grassierend salzburg ausgabe april 2010

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April 2010 salzburg.gras.at Zeitung der GRAS Salzburg GRAS SIEREND Studiengebühren – ein Gespenst der österrei- chischen Bildungspolitik Frühjahr 2010: Ein neues Semester, neue Lehrveranstaltungen, neue KollegInnen – und für viele ein neuer Zahlschein der Uni Salzburg in Höhe von 363,36 Euro! Während ein großer Teil der Menschen in Österreich glaubt, Studiengebühren wären abgeschafft worden, müssen tausende Studie- rende an der Uni Salzburg weiterhin Studien- gebühren zahlen. Du musst Studiengebühren zahlen, wenn du in deinem Studium die vor- geschriebene Studienzeit plus Toleranzsemes- ter überschreitest. Falls du ein Doppel- oder Mehrfachstudium betreibst, musst du nach dem Abschluss eines Studiums zahlen. Diese Regelung bestraft jene, die mehrere Studien- richtungen studieren und diese selbstverständ- lich nicht in der vorgeschriebenen Zeit absol- vieren können. Gründe für die Befreiung von Studienge- bühren Du bist von der Pflicht, Studiengebühren zu zahlen, befreit, wenn du mehr als zwei Monate des Semesters für den Präsenz- oder Zivildienst benötigst, mehr als zwei Monate schwanger bist, mehr als zwei Monate mit der überwiegenden Betreuung eines Kindes bis zu dessen siebten Geburtstag betraut bist, eine Behinderung ab 50 Prozent hast, mindestens zwei Monate lang an deinem Studium durch Krankheit gehindert bist oder neben dem Stu- dium mindestens geringfügig arbeitest. Rechtswidrige Einhebung von Studienge- bühren! Viele ausländische Studierende aus Nicht- EWR-Staaten (Europäischer Wirtschaftsraum) müssen theoretisch keine Studiengebühren zahlen. Befreit sind z.B., wer aufgrund bila- teraler Verträge den gleichen Berufszugang hat wie einE ÖsterreicherIn oder Studierende, die Flüchtlinge gemäß der Genfer Konvention sind (detaillierte Auflistung auf salzburg.gras. at). In der Realität werden sie von vielen öster- reichischen Unis trotzdem zur Kasse gebeten, die ihnen auf gut Glück einen Zahlschein zu- senden und hoffen, dass diese ihre Rechtslage nicht kennen. Da die Unis gesetzlich verpflich- tet sind, die Betroffenen von sich aus zu in- formieren, dies aber nicht tun, handelt es sich dabei um rechtswidriges Verhalten. Studiengebühren verschärfen die soziale Selektion Studiengebühren sind aus mehreren Gründen abzulehnen: Einsereits aus subjektiver Sicht, also wenn ich sie selbst zahlen muss, zum an- deren aus gesellschaftlicher Sicht, denn Studi- engebühren verschärfen die soziale Selektion. Wer neben dem Studium arbeiten muss, wird vermutlich nicht in Mindestzeit fertig studie- ren können. Die dann anfallenden Studienge- bühren verstärken den finanziellen Druck auf die Betroffenen. Es entsteht ein Teufelskreis, der häufig zum Studienabbruch führt. Wer also keine reichen Eltern hat, die das Studium finanzieren, ist gegenüber den Kindern aus wohlhabenderen Kreisen benachteiligt. Das österreichische Stipendien- und Beihilfesys- tem trägt nur wenig zur Entschärfung der Lage bei: nur 18 Prozent aller Studierenden erhalten Beihilfen, während der Anteil der armutsge- fährdeten Studierenden weitaus höher liegt. Studiengebühren sind nicht zielführend Studiengebühren belasten nicht nur die Stu- dierenden, sie führen auch zu keiner Verbes- serung der Studienbedingungen. Als die Stu- diengebühren 2002 eingeführt wurden, kürzte die ÖVP-FPÖ Regierung das Uni-Budget um genau jenen Betrag, der durch die Gebühren eingenommen wurde. Die Studienverhältnisse haben sich daher nirgends verbessert. In den kommenden Jahren sollen die Ressourcen weiter gekürzt werden – um 50 Mio. jährlich bis 2013 und um 100 Mio. jährlich ab 2014! Gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise dürfen Bildung und Forschung nicht totgespart wer- den. Die entstehenden Budgetlücken dürfen nicht den Studierenden angelastet werden! Die GRAS lehnt Studiengebühren entschieden ab und kämpft für die angemessene Finanzierung der österreichischen Unis! kmd Impressum: GRAS - Grüne & alternative StudentInnen Salzburg Haydenstraße 2/1, 5020 Salzburg [email protected] salzburg.gras.at

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Grassierend Salzburg Ausgabe April 2010

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April 2010salzburg.gras.atZeitung der GRAS Salzburg

GRASSIERENDStudiengebühren – ein Gespenst der österrei-chischen Bildungspolitik

Frühjahr 2010: Ein neues Semester, neue Lehrveranstaltungen, neue KollegInnen – und für viele ein neuer Zahlschein der Uni Salzburg in Höhe von 363,36 Euro!

