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.SIAK-Journal – Zeitschrift für Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis Weiss, Katharina (2007): Objekte und Methoden einer Polizeiwissenschaft SIAK-Journal − Zeitschrift für Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis (3), 34-45. doi: 10.7396/2007_3_D Um auf diesen Artikel als Quelle zu verweisen, verwenden Sie bitte folgende Angaben: Weiss, Katharina (2007). Objekte und Methoden einer Polizeiwissenschaft, SIAK-Journal − Zeitschrift für Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis (3), 34-45, Online: http://dx.doi.org/10.7396/2007_3_D. © Bundesministerium für Inneres Sicherheitsakademie / Verlag NWV, 2007 Hinweis: Die gedruckte Ausgabe des Artikels ist in der Print-Version des SIAK-Journals im Verlag NWV (http://nwv.at) erschienen. Online publiziert: 3/2013

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SIAK-Journal ndash Zeitschrift fuumlr Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis

Weiss Katharina (2007)

Objekte und Methoden einer Polizeiwissenschaft

SIAK-Journal minus Zeitschrift fuumlr Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis (3) 34-45

doi 1073962007_3_D

Um auf diesen Artikel als Quelle zu verweisen verwenden Sie bitte folgende Angaben

Weiss Katharina (2007) Objekte und Methoden einer Polizeiwissenschaft SIAK-Journal minus Zeitschrift fuumlr Polizeiwissenschaft und polizeiliche Praxis (3) 34-45 Online httpdxdoiorg1073962007_3_D

copy Bundesministerium fuumlr Inneres ndash Sicherheitsakademie Verlag NWV 2007

Hinweis Die gedruckte Ausgabe des Artikels ist in der Print-Version des SIAK-Journals im Verlag NWV (httpnwvat) erschienen

Online publiziert 32013

3322000077SIAK-JOURNAL

OBJEKTE UND METHODEN EINER POLIZEIWISSENshy

SCHAFT Im ersten Teil dieser Serie wurden die Perspektiven einer neuen Sichershy

heitsarchitektur beschrieben Darauf folgend wurden die Schnittstellen zwishyschen Wissenschaft und Polizei ausgewiesen und der Beitrag erlaumlutert den

KATHARINA WEISS MAG DR wissenschaftliche Ergebnisse zur inneren Sicherheit leisten koumlnnen Im drittenLeiterin des Instituts fuumlr

Wissenschaft und Forschung Teil soll nun der Fokus auf den Bereich der Polizeiwissenschaft an sich stellvertretende Leiterin der

gelegt werden Die Grundsatzfrage die sich in diesem ZusammenhangSicherheitsakademie stellt ist inwiefern sich die Polizeiwissenschaft fuumlr eine eigene wissenshyschaftliche Disziplin eignet bzw welche Voraussetzungen hierfuumlr zu erfuumlllen sind Ein besonderes Augenmerk wird auf die moumlglichen Objekte einer Polizeiwissenschaft gelegt aber auch auf den zur Verfuumlgung stehenden Methodenkanon Bei der Auswahl moumlglicher Methoden und Modelle wird der Schwerpunkt auf Modelle zur Evaluierung von Zukunftstrends gelegt diese sollen es den exekutiven Kraumlften ermoumlglichen zukuumlnftige Entwicklungen fruumlhzeitig zu erkennen Fuumlr den Aus- und Fortbildungsbereich sollen sie Grundlage zur Adaptierung von Schulungsmaszlignahmen sein

POLIZEIWISSENSCHAFT ALS Wissenschaft und Forschung haben in der EIGENE DISZIPLIN Vergangenheit polizeiliche Praxis ledig-Betrachtet man die Kompetenzbereiche lich kommentiert anstatt die Polizeipraxis des Bundesministeriums fuumlr Inneres so konstruktiv anzuleiten Wie in der letzten wird deutlich dass das Innenressort neben Ausgabe des SIAK-Journals (vgl Weiss verwaltungs- und rechtswissenschaftlichen 2007 18) naumlher ausgefuumlhrt wurde ist Aufgaben zahlreiche sozialwissenschaft- Selbstkritik jedoch nicht nur auf der Seite liche Aufgabenbereiche hat Daher koumlnnen der Wissenschaft angebracht auch die viele Belange des Innenressorts nur mit Polizei muumlsste sich einen Ruck geben und Methodologien der Sozialwissenschaften das Angebot der Wissenschaft vermehrt unter Einbeziehung anderer Wissenschafts- annehmen zweige untersucht werden Gesellschafts- In Oumlsterreich gab es lange ein Defizit analysen die fuumlr das Innenressort nutz- das System der inneren Sicherheit und das bringend sind koumlnnen nur auf diese Weise polizeiliche Handeln auf einen objektiven erstellt werden denn nur mit sozialwissen- Pruumlfstand der Wissenschaft zu stellen schaftlichen Methoden kann menschliches kritisch zu unterstuumltzen und zu begleiten Handeln genauer beleuchtet werden (HanakHofinger 2005) Dies mag in

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Oumlsterreich auch daran liegen dass im Unterschied zum anglikanischen Raum aber auch weiten Teilen Europas der Bereich der Kriminologie in das univershysitaumlre System ausschlieszliglich uumlber die Rechtswissenschaften eingeliedert ist waumlhrend er in anderen europaumlischen Laumlnshydern immer haumlufiger als Teil der Sozialshywissenschaften verstanden wird Weiters sind in vielen europaumlischen Staaten wisshysenschaftliche behoumlrdennahe und privatshywirtschaftliche Einrichtungen taumltig die Veraumlnderungen der inneren Sicherheit und der Polizeipraxis ausfuumlhrlich dokumentieshyren und evaluieren In diesem Zusammenshyhang ist besonders der Stellenwert der Polizei-Fachhochschulen der deutschen Laumlnder zu erwaumlhnen

Eine Moumlglichkeit dieser Diskrepanz von Wissenschaft und Forschung zu begegnen ist zweifelsfrei die Diskussion

uumlber eine eigene wissenshyschaftliche Disziplin

Dies mag auf den ersten Blick verwegen scheinen bei genauer Betrachtung des wissenschaftlichen Umfeldes gibt es jeshydoch Vergleichsparameter So hat eine eigene Militaumlrwissenschaft im Bereich der Landesverteidigung eine weit zuruumlckreishychende Tradition Aus der Militaumlrwissenshyschaft gibt es zahlreiche Publikationen von Verteidigungseinrichtungen im In-und Ausland die sich durchaus auch mit Themenbereichen der inneren Sicherheit befassen Exemplarisch seien hier nur die Bereiche Terrorismus Homeland Security und der Krisen- und Katastrophenschutz erwaumlhnt Auf Grund der langjaumlhrigen Ershyfahrung in diesen Themenbereichen sollte das Innenministerium vermehrt die wisshysenschaftliche Diskussion in diesen Forshyschungsfeldern aufnehmen Dies waumlre zuerst einmal die indirekte Aufforderung

das Verhaumlltnis von Wissenschaft und polishyzeilicher Praxis selbst zur Wissenschaft zu machen Laut Walter (Walter 2004 29) bedarf es dafuumlr umfassender bdquoInitiativen das bisher vorhandene Handlungs- und Erfahrungswissen der Polizei im fruchtshybaren Dialog zwischen Wissenschaft und Polizeipraxis konstruktiv-argumentativ und ganzheitlich zu bearbeiten (hellip) Es bedarf der systematischen Erforschung aller wesentlichen Aspekte des polizeishylichen Berufsfeldes weil nur auf der Basis von Erfahrungswissen und wissenschaftshylicher Erkenntnisse eine stetige Optimieshyrung polizeilicher Arbeit moumlglich istldquo

Es waumlre weiters notwendig neue Fragestellungen im Rahmen der polizeilichen

Taumltigkeitsfelder zu entwickeln und fuumlr ihre Bearbeitung ein neues Methoden- und Theoshyrienrepertoire zu schaffen

Die immer wieder formulierte Untershyscheidung zwischen Forschung uumlber und oder fuumlr die Polizei sei ndash so Ohlemacher (Ohlemacher 2001) ndash bdquonicht noumltig da Grundlagenforschung sich nicht vor einer Ausnutzung durch die Polizei zu schuumltzen brauche Im Gegenteil Der Wechsel von Naumlhe und Distanz zum Forschungsgegenshystand sei fuumlr den Erkenntnisprozeszlig wichtig und zudem spraumlche nichts dagegen dass durch die Erforschung der Polizeipraxis gewonnene Wissen als Servicewissen der Praxis zur Verfuumlgung zu stellenldquo Auch Neidhardt (Neidhardt 2006) haumllt die Disshykussion uumlber Forschung in oder uumlber die Polizei fuumlr uumlberholt

Durch die Einrichtung des Instituts fuumlr Wissenschaft und Forschung im Bundesshyministerium fuumlr Inneres im Jahre 2003 hat das Innenressort einen wichtigen Beitrag zur Etablierung einer eigenstaumlndigen Polishyzeiwissenschaft geleistet

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Was nach wie vor fehlt ist eine intershybzw transdisziplinaumlre Ausrichtung der Diskussion unter Einbeziehung der Politik und der Universitaumlten Als Vergleich koumlnnte man fuumlr den Verteidigungsbereich die bdquoGesellschaft fuumlr Landesverteidigung und Sicherheitspolitikldquo anfuumlhren In Deutschshyland wurde mit dem 1996 gegruumlndeten Interdisziplinaumlren Arbeitskreis Innere Sishycherheit (AKIS) ein Versuch gestartet vorshyrangig aus dem Hochschulbereich stamshymende rund 160 Wissenschaftler die sich mit Forschung zur inneren Sicherheit und Polizeiforschung beschaumlftigen zusammenshyzufuumlhren Vertreten sind die Disziplinen Geschichtswissenschaft Kriminologie Politikwissenschaft Rechtswissenschaft und Soziologie wobei der Schwerpunkt bei den sozialwissenschaftlichen Disziplishynen der Politikwissenschaft und Soziologie liegt Der Interdisziplinaumlre Arbeitskreis Innere Sicherheit (AKIS) verfolgt das Ziel bdquoinsbesondere die sozialwissenschaftshyliche Forschung zum Themenfeld innere Sicherheit zu buumlndeln und in Form eines gemeinsamen Diskussions- und Arbeitsshyforums unter theoretischen methodologishyschen und empirischen Gesichtspunkten weiterzuentwickelnldquo (AKIS 2002)

DER BEGRIFF DER POLIZEIWISSENSCHAFT Der Begriff der Polizeiwissenschaft soll im Folgenden als Wissensfach und nicht als Polizeilehre verstanden werden Mittelshyfristig sollte aber der Austausch gewaumlhrshyleistet sein und die Polizeiwissenschaft sollte auch Einzug in die Aus- und Fortshybildung der Polizisten finden besonders im Bereich der einschlaumlgigen Fachhoch-schul- und Universitaumltslehrgaumlnge Als Wissensfach soll die Polizeiwissenschaft als das zusammenfuumlhrende Dach aller speshyziellen polizeilichen Faumlcher (die an Polishyzeischulen unterrichtet werden) verstanshyden werden

Die Polizeilehre wie auch die Polizeiwissenschaft naumlhern

sich jeweils in ihren Inhalten an sie unterscheiden sich

jedoch in ihren Zielen

Waumlhrend die Polizeiwissenschaft (als Wisshysensfach) neue (bis jetzt unbekannte) Ershykenntnisse anstrebt gewaumlhrleisten die Polizeilehren (als unterrichtete Faumlcher) die Aneignung von Kenntnissen durch Auszushybildende die auf den Polizeiberuf vorbeshyreitet werden sollen bdquoDie Polizeilehren arbeiten deshalb mit Erkenntnissen die fuumlr den Studenten jedoch nicht fuumlr die Wissenschaften neu sind Die Einfuumlhrung des Unterrichts von neuen Polizeilehren stellt kein wissenschaftliches Problem im wahrsten Sinne des Wortes dar Sie ist in der Regel eine Reaktion auf die Beduumlrfshynisse der Polizeipraxis und nur selten reashygiert sie auf Ereignisse in den Polizeiwisshysenschaften selbstldquo (Holcr 2001 22) Deren Einfuumlhrung ist laut Holcr (Holcr 2001 23) bdquoeher ein organisatorisch-inshyhaltlicher Akt als ein Forschungsprozessldquo Hier waumlre auch zu unterscheiden ob einshyzelne Lehrfaumlcher im Rahmen von Grundshyausbildungslehrgaumlngen ergaumlnzt bzw adapshytiert werden oder ob es zur Einfuumlhrung gaumlnzlich neuer Lehrgangsformen kommt wie etwa bei der Einrichtung von Fachshyhochschullehrgaumlngen Entgegenzuhalten ist aber dass derzeit die polizeilichen Lehrfaumlcher sehr stark auf polizei-tradiertes und rechtswissenschaftliches Wissen zuruumlckgreifen eine Ergaumlnzung um Ergebshynisse der polizeilichen Wissenschaft und Forschung und aktueller Gegebenheiten waumlre zu begruumlszligen

Voraussetzung dafuumlr dass Polizeiwisshysenschaft betrieben werden kann ist dass genau definiert wird was darunter vershystanden werden soll bzw wie ihre wissenshyschaftlichen Standards definiert sind damit sie wirklich als Wissenschaft und

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Forschung akzeptiert wird und uumlber bdquodas unstrukturierte Sammeln und theorielose Kommentieren von Ergebnissen der Belieshybigkeitldquo hinauskommt und nicht bdquojedes Sammeln von Zahlen und Daten oder jedes auch noch so oberflaumlchliche Nachshydenken uumlber polizeiliches Tun bereits Forschung istldquo (Feltes 2002 3) Bei den Geisteswissenschaften wird die derzeitige Diskussion des wissenschaftlichen Zushygangs folgendermaszligen beschrieben bdquoDer Streit der Fakultaumlten ist nicht nur ein Streit um den Wahrheitsbegriff sondern auch ein Streit um den Forschungsbegriffldquo (Gethmann et al 2005 9)

