visavis economy 05/2011 - risiken im blick

40
Sicherheit RISIKEN IM BLICK Wie Unternehmer Ruhe bewahren und Übersicht gewinnen S W u Forschung: Neugeschäft mit Sicherheit Spezialisten sind gefragt Interim Management Experten auf Zeit können in Projekten genauso helfen wie in der Krise. E-Commerce: Von Multi Channel zu No-Line Altersvorsorge: Sicherheit vor Rendite Logistik: Intelligente Lösungen Geldanlage: Mikrofinanzierung www.visavis.de · Ausgabe 5/2011 Eine Sonderveröffentlichung der VISAVIS Verlagsgesellschaft mbH im Handelsblatt ECONOMY

Upload: visavis-verlags-gmbh

Post on 19-Mar-2016

219 views

Category:

Documents


0 download

DESCRIPTION

Wie Unternehmer Ruhe bewahren und Übersicht gewinnen. Safety und Security: Quer durch alle Branchen sorgt die Sicherheitsforschung für Neugeschäft.

TRANSCRIPT

Page 1: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

Sicherheit

RISIKENIM BLICKWie Unternehmer Ruhe bewahren

und Übersicht gewinnen

S

W

u

Forschung: Neugeschäft mit Sicherheit

Spezialisten sind gefragtInterim Management

Experten auf Zeit können in Projekten genauso helfen wie in der Krise.

E-Commerce: Von Multi Channel zu No-Line

Altersvorsorge: Sicherheit vor Rendite

Logistik: Intelligente Lösungen

Geldanlage: Mikrofi nanzierung

www.visavis.de · Ausgabe 5/2011

Ein

e S

on

de

rve

röff

en

tlic

hu

ng

de

r V

ISA

VIS

Ve

rla

gsg

ese

llsc

ha

ft m

bH

im

Ha

nd

els

bla

tt

ECONOMY

Page 2: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

Erst seit 2007 betreibt die Bundesregie-rung ein Sicherheitsforschungspro-gramm. Erstaunlich, denn Sicherheit zählt unbestritten zu den wichtigsten

Themen für Wirtschaft und Gesellschaft. Grund genug für unseren Autor Dr. Ralf Magagnoli, das spannende Feld der Sicherheitsforschung zu beleuchten und aufzuzeigen, wie daraus neue Ge schäftsgrundlagen entstehen.Viele Unternehmen haben bereits lange vor der Initiierung des Forschungsprogramms ein eige-nes Risikomanagement etabliert, bei anderen steckt die Entwicklung noch in den Kinderschu-hen. Frank Romeike gibt in der Titelreportage prak tische Tipps nach dem Motto „Vorbeugen ist besser als heilen“. Unter Berücksichtigung verschiedenster Bereiche, wie z.B. IT, Finanzen, Versicherungen und mehr, zeigt er, was zu ei-nem ganz heitlichen Risikomanagement gehört. Hier bei können auch Interim Manager gefragt sein: Die externen Spezialisten wissen Rat in Krisen, leisten aber ebenso wertvolle Hilfe im

Projektge schäft. Mehr über die Vorteile kleiner und flexibler Beraterteams lesen Sie in der Re-portage von Reinhard R. Oldenburg.E-Commerce ist aus der Unternehmensland schaft nicht mehr wegzudenken. Offline- und Online-Handel sind dabei, sich zu einer untrennbaren Einheit zu verbinden. No-Line-Commerce, eine komplette Verschmelzung des Einkaufserlebnis-ses, heißt das neue Zauberwort: Dem Kunden steht jederzeit jeder Service zur Verfügung. Do-minik Grollmann führt uns durch die neuen Ein-kaufswelten und erläutert die aktuellen Trends. Die Auswahl sicherer Bezahlsysteme gehört da-zu. Auch die Logistikbranche sieht sich steigen-den Sicherheitsanforderungen gegenüber. In der Reportage von Armin Hille geht es da her um in-novative Forschungsansätze, um den Transport von Waren noch sicherer zu machen.Den Finanzteil dieser Ausgabe widmen wir mit zwei Reportagen von Udo Rettberg der ethischen Geldanlage sowie der noch jungen Thematik der Mittelstandsanleihen. Ihre Redaktion

InhaltMagazin 3

Wegweisende Konzepte und Handlungsstrategien bestim-men den Inhalt des Sicher heits-forschungs pro gramms der Bun-desregierung.

Logistik 4

Flexibiliät, Nachhaltigkeit und Sicherheit: Drei Bausteine für er-folgreiche Logistikunternehmen.

Sicherheitsforschung 7

Safety and Security: Diese Be-rei che sind in der Sicherheitsfor-schung un trennbar miteinander verbun den.

Titelthema 11

Prävention hilft: Mit intelligen-tem Risikomanagement kön-

nen Unternehmen Risiken früh-zeitig minimieren und im Ernst-fall schnell und sicher reagieren.

Rohstoffmanagement 12

Absicherungsmechanismen er-leichtern die Kalkulation und entlasten die Kostenseite.

Interim Management 23

Externes Expertenwissen kann gerade bei KMU in stürmischen Zeiten Ruhe und Planungssi-cherheit schaffen.

Altersvorsorge 27

Die Riester-Rente als Gewin-ner der Finanzkrise?

Nachhaltige Investments 28

Reale und wahre Werte, dazu Sicherheit und Nachhaltigkeit im Investmentbereich.

Anleihen 40

Die Emission von Anleihen: Der Mittelstand entdeckt eine Form, sich Fremdkapital zu beschaffen.

E-Commerce 40

Verändertes Konsumverhalten: Kunden möchten zu jeder Zeit jedes Produkt erwerben kön-nen. Der Weg zu digitalen Ein-kaufswelten führt über M-Chan-nel und No-Line-Commerce.

IMPRESSUM Ver lag: VISAVIS Ver lags GmbH; Marie-Cu rie-Str. 11-13, 53332 Bornheim; Tel.: 02227/ 9212 - 0, Fax: 02227/ 9212 - 10, Va nity:

07000 / visavis, E-Mail: [email protected], www.visavis.de; Chef re dak tion: Wolf gang Hasel bau er; Ge schäfts füh rer:

Wolfgang Ha sel bau er (Vors.), Bernhard Haselbauer; Themen- und Projektleitung: Cornelia Hornschild, Oliver Hammel, Jochen Vennemann,

Andreas Schnittker, Dorothea Reinecke; Layout: Andreas Schnittker; Bildmaterial: istockphoto.com, sxc.hu, Quellenhinweis, Verbreitete

Auf la ge: 106.000 Exemplare. Teilbelegung im Handelsblatt mit 103.000 Exem plaren; ISSN: 0942-8615; Kon zep tion und Mar k e ting: new public

communication Verwaltungsges. UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG; www.newpub lic.org

WISSENSCHAFT Quer durch alle Branchen sorgt die Sicherheitsforschung für Neugeschäft.

Von Safety und Security

VERANTWORTUNGEnde des Raubbaus:

Anleger investie -ren verstärkt in

ethische Projekte.

2

EDITORIAL

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 3: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

Insgesamt 252 Millionen Euro hat das Bun-desministerium für Bildung und Forschung (BMBF) für das seit 2007 von der Bundesregierung auf-gelegte Sicherheitsforschungsprogramm bislang bereitgestellt. In enger Abstimmung mit dem euro päischen Sicherheitsforschungsprogramm dienen auch die nationalen Projekte beispiels-weise der Erforschung innovativer Lösungen zum Schutz der Bürger, der Infrastruktur und der Versorgungssicherheit. Auch die Europäi-sche Union wid met der zivilen Sicherheit erst-mals in ih rem siebten Rahmenprogramm einen eigenen Themenbereich. Seit 2007 und noch bis zum Jahr 2013 stellt die EU dem Themenbe-reich „Sicherheit“ 1,4 Milliarden Euro von ins-gesamt 50 Milliarden Euro an Forschungsgel-dern zur Verfügung. In Anbetracht der Relevanz dieses Forschungsgebietes erscheint der Anteil an den För dergeldern jedoch sehr gering.

Neben der Entwicklung technischer Lösun-gen geht es auch um die Erarbeitung wegwei-sender Konzepte und Handlungsstrategien. Die Sicherheitsforschung dient der frühzeitigen Fest-stellung potenzieller Gefahren der zivilen Sicher-

heit. Mit Hilfe der Forschungsergebnisse soll die-sen Gefahren entgegengewirkt werden. Dabei ste-hen national und europaweit nicht nur die orga-nisierte Kriminalität oder der internationale Ter-rorismus im Fokus der Forschungstätigkeiten, son dern auch der Infrastrukturschutz und die Re-duzierung der Schäden durch Naturkatastrophen.

Auf nationaler Ebene legt die Bundesregie-rung großen Wert auf die Vernetzung der For-schungseinrichtungen mit den Unternehmen. Um innovative Lösungen zu realisieren, be darf es engagierter Unternehmen. In dem angeglieder-ten Programm „KMU-innovativ“ erhalten beson-ders klei ne und mittlere Unternehmen zusätz-liche För derung, da sie der wesentliche Antrieb sind, dass die Forschungsprojekte aus den Insti-tuten zeitnah in die Praxis umgesetzt werden. Neben dem erforderlichen Sachverstand verfü-gen gerade diese Unternehmen über die not-wendige Kundennähe, um auf der einen Seite zu beurteilen, welche Projekte zu verwirklichen sind, und um auf der anderen Seite abzuschät-zen, welche Entwicklungen das Potenzial ha-ben, sich auf dem Markt zu etablieren.

Die Unternehmensnachfolge stellt für viele Firmenchefs ei-ne nicht zu unterschätzende Anforderung dar. Aufgrund der Bedeutsamkeit des Themas hat die VISAVIS-Chefredaktion an der Seminarreihe „Planung und Gestaltung der Unterneh-mensnachfolge – Praxisorien-tierte Gestaltungslösungen“ in Hamburg teilgenommen. Da-bei haben wir festgestellt, dass eines der häufigsten Versäum-

nisse ein fehlerhaftes oder un-vollständiges Unternehmer-testament ist. „Ein individuell auf den Betrieb zugeschnitte-ner Gesellschaftsvertrag hilft, das Vermögen für Schenkun-gen und Erbfälle zu struktu-rieren und vor finanziellen Verlusten zu schützen“, so Dieter Haase, Fachanwalt für Steuerrecht, vereidigter Buch-prüfer und Rechtsanwalt. Seit mehr als 30 Jahren hat sich

Haase auf die Frage der Un-ternehmensnachfolge speziali-siert und hält dazu seine jähr-lich stattfindende Vortragsrei-he bei den Baden-Badener Se-minaren für Unternehmer (BBSU). Hier werden die rele-vanten Vorkehrungen erläu-tert, die erforderlich sind, um sich gegen die Zerschlagung von Unternehmens- und Pri-vatvermögen abzusichern. In-fos unter: www.bbsu.de

Nachfolge | Frühzeitige Regelungen schützen

Sicherheitsforschung

22./23.03.2012(Do. + Fr.)

Hamburg

29./30.03.2012(Do. + Fr.)

Sylt

20./21.04.2012(Fr. + Sa.)

Baden-Baden

10./11.05.2012(Do. + Fr.)

Dresden

SEMINARTERMINE

3

MAGAZIN

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 4: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

D ie Logistikbranche ist weiterhin im Aufwind. So erwartet die Bundes-vereinigung für Logistik BVL in

diesem Jahr einen Umsatz von rund 220 Milliarden Euro und eine Beschäftigten-zahl von etwa 2,8 Millionen Mitarbeitern. Im kommenden Jahr sei ein weiteres, wenn auch gedämpftes Wachstum sehr wahr-scheinlich. Ein Umsatz zwischen 220 und 230 Milliarden Euro sowie eine weitere Zu- nahme der Beschäftigten um rund 50.000 Mitarbeiter seien realistisch.

Wie der Vorsitzende des Vorstands der BVL, Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner, auf dem diesjährigen Logistikkongress weiter ausführte, werde es jedoch für Logistikun-ternehmen schwieriger, offene Stellen ad-äquat zu besetzen. 73 Prozent der von der BVL befragten Unternehmen erwarten künftig durch den Fachkräftemangel be-dingte Einbußen. Arbeitnehmer mit prak-tischer Berufsausbildung würden deshalb ebenso umworben wie Akademiker. 26 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, nicht genügend Fahrer und Zusteller zu finden. Gesucht sind darüber hinaus In-genieure, IT-Experten und Betriebswirte mit Schwerpunkt Supply Chain Manage-ment ebenso wie Mitarbeiter in den klassi-schen Funktionen Vertrieb und Distributi-on. Allerdings erforderten neue Herausfor-derungen wie steigende Sicherheitsanfor-derungen ein hohes Qualifikationsniveau der Mitarbeiter. Nur so könnten Unterneh-men die Individualisierung von Produkten und Dienstleistungen, unternehmensüber-greifende Kooperationen und die insge-samt steigende Komplexität von Prozessen bewältigen und dabei zugleich wirtschaft-lich erfolgreich sein. Zu beachten seien be-sonders in einer Art „Magischem Dreieck“ die Wechselwirkungen zwischen Flexibili-tät, Sicherheit und Nachhaltigkeit.

Außer den Unternehmen leisten auch Forschungseinrichtungen hierzu einen wichtigen Beitrag. Das Magdeburger Fraunhofer IFF beispielsweise entwickelt neue Anwendungen und technische Lö-sungen, um Transporte in den weltweiten Warenketten transparenter, sicherer und effizienter zu gestalten. Dabei setzen die Forscher unter anderem auf die Kombina-tion verschiedener Technologien bei der Ortung, das heißt indoor und outdoor, au-tomatische Identifikation und Kommuni-kation der Transportinformationen. Eine Schlüsseltechnologie für die automatische

SCHLÜSSELTECHNOLOGIE Die Logistikbranche boomt, doch ein Ausruhen auf bisherigen Erfolgen wäre fatal.

„Magisches Dreieck“

Unter dem Motto „flexibel, sicher, nachhal-tig“ kamen rund 3.400 Teilnehmer zum 28. Deutschen Logistik-Kongress in Berlin zu-sammen, um aktuelle Entwicklungen zu dis-kutieren und sich über Herausforderungen und innovative Lösungen auszutauschen.

Der Vorsitzende des Vorstands der Bundes-vereinigung Logistik (BVL), Prof. Raimund Klinkner, sagte in seiner Eröffnungsrede: „Neben Fakten spielen derzeit Emotionen eine große Rolle.“ Auffällig sei, dass die Er-wartungen der deutschen Wirtschaft für die nächsten zwölf Monate insbesondere bei In-dustrie und Handel schon seit einem Jahr verhaltener angegeben werden – ohne dass sich die Lage im Zeitablauf verschlechtere. Klinkner bezog sich dabei auf den quartals-weise von der BVL veröffentlichten Logistik-Indikator. „Die Logistik in Deutschland er-freute sich ein knappes Jahr lang einer be-sonders positiven Konjunktur“, fuhr der Vor-sitzende fort. „Diese ist nicht gebrochen, aber sie erfordert jetzt besonders sensibles Agieren. Der Umsatz des Wirtschaftsbe-reichs Logistik dürfte sich 2011 bei 220 Milli-arden Euro bewegen. Damit wird 2011 das bisherige Rekordjahr 2008 übertreffen, als der Umsatz bei 218 Milliarden Euro lag. Die Beschäftigtenzahl dürfte bei rund 2,8 Millio-nen liegen.“ Weitere Infos: www.bvl.de

Wachstum | Logistikbranche übertrifft allgemeine Prognosen

2011 wird ein Umsatz-Rekordjahr

AUSBLICK Prof. Raimund Klinkner, Vor-standsvorsitzender der BVL, eröffnete den 28. Deutschen Logistik-Kongress in Berlin.

Bild

: B

VL/

Ka

i Bu

blit

z

4

UNTERNEHMEN LOGISTIK

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 5: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

Identifikation von Waren in Lieferketten ist ferner die Radio Frequency Identifica-tion (RFID). Für solche Anwendungen wer-den in Magdeburg zahlreiche Applikatio-nen entwickelt und getestet. Als Kernbe-standteil von Infrastrukturen zur kontinu-ierlichen Überwachung von Gütern und Waren entlang der Supply Chain wurde das Verfahren der Modenverwirbelungs-kammer (MVK) entwickelt. Flexibel lässt es sich in verschiedenen Ausprägungen in Form von Transportmitteln (intelligenter

Ladungsträger) oder Gate-Lösungen (in-telligente Infrastruktur) anwenden. Wer-den zum Beispiel Wechselbehälter für den kleinvolumigen Wirtschaftsverkehr im In-nenstadtbereich mit dieser Technologie ausgestattet, verfügen sie über eine spezi-fische sensorische Intelligenz.

Beim Thema Nachhaltigkeit spielt das satellitengestützte Mautsystem von Toll Collect eine wichtige Rolle. So bewirkt die schadstoffabhängige Gebühr für Lkw ab zwölf Tonnen, dass Transport- und Logis-

tikunternehmen mehr in Fahrzeuge mit moderner Abgastechnik investieren. Das System selbst ist technologisch nachhaltig, da es flexibel und erweiterbar ist, ohne da-bei natürliche Ressourcen anzugreifen. Nicht zuletzt sichert die streckenbezogene Ab rech nung der Maut dem Staat Einnah-men, mit denen die Verkehrsinfrastruktur erhalten und ausgebaut werden kann.

Que

lle: D

irk M

ahle

r / F

raun

hofe

r IFF

Die Erhebung der Maut für Lkw ab zwölf Ton-nen ist in verschiedener Hinsicht nachhaltig: Die streckenbezogene Abrechnung der Maut sichert dem Staatshaushalt Einnahmen, mit de nen die Verkehrsinfrastruktur erhalten und ausgebaut werden kann. Vom Start der Maut-erhebung im Jahr 2005 bis Ende August 2011 hat Toll Collect weit mehr als 24 Milliarden Eu-ro an den Bundeshaushalt überwiesen. Dabei optimierte das Unternehmen kontinuierlich den Betrieb des Mautsystems und reduzierte die Kosten bezogen auf die Einnahmen auf aktuell 12,5 Prozent. Gleichzeitig lag die Ge-samterfassungsquote im automatischen Ver-fahren, mit der die Qualität der Prozesskette von der technischen Erhebung bis zur korrek-ten Abrechnung der Maut gemessen wird, bei 99,9 Prozent.Die Abhängigkeit der Gebühr von der Schad-stoffklasse beeinflusst die Investitionsent-scheidungen der Transport- und Logistikun-ternehmen, die vermehrt Fahrzeuge mit mo-

derner Abgastechnik kaufen. So lag der Anteil der gefahrenen Kilometer mautpflichtiger Lkw in der Schadstoffklasse S 5 im August 2011 bei über 70 Prozent (Januar 2005: 0,2 Prozent). Dagegen sank im gleichen Zeitraum beispiels-weise der Anteil der Schadstoffklasse S 3 von 62,9 Prozent (Januar 2005) auf 18,5 Prozent.Nicht zuletzt ist das satellitengestützte Maut-system der Firma Toll Collect selbst nachhal-tig, da es flexibel und erweiterbar ist, ohne dabei natürliche Ressourcen anzugreifen. Die technologische Nachhaltigkeit stellt das Unter-nehmen mit dem neuen Mautdienst TOLL2GO unter Beweis, den es gemeinsamen mit der ASFINAG, dem österreichischen Mautbetrei-ber, entwickelte und der am 1. September 2011 startete. Mit TOLL2GO ist es gelungen, einen system- und länderübergreifenden Mautdienst zwischen einem auf Mikrowellentechnologie basierenden und einem satelliten gestützten Mautsystem anzubieten. TOLL2GO ermöglicht Lkw ab zwölf Tonnen Gesamtgewicht die

Maut sowohl in Deutschland als auch in Österreich über das Toll Collect Fahrzeugge-rät zu entrichten. www.toll-collect.de

Mobilität erhalten und Umwelt schonen

Autobahnen | Mautpflicht bietet Gewähr für Nachhaltigkeit

INNOVATIV Dank eines neuen länderüber-greifenden Mautdienstes für Deutschland und Österreich kann die große Anzahl von Maut-geräten in den Fahrzeugen reduziert werden.

Armin Hille

MITDENKENDas Fraunhofer IFF hat den Prototyp des intelligenten Luftfrachtcontainers im Galileo-Testfeld Sachsen-Anhalt entwickelt. Die Container sollen dafür sorgen, dass die Ware noch schneller beim Empfänger eintrifft.

5

UNTERNEHMEN LOGISTIK

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 6: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

Zur dauerhaften und rechtskonformen Gestaltung einer sicheren Arbeitswelt hat sich die modulare Lösung Osima mittler-weile in vielen Branchen bewährt. Mithilfe der Software kann eine Risikobeurteilung ge mäß der Maschinenrichtlinie 2006/42/EG und der DIN EN ISO 12100:2010 „Risi-kobeurteilung und Risikominderung“ ei-genständig durch fachkundige Anwender durchgeführt werden. Das Tool unterstützt in erster Linie Entwicklungs- und Kon-struktionsverantwortliche, Projektleiter, Geschäftsführer, Maschinenimporteure und Händler, Vertriebsverantwortliche, techni-sche Redakteure und CE-Beauftragte bei der Erstellung und Pflege einer Ge fähr-dungsbe urteilung.

Das Modul Risikobeurteilung ermöglicht eine schnelle, einfache und umfassende Umsetzung der EG-Maschinenrichtlinie mit dem Ziel, Gefahren für Leib und Leben ab-zuwenden und dem Anwender Rechtssi-cherheit zu verschaffen. Mit Hilfe eines elektronischen Guides werden Risiken je nach Produktlebensphase in einer Daten-bank dokumentiert. Nach Abschluss der Beurteilungen erfolgt ein automatisches Einspielen von Normenänderungen in das jeweilige System sowie deren Zuordnung zu der individuell erstellten Struktur. Der Nutzer erhält zusätzlich per E-Mail Infor-mationen zu relevanten Änderungen.

Eine systematische, datenbankgestützte Beurteilung der Risiken dient als Grundla-ge für die Ableitung zielgerichteter Maß-nahmen, um die Maschine oder Anlage si-cher zu gestalten. Die Anwendung des Soft-

waretools erfolgt in vier Schritten. Zunächst wird mit den verschiedenen Fachabteilun-gen die spezifische Fragestellung gemäß der jeweils relevanten Normen geklärt, um da-nach individuell je nach Maschinentyp und Anlagen die Struktur in dem Modul Risiko-beurteilung anzulegen. Diese dient der Fest-stellung der zu beurteilenden Risiken. Die eigentliche Risikobeurteilung beginnt mit der Identifizierung der individuellen Risi-ken. Hierbei wird das jeweilige Risiko der Lebensphase der Maschine oder Anlage zu-geordnet. Anhand des zu vor ausgewählten Risikografen (z.B. nach Nohl, Performance Level oder Safety Integrity Level) legt der Anwender das bestehende Risiko fest und bewertet dieses.

Je nach Risikoeinschätzung und Bewer-tung schlägt der Beurteiler Maßnahmen vor, um den Risiken zu begegnen. Abhän-gig vom Gefährdungsgrad kann es sich um technische oder auch um organisatorische Anweisungen handeln. Mit Hilfe des itera-tiven Prozesses gemäß DIN EN ISO 12100: 2010 unterstützt das Softwaretool Osima den Anwender dabei, die richtige Maßnah-me zu finden. Damit hat er die Möglichkeit, das verbleibende Restrisiko einzuschätzen und dieses auf das gewünschte beziehungs-weise erforderliche Maß zu minimieren. Für bestimmte Bauteile können Prüfzyklen festgelegt werden.

Nach Durchlaufen der Risikobeurteilung legt der Verantwortliche im Maßnahmen-manager fest, welche vorgeschlagenen An-weisungen umgesetzt werden. Hierbei hat er die Möglichkeit, seine Entscheidung zu

dokumentieren, um diese jederzeit revisi-onssicher nachvollziehen zu können. Soll-ten zur Entscheidungsfindung noch weite-re Maßnahmen notwendig sein, kann der Verantwortliche dies mit Hilfe der Termin-vorlagefunktion auf Wiedervorlage setzen. Der Entscheidungsträger hat ebenso wie der Beurteiler die Möglichkeit, Berechnun-gen, Zeichnungen, Bilder oder Kommenta-re als Attachment anzuhängen.