Während ein großer Teil der Menschen in Österreich glaubt, Studiengebühren wären abgeschafft worden, müssen tausende Studie-rende an der Uni Salzburg weiterhin Studien-gebühren zahlen. Du musst Studiengebühren zahlen, wenn du in deinem Studium die vor-geschriebene Studienzeit plus Toleranzsemes-ter überschreitest. Falls du ein Doppel- oder Mehrfachstudium betreibst, musst du nach dem Abschluss eines Studiums zahlen. Diese

Regelung bestraft jene, die mehrere Studien-richtungen studieren und diese selbstverständ-lich nicht in der vorgeschriebenen Zeit absol-vieren können.

Gründe für die Befreiung von Studienge-bühren

Du bist von der Pflicht, Studiengebühren zu zahlen, befreit, wenn du mehr als zwei Monate des Semesters für den Präsenz- oder Zivildienst benötigst, mehr als zwei Monate

schwanger bist, mehr als zwei Monate mit der überwiegenden Betreuung eines Kindes bis zu dessen siebten Geburtstag betraut bist, eine Behinderung ab 50 Prozent hast, mindestens zwei Monate lang an deinem Studium durch Krankheit gehindert bist oder neben dem Stu-dium mindestens geringfügig arbeitest.

Rechtswidrige Einhebung von Studienge-bühren!

Viele ausländische Studierende aus Nicht-EWR-Staaten (Europäischer Wirtschaftsraum) müssen theoretisch keine Studiengebühren zahlen. Befreit sind z.B., wer aufgrund bila-

teraler Verträge den gleichen Berufszugang hat wie einE ÖsterreicherIn oder Studierende, die Flüchtlinge gemäß der Genfer Konvention sind (detaillierte Auflistung auf salzburg.gras.at). In der Realität werden sie von vielen öster-reichischen Unis trotzdem zur Kasse gebeten, die ihnen auf gut Glück einen Zahlschein zu-senden und hoffen, dass diese ihre Rechtslage nicht kennen. Da die Unis gesetzlich verpflich-tet sind, die Betroffenen von sich aus zu in-formieren, dies aber nicht tun, handelt es sich dabei um rechtswidriges Verhalten.

Studiengebühren verschärfen die soziale Selektion

Studiengebühren sind aus mehreren Gründen abzulehnen: Einsereits aus subjektiver Sicht, also wenn ich sie selbst zahlen muss, zum an-deren aus gesellschaftlicher Sicht, denn Studi-engebühren verschärfen die soziale Selektion. Wer neben dem Studium arbeiten muss, wird vermutlich nicht in Mindestzeit fertig studie-ren können. Die dann anfallenden Studienge-bühren verstärken den finanziellen Druck auf die Betroffenen. Es entsteht ein Teufelskreis, der häufig zum Studienabbruch führt. Wer also keine reichen Eltern hat, die das Studium finanzieren, ist gegenüber den Kindern aus wohlhabenderen Kreisen benachteiligt. Das österreichische Stipendien- und Beihilfesys-tem trägt nur wenig zur Entschärfung der Lage bei: nur 18 Prozent aller Studierenden erhalten Beihilfen, während der Anteil der armutsge-fährdeten Studierenden weitaus höher liegt.

