehrheit des Personals stellen, noch immer nicht Fuss gefasst.Als die Industri-ellen 1983/84 erstmals den Teuerungsaus-

gleich abschaffen wollten, konnte die Ge-werkschaft noch mit 10‘000 Personen, die in Basel demonstrierten, mobilisieren und vermochte so die drastischen Verschlech-terungen des GAV abzuwenden. Doch zehn Jahre später war die Verteidigung der Arbeitsbedingungen nicht mehr mög-lich und der Teuerungsausgleich wurde abgeschafft, die Lohnregelungen wurden aus dem GAV gestrichen und die Arbeits-zeit flexibilisiert. Im Frühling 1996 wurde im Zuge der Novartis-Fusion der Abbau von weltweit 10‘000 Arbeitsplätzen ange-kündigt. Seither ist in der Basler Chemie-Branche viel passiert. So hat die Syngen-ta die Produktion in Schweizerhalle 2007 geschlossen. BASF kündigte im Sommer 2009 an in der Schweiz 500 von 2‘500 Stel-len zu streichen.

Huntsman Basel

Schauen wir uns die momentane Situa-tion des amerikanischen Chemie-Riesen Huntsman genauer an. Die 2006 von Huntsman für 332 Millionen Franken über-nommene Textilsparte des Basler Spezial-chemie-Konzerns Ciba hat 2009 für 450 der insgesamt 1300 Beschäftigten in Basel und Schweizerhalle Kurzarbeit eingeführt. Mit Kurzarbeit wolle man möglichst viele Arbeitsplätze erhalten und die Wett-bewerbsfähigkeit des Standorts Basel/Schweizerhalle sichern, teilte der Konzern 2009 mit. Ebenfalls 2009 hatte Huntsman angekündigt die Zahl der weltweit 12 770 Beschäftigen im laufenden Jahr um 1175 zu senken. Zusätzlich zu diesen festen Jobs wurden 490 Zeitarbeiterstellen ge-strichen, was dem Konzern Einsparungen von gesamthaft 190 Millionen Dollar ein-bringen sollte. Nun, 2011, zwei Jahre nach der vorüber-gehenden Kurzarbeit, kündigt Huntsman an, in der Schweiz 710 Stellen abbauen zu wollen, davon 690 in Basel. Verwirrung stiftete die Ankündigung von Huntsman, man werde im Bereich Textile Effects (Tex-tilfarben) 500 Stellen streichen und 100 verlagern. Diese Verlagerung nach Über-see kommt für die Basler Mitarbeitenden einem Abbau gleich. Dazu kommen bei den Advanced Materials (Kunststoffen)

110 Stellen; 90 in Basel und 20 in Monthey.

Trotz Profiten, der Kahlschlag

Huntsman begründete den geplanten weiteren Stellenabbau mit der schlechten Ertragslage des Geschäftsbereichs Tex-tile Effects, die «drastische Massnahmen» erfordere. Wie diverse Konkurrenten will nun auch Huntsman sein Textilgeschäft in Asien konzentrieren. Der starke Franken habe die Notwendigkeit einer Neuausrich-tung noch verstärkt, hält der Konzern fest.

Obwohl es dem Unternehmen hervorra-gend geht, ist das Konsultationsverfahren eingeleitet; die Umstrukturierung mitsamt allfälliger Werkschliessungen soll bis Ende 2013 abgeschlossen sein. Der bereinigte Gewinn für diese Periode beläuft sich auf 231 Millionen Dollar. Warum also dieser drastische Abbau? Die Interessen der Ak-tionäre überwiegen wie immer. Die vorge-legte Begründung Huntsmans, der starke Franken habe die Kosten in die Höhe ge-trieben, ist dabei nichts als ein vorgescho-benes Argument. Die Chemiebranche ist weniger als andere Branchen von der Frankenstärke betroffen, weil die Produkte schlecht ersetzbar sind und höhere Preise den Absatz kaum schmälern.

Die Gewerkschaft Unia vermochte es aus den oben genannten Gründen nicht die Belegschaft zu mobilisieren um einen Ab-bau zu verhindern. Stattdessen hofft man auf einen guten Sozialplan. Die Hoffnung, die Betroffenen könnten Unterschlupf in verwandten Branchen finden, wird sich als illusorisch herausstellen.In den vergange-nen 10 Jahren hat die Sparte Life Sciences rund um Basel zwar über 6000 neue Ar-beitsplätze geschaffen, diese sind jedoch hochspezialisiert. Ob Produktionsmitar-beiter hier eine neue Stelle finden, ist des-halb fraglich.

Vanessa AmrheinUnia-Jugend Zürich-Schaffhausen

Kahlschlag bei HuntsmanObwohl es dem Grosskonzern Huntsman hervorragend geht, soll die Umstrukturierung mitsamt allfälliger Werkschliessungen bis Ende 2013 abgeschlossen sein. Einmalmehr sind die Profite wichtiger als Arbeitsplätze.

arbeiterInnenbewegung

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ehämmert

Ges cheltArbeitskämpfe in der Schweiz

In einer Periode zunehmender Arbeitskämpfe versuchen wir, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, diese kurz und überblickend zusammenzufassen.

Baustellen Misere am HB Zürich

Die BauarbeiterInnen die an der Durch-messerlinie unter dem HB Zürich arbei-ten, müssen das im wahrsten Sinne des Wortes unter verschissenen Bedingungen tun! Ständig müssen sie darauf achten, dass ihnen keine Fäkalien der Passagiere der oberhalb durchfahrenden Züge auf den Kopf fallen. Das ist nicht nur einfach widerlich und unhygienisch, sondern auch gefährlich, denn durch das ständige Risiko werden die ArbeiterInnen unacht-sam, was wiederum zu Unfällen führen kann. Da diese unhaltbare Situation schon seit September bekannt ist, liess die Unia die Baustelle kurzerhand schliessen und machte den Verantwortlichen klar, dass die Arbeiten erst wieder fortgesetzt würden, wenn die ArbeiterInnen unter absolut sicheren und hygienischen Bedin-gungen arbeiten können. Die SBB zeigte sich schliesslich doch kooperativ (wohl auch wegen dem enormen Medienrum-mel) und installiert nun unter den betrof-fenen Geleisen Schutzrinnen um den Ar-beiterInnen 100-prozentigen Schutz vor Fäkalien zu garantieren.

Grossdemo in Bern

Am 12. Oktober versammelten sich in Bern rund 12.000 BauarbeiterInnen um ihrer Wut gegen den Baumeisterverband lautstark Ausdruck zu verleihen. Dieser hatte vor, den Ende Jahr auslaufenden Landesmantelvertrag (LMV) wesentlich zu verschlechtern. Die BauarbeiterInnen waren sich bewusst, sollte der LMV fallen, würde es nicht lange dau-ern, bis auch in anderen Berufen, wie z.b Maurer, Elektriker, die Verträge fallen würden! Der LMV ist einer der wichtigsten Kollektiverträge der Schweiz, er hat etwa 100.000 Bau-arbeiter unter Vertrag. Bisher hat der Baumeisterverband nicht nachgegeben. An der Bauarbeiter-Landsgemeinde in Bern wurde beschlossen, dass falls bis Anfangs Novem-ber kein neuer Vertrag vorliegt, die Bauarbeiter und die Unia am Freitag 25. November einen landesweiten Protesttag durchführen und sich auf Streikmassnahmen vorbereiten werden.

Signaltag des Pflege- und Gesundheitspersonals

Am Donnerstag, dem 22. September, versammelten sich auf dem Bahnhofs-platz in Bern Pflegeangestellte aus der ganzen Schweiz, und deponierten dort rund 30.000 Zitronen. Der Grund: Sie sind richtig sauer! Sie haben genug von den langen Arbeitszeiten und den niedrigen Löhnen, hinzu kommen noch die stän-digen Sparmassnahmen. All das führt zu einer enormen Belastung und erschwert dadurch die Pflege der PatientenInnen. Die Solidarität war gross. In mehren Schweizer Städten wurden zitronengel-be Fahnen angebracht, in Basel gab es sogar einen Zitronen Flashmob! Das Pfle-gepersonal erwartet jetzt Lösungen, die Forderungen können nur sein:

-Kürzere Arbeitszeiten-Bessere Löhne-Ein Ende der sinnlosen Sparmassnahmen

Widerstand gegen Stellen-abbau bei Novartis

Rund 1‘000 Personen haben am 29.10 in Basel gegen die vor kurzem angekündi-gten Massenentlassungen bei Novartis und für einen besseren GAV in der Basler Chemie demonstriert. Eine Delegation aus Nyon, wo Novartis ihren Standort auf-geben will, ist für die Demonstration nach Basel gereist, um ihre Kampfbereitschaft kundzutun. Die Demonstration wurde auch durch Angestellten der Firma Hunts-man verstärkt. Dieser Chemiekonzern hat-te vor kurzem angekündigt den Standort Basel aufzugeben und somit 500 Arbeits-plätze zu vernichten. Die Unia betonte, dass diese Angriffe nicht akzeptabel seien und hat Kampfmassnahmen angekündi-gt. Die Demonstration war ein deutliches Zeichen gegen die Profitmaximierung auf Kosten von ArbeitnehmerInnen. Wir Stel-len uns gemeinsam mit der Belegschaft und den Gewerkschaften gegen diese An-griffe. Gemeinsam sind wir stark!