Die Herausforderung bei der Etablierung einer Polizeiwissenschaft ist

gerade jene Definition des Forschungsbegriffs

In der einschlaumlgigen Literatur ist man oftmals damit konfrontiert dass von Polishyzeiwissenschaft oder Polizeiwissenschafshyten gesprochen wird Ob man von (einer) Polizeiwissenschaft oder von den Polizeishywissenschaften spricht mag auf den ersten Blick keinen Unterschied ausmachen allershydings moumlchte ich trotzdem kurz auf die wissenschaftliche Diskussion eingehen ohne diese damit uumlberbewerten zu wollen Die Diskussion ruumlhrt daher dass Polizeishywissenschaft ndash bisher undefiniert ndash entshyweder als interdisziplinaumlres undoder als transdisziplinaumlres Fach verstanden wird und auch verstanden werden muss Waumlhshyrend man unter Polizeiwissenschaften die interdisziplinaumlre Buumlndelung aller einschlaumlshygigen Wissenschaften die fuumlr Polizeiarbeit von Bedeutung sind versteht subsumiert man unter Polizeiwissenschaft eher die Wissenschaft von der Polizei und ihrem Handeln Feltes (Feltes) bdquowuumlrde eher der zweiten Variante zuneigen um so der Polishyzeiwissenschaft uumlber das Interdisziplinaumlre

hinaus einen eigenen zusaumltzlichen Theoshyrie- und Forschungsbereich zuzuweisenldquo Diese angefuumlhrte begriffliche wissenschaftshyliche Orchideendiskussion sollte aber nicht uumlberbewertet werden zumal sich etablierte Studienzweige bisher auch nicht einigen konnten ob es sich nun zB um Politikshywissenschaft(en) oder Militaumlrwissenschaf-t(en) handelt Diese kurze Ausfuumlhrung ist zugleich ein gutes Beispiel fuumlr die Diskreshypanz von Wissenschaft und Praxis Die aufgezeigte Diskussion hat durchaus ihre wissenschaftliche Berechtigung allerdings kann sie von der polizeilichen Praxis nicht ganz zu unrecht als Erbsenzaumlhlerei intershypretiert werden die fuumlr die tagtaumlgliche polizeiliche Taumltigkeit vollkommen irreleshyvant sei Sie sollte aber bei der Etablierung einer wissenschafltichen Disziplin zur wissenschaltlichen Redlichkeit zaumlhlen

THEORIE UND METHODIK EINER POLIZEIWISSENSCHAFT Erstes Ziel der Polizeiwissenschaft sollte es sein sich endlich mit der Frage der Theorie und der Methodik zu beschaumlftigen allerdings unter dem Aspekt dass es sich hierbei um ein interdiszplinaumlres Fach hanshydelt das somit zwangslaumlufig keine eigenen Methoden und Theorien entwickeln muss sondern je nach zu untersuchendem Theshymenbereich die sinnvollsten Methoden und Theorien aus dem allgemeinen Kodex auszuwaumlhlen hat

Hierin besteht allerdings die groszlige Chance dieses neuen

Wissenschaftszweiges im Unterschied zu den etablierten

Wissenschaftsbereichen

Polizeiwissenschaft ist zweifelsfrei eine besonders anwenderorientierte Wissenshyschaft und kann jederzeit unmittelbares Feedback der polizeilichen Praxis einhoshylen Ich glaube sogar dass die derzeitige

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verzwickte Situation eine groszlige Herausshyforderung und der interdisziplinaumlre Zushygang der Polizeiwissenschaft ein groszliges Vorbild fuumlr etablierte Wissenschaftszweige sein kann

Feltes (Feltes 2002 2) sieht zu Recht ein weiteres Problem darin dass Polizeishyforschung ohne rationale Polizeipolitik nicht denkbar sei die bdquoein noch stiefshymuumltterlicheres Dasein fristet als die Polishyzeiforschungldquo

Er haumllt es fuumlr notwendig den Begriff bdquoPolizeipolitikldquo gegenshyuumlber den Begriffen bdquoSichershyheitspolitikldquo oder bdquoInnenshy

politikldquo abzugrenzen

Mit Polizeipolitik meint Feltes (Feltes 2002 2) bdquodie von der Politik ausgehenden und von der Polizeifuumlhrung umgesetzten Grundsatzentscheidungen oder Grundsatz-vorgaben (hellip) an denen sich die Mitarbeishyterinnen und Mitarbeiter der Polizei zu orientieren haben Waumlhrend sich Begriffe wie sbquoSicherheitspolitiklsquo oder sbquoInnenpolishytiklsquo an einen (meist nicht naumlher definiershyten) groumlszligeren Adressatenkreis wenden und damit den Vor- (oder besser gesagt Nach-) teil haben an sich diffus und wenig konshytrollier- bzw evaluierbar zu sein soll mit dem Begriff der Polizeipolitik deutlich geshymacht werden dass hier ein konkreter Adressatenkreis und ein konkret festzuleshygendes und daher uumlberpruumlfbares Spektrum von Verhaltensweisen und Zielen gemeint istldquo Laut Ahlf (Ahlf 2002) sollte sich aber die bdquoPolizeiforschung auch an die eigentshylichen sicherheitspolitischen Fragestellunshygen heranwagen Polizeiforschung in dieshysem erweiterten Sinne muumlsste dann auch mit den etablierten und renommierten wisshysenschaftlichen Einrichtungen auf diesem Gebiet den unterschiedlichen auszligenpolishytischenfriedenspolitischen militaumlrischen medizinischen usw Forschungs- und Entshy

wicklungsinstitutionen kooperierenldquo Auf dieser Grundlage hat das deutsche Bunshydeskriminalamt mit dem Ansatz der bdquoStrashytegischen Kriminalitaumltsanalyse (SKA)ldquo gehandelt und damit wurde erfreulichershyweise gerade im Bereich der polizeilichen Praxis der Denkraum fuumlr die Polizeiwisshysenschaft erweitert SKA-Projekte sollen durch Aufzeigen von Risiken und Chanshycen von Entscheidungs- und Handlungsshybedarf sowie durch Anbieten von Loumlsungsshyansaumltzen und Maszlignahmenvorschlaumlgen vor allem die Kriminalpolitik und die Polizei in die Lage versetzen zu agieren statt zu reagieren

POLIZEIWISSENSCHAFT EINE PRAKTISCHE ODER EINE THEORETISCHE WISSENSCHAFT Hinsichtlich der Ziele der wissenschaftshylichen Forschung koumlnnen Wissenschaften und ihre Methodologien in zwei Gruppen eingeteilt werden in bull theoretische Wissenschaften (sog reine

oder auch fundamentale Wissenschaften) bull praktische Wissenschaften (vielfach wershy

den darunter technische Wissenschaften verstanden)

Es draumlngt sich die Frage auf ob die Polishyzeiwissenschaft sich einem dieser zwei Bereiche zuordnen laumlsst oder ob dies nicht vielmehr von der aktuellen wissenschaftshylichen Fragestellung eines Projektes abshyhaumlngig gemacht werden sollte

Als eine Hauptfunktion der theoretishyschen Wissenschaften gilt das Erklaumlren und Beschreiben ndash die wissenschaftliche Erklaumlrung der gesellschaftlichen Erscheishynungen und Prozesse Theoretische Wisshysenschaften sind somit auf Vergangenheit und Gegenwart ausgerichtet sie erklaumlren Entwicklungen in Vergangenheit und Geshygenwart Praktische Wissenschaften sind hingegen auf die Gegenwart und auf das Projektieren in die Zukunft gerichtet Ihren Ausgangspunkt nahmen die praktischen

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Wissenschaften bei technologischen Frashygestellungen Einerseits wachsen die polishyzeilichen Anwendungen der theoretischen (reinen fundamentalen) Wissenschaften man kann sagen dass viele wissenschaftshyliche Disziplinen oftmals eine polizeiliche Anwendung finden Andererseits ist die Polizeiwissenschaft als praktische Wissenshyschaft eigentlich eine Wissenschaft bdquouumlber die wissenschaftlichen Regeln der Polizeishytaumltigkeiten Das zentrale Problem der Polizeiwissenschaften als praktische Wisshysenschaft ist die Optimierung der Polizeishytaumltigkeitenldquo (Holcr 2001 35) Zum jetzigen Zeitpunkt laumlsst sich die Polizeiwissenshyschaft allerdings noch schwerlich einem der Bereiche endguumlltig zuordnen

EINE INTERDISZIPLINAumlRE POLIZEIWISSENSCHAFT Neues Wissen entsteht nicht mehr nur an den klassischen Universitaumlten und nicht nur innerhalb ihrer klassischen Faumlcher und Disziplinen sondern mehr und mehr auch an deren Grenzen bzw in Kooperation mit anderen Faumlchern Disziplinen und den Ershyfahrungswerten der einschlaumlgigen Praxis Diese Diskussion betrifft nicht nur neue Faumlcher wie die Polizeiwissenschaft sonshydern beherrscht die allgemein wissenshyschaftspolitischen Debatten

Diskutiert wird in diesem Zusammenhang die neue

Weise der Wissenserzeugung namens Mode Z

bdquoCharakteristisch fuumlr den Mode Z sei dass Forscher sich an gesellschaftlichen Probleshymen orientieren transdisziplinaumlr vorgeshyhen in temporaumlren Teams arbeiten und die Bindung von Wissen an einen Praxiskonshytext einem verallgemeinerten Wahrheitsshyanspruch vorziehenldquo (Koumllbel 2004 4) Selbst die etablierten Studienrichtungen fordern dass bdquoein Houmlchstmaszlig an systematishy

scher und institutioneller Flexibilitaumlt im Fachlichen wie im Disziplinaumlren zuruumlckgeshywonnen werdenldquo muss (Gethmann 2005 4)

In Kooperation verschiedener Teildisziplinen vollzieht sich bereits gegenwaumlrtig de facto

der Groszligteil der entsprechenshyden Polizeiforschung

Als Beispiel aus dem Institut fuumlr Wisshysenschaft und Forschung soll hier nur die Studie bdquoPerspektiven und Herausforderunshygen in der Integration muslimischer MitshybuumlrgerInnen in Oumlsterreichldquo genannt wershyden Die Studie bestand aus einem Teil in dem relevante Rahmendaten interpretiert wurden (zB Daten der Volkszaumlhlung) einer Medienanalyse einer quantitativen und einer qualitativen Umfrage und einer rechtswissenschaftlichen Analyse Die Vorshyteile einer solchen Zusammenarbeit liegen laut Lange auf der Hand bdquomittels der unshyterschiedlichen Sichtweisen die den jeshyweiligen Fragestellungen zugrunde liegen gelingt es ansatzweise die Facetten des polizeilichen Handelns zu erfassen Und genau darin liegen zugleich die Probleme Die Komplexitaumlt des polizeilichen Hanshydelns wird in der Komplexitaumlt der wissenshyschaftlichen Ansaumltze gespiegelt nicht aber aus einem zusammenfuumlhrenden Blickwinshykel wie es die Interdisziplinaritaumlt vershyspricht neu interpretiertldquo (Lange 2002 52) Meiner Meinung nach greift die Beschreibung von Lange etwas zu kurz solche uumlbergreifenden Studien sind nicht nur fuumlr Themen des polizeilichen Handelns von Bedeutung sondern auch fuumlr gesellshyschaftspolitische Analysen ndash auch ein Teilshybereich einer umfassender verstandenen Polizeiwissenschaft

bdquoDas Wort des sbquoInterdisziplinaumlrenlsquo wird oftmals inflationaumlr benutzt bedeutet aber nicht einfach nur eine Aneinanderreihung von verschiedenen Versatzstuumlcken sondern

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zielt auf eine Entwicklung gemeinsamer Fragestellungen Problemsichten strebt zumindest ein Set von Forschungsansaumltzen an vor allem das Einverstaumlndnis uumlber eine halbwegs aufeinander bezogene Begriffsshyund Wissenschaftsspracheldquo (Lange 2002 59) Interdisziplinaritaumlt bedeutet auch Freiraumlume zu gewaumlhren der deutsche Wisshysenschaftsrat formuliert dies in einer Empshyfehlung folgendermaszligen

bdquoFreiraumlume fuumlr bestimmte Forschungsgebiete einzuraumlushymen bedeutet eine zeitweilige

Unsicherheit bezuumlglich der sonst in der Wissenschaft

geltenden Qualitaumltsmaszligstaumlbe einzugestehenldquo1

In einem ersten Schritt zur Interdisziplishynaritaumlt der Polizeiforschung waumlre es wichshytig die fuumlr die Polizeiarbeit notwendigen Wissenschaftsdiszipinen an einen Diskusshysionstisch zu bringen Als Bezugswissenshyschaften koumlnnten gelten Geschichtswisshysenschaften Philosophie Rechts- und Sozialwissenschaften Fuumlhrungs- und Orgashynisationswissenschaften Oumlkonomie Techshynikwissenschaften und selbstverstaumlndlich auch die systematischen Erkenntnisse zu den polizeilichen Interventionsprogramshymen (Verkehr polizeilicher Einsatz Krimishynalistik) Diesbezuumlglich moumlchte ich auf die Diskussion von der Deutschen Polizeishyfuumlhrungsakademie hin zu einer Hochschule der Polizei verweisen an der zukuumlnftig polizeitaktische und -einsatzbezogene Prashyxisbelange im Rahmen wissenschaftlicher Faumlcher unterrichtet werden sollen

THEORIE EINER POLITIKFELDANALYSE Einen weiteren Ansatz sich dem polizeishywissenschaftlichen Zugang zu naumlhern verfolgt die Politikfeldanalyse Diese fasst den zu untersuchenden Bereich von vornshy

herein weit Laut Definition umfasst das Politikfeld innere Sicherheit bdquoalle staatshylichen Institutionen und Einrichtungen soshywie staatlich beauftragten Organisationen die durch Verfassung und Organe der deshymokratischen Willensbildung legitimiert sind das oumlffentliche Gewaltmonopol im Rahmen kodifizierter Regeln exekutiv auch unter Anwendung von unmittelbashyrem Zwang auszuuumlben Innere Sicherheit als Politikfeld weist darauf hin dass neben den exekutiven Institutionen und Einrichshytungen (vor allem Polizei und Staatsanshywaltschaften) und beauftragten Einrichshytungen (private Sicherheitsdienste) weitere Akteure an der Politikproduktion beteiligt sindldquo2 zu nennen sind Innenministerium parlamentarische Institutionen Laumlnder Parteien Verbaumlnde foumlderale Verhandshylungsgremien ebenso wie gesellschaftshyliche Gruppen und Medien

