garcon ausgabe nr. 26

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Garcon - Magazin für Gastronomie, Hotellerie & Lebensart Ausgabe Nr. 26

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Page 1: Garcon Ausgabe Nr. 26
Page 2: Garcon Ausgabe Nr. 26
Page 3: Garcon Ausgabe Nr. 26

Berliner Brandstifter Dry Gin

100 % Berlin Spirit

Hat Berlin einen besonderen Geschmack? Hat es einen Duft? Laut Vincent Honrodt, dem Kopf hinter dem Berliner Brandstifter, eine Frage, die klar mit einem Ja zu beantworten ist: „Unser Gin ist auf einer Wiese entstanden. Nach einer typisch ereignisrei-chen Berliner Nacht saß ich mit einem guten Freund beisammen, die Sonne kam durch, reflektier-te auf dem Tau des Grases und es lag dieser frische, blumig-gra-sige Duft in der Luft. Das alles — den Duft und die Essenz dieser Nacht und des Morgens — wollte ich in ein Glas bringen. Ein Wes-tern Dry Gin mit typischen Berli-ner Botanicals erschien mir ideal dafür.“

Honrodt, der bereits sehr er-folgreich mit seinem Berliner Brandstifter Korn in Deutsch-lands Premium-Gastronomie ver-

treten ist, fand schnell viel An-klang mit seiner Idee: „Jedem, dem ich von dem Projekt erzähl-te, war begeistert, daher haben wir uns entschlossen, die Kraft der ‚Crowd‘ zu nutzen, um es zum Le-ben zu erwecken.“ Auf der Crowd-funding-Plattform Startnext wurde innerhalb kürzester Zeit das nö-tige Startkapital gesammelt und nun ist er da: Der Berliner Brand-stifter Gin.

Basis ist, wie beim Korn, ein be-sonders hochwertiges, siebenfach gefiltertes Weizendestillat. Die Grundnote bildet der für den Dry Gin charakteristische Wacholder.

Der eigenständige Charakter des Berliner Brandstifter Gins wird erzielt durch typische Berliner Anklänge von Holunderblüten, fri-schen Gurken, Malvenblüten und Waldmeister. Er schmeckt fruchtig, leicht floral, aber trotzdem kom-

plex. Tester betonen seine Milde und die Tatsache, dass er auch pur besonders gut zu trinken ist. Die für die zugesetzten Botani-cals verwendeten Pflanzen wer-den ausschließlich auf Berliner Ackerland unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen öko-logischer Produktion angebaut und von Hand gepflückt. Als An-baufläche wird Naturland Acker von Speisegut in Berlin genutzt.

Aufgrund der begrenzten Erntemenge ist die Produktion auf 9.999 Flaschen pro Jahr be-grenzt. Die Produktion umfasst die Filterung der unterschiedli-chen Essenzen bis hin zur Abfül-lung per Hand mit reinem Ber-liner Quellwasser. Jede Flasche Berliner Brandstifter Dry Gin von Berliner Brandstifter wird ein-zeln per Hand nummeriert.

www.berlinerbrandstifter.com

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Page 4: Garcon Ausgabe Nr. 26

Getränke Preuss Münchhagen GmbH, Indira-Gandhi-Str. 25, 13088 Berlin

Tel: +49 30 68 89 01-0 Fax: +49 30 68 89 01-26 [email protected] www. getraenke-pm.de

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Mediterraner Charme aus dem Süden Frankreichs.

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Page 5: Garcon Ausgabe Nr. 26

Sylter Genuss-Welt: Sternekoch und Feinkosthändler Johannes King mit Partnerin Selina Müller.

Köche sind eben auch nur Menschen. Vor allem, wenn sie eigene Restaurants betreiben,

suchen sie seit jeher Möglichkeiten der Einkommensverbesserung. Die meisten stehen dafür

„außer Haus“ am Herd, ihre bekannteren Kollegen schreiben Kochbücher, und einige schaffen

es sogar ins Fernsehen und danach in die Werbung. Dann rollt natürlich der Rubel richtig.

Warum eigentlich, frage ich mich, machen die wenigsten das, was sie eigentlich am besten

können müssten — Lebensmittel produzieren. Ich meine solche, die nicht auf Tellern in ihren

Restaurants, sondern in Dosen, Gläsern und Flaschen landen. Kulinarische Devotionalien für

ihre Gäste sozusagen, zum Verzehr daheim.

Das jedenfalls kam mir in den Sinn, als ich die Nachricht las, dass der Ex-Berliner Küchen-

chef Johannes King in Keitum auf Sylt einen Feinkostladen eröffnet hat. Das Wort „Nachricht“

ist natürlich ein bisschen untertrieben, in Wirklichkeit war es — wie bei Sterneköchen heute

üblich — eine von Werbeprofis wohl formulierte Pressemitteilung. Sei s drum, klappern gehört

auch zum Küchenhandwerk. Um zum Thema zurückzukommen: Also King, Jahrgang 1963 und

seit dem Sommer 2000 Sternekoch im Sylter Söl ring Hof, verkauft nun seine Lieblingsle-

Liebe Freunde,

Ihre Yvonne [email protected]

MISE EN PLACE

ke und ein Lieferservice ergänzen das erlesene Angebot. Wäre so etwas nicht auch in Berlin

möglich? Zum Beispiel: Chili-Paprika-Öl von Sebastian Frank, Erdbeersalat von Marco Müller,

Kalbsfond von Thomas Kammeier, Knurrhahnbourride von Christian Lohse, Ochsenherztoma-

tensuppe von Michael Kempf, Quittengelee von Tim Raue, Sauergemüse von Michael Hoffmann

usw. — Motto: „Sterne im Glas“.

Vielleicht nimmt sich ja ein mutiger Berliner Feinkosthändler der Sache an und bestückt

ein Regal mit dem, was Sterneköche ohnehin oder exklusiv für ihn produzieren. Und vielleicht

kommen wir Berliner ja so auch zu Johannes Kings formidablem Rosengelee, ohne dafür gleich

nach Sylt fahren zu müssen.

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bensmittel im eigenen Laden.

Die meisten hat er selbst her-

gestellt, einige bezieht er von

befreundeten Händlern. Aus

der Sterneküche stammen bei-

spielsweise ein Rosengelee,

ausgefallene Essige, besondere

Saucen und verrückte Trüffel.

Dazu kommen rote Polenta

aus der Toskana, englischer Stil-

ton von Fortnum & Masons, Ar-

magnac, Madeira, Champagner

und Wein. Eine Verkostungsthe-

Getränke Preuss Münchhagen GmbH, Indira-Gandhi-Str. 25, 13088 Berlin

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Page 6: Garcon Ausgabe Nr. 26

Altes Zollhaus:Heimatküche in Kreuzberg.24 Berliner Feinkost:

Aus aller Herren Länder.

La Dolce Vita: Die Palace-Pâtissièren. 33

08

KOPFSALAT

Charles Rocher 52Monsieur Galette

Gerhard Retter 56Rückkehr nach Berlin

GESCHMACKSSACHEN

Salz: Worauf Köche schwören... 58Notizen zu einer kulinarischen Umfrage

Spargelzeit 2013 64Impressionen aus dem Beelitzer Revier

Interview mit dem Gastronomen

Peter Frühsammer

Grüner wird s nicht 72Auf der Suche nach

der Frankfurter Grie Soß

LOKALTERMIN

„Neues“ Zollhaus 24Günter Beyers Heimatküche

in Berlin-Kreuzberg

Palace Berlin 33So sehen Sieger aus:

Der General Manager Michael Frenzel

Die Pâtissièren Karina Appeldorn

und Sabrina Schanz

Big Bottle Party 40Große Weine — große Küche

Impressionen eines Gourmetfestes

a.choice 44Fine Dining im andel s Hotel Berlin

Next Organic 50Neue Messe in Tempelhof

MISE EN PLACE

TITEL Berliner Feinkost

Teil 1: Aus aller Herren Länder

INHALT

6 GARÇON

Page 7: Garcon Ausgabe Nr. 26

Made in Austria:Kulinarische Entdeckungen zwischen Bregenz und Graz.94

Grüner wird s nicht:Auf der Suche nach der Grie Soß.72

Spargelzeit 2013: Impressionen aus dem Beelitzer Anbaugebiet64

WEINLESE

Nordwein 78Stuart Pigott — Winzer in Brandenburg

BOUQUET GARNI

Nachrichten und Neuigkeiten 83

KULINARISCHE EXKURSION

Bayern 86Himmlische Gefühle oder:

Regensburger Wurschtologie

Österreich 94Kulinarische Entdeckungen zwischen

Bregenz und Graz / Teil 1

RUBRIKEN

Fuhrmanns Früchtekorb 104Morcheln

Marktnischen 107

Gastroquiz 112

Impressum 113

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Holzmarktstraße 3410243 BerlinTelefon 030 - 76 10 94 95Telefax 030 - 76 10 94 97

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Page 8: Garcon Ausgabe Nr. 26

TEIL 1: AUS ALLER HERREN LÄNDERVON UWE AHRENS, JÖRG TEUSCHER UND THORSTEN TONSKI

TITEL Berliner Feinkost

BERLINER FEINKOSTFeinkost braucht Feinschmecker,

und die waren in Berlin auch früher schon eine überschaubare Spezies. Genuss, das passte nicht so recht in die Preußenhauptstadt. Das Ideal war die große Portion — am besten Kartoffeln, Fleisch und Soße.

Der Handel trug dem Rechnung. Zwar gab es auch in Berlin dutzen-de Kolonialwarenläden, die übersee-ische Lebensmittel anboten — Kaffee, Kakao, Gewürze, Reis und Tee vor al-lem — aber Feinkost? August Friedrich Wilhelm Borchardt war es schließlich,

der 1903 internationale Esskultur nach Berlin brachte. In seinem Deli-katessengeschäft gab es jenen Hauch von kulinarischer Exotik, den London und Paris längst kannten.

Wer heutzutage in Berlin „Fein-kost“ sagt, meint das KaDeWe.

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BERLINER FEINKOST34.000 Produkte auf 7.000 Qua-dratmetern, 3.400 Weine, 500 Meter Fisch-, Fleisch-, Käse-, Wurst- und Schinkentheken, das wahrscheinlich spektakulärste Delikatessenangebot Europas. Oder die Galeries Lafa-yette. 1.400 Weine, 100 Champag-

ner-, 250 Käsesorten, Charolais-Rind, Limousin-Kalb, Bresse-Geflügel und was Frankreichs Regionen kulinarisch sonst noch zu bieten haben.

Hinzu kommen solche Lebensmit-telspezialisten wie das Centro Italia und Mitte Meer. Aber — die Stadt hat

auch Platz für kleine, inhabergeführ-te Geschäfte, die sich mit großem Wissen um ihr Sortiment kümmern und echte Einkaufserlebnisse bieten.

Einige dieser guten Adressen wol-len wir Ihnen vorstellen. Heute Teil 1: Feinkost aus aller Herren Länder.

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TITEL Berliner Feinkost

Inhaberin Ania Bogocz.

Lehrling in Mutters Geschäft: Hartwig Bogocz.

Page 11: Garcon Ausgabe Nr. 26

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Tante Emma auf polnisch? Ganz einfach, Ania Bogocz. Nur eben, dass die 46-jährige Polin so gar nichts mit der Ladenbesitzerin meiner Kindheit gemeinsam hat. Jene Frau Tutschnig trug Kittelschürze, war wortkarg und besserwisserisch und in meiner Erin-nerung auch sonst keine Händlerin, die ihren Kunden Wünsche erfüllen wollte. Musste sie auch nicht, weil sie den Lebensmittelmarkt in meiner Heimatstadt beherrschte.

Auch Ania Bogocz hat mit ihrem polnischen Spezialitätengeschäft we-nig Konkurrenz in Berlin, dennoch ist sie ein Paradebeispiel für Freundlich-keit, Hilfsbereitschaft, und zu ihrem gepflegten Äußeren kommt die ausge-prägte Fähigkeit der Kundenkommu-nikation.

Ania Bogocz stammt aus einem kleinen Ort in der Nähe von Poz-nán und lebt seit 24 Jahren in Ber-lin. 2007 eröffnete sie im Buckower Kiez — eigentlich j.w.d. im Berliner Süden — ihren, wie sie selbst sagt, „Polenladen“. Kunden sind allerdings längst nicht mehr nur in Berlin leben-de Polen, auch Deutsche schätzen ihr Lebensmittelangebot, das Ania Bo-gocz zum größten Teil selbst aus dem Nachbarland importiert.

Brot und Gemüse kommen zweimal die Woche frisch, ebenso die berühm-ten polnischen Wurstsorten und der Eichen-Rauchschinken.

In den Regalen stehen Gläser mit Bio-Gurken, süß-saurem Spargel, Ro-ten Beten und feinem Sauerampfer-Mus, ein kulinarischer Geheimtipp. Es gibt polnischen Wodka, polnische Torten, Käse, Konfekt, Marmeladen, Piroggen, Polskie delikatesy eben.

Berliner Feinkost TITEL

www.polnische-feinkost-spezialitäten.de

POLNISCHE SPEZIALITÄTEN

Schlierbacher Weg 7-912349 Berlin-BuckowTel. 030 - 80 61 77 09

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TITEL Berliner Feinkost

Inhaberin Iris Holborn.

Page 13: Garcon Ausgabe Nr. 26

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Berliner Feinkost TITEL

Die Sonne scheint, Iris Holborn steht mit rot-weißer Schürze vor ih-rem Charlottenburger Laden. Blonde Schüttelfrisur, braune Augen und ein Lächeln, das selbst den stumpfsin-nigsten Zeitgenossen fröhlich macht. Eine Kärntnerin in Berlin.

Im Februar 1988 kam die gelernte Hotel- und Gaststättenassistentin aus dem idyllischen Maltatal in die laute Hauptstadt und suchte nach einer Marktnische. Caféhaus wäre in Frage gekommen, Reisebüro möglicherwei-se auch, Skischule eher weniger.

Doch die Sehnsucht führte ihre Ge-danken, die Sehnsucht nach der Extra- wurst. Und weil sie ohne die Kärnt-ner Delikatesse eigentlich nicht leben kann, beschloss Iris Holborn, sie nach Berlin zu holen.

Mit der Vermutung, dass es anderen Österreichern — was die Sehnsucht betrifft — ebenso geht, lag sie rich-tig. Zu den Extrawürsten kamen Kar-reespeck, Käsekrainer und Landjäger. Es folgten Firn-Bonbons und Manner-Schnitten, Bio-Bergkäse, und Meinl-Kaffee, Kürbiskernöl, Estragonsenf, Fischerbrösel, Fleckerlnudeln und noch etliche Dutzend andere Alpen- land Spezialitäten.

Das alles verkauft Iris Holborn in ihrem Charlottenburger Mini-Laden, den sie — nomen est omen — Feines aus Österreich nannte. Deshalb hei-ßen die Bohnen hier auch Fisolen und Wacholderbeeren Kranewitten.

Nimmermüde erklärt Iris Holborn den Charlottenburgern die österrei-chische Küchensprache. Dann greift sie zur Extrawurstsemmel und ver-schwindet in ihrer Küche. Letzter Kommentar: „Das passt schon.“

ohne Internetauftritt

FEINES AUS ÖSTERREICH

Leonhardtstraße 1114057 Berlin-Charlottenburg

Tel. 030 - 31 01 68 20

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TITEL Berliner Feinkost

Inhaberin Heike Kaschny und ihr Partner Luc Wolff.

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Berliner Feinkost TITEL

Vor gut einem Jahr testete sich die Tagesspiegel-Probierrunde um Vor-koster Thomas Platt durch 18 indus-triell oder manufakturell hergestell-te, also fix und fertige Mayonnaisen aus dem Berliner Handel (Der Tages-spiegel, 8.Juni 2012).

Als sie das Ergebnis lasen, staunten Heike Kaschny und Luc Wolff nicht schlecht. Neben den französischen Marken „Amora“ und „Maille“ aus den Galeries Lafayette machte ihre „Mayonnaise De Luxembourg Aux Œufs“ die beste Figur. State of the Art also.

Das gilt uneingeschränkt auch für ihr Bistro mit angeschlossenem Fein-kosthandel. Ende 2006 eröffneten die Berlinerin und der Luxemburger den kleinen Laden in guter Charlottenbur-ger Lage. Namensgeber war die Mau-fel, eine fleischgefüllte Pastete mit einer Art Auge aus Weingelee.

Die gibt es immer noch, handge-macht und genauso perfekt wie etwa in Differdange, Echternach oder Troisvierges. Dazu servieren die bei-den Happen und Häppchen, Suppen und Süppchen, Kuchen und Küchlein, kulinarische Grüße aus dem ländli-chen Luxemburg und so lecker, dass der Gault Millau auch in diesem Jahr wieder 14 Punkte locker machte.

Dass die Regale ringsum mit Fein-kost gefüllt sind, die in Berlin Selten-heitswert hat, gehört zum Wohlfühl-flair des kleinen Ladens. Es gibt im De Maufel Butter, Essig, Gewürze, Honig, Marmelade, Nudeln, Öl, Senf, Schoko-lade aus der renommierten Luxem-burger Konditorei Oberweis und na-türlich das berühmte Quetschekraut, zu deutsch Pflaumenmarmelade.

www.de-maufel.com

DE MAUFEL

Leonhardtstraße 1314057 Berlin-Charlottenburg

Tel. 030 - 31 00 43 99

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TITEL Berliner Feinkost

Inhaber Matthias Kaiser.

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Berliner Feinkost TITEL

Kulinarisch gesehen ist die Schweiz in Berlin total unterrepräsentiert. Si-cher, es gibt da und dort Berner Rösti und Zürcher Geschnetzeltes, auch an Appenzeller Käse und Bündner Fleisch herrscht kein Mangel, dann allerdings wird s dünn.