Erfolgreicher Streik im Universitätsspital in Genf

Personalmangel, der dazu führte, dass Patienten oft wie bestellt und nicht ab-geholt in den Krankenhausfluren warten mussten, tiefe Löhne und zu wenig Erho-lungstage. So sah es bis vor kurzem im Genfer Universitätsspital aus. Doch die Be-legschaft hatte genug und legte für volle 4 Tage die Arbeit nieder! Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die Löhne wurden um eine Lohnkategorie angehoben, zusätz-lich bekommen die Angestellten noch weitere 4 Erholungstage, nebst den regu-lären Ferien! Zudem werden noch 2,5 zu-sätzliche Stellen geschaffen. Gemeinsam kämpfen lohnt sich!

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Einige glauben, dass es schlichtweg an der menschlichen Gier und am allgemei-nen Mangel an humanen Werten läge, dass Banken krachen und Massenent-lassungen durchgezogen werden. Die reformistische Linke sieht die Ursache der Krise im Mangel an staatlicher Regu-lierung, die bürgerliche Rechte im Zuviel an Regulierung der Märkte. Einig war man sich ursprünglich darin, dass die „Spekulanten“ die Schuldigen sind. Be-reits Karl Marx erklärte jedoch, dass die Geldkrise nur ein Symptom einer verall-gemeinerten Krise ist.

Die Kritik der politischen Ökonomie lie-fert die Erklärung, dass die Ursachen der Krise systemisch sind. Mit anderen Wor-ten: Es kann keinen Kapitalismus ohne Krise geben. Krisen stellen sogar einen festen Bestandteil der Entwicklung des Wirtschaftssystems dar. Die Kombina-tion von einer entfesselten Produktion, die für den globalen Markt arbeitet, und der armseligen Planungsfähigkeit individueller privater Profitinteressen ist der grundlegende Widerspruch, der Krisen folgen lässt wie das Amen im Gebet. Das wesentliche Krisenmotiv ist, dass es ein Zuviel an Waren, Produktiv-kräften, Wohnungen, Banken, Kultur und Zivilisation gibt, als dass dieser gesell-schaftliche Reichtum Profite abwerfen könnte, weil es schlicht und einfach an Märkten, sprich zahlungskräftiger Nach-frage, fehlt. Wenn nun dieser Überschuss an Kapazitäten gegen den Rahmen des Marktes stösst, gibt es drei grundle-gende Möglichkeiten aus der Situation heraus zu kommen: „Die bürgerlichen Verhältnisse sind zu eng geworden, um den von ihnen erzeugten Reichtum zu fassen. – Wodurch überwindet die Bour-geoisie die Krisen? Einerseits durch die erzwungene Vernichtung einer Masse von Produktivkräften; anderseits durch die Eroberung neuer Märkte und die gründlichere Ausbeutung alter Märkte.“ (Marx/Engels, Kommunistisches Mani-fest)

Halten wir fest: Die Rebellion der Pro-

duktivkräfte führt unter den Bedin-gungen der kapitalistischen Produktion schlichtweg zur Zerstörung des Vorhan-denen, um Neues profitabel aufbauen zu können.

Geprägt vom langen Aufschwung

Dieser Mechanismus hat im 20. Jahrhun-dert zu drei Systemkrisen geführt, von denen die ersten beiden in Weltkriegen mündeten. Der 2. Weltkrieg und die vo-rangegangene Wirtschaftskrise waren das direkte Resultat davon, dass der 1. Weltkrieg keine genügende Zerstörung und Umverteilung der Märkte hervor-bringen konnte. Im 2. Weltkrieg wurden die Bedingungen geschaffen, um einen langen Nachkriegsaufschwung sicher zu stellen: Die Zerstörungen waren groß und die Welt wurde in zwei stabile Lager aufgeteilt, wobei sich mit den USA eine klare Führungsmacht in der westlichen Welt herausgebildet hatte. Die im Krieg ausgebauten amerikanischen Über-schusskapazitäten wurden in Westeuro-pa zum Einsatz gebracht, hier fanden sie die besten Verwertungsbedingungen vor. Die politische Voraussetzung des nun folgenden langen Nachkriegsauf-schwungs war der Verzicht der Arbei-terklasse auf die soziale Umwälzung der Gesellschaft nach der Erfahrung des Fa-schismus.

Dieser Boom endete in den Krisen von 1974 und 1981. Das Kapital reagierte mit der Durchsetzung einer neoliberalen Politik. Die Finanzmärkte werden von da an zu einem bestimmenden Element der Produktionsweise. Unterstützt wur-de dies durch den Fall der Sowjetunion und die Öffnung von China und Indien. Hier wurde nicht nur ein wichtiger ide-ologischer Sieg errungen („Es gibt keine Alternative zum Kapitalismus“), sondern es konnten auch über 2 Mrd. Menschen in den kapitalistischen Weltmarkt inte-griert werden. Doch auch dieses Neu-land wurde rasch konsumiert. Die Krisen in Asien und Lateinamerika 1998-2000

waren die erste Warnung, doch noch einmal gelang es mittels einer massiven Ausweitung der Verschuldung (v.a. der privaten Haushalte für die Ankurbelung des Konsums) den Ausbruch der glo-balen Krise zu verhindern. Doch es war nur eine Frage der Zeit, bis die grund-legende Tendenz der Entwicklung zum Durchbruch kam. Dies war mit dem Plat-zen der Immobilienblase und der Leh-man-Pleite im Jahr 2008 der Fall.

Die Lage wurde durch massive öffent-liche Interventionen im Kapitalsektor stabilisiert. Laut dem EU-Rat wurden ab 2008 in Europa 1240 Mrd. (!) Euro an Steuergeldern in die Hand genommen, um europäische Banken vor dem Kollaps zu retten. Erreicht wurde damit, dass die Banken- und Industriekrise – wie wir heute mit Sicherheit wissen – in eine Staatsschuldenkrise umgewandelt wur-de. Ein Aufschwung konnte jedoch nicht herbeifinanziert werden, diese seit Jah-ren exzessiv eingesetzte Schulden-Me-dizin zeigte keine dauerhafte Wirkung mehr.

Vor dem Hintergrund einer sich global abkühlenden Wirtschaft wird dies ka-tastrophale wirtschaftliche und soziale Auswirkungen haben. Die im letzten Aufschwung aufgebauten Fettreserven wurden alle in der letzten Krise aufge-braucht. In schwächeren europäischen Staaten wie Griechenland, Irland und Portugal wurde bereits mit der Krise 2008 die Schmerzgrenze erreicht. Gene-ralstreiks, die Bewegung der „Empörten“ und der Aufstand der griechischen Ar-beiterklasse und Jugend im Oktober 2011 sind die politische Konsequenz. Reichere europäische Nationen wie Deutschland und Österreich werden früher oder später in der Doppelmühle von Eurokrise und neuerlicher Rezession ähnliche Prozesse durchleben.

Diktatur des Kapitals

Einstweilen wiegt uns die Politik in Si-

Rebellion der Produktivkräfte Wir stehen vor einer Neuauflage der Wirtschaftskrise, die alles in den Schatten stellen wird. Ihr höchster Ausdruck ist das enorme Niveau der Verschuldung. Den Ernst der Lage hat die herrschende Klasse mittlerweile erkannt. Doch was ist die Ursache für diese „systemische Krise“ (EZB-Chef Trichet)?

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cherheit. Fekter (Österreichs Finanzmini-ster) erklärt uns für die kommende Krise als gut gerüstet. Doch in der Arbeiter-klasse hat sich die Stimmung verfestigt, dass wir nie aus der Krise rausgekom-men sind. Jean Claude Juncker (Chef der Euro-Gruppe) hat in einem Interview offen deklariert, dass er als Politiker in diesen Tagen nicht immer die Wahrheit sagen kann, um das System zu schützen. Welches System meint er? Die Diktatur der Banken und Konzerne. Diese Diktatur hat heute Gesetzescharakter.