Auch die Politikfeldanalyse Innere Sicherheit ist in ihrem Ursprung ein interdisziplinaumlr

angelegter politikwissenshyschaftlicher Zugang der

Forschung

Das Konzept versteht sich als Diskussishyonsgrundlage um besonders das politikshywissenschaftliche Verstaumlndnis einer Forshyschung zur inneren Sicherheit auszubauen

MOumlGLICHE OBJEKTE EINER POLIZEIWISSENSCHAFT Versucht man sich intensiver auf eine Disshykussion zur Herausbildung einer Polizeishywissenschaft einzulassen stellt sich vershyhaumlltnismaumlszligig rasch die Frage nach dem moumlglichen Objekt der Forschung Womit soll sich Polizeiwissenschaft befassen Kurz zusammmengefasst kann man als Objekt ganz allgemein die polizeilichen Taumltigkeiten ansehen

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Ausschlaggebend sollten nach Neidhard bdquoder Sinn und der angestrebte Nutzen sein Danach muumlsste Polizeiwissenschaft zushynaumlchst alle Erkenntnisse zum Thema Polishyzei im institutionellen und funktionalen Sinn beinhalten (Police) Des weiteren muumlsste sie sich mit allen Aspekten polizeishylichen Handelns befassen (Policing) denn der polizeilichen Praxis liegt ja ganz zenshytral ein zu erreichender Nutzen zugrunde Diese Wissenschaft muss geeignet sein Fuumlhrungskraumlften der Polizei das gesamte fuumlr ein erfolgreiches Agieren notwendige Wissen bereitzustellenrdquo (Neidhardt 2001 74) Aus diesem Grund plaumldiert Neidhard fuumlr einen weiteren Begriff von Polizeiwisshysenschaft Laut Kokoska (Kokoska 2001 125) hat sich Polizeiwissenschaft bdquoeinershyseits am Gegenstandsbereich der Polizei (sbquoObjektbereichlsquo) zu orientieren dabei aber auch andererseits die Rolle der Polizei in der Gesellschaft bzw im demokratischen Verfassungsstaat (sbquoSubjektbereichlsquo) zu reflektieren In diesem Sinne sind die oumlffentliche Sicherheit und das polizeiliche Handeln Bezugsrahmen fuumlr eine Polizeishywissenschaftldquo

Die Polizei als Forschungsfeld interessiert ua Soziologen Politologen Kriminologen

Kriminalisten und Rechtswissenschaftler

Dabei wird die Polizei hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Legitimitaumlt bzw ihrer Rolle fuumlr die innere Sicherheit der rechtshyliche Rahmen der polizeilichen Taumltigkeit ebenso thematisiert wie die Organisationsshystruktur Tradition und das Alltagshandeln ihrer Organisationsmitglieder der Polizeishybeamten und -beamtinnen

Waumlhrend die Beurteilung des rechtlichen Rahmens der Polizeitaumltigkeit uumlber die trashyditionelle Rechtswissenschaft schon laumlnshyger betrieben wird und verhaumlltnismaumlszligig

gut ausgestaltet ist gibt es bei der sozioloshygischen Betrachtung der Polizei und ihrer Taumltigkeitsfelder groszlige Luumlcken Die empishyrische Polizeiforschung bdquohat die Institushytion sbquoPolizeilsquo und deren Arbeit zum Geshygenstand oder anders sie untersucht die polizeiliche Handlungslogik folgt ihr aber nicht sie untersucht das Geschaumlft der Polizei betreibt es aber nicht selberldquo (Reichertz 2002 1)

Ein wesentlicher Aspekt einer Polizeishywissenschaft sollte das politische Umfeld sein Aus diesem Blickwinkel sollte bdquodie Funktion der Polizei in der Gesellschaft erneut aufgegriffen aber im Gegensatz zu fruumlheren Arbeiten nicht im Stile einer Ideologiekritik sondern als eine empirishysche Analyse von Politikverlaumlufen betrieshybenldquo werden (Lange 2002 50)

Entscheidungsprozesse sollten analyshysiert werden Laut Lange (Lange 2002 50) sollten die Handlungsstrategien der Akteure und der involvierten Akteursgruppen unshytersucht werden bdquodie letztlich ausschlagshygebend fuumlr die Art und Weise sind wie politische Entscheidungen verlaufen und welche Interessen sich in den Verhandshylungssystemen sowohl der Polizeiorganishysation als auch des Systems der inneren Sicherheit durchsetzen Diese Binnenanashylyse lieszlige sich im politikwissenschaftlishychen Verstaumlndnis mit guten Gruumlnden als die einer politischen Soziologie der Polizei bzw der inneren Sicherheit ausweisenldquo Weiters sollten Verhaltens- und Handlungsshyprinzipien der Polizisten in der Praxis evashyluiert die Polizei sollte als Organisation in ihrem Alltag analysiert werden bdquoweder aus einer wuumlnschenswerten Perspektive des So-soll-sie-sein noch aus einer auf die einzelnen Interaktionen des Einsatzshyhandelns reduzierten Sichtldquo (Mensching 2005 18)

Beachtet werden muss dabei auch dass Polizeipolitik im europaumlischen Kontext von der Justizpolitik schwer zu trennen ist

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Dies wird besonders im Bereich Migration deutlich Nedela (Nedela 2005 234) sieht den Komplex Migration bdquonicht als Thema der Polizeiforschung sondern als Thema der Sozialwissenschaften bei hoher Releshyvanz fuumlr die Polizei wie fuumlr die Polizeiforshyschungldquo Dieses Beispiel zeigt deutlich wie schwer die Objekte der Polizeiwissenshyschaft zu definieren sind

Denn je nach dem wie weit man den Begriff der Polizeiwissenschaft definiert kann der Bereich Migration durchaus ein Forschungsobjekt der Polizeiwissenschaft sein

Lange (Lange 2002 60) sieht es als wichtigen Umstand bdquodass eine Polizeiforshyschung bzw integrative Polizeiwissenshyschaft anschlussfaumlhig bleibt an eine Forshyschung zur inneren Sicherheitldquo Laut Alfh (Alfh 2002) umfasst das Forschungsfeld der Polizeiorganisation bdquooffenbar auch die zentralen Begriffe der Sicherheit und der inneren Sicherheitldquo

METHODEN UND MODELLE EINER POLIZEIWISSENSCHAFT Bei der Frage nach einer neuen Fachdisshyziplin stellt sich auch die Frage nach den moumlglichen Methoden dieser Wissenschaft Auf Grund der fruumlher beschriebenen Konshystellationen kann die Polizeiwissenschaft nur auf etablierte Methoden der Bezugsshywissenschaften zuruumlckgreifen sollte sich aber auch gegenuumlber der Entwicklung neuer Methoden aufgeschlossen zeigen Je nach wissenschaftlicher Fragestellung und dem zu untersuchenden Thema werden sich die Methoden unterscheiden muumlssen

Am Beginn der Methodenwahl muumlssen wohl folgende Fragen beantwortet werden bull Welche Motive sind ausschlaggebend

fuumlr die Untersuchung bull Welche Ziele werden mit der Fragestelshy

lung verfolgt bull Welches Ergebnis fordern die gesellshy

schaftlichen Herausforderungen bull Wie koumlnnen wir herausfinden was wir

kuumlnftig wissen muumlssen bull Was soll nach Vorliegen der Ergebnisse

anders sein als vorher Wie schon oben erwaumlhnt ist es bei einer Forschung zur inneren Sicherheit wichtig zukuumlnftige Entwicklungen fruumlhzeitig zu erkennen um rasch die exekutiven Kraumlfte auf diese Entwicklungen vorbereiten zu koumlnnen Im Folgenden sollen einige Moshydelle zur Evaluierung von Zukunftstrends vorgestellt werden

DELPHI-STUDIEN Die Methodik der Delphi-Studie beruht darauf dass High-Level-Experteneinschaumltshyzungen eingeholt werden In einem ersten Schritt muumlssen die zu behandelnden Frashygestellungen festgelegt werden die in den nachfolgenden Schritten den Experten zur Beantwortung vorgelegt werden Nachdem in einer ersten Welle alle Fragen durch die angeschriebenen Experten beantwortet wurshyden wird eine Zwischenauswertung durch die Organisatoren vorgenommen In einer zweiten Welle erhalten alle teilgenommenen Experten die Auswertung zugeschickt um ihre eigenen Ansichten mit den Resultaten der Gesamtbefragung zu vergleichen Bei dieser Welle sind die Experten aufgeforshydert die Antwort erneut zu vertreten oder zu revidieren Durch diese so zusammenshygetragenen Ergebnisse ergibt sich eine Zukunftseinschaumltzung von Fachexperten

TRENDBEOBACHTUNG Die Trendbeobachtung geht an Hand von quantitativ-statistischen Verfahren vor Stashytistische Daten aus Langzeitbeobachtunshygen werden hinsichtlich schleichend vollshyziehender Veraumlnderungen untersucht und auf Grund dieser Datenlagen wird unter Einbeziehung relevanter Fixdaten eine Art bdquoHochrechnungldquo fuumlr die Zukunft gewagt

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BENCHMARKING Mit Benchmarking versucht man festzushystellen wo man im Vergleich zu anderen steht Die Benchmarking-Methode wird zB von der CEPOL eingesetzt In diesem Zusammenhang moumlchte ich auf den Reshyport bdquoPolice Science and Research in the European Unionldquo3 der CEPOL verweisen in dem versucht wurde die Entwicklungen im Polizeiwissenschaftsbereich innerhalb der EU zu vergleichen und eine Staumlrken-Schwaumlchen-Analyse zu erstellen

RELEVANZBAumlUME Beim Relevanzbaum-Verfahren geht man von anzustrebenden obersten Zielen aus etwa der Sicherung der nationalen Sichershyheit Ausgehend von diesen obersten Zielen wird uumlberlegt welche Unterziele jeweils auf sie hinfuumlhren koumlnnen

BACKCASTING Aumlhnlich wie bei den Relevanzbaumlumen geht man von allgemein akzeptierten Zukunftsshybildern aus zB das Bild der sicheren Stadt Ausgehend von einem solchen Zushykunftsbild muumlssen Zielrichtungen abgeleitet werden zB die Intensivierung vertraushyensbildender Maszlignahmen in einer Stadt ndash zB vermehrte Nachbarschaftshilfe Die Hauptaufgabe besteht nun darin aus einer hypothetischen Zukunft ruumlckwaumlrtsblickend realistische Wege aufzuzeigen die innershyhalb der Zielrichtungen verlaufen

SZENARIO-TECHNIK Ihren Ursprung hat die Szenario-Technik im militaumlrischen Bereich Um das Militaumlr fuumlr kriegerische Einsaumltze zu trainieren haben Militaumlrstrategen Szenarien moumlglishycher Kriegskonstellationen entworfen und darauf aufbauend die Erfolgsaussichten moumlglicher Kriegsstrategien eruiert Mittshylerweile wird die Szenario-Methode auch von Unternehmen angewandt um zukuumlnfshytige Marktentwicklungen besser einschaumltshy

zen zu koumlnnen Die Szenario-Methode wird zB auch bei der Umweltvertraumlglichshykeitspruumlfung eingesetzt

PROBLEMANALYSE Die Problemanalyse dient der Feststellung des Status quo und sollte sowohl quantitashytive als auch qualitative Daten und moumlgshylichst verschiedenartige Aspekte miteinbeshyziehen und verschraumlnken

ZUKUNFTSWERKSTATT Beim Konzept der Zukunftswerkstatt solshylen Laien an Planungsprozessen beteiligt werden Als Beispiel seien die unterschiedshylichen Formen von Buumlrgerbeteiligungsvershyfahren erwaumlhnt zB bei der Wohnraumgeshystaltung

HYBRIDSTEUERUNG Die Hybridsteuerung ist eine Mischung aus wissenschaftlicher Selbst- und Fremdshysteuerung Bei der Hybridsteuerung wird in der Regel von der Politik in Abstimshymung mit dem Anwender und wissenshyschaftlichen Beratungsgremien ein Thema grob vorgegeben Die genaue Definition des Forschungsprojekts erfolgt dann durch Wissenschaftler die sich im Rahmen einer Ausschreibung um das Projekt bewerben Um eine enge Kopplung zwischen Forshyschern und Verwendern sicherzustellen sind meist Kooperationen zB zwischen Wissenschaft und Industrie vorgeschrieben

ZUSAMMENFASSUNG Koumllbel (Koumllbel 2004 121) fasst die untershyschiedlichen Methoden folgendermaszligen zusammen bdquoWuumlnschbare Zukuumlnfte lassen sich in Zukunftswerkstaumltten entwerfen Mit Szenarien und Backcasting-Analysen kann man herausfinden welche denkbaren Wege von heute aus in die gewuumlnschte Richtung fuumlhren koumlnnten bzw welche nicht dorthin fuumlhren (hellip) Expertenkomshymissionen und Delphi-Studien sind gute

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Instrumente der Informationsbeschaffung um herauszufinden welche Zukunftspfade realistisch sind was mit welchem Aufshywand in welchem Zeithorizont machbar erscheint wie wichtig einzelne Zwischen-schritte fuumlr die Zielerreichung sind und welcher Forschungs- und Entwicklungsbeshydarf daraus resultiert (hellip) In einem dritten Schritt kann man mit Relevanzbaumlumen arbeiten um die eruierten Ziele und Mittel so anzuordnen dass man nach Schluumlssel-fragen kritischen Pfaden und Systemshyeffekten fahnden kannldquo