Risiken und Gefährdungen werden de-tailliert dokumentiert und hinsichtlich ih-res Risikos, der Schadenschwere, Aufent-haltsdauer im Gefahrenbereich, Gefahren-abwehr und Eintrittswahrscheinlichkeit be-wertet. Dazu sind verschiedene Gefähr-dungs- und Belastungskataloge in Osima integriert. Zur nachhaltigen Wirksamkeit der Risikobeurteilung werden einmal erfass-te Gefährdungen mit einem automatischen Normen-Monitoring verknüpft, um auch in Zukunft hinsichtlich relevanter Änderun-gen informiert und jederzeit up to date zu sein, was zu einer deutlichen Zeitersparnis und zu einer Kostensenkung führt.

Bei der sicheren Bewertung von Risiken und Gefährdungen können Rückschlüsse auf Wechselwirkungen mit anderen Ar-beitsmitteln, der Arbeitsumgebung und Ar-beitsstoffen überprüft werden. Mit der mo-dularen Gesamtlösung Osima erfüllen die Nut zer sämtliche Anforderungen des Ge-setzgebers für die Durchführung der Risi-kobeurteilung und gewinnen einen signifi-kanten Beitrag zur Rechtssicherheit für ihr Unternehmen. Weitere Informationen un-ter: www.osima.de

EFFIZIENZ Risikobeurteilung beginnt mit der Identifizierung und endet im Optimalfall mit der Vermeidung abzuschätzender Risiken. Die richtige Software hilft, Gefahren rechtssicher einzuschätzen.

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt

6

TITELTHEMA SICHERHEITSFORSCHUNG

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 7: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

D rei Experten, vier Meinungen“ lau-tet eine ironische Sottise. Und in der Tat, es kommt relativ selten vor,

dass Experten einer Meinung sind. In der Sicherheits forschung aber sind sie es: Safe-ty und Security gehören zusammen, die Trennung voneinander muss aufgehoben werden. Safety – darunter versteht man den Schutz vor den Gefahren, die von einem System ausgehen. Zum Beispiel der Schutz vor Atomreaktorkatastrophen. Security hin-gegen bedeutet den Schutz des Systems vor Bedrohungen von außen – so beispielswei-se Schutz vor terroristischen Angriffen, or-ganisierter Kriminalität oder Hackern. In den USA ist Sicherheitsforschung im großen Stil nach „Nine-Eleven“ ins Leben gerufen wor-den – sie versucht vor allem, Antworten auf mögliche externe Bedrohungen zu finden und steht somit im Zeichen der Security. In Deutschland ist Sicher heits for schung ein relativ neues Thema, ein Forschungspro-

gramm seitens der Bundesregierung exis-tiert erst seit 2007; zeitgleich wurde ein eu-ropäisches Programm ins Leben ge rufen.

Prof. Dr. Klaus Thoma vom Fraun hofer-Institut in Freiburg ergänzt: „Parallel dazu haben einige Länder, wie Frankreich, Öster-reich und die Niederlande, auch noch ein eigenes Programm initiiert.“ Ressortüber-greifend, in Abstimmung mit allen Bundes-ministerien, sollen Lösungen zum Schutz des Bürgers vor organisierter Kriminalität, Terrorismus, aber auch vor den Folgen von Naturkatastrophen und Großunfällen ent-wickelt werden. An dem Programm, in dem seit 2007 vom Bundesministerium für Bil-dung und Forschung Fördermittel in der Höhe von 252 Millionen Euro bewilligt wur-den, beteiligen sich Wissenschaftler unter-schiedlicher Fachrichtungen aus Technik, Natur-, Human- und Sozialwissenschaften. „Sicherheitsforschung ist ein Querschnitts-thema“, so Professor Thoma. Prof. Dr. Ecke-

hard Schnieder von der TU Braunschweig zur „großen Spannbreite des Themas Si-cherheit“: „Sicherheit umfasst so unter-schiedliche Aspekte wie Verkehr, Energie, Gesundheit, Informationstechnik, Recht.“ Es gehe um den Schutz von Verkehrsinfra-strukturen ebenso wie um den Schutz der Privatsphäre des Bürgers und die Datensi-cherheit, um die Abwehr terroristischer An-griffe auf Versorgungszentren und auch um die Minimierung des Einflusses des Klima-wandels. Schnieder ist Sprecher des 2008 gegründeten Themennetzwerks Sicherheit bei acatech, der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften. Das Netzwerk will eine „Brücke zwischen Safety und Security“ bilden. Ein weiteres Ziel ist der Informati-onsaustausch zwischen Politik, Wissen-schaft, Wirtschaft und Gesellschaft.

BOOMENDE SICHERHEITSBRANCHEFür die Wirtschaft wird Sicherheitsfor-schung ein immer bedeutenderes Thema, da sich Unternehmen auch gegen Gefahren und Risiken wappnen und ihre Schutzmaß-nahmen bewerten lassen müssen. „Die Ver-antwortlichen in den Unternehmen müssen sich Fragen stellen lassen“, erklärt Professor Thoma. „Fragen wie: Wie widerstandsfähig, wie resistent seid ihr? Was geschieht, wenn es zu einer Störung kommt? Was habt ihr getan, um euch abzusichern?“ Kein Wunder, dass der Sicherheitsmarkt auch in Deutsch-land boomt. Nach Angaben von Wolfgang Waschulewski, Präsident des Bundesver-bandes der Sicherheitswirtschaft, beträgt der jährliche Gesamtumsatz der Sicher-heitstechnik und -dienstleistungen allein in Deutschland rund 10 Milliarden Euro, Ten-denz weiter steigend. „Das Bundes wirt-schaftsministerium beziffert in einer Studie von 2008 das Marktpotenzial von Sicher-heitstechnologien und -dienstleistungen auf rund 20 Milliarden Euro“, sagt Waschu-lewski. Dazu zähle das Ministerium auch

SCHUTZMASSNAHMEN Die junge Sicherheitsforschung in Deutschland bringt nicht nur neue Er kennt-nisse zum Umgang mit Risiken. Sie ist auch der Nährboden für die Entstehung neuer Geschäftsmodelle.

Vielfältiger Forschungsbedarf

7

TITELTHEMA SICHERHEITSFORSCHUNG

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 8: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

Sicherheit von technischen Systemen der Informations- und Kommunikationstech-nologie, die nicht zum Sicherheitsmarkt im engeren Sinne zählten. „Von dem Gesamt-volumen werden von deutschen Unterneh-men knapp 14 Milliarden Euro erwirtschaf-tet.“ Bis zum Jahr 2015 prognostiziert die Studie ein Umsatzwachstum von mehr als 50 Prozent auf 31 Milliarden Euro. Die Stun-de für viele Beratungsunternehmen, aber auch für Einzelkämpfer, die sich zum Teil auf einzelne Marktsegmente spezialisiert haben – „Schutz von Gebäuden und Veran-staltungen, Brand- und Einbruchschutz“.

Von dem Sicherheitsboom profitieren zudem Bewertungsgesellschaften, Zertifi-zierer und Rating-Agenturen, aber auch immer mehr Start-Ups und Spin-Offs, Aus-lagerungen aus Universitäten und For-schungseinrichtungen. Dazu zählt etwa ei-ne Ausgründung der TU Braunschweig, die das europäische Satellitennavigations sys -tem Galileo für Sicherheitszwecke nutzt. „Ga lileo ist ja das einzige System, das eine legale, auf europäischem Recht beruhende Grund lage hat“, sagt Professor Eckehard Schnieder. „Die Dienste, wie beispielsweise ‚safety of life‘ können dann rechtssicher ge-nutzt werden.“ Das Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik in Freiburg entwickelt derzeit ein Konzept für sichere Wolkenkrat-zer, die auch gegen Flugzeugeinstürze ge-feit sind. Es handelt sich nach Worten von Professor Thoma um ein „durchkonstruier-tes Konzept“: „Wir suchen nach jemandem, der es zahlt und bereit ist, es zu bauen.“ Auch rund um die IT-Sicherheit tummeln sich Anbieter verschiedenster Bereiche; schließ lich hängt der Schutz von Infrastruk-turen maßgeblich von der IT-Sicherheit ab. Aber auch Aspekte wie das Cloud-Compu-ting eröffnen Anbietern Chancen. Denn der Schutz von Dokumenten und Daten muss auch in den „Wolken“ gewährleistet sein. Die entsprechende Technik liefert ein Un-

Im Gespräch: Peter Weger, CEO der Brainloop AG, erläutert Sicherheitsanforderungen bei der mobilen Verwendung vertraulicher Daten.

Herr Weger, Dienste aus der Cloud verän-dern unsere Arbeitswelt. Wie positionieren Sie Ihre Lösung in diesem Umfeld?Bereits seit 2003 bieten wir unseren Kunden einen web-basierten Zugriff auf unterneh-menskritische Dokumente. Dies ist äußerst komfortabel und ermöglicht ein sehr flexib-les Arbeiten.Zu Ihren Kunden zählen Führungskräfte und Vorstände, die auf Reisen streng vertrauli-che Unterlagen bearbeiten. Wie schützen Sie diese vor unerlaubtem Zugriff?Wir setzen auf verschlüsselte Dokumente, sowohl während der Übertragung als auch

bei der Ablage, sowie den Zugriff durch Mehrfachauthentifizierung. Unsere Anwen-der greifen über Passwort und SMS-TAN auf die Ordner zu. Alle Aktivitäten werden auto-matisch protokolliert und sind damit später nachvollziehbar.Wie tragen Sie dem Trend der zunehmen-den Verwendung mobiler Endgeräte durch Ihre Kunden Rechnung?Selbstverständlich bieten wir die Möglich-keit, unter Verwendung von Mobile Devices auf die hochsichere Arbeitsumgebung und die darin befindlichen, vertraulichen Infor-mationen zuzugreifen. So beantworten wir mit der Brainloop Mobile App den Bedarf nach einem sicheren Zugriff auf Dokumente über diese smarten Endgeräte.Wie kann man mittels iPad auf vertrauliche Unterlagen zugreifen?Je nach Zugriffsrechten können unsere Kun-den mit der Brainloop Mobile App Dokumen-te auf dem iPad hochsicher speichern und offline lesen. Ebenfalls können sie diese hochsicher versenden. Die gewohnten Ord-nerstrukturen stehen unterwegs zur Verfü-gung und ermöglichen das einfache Auffin-den der Unterlagen. Innerhalb der App wer-den Dokumente zuverlässig geschützt und verschlüsselt abgelegt.Welchen Nutzen sehen Sie in dieser Weiter-entwicklung?Sitzungen und Geschäftstermine können während der Reise vorbereitet werden. Das spart Zeit und erlaubt Kollegen unterwegs produktives Arbeiten, ohne auf Sicherheit verzichten zu müssen. Weitere Informatio-nen unter: www.brainloop.com

Verschlüsselung | Vertrauliche Dokumente revisionssicher weiterleiten

Sicherheit für unterwegs

ZEITERSPARNIS Peter Weger: „Dank Ver schlüsselung und Mehrfach au then ti fi-zie rung auch unterwegs sicher mit ver-traulichen Daten arbeiten.“

„ “Ein Sicherheitsforschungsprogramm der

Bundesregierung existiert erst seit dem Jahr 2007.

– Prof. Dr. Klaus Thoma

Fraunhofer-Institut Freiburg

8

TITELTHEMA SICHERHEITSFORSCHUNG

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 9: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

ternehmen namens MovingImage24, das mit einer redundanten Videospeicherung ei-ne hohe Ausfallsicherung gewährleistet. Für die Verschlüsselung der Daten sorgt die SSL-Technologie; das Einsehen unbefugter Dritter wird über eine geschützte IP-Range-Funk tion sowie über das Verfahren des „Se-cure Streaming“ verhindert. „Das Speich ern und Verwalten von Daten in der Wolke ist ebenso sicher wie andere Anwendungen“, so Dr. Rainer Zugehör, Gründer und Ge-schäftsführer von MovingImage24. Zu-

gleich soll das sichere Abrufen von Daten in der Cloud garantiert sein. Die entspre-chende Technologie hat ein Unternehmen namens Brainloop AG entwickelt, das be-reits seit 2006 einen webbasierten Zugriff auf unternehmenskritische Dokumente an-bietet. Peter Weger, CEO der Brainloop AG: „Wir setzen auf verschlüsselte Dokumente, sowohl während der Übertragung als auch bei der Ablage, sowie den Zugriff durch Mehrfachauthentifizierung.“ Ein automati-sches Protokoll sorgt dafür, dass alle Akti-

vitäten später nachvollziehbar sind. Nicht nur die Daten, sondern auch die Mitarbeiter sollen sich im Notfall lokalisieren lassen. Das gilt vor allem für Geschäftsreisende in Krisengebieten. Dr. Mathias Warns, Ge-schäfts führer des Systemanbieters HRG Germany, empfiehlt für das Notfallmanage-ment einen „ganzheitlichen Ansatz mit kla-ren Verantwortlichkeiten“. Einige der auf dem Markt befindlichen Lokalisierungs-tools funktionierten gerade in Notfällen nicht oder seien unzuverlässig. Mithilfe so-

Das Themennetzwerk „Sicherheit“ hat erste Diskussionsergebnisse zu sam-men gefasst. Die Autoren gehen über-einstimmend davon aus, dass die Tren-nung von „Security“ und „Safety“ über-wunden und bei der Entwicklung neuer Technologien beide Aspekte be rück-sichtigt werden müssen. Mit dem Werk „Sicherheitsforschung – Chancen und

Perspektiven“ regen die Mitglieder zu einer gemeinsa men Lokalisie rung der Aufgaben an, um sodann Empfehlungen für die Ver bes serung von Sicherheits-konzepten entwickeln zu können. Das von Petra Winzer, Eckehard Schnieder und Friedrich-Wilhelm Bach herausgege-bene Buch ist im Sprin ger-Verlag (ISBN: 978-3-642-04980-4) erschienen.

Hintergrund

Angehörige, Kollegen und Vorgesetzte von Geschäftsreisenden, die in Krisengebieten unterwegs sind, suchen verständlicherweise im Fall der Fälle sofort Kontakt. „Mit moder-nen Technologien wie Smartphones und GPS-Tracking ist das eigentlich kein Pro-blem“, sagt Dr. Mathias Warns, Geschäfts-führer von HRG Germany. Ein funktionieren-des Notfallmanagement muss allerdings zahlreiche technische und rechtliche Anfor-derungen erfüllen. Unternehmen, die aus-schließlich auf Insellösungen setzen, etwa die Verfolgung von Buchungsdaten oder die Anweisung an den Mitarbeiter, jeweils seinen genauen Standort mitzuteilen, sind schlecht beraten, wenn beispielsweise Kommunikati-onskanäle ausfallen. Mathias Warns empfiehlt bei der Sys temwahl einen ganzheitlichen Ansatz mit klaren Verant wortlichkeiten, Maßnahmenkatalogen und Handlungsanweisungen sowie einer Rund-um-die-Uhr-Erreichbarkeit.

Mit den von HRG entwickelten Systemen lässt sich auf Basis der Buchungsdaten des Mitarbeiters überwachen, wo im Reiseverlauf kritische Regionen sind. Ein webbasiertes System lokalisiert den Reisenden vollauto-matisch auf Knopfdruck in Echtzeit. Über hin-terlegte Mobilfunknummern kann – sofern das Mobilfunknetz funktioniert – Kontakt aufgenommen werden. Das Notfallsystem sollte ebenfalls sogenannte Travel Alerts ent-halten, die eine Entscheidungsgrundlage bieten, ob eine Rückkehr oder Reiseplanän-derungen erfolgen müssen. Reporting-Funk-tionalitäten bieten einen umfassenden Über-blick zum jeweiligen Szenario – vor, während und nach der Reise. Sogenannte Location Based Services helfen dabei, in einer Gefah-rensituation handlungsfähig zu sein. Dabei erhält der Reisende eine Mitteilung, die sei-ne Umbuchungsdaten enthält. Mit Routing-Software werden Strecke und Zeitdauer von der aktuellen Position zum Flughafen be-

rechnet und wenn nötig die Buchung aktuali-siert. Weitere Informationen unter: www.hrgworldwide.com/de

„Plan B“ immer griffbereit

Notfallmanagement | Bestmögliche Sicherheit durch genaue Lokalisierung

HANDLUNGSFÄHIG „Ein ganzheitlicher Ansatz bei der Auswahl eines Notfallsystems erhöht den Schutz der Mitarbeiter“, so Mathias Warns.

9

TITELTHEMA SICHERHEITSFORSCHUNG

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 10: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

genannter Location Based Services ist es möglich, die unterschiedlichen Anwendun-gen miteinander zu verknüpfen und einen Geschäftsreisenden per Knopfdruck ausfin-dig zu machen.

Neben der IT-Sicherheit wird auch Ar-beitsschutz ein zunehmend wichtiges The-ma. Sowohl die Zahl der Unfälle insgesamt als auch die Zahl tödlicher Unfälle ist seit 1991 deutlich gesunken – auf ungefähr die Hälfte. Im Bereich Arbeitsschutz scheinen die ergriffenen Maßnahmen und Lösungen zu wirken. Lösungen wie etwa die Sicher-heitslösung Osima des Softwareherstellers ESG GmbH, die eine Risikobeurteilung in Unternehmen vornimmt. Das System er-laubt dem Anwender, das Risiko einzu-schätzen; außerdem schlägt es Maßnahmen vor, um Risiken zu begegnen. Integrierte

Gefährdungskataloge dokumentieren Risi-ko, Schadensschwere, Gefahrenabwehr und Eintrittswahrscheinlichkeit. Nicht nur die Beschäftigten, sondern auch die Anlagen selbst müssen geschützt werden. Neben Fi-nanz- und Produktionsunternehmen auch immer mehr Einrichtungen der Freizeit-branche. Zum Beispiel das Casino Witten, das mit einer Videomanagement software namens digivod das 2.000 Quadratmeter große Areal mitsamt seinen 72 Geldspielau-tomaten schützt. Es handelt sich bei digi-vod um eine skalierbare Anwendung, die Videodaten in hoher Bildqualität übermit-telt. Die besonderen Vorteile der Anwen-dung: Die integrierte Echtzeit-Bildanalyse und datenbankgestützte Ereignisidentifizie-rung. Das Personal hat von der Theke aus alles im Blick, und die Geschäftsführer kön-

nen von unterwegs aus über iPhone und iPad live das Casino beobachten, wie Casi-no-Chef Arthur Czuta berichtet.

KASKADENEFFEKTE VERMEIDENKeine Frage, im Zeitalter von Terrorismus, Staatenzerfall und Eurokrise wächst das Be-dürfnis nach Schutz und Sicherheit. Dabei besteht ein Unterschied zwischen der tatsäch-lichen und der gefühlten Sicherheit. „Only bad news are good news“ – nicht zuletzt die Presseberichterstattung führt dazu, dass die „gefühlte Unsicherheit“ wächst. Prof. Klaus Thoma spricht von einer notwendigen Ba-lance: „Einerseits müssen wir darüber reden, andererseits sollten wir auch nicht zu viel darüber reden.“ Oftmals würde unnötig Pa-nik geschürt, so der Wissenschaftler. Bei-spielsweise, wenn es um Verunreinigungen im Trinkwasser gehe. „Wir machen die Ba-lance in vielen Sicherheitsprojekten“, so Tho-ma. Auch an den Börsen regiert die Unsi-cherheit. Die radikalen Auf- und Abschwün-ge der Kurse von Aktien, Währungen oder Rohstoffen verdeutlichen das. Kreditinstitu-te wie die Deutsche Bank haben darauf re-agiert und bieten eine gewisse Sicherheit ge-gen die Schwankungen der Rohstoffpreise.

Eines ist klar: Sicherheitsforschung wird in den unterschiedlichen Bereichen des „Quer schnitts“ ein Thema von wachsender Bedeutung sein. Notwendig ist eine Sicher-heitskultur, die den Schutz vor Gefahren von Systemen mit dem Schutz vor Bedrohungen der Systeme verbindet. Gefordert sind diszi-plin- und ressort übergreifendes Denken so-wie die Zusammenarbeit der Sicherheitsfor-scher in Europa und den USA. Dabei wird im Zeitalter zunehmender Vernetzung da rauf zu achten sein, wie sich Kas ka den ef fek te verhindern lassen – zum Beispiel im Fi nanz-bereich oder in der Energieversorgung.

Dr. Ralf Magagnoli

Nicht nur Fabrikanlagen müssen überwacht werden. Auch bei Casinos und Glücksspiel-betrieben, in denen eine Menge Bargeld ge-lagert wird und gleichzeitig die Gefahr der Manipulation von Spiel automaten besteht, ist ein wachsames Auge angebracht. Die IP Vi-deomanagement-Software von digivod, die u.a. im Casino Witten zum Einsatz kommt, bietet Sicherheit. Diese innovative Software ist ein skalierbares System, das eine effizi-ente Übermittlung von Videodaten in hoher Bildqua lität mit unmittelbarer Kompression der Bilddaten in das MPEG4/H 264-Format direkt in der Kamera ermöglicht. Mit einer integrierten Echtzeit-Bildanalyse und da ten-bankgestützter Ereignisindizierung eignet sich das System auch für Großbetriebe mit

beson deren Anforderungen. Das Archiv mit umfangreichen Selektions mög lichkeiten ga-rantiert eine punktgenaue Überwachung. Die Daten welche rund um die Uhr gespei-chert werden, können im Ernstfall von der Polizei digital ausgewertet werden. Weitere Informationen unter: www.digivod.de

Videoüberwachung Effiziente Datenübermittlung in hoher Qualität

Das Spiel-Geschehen im Blick

SICHERHEITSKULTURProf. Eckehard Schnieder, TU

Braunschweig (re.): „Der Schutz eines Systems vor einwirkenden

und von ihm ausgehenden Gefahren gehört zusammen.“

Prof. Klaus Thoma, Fraunhofer- Institut Freiburg: „Unternehmen

müssen sich fragen lassen, wie sie sich gegen Gefahren absichern.“

10

TITELTHEMA SICHERHEITSFORSCHUNG

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 11: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

FRÜHWARNSYSTEM Gutes Risikomanagement heißt Prävention vor Reaktion. Wer Risiken frühzeitig vermeidet, ist auch für den Ernstfall besser gerüstet.

Vorbeugen ist besser als heilen

U nruhige Zeiten, hektische Zeiten. Im Zuge der Finanzkrise mit schwä-chelnden Banken und taumelnden

Staaten suchen Politik und Wirtschaft ver-zweifelt nach Wegen aus der Krise. Be-schlüsse werden getroffen und wieder ver-worfen, Abstimmungen angekündigt und wieder abgesagt. Professionelles Krisenma-nagement oder gar präventives Risikoma-nagement sieht anders aus. Wenig erträglich das Bild der großen Akteure im Kampf ge-gen Schulden und drohende Staatspleiten. Viele der aktuellen Krisen sind hausge-macht, weil sie vermeidbar gewesen wären. Das ist die Meinung nicht weniger Experten, die seit langer Zeit eine bessere Strategie im Umgang mit potenziellen Risiken fordern. Einen sicheren und zugleich professionellen Umgang mit dem Faktor Risiko verspricht ein durchgängiges und präventiv ausgerich-tetes Risikomanagement.

Für Ralf Kimpel, stellvertretender Vor-stand der Risk Management Association e. V. (RMA), bietet ein modernes Risikomanage-mentsystem professionelle Werkzeuge, um in komplexen Geschäftsfeldern mit hoch in-tegrierten Geschäftsprozessen Optimierungs-potenzial zu identifizieren. „Als Beispiele lassen sich Szenario-Modelle, Wahrschein-lichkeitsrechnungen oder Ursache-Wir-kungs-Modelle nennen. Auf diese Instru-mente und das damit verbundene Know-how in Risikomanagementabteilungen zu verzichten, ist geradezu leichtsinnig. Denn Unterneh men mit intelligenten Risikoma-nagementsystemen sind ganz eindeutig im Wettbewerbsvorteil“, erklärt Kimpel. Mithil-fe dieser Methoden zu Risikoanalysen kön-nen Gefahrenpotenziale bereits im Vorfeld identifiziert und sowohl Schadensausmaß als auch Eintrittswahrscheinlichkeit deutlich reduziert werden. Eine Grundvo raussetzung ist dabei immer die frühzeitige Etablierung eines unternehmensweiten Prozesses zum ganzheitlichen Risikomanagement.