Das sahen auch Matthias Kaiser und Chris Fankhauser, gelernte Ein-zelhandelskaufleute und der Schweiz intensiv verbunden — Fankhauser als gebürtiger Eidgenosse, Kaiser mit jahrelangem Wohnsitz in Zürich.

Der Idee, den Mangel zu beheben, folgte die Suche nach einem geeig-neten Laden — dem Erfolg Renovie-rung und Namensfindung. Ende Fe-bruar 2012 hissten die beiden dann im Wilmersdorfer Kiez die Fahne mit dem weißen Kreuz, sagten „Grüezi mitanand“ und eröffneten ihr „Chu-chichäschtli“, das ist Schwizerdütsch und heißt kleiner Küchenschrank.

Während Matthias Kaiser in Berlin die Stellung hält, sorgt sein Partner Chris Fankhauser vom heimatlichen Zürich aus für Nachschub. Und den braucht s kräftig, denn der kleine Laden ist für Original- und Urlaubs-schweizer schon nach kurzer Zeit zu einer festen Größe geworden.

Die einen finden hier ihr heimatli-ches Bier oder die in Deutschland un-bekannte Vermicelles-Presse, ein Kü-chenwerkzeug zur Herstellung einer Süßspeise aus pürierten Esskastanien in Spaghettiform.

Die anderen entscheiden sich für die türkisfarbene Toblerone oder eben erstmal für ein Wörterbuch Deutsch-Schwizerdütsch.

Also dann: Uf wiederluege im Chu-chichäschtli.

www.chuchichäschtli.eu

CHUCHICHÄSCHTLI

Holsteinische Straße 1910717 Berlin-Wilmersdorf

Tel. 030 - 53 67 72 20

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TITEL Berliner Feinkost

Geschäftsführer Oliver Pleli.

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Berliner Feinkost TITEL

Berlin-Palma und zurück. Wenn dafür keine Zeit ist, fahren Sie ins Bötzowviertel nach Prenzlauer Berg, besuchen das Delikatessengeschäft La Mallorteca und setzen sich auf die blaue Bank. Ein Glas Rotwein aus Bi-nissalem, die Augen schließen — und schon ist es da, dieses wunderbare Mallorca-Feeling.

Genauso hatte es sich Franziska Hohmann vorgestellt, als sie vor an-derthalb Jahren ihren kleinen Laden in Prenzlauer Berg eröffnete.

Und die 35-jährige Hessin aus Frankfurt am Main, die eigentlich aus der Werbebranche kommt, lag mit ih-rem Feinkost-Konzept genau richtig.

Die Kunden kommen längst nicht mehr nur aus dem Kiez, um Flor de Sal, Kapernäpfel, Olivenöl, Orangen-marmelade, Mandellikör, Wein oder den berühmten Rico-Kaffee zu kau-fen. Sie reisen auch schon mal aus Spandau oder sogar Hamburg an.

Zum Angebot gehören frische Back-waren, die in Berlin nach mallorquini-schen Rezepturen hergestellt werden sowie fleischige Spezialitäten — Cho-rizo, Manchego, Serrano und die un-vermeidliche balearische National-wurst Sobrasada, die aus dem Fleisch schwarzer Schweine hergestellt und mit dem scharfen Paprikapulver aus runden roten Mallorca-Schoten ge-würzt wird. Und natürlich Oliven, pi-kant eingelegt oder als Konfitüre.

Den Einkauf erledigt Franziska Hohmann regelmäßig vor Ort — ohne deutsche Zwischenhändler. Dann ver-tritt sie ihr Mitstreiter Oliver Pleli im Laden, ebenso unsterblich in die Ba-leareninsel mit den vielen Gesichtern verliebt wie Franziska Hohmann.

www.lamallorteca.com

LA MALLORTECA

Bötzowstraße 2810407 Berlin-Prenzlauer Berg

Tel. 030 - 41 72 11 38

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TITEL Berliner Feinkost

Inhaberin Dale Carr.

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Berliner Feinkost TITEL

Was eigentlich ist — kulinarisch gesehen — very british oder typisch englisch? Die Tatsache, dass das Es-sen auf der Insel oft geschmacklos und eintönig ist, dass das Gemüse zerkocht und Olivenöl zur Autopflege verwendet wird?

Dale Carr, 60, Inhaberin der drei Broken-English-Geschäfte in Kreuz-berg, Charlottenburg und Steglitz verliert über soviel Ignoranz beinahe die Contenance: „Das war vielleicht vor 50 Jahren so, inzwischen inte-ressieren sich die Engländer längst für sorgfältig zubereitetes Essen und werden zunehmend sensibler, was dessen Qualität betrifft.“

Wir besuchten die Feinkosthänd-lerin an einem Tag, der so gar nicht für lange Gespräche geeignet war. Dale Carr hatte Ware bekommen, mehrere Paletten mit Kartons, direkt aus England. Sie und ihr Mann Robin waren mit Auspacken und Einräumen beschäftigt.

Da kamen Gläser zum Vorschein: Lemon Curd, ein weicher, dicker, leuchtend gelber Brotaufstrich mit herbsüßem Geschmack; Boddington s Berries, die wahrscheinlich beste Erdbeermarmelade der Welt; Clotted Cream, die einzig wahre Begleitung aller Scones, der kleinen Kuchen aus Mehl, Buttermilch und Backpulver.

Cheddar Cheese, der kräftige Käse aus Englands Südwesten, kommt in den Kühlschrank; dutzende Teesor-ten, Corned-Beef-Dosen, Real-Ale-Flaschen werden in den Regalen ver-staut. Dale Carr zeigt uns eine Flasche Rochester Ginger. „Das ist Ingwer mit Holunderblüte“, erklärt sie, „das ver-kaufen wir dumm und dusslig.“

www.brokenenglish.de

BROKEN ENGLISH

Körtestraße 1010967 Berlin-Kreuzberg

Tel. 030 - 691 12 27

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TITEL Berliner Feinkost

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Berliner Feinkost TITEL

Geschäftsleiter Cù Hũu Viêt.

Die Deutschen, die das Dong Xuan Center kennen, nennen es Klein-Ha-noi. Damit beschreiben sie zutref-fend, dass es nirgendwo in Berlin vi-etnamesischer zugeht als auf diesem vietnamesischen Großmarkt.

Gegründet wurde das Center 1996 in Marzahn, neun Jahre später zog es an seinen heutigen Standort. Aus drei Hallen wurden sechs, weitere sollen folgen. Längerfristig, so hört man, ist hier eine moderne Asiatown mit Ho-tels, Restaurants und sogar einer Pa-gode geplant. Spätestens dann wird es statt des pfützenübersäten Park-platzes sicher asphaltierte Haltebo-xen für Touristenbusse geben, denn eine Attraktion ist das Center mit seiner asiatischen Warenwelt schon heute. Wir fragen uns zur Halle 3 und betreten das Achau24. „Alles, was Du kulinarisch brauchst aus Asien“, übersetzt Cù Hũu Viêt den Namen, „über 3.000 Produkte.“

Cù, der als 19-Jähriger 1995 nach Deutschland kam, um Informatik zu studieren, dann aber doch im Han-del seine Berufung entdeckte und ins Dong Xuan Center ging, leitet seit 2005 das Achau24.

Er zeigt uns Reisnudeln in allen nur denkbaren Varianten, Fischsau-cen von zwanzig verschiedenen Pro-duzenten, Bananenblüten, Klebreis, Schichtkuchen sowie Dutzende exo-tische Obst- und Gemüsesorten, die auch Berliner Kunden gern kaufen.

An der Fleischtheke allerdings ist die Asia-Community meist unter sich. Hühnerfüße und Schweineohren gel-ten selbst unter Deutschen, die die asiatische Küche lieben, mindestens als gewöhnungsbedürftig.

www.achau24.de

ACHAU24

Herzbergstraße 128-13910365 Berlin-Lichtenberg

Tel. 030 - 55 49 17 53

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HEIMATKÜCHE IN BERLIN-KREUZBERGVON MARC STEYER

NEUES ZOLLHAUS

Herbert Beltle ist ein Mann der Kon-stanten. Wer den Gastronomen lange kennt, weiß das. Fixe Ideen sind nicht sein Ding.

Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln und das binnen Wochenfrist, über solche Art Gastronomie kann Belt-le nur müde lächeln. Über schnelle Ent-scheidungen allerdings nicht.

„Ich fuhr mit dem Auto nach Hause nach Moabit und dachte über das Zoll-haus und dessen Zukunft nach. Ver-pachtung? Erneuerung? Etwa in Höhe des Brandenburger Tores fasste ich ei-nen Entschluss, rief meine Architektin Heide Hagen an und schon am nächsten Morgen machten wir uns an die Arbeit.“

Das Ergebnis ist bekannt. Beltle verpasste seinem „Stammhaus“ eine behutsame Runderneuerung — sowohl was das Ambiente als auch die Speisen-karte betrifft.

Mit dem wichtigsten Grund dafür hielt er ebenfalls nicht hinterm Berg: „Es gab schon eine gewisse Not, denn die Umsätze gingen zurück, zwar nicht dramatisch, aber dennoch.“

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LOKALTERMIN Altes Zollhaus

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HEIMATKÜCHE IN BERLIN-KREUZBERGVON MARC STEYER

NEUES ZOLLHAUS25 GARÇON

Altes Zollhaus LOKALTERMIN

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LOKALTERMIN Altes Zollhaus

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Natürlich wirkt das Wort „Not“ aus Herbert Beltles Mund — na, sagen wir mal — eigenartig, aber sei s drum. Der Mann ist schließlich Schwabe.

In kurzer Zeit jedenfalls wurde um-gebaut. Die in die Jahre gekomme-ne barocke Gemütlichkeit wich einer zeitgemäßeren Form — klar, warm und wohnlich, in angesagten hellen Farben, geschickt arrangiert, mit neuen Bildern und allerlei abgefahrenen Details.

An den Wänden Jugendstilkacheln aus Brandenburg, eine lange Bank aus heller Eiche und als Blickfang ein Tisch, meterlang und von einer kleinen Ber-liner Schreinerei aus einem einzigen alten Baum gefertigt. Wohlfühlatmo-sphäre pur. Die Wirkung des Relaunchs ist vor allem deshalb frappierend, weil die Neuerungen so leise daherkommen. „Eigentlich sieht man sie erst auf den zweiten Blick“, so ein Stammgast.

Deutlicher wird da schon die Moder-nisierung des kulinarischen Konzepts.

In Gedanken: Inhaber Herbert Beltle.

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Altes Zollhaus LOKALTERMIN

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In Gedanken: Inhaber Herbert Beltle.

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LokALTErMIN Altes Zollhaus

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Altes Zollhaus LOKALTERMIN

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„Mit unserer konsequent Berlin-Bran-denburger Küche wollen wir ein Zei-chen setzen“, so Beltle. Das ist der Zollhaus-Mannschaft schon mit der ersten Speisenkarte gelun-gen. Leipziger Allerlei, Gebackenes Kalbsbries, Tellersülze vom Landhuhn, Berliner Bollenfleisch, Königsberger Klopse und die anderen Gerichte-Klas-siker sind kulinarisches „Fach-Werk“ im besten Sinne. Haute Hausmannskost, handwerklich perfekt, alles andere als provinziell, dass heißt, mit jenem Kick versehen, der beim Gast Zufriedenheit erzeugt. Hochgefühle schließlich kommen auf, wenn Restaurantleiterin und Somme-liere Christiane Dutschmann, seit an-derthalb Jahren im Zollhaus, Aal grün mit Gurken-Schmand-Salat serviert. So schlicht es klingt, das ist schon großes kulinarisches Kino. Und das behagliche und dennoch klare Ambiente doppelt den Genuss.

In guten Händen: Die Zollhaus-Küche unter Günter Beyers Leitung, re.

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LOKALTERMIN Altes Zollhaus

Verantwortlich dafür sind Günter Beyer und seine Brigade. Vor 25 Jahren übernahm Beltle das Alte Zollhaus, seit 18 Jahren ist der Mann aus Bad Kissin-gen dessen Küchenchef.

Seitdem hat er schätzungsweise 40.000 Brandenburger Bauernenten ins Rohr geschoben und 100.000 Portionen Katalanische Creme zubereitet.

Doch nicht deshalb, sondern weil beide Gerichte zum Zollhaus gehören, wie das Amen zur Kirche, bleiben sie auf Beyers Speisenkarte.

Konstanten haben eben schon etwas für sich, Überraschungen gibt es im gas-tronomischen Leben schließlich genug.

www.altes-zollhaus-berlin.de

ALTES ZOLLHAUS

Carl-Herz-Ufer 3010961 Berlin-Kreuzberg

Tel. 030 - 692 33 00

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Altes Zollhaus LOKALTERMIN

In Action: Restaurantleiterin Christiane Dutschmann.

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Restaurant first floor LOKALTERMIN

MICHAEL FRENZELS GROSSER COUPVON PETRA LEONHARDT

SO SEHEN SIEGER AUS...

Michael Frenzel in Jubelpose. Der General Manager des Hotels Palace Berlin hat allen Grund, sich so zu prä-sentieren. Dem 42-jährigen Frenzel, seit 2001 in der Luxusherberge tätig und seit 2010 deren Generaldirektor, schaffte, was schon viele Gastronomen

und Hoteliers vor ihm versuchten, aber keinem gelang. Er lotste alle aktuellen Berliner Sterneköche, selbst jene, die ihren heimischen Herd nur selten und ungern verlassen, in sein Haus an der Budapester Straße. Anlass: Die Palace-Big-Bottle-Party-Festwoche.

Zum ersten Mal verbanden Frenzel und sein Team ihr Großflaschenfest mit einer einwöchigen Gourmet-Gala. Groß-kampftage auch für zwei junge Frauen, die im Palace-Hotel für das Dolce Vita zuständig sind und die ihr Chef Matthias Diether über den grünen Klee lobt.

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34 GARÇON

LOKALTERMIN Restaurant first floor

Ein Freitagabend Ende April in der Hauptstadt. Filmpreis, Kunstfest, Dau-erregen.

Sternekoch Matthias Diether ist die Ruhe selbst. „Nicht viel los heute.“ Zwei seiner Männer hat er ohnehin nach Italien geschickt, er wird morgen flie-gen. „Berlin-Partner präsentiert sich kulinarisch im Tessin.“

Drei, vier Tische sind im luxuriösen Restaurant first floor reserviert, keine Hürde für den Rest seiner Mannschaft und für uns die beste Möglichkeit, Kari-na Appeldorn und Sabrina Schanz, die gelobten Pâtissièren, näher kennen-

Bei welcher Gelegenheit wir über die süßen Finals seiner Menüs sprachen, weiß ich nicht mehr, aber Matthias Die-ther hatte plötzlich glänzende Augen.

Der nicht gerade zu verbalem Über-schwang neigende Küchenchef pries euphorisch die Kreationen seiner bei-den Dessertprinzessinnen Karina Ap-peldorn und Sabrina Schanz, schwärm-te von „echten Entdeckungen“, von einem „Glücksfall für das first floor“.

Soviel Lob provoziert natürlich Neu-gier. Wer sind die beiden Frauen, die Diether, zu den besten Pâtissièren in Berlin zählt?

...und auch so. Die Pâtissièren Karina Appeldorn, li. und Sabrina Schanz.

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Restaurant first floor LOKALTERMIN

zulernen. Erster Eindruck: Zwei wohl-tuend normale junge Frauen, spürbar ohne Allüren, sichtbar verliebt in ihren Beruf, irgendwie patent.

Zwischen 12.00 und 14.00 Uhr be-ginnt ihre Schicht. „Je nachdem, wie-viel zu tun ist.“ Umziehen, der Blick ins backstage, das ist die Kantine. Die beiden Hühnerkeulen stehen Stunden später noch in einer Ecke, der Kommen-tar über das Personalessen lässt viele Deutungen zu. „Na ja.“

Na ja, und deshalb kochen Karina Ap-peldorn und Sabrina Schanz aus dem, was in der first-floor-Küche nicht verar-beitet wurde, für die Kollegen eben mal eine Kürbissuppe.

Das ist übrigens nicht nur eine Ge-schmacks-, sondern auch eine Sache wirtschaftlicher Vernunft. „Die Zeiten sind vorbei, in denen wir Lebensmittel kiloweise wegwerfen konnten“, sagt Sternekoch Matthias Diether knapp.

Deshalb hat er beispielsweise auch den opulent bestückten Käsewagen abgeschafft. Statt der früher im first floor präsentierten, kaum noch über-schaubaren und selbst Kenner überfor-dernden Vielfalt von mehreren Dutzend Sorten, wird heute eine Auswahl von acht Rohmilchkäsen des Affineurs Bern-hard Antony aus dem Sundgau serviert. „Bisher hat sich noch kein Gast darüber beschwert.“

Reduce to the max, ein zeitgemäßes Prinzip, auch in der Sterneküche.

Inzwischen haben Karina Appeldorn und Sabrina Schanz die „Patti“, ihren 15 Quadratmeter großen Arbeitsplatz präpariert, mise en place nennen sie das, frei übersetzt „alles zur Hand ha-ben“. Sie haben Brot gebacken, Sorbets produziert, und Sabrinas linker Zeige-finger hat einen Druckverband bekom-men. Ein neues Kochmesser war schuld, auch Pâtissièren leben gefährlich.

Karina Appeldorn, Jahrgang 1976, stammt aus einem kleinen Dorf in Thüringen, „vom Bauernhof“, sagt sie. Landwirtin oder Köchin, das war die Frage bei ihrer Berufswahl.

Der Service-Countdown läuft: Küchenchef Matthias Diether.

Konzentration am Pass: Die süße Brigade.