Drei Szenarien

Die Rettung des Euros ist zum Lieblings-sport der Notenbanker, und der Politik geworden. Am Morgen plädiert Merkel für dies, am Abend Schäuble für jenes, und gemeinsam mit Sarkozy wollen sie mit einem Paukenschlag den Euro retten – wieder einmal.

Grundsätzlich gibt es zwei Szenarien, die diskutiert werden:

1. Die „Hebelung des EFSF“: Der euro-päische Rettungsschirm (EFSF) hätte ursprünglich 440 Mrd. Euro betragen (bezahlt von den Mitgliedsstaaten). Die-ses Geld reicht jedoch nicht zur Rettung der europäischen Banken – allein die eben erst notverstaatlichte belgisch-französische Dexia Bank sitzt auf 90 Mrd. € faulen Papieren – daher wollen ihn ei-nige auf ca. 1000-2000 Mrd. € „hebeln“. „Hebelung“ heißt nichts anderes, als dass ein noch höheres Spekulationskar-tenhaus mit Staatsanleihen aufgebaut wird – das Risiko tragen dafür die EURO-SteuerzahlerInnen, den Gewinn sollen sich Banken einverleiben dürfen (welche die maroden Staaten nun ohne Risiko fi-nanzieren).

2. Die Eurozone zerbricht. Entweder wer-den einzelne Staaten rausgeworfen oder aber, was wahrscheinlicher ist, Deutsch-land schnappt sich ein paar andere noch relativ starke Volkswirtschaften und gründet einen Nord-Euro. EU-Kommis-sarin Redding plädiert etwa für gemein-same Staatsanleihen der sechs verbliebe-nen Tripple A-Staaten der Eurozone, um einen stabilen Kern zu schaffen. Damit wären alle Krisenländer inklusive Italien schon mal draußen. Bereits jetzt werden „technische Gespräche“ zwischen den Finanzministerien und Notenbanken ei-

ner noch exklusiveren Staatengruppe (unter Ausschluss Frankreichs) geführt.

Das dritte Szenario wäre ein unkontrol-lierter Crash, weil es zu keinem Ausgleich der unterschiedlichen Inte-ressen zwischen den na-tionalen Bourgeoisien, die wiederum in un-terschiedliche Kapital-gruppen gespalten sind, kommt. Mit jeder Woche ohne wirkliche Weichen-stellung wird dieses Sze-nario wahrscheinlicher.

Vorerst hat man sich am 27. Oktober in Kombination mit einem Schuldenschnitt von 50% für Griechenland für ersteres Entschieden.

Gretchenfrage

Auf welche Seite soll sich angesichts dieser Entscheidung die Arbeiterklas-se stellen? Auf gar keine! Diese Ausei-nandersetzungen sind nur für die Ka-pitalgruppen relevant. Sie streiten sich darum, wie sie sich im kommenden Eu-ropa die besten Rahmenbedingungen für ihre zukünftigen Profitmöglichkeiten schaffen. Einig sind sie sich jedoch, dass sie den Anteil der Arbeiterklasse am all-gemein schrumpfenden Reichtum der Gesellschaft noch zusätzlich verringern müssen. Wir dürfen nicht vergessen, dass die nichtbezahlte Arbeit die Grundlage eines jeden Profits ist.

Wenn wir es nicht schaffen den Kapitalis-mus rechtzeitig zu überwinden, ist eine massive Vernichtung von gesellschaft-lichem Reichtum bereits beschlossene Sache. Für die Arbeiterklasse bedeutet dies Arbeitsplatzvernichtung, höhere Steuern zur Bankenfinanzierung, nied-rigere Löhne, Angriff auf alle solida-risch finanzierten Sicherheitssysteme (Gesundheit, Pensionen,…). Die Jugend schaut einer Zukunft ohne Perspektive entgegen.

Sarkozy und Merkel wissen dies. Doch sie haben Angst, die Arbeiterklasse mit dieser Politik zu provozieren. Allein die Entwicklung des Kapitalismus wird sie

zwingen, die Frage in absehbarer Zeit auch bei uns so klar zu stellen wie heute in Athen, Dublin, Lissabon und Madrid: „Menschen oder Profite?“ Die Arbeiterklasse muss sich daher in dieser Diskussion um die Rettung des Euros enthalten und dem ein eigenes Programm entgegenhalten. * Streichung aller Staatsschulden* Verstaatlichung aller Banken und groß-en Konzernen unter Kontrolle der Be-schäftigten und KonsumentInnen. * Die Zusammenfassung des bisher pa-rasitären Bankensektors zu einer Zen-tralbank, die ihre Kreditpolitik allein an der harmonischen Entwicklung der Wirt-schaft orientiert.* Für ein vereintes Europa der Menschen.

Utopie

Utopisch sind die Vorstellungen, dass es bald einen sozialen Wiederaufschwung geben könnte oder gar ein solidarisch-grünes Wirtschaftsmodell. Der Profit wird sich wieder stabilisieren, aber nur zu La-sten der Arbeiterklasse, nicht im Einklang mit ihr. Unter dem Hammerschlag der Ereignisse werden auch scheinbar sta-bile politische Systeme wie die Schweiz erschüttert werden. Verteilungskämpfe stehen auf der Tagesordnung. Diese Zeit werden wir nutzen um den Marxismus wieder zur Mehrheitsströmung in der Ar-beiterInnenbewegung zu machen.

Emanuel Tomaselli

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Erstmals genießen die Beschäftigten aus den öffentlichen Bereichen auch die Unterstützung seitens der Arbeitslosen und der ArbeiterInnen in der Privat-wirtschaft. Das Klischee der angeblich Privilegienritter im öffentlichen Dienst lässt sich angesichts der angekündigten Kürzungspläne (Massenentlassungen, 50%-Lohnkürzungen) nicht mehr auf-rechterhalten. Während die bürger-lichen Medien dennoch weiterhin die Mär der „faulen Griechen“ verbreiten, benötigen laut der Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ bereits 30‘000 Familien dringend Nahrungsmittelhilfe.

Auch im Privatsektor versucht die Tro-ika bestehend aus EU, EZB und IWF Verschlechterungen durchzusetzen. So soll noch diesen Donnerstag der Min-destlohn von 750 Euros auf 550 Euros reduziert werden, indem der nationale Kollektivvertrag und alle Branchenkol-lektivverträge beseitigt werden sollen. Das Gesetz sieht de facto vor, dass die Gewerkschaften “bis zum Ende der Krise” faktisch ausgeschaltet werden.

Die Stimmung unter den ArbeiterInnen war noch nie so kämpferisch. Die Be-reitschaft, den Kampf bis zum Letzten zu führen, ist augenscheinlich vorhan-den. GewerkschafterInnen sagen in den Medien ganz offen, dass es sich hier um politische Streiks handelt. Vergangenen Freitag drohte ein hochrangiger Vertre-ter der Gewerkschaft der Busfahrer im TV: “Wir werden die Streiks fortsetzen bis die Regierung gestürzt ist. Wir wollen diese Bande rauswerfen!”

Einen der militantesten Arbeitskämp-fe führten die Beschäftigten der Müll-abfuhr. Sie waren für mehrere Tage im Streik und besetzten die Mülldeponien. Die Regierung versuchte mit Sonderein-heiten der Polizei den Streik zu brechen, doch die Arbeiter waren nicht bereit die

Besetzungen aufzugeben. Sie prokla-mierten sogar, dass es zu einem Blut-vergießen kommt, wenn die Regierung keinen Rückzieher macht. Die Regierung versuchte daraufhin private Müllent-sorgungsunternehmen einzusetzen, diese waren jedoch nicht imstande den ganzen Müll zu sammeln und zu entsor-gen, weil ihre Mitarbeiter ständig von Menschen auf der Straße als “Streikbre-cher” beschimpft und sogar körperlich attackiert wurden.