GESETZESHÜRDEN MEISTERNAufgrund der verschärften Gesetzeslage – unter anderem durch das Reformpaket des Basler Ausschusses der Bank für Internatio-nalen Zahlungsausgleich (BIZ) mit dem Kürzel Basel III, das Gesetz zur Modernisie-rung des Bilanzrechts (BilMoG) oder die „Mindestanforderungen an das Risikoma-nagement für Banken“ (MaRisk BA) sowie das Pendant für Versicherungen (MaRisk VA) – sind Unternehmen aller Branchen und Größenklassen gezwungen, sich mit der ak-tiven Steuerung ihrer Planabweichungen stärker zu befassen. Wichtig gerade für das Management, das beispielsweise durch das BilMoG eine besondere Verantwortung in puncto regelmäßiger Überwachungspflich-ten trägt. Im Klartext: Es reicht nicht aus, Sicherheitsstrukturen im Auftrag der Ge-schäftsführung in der eigenen Organisation nur zu etablieren. Vielmehr ist die Überwa-chung der Prozesse und der Wirksamkeit der jeweiligen Strukturen durch die Chefeta-ge ein Muss – für große Unternehmen und den Mittelstand gleichermaßen. Kurzum: Die Verantwortung für Risikomanagement ist Chefaufgabe und nicht delegierbar.

Dabei ist klar: Völlig unabhängig von den regulatorischen Veränderungen zählt das präventive Management von Chancen und Risiken schon immer zu den originären Leitungsaufgaben eines Vorstands bzw. Ge-schäftsführers. Insbesondere die „Business Judgement Rule“ regelt im deutschen Ge-sellschaftsrecht als Teil der Organhaftung, nach welchen Verstößen der Vorstand oder Aufsichtsrat für begangene schuldhafte Pflichtverletzungen persönlich haftet und den entstandenen Schaden ersetzen muss. So muss der Vorstand beispielsweise nach-weisen, dass er seine Entscheidung auf der Grundlage angemessener Information ge-troffen hat. Hierzu gehört insbesondere, dass die zukünftigen Chancen und Risiken bewertet und abgewogen werden. Bei aller

11

TITELTHEMA RISIKOMANAGEMENT

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 12: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

Der Einkauf von Rohstoffen ist in den vergangenen Jahren schwieriger geworden. Bei vielen Materialien sind nicht nur die Preise so hoch wie nie zuvor, sie sind zudem auch heftigen Vo-latilitäten ausgesetzt. Die Gründe hierfür sind sehr unterschied-lich: Die Weltkonjunktur und mit ihr die Nachfrage nach Roh-stoffen schwankt in immer kürzeren Abständen immer stärker. Zudem haben große Schwellenländer, allen voran China und In-dien, einen enormen Bedarf.

Das Jahr 2011 zeigt, wie stark Rohstoffpreise schwanken kön-nen. Allein die Preise für Kupfer, Nickel, Zink und Zinn beweg-ten sich zwischen 30 bis 40 Prozent, bei Silber liegt die Schwan-kungsbreite sogar bei 50 Prozent. Eine verlässliche Kalkulation ist dadurch nicht möglich. Höhere Einkaufspreise lassen sich häufig nur verzögert oder gar nicht an Kunden weiterreichen, sondern schlagen sich im Ergebnis nieder. Um in einem derart volatilen Markt bestehen zu können, sind intelligente und fle-xible Absicherungssysteme gefordert. Kluge Strategien sowohl auf technologischer als auch auf kaufmännischer bzw. finanz-technischer Seite können dabei zu deutlichen Entlastungen auf der Kos tenseite führen.

Mitentscheidend für die Kalkulation ist nicht nur der Preis des Rohstoffs selbst, sondern auch, wie effizient er eingesetzt wird. „Welche Materialien brauche ich überhaupt?“, lautet daher eine der zentralen Fragen. Muss es wirklich der teure Edelstahl sein oder kann vielleicht ein deutlich preiswerterer Kunststoff die gleichen Anforderungen erfüllen?

Kann nicht sogar durch innovative Werkstoffe in Kombinati-on mit neuen Konstruktionen ganz auf den Einsatz bestimmter Rohstoffe verzichtet werden? In der Einkaufspolitik des Unter-nehmens können unterschiedliche Instrumente dazu beitragen, die schwankenden Rohstoffkosten zu glätten und damit die Pla-nungssicherheit zu verbessern. Ein solches Instrument ist zum Beispiel der Abschluss langfristiger Lieferverträge, mit denen das Risiko von Preissteigerungen an den Lieferanten weitergegeben wird. Darüber hinaus sollte die Abhängigkeit von einzelnen Lie-feranten vermieden und stattdessen das Zuliefernetzwerk ausge-baut werden.

Eine zentrale Rolle in der Rohstoff-Gesamtstrategie spielen fi-nanztechnische Absicherungsmechanismen. Ähnlich wie Devi-senkurse oder Zinsen lässt sich nahezu jeder Rohstoff vor Preis-schwankungen absichern. Hierzu gibt es je nach Zielsetzung un-terschiedliche Instrumente. Um sich zu einem definierten Zeit-punkt einen festen Einkaufspreis zu sichern, eignet sich ein so genanntes Termingeschäft. Liegt der Marktpreis eines Rohstoffs beispielsweise in sechs Monaten über dem vereinbarten Fixpreis,

bekommt das Unternehmen die Preisdifferenz erstattet. Im um-gekehrten Fall zahlt das Unternehmen die Differenz. In jedem Fall verschafft es sich dadurch eine sichere Kalkulationsbasis. Derar-tige Sicherungsgeschäfte stehen nicht nur Großunternehmen zur Verfügung, bei der Deutschen Bank können auch Mittelständler kleinere Einkaufsvolumen von 200.000 Euro pro Jahr und Roh-stoff vor Preisschwankungen schützen. Trotzdem wird dieses An-gebot vom Mittelstand noch zu wenig angenommen. Stattdessen nehmen viele Unternehmen das Risiko volatiler und steigender Rohstoffpreise mit all seinen Konsequenzen stillschweigend in Kauf. Umfragen haben gezeigt, dass noch nicht einmal jedes fünfte Unternehmen Rohstoffrisiken professionell absichert oder intern die dafür richtige Expertise besitzt. Preisanstiege und star-ke Ausschläge werden uns vermutlich auch in der Zukunft be-gleiten und die Unternehmen werden sich daran ausrichten müs-sen. Ein zellösungen führen hierbei aber nur bedingt zum Erfolg.

Im Sinne eines effektiven Rohstoffmanagements werden auch bei Mittelständlern unterschiedlichste Bereiche künftig sehr viel enger kooperieren müssen als bisher. Die Expertise des Treasury beispielsweise wird den Einkauf bei der Absicherung der Risiken unterstützen. Forscher und Entwickler, Konstrukteure und Ver-fahrenstechniker werden sich unter Kostengesichtspunkten stär-ker mit dem Einkauf und dem Controlling verzahnen. Zusam-men mit Strategien zum Preismanagement und zur Preissiche-rung werden die Kosten für den Rohstoffeinsatz dadurch kalku-lierbarer. Weitere Infos unter: www.firmenkunden.db.com

STRATEGIE Der Markt für Rohstoffe ist volatil. Schwankungen erschweren verlässliche Kalkulationen.Mit klugen Absicherungsmechanismen kann die Kostenseite dennoch entlastet werden.

Intelligent verknüpftes Rohstoffmanagement

Dr. Ulrich Schürenkrämer

Mitglied der Geschäftsleitung Firmenkunden Deutschland und des Management Committee Deutschland, Deutsche Bank AG

Gastbeitrag

12

TITELTHEMA RISIKOMANAGEMENT

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 13: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

Vorsicht können Fehlentscheidungen nicht völlig ausgeschlossen werden. Zum internen Risikomanagement zählt daher eine Absi-cherung der handelnden Personen im Unter-nehmen. „Da sowohl das Unternehmen als auch das betroffene Organ unternehmeri-sche Entscheidungen nicht zuletzt auch im Vertrauen auf bestehenden Versicherungs-schutz treffen, sollte die für das Unternehmen bestehende D&O-Versicherung überprüft und ggf. ergänzt werden“, mahnt Gunhild Peini-ger von der PP Business Protection GmbH.

In der Unternehmenspraxis sollte die Re-gel gelten: Proaktiv beziehungsweise präven-tiv geht vor reaktiv. Die Ereignisse in Fuku-shima haben uns in diesem Jahr eine schmerz-hafte Lektion erteilt. So haben die Experten erst nach der Katastrophe verstanden, dass beispielsweise die Ventile an Druck behältern mit Filtern ausgestattet sein müssen, die auch ohne Strom arbeiten, um so zu verhindern, dass radioaktive Gase in die Um welt gelan-gen. Hierzu gehört auch zu wissen, dass Kühl systeme, die ohne Strom funktionieren, auch ohne Strom zu steuern sein müssen. Vor allem lehrte Fukushima allen Beteiligten die Erkenntnis, dass Prävention zwar Geld kostet, sich am Ende aber doch rechnet und uns vor Katastrophen schützt oder sie zu-min dest abmildert. Dabei ist die Erkenntnis, dass Prävention vor Reaktion gestellt wer-den sollte, nicht neu. Von dem berühmtes-ten Arzt des Altertums, Hippokrates, der vor rund 2.500 Jahren auf der griechischen Ägäisinsel Kos lebte, ist das Zitat überliefert, dass Vorbeugen besser als heilen ist.

IT-SYSTEM AUSWÄHLENAls unmittelbare Folge der veränderten re-gulatorischen Rahmenbedingungen sowie der erhöhten Komplexität der Risikolandkar-ten stiegen auch die Anforderungen an die modernen Informations- und Kommunika-tionstechnologie: Das integrierte und prä-ventive Management von Chancen und Ri-

Der Umgang mit Risiken ist das Kern-geschäft einer Versicherung. Die hohen Summen, welche die Assekuranzen für ihre Kunden verwalten, und die Lang-fristigkeit der Geschäfte mit Laufzeiten von teil weise mehreren Jahrzehnten stel-len ganz besondere Anforderungen an die Identifikation, Bewertung und Steue-rung von Risiken. Der Kölner Lebens-versicherer HDI-Gerling bewältigt diese Herausforderungen mit Hilfe der Risiko-managementsoftware R2C_risk to chan-ce der Schleupen AG.„Wie bei den meisten Versicherern wird auch unsere Risikolandkarte stark von Ka pitalmarktrisiken dominiert. Angesichts der hohen Volumina, die wir an den Märk-ten bewegen, und eines Anlagehorizonts von teilweise 30 oder 40 Jahren haben selbst geringfügige Veränderungen des Zinsniveaus enorme Auswirkungen. Dies stellt die meisten anderen Risiken – zu-mindest rein rechnerisch – in den Schat-ten“, so Hartwig Eigenbrodt, der im Qua litativen Risikomanage ment (Ma-Risk) der HDI-Gerling Leben Betriebsser-vice GmbH für die Einführung eines neuen Risikomanagement-Informations-sys tems (RMIS) verantwortlich war. „Die Erfahrung, dass sich Excel und Ac-cess zu diesem Zweck nur sehr bedingt eignen, machen früher oder später prak-tisch alle Unternehmen, die auf diese weit verbreiteten ‚IT-Lösungen‘ setzen. Gerade in hoch regulierten Branchen wie Banken oder Versicherungen stoßen sol-che Tools sehr schnell an ihre Grenzen“, betont Ulrich Palmer, Direktor bei der

Schleupen AG. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFIN) hat im Jahr 2009 die „Mindestanforde-rungen an das Risikomanagement für Versicherungen (MaRisk VA)“ veröffent-licht. Hierdurch wurden unter anderem die Bestimmungen im Hinblick auf die erforderliche Funktionstrennung zwischen Risikosteuerung einerseits und Risiko-controlling auf der anderen Seite spür-bar restriktiver ausgestaltet. Als unmit-telbare Folge der veränderten regulatori-schen Rahmenbedingungen stiegen auch die Anforderungen an die IT-Unterstüt-zung des Risikomanagements: Fak toren wie die Gewährleistung einer durch gän-gigen Re visionssicherheit oder umfassen-de Mög lichkeiten zur Vergabe von abge-stuften Zugriffsrechten haben sich zu ab-soluten „Muss-Kriterien“ für ein RMIS in der Versicherungswirtschaft entwickelt.Bei der Systemauswahl spielten Com-pliance-Aspekte dann auch bei HDI-Gerling eine bedeutende Rolle. Unter den wichtigen Nebenbedingungen, Re-visionssicherheit jederzeit gewährleisten und ein detailliertes Rollenkonzept reali-sieren zu können, sollte die Anwendung natürlich den Risikomanagement-Prozess möglichst optimal unterstützen.Da die Berechnung des Risikomodells und die Risikoaggregation sowie die ak-tuelle Risikoanalyse bei HDI-Gerling mit speziell für diese Zwecke entwickelten Anwendungen erfolgt, lag der Schwer-punkt des RMIS auf der Steuerung der Einzelrisiken. Weitere Informationen unter: www.schleupen.de

PLANBAR Risiken erkennen und steuern: Ausgefeilte Risikomanagementsoftware gewährleistet ein hohes Maß an Vorhersehbarkeit.

Auf der sicheren Seite

VORSCHRIFTSMÄSSIGAn Versicherungen und Banken werden hohe regulatorische Anforderungen in puncto Steuerung und Kontrolle von Risiken gestellt. Spezielle Risikomanagementsoftware unterstützt Branchen-Unter-nehmen bei der Umsetzung.

13

TITELTHEMA RISIKOMANAGEMENT

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 14: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

siken eines Unternehmens setzt die Ver ar-bei tung einer Unmenge von Informationen aus unterschiedlichsten Quellen voraus. Die-se Herausforderung kann nur bewältigt wer den, wenn Informationssysteme zur Ver-fügung stehen, die dem Manager die ent-scheidungsrelevanten Informationen auch tatsächlich liefern können. De facto haben sich auch die Einflüsse wie etwa die Gewährleis-tung einer durchgängigen Revisionssicher-heit oder umfassende Möglichkeiten zur Ver-gabe von abgestuften Zugriffsrechten in-zwischen zu absoluten „Muss-Kriterien“ für ein Risikomanagement-Informationssystem (RMIS) beispielsweise in der Bankenwelt und der Versicherungswirtschaft entwickelt.

„Die Erfahrung, dass sich Excel und Ac-cess zu diesem Zweck nur sehr bedingt eig-nen, machen früher oder später praktisch al-le Unternehmen, die auf diese weit verbreite-ten ‚IT-Lösungen‘ setzen. Gerade in hoch re-gulierten Branchen wie Banken oder Versi-cherungen stoßen solche Tools sehr schnell an ihre Grenzen“, betont Ulrich Palmer, Di-rektor bei der Schleupen AG, einem der füh-renden Softwareanbieter von RMIS. Auch bei der HDI-Gerling spielte die Auswahl eines konkreten Systems unter Berücksichtigung von Compliance-Aspekten eine bedeutende Rolle. Unter den wichtigen Nebenbedingun-gen, die Revisionssicherheit jederzeit ge-währleisten und ein detailliertes Rollenkon-zept realisieren zu können, sollte die An-wendung natürlich den Risikomanagement-Prozesses optimal unterstützen. Hierbei bil-det der Einsatz der richtigen Technologie ei-nen entscheidenden Baustein. Lutz Neu ge-bau er, Bereichsleiter Sicherheit beim Bran-chenverband Bitkom, ergänzt: „Der struktu-rierte Umgang mit den individuellen Risiken des Unternehmens ist ein wesentlicher An-satz, um dieses mit den richtigen Gegen-maßnahmen ausstatten zu können. IT-Syste-me können dabei die Funktionen eines Risi-komanagements sinnvoll unterstützen.“

Luxemburg hat sich in den vergangenen Jahren zu einem Zentrum der Ver mö-gens verwaltung im Euroraum entwickelt. Be sonders in Krisenzeiten suchen Anle-ger nach einem verlässlichen Partner zur Absicherung ihrer Vermögenswerte. Die Banque LBLux (Tochter der BayernLB) bietet Privatanlegern seit mehr als 30 Jah ren Konzepte zur Vermögensverwal-tung und Zugriff auf die Expertise er-fahrener Portfoliomanager mit langfris-tigen Strategien und Risiko ma nagement. Diese Experten haben schon manche Kri-se gemeistert. Gerade mit Blick auf die krisenbedingt reduzierten Bewertungs-niveaus sind sie überzeugt, dass es sich für einen längerfristig orientierten An-leger lohnen sollte, in ein Vermögens-verwaltungsportfolio mit Aktienschwer-punkt zu investieren. Die in Lu xemburg ansässigen Vermögensverwalter glauben nach wie vor an die lang fristige Rendi-testärke von Aktienanlagen.Die Enttäuschung vieler Investoren über die Aktienentwicklung der letzten zehn Jahre rührt für sie daher, dass eine gro-ße Anzahl ausschließlich in den Haupt-märkten mit Schwerpunkt ihres Heimat-markts investiert haben. So tendieren Pri-vatanleger dazu, in Märkten anzulegen, über die sie besonders viel zu wissen glau ben. Für die LBLux macht es aber sowohl aus Gründen der Risiko streuung als auch zur Nutzung von Performan-cechancen Sinn, wenn wachs tums starke Schwellenländer im Depot mitberück-sichtigt werden. Nicht erst seit der Zah-lungsausfall ei niger Euro-Peri phe rie-

länder denkbar ge worden ist, hat sich der Anlageschwerpunkt im Zinsbereich deut lich in Richtung Unternehmens- und Schwellenländeranleihen verscho-ben. Insbesondere letztere bieten, trotz klar verbesserter Haushalts- und Ver-schuldungssituation der Emittenten, wei-terhin attraktive Zinsen und sind häufig auch unter Währungsgesichtspunkten sehr interessant.Neben den traditionellen Anlageklassen wird auch in alternative Anlagen inve-stiert. Weil diese langfristig eine geringe Korrelation zu Aktien und Anleihen auf-weisen, tragen sie zur Glättung der Port-folioentwicklung bei. Das Portfolio der Anleger wird aktiv den jeweils aktuellen Marktentwicklungen angepasst. Beson-ders auf das Risiko weist Hubert Bauer, Leiter Vermögensberatung & Portfolio Management der Banque LBLux, interes-sierte Kunden zuallererst hin: „Die An-leger müssen verstehen, dass, wenn sie den derzeit sehr niedrigen risikolosen Marktzins übertreffen möchten, ein ge-wisses Schwankungsrisiko (Volatilität) im Interesse eines langfristig höheren Anla-geerfolgs ak zeptieren werden müssen. Nur wer diese Ei genheiten der Depotent-wicklung kennt und sie aushalten kann, läuft nicht Gefahr, seine Anlage in Panik zur Unzeit zu beenden.“ Mit moderner Infrastruktur und im Management für viele Kunden lassen sich zudem bei ei-ner Vermögensverwaltung Kostenvortei-le realisieren, die sich letztendlich in der Nettoanlagerendite positiv niederschla-gen. Weitere Infos unter: www.lblux.lu

RENDITE Anleger benötigen speziell in der Krise verlässliche Partner zur Ver mö-genssicherung. Langfristige Strategien mit Risikomanagement zahlen sich aus.

Aktienanlagen bleiben erste Wahl

PERFORMANCEHubert Bauer, LBLux, sieht die Vor-teile einer Vermögensverwaltung für Privatinvestoren besonders in der Überwachung und im Manage ment der Wertpapier anlagen. An leger ge winnen Zeit und Sicher heit durch individuell zugeschnittene Lö sungen.

14

TITELTHEMA RISIKOMANAGEMENT

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 15: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

Für Theo Ruland, Geschäftsführer der Sy-base GmbH, gehört dazu nicht nur die Fä-higkeit zur Verarbeitung großer Datenvolu-mina, sondern auch deren Echtzeit-Einbin-dung in Unternehmensapplikationen. „Ein wichtiger Punkt für Unternehmen, die ihre Risikopositionen auch auf Intra-Day-Basis bewerten. Wir als Software-Anbieter müssen diesen Ansprüchen so gut wie möglich ent-sprechen“, so Ruland. Einen ähnlichen Aspekt sieht auch Ralf Kimpel, der eine hohe Integ-ration der bestehenden Management-Infor-mationssysteme mit der Risikomanagement-IT als erforderlich erachtet. Kimpel: „Ebenso darf in unserer modernen Arbeitswelt mit verteilten Netzwerken und Unternehmens-stützpunkten der globale Online-Abruf von Risk-Management-Informationen nicht feh-len. Hier kann die IT einen wich tigen Bau-stein für ein effizientes Risikomanagement bilden.“ Ein präventives IT-Risikomanage-

ment muss primär den Schutz von sensiblen Unternehmensdaten gewährleisten. Keine leichte Aufgabe im Zeitalter von (metapho-rischen) Wolken. Bei cloud-basierten Soft-warelösungen befinden sich die Anwen-dungen und Daten nicht mehr auf dem loka-len Rech ner oder im eigenen Rechenzentrum. Bei derart abstrahierten IT-Infrastruk turen muss beispielsweise sichergestellt wer den, das personenbezogene Daten ausschließ-lich in deutschen Rechenzentren mit hohen Sicherheitsstandards gespeichert wer den, bekräftigt Dr. Rainer Zugehör, Grün der und Geschäftsführer von MovingImage24.

Darüber hinaus mahnen Experten zu ei-nem Gesamtkonzept im sensiblen Bereich der Informations- und Kommunikationstech-no logie. Sind Systeme betroffen, ist die Wie-deraufnahme des Geschäftsbetriebs versperrt oder nicht mehr möglich. Davor warnt Ger-rit-Leonhard Stein von der Helbling Manage-

ment Consulting GmbH: „So werden für ein-zelne Systeme Sicherungskonzepte erstellt, aber ein Gesamtkonzept fehlt. Dadurch ent-stehen jedoch inkonsistente Daten stände beispielsweise von Produktionsdaten und Lagerdaten, mit denen keine funktionieren-de Produktionsumgebung wiederhergestellt werden kann, was im schlimmsten Fall zu mehrtägigen Ausfällen führen kann.“ Viel-mehr empfiehlt Stein eine Analyse von IT-Ri siken auf Basis der Geschäftsprozesse: „Durch die Zuordnung der IT-Komponenten zu dem jeweiligen Geschäftsprozess kann die Kritikalität jeder Komponente bewertet wer-den und die Auswirkung des Ausfalls einer Komponente auf einen Geschäftsprozess ist unmittelbar zu erkennen.“ Stein ergänzt: „Bei dieser Methode werden zudem die Abhän-gigkeiten der Daten zueinander transparent und diese Abhängigkeiten können in den Si-cherungskonzepten berücksichtigt werden.“

Liquidität | Factor nimmt Kunden Ausfallrisiko ab

Unternehmen werden zunehmend mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Die wach-sende Komplexität des wirtschaftlichen Um-feldes eröffnet Chancen, birgt aber für die Betriebe auch hohe Risiken.Durch hohe Außenstände binden Mittel-ständler nicht nur viel Kapital im Umlaufver-mögen, sie geraten vielmehr schnell in eine wirtschafltiche Schieflage. Jeder Lieferant, der Kunden Zahlungsziele einräumt, ist indi-rekt Geldgeber für andere Unternehmen und geht damit Risiken ein. Dies ist besonders bei stark expandierenden Unternehmen und im Exportgeschäft der Fall. Um am Markt er-

folgreich zu sein und Wachstum zu finanzie-ren, ist ausreichend Liquidität die zentrale Voraussetzung. „Der Verkauf offener Kun-denforderungen an einen Factor hilft, das working capital zu reduzieren, die Bilanz um risikobehaftete Aktiva zu bereinigen und das Unternehmen auch bei schwankenden Um-sätzen mit Liquidität zu versorgen“, sagt An-dreas Wagner, Vorstand der activ factoring AG.Daneben ist die Absicherung gegen Forde-rungsausfälle durch den Factor der entschei-dende Grund für Factoring. Bei einwandfreier Lieferung übernimmt beispielsweise die activ factoring AG 100 Prozent des Ausfallrisikos

und deckt als Besonderheit neben dem wirt-schaftlichen auch das politische Risiko. Wei-tere Informationen unter: www.af-ag.de

Sicheres und stabiles Wachstum mit Factoring

In zahlreichen weiteren Reportage, die unser Titelthema ergänzen, beleuchten wir die folgenden Themen:• Sicherheitsforschung (S. 7): Safety

und Security gehören zusammen.• E-Commerce (S. 33): Sichere Bezahl-

systeme sind entscheidend für den Unternehmenserfolg.

• Interim Management (S. 23): Externe Experten stellen ihr Fachwissen auf Zeit zur Verfügung.