Fuumlr die Forschung zur inneren Sichershyheit und zur Polizei waumlre notwendig dass bull forschungsrelevante Fragestellungen

strategische Wichtigkeit besitzen bull ein Uumlberblick uumlber die akademische und

buumlrokratische internationale Forschung in diesem Fachbereich gegeben ist

bull Forschungsfragen eine Weiterentwickshylung im wissenschaftlichen Bereich ermoumlglichen aber auch anwenderorienshytiert sind

bull ein Austausch von bottom-up-Fragen und top-down-Fragen gewaumlhrleistet ist

bull die Einbeziehung unterschiedlicher Gruppen (Wissenschaftler polizeiliche Praktiker politische Ebene) erfolgt

bull die Etablierung von Langzeitstudien geshygeben ist

bull ein Konsens bei strategischer Forschung besteht

bull ein gemeinsames Verstaumlndnis von Forshyschung und Praxis gefoumlrdert wird

1 Strategische Forschungsfoumlrderung ndash

Empfehlungen zu Kommunikation Koshy

operation und Wettbewerb im Wissenshy

schaftssystem WR Wissenschaftsrat Essen

23052003 10 2 AKIS (Interdisziplinaumlrer Arbeitskreis Inshy

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SIAK-JOURNAL3322000077

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Journal (2) 16ndash24

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3322000077SIAK-JOURNAL

OBJEKTE UND METHODEN EINER POLIZEIWISSENshy

SCHAFT Im ersten Teil dieser Serie wurden die Perspektiven einer neuen Sichershy

heitsarchitektur beschrieben Darauf folgend wurden die Schnittstellen zwishyschen Wissenschaft und Polizei ausgewiesen und der Beitrag erlaumlutert den

KATHARINA WEISS MAG DR wissenschaftliche Ergebnisse zur inneren Sicherheit leisten koumlnnen Im drittenLeiterin des Instituts fuumlr

Wissenschaft und Forschung Teil soll nun der Fokus auf den Bereich der Polizeiwissenschaft an sich stellvertretende Leiterin der

gelegt werden Die Grundsatzfrage die sich in diesem ZusammenhangSicherheitsakademie stellt ist inwiefern sich die Polizeiwissenschaft fuumlr eine eigene wissenshyschaftliche Disziplin eignet bzw welche Voraussetzungen hierfuumlr zu erfuumlllen sind Ein besonderes Augenmerk wird auf die moumlglichen Objekte einer Polizeiwissenschaft gelegt aber auch auf den zur Verfuumlgung stehenden Methodenkanon Bei der Auswahl moumlglicher Methoden und Modelle wird der Schwerpunkt auf Modelle zur Evaluierung von Zukunftstrends gelegt diese sollen es den exekutiven Kraumlften ermoumlglichen zukuumlnftige Entwicklungen fruumlhzeitig zu erkennen Fuumlr den Aus- und Fortbildungsbereich sollen sie Grundlage zur Adaptierung von Schulungsmaszlignahmen sein

POLIZEIWISSENSCHAFT ALS Wissenschaft und Forschung haben in der EIGENE DISZIPLIN Vergangenheit polizeiliche Praxis ledig-Betrachtet man die Kompetenzbereiche lich kommentiert anstatt die Polizeipraxis des Bundesministeriums fuumlr Inneres so konstruktiv anzuleiten Wie in der letzten wird deutlich dass das Innenressort neben Ausgabe des SIAK-Journals (vgl Weiss verwaltungs- und rechtswissenschaftlichen 2007 18) naumlher ausgefuumlhrt wurde ist Aufgaben zahlreiche sozialwissenschaft- Selbstkritik jedoch nicht nur auf der Seite liche Aufgabenbereiche hat Daher koumlnnen der Wissenschaft angebracht auch die viele Belange des Innenressorts nur mit Polizei muumlsste sich einen Ruck geben und Methodologien der Sozialwissenschaften das Angebot der Wissenschaft vermehrt unter Einbeziehung anderer Wissenschafts- annehmen zweige untersucht werden Gesellschafts- In Oumlsterreich gab es lange ein Defizit analysen die fuumlr das Innenressort nutz- das System der inneren Sicherheit und das bringend sind koumlnnen nur auf diese Weise polizeiliche Handeln auf einen objektiven erstellt werden denn nur mit sozialwissen- Pruumlfstand der Wissenschaft zu stellen schaftlichen Methoden kann menschliches kritisch zu unterstuumltzen und zu begleiten Handeln genauer beleuchtet werden (HanakHofinger 2005) Dies mag in

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Oumlsterreich auch daran liegen dass im Unterschied zum anglikanischen Raum aber auch weiten Teilen Europas der Bereich der Kriminologie in das univershysitaumlre System ausschlieszliglich uumlber die Rechtswissenschaften eingeliedert ist waumlhrend er in anderen europaumlischen Laumlnshydern immer haumlufiger als Teil der Sozialshywissenschaften verstanden wird Weiters sind in vielen europaumlischen Staaten wisshysenschaftliche behoumlrdennahe und privatshywirtschaftliche Einrichtungen taumltig die Veraumlnderungen der inneren Sicherheit und der Polizeipraxis ausfuumlhrlich dokumentieshyren und evaluieren In diesem Zusammenshyhang ist besonders der Stellenwert der Polizei-Fachhochschulen der deutschen Laumlnder zu erwaumlhnen

Eine Moumlglichkeit dieser Diskrepanz von Wissenschaft und Forschung zu begegnen ist zweifelsfrei die Diskussion

uumlber eine eigene wissenshyschaftliche Disziplin

Dies mag auf den ersten Blick verwegen scheinen bei genauer Betrachtung des wissenschaftlichen Umfeldes gibt es jeshydoch Vergleichsparameter So hat eine eigene Militaumlrwissenschaft im Bereich der Landesverteidigung eine weit zuruumlckreishychende Tradition Aus der Militaumlrwissenshyschaft gibt es zahlreiche Publikationen von Verteidigungseinrichtungen im In-und Ausland die sich durchaus auch mit Themenbereichen der inneren Sicherheit befassen Exemplarisch seien hier nur die Bereiche Terrorismus Homeland Security und der Krisen- und Katastrophenschutz erwaumlhnt Auf Grund der langjaumlhrigen Ershyfahrung in diesen Themenbereichen sollte das Innenministerium vermehrt die wisshysenschaftliche Diskussion in diesen Forshyschungsfeldern aufnehmen Dies waumlre zuerst einmal die indirekte Aufforderung

das Verhaumlltnis von Wissenschaft und polishyzeilicher Praxis selbst zur Wissenschaft zu machen Laut Walter (Walter 2004 29) bedarf es dafuumlr umfassender bdquoInitiativen das bisher vorhandene Handlungs- und Erfahrungswissen der Polizei im fruchtshybaren Dialog zwischen Wissenschaft und Polizeipraxis konstruktiv-argumentativ und ganzheitlich zu bearbeiten (hellip) Es bedarf der systematischen Erforschung aller wesentlichen Aspekte des polizeishylichen Berufsfeldes weil nur auf der Basis von Erfahrungswissen und wissenschaftshylicher Erkenntnisse eine stetige Optimieshyrung polizeilicher Arbeit moumlglich istldquo

Es waumlre weiters notwendig neue Fragestellungen im Rahmen der polizeilichen

Taumltigkeitsfelder zu entwickeln und fuumlr ihre Bearbeitung ein neues Methoden- und Theoshyrienrepertoire zu schaffen

Die immer wieder formulierte Untershyscheidung zwischen Forschung uumlber und oder fuumlr die Polizei sei ndash so Ohlemacher (Ohlemacher 2001) ndash bdquonicht noumltig da Grundlagenforschung sich nicht vor einer Ausnutzung durch die Polizei zu schuumltzen brauche Im Gegenteil Der Wechsel von Naumlhe und Distanz zum Forschungsgegenshystand sei fuumlr den Erkenntnisprozeszlig wichtig und zudem spraumlche nichts dagegen dass durch die Erforschung der Polizeipraxis gewonnene Wissen als Servicewissen der Praxis zur Verfuumlgung zu stellenldquo Auch Neidhardt (Neidhardt 2006) haumllt die Disshykussion uumlber Forschung in oder uumlber die Polizei fuumlr uumlberholt

Durch die Einrichtung des Instituts fuumlr Wissenschaft und Forschung im Bundesshyministerium fuumlr Inneres im Jahre 2003 hat das Innenressort einen wichtigen Beitrag zur Etablierung einer eigenstaumlndigen Polishyzeiwissenschaft geleistet

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Was nach wie vor fehlt ist eine intershybzw transdisziplinaumlre Ausrichtung der Diskussion unter Einbeziehung der Politik und der Universitaumlten Als Vergleich koumlnnte man fuumlr den Verteidigungsbereich die bdquoGesellschaft fuumlr Landesverteidigung und Sicherheitspolitikldquo anfuumlhren In Deutschshyland wurde mit dem 1996 gegruumlndeten Interdisziplinaumlren Arbeitskreis Innere Sishycherheit (AKIS) ein Versuch gestartet vorshyrangig aus dem Hochschulbereich stamshymende rund 160 Wissenschaftler die sich mit Forschung zur inneren Sicherheit und Polizeiforschung beschaumlftigen zusammenshyzufuumlhren Vertreten sind die Disziplinen Geschichtswissenschaft Kriminologie Politikwissenschaft Rechtswissenschaft und Soziologie wobei der Schwerpunkt bei den sozialwissenschaftlichen Disziplishynen der Politikwissenschaft und Soziologie liegt Der Interdisziplinaumlre Arbeitskreis Innere Sicherheit (AKIS) verfolgt das Ziel bdquoinsbesondere die sozialwissenschaftshyliche Forschung zum Themenfeld innere Sicherheit zu buumlndeln und in Form eines gemeinsamen Diskussions- und Arbeitsshyforums unter theoretischen methodologishyschen und empirischen Gesichtspunkten weiterzuentwickelnldquo (AKIS 2002)

DER BEGRIFF DER POLIZEIWISSENSCHAFT Der Begriff der Polizeiwissenschaft soll im Folgenden als Wissensfach und nicht als Polizeilehre verstanden werden Mittelshyfristig sollte aber der Austausch gewaumlhrshyleistet sein und die Polizeiwissenschaft sollte auch Einzug in die Aus- und Fortshybildung der Polizisten finden besonders im Bereich der einschlaumlgigen Fachhoch-schul- und Universitaumltslehrgaumlnge Als Wissensfach soll die Polizeiwissenschaft als das zusammenfuumlhrende Dach aller speshyziellen polizeilichen Faumlcher (die an Polishyzeischulen unterrichtet werden) verstanshyden werden

Die Polizeilehre wie auch die Polizeiwissenschaft naumlhern

sich jeweils in ihren Inhalten an sie unterscheiden sich

jedoch in ihren Zielen

Waumlhrend die Polizeiwissenschaft (als Wisshysensfach) neue (bis jetzt unbekannte) Ershykenntnisse anstrebt gewaumlhrleisten die Polizeilehren (als unterrichtete Faumlcher) die Aneignung von Kenntnissen durch Auszushybildende die auf den Polizeiberuf vorbeshyreitet werden sollen bdquoDie Polizeilehren arbeiten deshalb mit Erkenntnissen die fuumlr den Studenten jedoch nicht fuumlr die Wissenschaften neu sind Die Einfuumlhrung des Unterrichts von neuen Polizeilehren stellt kein wissenschaftliches Problem im wahrsten Sinne des Wortes dar Sie ist in der Regel eine Reaktion auf die Beduumlrfshynisse der Polizeipraxis und nur selten reashygiert sie auf Ereignisse in den Polizeiwisshysenschaften selbstldquo (Holcr 2001 22) Deren Einfuumlhrung ist laut Holcr (Holcr 2001 23) bdquoeher ein organisatorisch-inshyhaltlicher Akt als ein Forschungsprozessldquo Hier waumlre auch zu unterscheiden ob einshyzelne Lehrfaumlcher im Rahmen von Grundshyausbildungslehrgaumlngen ergaumlnzt bzw adapshytiert werden oder ob es zur Einfuumlhrung gaumlnzlich neuer Lehrgangsformen kommt wie etwa bei der Einrichtung von Fachshyhochschullehrgaumlngen Entgegenzuhalten ist aber dass derzeit die polizeilichen Lehrfaumlcher sehr stark auf polizei-tradiertes und rechtswissenschaftliches Wissen zuruumlckgreifen eine Ergaumlnzung um Ergebshynisse der polizeilichen Wissenschaft und Forschung und aktueller Gegebenheiten waumlre zu begruumlszligen

Voraussetzung dafuumlr dass Polizeiwisshysenschaft betrieben werden kann ist dass genau definiert wird was darunter vershystanden werden soll bzw wie ihre wissenshyschaftlichen Standards definiert sind damit sie wirklich als Wissenschaft und

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Forschung akzeptiert wird und uumlber bdquodas unstrukturierte Sammeln und theorielose Kommentieren von Ergebnissen der Belieshybigkeitldquo hinauskommt und nicht bdquojedes Sammeln von Zahlen und Daten oder jedes auch noch so oberflaumlchliche Nachshydenken uumlber polizeiliches Tun bereits Forschung istldquo (Feltes 2002 3) Bei den Geisteswissenschaften wird die derzeitige Diskussion des wissenschaftlichen Zushygangs folgendermaszligen beschrieben bdquoDer Streit der Fakultaumlten ist nicht nur ein Streit um den Wahrheitsbegriff sondern auch ein Streit um den Forschungsbegriffldquo (Gethmann et al 2005 9)