Die PASOK-Regierung steht heute noch viel schwächer da als im Sommer. Der Parlamentsklub der PASOK gerät immer mehr unter den Druck der Gewerkschaf-ten. Regierungschef kann sich nicht sein, dass alle 154 sozialdemokratischen Ab-geordneten in der entscheidenden Par-lamentsabstimmung für das Sparpaket

stimmen. Die Mehrheit der PASOK gerät ins Wanken.Immer mehr Teile der soziademokra-tischen Gewerkschaftsfraktion PASKE spalten sich von der PASOK ab. Dies gilt für die PASKE in der Lehrergewerkschaft, der Gewerkschaft der Gemeindebedien-steten und nun auch bei der Eisenbah-nergewerkschaft. Im ganzen Land treten FunktionärInnen der PASOK aus der Par-tei aus. Vom 19. – 20. Oktober fand in Griechen-land die „Mutter aller Streiks“ statt, ein 48-stündiger Generalstreik. Dies war be-reits die 15 Arbeitsniederlegung inner-halb von weniger als 18 Monaten und anders als bisher Mal schlossen sich so-gar hunderttausende Arbeiter aus dem privaten Sektor der Bewegung an. Die Mittelschicht radikalisiert sich zuneh-mend und mischt sich unter den Pro-

Griechenland steht erneut vor einer revolutionären Situation Seit der Ankündigung eines neuerlichen Megasparpakets durch die griechische Regierung sind vor allem die stärksten Gewerkschaften im Zentrum der Auseinandersetzung. Dazu zählen die Beschäftigten im Transportsektor, den Häfen, der Energieversorgung, den Spitälern, im Bildungswesen, den Finanzämtern, die Gemeindebediensteten und die Be-amten. In all diesen Sektoren kommt es ununterbrochen zu Streiks, in mehreren Fällen wurden auch Regierungsge-bäude besetzt.

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Generalstreik am 18. Oktober in Athen

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testlern. Unter dem Motto „Ich schliesse meinen Laden lieber einen Tag als ein Leben lang“ nahmen zehntausende La-denbesitzer und Kleinunternehmer am Streik teil. Alleine in Athen demonstrier-ten eine halbe Million Menschen, ein Vielfaches mehr an Arbeitsplätzen blie-ben im ganzen Land unbesetzt. Seit dem Sturz der Militärjunta 1974 waren nicht mehr so viele Menschen gemeinsam auf der Strasse. Das Volk bewies auf ein-drückliche Art und Weise, wer die ganze Maschinerie am Laufen hält. Ohne uns geht nichts, das hat jetzt auch Papandre-ou gemerkt, der sein Volk nun über das Sparpaket abstimmen lässt.

Stamatis Karagiannopoulos

Seit dem EU-Gipfeltreffen in Brüssel scheint es beschlossene Sache zu sein: Griechenland soll mindestens ein Teil seiner Schulden erlassen wer-den. Doch die Märkte und die grie-chische Bevölkerung sind damit noch lange nicht beruhigt.

Mit grossem Optimismus verkünde-te Angela Merkel Ende Oktober das Massnahmenpaket der Euroländer gegen den Zerfall des Euros. Eine der Hauptmassnahmen darin ist ein sogenannter Schuldenschnitt zugun-sten von Griechenland. Bei einem Schuldenschnitt erlassen die Banken, welche einem Land verzinste Gelder geliehen haben, ein Teil der Schul-den. Im Fall von Griechenland spricht man von etwa 40 bis 60 Prozent Schulderlass. Für die Banken kann sich so ein Schuldenschnitt lohnen, denn so bekommen sie zumindest noch diesen Resten zurückbezahlt statt, wie im Falle eines Staatsban-krotts, gar nichts.

Ferner wollen die EU-Mitgliedstaaten den bestehenden Rettungsfond des EFSF von aktuell 440 Milliarden Euro auf eine Billion aufstocken. Dies soll mit dem „Trick des Hebels“ passieren, welcher folgendermassen funktio-niert: Der Fond des EFSF soll nicht selbst die Staatsanleihen Griechen-lands weiter aufkaufen, sondern mit dem ihr zur Verfügung stehenden Geld lediglich eine Teilgarantie auf

die Anleihen für andere Anleger lie-fern. In Zahlen ausgedrückt ist von 20 Prozent Deckung die Rede. Wenn ein Anleger nun also beispielsweise eine griechische Staatsanleihe im Wert von 100 Euro aufkauft, erhält er im Falle einer Insolvenz Griechenlands 20 Euro von der EFSF zurück. So sol-len die Staatsanleihen Griechenlands durch das verringerte Risiko und die schon vorhandenen hohen Zinsen deutlich attraktiver gemacht werden. Faktisch bedeutet das nichts anderes, als dass der Staatsbankrott Griechen-lands, nun von den übrigen EU-Mit-gliedstaaten finanziert wird. Zudem trägt der Fond des EFSF und somit die gesamte EU nun stärker denn je das Risiko einer potentiellen Insolvenz Griechenlands. Es ist ein Pokerspiel, in welchem die europäische Union mit dieser Massnahme auf All-in, Al-les oder Nichts, setzt. Obwohl sich die Spitzenpolitiker der EU den Medi-en gegenüber zuversichtlich geben, handelt es sich hierbei eindeutig um eine Verzweiflungstat.

Ein weiteres Problem ist, dass die EZB (die europäische Zentralbank) auf-grund des hohen Risikos die Mass-nahme nicht mittragen will. Da sie die effektivsten Möglichkeiten zur Umsetzung der Hebelmassnahme besitzen würde, fehlt nun der wich-tigste Stützpfeiler für das ohnehin schon bröcklige Vorhaben. Auch die übrigen Vertreter der Finanzwelt äus-

sern sich kritisch zum beschlossenen Schuldenschnitt. Viele meinen dieser reiche nicht einmal annähernd aus, um eine Ausbreitung der griechi-schen Krise auf ähnlich verschuldete Länder wie Spanien, Portugal oder Italien zu verhindern.

Derweil steht das von Papandreou angeführte Parlament mit diesem Massnahmenpaket vor der grössten Zerreissprobe seines politischen Be-stehens. Denn die von den Gewerk-schaften koordinierten Streiks halten weiterhin an. Am 19. Oktober fand ein 48stündiger Streik, die „Mutter aller Generalstreiks“, statt. Seitdem halten die Protestbewegungen und die Belagerung des Parlaments un-unterbrochen an. Griechenland be-findet sich in einer revolutionären Phase des Umbruchs und der Um-wälzung. Der Schulderlass von einem paar Prozenten dürfte jedoch die zur-zeit ablaufenden gesellschaftlichen Prozesse kaum stoppen können, bedeuten sie doch trotz allem noch mehr Sparpakete und Angriffe auf den Lebensstandard der Griechen. Es müssen auf der Stelle alle Schulden erlassen werden und die Milliarden-vermögen, die ein paar Superreiche horten, müssen ans Volk zurückflies-sen.

Riccardo Ramacci

Grosse Skepsis trotz Schuldenschnitt

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Reformismus statt Revolution

„Wer hat uns verraten? Die Sozialdemokraten!“. Diesen Spruch begegnet man heutzutage noch auf der Strasse, be-ziehungsweise bekommt ihn als Jungsozialist sogar selbst noch an den Kopf geworfen. Der Vorwurf ist alt, um aber herauszufinden, ob er auch berechtigt ist, werden wir in diesem zweiteiligen Artikel 120 Jahre SPD-Geschichte nach-vollziehen. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands hat in dieser Periode den Wandel von einer marxistischen Oppositions- zu einer sozialliberalen Regierungspartei auf beispielsloser Weise vollzogen.

Geschichte der SPD - Teil 1

geschichte

Mit der Verabschiedung des Erfurters Programm wurde 1891 der Marxismus die offizielle theoretische Grundlage der SPD. Das Programm war in zwei Teilen gegliedert, einem theoretischen von Karl Kautsky und einem praktischen von Eduard Bernstein. Die letzten zwölf Jahren war die SPD noch durch die bis-marckschen „Sozialistengesetze“ in die Illegalität getrieben worden. Diese wur-den jedoch aufgelöst, da sie der Partei „mehr nütze als schade“ (Die SPD hatte ihre Wählerschaft während dieser Zeit von 437‘000 auf über 1,4 Mio. vergrös-sert). Die SPD war nun stärkste Partei Deutschlands und besass eines der fort-schrittlichsten Programme Europas.