• Logistik (S. 4): Die Sicherheit auf Transportwegen kann noch weiter verbessert werden.

• Mikrofi nanzierung (S. 28): Geldanla-ge mit gutem Gewissen.

• Altersvorsorge (S. 27): Sicherheit als entscheidendes Auswahlkriterium.

Lesen Sie auch...

15

TITELTHEMA RISIKOMANAGEMENT

VISAVIS ECONOMY 05/11

WACHSTUM „Factoring er-möglicht die Kon zentration auf das Wesent-liche“, so An-dreas Wagner.

Page 16: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

SZENARIEN ENTWERFENIn den vergangenen Jahren haben Unter-nehmen erkannt, dass neben den rein ope-rativen Risiken vor allem auch Finanzrisi-ken zu massiven Planabweichungen führen können. Die Gründe für eine höhere Volati-lität beispielsweise bei Rohstoffpreisen sind vielfältig. Oftmals verfügen nur wenige Länder über wirtschaftlich abbaubare Roh-stoffvorräte. So stammen rund 95 Prozent der „Metalle der Seltenen Erden“ aus China. Vor diesem Hintergrund hat etwa der Toyo-ta-Konzern ein separates Risikomanage-ment-Komitee gebildet, das eine Versorgung mit Seltenerdmetallen sicherstellen soll. Au-ßerdem werden die Preise durch die Oligo-polisierung der Märkte in die Höhe getrie-ben. So stammen etwa zwei Drittel des frei gehandelten Eisenerzes aus den Minen von nur drei Anbietern. Überdies sind viele Er-zeugerländer politisch instabil. Im Krisen-herd Kongo etwa wird Tantal abgebaut, das zur Herstellung von Kondensatoren für Mo-biltelefone benötigt wird. Des Weiteren führt eine strategische Industriepolitik in vielen Ländern dazu, dass durch spezifische Aus-fuhrsteuerungen, die Verweigerung der Mehrwertsteuererstattung beim Export von Rohstoffen oder durch die Verhängung von Exportverboten die Ausfuhr von Rohstoffen behindert wird. Eine zentrale Rolle in der Rohstoff-Gesamtstrategie spielen finanz-technische Absicherungsmechanismen. Analog zu Devisenkursen oder Zinsen lässt sich nahezu jeder Rohstoff gegen Preis-schwankungen absichern, bestätigt Dr. Ul-rich Schürenkrämer, Mitglied der Geschäfts-leitung bei der Deutschen Bank.

Doch nicht nur Rohstoffpreisrisiken ha-ben in den vergangenen Jahren bei vielen Unternehmen an Relevanz gewonnen. Auch Liquiditätsrisiken stehen ganz oben auf der Risikolandkarte. Ein Blick in die Statistik zeigt, dass insbesondere die Zahlungsmoral der Kunden kleiner und mittelständischer

ERFOLGREICHLutz Neugebauer, Bitkom: „Der Einsatz der richtigen IT-Lösungen ist ein entscheiden-der Baustein auf dem Weg zu einem funktionierenden Risikomanagement.“

Die Wahl einer passenden Software ist entscheidend für die Qualität des Risikoma-nagements. Vielfältige Kriterien sind zu beachten. Der international agierende Bauausrüster AFG Arbonia-Forster-Holding AG hat sich für eine Softwarelösung von Avanon entschieden. Das Schweizer Unter-nehmen mit Sitz in Arbon ermittelte Risiken durch Interviews und Workshops. Danach wurden die Daten in einer Excel-Tabelle erfasst und manuell konsolidiert. Um den zeitlichen Aufwand zu begrenzen und Fehlerquellen auszuschalten, suchte das Unternehmen unter 15 Anbietern nach einer neuen Softwarelösung.

Das angestrebte Softwaretool sollte in der Lage sein, die drei Themenbereiche Risiko-management, Audit und internes Kontroll-system in einer integrierten Systemplatt-form abzudecken, um hierdurch die Syner-gieeffekte zwischen diesen Materien aktiv zu nutzen. „Die umfangreiche Funktionalität und hohe Flexibilität der Software mit daraus folgender schneller Implementierung waren für AFG ausschlaggebend bei der Entscheidung für unsere Systemlösung“, erinnert sich Avanon Geschäftsführer Dr. Hans-Peter Güllich. Im Mai 2011 fand eine erste Besprechung mit der AFG statt. Nur zwölf Wochen später war die Projektumset-zung inklusive Anpassung an die individuel-len Erfordernisse der AFG dank des struktu-rierten und in der Praxis erprobten Imple-mentierungsprozesses abgeschlossen. Güllich ist überzeugt, dass die AFG den rich-tigen Weg gegangen ist, die bisherige System lösung durch eine integrierte Lösung zu ersetzen. So sei die stetige Weiter ent wick-lung sichergestellt, wodurch sich die AFG auf ihre Fachaufgaben konzentrieren könne.„Allerdings sind kleine und mittelständische Unternehmen häufig noch nicht so weit. Ein Fehler, der leider noch viel zu oft gemacht wird: Firmen begnügen sich damit, die Risi-ken bloß zu kennen. Gutes Risikomanage-ment bedeutet aber, das Bewusstsein zu schärfen, Risiken bei korrekter Einschätzung und entsprechenden Maßnahmeplänen bewusst einzugehen und so vorhandene Chancen und Potenziale besser zu nutzen“, konstatiert Hans-Peter Güllich. Weitere Informationen: www.avanon.com

Systemlösung | Fehlerquellen ausschalten und Synergien nutzen

Risiken erkennen und bewerten

HILFE Dr. Hans-Peter Güllich favorisiert inte-grierte Lösungen für die Themen Risiko ma-nage ment, Audit und internes Kontrollsystem.

16

TITELTHEMA RISIKOMANAGEMENT

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 17: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

VORMARSCHDie Bedeutung eines Risiko-

management systems rückt

mehr und mehr in das Be-

wusstsein der Unter neh mer:

Mehr als 65 Prozent der Fir-

menchefs planen einen Aus-

bau ihres Risiko manage ment-

systems in den nächsten bei-

den Jahren. Immerhin neun

Prozent der Befragten denken

über die erstmalige Ein füh-

rung eines Systems nach.

Que

lle: R

isik

o 20

11: w

ww

.ris

iko-

man

ager

.com

, Zuk

unft

: RM

CE

Risikoinventur

Risikothemen2011

Risikoma-management

in derZukunft

22,5 %

Enterprise Risk Management (ERM)Konvergenz risikoorientierter Stabsabteilungen(Risk, Compliance, Audit)

StresstestsBestehendes RMS ausbauen

Keine Maßnahme geplantEinführung eines RMS

Verbesserung der Darstellung von Risiken

19 %6 %

66 %

9 %

37,3 %

11,8 %

28,5 %

Un ternehmen (KMU) sich kontinuierlich verschlechtert. In der Konsequenz führen Li-quiditätsengpässe nicht selten zu Zahlungs-ausfällen bei den eigenen Kunden. Dies ist ein Grund für den Einsatz von Factoring. Die Vorteile des Factorings, wie beispiels-weise die 100-prozentige Delkredereabsi-cherung sowie den sofortigen Liquiditätszu-fluss, wissen immer mehr Kunden zu schät-zen. Dr. Alexander M. Moseschus, Geschäfts-führer des Factoring-Verbands, bekräftigt diese Entwicklung: „Der Factoringmarkt er-

holt sich im Jahr 2011 sichtbar. Nach wie vor steigen auch die Kundenzahlen rasant, was das große Interesse an der Finanz-dienstleistung Factoring offenbart: Im Ver-gleich zum ersten Halbjahr 2010 stieg die Kundenzahl nochmals um 67 Prozent.“ Prof. Dr. Thomas Hartmann-Wendels, der eine aktuelle Studie des Deutschen Factoring-Verbandes wissenschaftlich begleitet hat, er-klärt: „Das wichtigste Motiv für den Einsatz von Factoring ist die Liquiditätssicherung durch eine breitere Finanzierungsbasis und

eine größere Unabhängigkeit von der Fi-nanzierung durch Banken.“ Factoring ver-einfacht also nicht nur den Forderungsein-zug, sondern erweist sich als Risikomanage-ment-Maßnahme.

Basierend auf einer aktuellen Studie der Unternehmensberatungen Funk RMCE und Weissman & Cie sowie der Beratungs- und Prüfungsgesellschaft Rödl & Partner bewer-tet die Mehrheit der Unternehmen ihre Risi-ken nicht in Szenarien, sondern in einer Einzelfallbetrachtung. Lediglich 30 Prozent

Gerrit-Leonhard Stein, zuständig für IT- und Risikomanagement bei der Helbling Manage-ment Consulting GmbH, sieht Handlungsbe-darf für Unternehmen ohne funktionierendes Sicherungskonzept.

Was sind die Auslöser für die Einführungeines Risikomanagements?Ein wesentliches Ziel ist die Verlässlichkeit der Produktionsmittel. Hierbei sind die Aus-fallkosten sowie die Beeinträchtigungen in den Geschäftsprozessen wichtige Aspekte.Das IT-Risiko ist doch gering, solange Backups oder zwei Rechenzentren vorhan-den sind?Davon wird häufig ausgegangen und in so mancher Abschlussprüfung wird dies sogar testiert. Jedoch sehen wir in der Praxis im-mer wieder, dass trotz Backups und der Nut-zung mehrerer Rechenzentren die Wiederauf-nahme des Geschäftsbetriebs nach einem Ausfall nicht möglich ist. So werden zwar für

einzelne Systeme Sicherungskonzepte er-stellt, aber ein Gesamtkonzept fehlt. Dadurch entstehen häufig inkonsistente Datenstände z.B. von Produktions- und La-gerdaten, mit denen eine konsistente Pro-duktionsumgebung nicht wiederhergestellt werden kann. Das führt im schlimmsten Fall zu mehrtägigen Ausfällen. Welches Vorgehen ist empfehlenswert?Es bedarf umfassender Erfahrung im Zusam-menspiel von Systemen und Geschäftspro-zessen, um die Wirksamkeit von Sicherungs-konzepten zu überprüfen. Daher empfehlen wir eine Analyse von IT-Risiken immer auf Ba-sis der Geschäftsprozesse. Durch die Zuord-nung der IT-Komponenten zu dem jeweiligen Geschäftsprozess kann die Kritikalität jeder Komponente bewertet werden und die Aus-wirkung eines Ausfalls ist unmittelbar zu er-kennen. Bei dieser Methode werden zudem die Abhängigkeiten der Daten zueinander transparent und können in den Sicherungs-

konzepten berücksichtigt werden. Nur so ist die IT in der Lage, Datenkonsistenz und Da-tenintegrität jederzeit, auch nach einem Aus-fall, sicherzustellen. Infos: www.helbling.de

Das Gesamtkonzept muss stimmen

Datensicherung | Umsatzeinbußen sind vermeidbar

ANALYSE Gerrit-Leonhard Stein: „Kleine Ursachen haben oft eine große Wirkung – es drohen mehrtägige Ausfälle der IT.“

17

TITELTHEMA RISIKOMANAGEMENT

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 18: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

der Unternehmen führen eine Gesamtrisiko-betrachtung durch. So kann auf komplexe Entwicklungen, bei denen sich einzelne oder auch mehrere Risikoparameter wechselseitig beeinflussen, nur unzureichend reagiert werden. Was passiert beispielsweise, wenn der Firmenchef als wichtigster Wissens- und Entscheidungsträger ausfällt? „Packen Sie den Notfall-Koffer!“, rät Claus Engler, Ex-perte für Risikomanagement bei TÜV Süd Management Service. Und Engler ergänzt: „Er darf nur benutzt werden, wenn der Chef

ausfällt, und sollte enthalten: Anweisungen für eine geregelte Stellvertretung, Voll-machten für alle Konten, das Unterneh-menstestament, Liste der wichtigsten Liefe-ranten und Kunden, Anweisungen für die zentralen Projekte, Liste der Passwörter, Codes, PINs für Computer und Online-Ban-king und Ablageorte für die wichtigsten Un-terlagen und Schlüssel des Unternehmens.“

In einer jüngst vom Kompetenzportal RiskNET im Auftrag vom SAS Institute durchgeführten Benchmark-Studie in der

Versicherungswirtschaft haben 62 Prozent der befragten Experten Risiko als Downside-Risiko definiert. Lediglich rund 38 Prozent haben Risiko als positive und negative Plan-abweichung (Upside- und Downside-Risiko) verstanden. Prof. Dr. Wolfram Wrabetz, Vor-standsvorsitzender der Helvetia, weist im Rahmen der Studie darauf hin, dass vor al-lem das Nicht- oder Falschnutzen von Chan-cen ebenso zur Existenzkrise eines Unter-nehmens führen kann wie die mangelnde Vermeidung von Risiken.

ZIELE DEFINIERENZiel der vorliegenden Studie war es, den be-triebswirtschaftlichen Mehrwert eines un-ternehmensweiten Risikomanagements auf-zuzeigen. Vor diesem Hintergrund haben sich die Autoren der Beantwortung der Fra-gen auf drei Wegen genähert. Zum einen wurde eine empirische Umfrage initiiert, an der sich insgesamt 578 Personen beteiligt haben. Ergänzend wurden strukturierte In-terviews mit ausgewählten Vorständen und Finanzverantwortlichen geführt. Zu guter Letzt wurden diese Ergebnisse durch exem-plarische, im Sinne eines Benchmarking ausgewählte Fallstudien ergänzt. Insgesamt hat die Studie zutage gebracht, dass Chan-cenmanagement zwar als relevant erkannt wird, jedoch weiterhin das Wagnismanage-ment dominiert. Dabei wird die zunehmende Bedeutung von Szenarioanalysen erkannt, die Umsetzung in die Praxis fehlt jedoch häufig noch. Obwohl die fließenden Gren-zen von Risikomanagement zu Controlling, interner Revision und Compliance noch nicht von allen Unternehmen erkannt wer-den, erfährt das Risikomanagement gerade in erfolgreichen Unternehmen einen Bedeu-tungsschub – und zwar unabhängig von re-gulatorischen Veränderungen. Durchgängig wird die Umsetzung einer gelebten Risiko-managementkultur als Erfolgsfaktor bewer-tet, wobei wertorientierte Risikomaße immer

KALKULIERBARFactoring stellt eine wirksame Methode zur Be gren zung des Liquidi täts risikos dar, konsta-tiert Dr. Ralf Moseschus vom

Factoring verband.

Haftpflichtversicherungen sind nur wirkungs-voll, wenn sie eine optimale Kongruenz zwi-schen Haftung und Versicherungen herstel-len. Oftmals hat die Vielfalt von neuen Ge-setzen keinen Eingang in bestehende Direc-tors-and-Officers-Versicherungen (D&O) ge-funden. Hierin liegt eine erhebliche Gefahr für den handelnden Vorstand oder Aufsichts-rat, denn im Falle eines Ausscheidens we-gen Krankheit oder Pensionierung können Schadenersatzansprüche nun bis zu zehn Jahre durch die AG geltend gemacht werden. Bei Verhandlungen mit dem Versicherer sollte darauf geachtet werden, dass eine sogenannte un-verfallbare Nachhaftung ver-einbart wird, denn die mei s-ten D&O-Policen sehen vor, dass die Nachhaftung mit Beginn eines neuen D&O-Vertrags endet. Aufgrund des noch weichen Prämienmarkts

in der D&O-Sparte ist es empfehlenswert, lange Nachhaftungsfristen zu vereinbaren. „Hiervon sollten sich die Verantwortlichen auch für den Fall, dass die Vertragsverlänge-rung für 2012 bereits erfolgt ist, nicht abhal-ten lassen“, so Gunhild Peiniger, Geschäfts-führerin der PP Business Protection GmbH, welche D&O-Versicherungen anbietet.Schnelles Handeln ist geboten, da es auf-grund der Vielzahl von Schadensmeldun-

gen, die – mit einem gewis-sen Zeitverzug nach der Fi-nanz- und Wirtschaftskrise – nunmehr folgen werden, zu massiven Prämiensteigerun-gen in der D&O-Versiche-rung kommen könnte. Infos: www.pp-business.de

Restrukturierungsgesetz | D&O-Versicherung

Nachhaftung vereinbaren

OPTIMIERUNG Bestehende D&O-Policen sollten zur Ver-meidung einer Unterver-siche rung zeitnah überprüft werden, rät Gunhild Peiniger.

18

TITELTHEMA RISIKOMANAGEMENT

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 19: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

stärker die Geschäftsmodelle der erfolgrei-chen Unternehmen bestimmen.

„Risk is the sugar and salt of life“, heißt es in England. Die salzige Seite des Risikos, in der deutschen Sprache allgemein als Ge-fahr bezeichnet, ist untrennbar mit der sü-ßen Seite – den Chancen – verbunden. Oh-ne Risiken gäbe es auch keinerlei Chancen und der verantwortungsvolle Umgang mit Risiken stellt in Wirklichkeit einen wesent-lichen Wert treiber für das Unternehmen und damit auch für alle Stakeholder dar. Chan-cen und Wagnisse sind die zwei Seiten ein und derselben Medaille. Um Werte für ein Unternehmen zu schaffen, müssen Risiken eingegangen werden. Derartige potenzielle Zielabweichungen können final zum einen als „Downside-Risiken“ die Unternehmens-werte reduzieren oder auch als „Upside-Ri-siken“ den Unternehmenswert steigern.

CHANCEN NUTZENDas Fundament einer wert- und risikoorien-tierten Unternehmensführung basiert auf den entscheidungsrelevanten Informatio-nen, die das Risikomanagement dem Top-Management zur Verfügung stellt. Das Risi-komanagement sollte daher das Ziel verfol-gen, die Führungsebene dabei zu unterstüt-zen, bessere Entscheidungen – basierend auf einer höheren Risikotransparenz – zu treffen. Es handelt sich um einen ganzheitli-chen An satz, bei dem alle Funktionen, Pro-zesse und Bereiche eines Unternehmens er-fasst werden. Im Gegensatz zur heute noch oft anzutreffenden kapitalmarktorientierten Betrachtung eines wertorientierten Manage-ments erfordert eine risikoorientierte Unter-nehmensführung, dass die überlegenen un-ternehmensinternen Informationen über die Risiken konsequent genutzt werden. Der Er-folg eines Unternehmens ist dabei maßgeb-lich dadurch bestimmt, dass die „richtigen“ Risiken eingegangen werden. „Gutes Risiko-management bedeutet vor allem, das Be-

Dirk Kalinowski, Branchenverantwortli-cher IT bei der AXA Versicherung AG, erläutert im Interview mit VISAVIS ECONOMY die Anforderungen an das Risikomanage-ment in Unternehmen.

Warum sind IT-Risiken für Unterneh-men so schwer kalkulierbar?Das hat verschiedene Gründe: IT-Risi-ken sind neu, das fachliche Verständnis hierfür entwickelt sich erst. Sie sind zu-dem meist sehr komplex und ihre fi nan- ziel len Auswirkungen können oft nur schwer eingeschätzt werden.Wie sollte ein gutes Risikomanage-ment aussehen?Informationssicherheit entsteht nicht durch Einzelprojekte oder die Behand-lung von Teilbereichen, sondern es muss vieles gleichzeitig betrachtet werden: IT-Organisation, -Betrieb und -Compliance, Datenschutz, Notfallvorsorge, Outsour-cing. Auch die Mitarbeiter eines Unter-nehmens spielen eine wichtige Rolle. Ein umfassendes Konzept muss die vielfälti-gen Risiken zunächst identifizieren und bewerten, damit dann optimale Strategi-en entwickelt werden können. Dazu zählt auch die Möglichkeit einer Versicherung. Welche IT-Risiken sind denn versicherbar?Bei Verstößen gegen Datenschutzvor-schriften hilft eine Rechtsschutz- oder Haftpflichtversicherung. Für das Risiko eines Brandes oder einer Fehlbedienung, aber auch der Löschung oder Verän de-rung von Daten gibt es die Elektronik-versicherung. Eine Betriebsunterbre-chungs versicherung kann vor den fi nan-ziellen Folgen von Produktions aus fäl-len schützen. Zum Schutz vor den Fol-gen strafbarer Handlungen von Mit ar-bei tern kann eine Vertrauensschaden-versicherung abgeschlossen werden.

Was lässt sich nicht versichern?Verursacht ein Hackerangriff mittelbare Kosten, z.B. Betriebsunterbrechungskos-ten, tritt die Versicherung nicht ein. Auch die Folgen von Imageverlusten durch ei-nen Datenskandal lassen sich nicht ver-sichern. Gleiches gilt für Risiken aus DoS-Attacken, also beim Versuch, die Funkti-on eine Servers von außen zu stören, oder bei Ausfällen des Internetzugangs.Wie unterstützen Sie auf diesem Ge-biet Ihre Versicherten?AXA hat für Unternehmen einen Risiko-Check entwickelt, mit dem Sicherheits-lücken und -risiken identifiziert werden können. Außerdem bieten wir zusam-men mit unseren Partnern SIZ und 8com eine ganzheitliche Risikobehandlung an, in die alle Aspekte des IT-Risikomanage-ments von der Notfallbehandlung bis zur Zertifizierung des Informationssicherheits-Managementsystems einbezogen werden. Weitere Informationen: www.axa.de

NEULAND IT-Risiken stellen für viele Unternehmen ein neues Problem dar. Eine adäquate Versicherung muss möglichst gut auf den Einzelfall abgestimmt sein.

Absicherung gegen IT-Risiken

GESCHÜTZT Dirk Kalinowski plädiert für ein ganzheitliches Risikomanagement, um die In formationssicherheit zu erhöhen.

19

TITELTHEMA RISIKOMANAGEMENT

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 20: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

wusstsein zu schärfen, Risiken bei korrekter Einschätzung und adäquaten Maßnahmen-plänen bewusst einzugehen und vorhande-ne Chancen und Potenziale besser nutzen zu können“, bestätigt Dr. Hans-Peter Güllich, Geschäftsführer des Schweizer Unterneh-mens Avanon. Entscheidungen sind immer zukunftsbezogen und die Zukunft ist nicht punktgenau vorherzusagen. Ein Mehr an Unsicherheit – gleich höhere Risiken – er-fordert in der Konsequenz höhere erwartete Erträge. Dies ist eine andere Formulierung

für eine der Grundideen eines wertorientier-ten Managementverständnisses.

Diese Gesetzmäßigkeit gilt nicht nur für Unternehmen, sondern auch für jeden Kapi-talanleger. So müssen auch die privaten An-leger verstehen, dass zur Erreichung einer höheren Verzinsung als der risikolose Markt-zins auch eine höhere Volatilität im Interes-se eines langfristig höheren Anlageerfolgs akzeptiert werden muss, so Hubert Bauer, Leiter Vermögensberatung & Portfolio Ma-nagement der LBLux. Wichtig ist hierbei

aber vor allem, dass ein strenges Risikocon-trolling sicherstellt, dass das Portfolio ent-sprechend der Risikotragfähigkeit und dem Risikoappetit gesteuert wird.

RISIKEN STEUERNRisiken sind die Bugwelle des Erfolgs, sagt der Schriftsteller Carl Amery. Wer seine Chan-cen erkennen und nutzen will, muss unab-dingbar auch seine Risiken managen. Das ist sicherlich mit Abstand die wert vollste Er-kenntnis der jüngsten Turbulenzen an den

Mit geeigneter Software lassen sich Risiken nicht vermeiden, aber professioneller ein-schätzen und managen. Sybase-Geschäfts-

führer Theo Ruland stellt im Gespräch effek-tive sowie einfache Anwendungen vor.