Die Herausforderung bei der Etablierung einer Polizeiwissenschaft ist

gerade jene Definition des Forschungsbegriffs

In der einschlaumlgigen Literatur ist man oftmals damit konfrontiert dass von Polishyzeiwissenschaft oder Polizeiwissenschafshyten gesprochen wird Ob man von (einer) Polizeiwissenschaft oder von den Polizeishywissenschaften spricht mag auf den ersten Blick keinen Unterschied ausmachen allershydings moumlchte ich trotzdem kurz auf die wissenschaftliche Diskussion eingehen ohne diese damit uumlberbewerten zu wollen Die Diskussion ruumlhrt daher dass Polizeishywissenschaft ndash bisher undefiniert ndash entshyweder als interdisziplinaumlres undoder als transdisziplinaumlres Fach verstanden wird und auch verstanden werden muss Waumlhshyrend man unter Polizeiwissenschaften die interdisziplinaumlre Buumlndelung aller einschlaumlshygigen Wissenschaften die fuumlr Polizeiarbeit von Bedeutung sind versteht subsumiert man unter Polizeiwissenschaft eher die Wissenschaft von der Polizei und ihrem Handeln Feltes (Feltes) bdquowuumlrde eher der zweiten Variante zuneigen um so der Polishyzeiwissenschaft uumlber das Interdisziplinaumlre

hinaus einen eigenen zusaumltzlichen Theoshyrie- und Forschungsbereich zuzuweisenldquo Diese angefuumlhrte begriffliche wissenschaftshyliche Orchideendiskussion sollte aber nicht uumlberbewertet werden zumal sich etablierte Studienzweige bisher auch nicht einigen konnten ob es sich nun zB um Politikshywissenschaft(en) oder Militaumlrwissenschaf-t(en) handelt Diese kurze Ausfuumlhrung ist zugleich ein gutes Beispiel fuumlr die Diskreshypanz von Wissenschaft und Praxis Die aufgezeigte Diskussion hat durchaus ihre wissenschaftliche Berechtigung allerdings kann sie von der polizeilichen Praxis nicht ganz zu unrecht als Erbsenzaumlhlerei intershypretiert werden die fuumlr die tagtaumlgliche polizeiliche Taumltigkeit vollkommen irreleshyvant sei Sie sollte aber bei der Etablierung einer wissenschafltichen Disziplin zur wissenschaltlichen Redlichkeit zaumlhlen

THEORIE UND METHODIK EINER POLIZEIWISSENSCHAFT Erstes Ziel der Polizeiwissenschaft sollte es sein sich endlich mit der Frage der Theorie und der Methodik zu beschaumlftigen allerdings unter dem Aspekt dass es sich hierbei um ein interdiszplinaumlres Fach hanshydelt das somit zwangslaumlufig keine eigenen Methoden und Theorien entwickeln muss sondern je nach zu untersuchendem Theshymenbereich die sinnvollsten Methoden und Theorien aus dem allgemeinen Kodex auszuwaumlhlen hat

Hierin besteht allerdings die groszlige Chance dieses neuen

Wissenschaftszweiges im Unterschied zu den etablierten

Wissenschaftsbereichen

Polizeiwissenschaft ist zweifelsfrei eine besonders anwenderorientierte Wissenshyschaft und kann jederzeit unmittelbares Feedback der polizeilichen Praxis einhoshylen Ich glaube sogar dass die derzeitige

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verzwickte Situation eine groszlige Herausshyforderung und der interdisziplinaumlre Zushygang der Polizeiwissenschaft ein groszliges Vorbild fuumlr etablierte Wissenschaftszweige sein kann

Feltes (Feltes 2002 2) sieht zu Recht ein weiteres Problem darin dass Polizeishyforschung ohne rationale Polizeipolitik nicht denkbar sei die bdquoein noch stiefshymuumltterlicheres Dasein fristet als die Polishyzeiforschungldquo

Er haumllt es fuumlr notwendig den Begriff bdquoPolizeipolitikldquo gegenshyuumlber den Begriffen bdquoSichershyheitspolitikldquo oder bdquoInnenshy

politikldquo abzugrenzen

Mit Polizeipolitik meint Feltes (Feltes 2002 2) bdquodie von der Politik ausgehenden und von der Polizeifuumlhrung umgesetzten Grundsatzentscheidungen oder Grundsatz-vorgaben (hellip) an denen sich die Mitarbeishyterinnen und Mitarbeiter der Polizei zu orientieren haben Waumlhrend sich Begriffe wie sbquoSicherheitspolitiklsquo oder sbquoInnenpolishytiklsquo an einen (meist nicht naumlher definiershyten) groumlszligeren Adressatenkreis wenden und damit den Vor- (oder besser gesagt Nach-) teil haben an sich diffus und wenig konshytrollier- bzw evaluierbar zu sein soll mit dem Begriff der Polizeipolitik deutlich geshymacht werden dass hier ein konkreter Adressatenkreis und ein konkret festzuleshygendes und daher uumlberpruumlfbares Spektrum von Verhaltensweisen und Zielen gemeint istldquo Laut Ahlf (Ahlf 2002) sollte sich aber die bdquoPolizeiforschung auch an die eigentshylichen sicherheitspolitischen Fragestellunshygen heranwagen Polizeiforschung in dieshysem erweiterten Sinne muumlsste dann auch mit den etablierten und renommierten wisshysenschaftlichen Einrichtungen auf diesem Gebiet den unterschiedlichen auszligenpolishytischenfriedenspolitischen militaumlrischen medizinischen usw Forschungs- und Entshy

wicklungsinstitutionen kooperierenldquo Auf dieser Grundlage hat das deutsche Bunshydeskriminalamt mit dem Ansatz der bdquoStrashytegischen Kriminalitaumltsanalyse (SKA)ldquo gehandelt und damit wurde erfreulichershyweise gerade im Bereich der polizeilichen Praxis der Denkraum fuumlr die Polizeiwisshysenschaft erweitert SKA-Projekte sollen durch Aufzeigen von Risiken und Chanshycen von Entscheidungs- und Handlungsshybedarf sowie durch Anbieten von Loumlsungsshyansaumltzen und Maszlignahmenvorschlaumlgen vor allem die Kriminalpolitik und die Polizei in die Lage versetzen zu agieren statt zu reagieren

POLIZEIWISSENSCHAFT EINE PRAKTISCHE ODER EINE THEORETISCHE WISSENSCHAFT Hinsichtlich der Ziele der wissenschaftshylichen Forschung koumlnnen Wissenschaften und ihre Methodologien in zwei Gruppen eingeteilt werden in bull theoretische Wissenschaften (sog reine

oder auch fundamentale Wissenschaften) bull praktische Wissenschaften (vielfach wershy

den darunter technische Wissenschaften verstanden)

Es draumlngt sich die Frage auf ob die Polishyzeiwissenschaft sich einem dieser zwei Bereiche zuordnen laumlsst oder ob dies nicht vielmehr von der aktuellen wissenschaftshylichen Fragestellung eines Projektes abshyhaumlngig gemacht werden sollte

Als eine Hauptfunktion der theoretishyschen Wissenschaften gilt das Erklaumlren und Beschreiben ndash die wissenschaftliche Erklaumlrung der gesellschaftlichen Erscheishynungen und Prozesse Theoretische Wisshysenschaften sind somit auf Vergangenheit und Gegenwart ausgerichtet sie erklaumlren Entwicklungen in Vergangenheit und Geshygenwart Praktische Wissenschaften sind hingegen auf die Gegenwart und auf das Projektieren in die Zukunft gerichtet Ihren Ausgangspunkt nahmen die praktischen

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Wissenschaften bei technologischen Frashygestellungen Einerseits wachsen die polishyzeilichen Anwendungen der theoretischen (reinen fundamentalen) Wissenschaften man kann sagen dass viele wissenschaftshyliche Disziplinen oftmals eine polizeiliche Anwendung finden Andererseits ist die Polizeiwissenschaft als praktische Wissenshyschaft eigentlich eine Wissenschaft bdquouumlber die wissenschaftlichen Regeln der Polizeishytaumltigkeiten Das zentrale Problem der Polizeiwissenschaften als praktische Wisshysenschaft ist die Optimierung der Polizeishytaumltigkeitenldquo (Holcr 2001 35) Zum jetzigen Zeitpunkt laumlsst sich die Polizeiwissenshyschaft allerdings noch schwerlich einem der Bereiche endguumlltig zuordnen

EINE INTERDISZIPLINAumlRE POLIZEIWISSENSCHAFT Neues Wissen entsteht nicht mehr nur an den klassischen Universitaumlten und nicht nur innerhalb ihrer klassischen Faumlcher und Disziplinen sondern mehr und mehr auch an deren Grenzen bzw in Kooperation mit anderen Faumlchern Disziplinen und den Ershyfahrungswerten der einschlaumlgigen Praxis Diese Diskussion betrifft nicht nur neue Faumlcher wie die Polizeiwissenschaft sonshydern beherrscht die allgemein wissenshyschaftspolitischen Debatten

Diskutiert wird in diesem Zusammenhang die neue

Weise der Wissenserzeugung namens Mode Z

bdquoCharakteristisch fuumlr den Mode Z sei dass Forscher sich an gesellschaftlichen Probleshymen orientieren transdisziplinaumlr vorgeshyhen in temporaumlren Teams arbeiten und die Bindung von Wissen an einen Praxiskonshytext einem verallgemeinerten Wahrheitsshyanspruch vorziehenldquo (Koumllbel 2004 4) Selbst die etablierten Studienrichtungen fordern dass bdquoein Houmlchstmaszlig an systematishy

scher und institutioneller Flexibilitaumlt im Fachlichen wie im Disziplinaumlren zuruumlckgeshywonnen werdenldquo muss (Gethmann 2005 4)

In Kooperation verschiedener Teildisziplinen vollzieht sich bereits gegenwaumlrtig de facto

der Groszligteil der entsprechenshyden Polizeiforschung

Als Beispiel aus dem Institut fuumlr Wisshysenschaft und Forschung soll hier nur die Studie bdquoPerspektiven und Herausforderunshygen in der Integration muslimischer MitshybuumlrgerInnen in Oumlsterreichldquo genannt wershyden Die Studie bestand aus einem Teil in dem relevante Rahmendaten interpretiert wurden (zB Daten der Volkszaumlhlung) einer Medienanalyse einer quantitativen und einer qualitativen Umfrage und einer rechtswissenschaftlichen Analyse Die Vorshyteile einer solchen Zusammenarbeit liegen laut Lange auf der Hand bdquomittels der unshyterschiedlichen Sichtweisen die den jeshyweiligen Fragestellungen zugrunde liegen gelingt es ansatzweise die Facetten des polizeilichen Handelns zu erfassen Und genau darin liegen zugleich die Probleme Die Komplexitaumlt des polizeilichen Hanshydelns wird in der Komplexitaumlt der wissenshyschaftlichen Ansaumltze gespiegelt nicht aber aus einem zusammenfuumlhrenden Blickwinshykel wie es die Interdisziplinaritaumlt vershyspricht neu interpretiertldquo (Lange 2002 52) Meiner Meinung nach greift die Beschreibung von Lange etwas zu kurz solche uumlbergreifenden Studien sind nicht nur fuumlr Themen des polizeilichen Handelns von Bedeutung sondern auch fuumlr gesellshyschaftspolitische Analysen ndash auch ein Teilshybereich einer umfassender verstandenen Polizeiwissenschaft

bdquoDas Wort des sbquoInterdisziplinaumlrenlsquo wird oftmals inflationaumlr benutzt bedeutet aber nicht einfach nur eine Aneinanderreihung von verschiedenen Versatzstuumlcken sondern

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zielt auf eine Entwicklung gemeinsamer Fragestellungen Problemsichten strebt zumindest ein Set von Forschungsansaumltzen an vor allem das Einverstaumlndnis uumlber eine halbwegs aufeinander bezogene Begriffsshyund Wissenschaftsspracheldquo (Lange 2002 59) Interdisziplinaritaumlt bedeutet auch Freiraumlume zu gewaumlhren der deutsche Wisshysenschaftsrat formuliert dies in einer Empshyfehlung folgendermaszligen

bdquoFreiraumlume fuumlr bestimmte Forschungsgebiete einzuraumlushymen bedeutet eine zeitweilige

Unsicherheit bezuumlglich der sonst in der Wissenschaft

geltenden Qualitaumltsmaszligstaumlbe einzugestehenldquo1

In einem ersten Schritt zur Interdisziplishynaritaumlt der Polizeiforschung waumlre es wichshytig die fuumlr die Polizeiarbeit notwendigen Wissenschaftsdiszipinen an einen Diskusshysionstisch zu bringen Als Bezugswissenshyschaften koumlnnten gelten Geschichtswisshysenschaften Philosophie Rechts- und Sozialwissenschaften Fuumlhrungs- und Orgashynisationswissenschaften Oumlkonomie Techshynikwissenschaften und selbstverstaumlndlich auch die systematischen Erkenntnisse zu den polizeilichen Interventionsprogramshymen (Verkehr polizeilicher Einsatz Krimishynalistik) Diesbezuumlglich moumlchte ich auf die Diskussion von der Deutschen Polizeishyfuumlhrungsakademie hin zu einer Hochschule der Polizei verweisen an der zukuumlnftig polizeitaktische und -einsatzbezogene Prashyxisbelange im Rahmen wissenschaftlicher Faumlcher unterrichtet werden sollen

THEORIE EINER POLITIKFELDANALYSE Einen weiteren Ansatz sich dem polizeishywissenschaftlichen Zugang zu naumlhern verfolgt die Politikfeldanalyse Diese fasst den zu untersuchenden Bereich von vornshy

herein weit Laut Definition umfasst das Politikfeld innere Sicherheit bdquoalle staatshylichen Institutionen und Einrichtungen soshywie staatlich beauftragten Organisationen die durch Verfassung und Organe der deshymokratischen Willensbildung legitimiert sind das oumlffentliche Gewaltmonopol im Rahmen kodifizierter Regeln exekutiv auch unter Anwendung von unmittelbashyrem Zwang auszuuumlben Innere Sicherheit als Politikfeld weist darauf hin dass neben den exekutiven Institutionen und Einrichshytungen (vor allem Polizei und Staatsanshywaltschaften) und beauftragten Einrichshytungen (private Sicherheitsdienste) weitere Akteure an der Politikproduktion beteiligt sindldquo2 zu nennen sind Innenministerium parlamentarische Institutionen Laumlnder Parteien Verbaumlnde foumlderale Verhandshylungsgremien ebenso wie gesellschaftshyliche Gruppen und Medien