Zwischen Reformismus und RevolutionAb nun feierte die Sozialdemokratie ei-nen Wahlerfolg nach dem andern. 1912 besass sie bereits 34,8% Stimmenanteil (4,25 Mio. WählerInnen), Hunderttau-sende waren in der Partei aktiv, obwohl sie im Berufsalltag dafür oft bestraft wurden. Die Einbindung von Vertretern im bürgerlichen Staat, die nun zu privi-legierten Funktionäre wurden, führte aber auch zu einer Entfremdung ge-genüber Wählerschaft. Während die Basis den revolutionären Umsturz des kapitalistischen Systems forderte, ar-beiteten die ParlamentarierInnen auf reformpolitischer Basis mit den Bür-gerlichen zusammen. Trotzki beschrieb diese Situation treffend: „Zwischen dem Minimalprogramm und dem Maximal-programm gab es keine Brücke. Und tat-sächlich brauchte die Sozialdemokratie auch keine solche Brücke, denn vom So-zialismus sprach sie nur an Feiertagen.“ Dieser Antagonismus zwischen revoluti-onärer Theorie und revisionistischer Pra-xis mündete in einer heftigen parteipo-litischen Auseinandersetzung, die sich vor allem zwischen Kautsky und Bern-stein abspielte. Nicht zu Unrecht kriti-

sierte Bernstein den Immobilismus der Partei, von denen viele nur noch darauf warteten, dass der Sozialismus sich von selber einführte. Seinem Konzept eines „Sozialismus als Tagesaufgabe“ wurde am Dresdner Parteitag 1903 zwar eine klare Abfuhr erteilt, die FunktionärInnen foutierten sich aber darum und betrie-ben ihre reformistische Arbeit weiter. Vielen von ihnen war das wilhelminische Kaiserreich längst näher als eine in der Ferne liegende Diktatur des Proletariats.

Die Annahme der Kriegskredite

Der 4. August 1914 hat sich heute noch bei vielen Linken als der Tag einge-brannt, an dem die Sozialdemokratie zum ersten Mal ihre eigenen Werte ver-raten hat. Als es im Parlament darum ging Solidarität und Internationalismus umzusetzen, votierte die SPD-Reichs-tagfraktion einstimmig für die Annah-me der Kriegskredite und machte somit den Weg frei für den 1. WK. Wenige Tage zuvor war vom Parteivorstand noch ver-kündigt worden: „Die herrschende Klas-sen, (…), wollen euch als Kanonenfutter missbrauchen, überall muss den Gewalt-habern in den Ohren klingen: Wir wollen keinen Krieg!“. Nun aber führte die parla-mentarische Orientierung der Parteiver-treter (nicht nur in Deutschland) zum Bekenntnis zum Burgfrieden. Gründe für die Annahme werden heute verschie-dene genannt, die von der Angst vor neuen Sozialistengesetzen (und somit dem Verlust der Funktionärsprivilegien) bis zur Hoffnung auf anschliessende Regierungsbeteiligung reichen. Der Par-teilinke wurde jedoch mit diesem Frak-tionsbeschluss endgültig klar, dass die SPD die Fundamentalopposition gegen das Kaiserreich längst aufgegeben hat-te. Die reformistische Fraktion war sogar bereit, dem Kaiserreich Zugeständnisse

zu machen, welche im gänzlichen Wi-derspruch zur sozialdemokratischen Identität standen. Für Rosa Luxemburg war die SPD ab diesem Tag ein „stinken-der Leichnam“.

Das Bekenntnis der SPD-Fraktion zur Landesverteidigung führte zu einer lin-ken Abspaltung, der USPD (unabhän-gige sozialdemokratische Partei), die sich für einen sofortigen Frieden en-gagierte und sich auf das Erfurter Pro-gramm berief. Der linke Flügel der USPD organisierte sich als „Spartakus-Gruppe“

und wurde von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht angeführt.

Die Novemberrevolution

1918 zeichnete sich die militärische Niederlage Deutschlands ab. Das Reich steckte in einer wirtschaftlichen Krise, die Bevölkerung litt an übelster Armut, fast zwei Millionen deutsche Soldaten waren gefallen. Als Admiräle einen letz-

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geschichte

ten Verzweiflungsangriff starten wollten, rebellierten die Matrosen. Die Vorge-setzten wurden abgesetzt und dafür Soldatenräte gebildet, welche Abord-nungen in alle grösseren deutsche Städ-te schickten. Von Kiel aus raste der Auf-stand durch ganz Deutschland bis nach Berlin, wo der Kaiser abdanken musste. Die Sozialdemokratie kam an die Macht und hatte endlich die Möglichkeit, den propagierten Sozialismus als Endziel zu verwirklichen. Stattdessen enttäusch sie ihre Anhängerschaft, indem sie in den meisten Bereichen alles beim Alten liessen. Das Kaiserreich wurde zu einer parlamentarischen Demokratie mit Na-tionalversammlung, das Frauenstimm-recht wurde eingeführt sowie der Acht-stundentag. Das war dann aber auch fast alles. Die SPD-Führung drängte auf eine Selbstentmachtung der Arbeiter- und Soldatenräte, statt sie zu Revolutionsor-ganen auszubauen. Sie verzichtete auf die leicht umsetzbare Verstaatlichung der Grundstoffindustrie und einer Land-reform. Statt ihn abzuschaffen, wurde der bürgerliche Machtapparat quasi un-berührt gelassen, schlimmer noch, die Sozialdemokratie stützte sich auf die

alte kaiserlichen Kräften, um den Protest von links zu zerschlagen. Die Sparta-kisten, die nun als Kommunistische Par-tei organisiert waren, versuchten durch einen Aufstand die erlahmte Revolution weiter zu treiben. Um einen Linksrutsch der Revolution abzuwenden, holte die SPD-Führung die kaisertreuen Truppen zur Hilfe. Unter dem Oberbefehl von Gu-stav Noske schossen Anhänger des alten Regimes die Kommunisten zusammen. Die zwei Führer der KPD, Luxemburg und Liebknecht, wurden von Freikorps umgebracht. Die Sozialdemokratie hatte die Gelegenheit verpasst mit dem Sozi-alismus ernst zu machen, stattdessen stoppte sie die progressiven Kräfte, ret-tete den Kapitalismus und bereitete so den Weg für einen weiteren Weltkrieg vor.

Die Weimarer Republik

In der von der SPD gegründeten par-lamentarischen Republik blieben die sozialdemokratischen Parteien in der Minderheit, stellten jedoch mit Friedrich Ebert den Reichspräsidenten. Die junge Demokratie stand aber von Anfang an

von mehreren Seiten unter Druck, so mussten die Sozialdemokraten die Ver-sailler Friedensverträge unterzeichnen und übernahmen auf diese Weise die Schuld für die Kriegsniederlage. Die ei-gentlichen Verantwortlichen, die kaiser-liche Generalität, konnten sich somit aus der Verantwortung ziehen und setzten dafür die „Dolchstoss-Legende“ in die Welt.

Durch den Kapp-Putsch versuchte die Rechte 1920 die Republik zu stürzen, was durch den grössten Generalstreik der deutschen Geschichte verhindert wur-de (auf dem Höhenpunkt der Bewegung streikten 12 Mio. ArbeiterInnen). Aber auch hier übernahm die SPD wieder einmal eine konterrevolutionäre Rolle, indem sie die Putschisten straflos gehen liess, während den Schiessbefehl gegen rebellierende Arbeiter erteilte, die den Generalstreik zu einer zweiten Revoluti-on führen wollten. Dieses brutale Vorge-hen gegen die eigene Basis kostete ihr die Hälften der Wählerstimmen zur Kon-stituierung der Nationalversammlung, was zur ersten bürgerlichen Regierung der Weimarer Republik führte.

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geschichte

Die Republik konnte in den Jahren 1924-1929 vom Aufschwung der Goldenen 20er profitieren, die Sozialdemokratie brachte als Oppositionspartei etliche Reformen durch. Ab 1929 schlug aber die grosse Weltwirtschaftskrise auch auf Deutschland voll durch. Bis 1933 war bei-nahe jeder zweite Deutsche im erwerbs-fähigen Alter arbeitslos und bekam nur noch minimale Sozialleistungen. Das Bedürfnis nach radikalen Lösungsmass-nahmen wuchs stetig. Die Weimarer Re-publik verlor zusehends den Rückhalt in der Bevölkerung. Rechts veranstalteten die Nationalsozialisten Grossaufmärsche und verschrien die SPD als „Landesver-räter“, indem sie sich auf die Dolchsto-sslegende beriefen. Ihre faschistische Propaganda wurde des Weiteren bei den Zentrumsparteien immer populärer, die nach rechts drifteten. Links agierte die KPD unter stalinistischem Einfluss und machte mit ihrer „Sozialfaschismus“-The-orie eine Einheitsfront gegen die Natio-nalsozialisten unmöglich. Am Ende wur-

de die SPD ironischerweise zur einzigen Partei, die noch den bürgerlichen Staat verteidigte.