Für welche Prozesse des Risikomanage-ments können nach Ihrer Auffassung Soft-warelösungen sinnvoll eingesetzt werden?Seit 20 Jahren unterstützen wir erfolgreich den Handel und besonders das Datenma-nagement von Investmentbankern. Unsere optimierte Datenkompression macht es zum einen möglich, dass umfangreiche Datenhi-storien schnell angelegt werden. Zum ande-ren machen wir für Risikomodelle die aktuel-len Daten in Echtzeit verfügbar. Diese Kombi-nation kann zwar eine gute Risikostrategie nicht ganz ersetzen, verbessert das Risiko-management jedoch erheblich.Was macht Sybase IQ für den Einsatz im Ri-sikomanagement besonders geeignet?Mit Sybase IQ lassen sich auch sehr große Datenvolumen komplexer Anwendungen ef-fektiv verwalten und das mit stark verkürzten

Ein- und Ausgabezeiten. Unsere Kunden be-nötigen eine Datenbank, die trotz des kontinuierlichen Systemwachstums einfach zu managen bleibt, ohne dass die Sicherheit darunter leidet, und mit IQ können wir genau das anbieten.Wie sieht für Sie ein erfolgreiches Risiko-management aus?Das fängt mit der Risikophilosophie eines Unternehmens an. Der erste Schritt zählt zur Unternehmenskultur und ist das aktive Ma-nagen von Risiken. Der zweite Schritt liegt im Einsatz der geeigneten Technologien. Und schließlich gehört nicht nur die Fähigkeit zur Verarbeitung großer Datenmengen dazu, sondern auch die Einbindung in die Applika-tionen des Unternehmens in Echtzeit. Wir wissen: Immer mehr Unternehmen möchten ihre Risikopositionen auch im Hinblick auf den Intraday-Handel bewerten. Diesen An-sprüchen wollen wir bestmöglich genügen. Weitere Informationen unter: www.sybase.de

Datenmanagement in der Krise

Softwarelösungen | Einbindung von Daten in Echtzeit

VERFÜGBARKEIT „Banken müssen auf Da ten schnell zugreifen können. Sybase macht es möglich“, so Geschäftsführer Theo Ruland.

Gerhard Ries und Gunhild Peiniger stellen in ihrem Praxishandbuch „Haf-tung und Versicherung von Managern“ die Grundzüge des Systems der Haf-tung von Organmitgliedern dar. An Beispielen zeigen sie auf, wie Ge-schäftsführer, Vorstände und Auf-sichtsräte gegen mögliche Haftungs-risiken versichert werden können. Ein

Schwerpunkt liegt dabei auf unter-nehmerischen Fehlentscheidungen. Jeder Fragestellung folgen eine recht-liche Übersicht sowie Tipps für die praktische Versicherung.Zielgruppe sind unter anderem auch Beiräte und Aufsichtsräte. Walhalla Fachverlag. Zweite, aktualisierte Auflage, ISBN 978-3-8029-1546-8.

Grundlagen

20

TITELTHEMA RISIKOMANAGEMENT

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 21: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

Märkten und in Staatshaushalten. Insge-samt muss es darum gehen, mehr Zeit und Ressourcen auf das tatsächliche ernsthaf te Nach denken über die wesentlichen kriti-schen Zukunftsszenarien und Risiken zu lenken. Dies erfordert ein breites Verständnis, eine interdisziplinäre Zusammenarbeit und möglicherweise auch eine neue Ausrich tung des Risikomanagements als Steu e rungs ins-tru ment. Risikomanager müs sen sich auf das konzentrieren, was für das Unterneh-men wirk lich zu Krisen führen kann. Kre-ditinstitute sowie Staaten benötigen Bewer-tungsmethoden und Risikomodelle sowie Risikobewältigungsstrategien, die auf ext-reme Krisenszenarien ausgerichtet sind. Die jüngsten Turbulenzen der Finanz märk te sind kein Argument gegen die Sinnhaftigkeit eines präventiven Risikomanagements, sondern ein Argument für die Weiterentwicklung und Professionalisierung der Methoden. So ist die Krise eine Chance auf einen ernsthaf-ten Fortschritt im Risikomanagement.

Jeder Kapitän weiß, dass Schiffe für die Tage gebaut werden, an denen Stürme to-ben und riesige Wellen ihr Schiff wie ein Spielzeug hin und her schleudern. Klare Stra-tegie: Sie sollen jeden nur denkbaren Sturm überleben. Viele Risikomanager und Ent-scheider hingegen konstruieren ihr Risiko-management so, als gäbe es nur Sonnenta-ge und keinerlei Wetterwarnungen. Für sie gilt nicht selten das „Kölsche Grundgesetz“: „Et hät noch immer joot jejange“. Insider be-richten jedoch, dass nach dem dramatischen Einsturz des Kölner Stadtarchivs und der fassungslosen Erkenntnis, das nur 17 Pro-zent der vorgeschriebenen Eisenbügel zur Stabilisierung der Grube tatsächlich einge-baut wurden, das Gesetz geändert werden soll in „Vorbeuge ess besser als heile“.

Frank Romeike (Chefredakteur der Fachzeitschrif ten „Risiko Manager“ und „Risk, Compliance & Audit“)

Rund 95 Prozent der deutschen Firmen sind Familienunternehmen. Häufig ist der Chef wichtigster Wissens- und Ent-scheidungsträger, Hauptkapitalgeber und oberster Beziehungsmanager. Fällt er plötz lich wegen eines Unfalls oder einer schweren Krankheit aus, kann das schnell das Aus für kleine oder mittelständische Betriebe bedeuten. Aufgrund mangelnder Vollmachten und Informationen klaffen in der Buchführung schnell Löcher, Rech-nungen können weder gestellt noch ge-zahlt werden, langjährige Kunden und Lieferanten springen ab. Schon ein 14- tägiger Ausfall des Unternehmensleiters reicht, um die Firma in eine existenziel-le Schieflage zu bringen. Dabei sind nur drei Prozent der Unternehmen vorbild-lich für den Fall der Fälle abgesichert. „Das Risiko, plötzlich nicht mehr arbei-ten zu können, und die damit verbunde-nen Folgen sehen die wenigsten Chefs von kleineren Unternehmen. Einmal sen-sibilisiert, erkennen die Firmenbesitzer aber sehr schnell, dass Risikovorsorge betrieben werden muss“, sagt Claus Eng-ler, Experte für Risikomanagement bei TÜV Süd Management Service.Er empfiehlt, geeignete Prozesse einzu-führen, um das Risiko zu mindern. „Ei-gentum, Kapital, Aufsicht und Führung sind bei Familienunternehmen häufig bei einer Person verknüpft. Risikomanage-ment und eine offene Kommunikation sor gen hier für eine Entzerrung“, so Fachmann Engler. Unternehmen können in mehrfacher Hinsicht profitieren. Das Know-how bleibt in der Firma und

wichtige Kundenbeziehungen sind nicht nur von einer Person abhängig. Es ver-bessert die Verhandlungsposition auch ge genüber Banken und anderen Unter-nehmen, denn ein strukturelles Risiko ist objektiv bewertbar. Die besseren qualita-tiven Ratingfaktoren (Stichwort Basel II) sorgen für geringere Kapitalkosten.Dabei gibt es Stufenpläne. Als Basisstu-fe sollte beispielsweise ein Vertretungs-management eingeführt werden, das greift, wenn der Chef für eine Zeit von mehr als zwei Wochen ausfällt. Hier ist genau festgelegt, wer welche Aufgaben übernimmt. Einige wichtige Punkte soll-ten ebenfalls unbedingt im Vorfeld ge-klärt werden: Beispielsweise wie sich im Falle eines Falles Testament und Gesell-schaftervertrag auf das Unternehmen und seine Liquidität auswirken. Kommt ein Nachfolger aus der Familie in Betracht oder muss über einen möglichen Fremd-geschäftsführer, einen Interims-Manager nachgedacht werden?Engler betont: „Packen Sie einen ‚Not-fall-Koffer‘! Er darf nur dann benutzt werden, wenn der Chef ausfällt, und soll-te Folgendes enthalten: Regelungen zur Stellvertretung, Vollmachten für die Kon-ten, das Unternehmertestament, Liste der wesentlichen Lieferanten und Kunden, Anweisungen für die wichtigsten Pro-jekte, Passwörter, Codes, PINs für Com-puter und Online-Banking sowie Ab-lageorte für die wichtigsten Unterlagen und Schlüssel des Unternehmens.“ Wei-tere Informationen unter: www.tuev-sued.de/unternehmerausfall

RISIKOSTREUUNG Damit der Ausfall des Firmenchefs nicht zur Katastrophe für das Unternehmen wird, sind frühzeitig Vorkehrungen zu treffen.

Handlungsfähig auch im Ernstfall

21

TITELTHEMA RISIKOMANAGEMENT

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 22: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

Die Wirtschaftwelt redet derzeit nur noch von Wachstum, über Restrukturie-rung spricht kaum noch jemand. Ist die Krise schon ad acta gelegt oder greift sie über kurz oder lang doch auf die Real-wirtschaft über? Die derzeitige Entwick-lung birgt Gefahren: Die auf Wachstum ausgelegten Businesspläne in vielen Un-ternehmen verleiten allzu häufig dazu, dass die Fehler der Vergangenheit, wie z.B. ein hoher Fixkostenaufbau oder die Schaf-fung inflexibler Unternehmensstrukturen, wiederholt werden, ergänzt um das Phä-nomen der „Wachstumsfalle“. Dabei geht es um die Absicherung ausreichender Li-quidität, um sich das geplante Wachstum überhaupt leisten zu können. Es verblüfft daher nicht, dass die Finanzierung von Wachstum heute für viele Unternehmen eine zentrale Herausforderung darstellt.

Eine Studie der internationalen Managementberatung Alva-rez & Marsal fördert des Weiteren zutage, dass jedes vierte Un-ternehmen die Frage der Finanzierung als das größte Risiko für die Geschäftsentwicklung im kommenden Jahr ansieht. Die Spielräume der Banken sind – infolge von Basel III und den der Kreditvergabe zugrunde liegenden schlechteren Ratings der Kunden – zusätzlich eingeengt. Diese Rahmenbedingungen füh-ren dazu, dass sich in der Managementberatung ein Richtungs-wechsel vollzieht. Strategisch denken können die Unternehmen heute vielfach selbst. Die Zeiten, in denen der breite Verkauf von visionären Strategien en vogue war, sind vorbei. Viele Unterneh-mensberatungen stecken daher in einer Sinnkrise und arbeiten an neuen, tragfähigen Geschäftsmodellen. Doch längst nicht alle in der Managementberatung haben die Zeichen der Zeit erkannt. Anders als früher geht die Nachfrage jetzt eindeutig in Richtung konkreter Umsetzungsberatung. Künftig wird es nicht reichen, sich allein um die Passivseite zu kümmern, sondern vor allem die operative Leistungsfähigkeit muss hergestellt werden, um Ergeb-nisse und Cash Flows abzusichern.

Damit stehen insbesondere die Schaffung von nachhaltigen Strukturen sowie Prozessen für profitables Wachstum im Fokus. Parallel geht es überdies um die Erarbeitung einer atmenden, fle-xiblen Kostenstruktur, mit der sich zwangsläufig auch neue Spielräume im Bereich der Finanzierung erschließen lassen. Die von Unternehmenslenkern heute geforderten Lösungen, mit in

der GuV messbaren Ergebnissen, stellen eine neue Herausforderung an die Ma-nagementberatung dar. Es ist ein neuer Typus von Beratung gefragt. Nicht volu-minöse Konzepte mit visuell anspruchs-vollen Charts sind angesagt, sondern eine Beratung, die konkrete, messbare und nach-haltige Lösungen präsentieren kann. Klei-ne, schlagkräftige Beratungsteams, die als Umsetzer und Helfer agieren und denen es gelingt, Wertsteigerungsprogramme mit den Mitarbeitern der Kunden zu ent-wickeln und umzusetzen. Beratungsteams, die in der Umsetzung selbst Hand anlegen und die verschiedenen Initiativen im Un-ternehmen global orchestrieren, dafür selbst Verantwortung zeichnen und sich darüber hinaus noch in den Honorarmodellen un-ternehmerisch am Erfolg messen lassen. Gefragt ist daher zukünftig umso mehr ei-

ne Beratung, die über kleine Teams von hochspezialisierten Ma-nagern – ausgestattet mit Industrie- und Funktionskompetenz plus Kapitalmarkt-Know-how – den Unternehmensentscheidern zur Seite stehen und auf Entwicklungen jederzeit gezielt reagie-ren kann. Diese Manager sollten über Industriebackground sowie langjährige Beratungserfahrung verfügen. Da wir uns in einer globalen Welt befinden, muss diese Beratung auch global liefer-fähig sein. Im Vordergrund stehen messbare Lösungen, denn nur so kann den Kunden der wichtige und viel beschworene „Value Add“ auch tatsächlich geliefert werden.

Mit dem eingeforderten Anspruch, interimistisch Vorstands- und Geschäftsführungsressorts zu übernehmen bzw. als Bera-tungsteam an der Seite der Unternehmensentscheider die ge-meinsam mit den Kunden erarbeiteten Konzepte unmittelbar im Unternehmen umzusetzen, verändert sich die Beratungsbranche nachhaltig. Die Umsetzungserfahrung avanciert so zum ent-scheidenden Gradmesser und beantwortet die wichtige Frage, ob das Investment in den Berater rentabel und gerechtfertigt ist. Da-mit einhergehen muss der klare Anspruch an den Berater, jedem Problem die entsprechende Beachtung auf Senior-Level entge-gen setzen zu können und Führung zu zeigen, indem man selbst die Ärmel hochkrempelt, um die jeweiligen Aufgaben zu erledi-gen. Damit können operative und finanzielle Engpässe bewältigt und Unternehmenswerte langfristig gesichert werden. Weitere Informationen unter: www.alvarezandmarsal.com

WANDEL Die Finanzierung von Wachstum bedeutet eine zentrale Herausforderung für das Management. Unternehmensberater werden zunehmend beauftragt, Wertsteigerungsprogramme umzusetzen.

Operative Leistungsfähigkeit im Fokus

Dr. Christian Baur

Managing Director Alvarez & Marsal

Gastbeitrag

22

UNTERNEHMEN INTERIM MANAGEMENT

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 23: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

E urokrise, Griechenland, Energiewen-de und demographischer Wandel – mit diesen und ähnlichen Schlag-

worten sind insbesondere für kleinere und mittelständische Unternehmen große He-rausforderungen verbunden. Um diese si-cher zu meistern, kann externes Experten-wissen kurzfristig gezielt Unterstützung sowie Planungssicherheit bieten. Zahlreiche Unternehmen stellen sich heute neu auf und optimieren Prozesse sowie den Einsatz von Ressourcen. „Hierzu ho len sie sich ex-ternes Know-how, zusätzliches Experten-wissen und Managementkapazitäten auf Zeit ins Unternehmen“, stellt Jens Christo-phers, Vorstands vor sitzender der Dachge-sellschaft Deutsches Interim Management e.V. (DDIM), fest. Das führt nach den Kri-senjahren 2009 und 2010 zu einem 30pro-zentigen Wachstum des Marktes für Interim-Management-Dienstleistungen in Deutsch-land – gemessen am gesamten Honorar-volumen in 2011 von voraussichtlich 850 Mio. Euro – nach 640 Mio. Euro im Vorjahr.

Der steigende Bedarf im Mittelstand sorgt für ein wachsendes Angebot an Inte-rim Managern. Immer mehr erfolgreiche Li nienmanager wagen den Schritt in die Selbstständigkeit und bieten als Einzel-kämpfer oder unter dem Dach eines etab-lierten Providers ihre Erfahrung als Interim Manager an. Bei der Suche nach geeigne-ter Unterstützung kann es sinnvoll sein, auf einen Provider zurückzugreifen. Dieser kann seinem Kunden eine dessen Bedürf-nissen entsprechen de Vorauswahl an ge-eigneten Kandidaten präsentieren. Sollte sich der gewählte Experte als nicht optimal qualifiziert für die zu bewältigende Aufga-be darstellen, stellt der Provider nahtlos ei-nen anderen Interim Manager zur Verfü-gung. Diese Op tion haben Unternehmer, die eigenständig einen externen Manager be-auftragen, in aller Regel nicht.

Unternehmen, welche die Hilfe von In-terim Managern in Anspruch nehmen, pro fitieren jedenfalls von einer Mischung aus langjähriger Managementerfahrung

sowie hoher fachlicher und sozialer Kom-petenz. Qualitäten wie Umsetzungs er fah-rung und -stärke sind von besonderer Be-deutung. Derzeit werden Interim Manager noch vorwiegend auf der ersten und zwei-ten Leitungsebene eingesetzt, zunehmend trifft man jedoch auch in Projekten auf „Mitarbeiter auf Zeit“. Dort sind vor allem externe Experten gefragt, die sowohl über strategische als auch über operative Erfah-rung verfügen, stellt Johannes Becker von der Hays AG fest.

An Einsatzmöglichkeiten ist vieles denk bar: Interim Manager spielen bei Fra-gen wie Softwareeinführung und Umset-zung neuer regulatorischer Anforderungen eine Rolle, werden aber auch im Outsour-cing, Qualitätsmanagement oder bei der Aus– bzw. Eingliederung von ganzen Un-ternehmensteilen in eine Firma geholt. Bei ihren Einsätzen, die in der Regel zwischen sieben und zwölf Monaten dauern, treiben In terim Manager heute also vielmehr die Geschäftsausweitung voran und imple-

UNTERSTÜTZUNG Die Landschaft für Interim Manager verändert sich. Gefragt sind kleine, schlagkräftige Beraterteams, die nicht mehr nur im Management, sondern auch in Projekten externe Unterstützung bieten.

Experte auf Anfrage

Que

lle: w

ww

.hi-r

e.nl

/ V

ISAV

IS

23

UNTERNEHMEN INTERIM MANAGEMENT

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 24: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

mentieren neue Technologien und Ver-fahren, als dass sie sich – wie noch vor ein oder zwei Jahren - mit Restrukturierung und Sanierung auseinandersetzen müssten. „Grüner und gerechter“, meint Dr. Anselm Görres, Vorstandsvorsitzender des Arbeits-kreises Interim Management Provider (AIMP), München, müssen Schwerpunkte vieler Projekte sein, die zukünftig in mit tel-stän dischen Unternehmen auf der Agenda stehen müssen und werden. Görres weiter: „Die Energiewende zwingt uns, über andere Ver kehrssysteme nachzudenken, andere Häuser, andere Produkte. Dabei können und werden ganz viele Interim Manager eine wesentliche, unterstützende Rolle spielen.“

Nicht nur das Aufgabengebiet, sondern auch das Selbstverständnis der externen Ex perten ist einem Wandel unterworfen. Es ist ein neuer Typus von Beratung gefragt, so Dr. Christian Baur, Managing Director der internationalen Managementberatung Alvarez & Marsal. Auf dem Vormarsch sei-en kleine, schlagkräftige Beratungsteams, die als Umsetzer und Helfer agierten und de nen es gelinge, Wertsteigerungspro-gramme mit den Mitarbeitern der Kunden zu entwickeln und umzusetzen. Diese Inte-rim Manager sollen über Industrie- sowie langjährige Beratungserfahrung verfügen und müssen diese auch international – den globalen Märkten folgend – anbieten kön-nen. Erwartet werden messbare Lösun -gen, nicht voluminöse Konzepte mit vi-suell anspruchsvollen Charts. Nur so kön-ne dem Mit telstand der wichtige und viel beschworene „added value“ auch tatsäch-lich geliefert werden, erläutert Dr. Baur.

Im Hinblick auf die für Deutschland so wichtige Exportwirtschaft wäre es „denk-bar, die Geschäftsprozesse vor allem in der Pro duktion mittels Prozessoptimierung bzw. Restrukturierung der Abläufe zu verbes-sern“, empfiehlt Eugen M. Angster, Vor-standsvorsitzender BRSI Bundesvereini-

gung Restrukturierung, Sanierung und In-terim Management e.V., München. Hiermit könne auf schwankende Investitionsent-scheidungen der Handelspartner im Aus-land entsprechend flexibel und angepasst reagiert werden. Zwar wurde im Zeitraum von 2005 bis 2010 nur ein knappes Drittel aller Projektmandate im Interimsbereich im Ausland vergeben und davon wieder-um die Hälfte in Westeuropa, doch folgt dann auf dem zweiten Platz der Regionen bereits Russland – und das erstmalig in 2010. Hier spiegeln sich veränderte Schwer-punkte des internationalen Engagements deutscher Unternehmen wider.

Doch wenn die Volkswirtschaften ande-rer Staaten konsolidieren, trifft dies natür-lich die exportorientierte deutsche Wirt-schaft besonders hart, da dann ein Teil der Nachfrage wegbricht. „Gerade in solchen Umbruchzeiten können Interim Manager

in vielfacher Weise helfen – wenn nötig, auch durch harte Restrukturierungen“, be-tont Dr. Anselm Görres. Gerade objektive, neutrale Externe tun sich hier oftmals viel leichter als Mitarbeiter, die erforderlichen harten Schnitte in Unternehmen zu identi-fizieren und auch vorzunehmen. Sie helfen aber auch Bestände abzubauen, neue Märk-te zu erschließen, Produkte zu entwickeln, Prozesse schlanker zu machen und damit Durchlaufzeiten zu verkürzen, was wiede-rum die Kapitalbindung senkt und die Ren-dite steigert. Das verhilft zu besseren Unter-nehmensratings, die gerade unter den kommenden Regeln nach Basel III Voraus-setzung für eine leichtere und billigere Kreditvergabe sind. Insofern tragen dann Interim Manager – sofern sie nicht ohnehin schon im kaufmännischen Bereich einge-setzt sind – auch zur Finanzierung von Wachs tum im Mittelstand bei, worauf Dr. Baur besonders hinweist. Um das Wesen von Interim Management weiter zu verste-hen, lohnt ein Blick in die Ergebnisse der Pro viderumfrage 2011 von AIMP: Im Jahr 2010 wurde circa die Hälfte aller Interim Mandate in den vier Branchen Maschinen- und Anlagenbau, Automotive, IKT und Chemie/Pharma (nach Bedeutung aufge-führt) vergeben. In 2007 waren es noch gut 60 Prozent. Kleinere Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitern stellen dabei heute 50 Prozent aller Auftraggeber, 2005 kamen nur 31 Prozent aller Aufträge aus diesem Sek tor. Daraus folgt, dass der Interim Ma-nager seine Rolle zu 25 bis 30 Pro zent auf der ersten oder zweiten Führungsebene im Unternehmen spielt, was typisch für den Mittelstand ist. Das Über brücken einer Va-kanz im Unternehmen ist mit 41 Prozent heute noch der wich tigste Auslöser, einen Interim Manager ins Haus zu holen – eben-falls symptomatisch für mittelständische Auf traggeber. An zwei ter Stelle steht die klassische Projektarbeit, gefolgt von Ex-

BEDARF Eugen M. Angster sieht gerade in der Finanzdienstleistungsbranche ein erhebliches Potenzial für neue Aufträge an Interim Manager.

„ “Nach den Krisenjahren 2009 und 2010 verzeichnet

der Markt für Interim-Management-Dienstleistungen

in Deutschland ein Wachstum um 30 Prozent.

24

UNTERNEHMEN INTERIM MANAGEMENT

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 25: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

HERAUSFORDERUNGDr. Anselm Görres, AIMP: „In Umbruch zeiten können Interim Manager wenn nötig auch durch harte Restruktu rierungs-maßnahmen helfen.“

pan sion und Chan ge Ma nage ment. Mit 42 Pro zent aller Mandate haben die restruk tu-rie rungsnahen Aufgaben (Finan zen, Con-trol ling, Reorga ni sa tionsma nage ment) heu-te eine geringere Bedeutung als jene, die auf Expansion, neue Technologien und Vertrieb abzielen (58 Prozent). 2006 war das Ver hält-nis noch genau umgekehrt. Durchschnitt-lich 122 Tage haben die Interim Manager in 2010 im Mandat verbracht. Für 2011 geht man von 136 Tagen aus. Pro Ein satz tag ei-nes In terim Managers zahlten die Kunden

im Durchschnitt 890 Euro. Die Spann weite liegt zwischen etwa 500 Euro, die pro Tag für In terim Manager auf Spezialisten-Niveau anfallen, und knapp 1.700 Euro, die für ei-nen Manager auf Zeit in der ersten Füh-rungsebene in Rechnung gestellt werden. 23 Pro zent aller Mandate bewegten sich 2010 auf dieser Hierarchieebene. Insge samt hat sich der Interim Markt damit gegenüber dem absoluten Krisenjahr 2009 deutlich nach oben bewegt, liegt aber immer noch un ter dem Niveau von 2008 und davor.