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LokALTErMIN Restaurant first floor

vor knapp drei Jahren kam sie ins first floor. Dort traf sie Karina Appeldorn, und die süße Zwei-Frauen-Brigade avancierte zum Dream-Team.

„Ich liebe Teller, die kompakt und symmetrisch angerichtet sind, Sabrina ist mehr der Typ für die vielen Kleinig-keiten“, so Karina Appeldorn. Durch Geschmack bestechen die Kreationen beider Frauen.

„Frühling“ heißt beispielsweise eine Dessertkreation — Apfel-Portulak-Fond, Minze-Portulak-Mousse, Rhabarbersor-bet, Holunderblütensorbet, Apfel, Him-beere, Passionsfrucht — nicht nur eine

Sie wurde Köchin. Lehre in einem Münchner Familienbetrieb, dann drei Jahre bei Sternekoch Christian Jür-gens, von dem sie lernte, wie man das Flair der Landschaft in einen Küchenstil auf der Höhe der Zeit umsetzen kann. „Hier fiel die Entscheidung, ‚Patti‛ zu werden.“ Stationen in Australien und der Schweiz und seit drei Jahren nun im first floor.

Sabrina Schanz, die früher Jahnke hieß und vor ein paar Wochen geheira-tet hat, ist Berlinerin und ebenfalls Kö-chin. Die 30-jährige arbeitete bei Tim Raue, Christian Lohse und Björn Panek,

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Berlin das Maß aller gastronomischen Dinge. Er vergibt zwar keine Michelin-Sterne, aber die Köche wissen, dass die, die es tun, auch Matthies Meinung zur Kenntnis nehmen. Die Küchenbriga-de oder besser, jener Rest, der nicht in Italien ist, wirbelt. „Gas geben“, kom-mandiert Diether. „Vollgas“, ruft er später.

Das Ergebnis steht dann am 19. Mai im Tagesspiegel: „Das alles ist ... sehr gut gemacht, immer so, dass die Beiga-ben dort, wo es nötig ist, die Harmonie zwischen den Gegenspielern herstellen, unerwartete aromatische Verwandt-

Nachspeise mit Suchtfaktor, sondern auch ein handwerkliches Kabinettstück.

Karina Appeldorn und Sabrina Schanz sorgen mit solchen Desserts dafür, dass der letzte Eindruck von der first-floor-Küche ein bleibender ist, bleibend be-geistert. Wir diskutieren und probieren.

Dann kommt plötzlich doch noch Fahrt in diesen bisher so ruhigen Frei-tagabend. Gunnar Tietz, Chefsomme-lier im first floor, signalisiert seinem Küchenchef: „Herr Matthies an Tisch vier!“ Der Adrenalinspiegel von Mat-thias Diether steigt. Bernd Matthies, Tagesspiegel-Restauranttester, ist in

Restaurant first floor LOKALTERMIN

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LOKALTERMIN Restaurant first floor

grünem Tee und asiatischen Pandan-Blättern.“ Küchenchef Matthias Diether jedenfalls ist hoch zufrieden.

Über dem first floor scheint die Son-ne, und vielleicht glänzt ja auch bald ein zweiter Stern...

schaften aufzeigen.“ Und auch Karina Appeldorn und Sabrina Schanz bekom-men ein bisschen Kritikerlob ab — zwar nur vier Zeilen, aber immerhin. „Sehr schön wie stets: die Desserts ... bei-spielsweise gelierte Schokowürfel mit www.firstfloor.palace.de

RESTAURANT FIRST FLOOR

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IM PALACE BERLIN: GROSSE WEINE — GROSSE KÜCHE

BIG BOTTLE PARTY

LOKALTERMIN Big Bottle Party 2013

„Das Gourmetrestaurant first floor besteht 2013 zwanzig Jahre und hat seit fünfzehn Jahren in Folge einen Michelin-Stern. Wenn das keine Gründe zum Feiern sind!“Michael Frenzel, Generaldirektor

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Big Bottle Party 2013 LOKALTERMIN

„Wir begleiten als Partner die gesamte Gourmetwo-che, eine tolle Veranstal-tung und für uns natürlch auch eine gute Möglich-keit zu zeigen, was wir können.“Ocke Pinks, Deutsche See

„Kenner wissen, dass Wei-ne aus Großflaschen ein ganz besonderes Genuss-erlebnis versprechen.“Gunnar Tietz, Chefsommelier

„Ich bin auf diese Berliner Genusspremiere unwahr-scheinlich stolz, weil sie zeigt, dass wir uns weder national noch internatio-nal verstecken müssen.“Matthias Diether, Küchenchef

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„Die höhere Qualität von Weinen in Großflaschen ergibt sich daraus, dass nur ausgewählte Jahrgän-ge in Viel-Liter-Flaschen abgefüllt werden. Außer-dem ergeben ein langsa-merer Reifeprozess und eine längere Lagerfähig-keit ein größeres Potenzi-al dieser Weine.“Gunnar Tietz, Chefsommelier

LOKALTERMIN Big Bottle Party 2013

„Wann gibt es schon mal die Möglichkeit, 45 Spit-zenwinzer an einem Ort zu treffen?“Jens-Uwe Bünger, Gast

„Wir sind zum ersten Mal dabei. Einfach großar-tig! Und wann bietet sich schon mal die Gelegen-heit, die großen Flaschen zu öffnen?“Stefanie Hasselbach, Weingut Jurtschitsch / Österreich

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„222 Gault-Millau-Punkte, 18 Michelin-Sterne, 43 Fein-schmecker-F s, 47 Schlem-mer-Atlas-Kochlöffel in ein-er Woche in unserem Haus, dass macht mich einfach stolz. “Matthias Diether, Küchenchef

Big Bottle Party 2013 LOKALTERMIN

„Ich finde es wunderbar, dass so viele Berliner Spitzenköche gekommen sind, das regt an, sie auch mal wieder in ihren Res-taurants zu besuchen.“Gertrud Gielisch, Gast

„Ganz einfach: große Flaschen machen immer dann Sinn, wenn große Runden zusammen sind.“Hendrik Otto, Gast

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A.CHOICEFINE DINING IM ANDEL S HOTEL BERLINVON HANS-JÜRGEN BERGS

Wir wollen jetzt mal keine Namen nennen, aber Hotelküchen, zumal in sogenannten Businessherbergen, bie-ten selten kulinarisch Anspruchsvolles.

Brav, wacker, mittelmäßig, das sind die Attribute eines Stils, den wir „Ko-

chen auf Sparflamme“ nennen. Das ist auch der Grund dafür, dass die Res-taurants in den meisten dieser Häuser keine Chance haben, in einer höheren Liga zu spielen. Die österreichische Ho-telcompany Vienna International geht

andere Wege. In ihren 30 Hotels in neun europäischen Ländern setzen die Manager der Gruppe auch auf eine am-bitionierte Küche, die höheren Ansprü-chen genügt. Das zeigte sich im ersten Berliner Vienna-Hotel, dem andel s in

LOKALTERMIN a.choice

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der Landsberger Allee, von Anfang an. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich war-ten: 15 Gault-Millau-Punkte 2013 für das andel s Restaurant a.choice!

Als Küchenchef Sascha Friedrichs kurz nach der Ehrung das Haus verließ,

zögerte das Management keinen Tag, eine entsprechend versierte Nachfol-ge zu engagieren. Auch das gelang schnell, ein Kunststück in Berlin.

Die Neuen im a.choice heißen Oli-ver Barda und Alexander Koppe (gro-

ßes Bild, v. li.), beide wechselten aus dem Adlon ins andel s — Barda als Kü-chendirektor und Koppe als neue Num-mer Eins am a.choice-Herd.

Auf dem 31-jährigen Berliner und sei-nem Team ruhen nun die Hoffnungen,

a.choice LOKALTERMIN

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LokALTErMIN a.choice

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dass die Bewertung gehalten, vielleicht sogar verbessert wird. Die Chancen da-für stehen nicht schlecht. Der 31-jährige Berliner serviert drei Gourmet- und ein vegetarisches Menü. Natürlich gibt es auch einzelne Haupt-gerichte á la carte und eine kleine Des-sert- und Käseauswahl.

Das meiste basiert auf regional ver-fügbaren Produkten, Modeerschei-

nungen bleiben außen vor. Koppes Speisenkarte ist, wie heute vielerorts üblich, auf die Nennung der wichtigsten Komponenten reduziert. Zum Beispiel: „Havelländer Apfel und Kräuterschwein — Gartenerbse, Majoran, Sauerkohl, Panisse“. Dahinter verbirgt sich ein ex-akt zubereitetes, harmonisch perfektes Gericht, das durchaus einen Aha-Effekt hinterlässt.

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Neu im andel s: Küchenchef Alexander Koppe und Restaurantleiterin Barbara Merll.

a.choice LOKALTERMIN

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LokALTErMIN a.choice

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a.choice LOKALTERMIN

Gleiches gilt auch für das Beelitzer Kaninchen und den Müritzer Spitz-kopfaal. Insgesamt eine beeindrucken-de Küchenleistung, die kulinarisches Vergnügen bereitet. Der herzliche Ser-vice von Barbara Merll und Ilker Özca-mur, einem alten Bekannten aus dem e.t.a. hoffmann, machen den Abend im a.choice zu etwas Besonderem.

www.vi-hotels.com

RESTAURANT A.CHOICE

Landsberger Allee 10610369 Berlin-Prenzlauer Berg

Tel. 030 - 453 05 30

Beim Anrichten: Alexander Koppe und seine Küchenbrigade.

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Früher gab s die Grüne Woche, sonst nichts. Heute gibt es außerdem Barmessen, Biermessen, Bio-Messen, Regio-Messen, Rohkost-Messen und die Hausmessen diverser Großhändler — ein Zeichen dafür, wie vielfältig das kulina-rische Interesse in Berlin offenbar ist.

Nun wurde eine weitere Messe ins Leben gerufen, die Ende Mai in der ehe-maligen Abfertigungshalle des Flugha-fens Berlin-Tempelhof über die Bühne ging — die Next Organic Berlin.

„Dahinter verbirgt sich“, so Jiro Nitsch, einer der Organisatoren des Events, „eine junge und offene Platt-form, die sich nicht nur auf den Fach-handel konzentriert, sondern auch neue Brücken schlagen will zwischen den Produzenten, dem Handel und der Gastronomie.“

Das stellte sich in der Messepraxis dann so dar: rund 165 Aussteller prä-sentierten Ende Mai 2013 sich und ihre Produkte, 2.500 Besucher, darunter Händler, Köche und Caterer, begutach-teten die Angebote, und was dabei her-ausgekommen ist, wird die Zeit zeigen.

Das ist auf jeden Fall erstmal ein Erfolg und der Anerkennung wert, vor allem auch deshalb, weil viele junge Food Start Ups mit der Next Organic die Möglichkeit hatten, zum ersten Mal auf sich und ihre Produkte aufmerksam zu machen.

Dennoch, die Messe zeigte auch das Problem der meisten dieser jungen Un-ternehmen: zu viele arbeiten mit exoti-schen Ressourcen; zu viel Backwerk, Eis und Schokolade, zu wenig „Einfaches“.

Die Foodjournalistin Eva-Maria Hilker beispielsweise verwies auf den Mangel an ernstzunehmenden Produzenten aus der Landwirtschaft und traf damit den Nagel auf den Kopf.

Wozu die fünfzehnte Mango-Pfeffer-Bitter-Schokolade, wenn der gastrono-mische Markt etwa nach alten Gemüsen oder Früchten ruft?

Trotzdem bleibt die erste Next Orga-nic ein vielversprechender Anfang, den es nun auszubauen gilt.

NEUE MESSE IN TEMPELHOFVON PETRA LEONHARDT

NEXT ORGANIC

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LOKALTERMIN Next Organic

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ZU GAST BEI CHARLES ROCHERVON JÖRG TEUSCHER

MONSIEUR GALETTE

„Bonjour Messieurs — Dames!“ Charles Rocher begrüßt Stammgäste. Die antworten prompt französisch: „Nous avous faim.“

„Spécialité de la maison?“, fragt lä-chelnd der Franzose. Es folgt ein vier-stimmiges „Qui!“

Minuten später serviert Rocher die Spezialität seines Hauses, „Galette Paysanne“. Das ist ein mehr als tel-lergroßer Buchweizenpfannku-chen mit französischem Emmentaler, der etwas weni-ger

w ü r z i g ist als das Schweizer

Original, Bayonner Schinken und einem Spiegelei. Die Teile, die

über den Tellerrand ragen würden, sind kunstfertig nach oben geklappt, so dass ein Quadrat entsteht und nur noch der Eidotter, ein Salatblatt und ein Zipfel des edlen südfranzösischen Schinkens hervorblinzeln.

Dazu schenkt er Cidre ein, einen ver-gorenen Apfelsaft, leicht alkoholisch und erfrischend säuerlich. Eine weitere Spezialität des Hauses.

Das befindet sich unter dem Dach der Marheineke-Markthalle in Kreuzberg, ein Stand von rund 25 Quadratmetern, Café, Crossanterie, Crèperie, Käse-, Wurst- und Feinkostverkauf.

Charles Rocher ist der einzige Fran-zose in der Halle, der einzige Ausländer allerdings nicht. Seine Nachbarn sind Griechen, Italiener, Spanier, Türken, die meisten bieten Delikatessen ihrer Heimatländer an. Kulinarisches Multi-kulti und längst ein Marheineke-Mar-kenzeichen.

Galette und Cidre übrigens kenn-zeichnen auch die unmittelbare Heimat von Charles Rocher. „Ich bin ein halber Bretonne und ein halber Normande“, sagt der 44-Jährige, der vor 15 Jahren nach Deutschland kam, zuerst nach Göttingen und seit 2003 in Berlin lebt.

KOPFSALAT Charles Rocher

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ZU GAST BEI CHARLES ROCHERVON JÖRG TEUSCHER

MONSIEUR GALETTE

Charles Rocher KOPFSALAT

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Französisch Genießen im Le Bretagne mit... ...Ludovig aus St. Etienne...

...Alain aus Toulouse... ...und Charles, dem Chef.

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In der Schöneberger Akazienstraße betrieb Rocher das Restaurant Gour-mandise — Untertitel „Cuisine bre-tonne“. Als er sich mit dem Vermieter nicht mehr über die Höhe der monatli-chen Zahlung einigen konnte, zog er in die Marheinekehalle. Glück im Unglück.

„Die Internationalität der Markthal-le, die Lust der Gäste, kulinarisch Neu-es zu entdecken, das Abwechslungsrei-che, Bunte, Lebendige hier macht das Geschäft leichter als im gutbürgerli-chen Schöneberg“, erklärt er in ziem-lich perfektem Deutsch.

Dessen charmanter französischer Zungenschlag wirkt genauso authen-tisch wie das englische Deutsch von

KOPFSALAT Charles Rocher

Cynthia Barcomi, die gleich gegenüber ihre Bäckerei betreibt und manchmal bei Charles Rocher vorbeischaut, wo-möglich um seinen Kaffee zu testen, der als einer der besten der Gegend rund um den Marheinekeplatz gilt.

Dazu bieten Charles Rocher und sei-ne Mitarbeiter Ludovig und Alain, beide Franzosen, und Janine aus Berlin Crois-sants, Minis, Pains und anderes Gebäck und natürlich die Galettes, die berühm-ten französischen Buchweizenpfannku-chen, mit neun verschiedenen Belägen an — mit Käse, Merguez, geräuchertem Speck, Spinat usw.

„Wie in Paris!“, diesen Spruch hört das kleine Team hinterm Tresen häufig.

Wahrscheinlich aber ist es mehr. Platz nehmen, einen Café exprès bestel-len oder einen Café au lait, dazu ein Briochette au beurre, vielleicht auch ein Croissant aux abricots, ein kurzer Plausch oder auch nur ein paar Mi-nuten Stille — das Le Bretagne in der Kreuzberger Marheinekehalle bietet die perfekte Gegenwelt zur Coffee-to-go-Gesellschaft, deren Aufgeregtheit ebenso ansteckend ist wie Rochers Ge-lassenheit.

„Bitte, schreibe doch noch über unse-re Épicerie“, bittet Charles Rocher zum Abschied.

Wir begutachten die Waren in seiner Feinkosttheke: Beurre Salé, Butter mit

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www.lebretagne.de

LE BRETAGNE

Marheinekeplatz 1510961 Berlin-KreuzbergTel. 030 - 21 46 33 94

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Charles Rocher KOPFSALAT

Meersalz, liegt neben Rillette d oie, dem berühmten französischen Gänse-mett. Jambon de Paris, leicht gesal-zener Pariser Kochschinken, neben 25 Käsesorten aus allen französischen Re-gionen. Cidre, Wein, Champagner.

Nicht schlecht, Monsieur Galette. Cela me plait. Au revoir.

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KOPFSALAT Gerhard Retter

SPITZENSOMMELIER PLANT WEINBAR IN BERLIN VON JÖRG TEUSCHER

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SPITVON JÖRG T

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Berlin, 20 05 41 02. Tuut, tuut. Dann eine Stimme vom Band: „Restaurant Remake, guten Tag. Wir haben unseren Betrieb eingestellt. Auf Wiederhören.“

In ein paar Monaten könnte die An-sage etwa so klingen: „Grüss Gott, Sie sind mit der CórdoBar verbunden, der deutsch-österreichischen Weinbar in Berlin…“

CórdoBar? Deutsch-österreichisch? War da nicht was? Die Älteren werden sich erinnern. Fußballweltmeister-schaft 1978, die deutsche National-mannschaft, amtierender Weltmeis-ter, unterlag im letzten Spiel der Zwischenrunde Österreich mit 2:3. „I wer narrisch, Krankl schießt ein! Er hat olles überspült, meine Damen und Herren. Und warten S noch a bisserl, dann können wir uns vielleicht ein Vier-terl genehmigen!“

Der legendären Rundfunkübertra-gung von ORF-Reporter Edi Finger folgten die Schlagzeilen, die, je nach Sichtweise auf die Dinge, „Das Wunder von Córdoba“ oder „Die Schmach von Córdoba“ lauteten.