Das Scheitern der Weimarer Republik

1930 gewannen die Nationalsozialisten erdrutschartig 18 % der Stimmen, wäh-rend die Kommunisten mit 13% ebenfalls zunahmen. Die SPD hingegen schrumpf-te ununterbrochen. Der demokratische Charakter der Weimarer Republik wurde zusehends zur Farce. Der neue Reichs-präsident Brüning fand im Parlament keine Unterstützung mehr und regier-te per Notverordnung. Die SPD unter-stützte Brüning dennoch als letzte Mass-nahme zur Rettung „ihrer“ Republik und um Hitler zu verhindern. Die Tolerierung von Brüning enttäuschte ihre Anhänger-schaft, die ihr zusehends davonlief. Hatte die SPD nach der Revolution 1919 noch fast 38% Wähleranteile, waren es im Jahr von Hitlers Machtergreifung nicht mal

mehr halb so viele. Als 1933 Hitler an die Macht kam, warteten trotzdem viele Tau-sende ArbeiterInnen auf den Aufruf der SPD zum bewaffneten Widerstand. Am Tag seiner Ernennung zum Reichskanz-ler hatte es bereits spontane Massende-monstrationen gegeben. Abgesandte von Arbeitervertretungen reisten nach Berlin, um zu wissen, wann es endlich losging. Stattdessen hiess es abwarten. Die nichtexilierten Sozialdemokraten biederten sich beim Nazi-Regime an, in der Hoffnung dem Schicksal der Kom-munisten zu erspart zu bleiben. Am 22. Juni 1933 wurde die SPD trotz aller Zu-geständnisse an die Nationalsozialisten verboten. Die nächste Jahren verbrachte die Sozialdemokratie im Untergrund, im Exil und in den KZs.

Nyima TseringVorstand Juso Sektion Winterthur

Am 60. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus redet alle Welt über das Kriegsende und den Zusammen-bruch des Nazi-Regimes im Jahre 1945. Doch wer verstehen will, wie es zur faschistischen Diktatur ab 1933, zum Inferno des 2. Weltkriegs, zu Holocaust und Barbarei mitten in Eu-ropa kommen konnte, der muss viel früher ansetzen.

Es ist weitgehend in Vergessenheit geraten, dass zwischen 1918 und 1923 die deutsche Arbeiterbewe-gung mehrfach die Chance hatte, die Macht zu erobern und eine sozi-alistische Demokratie zu errichten. In jenen Jahren war Deutschland wie kein zweites Land der Erde Schau-platz von Klassenkämpfen. Arbeiter-räte in Industriezentren, bewaffnete Arbeitermilizen, zwei erfolgreiche Generalstreiks und eine noch nie da gewesene Streikwelle in allen Bran-chen zeugen von einer ungeheuren Kraftanstrengung. Vor diesem Hinter-grund nahm der gewerkschaftliche Organisationsgrad sprunghaft zu und entstanden neben der SPD zwei

neue Arbeiter-Massenparteien: USPD und KPD.

All diese Mobilisierungen brachten nicht den ersehnten Durchbruch, sondern mündeten letztlich in eine Niederlage, die das spätere Empor-kommen der Nazi-Bewegung begün-stigte. Dies war nicht Schuld der ein-zelnen ArbeiterInnen und auch kein Naturereignis.

Pierre Broués Text über die Deutsche Revolution 1918-23 beschreibt die schweren politischen, strategischen und taktischen Fehler und Irrtümer der Führung der linken Massenorga-nisationen, die letztlich den enga-gierten Einsatz von Millionen Arbei-terInnen zunichte machten. Er stellt dar, wie die Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht in den ersten Monaten der Revolution verhängnisvolle Auswirkungen auf den weiteren Verlauf der Entwick-lung haben konnte. Er wirft die Frage auf, warum die Leitung der Kommu-nistischen Partei Deutschlands den Herausforderungen einer revolutio-

nären Führung nicht gewachsen war.

Die Deutsche Revolution 1918-23 enthält viele Lehren. Wer sich wei-gert, aus der Geschichte zu lernen, der wird dazu verdammt sein, sie zu wiederholen.

Die Deutsche Revolution 1918-1923 - AdV Nr.3

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Für grosse Empörung hatte ein im Vor-feld veröffentlichter Brief der Europä-ischen Zentralbank an die Italienische Regierung gesorgt. Jean-Claude Trichet, Präsident der EZB, und Mario Draghi, sein designierter Nachfolger, forderten die Regierung darin auf bis 2013 für ei-nen ausgeglichenen Staatshaushalt zu sorgen. Dies soll grundsätzlich über die Politik erreicht werden, die Papandreou nun in Griechenland umsetzt: Vollstän-dige Liberalisierung des lokalen öffent-lichen Dienstes durch Massenprivatisie-rungen, breite Lohnsenkungen bei den öffentlich Angestellten, Aufhebung der Kollektivarbeitsverträge und eine allge-meine Auflockerung der Arbeitsrechte. Der Brief stellt damit eine offene Kriegs-erklärung an die italienische Arbeiter-schaft dar.

Die Grossdemonstration setzte ein klares und in seiner Gesamtheit fried-liches Zeichen gegen die Spar- und Ab-baupolitik von EZB und Regierung. Nur am Rande kam es zu Gewaltausschrei-tungen, ausgelöst von einer kleinen au-tonomen Abteilung (centri sociali auto-nomi), zwischen dem Schwarzen Block und dem massivem Polizeiaufgebot. Erst die folgende, auf Gewalt fokussierte Berichterstattung sorgte dafür, dass aus der mehrheitlich friedlichen Manifestati-on eine blutige Strassenschlacht wurde.

Linke und Gewerkschaftsfüh-rung bieten keine Alternative

Im Gegensatz zur klaren Ablehnung, welche die Massnahmen beim Volk auslösen, wurde der Brief mit allgemei-ner Zustimmung von allen politischen Parteien im Parlament empfangen. Der Zentralsekretär der Demokratischen Partei (PD), Bersani, erklärte: “Wenn Ita-lien eine andere Regierung hätte (d.h. eine Regierung, in der die PD Mitglied ist), hätte es keinen Anlass für die EZB gegeben, solche Einschränkungen zu fordern. Auf jeden Fall werden wir ein

ausgeglichenes Budget garantieren.“

Die PD war dementspre-chend auch nicht an der Demonstration anwe-send. Auch die CGIL, der grösste Gewerkschafts-bund Italiens, nahm nicht offen teil. Die Führung der CGIL, eng verbunden mit der PD, unterstützt zur Zeit jede mögliche Regierung nach Berlus-coni. Wie aber irgendeine Regierung, die nicht mit dem kapitalistischen Sys-tem bricht, aus der Krise herauskommen will, ohne die Massnahmen der EZB um-zusetzen, bleibt ein Rätsel.Die Metallar-beitergewerkschaft der CGIL, die FIOM, partizipierte hingegen offen an der Demonstration und stellte eine beacht-liche Abteilung. Die FIOM steht damit an der Vorfront der zunehmenden Radikali-sierung der breiten Bevölkerung.

Wachsende Radikalisierung

Die CGIL verfolgte bisher die Strategie, mit Gewerkschaften und Unternehmern eine Allianz gegen die Regierung zu bil-den. Mit dem Abkommen des 28. Juni wurde dieses Bündnis zwischen Confin-dustria, der grössten Arbeitgeberorga-nisation, und den drei grössten Gewerk-schaftsbünden für offiziell erklärt. Die Gewerkschaften sicherten darin ihre Un-terstützung für den sogenannten „Sta-bilitätspakt“ und eine für die Beschleu-nigung des Privatisierungsprozesses zu. Die Bemühungen um die Herstellung eines „sozialen Kompromisses“ scheitern nun aber an den harten Auswirkungen der kapitalistischen Krise auf die Werktä-tigen. Die Führung der CGIL sah sich da-her bereits am 6. September gezwungen zu einem achtstündigen Generalstreik aufzurufen.Damals streikten hundertau-sende in mehr als hundert Städten.

In den vergangenen Wahlen zeichnete sich ebenfalls eine deutliche Linksbewe-gung in der italienischen Gesellschaft ab. Angefangen mit der Niederlage des Rechten Lagers an den Lokalwahlen im Mai, über das erfolgreiche Referendum im Juni. Nach über 15 Jahren erreichte ein Referendum erstmals wieder die nö-tige Beteiligung von mindestens 50%. Die Beteiligung lag bei 57%. Von diesen lehnten 97% Atomkraft und Privatisie-rungen von Wasser und sozialen Dien-sten ab.

Nach dem Generalstreik verteidigte die Mehrheit der CGIL-Führung den sozi-alen Kompromiss und das Abkommen vom 28. Juni. Doch die FIOM lehnte dies in der nationalen Führung der CGIL ab. Die CGIL spricht sich gegen Kampfmass-nahmen aus, doch immer wieder kommt es zu wilden Betriebsbesetzungen und Streiks. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich die Radikalisierung auch auf die Führungen der Gewerkschaften sowie der linken Parteien auswirkt, und sich unter dem Druck der Massen eine kämp-ferische Führung herausbildet.