Auch die Politikfeldanalyse Innere Sicherheit ist in ihrem Ursprung ein interdisziplinaumlr

angelegter politikwissenshyschaftlicher Zugang der

Forschung

Das Konzept versteht sich als Diskussishyonsgrundlage um besonders das politikshywissenschaftliche Verstaumlndnis einer Forshyschung zur inneren Sicherheit auszubauen

MOumlGLICHE OBJEKTE EINER POLIZEIWISSENSCHAFT Versucht man sich intensiver auf eine Disshykussion zur Herausbildung einer Polizeishywissenschaft einzulassen stellt sich vershyhaumlltnismaumlszligig rasch die Frage nach dem moumlglichen Objekt der Forschung Womit soll sich Polizeiwissenschaft befassen Kurz zusammmengefasst kann man als Objekt ganz allgemein die polizeilichen Taumltigkeiten ansehen

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Ausschlaggebend sollten nach Neidhard bdquoder Sinn und der angestrebte Nutzen sein Danach muumlsste Polizeiwissenschaft zushynaumlchst alle Erkenntnisse zum Thema Polishyzei im institutionellen und funktionalen Sinn beinhalten (Police) Des weiteren muumlsste sie sich mit allen Aspekten polizeishylichen Handelns befassen (Policing) denn der polizeilichen Praxis liegt ja ganz zenshytral ein zu erreichender Nutzen zugrunde Diese Wissenschaft muss geeignet sein Fuumlhrungskraumlften der Polizei das gesamte fuumlr ein erfolgreiches Agieren notwendige Wissen bereitzustellenrdquo (Neidhardt 2001 74) Aus diesem Grund plaumldiert Neidhard fuumlr einen weiteren Begriff von Polizeiwisshysenschaft Laut Kokoska (Kokoska 2001 125) hat sich Polizeiwissenschaft bdquoeinershyseits am Gegenstandsbereich der Polizei (sbquoObjektbereichlsquo) zu orientieren dabei aber auch andererseits die Rolle der Polizei in der Gesellschaft bzw im demokratischen Verfassungsstaat (sbquoSubjektbereichlsquo) zu reflektieren In diesem Sinne sind die oumlffentliche Sicherheit und das polizeiliche Handeln Bezugsrahmen fuumlr eine Polizeishywissenschaftldquo

Die Polizei als Forschungsfeld interessiert ua Soziologen Politologen Kriminologen

Kriminalisten und Rechtswissenschaftler

Dabei wird die Polizei hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Legitimitaumlt bzw ihrer Rolle fuumlr die innere Sicherheit der rechtshyliche Rahmen der polizeilichen Taumltigkeit ebenso thematisiert wie die Organisationsshystruktur Tradition und das Alltagshandeln ihrer Organisationsmitglieder der Polizeishybeamten und -beamtinnen

Waumlhrend die Beurteilung des rechtlichen Rahmens der Polizeitaumltigkeit uumlber die trashyditionelle Rechtswissenschaft schon laumlnshyger betrieben wird und verhaumlltnismaumlszligig

gut ausgestaltet ist gibt es bei der sozioloshygischen Betrachtung der Polizei und ihrer Taumltigkeitsfelder groszlige Luumlcken Die empishyrische Polizeiforschung bdquohat die Institushytion sbquoPolizeilsquo und deren Arbeit zum Geshygenstand oder anders sie untersucht die polizeiliche Handlungslogik folgt ihr aber nicht sie untersucht das Geschaumlft der Polizei betreibt es aber nicht selberldquo (Reichertz 2002 1)

Ein wesentlicher Aspekt einer Polizeishywissenschaft sollte das politische Umfeld sein Aus diesem Blickwinkel sollte bdquodie Funktion der Polizei in der Gesellschaft erneut aufgegriffen aber im Gegensatz zu fruumlheren Arbeiten nicht im Stile einer Ideologiekritik sondern als eine empirishysche Analyse von Politikverlaumlufen betrieshybenldquo werden (Lange 2002 50)

Entscheidungsprozesse sollten analyshysiert werden Laut Lange (Lange 2002 50) sollten die Handlungsstrategien der Akteure und der involvierten Akteursgruppen unshytersucht werden bdquodie letztlich ausschlagshygebend fuumlr die Art und Weise sind wie politische Entscheidungen verlaufen und welche Interessen sich in den Verhandshylungssystemen sowohl der Polizeiorganishysation als auch des Systems der inneren Sicherheit durchsetzen Diese Binnenanashylyse lieszlige sich im politikwissenschaftlishychen Verstaumlndnis mit guten Gruumlnden als die einer politischen Soziologie der Polizei bzw der inneren Sicherheit ausweisenldquo Weiters sollten Verhaltens- und Handlungsshyprinzipien der Polizisten in der Praxis evashyluiert die Polizei sollte als Organisation in ihrem Alltag analysiert werden bdquoweder aus einer wuumlnschenswerten Perspektive des So-soll-sie-sein noch aus einer auf die einzelnen Interaktionen des Einsatzshyhandelns reduzierten Sichtldquo (Mensching 2005 18)

Beachtet werden muss dabei auch dass Polizeipolitik im europaumlischen Kontext von der Justizpolitik schwer zu trennen ist

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Dies wird besonders im Bereich Migration deutlich Nedela (Nedela 2005 234) sieht den Komplex Migration bdquonicht als Thema der Polizeiforschung sondern als Thema der Sozialwissenschaften bei hoher Releshyvanz fuumlr die Polizei wie fuumlr die Polizeiforshyschungldquo Dieses Beispiel zeigt deutlich wie schwer die Objekte der Polizeiwissenshyschaft zu definieren sind

Denn je nach dem wie weit man den Begriff der Polizeiwissenschaft definiert kann der Bereich Migration durchaus ein Forschungsobjekt der Polizeiwissenschaft sein

Lange (Lange 2002 60) sieht es als wichtigen Umstand bdquodass eine Polizeiforshyschung bzw integrative Polizeiwissenshyschaft anschlussfaumlhig bleibt an eine Forshyschung zur inneren Sicherheitldquo Laut Alfh (Alfh 2002) umfasst das Forschungsfeld der Polizeiorganisation bdquooffenbar auch die zentralen Begriffe der Sicherheit und der inneren Sicherheitldquo

METHODEN UND MODELLE EINER POLIZEIWISSENSCHAFT Bei der Frage nach einer neuen Fachdisshyziplin stellt sich auch die Frage nach den moumlglichen Methoden dieser Wissenschaft Auf Grund der fruumlher beschriebenen Konshystellationen kann die Polizeiwissenschaft nur auf etablierte Methoden der Bezugsshywissenschaften zuruumlckgreifen sollte sich aber auch gegenuumlber der Entwicklung neuer Methoden aufgeschlossen zeigen Je nach wissenschaftlicher Fragestellung und dem zu untersuchenden Thema werden sich die Methoden unterscheiden muumlssen

Am Beginn der Methodenwahl muumlssen wohl folgende Fragen beantwortet werden bull Welche Motive sind ausschlaggebend

fuumlr die Untersuchung bull Welche Ziele werden mit der Fragestelshy

lung verfolgt bull Welches Ergebnis fordern die gesellshy

schaftlichen Herausforderungen bull Wie koumlnnen wir herausfinden was wir

kuumlnftig wissen muumlssen bull Was soll nach Vorliegen der Ergebnisse

anders sein als vorher Wie schon oben erwaumlhnt ist es bei einer Forschung zur inneren Sicherheit wichtig zukuumlnftige Entwicklungen fruumlhzeitig zu erkennen um rasch die exekutiven Kraumlfte auf diese Entwicklungen vorbereiten zu koumlnnen Im Folgenden sollen einige Moshydelle zur Evaluierung von Zukunftstrends vorgestellt werden

DELPHI-STUDIEN Die Methodik der Delphi-Studie beruht darauf dass High-Level-Experteneinschaumltshyzungen eingeholt werden In einem ersten Schritt muumlssen die zu behandelnden Frashygestellungen festgelegt werden die in den nachfolgenden Schritten den Experten zur Beantwortung vorgelegt werden Nachdem in einer ersten Welle alle Fragen durch die angeschriebenen Experten beantwortet wurshyden wird eine Zwischenauswertung durch die Organisatoren vorgenommen In einer zweiten Welle erhalten alle teilgenommenen Experten die Auswertung zugeschickt um ihre eigenen Ansichten mit den Resultaten der Gesamtbefragung zu vergleichen Bei dieser Welle sind die Experten aufgeforshydert die Antwort erneut zu vertreten oder zu revidieren Durch diese so zusammenshygetragenen Ergebnisse ergibt sich eine Zukunftseinschaumltzung von Fachexperten

TRENDBEOBACHTUNG Die Trendbeobachtung geht an Hand von quantitativ-statistischen Verfahren vor Stashytistische Daten aus Langzeitbeobachtunshygen werden hinsichtlich schleichend vollshyziehender Veraumlnderungen untersucht und auf Grund dieser Datenlagen wird unter Einbeziehung relevanter Fixdaten eine Art bdquoHochrechnungldquo fuumlr die Zukunft gewagt

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BENCHMARKING Mit Benchmarking versucht man festzushystellen wo man im Vergleich zu anderen steht Die Benchmarking-Methode wird zB von der CEPOL eingesetzt In diesem Zusammenhang moumlchte ich auf den Reshyport bdquoPolice Science and Research in the European Unionldquo3 der CEPOL verweisen in dem versucht wurde die Entwicklungen im Polizeiwissenschaftsbereich innerhalb der EU zu vergleichen und eine Staumlrken-Schwaumlchen-Analyse zu erstellen

RELEVANZBAumlUME Beim Relevanzbaum-Verfahren geht man von anzustrebenden obersten Zielen aus etwa der Sicherung der nationalen Sichershyheit Ausgehend von diesen obersten Zielen wird uumlberlegt welche Unterziele jeweils auf sie hinfuumlhren koumlnnen

BACKCASTING Aumlhnlich wie bei den Relevanzbaumlumen geht man von allgemein akzeptierten Zukunftsshybildern aus zB das Bild der sicheren Stadt Ausgehend von einem solchen Zushykunftsbild muumlssen Zielrichtungen abgeleitet werden zB die Intensivierung vertraushyensbildender Maszlignahmen in einer Stadt ndash zB vermehrte Nachbarschaftshilfe Die Hauptaufgabe besteht nun darin aus einer hypothetischen Zukunft ruumlckwaumlrtsblickend realistische Wege aufzuzeigen die innershyhalb der Zielrichtungen verlaufen

SZENARIO-TECHNIK Ihren Ursprung hat die Szenario-Technik im militaumlrischen Bereich Um das Militaumlr fuumlr kriegerische Einsaumltze zu trainieren haben Militaumlrstrategen Szenarien moumlglishycher Kriegskonstellationen entworfen und darauf aufbauend die Erfolgsaussichten moumlglicher Kriegsstrategien eruiert Mittshylerweile wird die Szenario-Methode auch von Unternehmen angewandt um zukuumlnfshytige Marktentwicklungen besser einschaumltshy

zen zu koumlnnen Die Szenario-Methode wird zB auch bei der Umweltvertraumlglichshykeitspruumlfung eingesetzt

PROBLEMANALYSE Die Problemanalyse dient der Feststellung des Status quo und sollte sowohl quantitashytive als auch qualitative Daten und moumlgshylichst verschiedenartige Aspekte miteinbeshyziehen und verschraumlnken

ZUKUNFTSWERKSTATT Beim Konzept der Zukunftswerkstatt solshylen Laien an Planungsprozessen beteiligt werden Als Beispiel seien die unterschiedshylichen Formen von Buumlrgerbeteiligungsvershyfahren erwaumlhnt zB bei der Wohnraumgeshystaltung

HYBRIDSTEUERUNG Die Hybridsteuerung ist eine Mischung aus wissenschaftlicher Selbst- und Fremdshysteuerung Bei der Hybridsteuerung wird in der Regel von der Politik in Abstimshymung mit dem Anwender und wissenshyschaftlichen Beratungsgremien ein Thema grob vorgegeben Die genaue Definition des Forschungsprojekts erfolgt dann durch Wissenschaftler die sich im Rahmen einer Ausschreibung um das Projekt bewerben Um eine enge Kopplung zwischen Forshyschern und Verwendern sicherzustellen sind meist Kooperationen zB zwischen Wissenschaft und Industrie vorgeschrieben

ZUSAMMENFASSUNG Koumllbel (Koumllbel 2004 121) fasst die untershyschiedlichen Methoden folgendermaszligen zusammen bdquoWuumlnschbare Zukuumlnfte lassen sich in Zukunftswerkstaumltten entwerfen Mit Szenarien und Backcasting-Analysen kann man herausfinden welche denkbaren Wege von heute aus in die gewuumlnschte Richtung fuumlhren koumlnnten bzw welche nicht dorthin fuumlhren (hellip) Expertenkomshymissionen und Delphi-Studien sind gute

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Instrumente der Informationsbeschaffung um herauszufinden welche Zukunftspfade realistisch sind was mit welchem Aufshywand in welchem Zeithorizont machbar erscheint wie wichtig einzelne Zwischen-schritte fuumlr die Zielerreichung sind und welcher Forschungs- und Entwicklungsbeshydarf daraus resultiert (hellip) In einem dritten Schritt kann man mit Relevanzbaumlumen arbeiten um die eruierten Ziele und Mittel so anzuordnen dass man nach Schluumlssel-fragen kritischen Pfaden und Systemshyeffekten fahnden kannldquo

Fuumlr die Forschung zur inneren Sichershyheit und zur Polizei waumlre notwendig dass bull forschungsrelevante Fragestellungen

strategische Wichtigkeit besitzen bull ein Uumlberblick uumlber die akademische und

buumlrokratische internationale Forschung in diesem Fachbereich gegeben ist

bull Forschungsfragen eine Weiterentwickshylung im wissenschaftlichen Bereich ermoumlglichen aber auch anwenderorienshytiert sind

bull ein Austausch von bottom-up-Fragen und top-down-Fragen gewaumlhrleistet ist

bull die Einbeziehung unterschiedlicher Gruppen (Wissenschaftler polizeiliche Praktiker politische Ebene) erfolgt

bull die Etablierung von Langzeitstudien geshygeben ist

bull ein Konsens bei strategischer Forschung besteht

bull ein gemeinsames Verstaumlndnis von Forshyschung und Praxis gefoumlrdert wird