In Wien-Floridsdorf wurde vor vier Jahren ein Platz zur Erinnerung an das Ereignis Cordobaplatz benannt. Nun also Berlin-Mitte…

Spiritus rector der CórdoBar ist na-türlich ein Österreicher, allerdings ei-ner, der in Berlin kein Unbekannter ist.

Seine Karriere in Stichworten: Auf-gewachsen im steirischen Pöllauberg in der Nähe von Graz, Koch- und Kell-nerlehre, Besuch der renommierten Gastronomiefachschule Bad Gleichen-berg, Sommelier in Eckart Witzigmanns Münchner Aubergine und bei Fredy Girardet in der Schweiz.

Weitere Stationen in England und Ös-terreich, von 2004 bis 2009 dann Berlin, Maître und Chefsommelier im Restau-rant Lorenz Adlon. Mister Adlon.

Unter den Sommeliers der Sterne-klasse gehört er ebenso zu den Top Five weltweit wie unter den Fachkräften für Camembert und Co.

Sein Name ist bekannt wie der bun-ter Hunde: Gerhard Retter.

Anfang 2009 hatte er die Hauptstadt in Richtung Schleswig-Holstein verlas-sen, um in Lütjensee, von den Toren Hamburgs, die Fischerklause zu über-nehmen, ein Traditionsrestaurant, seit 1920 im Besitz der Familie seiner Frau.

Nun also kehrt Retter zurück, um die CórdoBar zu eröffnen. „Natürlich bleibt die Fischerklause unser erstes Stand-bein und Lütjensee unser Zuhause“, erklärt der 40-Jährige, „aber warum nicht wieder einen Koffer in Berlin?“

Ja, warum eigentlich nicht! Gut für Berlins Gastronomie ist es allemal, weil in der Stadt zwar der Weinhandel

boomt, aber Weinbars, die den Namen wegen ihres Angebots und der Kompe-tenz ihrer Mitarbeiter wirklich verdie-nen, noch die Ausnahme sind.

„Gibt es denn überhaupt eine?“, fragt Gerhard Retter, der die Idee für die CórdoBar hatte, mit zwei Männern aus der Film- und Musikbranche die In-vestoren und mit einem Österreicher und ehemaligen Mitarbeiter auch einen Gastgeber, Geschäftsführer und Som-melier fand.

„Am 1. Oktober 2013 wollen wir auf-sperren“, plant Retter. Also dann: 1:0 für die CórdoBar.

Gerhard Retter KOPFSALAT

SPITZENSOMMELIER PLANT WEINBAR IN BERLIN VON JÖRG TEUSCHER

Die Fischerklause in Lütjensee...

...bleibt — trotz CordoBar — Gerhard Retters erstes Standbein.

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GESCHMACKSSACHEN Salz

NOTIZEN ZU EINER KULINARISCHEN UMFRAGEVON UWE AHRENS UND THORSTEN TONSKI

SALZ: WORAUF KÖCHE SCHWÖREN...

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Salz GESCHMACKSSACHEN

SALZ: WORAUF KÖCHE SCHWÖREN...

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Björn Freitag ist der Vorkoster, je-denfalls beim Westdeutschen Rundfunk in Köln.

So jedenfalls lautet der Titel einer 45-minütigen Sendung, die der Sterne-koch aus Dorsten, einer Stadt am Ran-de des Ruhrgebiets, seit drei Jahren im WDR-Fernsehen moderiert und dabei eine ziemlich gute Figur macht.

Freitag gehört nicht zu jener, die deutschen Sender inflationär bevöl-kernden allwissenden Köchetruppe, sondern zu denen, die alles wissen wol-len und deshalb Fragen stellen.

Zum Beispiel diese: „Welches Salz braucht man in der Küche wirklich?“ und „Schmeckt teures Salz besser als billiges?“ ( Der Vorkoster, Freitag, 3. Mai 2013, 21.00 Uhr, West 3).

Eine interessante Sendung für kuli-narisch Interessierte, die uns anregte, auch einmal die elementare chemische Verbindung von Natrium und Chlorid unter die Lupe zu nehmen und nach-zufragen, welches Salz Spitzenköche in der Region zwischen die Finger neh-men, um die Ess-Avantgardisten und Edelschmecker zufriedenzustellen.

Wir befragten zuerst zwölf mehr oder weniger hoch dekorierte Küchen-chefs (Seite 61) und waren über das Ergebnis, ehrlich gesagt, erstaunt. Die Vielfalt dessen, womit King und Co. sal-

zen, ist weit kleiner, als das Angebot. Immerhin haben deutsche Groß- und Einzelhändler, Internetversender und Gastronomielieferanten derart viele Salze mit derart vielen Superlativen im Angebot, dass einem schier schwindlig werden kann.

In den Profiküchen am stärksten vertreten — das Maldon Sea Salt. Es stammt aus England und wird seit über 200 Jahren in der Grafschaft Essex ge-wonnen. Sein Geschmack gilt als beson-ders fein und aromatisch, seine Konsis-tenz als besonders fest. Natürlich ist es weder raffiniert, also gereinigt und

enthält auch keinerlei Zuschlagstoffe, etwa die berühmt-berüchtigte Riesel-hilfe Natriumaluminiumsilikat, mit dem billige Supermarktsalze versetzt sind.

Aber am Ende ist auch das hochge-lobte Maldon Sea Salt genauso wie etwa das sündhaft teure japanische Oshima-Island-Salz oder das angeblich so gesun-de Himalaya-Salz, das in Wirklichkeit fast immer aus Pakistan stammt, zu weit über 90 Prozent nichts anderes als Natriumchlorid. Und das ist auch gut so, denn der Mensch braucht es zum Überleben. Ob man allerdings wirklich einen Unterschied zwischen raffinier-

TV- und Sternekoch: Björn Freitag.

GESCHMACKSSACHEN Salz

Meersalz: Gewinnung auf der französischen Île de Ré.

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sa

Cristiano Rienzner, MaremotoMaldon Sea SaltMallorquinisches HibiscussalzAprikosensalz spice world,Österreich

Michael Kempf, FacilHimalaya-SteinsalzFleur de SelMeersalz-Flakes aus PortugalAmalfizitronensalz, Flieder-salz, Malvensalz, Meersalz mit Johannisbeerholzrauch

Sven Elverfeld, aqua, Wolfsburg

Steinsalz, Grasleben-HelmstedtFleur de Sel, CamargueGemahlenes, naturbelasse-nes Meersalz

Matthias Buchholz, Gutshof Britz

Sel Marin, Portugal

Johannes King, Söl'ring Hof, Rantum/Sylt

Fleur de Sel mit Rosmarin, Majoran, Thymian gemischtSylter Solesalz Meersalz, Frankreich

Himalaya-Steinsalz

Michael Hoffmann, MargauxSel Gris — unbehandeltes graues MeersalzSalMartins, PortugalMaldon Sea SaltEigenes Kräutersalz

Thomas Kammeier, HugosMaldon Sea SaltFleur de SelEigene KräutersalzeEigene Salze für Fisch- und Fleischgerichte

Matthias Diether, first floorMaldon Sea Salt Flakes

Holger Zurbrüggen, BalthazarMeersalz Steinsalz RauchsalzSelleriesalzPökelsalz

Hendrik Otto, Lorenz Adlon Esszimmer

Meersalz grob, feucht und trocken, schwarzes MeersalzMaldon Sea SaltHimalaya-Steinsalz, PökelsalzEigenes Gewürzsalz

Daniel Achilles, reinstoffBad Reichenhaller Siedesalz Maldon Sea SaltMeersalz, PortugalEigenes Rapsblüten-, Rha-barber- und Rotkohlsalz, Gewürzsalz für Fischgerichte

Oliver Heilmeyer, 17fuffzig, Burg/Spreewald

Himalaya-Steinsalz Maldon Sea SaltMaldon Sea Salt, geräuchertFleur de SelPökelsalz

Salz GESCHMACKSSACHEN

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tem Speisesalz und beispielsweise den edlen Maldon-Kristallen schmecken kann, ist wissenschaftlich bisher nicht untersucht. Sensorik-Tests zeigten le-diglich, dass teure und seltene Salze in küchenüblichen Konzentrationen von den Probanden nur selten herausge-schmeckt werden konnten, zumal au-ßer Natrium und Chlorid viele andere Mineralstoffe in den meisten Salzen nur in geringen Spuren enthalten sind.

Dennoch scheint es wohl doch so zu sein, dass die verschiedenen Meersalze ebenso wie naturbelassene Solesalze — beide sind übrigens gleichen Ursprungs

— eine geschmacklich weichere und harmonischere Anmutung haben als raffiniertes Speisesalz. Aber wie ge-sagt, wissenschaftlich bewiesen ist das nicht — im Gegensatz zu der Tatsache, dass eine grobere Kristallstruktur we-niger Geschmacksrezeptoren anspricht als eine feinere, dass also feineres Salz als subjektiv salziger empfunden wird als groberes Salz.

Rund 300 Salzsorten sind derzeit in Deutschland im Angebot, selbst Salz aus Süßwasserseen gibt es. Die Preis-spanne reicht von 50 Cent bis 80 Euro je Kilogramm. Das beweist: Salz ist

ein Trendprodukt — je exotischer, des-to besser. Möglicherweise ist das ein Grund, dass deutsches Salz aus Natur-sole, etwa aus Bad Essen, Luisenhall oder Halle/Saale in den meisten Küchen keine Rolle spielt.

Übrigens: Aus einer Untersuchung, britischer Wissenschaftler geht hervor, dass in vielen Restaurants zu stark ge-salzen wird. So fanden die Forscher in einem Gericht von Gordon Ramsay die unglaubliche Menge von 7,3 Gramm Salz pro Teller. Die empfohlene Tagesmenge für einen Erwachsenen übrigens be-trägt 6 Gramm.

GESCHMACKSSACHEN Salz

Steinsalz: Abbau unter Tage.

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Am 08. und 09.06.2013 Brandenburger Landpartie

Jakobs-Hof Beelitz, Kähnsdorfer Weg 1a, 14547 Beelitz, Tel: 033204-62727

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Aus unserem Veranstaltungskalender Beelitz: 01.06. Kindertag mit Radio Teddy 21.09. „Al Capone“ Krimidinner 22.09. Preußen-Brunch mit „Altem Fritz“ab 28.09. Oktoberfestwochenab19.10. Schlachtefestwochen 16.11. „Titanic-Dinner“

Aus unserem Veranstaltungskalender Schäpe:

30.06. Spargel-Abschluss-Brunch 17.08. Alt-Berliner-Sommer-Festab 21.09. Kürbiswochenab 02.10. Oktoberfest ab 09.11. Martinsganswocheab 01.12. Adventszeit

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IMPRESSIONEN AUS DEM BEELITZER ANBAUGEBIETVON HANS-JÜRGEN BERGS UND MARC STEYER

SPARGELZEIT 2013

GESCHMACKSSACHEN Spargelzeit 2013

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SPARGELZEIT 2013

Spargelzeit 2013 GESCHMACKSSACHEN

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Unser Bild auf den beiden vorigen Seiten wurde in der Nähe von Beelitz aufgenommen — ein Spargelfeld am 20. März, am Tag des Frühlingsanfangs also.

Die Spargelbauern des Reviers staun-ten nicht schlecht, und spätestens da schwante ihnen, dass dieses Jahr 2013 ein schwieriges werden würde. Zu Vä-terchen Frost kam Väterchen Frust und blieb auch bis zur offiziellen Saisoner-öffnung am 18. April.

Josef Jakobs, gemeinsam mit seinem Bruder Jürgen Chef zweier Spargelhöfe in Beelitz, erklärte: „Es braucht noch ein paar warme Tage, damit der Spar-gel austreiben kann. Wenn die entspre-chenden Temperaturen erreicht sind, wächst er dann locker bis zu fünf Zenti-meter am Tag.“

Doch diese Tage ließen lange auf sich warten, und dann kam statt der Son-ne erstmal der Regen und weichte die Äcker auf.

„Zu Pfingsten machen wir auf unse-ren Höfen normalerweise ein Bomben-geschäft, in diesem Jahr allerdings fiel es total ins Wasser“, so hieß es auf den Jakobs-Höfen.

Und da ist es wohl nur ein kleiner Trost, dass es den meisten Landwirten in den 34 deutschen Anbauregionen mit ihren 21.000 Hektar Spargel nicht besser ging. 30 bis 40 Prozent Verlust, so war es schon in der vorigen Woche aus Süddeutschland zu hören. In Berlins Nachbarland hält man sich mit Progno-sen noch zurück.

15.191 Tonnen Spargel ernteten die Brandenburger Bauern im vergangenen Jahr. Das entsprach einem Ertrag von 53,3 Dezitonnen je Hektar — ein Spit-zenwert. Schon jetzt dürfte sicher sein, dieses Ergebnis wird 2013 nicht erreicht werden, obwohl das Sommerwetter der letzten Tage den Spargel wie selten in diesem Jahr schießen ließ.

Und die Jakobs-Brüder werden, so war auf ihren Höfen zu erfahren, die Saison ein wenig „strecken“, so dass es bei ihnen wahrscheinlich bis zum 30.Juni noch Spargel gibt.

GESCHMACKSSACHEN Spargelzeit 2013

Kalter Start: Spargelanstich 2013 im Beelitzer Anbaugebiet.

Herbe Verluste: Spargelbauer Josef Jakobs.

Spätes Geschäft: Jakobs Spargelhof in Schäpe.

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ERLEBEN SIE DIE MAGIE DER KOCHKUNSTim Restaurant a.choice von Dienstag bis Samstag 18:00-23:00 UhrRESERVIERUNG: +49 30 453 053 2620, [email protected]: www.andelsberlin.com

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Gut Boeckenhoff liegt in der Erler Heide zwischen Dorsten und Borken, an der Nahtstelle zwischen Ruhrgebiet und Münsterland, ein typischer Bauern-hof in einer traditionell agrarischen Ge-gend. Neben Erd- und Blaubeeren baut Bernhard Boeckenhoff hier auch Spar-gel an. „Der gute Sandboden ist ein ide-aler Nährboden für unseren Lukullus“, sagt der Bauer.

Die alte Sorte wurde vor über 100 Jahren in Baden-Württemberg gezüch-

tet und gehörte bis in die 1970er Jahre neben „Ruhm von Braunschweig“ und „Schwetzinger Meisterschuss“ zu den großen Sorten des deutschen Spargel-baus — mild im Geschmack, aber mit feinen, spargeltypischen Bittertönen.

Etwas kräftiger schmecken auch die ebenfalls bereits im vorigen Jahrhun-dert kultivierten Sorten „Violetta“ und „Eros“, die heute weitgehend in Ver-gessenheit geraten sind. Viele Gastro-nomen bedauern das.

Gut Boeckenhoff am Niederrhein: Alte Sorte im Angebot.

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Zum Beispiel Peter Frühsammer. Der 53-Jährige winkt ab. Nein, über Spargel und dessen Verarbeitung in der geho-benen Küche wolle er nicht sprechen. Zuviel Bohai um ein zwar durchaus re-spektables Gemüse, das allerdings in den letzten Jahrzehnten so viel verlo-ren habe — vor allem an Geschmack.

„Wenn es heute im ganzen Land Brandenburg, mal von denen abgese-hen, die Spargel im eigenen Garten kultivieren, nur noch einen einzigen Bauern gibt, der die geschmacklich

ausgezeichnete Sorte „Eros“ anbaut, stimmt das schon bedenklich“, so Peter Frühsammer.

Der streitbare Gastronom wechselt das Thema und präsentiert uns seine neuen Cocktail-Wagen. Die liegen ihm derzeit besonders am Herzen, mehr als der Spargel jedenfalls.

Mareike Nagel, Servicemitarbeiterin in Frühsammers Restaurant, zeigt wie s geht. Sie rollt den Wagen zum Tisch, er-klärt und mixt schließlich vor unseren Augen einen erstklassigen Gin Tonic.

„Damit wollen wir etwas wieder aufle-ben lassen, das in den letzten Jahren zunehmend verloren gegangen ist — die Arbeit am Gast“, erklärt Frühsammer.

„Natürlich fordert das von uns Ser-vicemitarbeitern neue Kenntnisse, das haben wir so nicht gelernt, aber es kommt bei den Gästen gut an“, ergänzt Mareike Nagel. Wir probieren einen zweiten Gin Tonic — anderer Gin, an-deres Wasser, ebenfalls erstklassig. Und dann sprach Peter Frühsammer mit uns doch noch zum Thema Spargel.

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GESCHMACKSSACHEN Spargelzeit 2013

Küchenchefin Sonja Frühsammer... ...mit Spargel, Scholle, Saubohnen, Kerbel.

Frühsammers Restaurant... ...mit neuem Cocktailkonzept.

Peter Frühsammer.

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Es gibt tonnenweise Spargel, Herr Frühsammer, aber auf Ihrer Speise-karte macht er sich rar. Weshalb?

Eben deswegen.Was meinen Sie damit?

Menge ist nicht gleich Geschmack.Und was bedeutet das?

Ein Beispiel. Als ich 1974 im Hotel Paradies in Stockach am Bodensee die Kochlehre begann, gab es badischen Spargel, der zwar nicht bleistiftgera-de und schneeweiß war wie heute, der aber einen ganz besonderen, unver-wechselbaren Geschmack hatte. Ich glaube, die Sorte hieß Huchel s Alpha.

Und die heutigen Sorten schme-cken nicht?