Samuel HaffnerPräsident Juso Sektion Zürich Unterland

Italien: Massendemonstration gegen EZB und SparmassnahmenAm 15. Oktober wurde Rom zum Schauplatz der grössten Demonstration Italiens in den letzten Jahren. Einige hunder-tausend Menschen fluteten die Strassen. Die Demonstration richtete sich gegen die von der EZB und der Regierung verordneten Sparmassnahmen. Sie bildet damit den bisherigen Höhepunkt einer anhaltenden Welle von Protesten gegen die Sparpolitik.

Generalstreik vom 7. Sept. in Rom

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22 DER FUNKE

schweiz

Montags bis Mittwochs: Umziehen, ein-stempeln, spätestens bis 7.45 Uhr. Ich komme allerdings meist einen Tick spä-ter, aber das macht nichts weiter aus, wir haben Gleitzeit, also müssen wir sowieso unsere neun Stunden schaffen, egal wann wir kommen. Danach wieder runter in die Lehrwerkstatt, wo ich auf dem Anschlag-brett sehe, was heute zu tun ist. donners-tags und freitags ist Schule, einen halben Tag berufsbildend, eineinhalb Tage BMS.

Die Firma ist eine Holding und steht an zwei Standorten. In Islikon TG sind zwei Unternehmen, Jossi AG (JAG, allgemei-ner Maschinenbau und Präzisionsme-chanik) und Jossi Orthopedics (JOP, chi-rurgische Instrumente und Implantate) und in Wängi TG hat die Jossi Systems AG (Eigenmarke, Hilfssysteme für Baum-wollspinnereien) ihr Sitz. Die Firma ist in Familienbesitz, das Management seit ei-nigen Jahren aber nicht mehr. Insgesamt arbeiten an beiden Standorten etwa 160 Mitarbeiter, davon 30 Lernende. Unsere Firma ist wahnsinnig stolz auf ihren Aus-bilderruf.

Ich bin jetzt im dritten Lehrjahr in einer vierjährigen Polymechanikerlehre. In den ersten beiden Lehrjahren mussten wir oft einfach irgendwo im Betrieb aushelfen gehen , Arbeiten wie streichen, Dinge herumschleppen, Rasen mähen, putzen, putzen, und putzen. Ich hatte oft den Ein-druck, als Polymechlehrling bin ich weni-ger wert als z.B. ein KV- oder Elektroniker-stift, da es von uns auch immer vier pro Jahrgang gibt und in anderen Lehren nur mal einen in zwei Jahren. Dafür haben wir unsere „eigene“ Lehrwerkstatt. Aber die muss ja auch irgendwie finanziert werden.

Mittlerweile arbeite ich fast nur noch berufsspezifisch. Das heisst drehen, frä-sen, Teile programmieren, Maschine ein-richten und Qualitätsprüfung. Meistens

kriegen wir morgens eine Zeichnung und Rohmaterial in die Hand gedrückt, besprechen dann kurz mit dem Ausbilder und dem Lehrmeister wie wir dies und jenes am besten lösen können und legen dann los. Was überhaupt die Funktion des Teiles ist, das ich herstelle, erfahre ich höchstens wenn ich einen Fehler ge-macht habe. Dann renne ich durch die halbe Firma zum zuständigen Arbeiter, um ihn zu fragen ob das Teil trotzdem noch funktionstüchtig ist. Ich habe kei-nen echten Bezug zum Ergebnis meiner Arbeit. Manchmal möchte ich aber auch gar nicht so genau wissen, wofür das nun genau ist. Es kann eben auch mal vorkom-men, dass auf der Zeichnung das Logo eines Rüstungskonzerns prangt. Wenn ich dann fertig bin, verschwindet das Teil auch schnell und zuverlässig aus meinem Sichtfeld. Kanban sei dank.

Ich muss sehr genau arbeiten, denn wich-tig ist, dass die Aufspannungen immer sauber und fest sind. Fehler dürfen nicht passieren, denn die Maschinen wirken mit enormen Kräften. Wenn die Aufspannung unsauber ist und ein Fräser mit vollem Karacho hineinfährt, kann das lebensge-fährlich werden. Es gab schon einige Situ-ationen, in denen jemand unachtsam war und Projektile durch die Werkstatt flogen, aber glücklicherweise ist während meiner Lehrzeit noch niemand ernsthaft verletzt worden.

Serienfertigungen finde ich am Schlimm-sten. Das bedeutet für mich die totale Unterforderung. Die Gedanken schwei-fen ständig ab. Ich muss mich perma-nent zwingen, bei der Sache zu bleiben und meine drei bis vier Arbeitsschritte im Kopf zu behalten. Spanne ich ein Werkstück falsch herum ein (was bei wei-tem nicht die einzige Fehlerquelle sein kann), kommt es zum Knall und mehrere Stunden Arbeit sind kaputt oder Schlim-

meres. Bin ich bei einer Serienfertigung, die über mehrere Tage dauert, frage ich mich manchmal ob die Maschine oder ich bedient werde. Ich fühle mich, als würde ich mir beim Arbeiten selber zuschauen. Geradezu schizophren.

Im Übrigen gilt es, bei der Arbeit immer zu stehen, komme was wolle. Die Begrün-dung ist klar, einfach und für jeden leicht verständlich: Es wird nun mal gestanden.

Es herrscht ein ziemlicher Lärm in der Werkstatt. Der Maschinenlärm an sich ist bereits laut genug. Die Druckluft aber (8 Bar) toppt wirklich alles. Wenn man mal gehört hat, wie jemand volles Rohr in eine Bohrung bläst, braucht man danach das lauteste Konzert nicht mehr zu fürchten. Wenn der Lehrmeister die Druckluftpisto-le zückt, zucken wir schon mal vorsorglich zusammen und machen uns schnellst-möglich auf in Richtung Ohrstöpsel. Er da-gegen zuckt nicht, nicht mal mit der Wim-per. Dreißig Jahre Industrie härten ab.

Da ich morgens meist der Letzte bin, bin ich Abends auch der Letzte der geht, schalte die Maschinen und Computer ab, schaue wer seinen Arbeitsplatz unsauber verlassen hat, schließe die Fenster und genieße die Stille. Ich bin dann am ganzen Körper voll mit Spänen, Öl und Kühlwas-ser und freue mich aufs Duschen.

Paul Maetschke

Über meine Arbeit...

Initiative „Für Faire Ferien“

Am 27. November 2011 kommt die Initiative „Für Faire Ferien“ zur Ab-stimmung und fordert eine Mindest-regelung von 5 Wochen Ferien für die Angestellten des Kantons Zürich.Heute gibt es im Gesetz des Kantons keine Mindestregelung, da kantonale Angestellte (Spitäler, Strassenunter-

halt, Sicherheit, Psychiatrien, Verwal-tung, Universität etc.) nicht dem OR unterstellt sind.Diese Initiative beeinflusst die An-stellungsverhältnisse von ca. 100‘000 Beschäftigten im Kanton Zürich und zwar vor allem für die, die rund um die Uhr im Dienst sind. Dies bedeutet eine grosse Belastung für die Angestellten. Der Stress nimmt vor allem in den sozi-

alen Institutionen durch verschiedene gesellschaftliche Probleme extrem zu.Eine Woche mehr Ferien dient zur bes-seren Erholung und trägt zur Arbeits-motivation, zum Wohlbefinden und zur Gesundheit bei.

Wir fordern dich hiermit auf am 27.11 JA zu stimmen! „JA zu Faire Ferien“.

Über deine Arbeit...

Was machst du tagtäglich? Wie sieht dein Tagesablauf aus? Was gefällt dir an deiner Arbeit? Was eher nicht? Wenn du also Lust hast, über deine Ar-beit zu schreiben, melde dich bitte bei uns unter [email protected]. Wir freuen uns auf deinen Beitrag!

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DER FUNKE 23

Für eine Partei der ArbeiterInnenklasse!

Die SP hat in den letzten Jahrzehnten eine Po-litik der Sozialpartnerschaft und der Kompro-misse geführt. Diese Politik, welche mit dem weitgehenden Verlust ihrer Verwurzelung in der ArbeiterInnenbewegung und mit einer Stärkung des rechten Flügels einherging, hat nicht nur zu Wahlniederlagen geführt, son-dern auch zu den Erfolgen der SVP und zu ei-ner Schwächung der ArbeiterInnenbewegung. Wir kämpfen in der SP für einen sozialistischen Kurswechsel!• Für die kompromisslose Vertretung der ar- beitenden Bevölkerung und gegen die kompromisslerische Regierungsbeteiligung!• Kämpfen wir in der SP für ein sozialistisches Programm und echte Parteidemokratie.• SP-Abgeordnete und -FunktionärInnen sol- len nicht mehr als einen FacharbeiterInnen- lohn verdienen.