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Oumlsterreich auch daran liegen dass im Unterschied zum anglikanischen Raum aber auch weiten Teilen Europas der Bereich der Kriminologie in das univershysitaumlre System ausschlieszliglich uumlber die Rechtswissenschaften eingeliedert ist waumlhrend er in anderen europaumlischen Laumlnshydern immer haumlufiger als Teil der Sozialshywissenschaften verstanden wird Weiters sind in vielen europaumlischen Staaten wisshysenschaftliche behoumlrdennahe und privatshywirtschaftliche Einrichtungen taumltig die Veraumlnderungen der inneren Sicherheit und der Polizeipraxis ausfuumlhrlich dokumentieshyren und evaluieren In diesem Zusammenshyhang ist besonders der Stellenwert der Polizei-Fachhochschulen der deutschen Laumlnder zu erwaumlhnen

Eine Moumlglichkeit dieser Diskrepanz von Wissenschaft und Forschung zu begegnen ist zweifelsfrei die Diskussion

uumlber eine eigene wissenshyschaftliche Disziplin

Dies mag auf den ersten Blick verwegen scheinen bei genauer Betrachtung des wissenschaftlichen Umfeldes gibt es jeshydoch Vergleichsparameter So hat eine eigene Militaumlrwissenschaft im Bereich der Landesverteidigung eine weit zuruumlckreishychende Tradition Aus der Militaumlrwissenshyschaft gibt es zahlreiche Publikationen von Verteidigungseinrichtungen im In-und Ausland die sich durchaus auch mit Themenbereichen der inneren Sicherheit befassen Exemplarisch seien hier nur die Bereiche Terrorismus Homeland Security und der Krisen- und Katastrophenschutz erwaumlhnt Auf Grund der langjaumlhrigen Ershyfahrung in diesen Themenbereichen sollte das Innenministerium vermehrt die wisshysenschaftliche Diskussion in diesen Forshyschungsfeldern aufnehmen Dies waumlre zuerst einmal die indirekte Aufforderung

das Verhaumlltnis von Wissenschaft und polishyzeilicher Praxis selbst zur Wissenschaft zu machen Laut Walter (Walter 2004 29) bedarf es dafuumlr umfassender bdquoInitiativen das bisher vorhandene Handlungs- und Erfahrungswissen der Polizei im fruchtshybaren Dialog zwischen Wissenschaft und Polizeipraxis konstruktiv-argumentativ und ganzheitlich zu bearbeiten (hellip) Es bedarf der systematischen Erforschung aller wesentlichen Aspekte des polizeishylichen Berufsfeldes weil nur auf der Basis von Erfahrungswissen und wissenschaftshylicher Erkenntnisse eine stetige Optimieshyrung polizeilicher Arbeit moumlglich istldquo

Es waumlre weiters notwendig neue Fragestellungen im Rahmen der polizeilichen

Taumltigkeitsfelder zu entwickeln und fuumlr ihre Bearbeitung ein neues Methoden- und Theoshyrienrepertoire zu schaffen

Die immer wieder formulierte Untershyscheidung zwischen Forschung uumlber und oder fuumlr die Polizei sei ndash so Ohlemacher (Ohlemacher 2001) ndash bdquonicht noumltig da Grundlagenforschung sich nicht vor einer Ausnutzung durch die Polizei zu schuumltzen brauche Im Gegenteil Der Wechsel von Naumlhe und Distanz zum Forschungsgegenshystand sei fuumlr den Erkenntnisprozeszlig wichtig und zudem spraumlche nichts dagegen dass durch die Erforschung der Polizeipraxis gewonnene Wissen als Servicewissen der Praxis zur Verfuumlgung zu stellenldquo Auch Neidhardt (Neidhardt 2006) haumllt die Disshykussion uumlber Forschung in oder uumlber die Polizei fuumlr uumlberholt

Durch die Einrichtung des Instituts fuumlr Wissenschaft und Forschung im Bundesshyministerium fuumlr Inneres im Jahre 2003 hat das Innenressort einen wichtigen Beitrag zur Etablierung einer eigenstaumlndigen Polishyzeiwissenschaft geleistet

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Was nach wie vor fehlt ist eine intershybzw transdisziplinaumlre Ausrichtung der Diskussion unter Einbeziehung der Politik und der Universitaumlten Als Vergleich koumlnnte man fuumlr den Verteidigungsbereich die bdquoGesellschaft fuumlr Landesverteidigung und Sicherheitspolitikldquo anfuumlhren In Deutschshyland wurde mit dem 1996 gegruumlndeten Interdisziplinaumlren Arbeitskreis Innere Sishycherheit (AKIS) ein Versuch gestartet vorshyrangig aus dem Hochschulbereich stamshymende rund 160 Wissenschaftler die sich mit Forschung zur inneren Sicherheit und Polizeiforschung beschaumlftigen zusammenshyzufuumlhren Vertreten sind die Disziplinen Geschichtswissenschaft Kriminologie Politikwissenschaft Rechtswissenschaft und Soziologie wobei der Schwerpunkt bei den sozialwissenschaftlichen Disziplishynen der Politikwissenschaft und Soziologie liegt Der Interdisziplinaumlre Arbeitskreis Innere Sicherheit (AKIS) verfolgt das Ziel bdquoinsbesondere die sozialwissenschaftshyliche Forschung zum Themenfeld innere Sicherheit zu buumlndeln und in Form eines gemeinsamen Diskussions- und Arbeitsshyforums unter theoretischen methodologishyschen und empirischen Gesichtspunkten weiterzuentwickelnldquo (AKIS 2002)

DER BEGRIFF DER POLIZEIWISSENSCHAFT Der Begriff der Polizeiwissenschaft soll im Folgenden als Wissensfach und nicht als Polizeilehre verstanden werden Mittelshyfristig sollte aber der Austausch gewaumlhrshyleistet sein und die Polizeiwissenschaft sollte auch Einzug in die Aus- und Fortshybildung der Polizisten finden besonders im Bereich der einschlaumlgigen Fachhoch-schul- und Universitaumltslehrgaumlnge Als Wissensfach soll die Polizeiwissenschaft als das zusammenfuumlhrende Dach aller speshyziellen polizeilichen Faumlcher (die an Polishyzeischulen unterrichtet werden) verstanshyden werden

Die Polizeilehre wie auch die Polizeiwissenschaft naumlhern

sich jeweils in ihren Inhalten an sie unterscheiden sich

jedoch in ihren Zielen

Waumlhrend die Polizeiwissenschaft (als Wisshysensfach) neue (bis jetzt unbekannte) Ershykenntnisse anstrebt gewaumlhrleisten die Polizeilehren (als unterrichtete Faumlcher) die Aneignung von Kenntnissen durch Auszushybildende die auf den Polizeiberuf vorbeshyreitet werden sollen bdquoDie Polizeilehren arbeiten deshalb mit Erkenntnissen die fuumlr den Studenten jedoch nicht fuumlr die Wissenschaften neu sind Die Einfuumlhrung des Unterrichts von neuen Polizeilehren stellt kein wissenschaftliches Problem im wahrsten Sinne des Wortes dar Sie ist in der Regel eine Reaktion auf die Beduumlrfshynisse der Polizeipraxis und nur selten reashygiert sie auf Ereignisse in den Polizeiwisshysenschaften selbstldquo (Holcr 2001 22) Deren Einfuumlhrung ist laut Holcr (Holcr 2001 23) bdquoeher ein organisatorisch-inshyhaltlicher Akt als ein Forschungsprozessldquo Hier waumlre auch zu unterscheiden ob einshyzelne Lehrfaumlcher im Rahmen von Grundshyausbildungslehrgaumlngen ergaumlnzt bzw adapshytiert werden oder ob es zur Einfuumlhrung gaumlnzlich neuer Lehrgangsformen kommt wie etwa bei der Einrichtung von Fachshyhochschullehrgaumlngen Entgegenzuhalten ist aber dass derzeit die polizeilichen Lehrfaumlcher sehr stark auf polizei-tradiertes und rechtswissenschaftliches Wissen zuruumlckgreifen eine Ergaumlnzung um Ergebshynisse der polizeilichen Wissenschaft und Forschung und aktueller Gegebenheiten waumlre zu begruumlszligen

Voraussetzung dafuumlr dass Polizeiwisshysenschaft betrieben werden kann ist dass genau definiert wird was darunter vershystanden werden soll bzw wie ihre wissenshyschaftlichen Standards definiert sind damit sie wirklich als Wissenschaft und

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Forschung akzeptiert wird und uumlber bdquodas unstrukturierte Sammeln und theorielose Kommentieren von Ergebnissen der Belieshybigkeitldquo hinauskommt und nicht bdquojedes Sammeln von Zahlen und Daten oder jedes auch noch so oberflaumlchliche Nachshydenken uumlber polizeiliches Tun bereits Forschung istldquo (Feltes 2002 3) Bei den Geisteswissenschaften wird die derzeitige Diskussion des wissenschaftlichen Zushygangs folgendermaszligen beschrieben bdquoDer Streit der Fakultaumlten ist nicht nur ein Streit um den Wahrheitsbegriff sondern auch ein Streit um den Forschungsbegriffldquo (Gethmann et al 2005 9)

Die Herausforderung bei der Etablierung einer Polizeiwissenschaft ist

gerade jene Definition des Forschungsbegriffs

In der einschlaumlgigen Literatur ist man oftmals damit konfrontiert dass von Polishyzeiwissenschaft oder Polizeiwissenschafshyten gesprochen wird Ob man von (einer) Polizeiwissenschaft oder von den Polizeishywissenschaften spricht mag auf den ersten Blick keinen Unterschied ausmachen allershydings moumlchte ich trotzdem kurz auf die wissenschaftliche Diskussion eingehen ohne diese damit uumlberbewerten zu wollen Die Diskussion ruumlhrt daher dass Polizeishywissenschaft ndash bisher undefiniert ndash entshyweder als interdisziplinaumlres undoder als transdisziplinaumlres Fach verstanden wird und auch verstanden werden muss Waumlhshyrend man unter Polizeiwissenschaften die interdisziplinaumlre Buumlndelung aller einschlaumlshygigen Wissenschaften die fuumlr Polizeiarbeit von Bedeutung sind versteht subsumiert man unter Polizeiwissenschaft eher die Wissenschaft von der Polizei und ihrem Handeln Feltes (Feltes) bdquowuumlrde eher der zweiten Variante zuneigen um so der Polishyzeiwissenschaft uumlber das Interdisziplinaumlre

hinaus einen eigenen zusaumltzlichen Theoshyrie- und Forschungsbereich zuzuweisenldquo Diese angefuumlhrte begriffliche wissenschaftshyliche Orchideendiskussion sollte aber nicht uumlberbewertet werden zumal sich etablierte Studienzweige bisher auch nicht einigen konnten ob es sich nun zB um Politikshywissenschaft(en) oder Militaumlrwissenschaf-t(en) handelt Diese kurze Ausfuumlhrung ist zugleich ein gutes Beispiel fuumlr die Diskreshypanz von Wissenschaft und Praxis Die aufgezeigte Diskussion hat durchaus ihre wissenschaftliche Berechtigung allerdings kann sie von der polizeilichen Praxis nicht ganz zu unrecht als Erbsenzaumlhlerei intershypretiert werden die fuumlr die tagtaumlgliche polizeiliche Taumltigkeit vollkommen irreleshyvant sei Sie sollte aber bei der Etablierung einer wissenschafltichen Disziplin zur wissenschaltlichen Redlichkeit zaumlhlen

THEORIE UND METHODIK EINER POLIZEIWISSENSCHAFT Erstes Ziel der Polizeiwissenschaft sollte es sein sich endlich mit der Frage der Theorie und der Methodik zu beschaumlftigen allerdings unter dem Aspekt dass es sich hierbei um ein interdiszplinaumlres Fach hanshydelt das somit zwangslaumlufig keine eigenen Methoden und Theorien entwickeln muss sondern je nach zu untersuchendem Theshymenbereich die sinnvollsten Methoden und Theorien aus dem allgemeinen Kodex auszuwaumlhlen hat

Hierin besteht allerdings die groszlige Chance dieses neuen

Wissenschaftszweiges im Unterschied zu den etablierten

Wissenschaftsbereichen

Polizeiwissenschaft ist zweifelsfrei eine besonders anwenderorientierte Wissenshyschaft und kann jederzeit unmittelbares Feedback der polizeilichen Praxis einhoshylen Ich glaube sogar dass die derzeitige

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verzwickte Situation eine groszlige Herausshyforderung und der interdisziplinaumlre Zushygang der Polizeiwissenschaft ein groszliges Vorbild fuumlr etablierte Wissenschaftszweige sein kann

Feltes (Feltes 2002 2) sieht zu Recht ein weiteres Problem darin dass Polizeishyforschung ohne rationale Polizeipolitik nicht denkbar sei die bdquoein noch stiefshymuumltterlicheres Dasein fristet als die Polishyzeiforschungldquo