Probieren Sie doch mal die hollän-dischen Hybridsorten Gijnlim, Thie-lim, Grolim oder wie sie alle heißen. Die sind zwar schnellwachsend, auch standortunkritisch und optisch eine Au-genweide, kulinarisch allerdings taugen sie nur was, wenn Sie eine kräftige Sau-ce drübergießen. Ich jedenfalls halte diese Sorten im Geschmack für mehr oder weniger nichtssagend.

Wie sollte denn Spargel schme-cken, den Sie akzeptieren würden?

Eben wie damals Huchel s Alpha. Oder wie andere alte Sorten — Ruhm von Braunschweig zum Beispiel, Schwetzinger Meisterschuss, Eros oder

Lukullus. Also ein bisschen nach grü-nen Erbsen, zart bitter, irgendwie nach Frühling eben.

Gibt es die von Ihnen genannten Sorten noch?

Kaum. Wir haben bis zum vorigen Jahr eine dieser Sorten von einem Beelitzer Bio-Bauern bezogen, aber der ist jetzt auf Aroniaanbau umgestiegen. Also suchen wir wieder.

Weshalb bauen denn die Spargel-bauern in der Region nur noch neue Hybridsorten aus Deutschland oder Holland an?

Ich bin häufig im Beelitzer Revier unterwegs, weil in Beelitz/Schönefeld unsere Islandpferde stehen (Sonja und Peter Frühsammer züchten diese Rasse, d. Red.) und habe diese Frage natürlich auch schon häufig gestellt.

Die Antworten fielen immer ähnlich aus. Die Bauern haben eben in ihre Höfe, in Anbau- und Sortiertechnik der-maßen viel investiert, dass sie das nur mit Massenproduktion refinanzieren können.

Stichwort Massenproduktion. Sie kritisieren ja auch, dass die Natur beim Spargelanbau zunehmend über-listet wird.

Sie meinen sicher die sogenannte Verfrühung durch Folien- und Doppelfo-lien oder — noch extremer — die Behei-zung von Feldern. Das sind Methoden, die nicht nur die Landschaft verschan-deln, sondern die meiner Meinung nach auch dem Boden nicht sonderlich gut tun. Er wird nicht richtig belüftet, Schädlinge können sich unter den Foli-en besser vermehren, was wieder den Einsatz von Bekämpfungsmitteln nach sich zieht.

Aber es gibt durch die Folienver-frühung genügend Spargel zu ver-tretbaren Preisen, das Edelgemüse ist kein Luxuslebensmittel mehr wie früher.

Das ist natürlich richtig und dagegen polemisiere ich ja auch nicht. Es ist nun mal eine gesellschaftliche Entwicklung, dass die meisten Menschen möglichst

wenig Geld für ihr Essen ausgeben wol-len und dass es einen bestimmten Mas-sengeschmack gibt. Das sehen Sie nicht nur beim Spargel, sondern beispiels-weise auch bei der Gurke, die früher einen feinen Bitterton hatte oder beim Radieschen, das einst viel schärfer war.

Ich gehöre jedenfalls zu den Gastro-nomen, die sich für die Sortenvielfalt und damit auch für den Aromenreich-tum stark machen. In diesem Fall eben beim Spargel.

Wenn aber diese Spargelbauern mit neuen Hybridsorten finanziell besser zu Rande kommen…

…sollte man auch verstehen, dass sie die in den Boden bringen, das wollten Sie doch sagen. Noch einmal: Mir geht es darum, dass die Vielfalt der Sorten nicht verloren geht und irgendwann nur noch industriell produziertes Gemüse auf dem Markt ist, dass oft nach nichts mehr schmeckt.

Wie stellen Sie sich denn eine Lö-sung vor?

Wie bei großen Autofirmen zum Bei-spiel. Nehmen Sie Mercedes, da gibt es eine A- und eine S-Klasse. Ich würde mir also wünschen, dass einige Landwirte wieder ein paar der alten Sorten ohne Düngerdoping und Folienwärme anbau-en, echten Gourmetspargel eben.

Wir haben jedenfalls Gäste, die sich auf dessen geschmackliche Eigenheiten einlassen würden. Ein Salat aus Violet-ta-Spargel etwa, mit einer Wildkräuter-vinaigrette, das ist kulinarisch schon etwas Besonderes. Wir würden ihn als Vorspeise servieren, vorausgesetzt na-türlich, wir bekämen diese Spargelsor-te ohne riesigen Aufwand.

Vielen Dank für das Gespräch.

www.fruehsammers-restaurant.de

FRÜHSAMMERS RESTAURANT

Flinsberger Platz 814193 Berlin-Schmargendorf

Tel. 030 - 897 38 62 87

Spargelzeit 2013 GESCHMACKSSACHEN

Peter Frühsammer.

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70 GARÇON

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DIE ESELIN VON A.

Königstraße 1014109 Berlin-WannseeTel. 030 - 214 12 84

Harry Wolleschak, 47, Berliner gas-tronomisches Urgestein und 2011 mit seiner Eselin von A. in Wannseenähe gelandet, sieht die Sache mit dem Spar-gel gelassen: „Meine Gäste lieben das frische Gemüse aus Beelitz“, erklärt Wolleschak. „Das wichtigste ist die Zu-bereitung, der Spargel muss so auf die Teller kommen, dass er noch Biss hat.“

Fünf Spargel-Gerichte serviert seine Küchenbrigade — allesamt Klassiker. Da gibt es das Edelgemüse mit Lachs, mit Parmaschinken, mit Schnitzel oder mit

Rinderfiletmedaillons — in allen Fällen werden dazu neue Kartoffeln, hausge-machte Sauce hollandaise oder flüssige Butter serviert. „So verstehe ich gute Gasthausküche, alles andere kann die Grand-Cuisine-Front unter sich ausma-chen“, sagt Wolleschak.

Dass er dafür vom Gault Millau mit immerhin 13 Punkten belohnt wurde, spricht für ihn und seine Küche.

Übrigens: Großen Wert legt der Ese-lin-Gastgeber darauf, dass seine Spar-gelgerichte von gutem Wein begleitet

werden. In diesem Jahr empfiehlt er einen 2012er Müller-Thurgau vom Wein-gut Klaus Böhme in Kirchscheidungen, ein süffiges Saale-Unstrut-Gewächs.

GESCHMACKSSACHEN Spargelzeit 2013

Fröhliche Küchenbrigade... ...mit Spargel, Lachs, Kartoffeln, Sauce hollandaise.

Wannsee-Restaurant... ...mit Familienanschluss.

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71 GARÇON 71 GARÇON

Diese neue Bauernbrotspezialität aus der Hofpfistereibesteht lediglich aus Ökö-Roggenmehl, Wasser

und Meersalz mehr kommt da nicht rein!

Ihre wilde, gut ausgeprägte Kruste verleiht diesem Bauenbroteinen knackigen Biss und ihren einzigartigen Charakter.

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Dort, wo sie das Licht der Welt er-blickte, heißt sie „Grie Soß“. Sie ist das Heiligtum der hessischen Küche, und ihre Zutaten sind ebensowenig diskuta-bel wie ihre Zubereitung. Man hat ihr ein Denkmal errichtet und einen Verein zu ihrem Schutz gegründet.

Doch obwohl die Frankfurter Grüne Soße der Star unter den deutschen Sau-cen und mindestens genauso berühmt wie etwa die Sauce bérnaise oder die Sauce bordelaise ist, muss man sie in Berliner Restaurants mit der Lupe suchen. Ein heißer Tipp führte uns schließlich in das Bistro „Mainhattan“ der Hessischen Landesvertretung.

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GESCHMACKSSACHEN Grie Soß

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GRÜNER WIRD S NICHT

Grie Soß GESCHMACKSSACHEN

Die Hessische Landesvertretung in Berlin.

Das Bistro Mainhattan.

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GESCHMACKSSACHEN Grie Soß

Herzlichen Dank für die Einladung, Herr Dr. Klonowski. Eine schicke Kan-tine haben Sie da …

Danke für die Blumen. Das „Main-hattan“ ist aber ein öffentliches Bistro, das es seit 12 Jahren gibt, genauso lan-ge also wie die Hessische Landesvertre-tung hier in der Hauptstadt.

Die Landesvertretungen anderer Länder haben keine für jedermann geöffneten Restaurationen, weshalb hat Hessen dieses Bistro eingerichtet?

Die Hessische Landesvertretung in den Berliner Ministergärten hat die Aufgabe, unser Bundesland in der Bun-deshauptstadt politisch zu vertreten. Wie alle anderen Länder wirkt auch Hessen über den Bundesrat an der Ge-setzgebung des Bundes und der Europä-ischen Union mit.

Gleichzeitig sind wir das Schaufens-ter Hessens in Berlin und eine Bühne für Wirtschaft und Kultur unseres Lan-des. Und weil dazu auch die Kulinarik gehört, haben wir uns 2001 entschlos-sen, mit der Landesvertretung auch das Bistro „Mainhattan“ zu eröffnen.

Was hat Hessen denn kulinarisch zu bieten?

Wahrscheinlich mehr als viele Men-schen glauben. Nehmen Sie zum Bei-spiel mal Frankfurt, die mit 700.000 Einwohnern größte hessische Stadt.

Sichtbare Zeichen sind die Skyline, der Flughafen, die Messe und die Börse.

Kaum einer weiß, dass in Frankfurt aber auch 90 Agrarbetriebe zu Hause sind, die über 4.000 Hektar Land be-wirtschaften und viele Spezialitäten produzieren.

Mit der Kleinmarkthalle in der Alt-stadt und dem Konsti-Markt gibt es kulinarische Paradiese, in denen der „Leib auf die Seele trifft“, wie man in Frankfurt sagt.

In der Fressgass, die eigentlich Gro-ße Bockenheimer Straße heißt und zwischen Rathenau- und Opernplatz verläuft, laden dutzende Restaurants, Bars und Imbisse ein, Frankfurter Gast-freundschaft zu testen.

Typisch für die Stadt sind auch die hervorragenden Apfelweinlokale im Stadtteil Sachsenhausen, auf der an-deren Mainseite. Dort wohnt übrigens auch Staatsminister Michael Bodden-berg, Hessischer Minister für Bundes-angelegenheiten und Bevollmächtigter des Landes beim Bund, und damit Chef der Hessischen Landesvertretung.

Zudem dürfen Frankfurter Kranz, Frankfurter Würstchen und die Grüne Soße nicht vergessen werden.

Ich könnte das fortsetzen — nicht nur die Mainmetropole, auch Nord-, Mittel- und Südhessen haben für Genießer jede

Menge zu bieten. Unser Slogan „An Hessen führt kein Weg vorbei“ gilt auf jeden Fall auch kulinarisch.

Das spiegelt sich in Ihrem Bistro wider?

Natürlich. Unsere Küche im Bistro „Mainhattan“ serviert beispielsweise Weckewerk, ein Gericht aus Nordhes-sen, sozusagen die hessische Antwort auf den Berliner Falschen Hasen.

Es gibt die leckeren Kasseler Ripp-chen, außerdem die durch Slow Food und seine Arche des Geschmacks wahr-scheinlich deutschlandweit bekannte Ahle Wurscht.

Sie können Gref-Völsings Rinds-wurst aus 100 Prozent Rindfleisch und „Handkäs mit Musik“ probieren.

Und wie steht s um die Grüne Soße?Die gibt es natürlich auch im „Main-

hattan“, mit Tafelspitz und Kartoffeln.Umstritten sind dabei die Zahl und

die Sorten der Kräuter, die hineinge-hören.

Unser Küchenchef Stephan Kolb hält sich an die traditionelle Frankfurter Kräutermischung. Borretsch, Kerbel, Kresse, Petersilie, Pimpinelle, Sauer-ampfer und Schnittlauch — das sind die glorreichen Sieben.

Dass es auch Varianten mit Dill und Zitronenmelisse gibt, ist für einige Ver-fechter der reinen Grüne-Soße-Lehre ein unverzeihliches Sakrileg.

Das sehen Sie aber nicht so eng?Ich bin weder Koch noch Frankfurter

und daher in dieser Frage großzügig. Wer gerne Dill und Zitronenmelisse in der Grünen Soße mag — bitteschön.

Und die Beilagen?Gute Frage.Weshalb?Weil Sie das wichtigste der Grüne-

Soße-Philosophie verstanden haben.Und das wäre?Sie ist die Hauptsache auf dem Tel-

ler. Kartoffeln, gekochte Eier, gedüns-teter Fisch oder gekochtes Fleisch sind kulinarische Ergänzungen.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Dr. Klonowski.

Dr. Martin Klonowski, 44, seit drei Jahren Referatsleiter Politische Planung und Kommunikation sowie Pressesprecher der Hessischen Lan-desvertretung in Berlin. Obwohl der promovierte Historiker als gebürtiger Berliner kein waschechter, sondern ein — wie er selbst sagt — „Berufs-hesse“ ist, kennt er sich natürlich mit der hessischen Küche im Allgemeinen und der Frankfurter Grünen Soße im Besonderen bestens aus. Deshalb baten wir ihn auf ein Wort über den wichtigsten Beitrag Hessens zum Weltkocherbe. Er lud uns dafür ins Bistro "Mainhattan" der Hessischen Landesvertretung ein.Pressesprecher Dr. Martin Klonowski.

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Grie Soß GESCHMACKSSACHEN

Grüne Soße mit Tafelspitz und Kartoffeln.

Handkäs mit Musik.

Frankfurter Würstchen.

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76 GARÇON

GESCHMACKSSACHEN Grie Soß

Stephan Kolb, Küchenchef in Hessens Berliner Botschaft, ist natürlich ebenso ein Grie-Soß-Experte wie Serviceleiter Peter Schmidt, obwohl Kolb aus Ober-franken stammt und Schmidt in der Steiermark zu Hause ist.

Die beiden Gastro-Profis würden es begrüßen, wenn die Frankfurter Grüne Soße das EU-Gütezeichen „geschützte geografische Angabe“ verliehen bekä-me. Das Verfahren jedenfalls läuft. Für das hessische Nationalgericht wäre die Anerkennung 157 Jahre nach Veröffent-lichung des ersten Rezeptes in Wilhel-mine Rührigs Praktischem Frankfurter Kochbuch allemal verdient.

www.stk.hessen.de

BISTRO MAINHATTAN

In den Ministergärten 510117 Berlin

Tel. 030 - 72 62 00-500

te sich dieses Gefühl schnell ein. Das 120-Seiten-Büchlein hebt sich wohltuend von jener ominösen Masse kulinarischer Schriften ab, die es inzwischen zu jedem Gericht und Thema gibt und die wie ein schlechtes Kantinenessen zusam-mengeschustert erscheinen. Zuta-ten: Convenience-Produkte. Verar-beitung: Ruck, zuck und schicken.

Die studierte Germanistin und produktive Fachbuchautorin räumt nicht nur mit manchen Mythen rund um die Grüne Soße auf — bei-spielsweise, dass Goethes Mutter Catharina Elisabeth das Rezept erfunden haben soll — sondern sie serviert auch eine interessante Kräuterkunde, ein Dutzend klassi-scher Grüne-Soße-Gerichte und vor allem das besonders lesenswerte Kapitel „Grüne Soße global“ mit internationalen Rezepten — von Mojo verde bis Salsa de Huacatay.

Es ist schon ein gutes Gefühl, wenn man merkt, dass sich jemand Arbeit und einen Kopf gemacht hat. Bei Ingrid Schicks im CoCon-Verlag Hanau (www.cocon-verlag.de) erschienenen Band „Grüne Soße — Die besten Rezepte“ stell-

Mainhattan-Küchenchef Stephan Kolb, li. und Serviceleiter Peter Schmidt.

Page 77: Garcon Ausgabe Nr. 26

77 GARÇON

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Page 78: Garcon Ausgabe Nr. 26

Wir kennen hierzulande keinen be-kannten Gastrokritiker, der es bisher gewagt hätte, ein eigenes Restaurant zu eröffnen. Auch berühmte Filmkriti-ker, die selbst mal Regie führten, sind eher Fehlanzeige.

Das hat den Berliner Weinkritiker Stuart Pigott aber nicht abgehalten, das Projekt „Eigener Wein wird doppelt fein“ zu starten.

Am ersten Maifreitag setzte der in-ternational renommierte Autor und Journalist (u.a. „Die großen deutschen Rieslingweine“, „Die führenden Winzer und Spitzenweine Deutschlands“) 1.200

junge Rebstöcke in den Sandboden des Töplitzer Weinbergs, der zum Weingut Klosterhof Töplitz gehört, des einzigen zertifizierten Bio-Weinguts in der Mark.

Der Berg wurde vor rund 650 Jahren von Zisterziensern des Klosters Leh-nin begründet, ebenso übrigens, wie die benachbarten Lagen Kagelwit und Werderaner Wachtelberg. Die Mönche des in Frankreich gegründeten Ordens zogen, wie Theodor Fontane schrieb, „mit dem Kreuz in der Linken und dem Spaten in der Rechten, lehrend und ackerbauend durch die Mark“. Wo im-mer sie einen geeigneten Hügel fanden,

legten sie Weingärten an. So kam der Rebensaft nach Brandenburg, wobei nicht der Bedarf an Messwein Motor für das Tun der Mönche war, sondern wohl eher die Lust am Genuss.

In einer Beschreibung des Kurfürsten-tums aus dem Jahre 1572 hieß es dann auch: “Die Mark hat viel Weinwachs, sonderlich in der Mittelmark, um Bran-denburg, Berlin und Cölln, Frankfurt an der Oder, Drossen, im Land zu Stern-berg, zu Beeskow, in der Niederlausitz und Krossen.“

Über den Geschmack der Tropfen allerdings wurde trefflich gestritten.