Nach einer Prognose des DDIM-Vorsit-zenden Christophers wird es in 2012 so wei tergehen. Er rechnet mit einem Plus von 15-20 Prozent bei den Projektaufträgen und einer Stabilisierung bei den Tagessät-zen. Johannes Becker von der Hays AG kri-tisiert, dass vielen Entscheidern (circa 30 Pro zent laut AIMP-Studie 2011) immer noch nicht bewusst sei, welchen Mehrwert ihnen externe Spezialisten und Interim Manager bringen können. Doch geht auch er davon aus, dass die zunehmende demographische Schieflage die Nachfrage nach ihnen ver-stärken wird. Gerade in der Finanzdienst-leistungsbranche sieht Eugen M. Angster ein erhebliches Potenzial für neue Aufträ-ge an die In terim Manager. Denn dieser Sektor ist einer seits durch Personalfreiset-zungen in der Vergangenheit „ausgeblutet“, was eigene Umsetzungserfahrung, Exper-tenwissen und Projektmanagementerfah-rung anbelangt. Andererseits steht die Branche vor enormen Herausforderungen durch die Pflicht zur Umsetzung neuer re-gulatorischer Anforderungen wie Basel III, Verbraucherschutzauflagen etc. und die Bewältigung der aktuellen Finanzkrise und ihrer zu erwartenden Folgen.

Hierin sieht auch Dr. Christian Baur ei-ne Gefahr für den Mittelstand, für den es unter den Zwängen der Finanzkrise im mer schwerer wird, die notwendigen Finanzie-rungen für sein Geschäftsmodell zu erhal-ten. Er formuliert einen klaren Anspruch an den Berater, jedem auftretenden Prob-lem die entsprechende Kompetenz auf Se-nior-Level gegenüberstellen zu können und Umsetzungsstärke zu zeigen. Damit können operative und finanzielle Engpäs-se bewältigt und Unternehmenswerte nicht nur langfristig gesichert, sondern auch ausgeweitet werden.

Reinhard R. Oldenburg

Johannes Becker, Bereichsleiter Finance bei der Hays AG, betont im Gespräch mit der VISAVIS-Redaktion den Mehrwert von Interim Managern insbesondere im Rahmen der Projektarbeit.

Auf welchen Ebenen findet Interim Management statt?Derzeit vor allem noch auf der ersten und zweiten Managementebene. Es gibt aber verstärkt Ansätze im Projektgeschäft, z.B. bei abgegrenzten Themen in unterschiedli-chen Organisationseinheiten. Hier sind Ex-

terne gefragt, die sowohl über strategisches als auch operatives Know-how verfügen. Wieso nutzen Unternehmen Interim Mana-ger für Projekte?Kein Unternehmen kann jegliches Know-how selbst vorhalten. Bei Restrukturierun-gen oder Reorganisationen, Softwareeinfüh-rungen, der Umsetzung neuer BaFin-Anfor-derungen oder beim Kauf und Verkauf von Unternehmensteilen entstehen viele Projek-te. Diese können allein oft nicht gestemmt werden. Daher sind Fachspezialisten und externe Manager auf Zeit gefragt.Wie reif ist dieser Markt?Er ist noch in der Entwicklungsphase. Vielen Entscheidern ist noch nicht bewusst, welchen Mehrwert ihnen externe Spezialisten und In-terim Manager bringen. Doch die zunehmen-de demographische Schieflage wird die Nach-frage verstärken. Und gerade jüngere Kandi-daten sind nach einigen Jahren Erfahrung in der Beratung, bei Wirtschaftsprüfern oder in operativen Linienfunktionen prädestiniert, als Interim Manager zu arbeiten. www.hays.de

Mehrwert | Manager auf Zeit sind auch im Projektgeschäft gefragt

Expertenwissen nutzen

25

UNTERNEHMEN INTERIM MANAGEMENT

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 26: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

Im Interview mit VISAVIS ECONOMY stellt Bernd Felske, Vorstandssprecher der Volks-fürsorge, die Vorteile der verschiedenen Riester-Modelle dar.

Das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA) hat eine Bilanz von zehn Jahren Rie-ster-Rente gezogen und von Mitnahmeef-fekten und einer „nicht adäquaten Schlie-ßung der Rentenlücke“ gesprochen. Hat die Riester-Rente ihr Ziel verfehlt?Nein, sie hat das Ziel nicht verfehlt, aber auch nicht vollständig erreicht. 15 Mio. Verträge sind eine gute Leistung, aber erst jeder drit-te Erwerbstätige besitzt einen geförderten Riester-Vertrag. Das ist zu wenig, das Poten-zial ist bei weitem nicht ausgeschöpft. Die Riester-Rente ist noch immer kein Produkt, das aktiv nachgefragt wird. Deshalb ist es umso wichtiger, die Kunden anzusprechen und umfänglich zu beraten. Zusätzlich muss der Blick auf die gesamte Versorgungssitua-tion des Kunden gerichtet werden.

Laut DIA-Studie „riestern“ tendenziell die Besserverdienenden, für welche die Ries-ter-Rente ursprünglich gar nicht konzi-piert war. Wie lässt sich die eigentlich vor-gesehene Klientel gewinnen? Arbeitnehmer müssen noch besser über die Vorteile des Produktes und die staatlichen Förderungen informiert werden. Grundlage unserer Beratung ist immer eine Analyse der gesamten Versorgungssituation, auch der Inanspruchnahme staatlicher Förderung, des Kunden. Somit ist Riester ein fester Bestand-teil der Beratung. Aufgrund des künftig späteren Renten-eintrittsalters erwarten Experten einen Schlussverkauf bei der Riester-Rente, um sich das Produkt zu den alten Konditionen zu sichern. Teilen Sie diese Meinung?Nein, einen echten Schlussverkauf erwarte ich nicht. Die Änderungen ab Januar 2012 betreffen nicht nur die Riester-Rente, son-dern alle Kapital- und Rentenversicherun-gen. Ein Vertragsabschluss noch in diesem Jahr ist natürlich vorteilhaft und ratsam, aber die Produkte der Lebensversicherer bleiben auch über den Jahreswechsel hinaus sehr attraktiv. Erwarten Sie einen Schub für die Riester-Rente, sollte die vom Bundesarbeitsmi-nisterium ins Gespräch gebrachte Zu-schussrente ab 2013 kommen?Nach derzeitigen Überlegungen soll die Zu-schussrente nur in Anspruch genommen werden können, wenn seit mindestens fünf Jahren ein Vertrag über eine Riester-Rente bzw. eine betriebliche Altersvorsorge exis-tiert. Die Verbraucher werden bemüht sein, die Voraussetzungen für die Zuschussrente zu erfüllen. Daher erwarte ich natürlich ei-nen Zuwachs bei der Riester-Rente, aber auch bei der betrieblichen Altersversorgung.Bundesarbeitsministerin Ursula von der Le yen denkt da rüber nach, die Transparenz der Vorsorgeform weiter zu verbessern. Ist dies ein Vorstoß, den Sie mittragen?

Transparenz ist immer zu unterstützen, so-fern daraus keine weitere unnötige Bürokra-tie entsteht. Die gute Absicht, Transparenz zu schaffen, verursacht oftmals genau das Gegenteil, eine Formular- und Informati-onsflut. Diese wollen sich viele Menschen nicht antun, und ohne umfassende Beratung bleibt die Verunsicherung bestehen. Riester ist hierfür das beste Beispiel.Wohn-Riester ist derzeit sehr gefragt und verzeichnete zuletzt deutlich mehr Ab-schlüsse als die traditionelle Riester-Ren-te. Was sind die Gründe?Aufgrund der andauernden Niedrigzinspha-se ist der Trend zum Eigenheim weiter un-gebrochen. Dass in dem Zusammenhang der staatlich geförderten Anlageform „Wohn-Riester“ eine größere Bedeutung bekommt, verwundert nicht, zumal die Bausparkassen auch Tarife mit einem Festzins auf das an-gesparte Kapital anbieten. Welche Signale empfangen Sie aus dem Vertrieb in Sachen Produktausgestaltung und Leistungsumfängen?Für den Vertrieb sind leistungsstarke und flexible Produkte sehr wichtig. Deshalb sind bei der Volksfürsorge unsere Vermittler auch unsere Berater. Regelmäßige Expertenrun-den mit unserem Vertrieb und dem Pro-duktmanagement der Generali sind für uns daher ein zentrales Element der Produktge-staltung. Für den Verkäufer ist es wichtig, dem Kunden ein leistungsstarkes Produkt zu einem wettbewerbsfähigen Preis und einem guten Produktrating zu präsentieren. Das kann die Generali mit dem FFF von Franke und Bornberg für die Riester-Rente ebenso vorweisen wie erstklassige Unternehmens- Ratings mit dem AA- von Standard & Poors. Diese Unternehmensratings sind von zuneh-mend großer Bedeutung, denn es kommt nicht allein auf die Produkte und die Größe des Unternehmens an – die Finanzstärke ist in diesen Zeiten eine wichtige Visitenkarte.Infos: www.volksfuersorge.de

BERATUNGSBEDARF Der Abschluss eines Riester-Vertrages hilft, Versorgungslücken im Alter zu schließen. Dennoch besitzt erst jeder dritte Erwerbstätige eine entsprechende private Versicherung.

Rentenlücken adäquat schließen

26

VERSICHERUNGEN ALTERSVORSORGE

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 27: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

D ie Verunsicherung der Bürger wächst – und mit ihr die Bereitschaft vor-zusorgen. Nach Angaben des Deut-

schen Instituts für Altersvorsorge (DIA) ist die Zahl der Erwerbstätigen, die sich we-gen der Eurokrise Sorgen um ihre Erspar-nisse macht, um zehn Prozentpunkte auf 55 Prozent gestiegen. Besonders groß ist die Sorge bei Personen mit einem Haus-haltsnettoeinkommen von mehr als 3.000 Euro. 62 Prozent der Befragten glauben, dass sich die Eurokrise negativ auf ihre Al-tersvorsorge auswirken wird – Ende 2010 waren es noch 52 Prozent. Jeder dritte Er-werbstätige plant, in den kommenden Mo-naten mehr für seine Altersvorsorge zu tun – laut DIA der höchste Wert der „Deutsch-land-Trend-Vorsorge“ seit Beginn der Mes-sung. Mit der wachsenden Vorsorgebereit-schaft in der Bevölkerung wächst auch die Bereitschaft zu „riestern“. Bislang haben 15 Millionen Erwerbstätige Riesterverträge ab-geschlossen – eine in absoluten Zahlen be-eindruckende Größe, die aber zeigt, dass erst ein Drittel aller Arbeitnehmer „riestert“.

Die staatlich geförderte Riester-Rente verspricht zwar keine enormen Renditen,

garantiert aber den Kapitalerhalt. Dieser Sicherheitsaspekt ist für viele Verbraucher attraktiver als hohe Renditeversprechun-gen. Daran dürften auch die Verschlechte-rungen der Konditionen bei Kapital- und Rentenversicherungen ab 2012 nichts än-dern: So wird ab kommendem Jahr das Ren-teneinstiegsalter von 60 auf 62 Jah re erhöht und zugleich der Garantiezins von 2,25 auf 1,75 Prozent gesenkt. Sparer können zwar weiter Sparpläne für die Riester-Rente mit einem früheren Auszahlungsbeginn als dem 62. Lebensjahr abschließen; sie müssen dann aber auf die staatlichen Förderungen wie Riesterzulagen, Steuervorteile oder et-waige Kinderzulagen verzichten. Bernd Felske, Vorstandssprecher der Volks für sor ge, sagt dazu: „Aus diesem Grund ist ein Ver-tragsabschluss noch in diesem Jahr natür-lich von Vorteil und ratsam, aber die Pro-dukte der Lebens versicherer, insbesondere das Riesterprodukt, bleiben auch über den Jahreswechsel hinaus attraktiv.“ Um über das bis herige Drittel der „Riesterer“ hinaus neue Kunden zu gewinnen, plädiert Felske dafür, die Kun den „hierzu aktiv anzuspre-chen und sie umfänglich zu beraten.“

Vermutlich werden auch andere Vor-sorgeformen von der Unsicherheit der Bür-ger profitieren. So etwa die Rürup-Rente, bei der der Kunde zunächst kein Kapital an-spart, sondern eine Anwartschaft auf eine Leibrente erwirbt. Diese Anwartschaft wird durch einen Fonds sparplan oder durch ei-ne klassische bzw. fondsbasierte Versiche-rung aufgebaut. Die Rürup-Rente schränkt die Anleger zwar in ihrer Flexibilität stär-ker ein; sie kann nicht vererbt, beliehen oder übertragen werden. Vorteile ergeben sich für den Kunden aber vor allem da-durch, dass er die Beträge von der Steuer absetzen darf. Selbstständige profitieren zudem davon, dass die Rürup-Ren te nicht pfändbar ist und nicht in die Insolvenz-masse mit eingeht. Insgesamt handelt es sich um ein Produkt, das vor allem für Er-werbstätige mit mittlerem oder höherem Einkommen sowie für Selbstständige und Freiberufler attraktiv ist.

Die von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen ins Gespräch gebrachte Zu-schuss-Rente zur Verhinderung von Alters-armut dürfte hingegen lange Jahre arbei-tenden Geringver dienern und Frauen, die durch Kindererziehung keine ausreichen-den Renten ansprüche haben, nut zen. „Wir wollen die Leistung und den Einsatz dieser Menschen in der Rente gerechter beloh-nen“, so die Ministerin. „Die Zuschuss-Ren-te soll Lohn für Lebensleistung sein.“ Die Zahl der Bezieher von Zuschuss-Renten soll bis 2035 auf über eine Million steigen.

Riester-Rente, Rürup-Rente, Zuschuss-Rente – bei allen Unwegsamkeiten in Po-litik und Wirtschaft ist eines sicher: An ei-ner anständigen Altersvorsorge kommt kein Erwerbstätiger mehr vorbei. Ein The-ma, das jeden angeht – vom Geringverdie-ner bis zum Mehrfachmillionär.

Dr. Ralf Magagnoli

PRIORITÄT Der Erfolg der staatlich geförderten Alters vorsorge zeigt: Sicherheit ist vielen Erwerbstätigen wichtiger als hohe Renditen.

Vater Staat hilft mit

27

VERSICHERUNGEN ALTERSVORSORGE

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 28: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

L osgelöst von der im Kern gesunden Realwirtschaft hat die Finanzwelt ein dynamisches Eigenleben entwickelt.

Durch den Wildwuchs komplexer synthe-tischer Finanzprodukte bildete sich eine Blase, die sich verselbständigte und mit lautem Knall zerbarst. Doch eine Umkehr der Situation zeichnet sich ab. Auch, weil sich die Akteure in der Globalökonomie

wieder auf Vernunft und Verantwortung besinnen. Im Rahmen eines Wertewandels wird der Realwirtschaft Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei steht Substanz und nicht „Virtuelles“ im Vor dergrund. Die Finanz-welt setzt auf wahre Werte, auf Sicherheit und Nachhaltigkeit also. Anleger erken-nen: Der Planet Erde bietet den Menschen wahre Werte. Nach der oft unbedachten Aus-

beutung der Ökosysteme des Planeten Erde hat ein Umdenken eingesetzt, weil sich „Mut ter Erde“ mit Katastrophen wie Erdbe-ben, Überschwemmungen und Dürren zur Wehr setzt. Mehr Anleger investieren in die „Rund erneuerung des Planeten Erde“ – in moderne ressourcensparende Technologien. Investments mit ökologischem und ethi-schem Hintergrund erleben einen Boom.

Hier wird von nachhaltigen und ethi-schen Investments, „Socially Responsible In vestments“ (SRI), gesprochen. Hierunter fal len auch Mikrokredite, die meist Ban ken und Versicherungen mit religiösem Hinter-grund Kunden in Schwellenländern zur Verfügung stellen, die von herkömmlichen Banken kaum bedient werden. Mikrofi-nanz wird von Politikern auch als Instru-ment der Entwicklungszusammenarbeit betrachtet. Obwohl bis heute keine einheit-liche SRI-Definition existiert, geht die Welt-bank davon aus, dass rund 7,5 Billionen

WERTEWANDEL Die Wirtschaftskrise legt die Auswüchse des Finanzsystems schonungslos offen. Für Unbehagen sorgt die große Lücke, die zwischen der Realwirtschaft und der virtuellen Finanzwelt klafft.

„Gutes Kapital“ für die Erde

Ethik | Stabile Renditen auch in Zeiten volatiler Märkte

Die Investmentgesetzänderung im Juli 2011 ermöglicht es, Mikrofinanzprodukte auch in Deutschland als Publikumsfonds aufzulegen.Die Pax-Bank, Spezialist für ethisch nachhaltige Geld- und Vermögensanlagen, bietet den neu en „Invest in Visions Mikrofinanzfonds“ an. „Wir sind davon überzeugt, dass der Fonds nicht nur eine attraktive Rendite erzielt, sondern auch soziale Zwecke erfüllt und damit nach-haltige Entwicklung fördert“, so Gregor Kuhl, Leiter Asset-Management der Pax-Bank eG. Der Mikrofinanzfonds investiert daher welt-weit in erstrangige Kredite an Mikrofinanzin-stitute (MFIs), die sich durch hohe Rückzah-

lungsquoten von 95- 98 Prozent auszeich-nen. Dadurch ist das Kreditausfallrisiko ge-ring und die Rendite stabil. Über die Auswahl der Partner MFIs entscheiden strenge Kriteri-en. Zum einen wird eine Länderanalyse durchgeführt, die neben den volkswirtschaft-lichen Daten auch qualitative Kriterien bein-haltet und das soziale Engagement unter-sucht. Ebenso wird der Finanzsektor geprüft und das einzelne Institut analysiert. Die Fi-nanzkennzahlen und die Qualität der Unter-nehmensführung sind ebenso wichtig wie das Währungs-, das Kredit- und das Ausfallri-siko. Weitere Infos unter: www.paxbank.de

Nachhaltige Geldanlage in Mikrofinanzfonds

ZIELE „Mikrofinanzprodukte erfüllen soziale Zwecke und erzielen parallel attraktive Renditen“, so Gregor Kuhl von der Pax-Bank.

28

FINANZEN NACHHALTIGE INVESTMENTS

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 29: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

US-Dollar in Investmentformen stecken, die einen direkten Bezug zur Ökologie oder zu ethischem und moralischem Verhalten aufweisen. Das entspricht einem Anteil von weniger als 15 Prozent des in solche Investmentformen weltweit insgesamt in-vestierten liquiden Kapitals. Diese Zahlen nehmen sich bescheiden aus, doch weisen SRI-Investments eine starke Dynamik auf. Denn die Wachstumsraten erreichten in der vergangenen Dekade 15 bis 25 Prozent p.a. Es ist zu berücksichtigen, dass das Be-wusstsein für einen schonenderen Umgang mit Rohstoffen und Ressourcen in Europa weiter fortgeschritten ist als in anderen Teilen der Welt. So überrascht nicht, dass der größte Teil des „nach haltigen Kapitals“ aus Europa stammt.

Das Anlegergeld fließt dabei in Anlage-formen wie Aktien, Anleihen, Fonds, Zer-tifikate, aber auch in Private Equity und Hedgefonds. Investiert wird in einzelne Ak-tien und spezielle SRI-Indizes, die bewusst Aktien von Firmen abbilden, die keine ethischen und moralischen Negativ-Krite-rien wie Waffenproduktion, Atomenergie, Kinderarbeit und Korruption aufweisen.

Ethische und nachhaltige Investments gelten wegen der positiven Zukunftsper-spektiven auch in turbulenten Zeiten als si-chere Geldanlage. Anleger müssen davon ausgehen, dass sich auch die meisten der in diese Kategorie fallenden Unternehmen negativen Auswirkungen einer Krise nicht ent ziehen können. Aktien von nachhaltig agie renden Unternehmen werden aber län-gerfristig wegen der gezielten Ausrichtung „pro Planet Erde“ – Ressourcenschonung, Recycling, Cleantech, erneuerbare Energie-träger etc. – eine bessere Akzeptanz in der Wirtschaft finden und dann auch an den Börsen zu den Gewinnern zählen.

KLEINSTKREDITEMit Mikrofinanzierungen kann Menschen, die von Banken nicht bedient wer-den, Kapital zur Gründung einer Existenz bereit gestellt werden.

Bild

: G

TZ

/ M

ich

ae

l Ko

ttm

eie

r

Der Begriff Nachhaltigkeit ist aus unserem Sprachgebrauch nicht mehr wegzudenken. Dabei wird der Ruf nach nachhaltigem Han-deln immer lauter, auch oder insbesondere im Finanzwesen. In diesem Zusammenhang gerät das Thema „nachhaltige Geldanlagen“ mit all seinen Facetten ins Visier des Be-trachters. Die Verknüpfung von Sozialver-träglichkeit, Generationengerechtigkeit und Ökologie mit ökonomischen Faktoren stellt dabei eine große Herausforderung dar. Denn die Nachhaltigkeitsbedürfnisse der In-vestoren gehen Hand in Hand mit den Anfor-derungen an Rentabilität, Sicherheit und nicht zuletzt Liquidität. In diesem Span-nungsfeld agiert schon seit über 40 Jahren erfolgreich die Evangelische Darlehnsgenos-senschaft eG (EDG) aus Kiel. „Seit ihrer Grün-dung im Jahr 1968 baut die EDG auf christli-che Werte und damit auch auf Nachhaltig-keit. Für die Kirchenbank aus dem Norden bedeutet das, kurz gesagt, solide Sicherung der zukunftsfähigen Entwicklung: wirt-schaftlich, ethisch und ökologisch“, erläu-tert Hans-Nissen Andersen, Vorstandsvorsit-zender der EDG. Als Teil des kirchlich-diako-nischen Netzwerks wurde die EDG schon unter Nachhaltigkeitsgedanken gegründet. Ihr Auftrag lautet bis heute: kirchliche und diakonische Mittel zusammenzufassen, um diese wiederum kirchlichen und diakonisch-karitativen Zwecken zuzuführen. Zielgerich-teter und nachhaltiger Einsatz der Finanz-mittel in Kombination mit Anlagericht linien der Kirchen sowie den ethischen Grund-sätzen der Kunden prägten von Anfang an das Handeln. Dank dieser Erfahrung ist die

heutige EDG mit den vielfältigen ökonomi-schen sowie sozialen und ethischen Aspek-ten der Nachhaltigkeit bestens vertraut. Die norddeutsche Kirchenbank gibt sich damit allerdings nicht zufrieden und treibt aktiv die weitere Entwicklung in dieser Richtung voran. Dazu gehören unter anderem das EDG-Nachhaltigkeitsscreening in der Invest-mentanalyse, das Engagement im Arbeits-kreis Kirchliches Investment der Evangeli-schen Kirche in Deutschland (EKD) sowie die Entwicklung nachhaltiger Finanzprodukte.Die EDG nutzt ihr Spezialwissen gepaart mit allgemeinem Finanz-Know-how, um den An-sprüchen ihrer Kunden auch in Bezug auf Nachhaltigkeit gerecht zu werden. Weitere Informationen unter: www.edg-kiel.de

Wirtschaftlich, ethisch, ökologisch

Solide | Zielgerichteter Einsatz von Finanzmitteln

WERTE Hans-Nissen Andersen betont: „Die EDG ist fest mit den ethischen Grundsätzen ihrer Kunden verwurzelt.“

Udo G. Rettberg

29

FINANZEN NACHHALTIGE INVESTMENTS

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 30: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

D ie neuen Mittelstandssegmente der Börsen in Stuttgart, Düsseldorf und Frankfurt nahmen zuletzt vor al-

lem Unternehmen aus den Bereichen Roh-stoffe und Energie für die Fremdkapital-Beschafffung in Anspruch Das galt z.B. für den Farmland-Bewirtschafter KTG Ag-rar AG oder die FFK Environment GmbH, einen Hersteller von klimafreundlichen Er-satzbrennstoffen aus Abfällen.

Auch die wachstumsstarke Gesellschaft für Industrieforschung (GIF) – Entwick-lungspartner der Autoindustrie –, der be-kannte Verlag Bastei Lübbe und das Frei-zeitunternehmen Royalbeach Sport & Ac-tions beschafften sich auf diese Weise Fremdkapital. Als neuer attraktiver Emit-tent gilt auch die Immobilien-Holding Key-stone T-Park Verwaltungs GmbH mit Sitz in Trois dorf, die bedarfsgerechte Industrie- und Gewerbe-Immobilien bereitstellt und be treut. Über die Tochtergesellschaft K-Bond 1 GmbH hat Keystone eine Unter-nehmensanleihe im Volumen von 50 Mio. Euro konzipiert.

Diese lebhaften Emissionsaktivitäten wurden möglich, weil die Kapitalmarkt-zinsen auf ein Rekordtief gefallen sind und deutsche Börsen die Marktlücke mit Mit-telstandsanleihen geschlossen haben. „Die Börsen bieten auf diese Weise interessan-te Finanzierungsalternativen“, erläutert Frank Kochan, Chef der FFK Environment GmbH im VISAVIS-Interview.