Studiengebühren sind nicht zielführend

Studiengebühren belasten nicht nur die Stu-dierenden, sie führen auch zu keiner Verbes-serung der Studienbedingungen. Als die Stu-diengebühren 2002 eingeführt wurden, kürzte die ÖVP-FPÖ Regierung das Uni-Budget um genau jenen Betrag, der durch die Gebühren eingenommen wurde. Die Studienverhältnisse haben sich daher nirgends verbessert. In den kommenden Jahren sollen die Ressourcen weiter gekürzt werden – um 50 Mio. jährlich bis 2013 und um 100 Mio. jährlich ab 2014! Gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise dürfen Bildung und Forschung nicht totgespart wer-den. Die entstehenden Budgetlücken dürfen nicht den Studierenden angelastet werden! Die GRAS lehnt Studiengebühren entschieden ab und kämpft für die angemessene Finanzierung der österreichischen Unis! kmd

Impressum: GRAS - Grüne & alternative

StudentInnen Salzburg Haydenstraße 2/1, 5020 Salzburg

[email protected]

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„99 Staatsbürgerinnen und ein Staatsbürger sind auf Deutsch 100 Staatsbürger. Die 99 Bürgerinnen können zusehen, wo sie bleiben; sie sind nicht der Rede wert.“ Luise F. Pusch

Jede nur einen Gender / ein Geschlecht for-cierende Sprache muss als diskriminierend ein-gestuft werden, da sie das Vorhandensein von Frauen und Transsexuellen außer Acht lässt. Obwohl Gesetze und Richtlinien zur Vermei-dung sexistischen Sprachgebrauchs vorhanden sind, haben diese kaum zu einer Verbesserung der gesellschaftlichen Verhältnisse geführt. Mitunter wird die Notwendigkeit einer An-gleichung nicht gesehen bzw. belächelt und sprachlich sensible Menschen ernten all zu oft Spott für ihre Bemühungen.

Warum überhaupt all die Bestrebungen?

Sprache steuert die Wahrnehmung des Men-schen. Sie lässt Bilder in unserem Gehirn ent-stehen und beeinflusst somit direkt unser Han-deln. Selbst bei Menschen deren Geschlecht wir nicht kennen, wird automatisch von ei-nem „er“ ausgegangen, „was macht denn der Wahnsinnige da vorn im Auto“. Führt also eine Benachteiligung in Wort und Schrift zu einer „realen“ Benachteiligung. Ja, genau dazu führt sie! Eine interessante Studie der Univer-sität Mannheim, durchgeführt von Dagmar Stahlberg und Sabine Sczesny, hat sich genau mit dieser Thematik auseinander gesetzt. Stu-dierenden wurden Fragebögen in drei unter-schiedlichen Sprachversionen vorgelegt. Wäh-rend in Version eins z.B nach dem beliebtesten Politiker gefragt wurde (generisches Masku-linum) , erkundigten sie sich in der zweiten Version nach dem beliebtesten in der Politik tätigen Menschen (geschlechtsneutrale Formu-lierung). In Version drei wurde nach dem be-

liebtesten Politiker, der beliebtesten Politikerin gefragt (Doppelnennung der männlichen und weiblichen Form). Dabei hat sich gezeigt, dass die befragten Personen vermehrt weibliche PolitikerInnen nannten, wenn die geschlechts-neutrale und die beide Geschlechter umfassen-de Form verwendet wurden. Damit scheint be-wiesen, dass die Assoziation mit männlichen oder weiblichen Personen von der jeweils ver-wendeten Sprachform beeinflusst wird. Eine Gleichstellung unterschiedlicher Gender kann nur unter Einbeziehung der Sprache gesche-hen, oder anders formuliert, Gleichberechti-gung beginnt mit der Sprache!

Anwendung gendergerechter Sprache

Es gibt unterschiedliche Formen genderge-rechter Sprache, wobei angemerkt sei, dass nicht alle Formen in jeder Situation gleich viel Sinn ergeben.

Zu den geläufigsten Formen zählen sicher die Doppelnennung, das Binnen-I, Schrägstriche, der Unterstrich (auch „Gender-Gap“ genannt), sowie die Verwendung von Klammern.

• Doppelnennung: Studenten und Stu-dentinnen

• Das Binnen I: StudentInnen• Schrägstrich: Student/in• Unterstrich: Student_innen• Klammern: Student(in) • Darüber hinaus gibt es noch die Mög-

lichkeit neutraler Formulierungen: Stu-dierende

Entscheidend ist jedoch nicht eine grammati-kalisch korrekte Verwendung, vielmehr geht es um die Verbannung von Diskriminierung und Sexismus aus unserem täglichen Sprachge-brauch, sodass diese Barrieren Stück für Stück aus unseren Köpfen verschwinden. Es ist Zeit Rechte einzufordern, alternative Sprachfor-men dürfen nicht länger als alternativ wahr-genommen werden, sie sollten eine Selbstver-ständlichkeit sein! cs

Diskriminierung durch Sprache?