WEINLESE Stuart Pigott in Brandenburg

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STUART PIGOTT WIRD WINZER IN BRANDENBURGVON JÖRG TEUSCHER

NORDWEINStuart Pigott: Neuwinzer in Töplitz

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Stuart Pigott in Brandenburg WEINLESE

Während einige Chronisten die wahr-scheinlich mit Honig oder Gewürzen verbesserten märkischen Weine über den grünen Klee lobten, reimten die vornehmlich aus dem Rheinland stam-menden Frankfurter Viadrina-Studiosi: „Märkischer Erde Weinerträge gehn durch die Kehle wie eine Säge.“

Mit dem 30-jährigen Krieg 1618 bis 1648 begann der Niedergang des Wein-baus in Brandenburg. Die Weinberge waren verwüstet, das Wissen über ihre Bewirtschaftung ging verloren.

Preußens Herrscher schließlich setz-ten auf Gerste- und Kartoffelanbau,

die Weine kamen vom Rhein. „Wo der Pflug kann gehen, soll kein Weinstock stehen“, wurde zum geflügelten Wort.

1989, im Jahr des Mauerfalls, gab es in Brandenburg nur noch einen Wein-berg — den Werderaner Wachtelberg. 2,5 Hektar, angelegt 1985 von Dr. Man-fred Lindicke. Das Argument, damit an die positiven Traditionen Preußens anzuknüpfen, hatte damals selbst die nicht eben weinaffinen DDR-Oberen überzeugt. Inzwischen ist die Rebflä-che des Wachtelberges auf 6,2 Hektar gewachsen. Sie gehört zum Weinanbau-gebiet Saale-Unstrut; Müller-Thurgau,

Dornfelder, Saphira und Regent sind die wichtigsten dort angebauten Reb-sorten.

Im vorigen Jahr startete der Wein-bauverein in Werder ein weiteres Projekt: Die Rekultivierung des his-torischen Galgenbergs. Das Vorhaben machte Schlagzeilen, als Stuart Pigott ankündigte, sich mit bis zu 15 Prozent daran beteiligen zu wollen. Doch es blieb bei der Ankündigung. Die Vorstel-lungen des Vereinsgründers Manfred Lindicke und des 53-jährigen Briten, dessen Kolumnen in der Frankfurter All-gemeinen Sonntagszeitung zum Kennt-

79 GARÇON

NORDWEIN

Stuart Pigott in Brandenburg WEINLESE

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nisreichsten gehören, was in Deutsch-land über Wein publiziert wird, gingen wohl zu weit auseinander. “Pigott hat eingesehen, dass über Wein zu schrei-ben und Wein zu machen zweierlei ist“, zitierte das Slow-Food-Magazin den Wachtelberg-Chef. Das ist sicher rich-tig, allerdings hat der Weinjournalist auch neun Monate als Gasthörer an der Geisenheimer Fachhochschule Weinbau studiert und im Taubertal schon einmal selbst Müller-Thurgau-Reben angebaut.

Pigotts neuer Partner heißt nun Lu-dolf Artymowytsch, ein Bio-Winzer aus der Nordpfalz, der im vorigen Jahr das Weingut Klosterhof auf der Insel Töplitz übernahm. Knapp drei Hektar, auf de-nen Weiß- und Grauburgunder, Bac-chus, Sankt Laurent, Regent und andere Rebsorten wachsen, umgeben von der Havel und verschiedenen Schifffahrts-kanälen, sonnenverwöhnt, zumindest für Brandenburger Verhältnisse.

Pigotts Reben sind von der Sorte Pinotin, eine Schweizer Neuzüchtung, Spätburgunder-Typ, komplex-elegant, mit geringer Anfälligkeit für Echten und Falschen Mehltau — beides Pilzkrank-heiten — und deshalb geeignet, auf den Einsatz von Kupfer als Spritzmittel ganz oder weitgehend zu verzichten.

Für Bio-Winzer ist das deshalb wich-tig, weil Kupfer zwar für Mensch und Rebe unbedenklich ist, aber den Boden belastet, weil es kaum abgebaut wer-den kann.

Neu-Winzer Stuart Pigott rechnet mit den ersten Erträgen in zwei Jahren, den ersten marktfähigen Wein wird es aber erst 2018 geben. „Groß, dicht und mindestens zehn Jahre lagerfähig“, so der Journalist und Winzer.

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Page 82: Garcon Ausgabe Nr. 26

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Page 83: Garcon Ausgabe Nr. 26

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Nachrichten und Neuigkeiten BOUQUET GARNI

Die meisten Köche können kochen, klar. Viele können auch backen, eben-falls klar. Einige so gut, dass sie gelern-te Bäcker sogar in den Schatten stel-len. Zu dieser Kategorie gehören Peter Krüger und René Jahnke. Das und die Tatsache, in Brandenburg kulinarisch nicht mehr allzuviel stemmen zu kön-nen, bewog die beiden Herdarbeiter — Krüger war Küchenchef in der Alt Madlitzer Klostermühle und 2010 sogar mal Brandenburger Meisterkoch; Jahn-ke SousChef im Residenzhotel Motzen — Ende März 2013 im niedersächsischen Hildesheim eine insolvente Bäckerei zu übernehmen, um fortan mit Brot und Bröt-chen ihr Geld zu verdienen. „Weshalb aus-gerechnet in Hildesheim?“ „Weil es we-der in Berlin noch in Bran-denburg einen g e e i g n e t e n Betrieb gab.“

Das Attribut steht für passende Größe und entsprechende Mitarbeiterzahl, und die Wiener Dampfbäckerei Könne-ker in Hildesheim hatte beides, mög-licherweise sogar mehr davon als den beiden lieb war. Immerhin sechs Filia-len mit insgesamt 34 Mitarbeitern.

Krüger und Jahnke erhielten nicht nur die Arbeitsplätze und Verkaufsstät-ten, sondern packten noch eins drauf. Mit „Brot von Köchen für Köche“ for-mulierten sie einen griffigen Spruch und gingen daran, ihn in der Berliner und Brandenburger Gastronomie publik zu machen. Nicht mit Krawall, wie einst Präsidentenbäcker Gaues aus Hanno-ver, sondern mit Überzeugung.

„Die Leistung muss stimmen“, so René Jahnke, der Mann fürs Marketing und den Verkauf, „und jeder kann uns besuchen und sehen, wie sie zustande kommt.“

„Wir wollen nicht Lieferant, sondern Partner der Gastronomie sein“, fügt er hinzu und spricht dann über die Hand-werksbäckerei als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan.

„Backmal“ nennen sie ihr Unterneh-men, „Slow baking“, dessen Motto.

Mit Havelland express haben sie ei-nen kompetenten Partner mit dem Gespür fürs Regionale im Boot und mit dem Westin Grand in der Friedrichstra-ße, dem Neuköllner Estrel, dem Däme-ritzseehotel und anderen inzwischen auch die ersten Kunden in Berlin und Brandenburg.

BÄCKEREI-KARRIERE

René Jahnke.

Brot und Brötchen aus Hildesheim für Berlin.

Wir haben in unserer Ausgabe „Garcon“ Nr. 25/2013 ein Inter-view mit dem Neuköllner Bezirks-bürgermeister Heinz Buschkowsky verbreitet. Die von uns dort wie-dergegebenen Äußerungen über das Restaurant Alt Rudower Dorf-krug und Britzer Mühle sind von Herrn Buschkowsky nicht geäu-ßert worden, das gesamte Inter-view ist von ihm nicht autorisiert worden.Die Redaktion.

FEIER-LAUNE

Er erlebte Höhen — etwa als er 2000 zum Berliner Meisterkoch gekürt wurde — und Tiefen — etwa als er von der ver-späteten BER-Eröffnung und damit auch seines Airport-Bistros erfuhr.

Angela Merkel hält sein Restaurant für eins der besten in Deutschland, Günter Jauch ist begeistert von dessen Küche, und Wolfram Siebeck fragte: „Wo bleibt der Stern für den Edel-Itali-ener?“ Die Rede ist von Bruno Pellegrini und seinem Ana e Bruno. Dieser Tage feierte das Restaurant sein 25-jähriges Bestehen. Grund zu einer tiefen Ver-beugung. Grazie mille, Bruno.

Inhaber Bruno Pellegrini, li. und Küchenchef Andrea Girau.

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BOUQUET GARNI Nachrichten und Neuigkeiten

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KÜCHEN-WERBUNG

Anfang Januar 2013 ging das Projekt in die heiße Phase, Ende April lag das Ergebnis vor: 160 großformatige Seiten, 14 Restaurants, 14 Küchenchefs, 42 Rezepte, 42 Kochtipps, 39 Wein-, zwei

Sekt- und eine Ginempfehlung — flotte Texte, starke Bilder — lediglich der Ti-tel wirkt ziemlich hausbacken.

„Berlin kocht“, na ja, aber alles kann man bei diesem Produktionstempo eben nicht haben.

Autor Georg Hoffelner, 34, Österrei-cher aus Graz, auf die Frage, wie die Auswahl der Köche und Restaurants zustande kam: „Die Kollegen des Maga-zins ‚rolling pin‛, das auch zu unserer Verlagsgruppe gehört, haben eine Vor-auswahl getroffen, die aber ins Zeit-fenster der 5-tägigen Fotoarbeiten pas-sen musste.“

Damit wäre dann auch die Frage be-antwortet, weshalb Küchenchefs wie Daniel Achilles, Sebastian Frank, Micha-el Hoffmann, Christian Lohse, Marco Müller, Martin Schanninger, Andreas Saul oder Markus Semmler und ihre Re-

staurants in diesem Buch keine Beach-tung fanden.

Auch das Klappentext-Versprechen, „ungewöhnliche Einblicke in 14 ausge-wählte Kreativwerkstätten zu geben“, konnte, sagen wir mal, nur bedingt ein-gelöst werden.

Das hätte eben bedeutet, zum Bei-spiel Kolja Kleeberg mal nach zwölf-stündiger Real-Live-Küchenschlacht zu porträtieren, ungeschminkt und ohne Gitarre. Oder Stefan Hartmann am Herd, wenn sein SousChef sich krank gemeldet hat, die bestellte Ware zu spät geliefert wurde und der Laden wider Erwarten rappeldickevoll ist. Das wirkliche Leben der Spitzenköche eben. Aber das ist wohl ein anderes Thema, und was nicht ist, kann ja viel-leicht noch werden.

www.mvmedien.eu

ERFOLGS-KONZEPTKavita Meelu hat Wort gehalten. In

der Kreuzberger Markthalle IX eröffne-te die 29-Jährige Ende April den ersten Berliner Street-Food-Markt, der das Wort wirklich verdient.

Jeden Donnerstag erfreut nun kuli-narische Abwechslung das Herz jedes Foodies — von Arancini und Gözleme bis zu Hot Pies und Vegan Curry. Und wem das zu exotisch ist — natürlich gibt es

auch eine wunderbar geschmorte Wild-schweinkeule. Die Preise sind moderat, die Stimmung prächtig — kein Wunder, dass die Halle aus allen Nähten platzt.

„Food eaten alone is not delicious“, so heißt Kavita Meelus Motto. Das sehen viele Berliner und ihre Gäste aus der halben Welt genauso. Deshalb können manche Köche nur vertrösten: Kommen Sie am nächsten Donnerstag wieder.

Autor Georg Hoffelner im Gespräch.

Anlässlich der Buchpräsentation...

...die Möglichkeit, das zu tun,...

...hatten Berlins Spitzenköche...

...wozu sonst selten Zeit ist: Quatschen.

Markthalle IX: Street Food Market.

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KULINARISCHE EXKURSION Regensburg

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ODER: REGENSBURGER WURSCHTOLOGIEVON RENATE PEILER

HIMMLISCHE GEFÜHLE

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Regensburg KULINARISCHE EXKURSION

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HIMMLISCHE GEFÜHLE

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KULINARISCHE EXKURSION Regensburg

An Fronleichnam, in diesem Jahr am 30. Mai, ist auf alle Ewigkeit Würschtl-tag im Regensburger Bischofshof am Dom. Herbert Schmalhofer, seit mehr als 25 Jahren der Chef im Haus, fühlt sich eh den Rezepturen seiner Ober-pfälzer Heimat, den Jahreszeiten und dem Kirchenkalender verpflichtet.

Letzteres ist eher Selbstverständ-lichkeit denn Wunder, schließlich kocht der Mann im Schatten des mächtigen Domes, der Klerus geht herzlich ein und aus bei ihm und feiert mit ihm draußen im Biergarten den fröhlichsten aller katholischen Feiertage, das Fron-leichnamsfest.

Während der Bischof noch im Dom arbeitet und anschließend um den Dom herum „prozessiert“, haben Schmalho-fer und seine Jungs im Hof einen Mega-grill angefeuert. Über dessen Glut rös-ten ganz langsam hunderte dicke runde oder fingerlange dünne, auf jeden Fall aber würzige Regensburger Würste aus der Werkstatt des 5-Sterne-Metzgers Gierstorfer langsam ihrem seligen Ende entgegen. Wenn dann der Bischof mit dem Domkapitel einmarschiert, wird aufgetischt. Würschtl pur, Würschtl auf Kraut, Würschtl als Salat, dazu süßer Händlmaier Senf — auch der ein Urre-gensburger — kurzer, kräftiger Radi und saftige Radieschen aus Weichs an der

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Am Pass: Herbert Schmalhofer. Historisch: Der Bischofshof am Dom.

Traditionell: Fronleichnamsprozession in Regensburg.

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Regensburg KULINARISCHE EXKURSION

Donau, dick gebutterte Schnittlauch-brote, Schwarzer Kipferln, Brez n und gekümmeltes Bauernbrot. Und hausei-genes Bier vom Bischofsbräu.

Wenn sich dann noch die Trompeter Franz Maß und Peter Birnthaler von den Dächern über dem Hof den Jäger aus Kurpfalz zublasen, dann ist man mit-tendrin in unverfälschtem Brauchtum, in einem der schönsten vorstellbaren bayerischen Volksfeste.

An den Tischen hocken kleine Leu-te und Großkopferte dicht an dicht zusammen, der Bischof ist auch nur ein Mensch, und der ehemalige Dom-kapellmeister Ratzinger, der Bruder vom emeritierten Papst Benedikt XVI., würschtelt vergnügt mit Freunden und Fremden. Stimmung und frisch gehopf-tes Bier dringen sofort in die Blutbahn, selbst den Nordlichtern wird’s barock.

Regensburg ist eine der schönsten Städte der Welt. Sagt Stararchitekt Lord Norman Foster. Die Schöne an der Do-

nau ist denn auch ein verführerischer Frontalangriff auf alle fünf Sinne. Die Augen sehen buntes Mittelalter, die Oh-ren hören Glocken von Kirchen und Tür-men, die Nase spürt den vier Regens-burger Winden nach: Vom Norden zieht Würschtldampf über die Stadt, von Westen durftet der süße Senf und von

Osten der Zucker, der Südwind bringt eine Prise Schnupftabak. Der Mensch wird in der Hauptstadt der Oberpfalz seit mehr als zweitausend Jahren mit gutem Essen und Trinken mehr als ver-wöhnt. Glücklicherweise sind die Regensburger auch als Gastgeber begnadet. Seit die Römer hier vor über zweitausend Jah-ren siedelten, sind die Oberpfälzer ver-traut im Umgang mit An- und Abreisen-den und deren zuweilen anstrengenden Ansprüchen.

Der Immerwährende Reichstag resi-dierte hier und erfand eigens für das Warten auf der Langen Bank Regens-burger Konfekt. Mit Thurn und Taxis kam die Post. Don Juan wurde am Haid-markt gezeugt. Der Klerus war immer mächtig und beschäftigte in Kirchen, Klöstern und Stiften reichlich umtriebi-ges Personal.

Die Bischöfe bauten sich und ihren Gästen eine mächtige Burg am Dom,

den Bischofshof. Und der ist heute, mit seinen großen und kleinen Sälen, kleinen Stüberln und einem hinreißend schönen Biergarten ein kulinarisches Gesamtkunstwerk.

Chef im Haus ist der freundliche, bescheidene Herbert Schmalhofer. Zu-sammen mit seiner Frau Monika hat er das imposante Gemäuer zum Hort grundguter oberpfälzisch-niederbayeri-scher Traditionsküche und zum ersten Haus am Platz gemacht, das durch die Herzlichkeit besticht, mit der die Gäste umhegt werden.

Schmalhofer stammt aus der Ober-pfalz, wo das Essen einfach und herz-haft, teils böhmisch, teils bayerisch, auf alle Fälle von der Kartoffel geprägt und stämmig ist.

Und so wird im Bischofshof eine kla-re, unverfälschte Heimatküche aufge-tischt, die durch kurz gereiste Zutaten aus dem Umland fest mit dem heimi-schen Brauchtum verhaftet ist.

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Traditionell: Fronleichnamsprozession in Regensburg. ...Würschtl vom Grill, dazu Semmel und Senf.

Bischofshof-Klassiker...

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KULINARISCHE EXKURSION Regensburg

Freitags und in der Fastenzeit gibt es Mehlspeisen und Fisch — Herbert Schmalhofers Pichelsteiner Fischein-topf ist papstfähig. Die gigantische Re-genbogenforelle aus den Teichen der Karolinenhütte kommt im Wurzelsud, rarer Huchen aus dem quellklaren Re-gen ist sanft pochiert.

Ostern gibt es Zicklein mit den ers-ten Hopfensprossen. Und ab Kirchweih geht es im mit fröhlichem Katholizismus gesegneten Regensburg sonntags erst in den Dom zur Messe und dann gleich über den Hof zum zünftigen Entenessen in den Bischofshof.

Im Herbst schieben Schmalhofer und seine Köche an die fünfhundert Vögel in die Röhre. Das Rezept für den passen-den Knödel ist nur in ein paar Dörfern an der Grenze zwischen Niederbayern und der Oberpfalz bekannt.