Mittelständler sichern sich günstige Kreditzinsen und Investoren erhalten im Gegenzug renditestarke Bonds. Zehnjähri-ge Bundesanleihen werfen derzeit eine Ren-dite von weniger als 1,80 Prozent ab – Mit-telstandsanleihen tragen Kupons zwischen sechs und mehr als acht Prozent. Anleger sollten sich aber die alte Weisheit in Erin-nerung rufen, wonach die Börse keine Ge-schenke verteilt. Risiken für die „Initiative Mittelstandsanleihen“ liegen nicht zuletzt

BONDS Der Mittelstand hat den Kapitalmarkt neu für sich entdeckt. In Zeiten, in denen Eigenkapital-Fi nan-zierung über Aktien schwierig ist, beschaffen sich Unternehmen Fremdkapital durch Anleiheemissionen.

Unternehmenskultur und Rendite

„Wer sich als Weltmarktführer behaupten will, muss in schwierigen Zeiten finanziell flexibel sein, den Begriff ‚Welt‘ ernst neh-men und sich weltweit präsentieren“, sagt Ulrich Rohs, Geschäftsführer der GIF, Gesell-schaft für Industrieforschung. Das in Alsdorf ansässige Unternehmen ist Entwicklungs-partner für die Automobilindustrie und mit mehr als 120 Prüfständen Weltmarktführer im Antriebsstrang-Testing. GIF unterhält Ge-schäftsbeziehungen mit allen namhaften Automobil- und Nutzfahrzeugherstellern.Mit dem jetzt am Mittelstandsmarkt der Düsseldorfer Börse emittierten GIF-Automo-tive-Bond in Höhe von 15 Mio. Euro wagt sich das Unternehmen erstmals an den

Kapitalmarkt. Dieser Schritt erleichtert weitere Finanzmarkt-Aktivitäten. So zum Beispiel eine Eigenkapital-Finanzierung über die Aktienbörse, die das Management nicht ausschließen will. Das hänge jedoch maß geblich davon ab, wie sich die Gesprä-che mit einem nicht genannten Unterneh-men über eine geplante strategische Part-nerschaft entwickeln. Mit dem per Anleihe aufgenommenen Fremdkapital will das Unternehmen sein seit der Gründung im Jahr 1986 bei rund 30 Pro-zent p.a. liegendes Wachstum sicherstellen und zudem unabhängiger von seinen Haus-banken werden. Die Finanz- und Wirtschafts krise habe gezeigt, so der Fir-menchef, wie wichtig finanzielles Risikoma-nagement sei. Die Anleihe-Investoren inves-tieren in die Expertise und die technologi-sche Marktführerschaft eines Unterneh-mens, das seine globale Präsenz noch stär-ker ausweiten will. Die Erträge stammen aus dem Test von Antriebssträngen, der Entwick-lung neuer Getriebe und dem Verkauf von Prüf- und Testanlagen. Durch intensive Forschungs- und Entwick-lungsarbeiten will GIF mit seinen Kunden auf Augenhöhe bleiben. „Wir erkennen po-tenzielle Probleme in der Autoindustrie frü-her als andere und können so Fehlentwick-lungen vermeiden“, sagt der GIF-Chef, der einen „sehr optimistischen Blick in die Zu-kunft“ wirft – auch deshalb, weil sich die Kraftfahrzeugindustrie durch die Entwick-lung von Hybrid- und Elektro-Automobilen riesigen Herausforderungen gegenüber-sieht. Weitere Infos unter: www.gif.net

Investment in Expertise

Mittelstand | Marktführerschaft mit Fremdkapital weiter ausbauen

ENTWICKLUNGSPARTNER Ulrich Rohs: „Im Zukunfts markt Automobilsektor bleibt nur Weltspitze, wer alle Möglichkeiten nutzt, wei-ter nach vorne zu kommen.“

30

FINANZEN ANLEIHEN

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 31: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

in unternehmerischen Risiken der Emit-tenten. Jedoch hat der Mittelstand in der Vergangenheit die Fähigkeit zur Anpas-sung der Geschäftsmo delle an veränderte ökonomische Grund lagen bewiesen.

Größere Risiken liegen auf makroöko-nomischer Ebene. Denn es ist möglich, dass die Schuldenkrise den Mittelstands-anleihen-Markt ins Schleudern bringt. Die Krise zeigt, dass sich die Maßstäbe für ver-nünftiges ökonomisches Wirtschaften ver-schoben haben. Obwohl für solides Wirt-schaften bekannt, wird sich auch der Mit-telstand einer neuen Rezession nicht voll-ständig entziehen können.

Bei einer Zuspitzung der Krise wird die Finanzmarkt-Architektur ins Wanken ge-raten. Dann droht auch dem neuen „Finan-zierungs-Wunderkind“ Schaden. Für ein endgültiges Urteil über dieses neue Markt-segment ist es indes noch viel zu früh. Derzeit lässt sich trotz offener Fragen ein durchaus positives Fazit ziehen. Die Idee „Mittelstand-Bonds“ kann sich bei kons-tanter, besonnener und solider Fortführung zu einer Win-Win-Situation entwickeln, auch deshalb, weil einiges dafür spricht, dass nach der US-Notenbank Fed auch die Europäische Zentralbank (EZB) die Geld-Schleusen weiter öffnen könnte. Der neue EZB-Chef hat die Leitzinsen bereits gesenkt und es ist zu erwarten, dass die Zinsen auf niedrigem Niveau verharren. In den USA und Europa drohen japanische Verhältnis-se. Bekanntlich hatte die dortige Noten-bank als Folge der Krise vor Jahren die Zinsen stark gesenkt, so dass die Rendite von Staatsanleihen im Tief unter die Mar-ke von 0,50 Prozent fiel. Eine ähnliche Entwicklung in Europa und den USA wür-de bedeuten, dass sich Mittelstandsanlei-hen zu wahren Perlen entwickeln.

Udo G. Rettberg

Die K-Bond 1 GmbH begibt eine dreifach besicherte Hypothekenanleihe im Volu-men von 50 Millionen Euro. Diese Anlei-he gewährt dem Anleger eine direkte drei-fache Besicherung: Grundschulden in Hö-he des Anleihevolumens, das nach Mit-telverwendung nur knapp 60 Prozent des Verkehrswertes der Liegenschaft aus-macht, Abtretung aller Mietforderungen und Ver pfändung sämtlicher Erlöskon-ten, auf denen Mieteingänge eingehen und die Zinszahlungen monatlich eben-so angespart wie Rücklagen für Betriebs-, Instandhaltungs- und Instandsetzungs-kosten gebildet werden. Unabhängige Gut-achten haben den Verkehrswert der Lie-genschaften auf 76,5 Mil lionen Euro be-ziffert und da das Emis sionsvolumen nur 50 Millionen Euro beträgt, ergibt sich ei-ne deutliche Überde ckung zu Gunsten des Anlegers. „Im Gegensatz zu vergleichba-ren Kapitalmarktprodukten investieren die Anleihezeichner bei K-Bond 1 nicht in ei-ne Black Box“, unterstreicht Frank Rü-ckersberg, Geschäftsführer der K-Bond 1, die Besonderheit dieser Emission, „denn die Immobilien, die Cash Flows und die Miet verträge stehen fest. Da die Immobi-lien von uns bereits seit 2006 im Bestand gehalten werden, können wir auch die stetig positive Entwicklung aufzeigen“.„Zusätzlich verpflichtet sich die Emitten-tin, halbjährlich über die Einnahmen und Ausgaben aus und im Zusammenhang mit dem Immobilienportfolio zu berich-ten“, bestätigt Hans-Günther Nordhues, CFO der K-Bond 1 GmbH. Die Anleihe ist von der Euler Hermes Ra ting GmbH mit

dem Investmentgrade BBB bewertet wor-den. Die Simulationsergebnisse zeigen eine hohe Solidität des Geschäftsmodells und ein Ausfall der Gläu biger zum Zeitpunkt der Rückzahlung der Anleihe wird von der Rating agentur nahezu ausgeschlossen. Der Anleiheerlös dient der allgemeinen Finanzierung der Besitzgesellschaften so-wie der weiteren Projektentwicklung. Nach Begebung der Anleihe haben die Besitzgesellschaften keine weiteren ex-ternen Verbindlichkeiten und finanzie-ren sich alleine aus dem Cash Flow. „Die Immobilienanleihe ermöglicht Anlegern ein Investment mit hoher Anlagesicher-heit und attraktiver Verzinsung in einem Immobiliensegment mit Wachs tums pers-pektive“, erläutert Nordhues. Und Rü-ckers berg ergänzt: „Die K-Bond 1 Anlei-he ist eine gute Anlage für all jene, die in Sachwerte investieren wollen, ohne sich um den Sachwert und dessen Verwal-tung selbst kümmern zu müssen“. Infor-mationen unter: www.k-bonds.com.

EMISSION In Zeiten volatiler Märkte greifen Anleger zu Investitionen in Sachwerte. Bei der Zeichnung von Immobilienanleihen ist eine solide Besicherung wichtig.

Anlagen mit Potenzial

SACHWERTHans-Günther Nordhues (li.), CFO, und Frank Rückersberg, Geschäftsführer der K-Bond 1

GmbH legen Wert auf eine drei-fache Besicherung der von der

Gesellschaft begebenen Hypothekenanleihe.

Das umfangreiche Leistungsportfolio der Keystone Gruppe, bestehend aus Pro-jektentwicklung, Mietvertragsmanage-ment und Beratung wird durch die im Mai 2011 gegründete K-Bonds Finance GmbH sinnvoll ergänzt. Die Gesellschaft ist mit der Konzeptionierung und Struk-turierung von Immobilienfinanzierungen betraut und organisiert in diesem Zu-sammenhang die Emission von Hypo-thekenanleihen für die Keystone Gruppe sowie deren Kunden.

31

FINANZEN ANLEIHEN

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 32: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

„In den kommenden beiden Jahren wer-den wir uns als integraler Bestandteil einer Payment-Strategie der Deutschen Tele kom etablieren“, stellt Peter Vesco, CEO des Anbieters von Online-Payment-Lösungen ClickandBuy, im Gespräch mit VISAVIS ECO-NOMY die Zukunft dar. „Zunächst als Kom-ponente der Online-Payment-Strategie, in Folge immer mehr als Bestandteil der Mo-bile-Payment-Strategie des Konzerns.“ Und natürlich werde man über ein Fragment in ei ner Wertschöpfungskette hinauswachsen. Vesco kann beeindruckende Zahlen vorle-gen: Über 13 Millionen registrierte Kunden welt weit, mehr als 250.000 Neuanmeldun-gen pro Monat, rund 16.000 Shops als Part-ner, ein Angebot von über 50 nationalen und internationalen Bezahlmethoden und Abrechungen in mehr als 120 Währungen. Zu den On line-Shops, die das Clickand Buy-Bezahlsystem nutzen, gehören Namen wie zum Beispiel der Apple iTunes Store, Musicload, Steam, FAZ-Net, Bild.de und Parship. Damit gehört das 1999 im Kölner Mediapark gegründete Un ternehmen zu den weltweit größten Anbietern entspre-chender Be zahlsysteme. Seit März letzten Jahres ist ClickandBuy eine 100prozentige Tochter der Deutschen Telekom AG, die auf diese Weise ihr Portfolio im boomen den In-ternetgeschäft weiter ausgebaut hat.

Das Geschäftsmodell von ClickandBuy ist denkbar einfach: Kunden wollen über-all bequem und sicher bezahlen. Sie regis-trieren sich ein einziges Mal bei Clickand-Buy und geben ihre Daten an. Über das von

vielen Onlineshops akzeptierte Konto kön-nen sie dann jederzeit problemlos einkau-fen. Die Gefahr, zu viele sensible Datenan-gaben im Internet zu tätigen, ist damit ge-bannt. Der Online-Payment-Spezialist bie-tet die gesamte Bandbreite internationaler Zahlungsmöglichkeiten von Lastschrift, Banküberweisung, Giropay, Visa, Master, American Express, Diners Club oder eWal-let an. Die Unternehmensphilosophie da-hinter: Für den Kunden muss der Bezahl-vorgang so leicht wie möglich sein. Er muss entscheiden, wie er bezahlen will – ohne seine Kreditkarte aus der Hand zu ge-ben. Eine Philosophie, die Peter Vesco be-stätigt: „Wir setzen ganz auf Convenience.“

Eine immer wichtigere Rolle spielen da-bei nach Ansicht Vescos mobile Systeme wie etwa Smartphones. Der Kunde zahlt zu-nehmend mobil, und der Dienstleister hat die Aufgabe, über ein zentralisiertes Be-zahlsystem alle Kanäle zu bündeln. Vesco spricht in diesem Zusammenhang von Kon-vergenz und sieht M-Commerce und E-Commerce zusammenwachsen: „Der Kun-de kann zumeist nicht unterscheiden, ob es sich um E-Commerce oder M-Commerce handelt – und es ist für ihn auch nicht wich-tig.“ Wichtig sei es für den Anbieter von Bezahlsystemen hingegen, die unterschied-lichen Kulturen zu berücksichtigen: Wäh-rend in einigen süd- und osteuropäischen Ländern mobile Bezahlsysteme auf dem Vormarsch seien, sei man in Deutschland deutlich konservativer, was möglicherweise auch an dem höheren Anteil älterer Men-

schen liege. „Wir müssen auf eine Vielfalt an Optionen setzen: Es gibt ein Verrech-nungskonto, mit dem der Kunde in sämtli-chen Einkaufssituationen bezahlen kann.“

So wie für die Telekom der Erwerb des großen Anbieters von Online-Payment-lösungen vorteilhaft ist, wirkt sich umge-kehrt die „Marke“ Deutsche Telekom güns-tig für ClickandBuy aus – und zwar sowohl bei Kunden als auch bei Händlern. Und Vertrauen ist bei Bezahlsystemen alles: „Die Kunden haben die Gewähr, dass ihre Kun-dendaten nicht weitergeleitet werden – und verlassen sich auf die Deutsche Telekom. Das Vertrauen der Kunden ist also da“, so Peter Vesco. Für die Händler spielen Größe, Zuverlässigkeit und Hochverfüg barkeit, die von dem Konzern gewährleistet werden, die entscheidende Rolle. Der Händler will die Zeit für den Zahlungsprozess verrin-gern und gleichzeitig einen einzigen An-sprechpartner statt mehrerer haben. Eine bedeutende Rolle spielt nach Ansicht Peter Vescos auch der einheitliche Euro-Zah-lungsverkehrsraum SEPA (Single Euro Pa-yments Area), in dem alle Zahlungen wie inländische Zahlungen behandelt werden sollen. Mit einem international aufgestell-ten Konzern wie der Telekom, die gut in Sachen SEPA unterwegs ist, befindet sich ClickandBuy in einer komfortablen Situa-tion im Vergleich zu Mitbewerbern. „Für die kommenden Herausforderungen ist die Telekomtochter ClickandBuy jedenfalls bestens gewappnet“, resümiert Peter Vesco. Weitere Infos unter: www.clickandbuy.com

BEZAHLSYSTEME Mobilität wird auch bei Online-Payment-Lösungen immer wichtiger. Zugleich wachsen die Sicherheitsanforderungen. Für den Kunden muss der Bezahlvorgang so leicht wie möglich sein.

Garantiert sicher zahlen

ANFORDERUNG„Kunden wollen sowohl on-line als auch mobil einfach und sicher über nur ein Verrech nungs konto zahlen“, so Peter Vesco im Gespräch mit VISAVIS-Redakteur Bernhard Haselbauer.

32

MÄRKTE E-COMMERCE

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 33: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

D er Handel der Zukunft lässt sich nicht mehr länger nur auf einen Vertriebskanal beschränken. Multi-

Channel gilt schon seit geraumer Zeit als der wichtigste Trend der Handelsbranche. Kein Wunder, denn die Erfahrung hat ge-zeigt, dass sich der Umsatz erheblich stei-gern lässt, wenn die Waren in verschiede-nen Kanälen angeboten werden. Während Skeptiker anfangs befürchteten, dass sich die Einkäufe lediglich verlagern würden, weil ein Online-Kunde nun eben im Web statt in der Filiale einkauft, gilt inzwischen das Gegenteil als erwiesen. Die Umsätze klettern. Denn: Erstens wächst die Kun-denbasis durch das Hinzufügen eines Ka-nals. Zweitens steigt die Kundentreue, weil sie nun jederzeit die passende Art des Ein-kaufs wählen können. Aus ihrer Sicht ent-fällt in vielen Fällen ein Grund, den Händ-ler zu wechseln. Drittens erhöht sich die Einkaufsfrequenz, weil die Kunden für Mar-ketingmaßnahmen besser und günstiger

erreichbar sind. Und viertens nimmt der Wert des Warenkorbs zu, weil das gesamte Einkaufserlebnis als modern und positiv empfunden wird, der Kunde also gerne einkauft. „Der Filialhandel erlebt durch das Thema Multichannel gerade eine Renais-sance“, sagt deswegen Achim Himmelreich, Partner der Unternehmensberatung Mü-cke, Sturm & Company und Vorsitzender der Fachgruppe E-Commerce im Bundes-verband der Digitalen Wirtschaft (BVDW).

In Deutschland geben die Online Shop-per im Schnitt gut 61 Euro je Einkauf im Internet aus, im Europa sind es rund 77 Euro. Dabei greifen Männer tiefer in die Tasche als Frauen: Rund 88 Euro ist ein Warenkorb männlicher Webshopper in Eu-ropa im Durchschnitt wert, bei Frauen sind es im Schnitt knapp 66 Euro. Zu diesen Er-gebnissen kommt die Deutsche Card Servi-ces in ihrem „E-Retail-Report“. Der Studie liegen rund acht Millionen Transaktionen aus realen Kaufvorgängen zugrunde, die

zwischen Oktober 2008 und September 2009 über die Plattform der Deutschen Card Services abgewickelt wurden. Da die Deutsche-Bank-Tochter einen Schwerpunkt auf der Akzeptanz von Debit- und Kredit-karten legt, werden nicht sämtliche Zahl-arten berücksichtigt. Die Stu die stellt also einen Marktausschnitt dar.

SCHRANKEN AUFHEBENVon den Erfolgen im Multi-Channel ange-spornt predigen die Branchenexperten längst das nächste Schlagwort. No-Line-Commerce soll nun alle Schranken aufhe-ben. Der Begriff steht für die komplette Verschmelzung des Einkaufserlebnisses. Statt verschiedene Kanäle anzubieten, soll der Händler den Kanal-Gedanken gleich ganz eliminieren. Im Mittelpunkt steht nur noch der Kunde. Wie und wo er einkauft, spielt überhaupt keine Rolle mehr. Ob on-line bestellt, im Laden erworben oder alles gemixt – dem Kunden steht jederzeit jeder Service des Anbieters zur Verfügung. Mit virtuellen Anproben, Tablet-PCs am POS und durchgängigem Customer-Experien-ce-Management bietet die Filiale vor Ort dasselbe Einkaufserlebnis wie der Online-Shop. Eine im Web gekaufte Jacke darf auch in der Filiale umgetauscht werden, das News-letter-Abo selbstverständlich vor Ort ge-ändert werden. Augmented Reality-Apps, virtuelle Shopping-Malls an Plakatwän-den oder im Schaufenster und mobile Shopping-Seiten mit lokal basierter Wer-bung bringen die Internetfunktionalität via Smartphone in das „echte Leben“ und machen den Einkauf jederzeit zum Kinder-spiel. „Der stationäre Handel wird in Zu-kunft nicht mehr ohne Online-Angebot auskommen“, weiß daher Michael Barth, Bereichsleiter E- und M-Business beim IT-Verband Bitkom. „Er muss sich neue Tech-nologien wie Location Based Services und Augmented Reality zu Nutze machen.“

WANDEL Online- und Filialhandel werden untrennbar miteinander ver schmel zen. Für die Unternehmen bedeutet das einen enormen Umbruch – und für die Payment-Anbieter eine gewaltige Chance.

Fusion zweier Welten

33

MÄRKTE E-COMMERCE

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 34: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

Das Konzept von No-Line-Commerce klingt zukunftsweisend und einleuchtend – für den Handel bedeutet es jedoch eine gewaltige Herausforderung. Viele Prozesse aus der Online-Welt müssen in die reale Welt übertragen werden. Zum Beispiel die simple Frage: Wie viele Bezahlverfahren soll ein Shop-Betreiber anbieten – und welche? Ist die Kreditkarte ein Muss? Kann auf ein Online-Payment-System wie Pay pal verzichtet werden? Laut „E-Retail-Report“. werden in Deutschland im Schnitt knapp

37 Prozent aller Zahlungen per Kreditkarte beglichen, rund 33 Prozent per Lastschrift und gut 26 Prozent über Offline-Zahlarten. Bei den Kreditkartenmarken dominieren mit je etwa 40 Prozent eindeutig Visa und Mastercard. „Zahlreiche Studien belegen, dass mit zunehmender Anzahl der Zah-lungsverfahren auch die Abbruchquote ei-nes Kaufvorgangs sinkt“, hat Eike Harms, E-Commerce-Experte und Präsident der Fachhochschule PTL Wedel, festgestellt. Und was online gilt, könnte künftig auch

in der Offlinewelt gültig sein. Daher lohnt sich ein genauer Blick auf die Erfahrungen des Internet-Payment. Im Schnitt bieten Online-Händler in Deutschland 4,4 ver-schiedene Zahlarten an. An der Spitze steht unangefochten die Vorkasse per Überwei-sung, die mehr als 80 Prozent der Shop-Betreiber im Bezahlportfolio haben. Platz zwei geht an Paypal, das in rund 60 Pro-zent der Shops zu finden ist. Dahinter lie-gen die Zahlung bei Abholung, per Rech-nung, Kreditkarte, Sofortüberweisung und

WARENLIEFERUNGENKnapp 45 Prozent der

online-Shopper hat

Bedenken, online bestellte

Ware nicht geliefert zu

bekommen. Bei rund

einem Fünftel der Kunden

war dies tatsächlich

bereits der Fall, ergab

eine Umfrage.

0,9 %

Haben Sie Angst davor, einebestellte Ware nicht zu bekommen?

Haben Sie schon einmal einebestellte Ware nicht bekommen?

keine Angabe

21,1 %0,1 %

78,8 %

ja

nein

44,7 %

54,4 %

Que

lle: E

uPD

Res

earc

h

Social Commerce hat schon heute viele Facet-ten. Zwei Konstanten bestimmen die Entwick-lung: Der Mensch als soziales Wesen und das Vertrauen als Grundlage des Handels. Innovatives Social Commerce bietet die schwe-dische Firma Tre. Sie setzt den Online-Kunden per Flash-Technologie einen Verkäufer gegen-über, der Kunden berät. Der Ablauf ähnelt ei-ner Callcenter-Bestellung. Hierfür sind neue Techniken erforderlich, die während der Inter-aktion zwischen Käufer und Verkäufer eine si-chere Eingabe der Daten erlauben.Nach der Ergänzung der klassischen Ver-kaufskanäle durch E-Commerce folgen jetzt die mobilen Endgeräte oder moderne Fernse-her. Auch am Point of Sale wollen Kunden mit ihrem Handy per NFC (Near Field Communica-tion) zahlen. Für den Handel bedeutet dies eine ernst zu nehmende Herausforderung, weil die Marken, Produktdaten und Preise durchgehend gleich sein sollten. Solange die Sicherheitsfragen jedoch nicht klar beantwor-

tet sind, bleibt der Umsatz über diese Kanäle auf First Mover-Kundschaft beschränkt.Eine Investition in Multichannel Commerce ist dennoch gerechtfertigt, weil heute schon vie-le Geschäfte, die mit mobiler Recherche be-ginnen, zu Umsätzen im E-Commerce oder am Point of Sale führen. In puncto Sicherheit und Vertrauen gibt es noch Abstriche, denn zum Beispiel an der Kasse funktioniert nicht jede Zahlart mobil. „Computop hat zwar die Bezahlung mit Kredit-, Debit-Karten und Pay Pal für Endgeräte optimiert“, erklärt Ralf Gla-dis, Geschäftsführer des Payment Providers Computop, „es gibt aber viele Zahlarten, wie giropay oder iDEAL, die von den Banken nicht für mobile Geräte verbessert wurden.“ Das führt aktuell noch zu höheren Bestellabbrü-chen, weil die Kunden ihre vertraute Zahlart nicht nutzen können. Trotzdem werden sich Social und Multichannel Commerce laut Gla-dis am Ende durchsetzen. Weitere Informatio-nen unter: www.computop.de

Sicher einkaufen und bezahlen

Interaktiv | Neue Verkaufskanäle für den Handel

ZUKUNFTSWEISEND „Bereits heute wickeln circa 2.000 Online-Händler jährlich Zah lun-gen im Wert von fünf Milliarden US-Dollar via Computop Paygate ab“, so Ralf Gladis.

34VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 35: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

Nachnahme etwa gleichauf bei rund 45 Pro-zent. Dies hat das Institut Ibi Research an der Universität Regensburg im Rahmen sei-nes „E-Commerce Leitfadens“ ermittelt. Doch welche Faktoren sind ausschlaggebend für die Auswahl der geeigneten Zahlverfahren?

BEZAHLSYSTEME WÄHLENZunächst sollten zwei elementare Aspekte geprüft werden. Zum einen muss der Web-shop-Betreiber seine Zielgruppe analysie-ren. Am einfachsten gelingt dies, indem der Händler die soziodemografischen Da-ten der Bestandskunden durchforstet und deren Kauf- und Zahlverhalten prüft. Auch Neukunden werden sich ähnlich verhalten. Ein Anbieter, der beispielsweise vorwiegend jüngere Käufer anspricht, muss sich im Kla-ren darüber sein, dass diese oft nicht über eine Kreditkarte verfügen. Entsprechend muss er andere Zahlarten, etwa Vor kasse oder Paypal, anbieten. Wer sich hin gegen vorwiegend an eine ältere, solvente Klientel wendet, sollte die Zahlung per Kreditkarte im Portfolio haben. Die zweite Grundüber-legung betrifft die Warengruppe. Händler, die Waren anbieten, die sich leicht wieder-verkaufen lassen – beispielsweise Note-books oder Handys – sollten Zahlarten mit höherem Risiko wie den ungesicherten Kauf auf Rechnung eher meiden. Ansons-ten müssen sie mit Betrugsversuchen rech-nen. Bei anderen Produkten wie etwa Mö-beln oder Bekleidung spielen solche Über-legungen eine geringere Rolle.

Sind diese Aspekte geklärt, können weitere Kriterien berücksichtigt werden. Generell raten Experten möglichst viele Zahlarten anzubieten, weil die Abschluss-quote mit der Zahl der angebotenen Zahl-arten steigt. In jedem Fall sollten Online-Händler bekannte Zahlarten berücksichti-gen. Dazu gehören Online-Zahlungssyste-me wie etwa Paypal und Clickandbuy. Sie werden von großen Marktplätzen einge-

TECHNOLOGIEMichael Barth: „Der

sta tionäre Handel wird in Zukunft nicht mehr ohne Online-Angebot

auskommen.“

Bernd Greifeneder, CTO und Gründer von dynaTrace, einer Software Division von Compuware, erläutert die Bedeutung von Application Performance Management (APM) im E-Commerce.

Waren und Dienstleistungen werden heute im großen Stil über das Internet bestellt. Die Technologie dahinter wird immer ausgefeilter......nahezu jedes Unternehmen ist heute von IT abhängig. Insbesondere gilt das für alle

Firmen, die im E-Commerce tätig sind: Hier bedeutete die IT das Geschäft. APM galt lange als eine Technologie, bei der das „M“ nur als Monitoring gesehen wurde. Unter-nehmen führten schon Lasttests durch um sicherzustellen, dass die IT hohe Zugriffs-zahlen meistern kann. Wir bei dynaTrace gehen aber den entscheidenden Schritt weiter und bieten tiefergehende und ge naue re Einblicke in das Verhalten von Anwendun-gen und deren Leistung unter Last.Wie muss man sich das vorstellen?Ungefähr so, als könnten Sie einen Leistungssportler während des Wettkamp-fes mit einem Kernspintomographen durch-leuchten: Wir zeigen unseren Kunden auf, wo und warum die optimale Leistung nicht erreicht wird und geben gleichzeitig Empfehlungen, wie man diesen Missstand beheben kann. Das alles unter realen Bedin-gungen und – um im Bild zu bleiben – ohne dem Sportler ein Klotz am Bein zu sein. Also ein echter Mehrwert.Somit geht es hier nicht nur um die IT als solche, sondern letztlich auch um den Geschäftserfolg?Kundenbindung beginnt mit dem Besuch der Internetseite des Anbieters. Wie schnell verlässt man eine Website, weil eine Such-anfrage zu lange dauert oder eine Unter-seite nicht aufrufbar ist? Im Google-Zeitalter erwartet der Kunde nun mal Reaktionszeiten von ein bis zwei Sekunden, sonst wechselt er zur Konkurrenz. Performance ist also entscheidend und hat in letzter Konsequenz auch Einfluss auf den Umsatzerfolg. Weitere Informationen unter: www.dynatrace.com

Mehrwert | Geschäftserfolg dank optimaler Performance

Firmen-IT auf dem Prüfstand

OPTIMIERUNG „Echtzeit-Analyse von Appli-kationen und Einblick in die Zufriedenheit der Anwender – das bringt wirklichen Mehrwert“, so Bernd Greifeneder von dynaTrace.

35

MÄRKTE E-COMMERCE

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 36: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

setzt und sind daher vielen Konsumenten bekannt und vertraut. Umstritten ist der-zeit noch die Zahlart „Bezahlen mit Ama-zon“. Viele Händler befürchten, dass Ama-zon aus dem Einkaufsverhalten der Kun-den Erkenntnisse für sein eigenes Angebot gewinnt und so seine Wettbewerbsposition stärkt. In der Vergangenheit erwies sich Amazon in dieser Hinsicht als wenig zim-perlich. Andererseits spricht aus Sicht der Online-Shopper sehr wenig gegen das Be-zahlverfahren. Viele Nutzer verfügen be-reits über ein Amazon-Konto, vertrauen der Marke und würden dieses Bezahlver-fahren vermutlich begrüßen. Vor allem Shops, die selbst noch keine große Be-kanntheit erreicht haben, können von solch eingeführten Zahlarten profitieren.

Händler oder Marken, die noch neu auf dem Markt sind, müssen ohnehin erst ein-mal Vertrauen aufbauen. Ein wichtiges

Mittel dazu ist, den Kauf auf Rechnung an-zubieten. Allerdings ist hier das Ausfallri-siko auch besonders hoch. Der Händler sitzt daher in einer Zwickmühle: Einerseits kann er sich keine Ausfälle leisten. Andererseits „ist es aber nicht Aufgabe des Händlers, auf der sicheren Seite zu sein. Da bleibt er näm-lich auf seiner Ware sitzen“, merkt Wolf-gang Wenzel vom Bundesverband Online-handel süffisant an.

ZAHLUNGSAUFÄLLEN VORBEUGENUm sich auf den Kunden zuzubewegen, bietet sich der abgesicherte Rechnungskauf an, bei dem der Händ ler eine Zahlungsga-rantie erhält. Zwischen drei und fünf Pro-zent der Rechnungssumme muss der Händ-ler in aller Regel an den Anbieter zahlen, ab hängig von Faktoren wie der Produkt- und Zielgruppe, der Anzahl von durchge-führten Transaktionen sowie dem Umsatz-

volumen. Bei risikoreichen Produkten oder Käufergrup pen kann der Anteil daher deutlich hö her ausfallen. Das Problem: „Für viele Händler sind die Kosten für ex-terne Risikoma nagement-Dienstleister ein-fach hoch“, hat Bernd Skiera, Professor für Electronic Com merce an der Universität Frankfurt festgestellt. „Aktuelle Studien zei-gen, dass daher nur wenige Händler vor-beugende Maßnahmen treffen, um Zah-lungsausfälle zu vermeiden.“

Händler sollten daher unbedingt ver-handeln. Dies lohnt sich insbesondere, da zum einen die Zahl der Risikomanage-mentanbieter in den vergangenen Mona-ten deutlich gewachsen ist und zum ande-ren die Konditionen häufig für jeden Shop individuell festgelegt werden. Zudem kön-nen Shop-Betreiber darauf dringen, etwa nach den ersten sechs Monaten nochmals nachzuverhandeln. Eine weitere Lösung

SICHERHEITEine Befragung hat

ergeben, dass 13,1

Prozent der Befragten

ihren online-Kauf bereits

einmal über Käuferschutz

abgesichert hat. Fast 90

Prozent waren mit der

Abwicklung sehr zufrieden

bzw. zufrieden.

1,1 %

Haben Sie schon einmalKäuferschutz im Internet beantragt?

0,1 %

ja

neinweiß nichtKeine Angabe

13,1 %

85,7 %

Weiß nicht1,9 %

Gar nicht zufrieden5,8 %

Weniger zufrieden3,8 %

Zufrieden37,5 %

sehr zufrieden51 %

Que

lle: E

uPD

Res

earc

h

Zahlungsausfall | Betrug im Netz erkennen und vermeiden

Vor allem international tätige Internet-Händ-ler sehen sich mit immer raffinierteren Be-trugsmethoden konfrontiert. Verdächtige Transaktionen zu identifizieren, bevor ein Schaden entstanden ist, gehört daher zu den größten Herausforderungen von Shopbetrei-bern. Gleichzeitig gilt es, die Anzahl der False Positives, also der fälschlicherweise als Be-trug bezeichneten, regulären Transaktionen, möglichst gering zu halten. Effektive IT-Lösungen helfen weiter: Sie prü-fen jede einzelne Bestellung mittels ausge-feilter Analytik auf Betrugsverdacht. Betrugs-muster werden automatisch erkannt und flie-

ßen direkt in Regelwerke ein, die dann eine fundierte Entscheidung gewährleisten. Paral-lel veranlassen integrierte Simulationsfunk-tionen, die auf der Basis von Bestandsdaten durchgeführt werden, dass die Regelsets kontinuierlich optimiert werden. Einen siche-ren Schutz vor Zahlungsausfällen bietet eine spezifische Abstimmung auf die unterschied-lichen Anforderungen der drei Kernbranchen im E-Commerce: Konsumgüter, Touristik und digitale Güter. Zunehmend sind Systeme ge-fragt, die zusätzlich individuelle Key Perfor-mance Indikatoren berücksichtigen. Moder-ne Risikomanagement-Lösungen, wie die

Fraud Prevention Suite der Wirecard AG, er-lauben speziell zugeschnittene Vorgaben wie beispielsweise die Definition einer maxima-len Betrugsrate. Infos: www.wirecard.com

Auf Nummer sicher im internationalen Online-Handel

36VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 37: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

kann darin liegen, den Aufpreis für den Dienstleister an den Kunden weiterzurei-chen. Das kann sich vor allem dann loh-nen, wenn die Margen in dem Sortiment generell so niedrig sind, dass auch die Wettbewerber keinen Rechnungskauf an-bieten. Dann empfinden die Kunden es auch dann noch als einen überzeugenden Service, wenn die Bezahlart „auf Rech-nung“ einen Zuschlag kostet.

Den Trend zum No-Line-Commerce nehmen die Zahlungsabieter sogar schon vorneweg. Zwei Unternehmen arbeiten derzeit besonders intensiv daran, ihre Be-zahlarten aus der Online-Welt in die reale Welt zu übertragen: Paypal und Google. Beide haben gerade Lösungen vorgestellt, wie sich ihre Zahlarten mittels Smartpho-ne auch am POS einsetzen lassen. Tech-nisch unterscheiden sich die Lösungen in-sofern, als Google auf die modernere NFC-Technik (Near Field Communication) setzt, für die bislang aber noch die Infrastruktur fehlt. Weder NFC-Terminals noch -Handys haben derzeit eine bedeutende Markt-durchdringung erreicht. Paypal hat daher eine Barcodelösung entwickelt, die deut-lich geringere Anforderungen stellt. Mit-tels Handy-Bildschirm und -Kamera las-sen sich beliebige Beträge zwischen zwei Smartphones übertragen. Für die Sicher-heit spielt es dabei kaum eine Rolle, wel-che der beiden Lösungen eingesetzt wird, eher der Komfort für den Nutzer ist hier ausschlaggebend. Trotzdem spielt das The-ma Sicherheit eine große Rolle, wenn es um den Markterfolg der Systeme geht. Die Kunden stehen neuen Bezahlarten äußerst skeptisch gegenüber, Sicherheit hat obers-te Priorität. Allerdings bedeutet „Sicher-heit“ in diesem Zusammenhang vor allem „gefühlte Sicherheit“. Die wenigsten Kun-den interessieren sich für komplexe tech-nische Abläufe und bei genauer Betrach-tung müssen sie das auch gar nicht. Die

AUSWAHLEike Harms stellt fest,

dass beim digitalen Einkauf mit zunehmen-

der Anzahl der Zah-lungsverfahren sinken-

de Abbruchquoten beim Bezahlvorgang

einhergehen.

Telefonieren, surfen und navigieren mit nur einem Gerät – Applikationen für iPhone und Co. bieten vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Sie sind einfach bedienbar und benötigen, gemessen an ihrem Können, wenig Spei-cherplatz. Das Telefonbuch hat solche Alles-könner für diverse Smartphones. Die iPhone-App von Das Telefonbuch hat nun so gar eine vollwertige Navigationsfunktion, die herkömmlichen „Navis“ in nichts nach-steht. So sind hierüber sowohl Treffer aus der bekannten Adresssuche als auch frei wählbare Ziele ansteuerbar. Der digitale Helfer bietet unter anderem die Wahl zwi -schen Auto- und Fußgängerstrecken, filter-baren Point of Interest-Kategorien, die sich während der Navigation einblenden, sowie verschiedene Routen-Modi. Das Kartenma-

terial deckt Deutschland, Österreich und die Schweiz ab und stammt von Map and Route. Das „V-Navi“ kann aus der Das Telefonbuch-App heraus kostenlos heruntergeladen und hierüber frei genutzt werden.Neben der neuen Navigationsfunktion über-zeugt die Applikation auch mit ihren umfangreichen Suchoptionen. Über die Standardsuche hinaus kann sich der Nutzer zum Beispiel im Umkreis gefundene Adres-sen auf einer detaillierten Stadtkarte anzei-gen lassen. Zudem hat er die Möglichkeit, nach Postleitzahlen und Vorwahlen zu suchen. Und umgekehrt: Sofern freigege-ben, können über die Rückwärtssuche anhand einer Telefonnummer auch die dazugehörigen Teilnehmer ermittelt werden. Ebenso lassen sich auf dem Startbildschirm individuell Icons anordnen. Mit nur einem Klick erfolgt hierüber ein direkter Zugriff auf wichtige Ziele in der Umgebung. 21 Haupt-kategorien stehen hierfür zur Auswahl, unter anderem EC-Automaten, Cafés, Auto-vermietungen und Apotheken. Aber auch die schnelle Suche nach speziellen Katego-rien wie Wäscherei oder Schlüsseldienst ist mit der Das Telefonbuch-App für iPhone möglich. Weitere Informationen unter: www.dastelefonbuch-marketing.de

Integriert | iPhone-App mit kostenloser Navigation

Digitaler Alleskönner

UMFASSENDDie kostenlose iPhone-App von Das Telefonbuch bietet ein vollwertiges Navigationssystem, umfangreiche Suchfunktionen und diverse Individuali sierungs-möglichkeiten.

37

MÄRKTE E-COMMERCE

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 38: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

Kunden wollen vor allem das Gefühl ha-ben, dass ihr Geld in guten Händen liegt. Starke Marken genießen daher einen Ver-trauensvorschuss. Und auch ganz objektiv betrachtet findet „Sicherheit“ eigentlich nur in den AGB der Anbieter statt. Für Kun den wie für Händler ist nicht relevant, ob und wie bei einer Bezahlart betrogen werden kann, sondern lediglich wie der Betroffene im Falle eines Betrugs oder einer Unstim-migkeit gestellt wird. Der Anbieter Paypal hat dabei eindrucksvoll bewiesen, wie sich

mit gefühlter Sicherheit erfolgreich agie-ren lässt. Ein plakativ hervorgehobener Käu-ferschutz hat erfolgreich den Eindruck er-weckt, der Kunde hätte jederzeit die kom-plette Kontrolle über seine Abbuchungen.

Im Marketing deutlich weniger offensiv sind die Payment-Unternehmen dagegen, wenn es um die Frage geht, was mit den Kundendaten geschieht. Erst vor wenigen Wochen hat beispielsweise ein Bericht des „Wall Street Journal“ aufgedeckt, dass so-wohl Mastercard als auch Visa fertige Plä-

ne in den Schubladen haben, das Ein-kaufsverhalten ihrer Kunden zu Reklame-zwecken vermarkten zu wollen. Das Kon-zept, das ausgewählten Werbekunden be-reits vorgestellt wurde, lautete verkürzt: Wenn ein Kunde viele Hamburger kauft, kann ihm ein Diäthersteller anschließend im Web Werbung seine Produkte zeigen. Datenschützer reagierten alarmiert, inzwi-schen ruderten beide Unternehmen zu-rück: Daten würden lediglich anonym und als Cluster erhoben. Anhand des Einkaufs-

WARENKORB„Der Filialhandel erlebt durch das Thema Multi-Channel gerade eine Renaissance“, so Achim Himmelreich.

Max kauft mit seinem Smartphone immer und überall online ein. Seine Schwester shoppt am liebsten in der Boutique ums Eck und bestellt gelegentlich bei einem Versandhandel. Erfolg-reiche Händler berücksichtigen die unter-schiedlich stark ausgeprägte Online-Affinität

ihrer Kunden und bieten individuelle Ange bote an jedem Berührungspunkt mit der Marke.Konsumenten wollen frei entscheiden, wo sie sich informieren, Produkte kaufen oder diese zurückgeben. Das haben viele Einzel-händler erkannt: Laut Statistischem Bundes-amt konnten Unternehmen, die den größten Teil ihrer Waren über das Internet und den Versandhandel vertreiben, im August 2011 ihren Umsatz im Vergleich zum Vorjahres-monat um mehr als acht Prozent steigern. Um viele Berührungspunkte zwischen den Kunden und der eigenen Marke zu schaffen, benötigen die Händler jedoch nicht nur eine „digitale Version“ ihres Geschäfts im Internet. Vielmehr ist eine Multi-Touchpoint-fähige Shop-Lösung erforderlich, bei der die Inter-aktion und Kommunikation mit dem Kunden im Vordergrund steht. So entwickelte der Sportartikelhersteller SportScheck gemein-sam mit Intershop eine Strategie, die zu den aktiven Kunden passt: Wo auch immer diese

sind, fotografieren sie einfach einen Sportar-tikel mit ihrem iPhone. Die passende App zeigt ihnen verfügbare Produkte dazu im SportScheck-Shop und erteilt Lieferauskünfte in Echtzeit. Kundendaten werden direkt ab-geglichen, Bestellungen sofort verarbeitet. Tauschen sich Kunden über soziale Netzwerke, Blogs oder Weiterempfehlungsfunktionen aus, können sie Marken „erleben“. Daher startete der Baur Versand gemeinsam mit Intershop und dotSource eine Social-Commerce-Initiative. Ausgewählte Sortimente und Aktionen wie ein Urlaubs-Special sprechen neue Kunden direkt via Facebook an. „Wichtig ist für Händler, die eigene Ziel-gruppe zu kennen und für diese ein Gesamt-konzept zu entwickeln, sodass Kunden das Angebot auf allen Touchpoints wieder erken-nen“, so Tobias Zadow von Intershop. Die Zukunft im E-Commerce steht dabei ganz im Zeichen individueller Angebote. WeitereInformationen unter: www.intershop.de

Berührungspunkte schaffen, Kunden begeistern

Interaktiv | Multi-Touchpoint-Lösungen für vernetzte Konsumenten

GESAMTKONZEPT SportScheck informiert die aktiven Kunden unterwegs via Shopping App auf dem iPad.

38

MÄRKTE E-COMMERCE

VISAVIS ECONOMY 05/11

Page 39: VISAVIS Economy 05/2011 - Risiken im Blick

verhaltens werde bestenfalls erhoben, in welchen Stadtteilen besonders viele Hun-debesitzer wohnten (die sich anhand des Hundefutters identifizieren lassen, das sie regelmäßig kaufen). Unter Branchenbeob-achtern gilt es jedoch als ausgemacht, dass gerade das Einkaufsverhalten für die neu-en Diensteanbieter von besonders großem Interesse ist. So hat der ehemalige Chef von Paypal Deutschland beispielsweise in einem Interview mit der Fachzeitschrift In-ternet World Business über die nützliche Verknüpfung von Location Based Services und Zahlungsdaten spekuliert: „Wenn wir wissen, dass jemand eine Winterjacke ge-kauft hat, könnten wir ihn per Handy dar-auf hinweisen, dass es im Kaufhaus gegen-über passende Handschuhe gibt.“ Nur vier Monate nach dieser Aussage verleibte sich die Paypal-Mutter eBay das ortbezogene Anzeigennetzwerk Where ein.

Die von einem Bezahldienstleister ge-wonnenen Daten sind aber nicht nur wert-voll, um in Zukunft Werbung zielgenauer ausliefern zu können. Ihre Auswertung er-möglicht es erstmals auch, genau zu ver-folgen ob eine Werbemaßnahme erfolg-reich war oder nicht. Schließlich weiß bis-lang niemand so genau, wer welche Wer-bung gesehen hat und was er danach kaufte. Bei einem Anbieter wie Google, der von Online-Werbung bis zur Bezahlvari-ante am POS alle Dienste aus einer Hand anbietet, wäre dieser Kreislauf erstmals vollständig geschlossen. Für Werbetrei-bende wäre das ein gewaltiger Fortschritt – rund 90 Jahre nach Henry Fords le-gendärem Ausspruch „Ich weiß, die Hälfte meiner Werbung ist hinausgeworfenes Geld. Ich weiß nur nicht, welche.“ Für die Konsumenten dagegen eher ein gewöh-nungsbedürftiger Gedanke.

Dominik Grollmann

Weiterführende Informationen bietet die themenzeitung „web business II – Everywhere Commerce“, die kürzlich als Beilage im Handelsblatt erschienen ist.Die Ausgabe ist unter www.lombardmedia.ch kostenlos abrufbar.

„Everywhere Commerce“

In der Bestandsverwaltung kommen moder-ne Techniken und Software zum Einsatz, op-timierte Prozesse und qualifiziertes Perso-nal sorgen für reibungslose Abläufe. Inven-turen werden jedoch häufig noch unzeitge-mäß mittels aufwändiger und fehleranfälli-ger Vollzählungen durchgeführt.Eine rechtlich zulässige Alternative bieten Inventuren mit statistischen Verfahren: Da-bei wird eine repräsentative Stichprobe aus dem Lagerbestand ausgewertet und so die Zuverlässigkeit der Lagerbuchführung geprüft. Diese Stichprobeninventur kann wie die Voll-inventur zum Stichtag oder permanent durch-geführt werden. Der Ressourcenaufwand lässt sich so um bis zu 95 Prozent reduzieren.Die Stat Control GmbH in Hamburg ist spe-zialisiert auf Inventuren mit statistischen Verfahren. 1991 gegründet, ist sie heute weg-weisend auf diesem Gebiet – zahlreiche na-tional und international tätige Unternehmen arbeiten bereits mit ihren Software-Lösungen.

Kamen die Anwender lange Zeit vornehmlich aus der Industrie, setzt inzwischen auch der Handel verstärkt auf Stichprobeninventuren. So konnte beispielsweise Edeka Nord den Inventuraufwand im Lager auf unter fünf Pro-zent senken. Als neuer Partner der Move Re-tail-Kooperation ist Stat Control Teil einer in-telligenten Gesamtlösung für den Handel.Wesentliche Voraussetzung für eine erfolg-reiche Umstellung des Inventurverfahrens ist eine kompetente Beratung. Die genaue Kenntnis der Möglichkeiten und Vorschriften ist nötig, um die Stichprobeninventur effizi-ent und sicher einzusetzen. Stat Control steht im kontinuierlichen Dialog mit führen-den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und kennt die Besonderheiten. Die problemlose Einbindung in vorhandene IT-Strukturen, MDE-Geräte und Voice-Applikationen gehört bei dem Hamburger Unternehmen zum gu-ten Service. Weitere Informationen unter: www.statcontrol.net

Weniger Aufwand, gleiche Wirkung

Stichprobeninventur | Handel profitiert von neuem Verfahren

KOSTENSENKUNG Eine Umstellung auf statistische Verfahren bei der Inventur, bisher meist von der Industrie verwendet, kann auch im Handel den Aufwand um bis zu 95 Prozent senken.

39

MÄRKTE E-COMMERCE

VISAVIS ECONOMY 05/11