Fairtrade… und warum ist da ein Frosch drauf?

Zu teuer?

Zwei Cent. Möglicherweise auch drei Cent. Das sind die Mehrkosten pro Tasse Kaffee bei Umstellung auf biologischen FairTrade Kaffee. Wer hätte das gedacht… Und wie-so macht das dann keine/r? Eher wird ja der Eindruck vermittelt, wer biologischen Fair-Trade Kaffee im Kaffeehaus trinken möchte, muss tief in die Geldtasche greifen (die Geld-tasche von Studierenden ist im Normalfall

nicht prall gefüllt), also gibt mensch sich mit nicht-biologischem Kaffee, hergestellt unter sozial und ökologisch fragwürdigen Umstän-den, zufrieden. Doch gerade Kaffee und auch Tee werfen unglaublich hohen Gewinn in der Gastronomie ab. Im Großhandel kostet eine der billigeren Kaffeesorten von Jacobs (Mocca Auslese) 6,39 Euro brutto. Organico, ein bio-logischer FairTrade Kaffee (von EZA), kostet im Großhandel 10,49 Euro brutto. Bei sieben Gramm pro Tasse wären das also 142 Tassen, was damit einen Kaffeepulverpreis von sieben

Cent ergibt. Die Differenz liegt dabei also bei zwei Cent pro Tasse.

RAc – Vergiss den Frosch!

Die Mensen Österreichs (auch in Salzburg) haben fast alle auf Rainforest Alliance certi-fied (RAc) Kaffee umgestellt, was nicht zu übersehen ist - hängen ja die Plakate mit dem süßen Frosch und einem glücklich lächelnden Afrikaner an allen möglichen Wänden und suggerieren Umweltschutz und fairen Handel. Diese Umstellung ist auf jeden Fall zu begrü-

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Nie wieder Versuchskaninchen - E-Voting ist tot

ßen, weil es ein Schritt zu einer bewusssteren Kaufentscheidung ist. Das war´s aber dann

auch schon, denn laut Greenpeace dienen Gü-tesiegel wie das RAc nicht vor allem dazu, den Regenwald, Frösche, Käferl, Schnecken,… zu schützen, was mensch vielleicht aufgrund der Plakate annehmen würde. Ihr Zweck besteht vor allem darin, das Gewissen der Konsumen-tInnen zu beruhigen und dadurch höhere Prei-se zu rechtfertigen. Beim genaueren Hinsehen wird dann aber klar, gewisse Öko-Mindest-standards werden zwar eingehalten (super!), grundsätzlich muss aber weder nach den Kri-terien des ökologischen Landbaus angebaut werden, noch werden irgendwelche sozialen Standards berücksichtigt. Pflanzenschutzmit-tel sind erlaubt – Tut mir leid Frosch, Käferl, Schnecke! Die KaffeebäuerInnen bekommen den nationalen Mindestlohn, was meistens nicht Hand in Hand mit Existenz sicherndem Lohn geht, wie das bei FairTrade der Fall ist.

FairTrade von Nestlé?

Auch multinationale Konzerne wie Nestlé oder Kraft bieten teilweise ebenfalls FairTra-de Kaffee an, was ja an sich sehr lobenswert wäre. Die Philosophie dahinter wird aber doch ad absurdum geführt, wenn mensch bedenkt, dass Nestlé nach wie vor für Sklaverei, Aus-beutung und Umweltverschmutzung in der sogenannten dritten Welt verantwortlich ist. Profit macht Nestlé also mit diesen verwerf-lichen Geschäftspraktiken, Faitrade ist dabei nur Imagepflege. Begrüßenswert wäre daher biologischer FairTrade Kaffee, der über die Importorganisation EZA vertrieben wird, die sich seit den 1970er Jahren für faire Entwick-lungszusammenarbeit einsetzt.

Das FairTrade Gütesiegel ist an sich auf jeden Fall positiv zu bewerten, da es klein-bäuerliche Strukturen fördert und Direktver-marktung zulässt. Dies gewährleistet, dass ein möglichst hoher Prozentsatz des Gewinns im Herstellungsland bleibt. FairTrade gibt Abnah-megarantien und ein fairer Mindestpreis ver-ringert die Abhängigkeit der BäuerInnen von zu stark schwankenden Weltmarktpreisen. So-zialprämien werden für gemeinnützige Projek-te vergeben und machen somit Investitionen in Ausbildung, Gesundheit oder Infrastruktur möglich. Außerdem ist ein Großteil der Fair-Trade produzierten Waren bio. Natürlich kann

auch, was FairTrade anbelangt, die Sinnhaftig-keit gerade in Bezug auf Regionalität in Frage gestellt werden... Aber ÖsterreicherInnen lie-ben Kaffee und leider ist es dem/der BäuerIn ums Eck (noch) nicht möglich, Kaffee anzu-bauen.