Es ist ein aus rohen und gekoch-ten Oberpfälzer Kartoffeln gedrehter Rundling, in dem ein niederbayerischer Semmelknödel steckt. Ein zartes Wölk-chen ist der kleine Knödel nicht, doch er hat Struktur und Biss — so wie die Menschen hier.

Aber: Herbert Schmalhofer kann auch fein. Als Koch ist der Mann Pu-rist, kreativ und sensibel. Er war lan-ge Jahre Leibkoch des Fürsten Johan-

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Gut Bürgerliches...

...im Pilsstüberl des Bischofshofs.

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Regensburg KULINARISCHE EXKURSION

nes von Thurn und Taxis. Der hat ihn, den ausgebildeten Koch und Witzig-mann-Gefährten, als Praktikanten zu den Größen der Nouvelle cuisine nach Frankreich geschickt, weil er zuhause im Schloss nicht minder schlecht be-kocht werden wollte als draußen in der Welt der Schicken und der Schönen.

Für seine feine Küche, die auf fran-zösischer Klassik basiert, sich neuen Tendenzen nicht verschließt, ohne aber modisch zu werden, hat sich Herbert Schmalhofer auf dem Top des Regens-burger Goliath-Hauses das Restaurant David eingerichtet.

Hier verwöhnt er — zusammen mit Küchenchef Markus Wagner — seine Gäste mit einer qualitativ anspruchsvol-len Küche, die keinen Moment abhebt, sondern fest auf dem Boden gekonnter Kulinarik verhaftet bleibt.

So wie hier im David, so könnte es gerne im Paradies sein: Ein Plätzchen in der Sonne, hoch oben und luftig und mit den Domspitzen von St. Peter den lieben Gott fest im Blick — vor sich ein wunderbar gefüllter Teller, der wie das Weinglas niemals leer wird. Das Da-vid verführt in Regensburg zu absolut himmlischen Gefühlen.

www.weingut-toeplitz.de

RESTAURANT BISCHOFSHOF

Krauterermarkt 3 93047 Regensburg

Tel. 033202 - 70 02 56

RESTAURANT DAVID

Watmarkt 593049 Regensburg Tel. 0941-56 18 58

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...im Pilsstüberl des Bischofshofs. ...im Restaurant David.

Fine Dining...

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KULINARISCHE EXKURSION Regensburger Kulinaria

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REGENSBURGERKULINARIA:

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Regensburger Kulinaria KULINARISCHE EXKURSION

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REGENSBURGER BIERBiertrinken ist eine Kunst. Von den

Regensburgern kann man sie lernen. Das fängt schon bei der Auswahl an: Lagerbier, hell oder dunkel, hell- bis braungoldenes Märzenbier, das eben-falls untergärige, stark gehopfte Pils, das Exportbier, die Starkbiere Bock

REGENSBURGER BRATWÜRSTETu´ klüglich deine Zeit bemessen,

dann reicht sie auch zum Bratwurstes-sen. So sagt man, dass die Regensbur-ger Bratwürschtl so fein sein müssen, dass sie durch ein Schlüsselloch (eins von früher) passen. In Regensburg steht auch die älteste Bratwurstbude der

REGENSBURGER SENFGehört zu den Würschtln wie das

Amen in den Dom: Händlmaier’s süßer Senf, der eine Regensburger Großtat ist. Früher wurde er in der Metzgerei in der Gesandtenstraße 17 im großen Topf ge-kocht, heute gibt es eine kleine Fabrik vor den Toren der Stadt. Die Rezeptur

SCHWARZER KIPFERLSie heißen nicht etwa so, weil sie

dunkel, sondern weil sie eine Schöp-fung vom Bäcker Schwarzer in der Obe-ren Bachgasse 7 sind. Knusprige Einzel-stücke, die aus Roggen und Weizen, mit Kümmel und anderen geheimen Gewür-zen gebacken werden. Die länglichen

REGENSBURGER WEINHier, an der nördlichsten Stelle der

Donau, trank man schon Wein, als die Germanen Hopfen noch für Unkraut hielten. Die Römer haben vor rund zweitausend Jahren den Weinstock mit-gebracht und ihre oenologische Kunst an die Ureinwohner weitergegeben.

Welt, ein Hutzelhäuschen am Ende der Steinernen Brücke, für deren Erbauer sie vor rund 850 Jahren Kantine war. Man ordert vier, sechs, acht, zwölf bis unendlich Stück, mal mit, mal ohne Kraut, aber immer mit Händlmaier’s Senf und Schwarzer Kipferl.

der scharfen Sache wird im Familienbe-trieb streng gehütet. Tipp der Senior-Chefin Christa Aumer: Händlmaier’s Senf ist erst nach zwei Monaten in der Verpackung richtig reif. Ist das Töpf-chen geöffnet, muss die Regensburger Kultwürze schnell verbraucht werden.

Backwerke mit der schrundig-krachigen Kruste schmücken jeden Brotkorb und sind so gar nichts für verzärtelte Weiß-brot- und Kuchenesser. Man verzehrt sie nicht nebenbei und nicht zwischen-durch, sondern immer mit einer gewis-sen Andacht.

und Doppelbock mit bis zu sechsein-halb Prozent Alkohol, das obergärige Weizenbier, diverse Festbiere. Die Liste ist nicht vollständig, selbst dann nicht, wenn man die Malz- und Nährbiere noch hinzufügt. Und immer heißt es: »Bier ist gesund, solang man’s net säuft«.

Heute werden an den nach Süden ge-neigten Jurahängen stillgelegte Rebflä-chen wieder aktiviert, und die Winzer keltern einen trinkbaren, trockenen Landwein, der nur deshalb keine QbA-Qualifizierung erhält, weil das Anbau-gebiet zu klein ist.

REGENSBURGER KNACKERWem’s Wurst ist, welche Wurst er

isst, der wird auch keinen Sinn haben für die Onomatopoesie der echten Re-gensburger Knacker. Da hört man rich-tig, wie die Haut unter dem Zustich der Gabel knackt, platzt, der Saft spritzt. Da sieht man richtig, was für lustig-lis-

tige kullerige Wurst-Originale da über den Teller walzen. Und wer sich durch so eine Wurst hindurch beißt, von Zipfel zu Zipfel, gleichsam vom Pol zum Äqua-tor und wieder zum Pol, der weiß, was sattes Behagen ist, was behagliches Sattsein.

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KULINARISCHE EXKURSION Österreich

KULINARISCHE ENTDECKUNGEN ZWISCHEN BREGENZ UND GRAZ / TEIL 1VON JÖRG TEUSCHER UND THORSTEN TONSKI

MADE IN AUSTRIA94 GARÇON

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Österreich KULINARISCHE EXKURSION

KULINARISCHE ENTDECKUNGEN ZWISCHEN BREGENZ UND GRAZ / TEIL 1VON JÖRG TEUSCHER UND THORSTEN TONSKI

MADE IN AUSTRIA Wer mit langer Brennweite auf die österreichische Landwirtschaft blickt, entdeckt viele Besonderheiten: die kleinen Bauernhöfe, die vielen Tiere auf Weiden und Almen, den schonen-den Umgang mit dem Boden.

Alte Rassen und Sorten werden nicht verbannt, sondern hofiert — sowohl durch den aufgeklärten Konsumenten, aber auch ganz offiziell.

Da gibt es beispielsweise die ge-schützte Marke „Genussland Öster-reich“. Sie trägt dazu bei, besondere Kulturlandschaften zu erhalten und zu stärken. 110 mal wurde das Prädikat bisher verliehen — an Regionen, die für eine nachhaltige Lebensmittelproduk-tion und für traditionelle Spezialitäten stehen. In zwei Folgen stellen wir Ihnen besondere Beispiele vor.

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KULINARISCHE EXKURSION Österreich

Schmales Gesicht, hohe Stirn, rand-lose Brille — auf den ersten Blick wirkt Richard Dietrich nicht wie ein Land-, sondern wie ein Geistesarbeiter. Doch wie es häufig mit solchen Klischees ist, auch dieses stimmt eben nicht.

„Sowohl als auch“, erwidert Diet-rich auf die Frage, ob er sein Geld mehr mit dem Kopf oder eher mit den Händen verdiene. Der 54-Jährige aus Lauterach, einem Ort im westlichen Vorarlberg nahe des Bodensees, ist promovierter Agrarwissenschaftler, en-gagierter Landwirt und Obstbauer, ver-sierter Autor und in allem ein Mann mit Grundsätzen.

Biodiversität, Arten-, Sorten- und Geschmacksvielfalt also, ist eins seiner Lieblingsthemen. Regionale bäuerli-che Vermarktungsstrukturen sind ein zweites. „Um nicht in einem globalen Einheitsbrei unterzugehen, ist es wich-tig, zerstörte Kreisläufe wieder aufzu-bauen, den kulinarischen Reichtum der Regionen zu stärken und deren Traditi-onen zu achten“, sagt er.

Zu den traditionellen Produkten sei-ner Heimat gehört der Riebelmais, ein weißer Hartmais, der seit etwa 350 Jahren im gesamten Rheintal angebaut und zu feinerem Riebel oder groberem Bramata vermahlen wird, um daraus eine Art Polenta kochen zu können.

Regionalbekannt: Der Dietrich-Hof mit Hofladen in Lauterach.

Wiederbelebt: Riebelmaisanbau im Rheintal.

Luftgetrocknet: Kolben des Riebelmaises.

Dr. Richard Dietrich.

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Österreich KULINARISCHE EXKURSION

www.dietrich-kostbarkeiten.at

Sowohl auf der Schweizer als auch auf der österreichischen Seite galt der Riebelmais als „Brot des Rheintals“ und war wichtiges Grundnahrungsmittel der bäuerlichen Bevölkerung.

Nach dem Zweiten Weltkrieg ver-drängten billige Weizenimporte und er-tragsstarke Hybridmaissorten aus den USA das Uralt-Getreide vom Markt.

Eine folgenreiche Entwicklung übri-gens, die genauso auch in Deutschland vonstatten ging. Im benachbarten Bay-ern beispielsweise wächst heute auf über 70 Prozent der landwirtschaftli-chen Nutzfläche Hybridmais, die neue

Monokultur zur Erzeugung von Biogas. Tendenz steigend.

Männer wie Richard Dietrich ist es zu verdanken, dass der Riebelmais heu-te wieder kultiviert wird und die ver-mahlenen Körner ihren angestammten Platz in den Küchen Österreichs und der Schweiz zurück eroberten.

Slow Food Austria nahm die alte Kul-tursorte in ihre Arche des Geschmacks auf; in der Schweiz steht sie im Register der AOC (Appellation d'origine contrô-lée)- oder IGP (Indication géographique protégée)-geschützten Produkte. Das ist nicht nur eine Verbeugung vor der

Tradition. Der Riebelmais hat auch ge-schmacklich und ernährungsphysiolo-gisch einiges zu bieten.

Das belegt zum Beispiel eine Unter-suchung der Schweizer Pädagogischen Hochschule St. Gallen, die vor allem den höheren Magnesium- und Kalium-gehalt im Vergleich zu herkömmlichen Maissorten hervorhebt und Polenta aus Riebelmaisgrieß besonders für die Sportlerernährung empfiehlt. Das bele-gen aber auch Spitzenköche der Regi-on, die den Wert des geschmacksstar-ken Riebelmaises erkannten und ihn auf ihre Speisekarten setzten.

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Genussregion: Wildschönauer Krautingerrübe.

Erntezeit: Urtiroler Gemüse.

Erntedank: Prozession in der Wildschönau.

Die Tiroler Wildschönau ist ein Hoch-tal in den Kitzbüheler Alpen, ein rauer Landstrich von herbem Reiz, eine See-lenlandschaft.

Sie erstreckt sich auf 24 Kilometern Länge über die vier Dörfer Niederau, Oberau, Auffach und Thierbach und ist im Rest Österreichs durch einen Rüben-schnaps bekannt, an dem sich die Geis-ter scheiden: der Krautinger.

Manche sagen, er würde nach mehr-fach getragenen Socken riechen. Andere behaupten, dass er auch so schmeckt. Peter Lechner gehört zu ei-ner dritten Gruppe, den Fans des hoch-prozentigen Destillates mit geschützter geografischer Angabe.

„Eine echte Kostbarkeit mit Charak-ter“, sagt Lechner, und man kann ihm nicht widersprechen. Der Pensionär aus Schwaz, einer Stadt auf halbem Weg zwischen Innsbruck und Kufstein, führte jahrzehntelang ein gut gehendes Feinkostgeschäft, verkaufte dort Jahr für Jahr ungezählte Flaschen Krautin-ger und verarbeitet auch heute noch dessen Ausgangsprodukt — die berühm-te Krautingerrübe.

Lechner macht daraus Rübenkraut, das sind eingelegte Rübenschnitzel, eine gefragte Delikatesse.

Allerdings kann er nur einen Bruch-teil dessen herstellen, was er verkau-

Peter Lechner.

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Österreich KULINARISCHE EXKURSION

www.amtirol.at

fen könnte, denn die Krautingerrübe ist in den letzten Jahrzehnten selten geworden und inzwischen vom Ausster-ben bedroht. Nur noch 14 Landwirte in der Wildschönau bauen die große weiße Stoppelrübe an, die hier „Soachbruam“ heißt — auf insgesamt fünf Hektar.

Die winzigen Samenkörner, die die Bauern selbst gewinnen, werden mit Sägespänen vermischt und per Hand im Frühjahr auf den vorbereiteten Äckern ausgesät. Im Spätherbst werden die zu-weilen tennisballgroßen Rüben geern-tet, ebenfalls „händisch“, wie man in Österreich sagt.

„Man kann die Rübe übrigens auch roh essen, nur mit ein bisschen Salz“, erklärt Peter Lechner, „sie schmeckt durch ihre typischen Glucosinolate be-sonders würzig und ist außerdem ziem-lich vitaminreich.“

Das ist wohl auch der Grund dafür, dass die Herbstfrucht einst in der Volksmedizin von großer Bedeutung war. Das Rübenkraut sollte das Im-munsystem stärken, der saure Saft des Krautes dem Magen guttun.

Äußerlich wird es in den Dörfern der Wildschönau noch heute angewendet, beispielsweise bei Gelenkentzündun-

gen. Kein Wunder, dass der regionalen Tiroler Gemüsespezialität mit der lan-gen Geschichte und dem besonderen Geschmack das Prädikat „Österreichi-sche Genussregion“ zuerkannt wurde.

Da ist Brassica rapa ssp. rapa — so ihre offizielle botanische Bezeichnung — übrigens in guter Gesellschaft.

Außer der Krautingerrübe tragen le-diglich der Alpbachtaler Heumilchkäse, die Oberinntaler Erdäpfel, das Osttiro-ler Berglamm, der Paznauner Almkäse, die Stanzer Zwetschke und vier weite-re landwirtschaftliche Produkte dieses begehrte Gütesiegel.

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KULINARISCHE EXKURSION Österreich

Burgegger Herrenschinken, Klagen-furter Blondschinken, Waldviertler Barriqueschinken, Weinviertler Ther-menschinken, Wiener Beinschinken, Werfener Schlossschinken — nirgendwo in Europa ist die Vielfalt der getrockne-ten oder geräucherten Fleischspeziali-tät größer als in Österreich.

Einige dieser Sorten verdienen nicht nur begrifflich, sondern auch geschmacklich die Bezeichnung Deli-katesse und können sich durchaus mit italienischem Parmaschinken, franzö-sischem Bayonne, kroatischem Prsut, spanischem Joselito und sogar mit den Super-Schinken Presunto de Barrancos und Casa de Porco Pret aus Portugal messen.

Die Nummer Eins im Schinkenland Österreich kommt aus dem Vulkanland, einer Region in der Südsteiermark und trägt auch dessen Namen — Vulcano. „Wir wollen zu den Besten der Welt ge-zählt werden“, heißt es selbstbewusst im Firmenprospekt.

Vier steirische Landwirte gründeten im Jahr 2000 dafür die Vulcano-Manu-faktur. Bereits ein Jahr später wurde ihr Schinken als bestes steirisches Le-bensmittel des Jahres ausgezeichnet, viele weitere Ehrungen folgten.

Grundlage des Erfolgs ist das Vul-cano-Schwein. Die Tiere der Edelrasse

Bekannt: Die Vulcano-Schinkenmanufaktur in Auersbach.

Glücklich: Die Schinken-Schweine.

Informativ: Die Schinken-Welt.

Die Gründer: Bettina und Franz Habel.

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Österreich KULINARISCHE EXKURSION

mit ihrer ausgewogenen Fettverteilung werden artgerecht gehalten und stress-frei geschlachtet.

Für die Schinkenherstellung wer-den die Keulen trocken gesalzen, eine hauseigene Mischung aus heimischen Gewürzen verleiht dem Fleisch dann eine dezente, aber geschmacklich be-sonders raffinierte Note.

Die Reifung erfolgt bei relativ hohen Temperaturen von 18 bis 20 Grad Celsi-us und über einen ausgesprochen lan-gen Zeitraum — das Premiumprodukt der Vulcano-Manufaktur beispielsweise reift 27 Monate.

Dafür haben die Produzenten auf über 1.000 Quadratmetern eine soge-nannte „Schinkenwelt“ geschaffen, in der Besucher erleben können, was es mit den Besonderheiten der Produkti-on des Vulcano-Schinkens auf sich hat. „Natürlich dient das Ganze auch dem Marketing“, so Bettina Habel, stellver-tretende Geschäftsführerin.