Für starke Gewerkschaften!

Die Regierung und die UnternehmerInnen se-hen die Zeit gekommen, auf die „Sozialpartner-schaft“ zu verzichten. Die Gesamtarbeitsver-träge sollen aufgebrochen werden und in den Betrieben weht kämpferischen Gewerkschafte-rInnen ein rauer Wind entgegen. • Kündigungsschutz für gewerkschaftlich ak- tive ArbeiterInnen• Keine Geheimverhandlungen mit der Regie- rung und den UnternehmerInnen!• Für demokratische Gewerkschaften - Urabstimmungen in allen wichtigen Fragen!• GewerkschaftsfunktionärInnen sollen nicht mehr als einen FacharbeiterInnenlohn ver- dienen.

Für eine Gesellschaft ohne Frauenunterdrückung!

Frauen sind auf vielfältige Weise der Unterdrü-ckung ausgesetzt. Wir fordern den Ausbau von öffentlichen und frei zugänglichen Tagesschu-len, Kinderkrippen und anderer Einrichtungen mit dem Ziel, Frauen von ihrer Doppel- und Dreifachbelastung zu befreien.• Gleicher Lohn bei gleicher Arbeit!• Gleichstellung von Hausarbeit und Lohnar- beit!• Gegen alle Formen von Sexismus!

Für ein Ende aller Formen von Dis-kriminierung von MigrantInnen!

Wir stellen uns konsequent gegen jegliche ras-sistische Propaganda und Hetze der SVP und

anderer rechtsextremen Gruppierungen. Die-sen geht es darum, die ArbeiterInnenklasse in „In- und AusländerInnen“ zu spalten und so zu schwächen. Graben wir den RassistInnen das Wasser ab und kämpfen wir gemeinsam für un-sere Arbeits- und Lebensbedingungen.• Gegen jede Art von Rassismus!• Abschaffung aller diskriminierenden Ausländer- und Asylgesetze!• Passives und aktives Stimm- und Wahlrecht für MigrantInnen!

Für ein öffentliches, soziales und demokratisches Bildungssystem!

Rücknahme aller Einsparungen bei den Schu-len und Universitäten. Der Staat muss die Fi-nanzierung eines Bildungssystems mit hoher Qualität garantieren, um gute Bildung zu er-möglichen.• Nein zu Studiengebühren: Stipendien, von denen man leben kann!• Für eine demokratische Verwaltung aller Bil- dungseinrichtungen durch Studierende und Lehrende.• Nein zu kantonalen Bildungssystemen – Für einheitliche Volksschulen

Für ein Ende staatlicher Repression!

Die Polizei bekommt immer mehr Rechte - Lauschangriffe, Wegweisungsartikel, Hooli-gangesetz usw. Still und leise wird der Staats-apparat aufgerüstet. Was scheinbar gegen die „organisierte Kriminalität“ gerichtet ist, kann schnell zur Waffe gegen jene werden, die sich diesem System nicht unterwerfen wollen.• Nein zu allen polizeistaatlichen Massnahmen!• Nein zur Aufrüstung der Armee.• Nein zu einer Berufs- oder Freiwilligenarmee.

Für gesunde Umwelt!

Solange in der Industrie, der Energie- und Transportwirtschaft und der Lebensmittelpro-duktion die kapitalistische Profitmaximierung das oberste Prinzip darstellt, wird die Umwelt weiter zerstört werden, was negative Konse-quenzen für die Gesundheit der Menschen hat. • Für eine ökologische und nachhaltige Produktionsweise!

Wohnen, Renten, Gesundheit - für Alle!

Wir brauchen Renten, von denen man leben kann, ein Gesundheitssystem, welches allen gratis und jederzeit zur Verfügung steht, und Wohnungen, die bezahlbar sind. Mit Wohn-

raum, den Renten und der Gesundheit dürfen keine Profite gemacht werden!• Für bezahlbare Wohnungen und die Verstaatlichung von leerstehendem Wohn- raum!• Für Renten in der Höhe des Mindestlohnes – egal, wie lange jemand einbezahlt hat!• Für eine Erhöhung der Kapitalgewinnsteuer zur Finanzierung des Pensionssystems.• Zusätzliches Pflegepersonal zur Betreuung von Alten und Kranken.• Überführung der Pharmaindustrie in Ge- meineigentum unter demokratischer Kon- trolle.

Für einen Mindestlohn und Arbeit für alle!

Arbeit ist in dieser Gesellschaft genug vorhan-den. Auf der Jagd nach maximalen Profiten setzen die Unternehmen auf Personalabbau, Rationalisierungen und Lohnkürzungen. Wer seinen Job behält, muss länger und härter ar-beiten - dafür wächst das Heer der Arbeitslo-sen.• Nein zu Hungerlöhnen! - Für einen Mindest- lohn von mindestens zwei Dritteln des Durchschnittlohnes• Keine Löhne über dem 4-fachen des Min- destlohns!• Wir fordern eine radikale Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich. Nein zu dauernden Überstunden.• Keine Kürzungen bei der Arbeitslosenkasse und keine Zwangsarbeit für Arbeitslose!

Für ein Ende der Diktatur des „freien Marktes“!

Wir fordern die Überführung aller Schlüsselbe-reiche der Wirtschaft (Banken, Finanzinstituti-onen, Grosskonzerne etc.) in Gemeinschafts-eigentum unter der demokratischen Kontrolle und Verwaltung durch die Beschäftigten, die Gewerkschaften und den Staat. • Nein zu allen Privatisierungsplänen! Wie- derverstaatlichung der bereits privatisierten Betriebe!• Für ein Ende der kapitalistischen Profitlogik!• Für eine demokratisch geplante Wirtschaft!

Für sozialistischen Internationalismus!

Nein zum Europa des Kapitals und seiner Po-litik des Sozialabbaus und der Militarisierung. Unsere Solidarität gilt allen, die sich wie wir gegen imperialistische Ausbeutung und Unter-drückung wehren.• Für ein Europa der ArbeiterInnen, als ein Teil einer Sozialistischen Weltföderation!

positionen

Wofür kämpfen wir?

Page 24: der Funke - Ausgabe Nr. 18

Ich bestelle:o ein Funke-Abo (15 Franken für 5 Ausgaben)o Theoriereihe “Aufstand der Vernunft” Band _____ (16 Franken + Porto)o Broschüre Nr. 1 “Wie gewinnen wir einen Streik?” (2 Franken + Porto)o Neuerscheinung: Ursprung des Christentums (28 Franken inkl. Porto)o Aufstand der Vernunft 9: Arabische Revolution (8 Franken inkl. Porto)

Ich will:o eine Liste eurer Materialieno Infos über eure Veranstaltungen und Aktivitäteno aktiv werden

Name:Strasse:PLZ & Ort:Telefonnr.:E-Mail:

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FunkederPostfach 16968401 Winterthur

Kautsky führt uns in die Welt der antiken Gesellschaften und zeichnet deren Niedergangsprozess nach. Schritt für Schritt legt er dar, wie die Krise der damaligen Produktionsweise und der Ökonomie ihren Ausdruck fand – in einer Krise der politi-schen Institutionen, der gesellschaftlichen Beziehungen und des gesamten Denkens. In dieser Atmosphäre entstand das frühe Christentum als Bewegung der Unterdrückten und Aus-gestoßenen.

Kautskys Ursprung des Christentums war bis 1923 insgesamt 13 Mal aufgelegt worden. In der Folge ist dieser Klassiker je-doch weitgehend in Vergessenheit geraten. Zu Unrecht, wie wir meinen. Die materialistische Geschichtsauffassung, die Kautsky hier mit großer Fertigkeit an diesem Phänomen von welthistorischer Bedeutung anwendet, ist noch immer das beste Werkzeug für jene, die die Welt nicht nur interpretieren sondern auch verändern wollen.

Kein Stein wird auf dem andern bleiben;alles wird niedergerissen werden. (Mt 24,2)

Karl KautskyDer Ursprung des ChristentumsEine historische Untersuchung

Verlag AdVTaschenbuch, 436 SeitenSFr. 28,00Bestellungen unter [email protected]

Neuerscheinung: Der Ursprung des Christentums (Karl Kautsky)