Nicht mit uns

Trotzdem wird klar, eine Umstellung auf biologischen FairTrade Kaffee hätte positive Auswirkungen auf die KaffeebäuerInnen und weniger Auswirkungen auf den Endverbrau-cherInnenpreis, wie mensch vielleicht anneh-men würde. Warum diese Entwicklung trotz-dem erst am Anfang steht, ist nicht leicht zu erklären. Interessieren sich GastronomInnen noch zu wenig für diese Infos? Erinnern wir sie als KonsumentInnen aber noch zu wenig daran? Fordern wir es nicht nachdrücklich genug? Aktiv werden muss nicht unbedingt heißen, sich politisch zu engagieren (obwohl wir das natürlich sehr begrüßen – es gibt eine Menge zu tun und wir können Unterstützung gebrauchen), sondern aktiv werden bedeutet auch, als KonsumentIn aktiv zu werden, be-wusste Kaufentscheidungen zu treffen, nach-zufragen, aufzuzeigen,… vielleicht sich mal zwei Minuten Zeit für ein Beschwerdemail nehmen! se

Seit Anfang April ist klar: Es wird bei den ÖH-Wahlen 2011 kein E-Voting mehr ge-ben. Trotzdem wiederholt die zuständige Wissenschaftsministerin Beatrix Karl (ÖVP) gebetsmühlenartig, dass E-Voting ein Erfolg gewesen sei. Ungeachtet der enormen Kosten von über 1,5 Million Euro, der schwachen Wahlbeteiligung und der schwerwiegenden demokratiepolitischen Vorbehalte. Karl ver-sucht verzweifelt, allen Tatsachen zum Trotz das Image des Prestige-Projekts „E-Voting“ und des Ministeriums zu wahren.

Zu diesem Zweck ließ das Wissenschafts-ministerium einen Evaluierungsbericht er-stellen - skurrilerweise von derselben Firma, die das E-Voting durchgeführt hat. Da ist es wenig verwunderlich, dass sich das ÖVP-geführte Ministerium selbst ein glattes „Sehr gut“ ausstellte. Während die real vorhandenen Probleme des E-Votings kleingeredet werden, schiebt der Bericht die Schuld für das massive Fehlschlagen von E-Voting auf alle anderen

ab – die Studierenden, die ÖH-Fraktionen, den Bundeskanzler, ... Nur das Wissenschafts-ministerium habe eine weiße Weste. Weniger als ein Prozent der Stimmen wurden im Mai ’09 elektronisch abgegeben. Bei Gesamtkosten von 1,5 Millionen Euro ergibt das Kosten von 644 Euro pro abgegebene Stimme! Für Karl

und den Haus-und-Hof-Evaluierungsbericht kein Anlass zum Nachdenken.

Die GRAS hat den fragwürdigen Einsatz von E-Voting in Salzburg und an 12 anderen Universitäten angefochten. Hauptkritik waren die massiven demokratiepolitischen Beden-

ken: Bei E-Voting kann weder die unabhän-gige Stimmabgabe ohne äußeren Zwang, noch die Sicherheit der Daten über die abgegebe-nen Stimmen gewährleistet werden. Selbst von professionellen InformatikerInnen wurde schon vor der Wahl vernichtende Kritik am E-Voting System geübt. Die Drohung der GRAS, mit den Klagen bis vor den Verfas-sungsgerichtshof zu gehen, hat erheblich zu Karls Abschied vom E-Voting beigetragen.

Wie schon ihr Vorgänger Johannes Hahn kümmert sich auch Ministerin Karl nicht um solche Anliegen. Stur verteidigt sie weiterhin ein gescheitertes Wahlsystem, für das die ÖH als Versuchskaninchen herhalten musste. Aber wie auch immer, E-Voting ist tot. Trotz zeitli-cher Nähe zu Ostern wird E-Voting auch nicht auferstehen. Daher freuen wir uns als GRAS umso mehr über den Erfolg unserer beharr-lichen Kampagne für demokratiepolitische Standards und sichere Wahlen! kmd

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NGOs am PrangerDie so genannte „Tierschutz-Causa“ vor

dem Landgericht Wiener Neustadt wirft die grundsätzliche Frage nach der Zu-kunft von Nicht-Regierungsorganisatio-nen in Österreich auf. Offenbar duldet der Staat keine unbequemen Meinungen.