Auf jeden Fall nehmen alle, die den Weg zur „Schinkenwelt“ abseits der großen Straßen finden, als wichtigste Erkenntnis mit, dass guter Schinken kei-ne Massenproduktion sein kann, weil er eins braucht — Zeit.

www.vulcano.at

Peter Griebel, Küchendirektor im Berliner Estrel-Hotel und ein ausge-sprochener Kenner der europäischen Schinkenszene ist begeistert: „Der Vul-cano-Schinken steht für mich in einer Reihe mit dem Bayonner Schinken aus Frankreich sowie dem Parma- und dem San-Daniele-Schinken aus Italien, wobei das Vulcano-Produkt mit seinen vielen feinen Aromen geschmacklich eine Art Mischung aus allen ist.“

Übrigens: Die Herstellung des Vulca-no-Schinkens in der Feldbacher Manu-faktur ist eine öffentliche Angelegen-heit, transparent von Anfang bis Ende.

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KULINARISCHE EXKURSION Österreich

Steirisches Grubenkraut stammt von milchsäurevergorenen Weißkohlköpfen, deren Herstellung einer uralten Tradi-tion folgt, die allerdings nur noch von wenigen Bauern gepflegt wird.

Waltraud und Walter Froihofer gehö-ren nicht nur zu den Grubenkraut-Akti-visten in der Steiermark — die beiden Biobauern waren es auch, die diese archaische Konservierungsmethode vor dem Vergessen bewahrten.

Wer allerdings im Winter auf den Froihof in der Nähe des Dorfes Fisch-bach fährt, bekommt nicht viel davon zu sehen. Die Krautgruben sind ver-schneit, die Bäuerin grippekrank, ihr Mann Walter in Zeitnot.

Aber weil Steirer gastfreundliche Leute sind, gibt es dann doch noch eine Erklärung im Schnee und Kostproben in der Küche.

Waltraud und Walter Froihofer bau-en auf ihrem Bio-Hof, eigentlich einem klassischen Milchviehbetrieb, auch Weißkohl an. Sieben alte Sorten, denen die Schädlinge in Höhenlagen um die 1.000 Meter nicht viel anhaben können.

Aus dem Gros der Köpfe entsteht Grubenkraut. Froihofer beschreibt die Prozedur: „Die Köpfe werden rund fünf Minuten in einem Eisenkessel mit hei-ßem Quellwasser blanchiert und an der Luft getrocknet. Dieser Vorgang dient

Winterlich: Krautgrube im Tiefschnee.

Herbstlich: Kohlernte und Grubenbefüllung.

Speziell: Happeln aus der Grube.

Bio-Bauer Walter Froihofer.

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der Desinfektion, setzt aber auch die Fermentation in Gang. Dann werden die äußeren grünen Blätter entfernt, und die Kohlköpfe kommen in die Gru-be, ohne Salz, ohne Gewürze.“

Ganz wörtlich ist das Zitat nicht, denn Froihofer benutzt anstelle des Substantivs „Kohlkopf“ den Dialektbe-griff „Happel“, und die „Grube“ nennt er „Ohla“. Ihre Maße: gut vier Meter tief und 1,20 Meter im Durchmesser. Das Besondere: Sie ist mit Lärchenholz ausgekleidet. Etwa vier Tonnen Kohl passen in eine Grube, zwei davon ha-ben Waltraud und Walter Froihofer an-

gelegt. Nach der Kohlernte im Oktober werden sie gefüllt und abgedeckt, fünf bis sechs Monate später sind die Köpfe genussreif und werden ab Hof verkauft: geschnitten in Gläsern oder im Ganzen vakuumiert. Es ist ein aufwändiger Pro-zess, bis die Natur aus jungfräulichen Kohlköpfen gereiftes Grubenkraut ge-macht hat, und es ist Schwerstarbeit.

Kein Wunder, dass in unserer Zeit der Tempo-Technologien und Billig-Me-thoden in der Lebensmittelherstellung so etwas wie das Grubenkraut kaum eine Chance hat, es sei denn, es gibt Produzenten wie die Froihofers, denen

www.froihof.at

Österreich KULINARISCHE EXKURSION

die Tradition noch etwas wert ist und Konsumenten, die das anerkennen. Geschmacklich jedenfalls ist das Fisch-bacher Grubenkraut mit seiner feinen, milden Säure, einer leichten, erdigen Note und der knackigen Konsistenz schon frisch etwas Besonderes, verar-beitet wird es zum Hochgenuss.

„Natürlich hilft es uns, wenn Hau-benköche unser Grubenkraut auf ihre Speisekarten setzen, wenn Händler, denen gute Lebensmittel am Herzen liegen, es in ihr Angebot aufnehmen oder wenn Slow Food International es mit der Anerkennung als Presidio ehrt.

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RUBRIKEN Fuhrmanns Früchtekorb

Wenn in Berlin oder Brandenburg ein weißer 7,5-Tonnen-Kühltranspor-ter mit dem Zeichen der Kirsche ein Hotel, ein Krankenhaus, eine Kantine

oder ein Restaurant ansteuert, heißt es dort schlicht: Fuhrmann kommt.

Dieter Fuhrmann, Chef des gleich-namigen Fruchtgroßhandels und der

Grand Old Man seines Berufsstandes in Berlin, gehört zu den kenntnis-reichsten Männern seiner Branche.

Lieber klein, dafür fein — mit die-sem Motto startete er 1977 auf einem Charlottenburger Hinterhof ins Obst- und Gemüsegeschäft. 1980 Umzug auf den Fruchthof an der Beusselstra-ße, 1996 Eintritt seines Sohnes Mar-cus als Juniorchef in die Firma, 2007 Übernahme einer neuen Kühlhalle. Inzwischen beschäftigen die Fuhr-männer 28 Mitarbeiter, die mit 18 Kühltransportern rund 500 Produkte ausliefern, pünktlich, zuverlässig und in hoher Qualität.

Für Garcon stellen die Großhänd-ler Dieter und Marcus Fuhrmann im Wechsel ihre Früchte vor.

Heute: Die Morchel

Firmenchef Dieter Fuhrmann.

FUHRMANNS FRÜCHTEKORBDAS AROMENWUNDERVON DIETER FUHRMANN

Jeden Morgen, wenn ich in unserer Kühlhalle die Ware begutachte, bin ich begeistert: Es gibt doch nichts besseres als knackiges, frisches, junges Gemüse! Deshalb sind für mich Zeitmangel und

Küchenstress auch keine Argumente, jetzt, im Frühjahr und Frühsommer, allemal nach diesem langen Winter, zu Dosengemüse zu greifen — weder zu Hause noch im Restaurant.

Mein Lieblingsgericht in dieser Jah-reszeit ist eigentlich ein Mischgemü-se aus Blumenkohl, Erbsen, Karotten, Kohlrabi und Spargel, allerdings schon ein besonderes.

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Fuhrmanns Früchtekorb RUBRIKEN

Leipziger Allerlei.

Sein Name: Leipziger Allerlei, ein be-rühmter Klassiker der deutschen Küche. Das Originalrezept wurde zum ersten Mal 1892 im „Allgemeinen deutschen Kochbuch für alle Stände“ von Sophie Wilhelmine Schreiber veröffentlicht. Fünf Jahre später tauchte es auch in Henriette Davidis „Praktischem Koch-buch für die gewöhnliche und feinere Küche“ auf. In beiden Fällen empfehlen die damals berühmten Koch-Damen, die Vorfahrinnen von Sarah Wiener sozusa-gen, neben dem Gemüse Flusskrebse und Speisemorcheln als unbedingte Zu-taten, womit wir bei unserem heutigen Thema wären, der Morchel also.

Für mich kommt der Pilz mit seinem wabenartigen Hut und seiner aromati-schen Würze noch vor dem Trüffel, der inzwischen leider langsam inflationär und häufig auch noch mit grausigem Trüffelöl verstärkt wird.

Da lobe ich mir beispielsweise Kalbs-schnitzel mit Morchelsauce, Kalbsbries mit Morcheln oder eben Leipziger Aller-lei. Das sind Gerichte, die ich den neu-modischen, oft mit künstlichen Aromen gepimpten sogenannten „Geschmacks-explosionen“ allemal vorziehe.

Die übrigens sehr vitaminreichen Morcheln wachsen in Laub- oder Au-wäldern, besonders in der Nähe von

Eschen, auf Waldwiesen und an Fluss-ufern, wenn es dort kalkhaltige und humusreiche Böden gibt. Meines Wis-sens existieren 12 verschiedene Mor-

chelarten, die sich äußerlich zwar stark ähneln, geschmacklich aber durchaus verschieden sind.

Unter den Speisemorcheln (Morchel-la esculenta) am meisten verbreitet, ist die Spitzmorchel (Morchella elata), frisch ein ganz und gar saisonales Pro-dukt, das etwa von Mitte April bis Ende Juni verfügbar ist.

Deutsche Speisemorcheln allerdings — sie werden übrigens auch „Gold des Waldes“ genannt — sind heute so selten wie die Blaue Mauritius und stehen au-ßerdem unter Naturschutz. Das ist auch der Grund dafür, dass man hierzulande überwiegend Importware aus der Tür-kei, Bulgarien, und Serbien, aber auch aus Kanada findet.

Achtung übrigens — woher auch im-mer die kulinarischen Kostbarkeiten stammen — roh sind Morcheln unge-nießbar und sollten deshalb für den Verzehr mindestens einige Minuten ge-gart werden.

www.dieter-fuhrmann.de

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Rund 120 Wochenmärkte gibt es in Berlin, und die meisten erfreuen sich wachsender Beliebtheit.

Bestes Beispiel ist der Freitags- und Samstagsmarkt in der Kreuzberger Markthalle IX. An über 30 Marktständen werden regionale Produkte angeboten, typische Nahrungsmittel aus der Ucker-mark, dem Spreewald, aber auch aus der unmittelbaren Umgebung — Kräu-ter und Pflanzen etwa aus den Prinzes-sinnengärten am Moritzplatz. Klatsch wird getauscht, Geschichten werden erzählt, Ereignisse gefeiert.

Es gibt Märkte, die riesig groß sind wie die am Maybachufer oder auf dem Winterfeldtplatz, mit hunderten Besu-chern und lärmendem Stimmengewirr.

Doch auch abseits der bekannten Plätze bekommt man Eier von glückli-chen Hühnern und Gemüse, das ohne Pestizide gewachsen ist — zum Beispiel auf dem Arkonaplatz in Prenzlauer Berg oder dem Wilmersdorfer Hohenzollern-platz.

Alle diese Märkte funktionieren als soziale Orte, an denen Menschen ihre Beziehungen auf die Probe stellen und als ästhetische Räume, in denen visuel-le, akustische und olfaktorische Reize in ihrer Vielfalt und Intensität erfahrbar werden. Die Kunden schätzen Nähe, Frische und kompetente Beratung.

Den größten Zuspruch haben deshalb Händler, die gleichzeitig Produzenten sind. Das gilt für Rüdiger Kebe und sei-

ne Feinkostprodukte auf dem Kollwitz-platz ebenso wie für Axel Szilleweit und seine seltenen Gemüsesorten auf dem Chamissoplatz in Kreuzberg.

Dazu gehören auch die Gärtnerinnen aus Blumberg, die zum Beispiel echte Brunnenkresse und Portulak anbieten oder die Bauern der Hofgemeinschaft Marienhöhe aus Bad Saarow, zwischen deren frischer Butter und den Super-markt-Sorten geschmackliche Welten liegen.

Unter der Rubrik „Marktnischen“ stellt Garcon regelmäßig kleine Händ-ler aus Berlin und Brandenburg vor, deren Wochenmarkt-Offerten es durch-aus wert sind, auch mal quer durch die Stadt zu fahren.

MARKTNISCHENENTDECKUNGEN ZWISCHEN KOLLWITZPLATZ UND MAYBACHUFERVON PETRA LEONHARDT UND HANS-JÜRGEN BERGS

Marktnischen RUBRIKEN

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Wochenmarkt-Stand

samstags:

Karl-August-Platz,

Berlin-Charlottenburg

8.00 - 14.00 Uhr

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res umwerfenden Lächelns und des au-ßergewöhnlichen Angebots umlagert, vor allem ist es wohl das Wissen um die Ware, das die Kunden anzieht.

Ob Austern-, Kastanien- oder Rosen-saitling, Pom-Pom, Shiitake oder Sta-chelbart, ob Aufbewahrung oder Ver-arbeitung, Christine Bergmann berät ausdauernd, freundlich und sachkun-dig. Und weil das nicht gerade alltäglich ist in Berlin, gebührt ihr also auch die Krone der Pilzkönigin.

Im „normalen“ Leben ist die gebür-tige Marburgerin ausgebildete Heil-praktikerin. Mit Kollegen teilt sie sich eine Praxis in Prenzlauer B e r g , u n d

neben ihrem Beruf und dem Pilzver-kauf studiert sie in London noch Psy-chologie — „prozessorientierte Psycho-logie“, sagt sie. Eine Frau mit Verve und mit Zielen. Hut ab!

Auf die Pilze kam sie zufällig, durch einen früheren Verkäuferinnenjob bei der Extertaler Biopilzzucht im nieder-sächsischen Extertal, einem Ort zwi-schen Hannover und Bielefeld.

Sie fand Interesse an Pleurotus ostre-atus und Co., mietete schließlich den Wochenmarktstand auf dem Karl-Au-gust-Platz — der Rest siehe oben.

Neuerdings verkauft sie auch Pilz-bürsten und Pilzmesser. Und in der vorigen Woche bot Christine Bergmann zum ersten Mal italienische Sommer-

trüffel an. Die gingen weg wie war-me Semmeln. Nun hat sie

Mut auf mehr.

„Den Titel Dr. myk. hätte sie ver-dient, auf jeden Fall ehrenhalber“, sagt ein älterer Herr und fügt mit Blick auf die Umstehenden hinzu, „myk. für My-kologie, Pilzkunde.“

Wir sind im gutbürgerlichen Charlot-tenburg, der Samstagsmarkt auf dem Karl-August-Platz gehört, was die Le-bensmittelofferten betrifft, zum Bes-ten, was Berlin zu bieten hat.

Seit fünf Jahren verkauft Christine Bergmann hier Zucht- und Waldpilze, derzeit natürlich mehr Zuchtpilze.

Über den angetragenen Titel lächelt sie nur, die 33-Jährige hat längst einen, der noch mehr hermacht.

Auf ihrer Visitenkarte steht unter dem Namen als Berufsbezeichnung schlicht „Königin“. Sicher, das dient dazu, Aufmerksamkeit zu erregen, aber

es ist auch viel Wahres dran. Der Stand ist nicht nur wegen ih-

PILZSPEZIALITÄTENMIT KOMPETENZ

CHRISTINE BERGMANN AUF DEM KARL-AUGUST-MARKT:

RUBRIKEN Marktnischen

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Normalerweise sind Convenience-produkte nicht unser Ding, gleich, ob es sich dabei um Tiefkühlpizzen, Tü-tensuppen oder andere Fix-und-Fertig-Angelegenheiten handelt.

Im Fall der Backmischungen, die Sil-vie Assig jeden Samstag auf dem Wo-chenmarkt am Boxhagener Platz anbie-tet, wollen wir jedoch großzügig eine Ausnahme machen — erstens, weil die 33-Jährige ihre Angebote mit so viel

Charme offeriert; zweitens, weil sie gänzlich auf künstliche Farb- und Aro-mastoffe verzichtet und drittens, weil ihre kulinarischen Kreationen interes-sante Berliner Geschichten erzählen.

Eine davon geht beispielsweise so: Am Potsdamer Platz stand Berlins ers-te Verkehrsampel, 1924 nach einem Entwurf des Architekten Jean Krämer errichtet. Mit Hilfe von Lichtsignalen sollte der rasant wachsende Automo-

Wochenmarkt-Standsamstags:Boxhagener Platz,Berlin-Friedrichshain9.00 - 15.30 Uhr

www.backflasch.de

bil- und Straßenbahnverkehr geregelt werden. Eine für damalige Verhältnis-se zwar revolutionäre Sache, die sich aber nicht bewährte — der Turm blieb dennoch stehen, als erhöhter Beobach-tungsplatz für einen Schutzmann.

Erzählungen darüber und Erklärun-gen dazu sind keine Hürden für Silvie Assig, schließlich ist die 33-Jährige di-plomierte Kulturwissenschaftlerin mit Hang zum Historischen — und natürlich zur Plätzchenbäckerei.

Die Backmischung „Potsdamer Platz“ für leckere Haferkekse enthält dann auch Cranberries, Kürbiskerne und Äpfel — Ingredienzen, die für die Ampelfarben rot-gelb-grün stehen. Nur noch mischen, Butter und ein Ei dazu, ab in den Ofen und ruck, zuck sind die Kreativplätzchen fertig. Sieben solcher Mixe mit Geschichte gibt es derzeit.

Nicht nur am Boxi, sondern beispiels-weise auch in Dussmanns Kulturkauf-haus.

BACKMISCHUNGEN MIT GESCHICHTE

SYLVIE ASSIG AUF DEM WOCHENMARKT AM BOXHAGENER PLATZ:

Marktnischen RUBRIKEN

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GARCON-QUIZEin bisschen Asiatisch gab es in der

deutschen Hauptstadt schon früher. In einem Reiseführer aus dem Jahr 1927 zum Beispiel heißt es:

Wir wollen wissen, wann in Berlin das erste Thai-Restaurant eröffnet wurde?

Chinesisch, japanisch, koreanisch, thailändisch oder vientnamesisch essen in Berlin — kein Problem, wenn man von der Qual der Wahl absieht.

A 1952

B 1964

C 1976

Ihre Antwort bitte an:

Bildart Media Verlag GmbH Redaktion GARÇONMarzahner Promenade 2612679 BerlinE-Mail: [email protected]

Die Gewinne, ein De-luxe-Grillpaket von Gourmet Connection und zwei Kochbücher, werden unter den Teil-nehmern verlost, die die Frage richtig beantwortet haben. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Einsendeschluss ist der 15. Juli 2013. Die Gewinne werden von der Redak-tion per Post zugesandt.

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Weil...

...der erste Eindruck zählt!

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