Mammutprozess ohne Beweise

Am 2. März begann der Prozess gegen 13 TierschützerInnen, denen vorgeworfen wird, einer „kriminellen Organisation“ nach Para-graf 278a Strafgesetzbuch anzugehören. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass im

Bereich des Tierschutzes eine zentrale Organi-sation operiert, die für sämtliche von einzelnen AktivistInnen verübten Straftaten verantwort-lich gemacht werden kann. Mehr als 200 Zeu-gInnen sollen im Verlauf der Verhandlung an-gehört werden. Die Behörden zeichneten sich

im Vorfeld des Prozesses durch völlig überzo-gene Ermittlungsmethoden aus, die nur einen Schluss zulassen: Es soll mit dem Verfahren gegen die angeklagten TierschützerInnen, die sich teilweise untereinander noch nicht einmal kennen, ein Exempel statuiert werden. Die zuständige Staatsanwaltschaft und die „Soko Bekleidung“ setzten seit 2007 alles daran, ver-wertbare Beweise zu liefern – bisher jedoch er-folglos. Und das, obwohl sämtliche zur Verfü-gung stehenden Mittel ausgereizt wurden und vielfach am Rande der Legalität gehandelt wur-de. Telefonüberwachungen, Observationen, Finanzüberwachung, sogar Peilsender wurden

eingesetzt. Selbst vor der Analyse illegal be-schaffter DNA-Proben schreckten die staat-lichen Behörden nicht zurück. Im Jahr 2008 wurden über 260 Personen im Zuge der Er-mittlungen der Sonderkommission überwacht.

Weitreichende Konsequenzen für NGOs

Durch den ausufernden Prozess ist ein Hauptanliegen der Behörden bereits erfüllt worden: Die Arbeit der Tierschutzvereine steht seit Mitte 2008 still, statt wertvoller Kampagnen werden Verteidigungsstrate-gien erarbeitet. Die Anwaltskosten – rund 100.000 € pro Angeklagter/n – müssen in jedem Fall selbst getragen werden. Sollte das Gericht die Personen verurteilen, hätte dies fatale Folgen für die Arbeit von österreichi-schen NGOs. Organisationen würden für die etwaigen Straftaten einzelner Mitglieder zur Rechenschaft gezogen und somit unter einen Generalverdacht der Illegalität gestellt werden.

Die Arbeit von Nicht-Regierungsorganisa-tionen ist – gerade im Bereich des Tierschut-zes – viel zu wertvoll, als dass sie durch will-kürlich geführte Prozesse eingeschränkt und letztlich zerstört werden sollte. Die Häufung staatlicher Repression gegen (friedlichen) zivilen Widerstand in letzter Zeit ist erschre-ckend. Die willkürliche Verhaftung zweier Salzburger im Januar dieses Jahres anlässlich einer Kundgebung gegen die Asylpolitik der Bundesregierung ist ein zweiter erschrecken-der Vorgang (Nähere Infos zu diesem The-ma unter www.widerstand-im-fekterland.at).

Die GRAS Salzburg solidarisiert sich mit den betroffenen Tierschutzvereinen und verfolgt den Prozess aufmerksam! Ausführliche Infos gibt es auf der Seite www.tierschutzprozess.at. re

Wir, die GRAS...sind eine Gruppe von grünen & alternativen

StudentInnen die sich nicht nur an der Uni Salz-burg engagieren, sondern auch über den uni-versitären Tellerrand blicken. Was uns eint, ist der Wille etwas zu verändern. Wir vertreten die Interessen der StudentInnen und setzen uns für die Verbesserung der Studienbedingungen ein.

Unsere Mittel sind die Mitarbeit in den Gremien der ÖH, sowie der Universität

und der direkte Dialog mit StudentInnen. Aktionismus ist eine weitere Form unse-rer politischen Arbeit mit der wir Proble-me und Misstände unkonventionell aufzei-gen. Unsere Themen sind unter anderem:

• Bildungspolitik• Feminismus• Gesellschaftspolitik & Soziales• Migration

• Demokratie & Mitgestaltung• Ökologie & Nachhaltigkeit

Wenn du bei uns mitmachen möchtest, mel-de dich am besten bei [email protected]. Wir freuen uns!