Er haumllt es fuumlr notwendig den Begriff bdquoPolizeipolitikldquo gegenshyuumlber den Begriffen bdquoSichershyheitspolitikldquo oder bdquoInnenshy

politikldquo abzugrenzen

Mit Polizeipolitik meint Feltes (Feltes 2002 2) bdquodie von der Politik ausgehenden und von der Polizeifuumlhrung umgesetzten Grundsatzentscheidungen oder Grundsatz-vorgaben (hellip) an denen sich die Mitarbeishyterinnen und Mitarbeiter der Polizei zu orientieren haben Waumlhrend sich Begriffe wie sbquoSicherheitspolitiklsquo oder sbquoInnenpolishytiklsquo an einen (meist nicht naumlher definiershyten) groumlszligeren Adressatenkreis wenden und damit den Vor- (oder besser gesagt Nach-) teil haben an sich diffus und wenig konshytrollier- bzw evaluierbar zu sein soll mit dem Begriff der Polizeipolitik deutlich geshymacht werden dass hier ein konkreter Adressatenkreis und ein konkret festzuleshygendes und daher uumlberpruumlfbares Spektrum von Verhaltensweisen und Zielen gemeint istldquo Laut Ahlf (Ahlf 2002) sollte sich aber die bdquoPolizeiforschung auch an die eigentshylichen sicherheitspolitischen Fragestellunshygen heranwagen Polizeiforschung in dieshysem erweiterten Sinne muumlsste dann auch mit den etablierten und renommierten wisshysenschaftlichen Einrichtungen auf diesem Gebiet den unterschiedlichen auszligenpolishytischenfriedenspolitischen militaumlrischen medizinischen usw Forschungs- und Entshy

wicklungsinstitutionen kooperierenldquo Auf dieser Grundlage hat das deutsche Bunshydeskriminalamt mit dem Ansatz der bdquoStrashytegischen Kriminalitaumltsanalyse (SKA)ldquo gehandelt und damit wurde erfreulichershyweise gerade im Bereich der polizeilichen Praxis der Denkraum fuumlr die Polizeiwisshysenschaft erweitert SKA-Projekte sollen durch Aufzeigen von Risiken und Chanshycen von Entscheidungs- und Handlungsshybedarf sowie durch Anbieten von Loumlsungsshyansaumltzen und Maszlignahmenvorschlaumlgen vor allem die Kriminalpolitik und die Polizei in die Lage versetzen zu agieren statt zu reagieren

POLIZEIWISSENSCHAFT EINE PRAKTISCHE ODER EINE THEORETISCHE WISSENSCHAFT Hinsichtlich der Ziele der wissenschaftshylichen Forschung koumlnnen Wissenschaften und ihre Methodologien in zwei Gruppen eingeteilt werden in bull theoretische Wissenschaften (sog reine

oder auch fundamentale Wissenschaften) bull praktische Wissenschaften (vielfach wershy

den darunter technische Wissenschaften verstanden)

Es draumlngt sich die Frage auf ob die Polishyzeiwissenschaft sich einem dieser zwei Bereiche zuordnen laumlsst oder ob dies nicht vielmehr von der aktuellen wissenschaftshylichen Fragestellung eines Projektes abshyhaumlngig gemacht werden sollte

Als eine Hauptfunktion der theoretishyschen Wissenschaften gilt das Erklaumlren und Beschreiben ndash die wissenschaftliche Erklaumlrung der gesellschaftlichen Erscheishynungen und Prozesse Theoretische Wisshysenschaften sind somit auf Vergangenheit und Gegenwart ausgerichtet sie erklaumlren Entwicklungen in Vergangenheit und Geshygenwart Praktische Wissenschaften sind hingegen auf die Gegenwart und auf das Projektieren in die Zukunft gerichtet Ihren Ausgangspunkt nahmen die praktischen

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Wissenschaften bei technologischen Frashygestellungen Einerseits wachsen die polishyzeilichen Anwendungen der theoretischen (reinen fundamentalen) Wissenschaften man kann sagen dass viele wissenschaftshyliche Disziplinen oftmals eine polizeiliche Anwendung finden Andererseits ist die Polizeiwissenschaft als praktische Wissenshyschaft eigentlich eine Wissenschaft bdquouumlber die wissenschaftlichen Regeln der Polizeishytaumltigkeiten Das zentrale Problem der Polizeiwissenschaften als praktische Wisshysenschaft ist die Optimierung der Polizeishytaumltigkeitenldquo (Holcr 2001 35) Zum jetzigen Zeitpunkt laumlsst sich die Polizeiwissenshyschaft allerdings noch schwerlich einem der Bereiche endguumlltig zuordnen

EINE INTERDISZIPLINAumlRE POLIZEIWISSENSCHAFT Neues Wissen entsteht nicht mehr nur an den klassischen Universitaumlten und nicht nur innerhalb ihrer klassischen Faumlcher und Disziplinen sondern mehr und mehr auch an deren Grenzen bzw in Kooperation mit anderen Faumlchern Disziplinen und den Ershyfahrungswerten der einschlaumlgigen Praxis Diese Diskussion betrifft nicht nur neue Faumlcher wie die Polizeiwissenschaft sonshydern beherrscht die allgemein wissenshyschaftspolitischen Debatten

Diskutiert wird in diesem Zusammenhang die neue

Weise der Wissenserzeugung namens Mode Z

bdquoCharakteristisch fuumlr den Mode Z sei dass Forscher sich an gesellschaftlichen Probleshymen orientieren transdisziplinaumlr vorgeshyhen in temporaumlren Teams arbeiten und die Bindung von Wissen an einen Praxiskonshytext einem verallgemeinerten Wahrheitsshyanspruch vorziehenldquo (Koumllbel 2004 4) Selbst die etablierten Studienrichtungen fordern dass bdquoein Houmlchstmaszlig an systematishy

scher und institutioneller Flexibilitaumlt im Fachlichen wie im Disziplinaumlren zuruumlckgeshywonnen werdenldquo muss (Gethmann 2005 4)

In Kooperation verschiedener Teildisziplinen vollzieht sich bereits gegenwaumlrtig de facto

der Groszligteil der entsprechenshyden Polizeiforschung

Als Beispiel aus dem Institut fuumlr Wisshysenschaft und Forschung soll hier nur die Studie bdquoPerspektiven und Herausforderunshygen in der Integration muslimischer MitshybuumlrgerInnen in Oumlsterreichldquo genannt wershyden Die Studie bestand aus einem Teil in dem relevante Rahmendaten interpretiert wurden (zB Daten der Volkszaumlhlung) einer Medienanalyse einer quantitativen und einer qualitativen Umfrage und einer rechtswissenschaftlichen Analyse Die Vorshyteile einer solchen Zusammenarbeit liegen laut Lange auf der Hand bdquomittels der unshyterschiedlichen Sichtweisen die den jeshyweiligen Fragestellungen zugrunde liegen gelingt es ansatzweise die Facetten des polizeilichen Handelns zu erfassen Und genau darin liegen zugleich die Probleme Die Komplexitaumlt des polizeilichen Hanshydelns wird in der Komplexitaumlt der wissenshyschaftlichen Ansaumltze gespiegelt nicht aber aus einem zusammenfuumlhrenden Blickwinshykel wie es die Interdisziplinaritaumlt vershyspricht neu interpretiertldquo (Lange 2002 52) Meiner Meinung nach greift die Beschreibung von Lange etwas zu kurz solche uumlbergreifenden Studien sind nicht nur fuumlr Themen des polizeilichen Handelns von Bedeutung sondern auch fuumlr gesellshyschaftspolitische Analysen ndash auch ein Teilshybereich einer umfassender verstandenen Polizeiwissenschaft

bdquoDas Wort des sbquoInterdisziplinaumlrenlsquo wird oftmals inflationaumlr benutzt bedeutet aber nicht einfach nur eine Aneinanderreihung von verschiedenen Versatzstuumlcken sondern

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zielt auf eine Entwicklung gemeinsamer Fragestellungen Problemsichten strebt zumindest ein Set von Forschungsansaumltzen an vor allem das Einverstaumlndnis uumlber eine halbwegs aufeinander bezogene Begriffsshyund Wissenschaftsspracheldquo (Lange 2002 59) Interdisziplinaritaumlt bedeutet auch Freiraumlume zu gewaumlhren der deutsche Wisshysenschaftsrat formuliert dies in einer Empshyfehlung folgendermaszligen

bdquoFreiraumlume fuumlr bestimmte Forschungsgebiete einzuraumlushymen bedeutet eine zeitweilige

Unsicherheit bezuumlglich der sonst in der Wissenschaft

geltenden Qualitaumltsmaszligstaumlbe einzugestehenldquo1

In einem ersten Schritt zur Interdisziplishynaritaumlt der Polizeiforschung waumlre es wichshytig die fuumlr die Polizeiarbeit notwendigen Wissenschaftsdiszipinen an einen Diskusshysionstisch zu bringen Als Bezugswissenshyschaften koumlnnten gelten Geschichtswisshysenschaften Philosophie Rechts- und Sozialwissenschaften Fuumlhrungs- und Orgashynisationswissenschaften Oumlkonomie Techshynikwissenschaften und selbstverstaumlndlich auch die systematischen Erkenntnisse zu den polizeilichen Interventionsprogramshymen (Verkehr polizeilicher Einsatz Krimishynalistik) Diesbezuumlglich moumlchte ich auf die Diskussion von der Deutschen Polizeishyfuumlhrungsakademie hin zu einer Hochschule der Polizei verweisen an der zukuumlnftig polizeitaktische und -einsatzbezogene Prashyxisbelange im Rahmen wissenschaftlicher Faumlcher unterrichtet werden sollen

THEORIE EINER POLITIKFELDANALYSE Einen weiteren Ansatz sich dem polizeishywissenschaftlichen Zugang zu naumlhern verfolgt die Politikfeldanalyse Diese fasst den zu untersuchenden Bereich von vornshy

herein weit Laut Definition umfasst das Politikfeld innere Sicherheit bdquoalle staatshylichen Institutionen und Einrichtungen soshywie staatlich beauftragten Organisationen die durch Verfassung und Organe der deshymokratischen Willensbildung legitimiert sind das oumlffentliche Gewaltmonopol im Rahmen kodifizierter Regeln exekutiv auch unter Anwendung von unmittelbashyrem Zwang auszuuumlben Innere Sicherheit als Politikfeld weist darauf hin dass neben den exekutiven Institutionen und Einrichshytungen (vor allem Polizei und Staatsanshywaltschaften) und beauftragten Einrichshytungen (private Sicherheitsdienste) weitere Akteure an der Politikproduktion beteiligt sindldquo2 zu nennen sind Innenministerium parlamentarische Institutionen Laumlnder Parteien Verbaumlnde foumlderale Verhandshylungsgremien ebenso wie gesellschaftshyliche Gruppen und Medien

Auch die Politikfeldanalyse Innere Sicherheit ist in ihrem Ursprung ein interdisziplinaumlr

angelegter politikwissenshyschaftlicher Zugang der

Forschung

Das Konzept versteht sich als Diskussishyonsgrundlage um besonders das politikshywissenschaftliche Verstaumlndnis einer Forshyschung zur inneren Sicherheit auszubauen

MOumlGLICHE OBJEKTE EINER POLIZEIWISSENSCHAFT Versucht man sich intensiver auf eine Disshykussion zur Herausbildung einer Polizeishywissenschaft einzulassen stellt sich vershyhaumlltnismaumlszligig rasch die Frage nach dem moumlglichen Objekt der Forschung Womit soll sich Polizeiwissenschaft befassen Kurz zusammmengefasst kann man als Objekt ganz allgemein die polizeilichen Taumltigkeiten ansehen

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Ausschlaggebend sollten nach Neidhard bdquoder Sinn und der angestrebte Nutzen sein Danach muumlsste Polizeiwissenschaft zushynaumlchst alle Erkenntnisse zum Thema Polishyzei im institutionellen und funktionalen Sinn beinhalten (Police) Des weiteren muumlsste sie sich mit allen Aspekten polizeishylichen Handelns befassen (Policing) denn der polizeilichen Praxis liegt ja ganz zenshytral ein zu erreichender Nutzen zugrunde Diese Wissenschaft muss geeignet sein Fuumlhrungskraumlften der Polizei das gesamte fuumlr ein erfolgreiches Agieren notwendige Wissen bereitzustellenrdquo (Neidhardt 2001 74) Aus diesem Grund plaumldiert Neidhard fuumlr einen weiteren Begriff von Polizeiwisshysenschaft Laut Kokoska (Kokoska 2001 125) hat sich Polizeiwissenschaft bdquoeinershyseits am Gegenstandsbereich der Polizei (sbquoObjektbereichlsquo) zu orientieren dabei aber auch andererseits die Rolle der Polizei in der Gesellschaft bzw im demokratischen Verfassungsstaat (sbquoSubjektbereichlsquo) zu reflektieren In diesem Sinne sind die oumlffentliche Sicherheit und das polizeiliche Handeln Bezugsrahmen fuumlr eine Polizeishywissenschaftldquo

Die Polizei als Forschungsfeld interessiert ua Soziologen Politologen Kriminologen

Kriminalisten und Rechtswissenschaftler

Dabei wird die Polizei hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Legitimitaumlt bzw ihrer Rolle fuumlr die innere Sicherheit der rechtshyliche Rahmen der polizeilichen Taumltigkeit ebenso thematisiert wie die Organisationsshystruktur Tradition und das Alltagshandeln ihrer Organisationsmitglieder der Polizeishybeamten und -beamtinnen

Waumlhrend die Beurteilung des rechtlichen Rahmens der Polizeitaumltigkeit uumlber die trashyditionelle Rechtswissenschaft schon laumlnshyger betrieben wird und verhaumlltnismaumlszligig

gut ausgestaltet ist gibt es bei der sozioloshygischen Betrachtung der Polizei und ihrer Taumltigkeitsfelder groszlige Luumlcken Die empishyrische Polizeiforschung bdquohat die Institushytion sbquoPolizeilsquo und deren Arbeit zum Geshygenstand oder anders sie untersucht die polizeiliche Handlungslogik folgt ihr aber nicht sie untersucht das Geschaumlft der Polizei betreibt es aber nicht selberldquo (Reichertz 2002 1)

Ein wesentlicher Aspekt einer Polizeishywissenschaft sollte das politische Umfeld sein Aus diesem Blickwinkel sollte bdquodie Funktion der Polizei in der Gesellschaft erneut aufgegriffen aber im Gegensatz zu fruumlheren Arbeiten nicht im Stile einer Ideologiekritik sondern als eine empirishysche Analyse von Politikverlaumlufen betrieshybenldquo werden (Lange 2002 50)

Entscheidungsprozesse sollten analyshysiert werden Laut Lange (Lange 2002 50) sollten die Handlungsstrategien der Akteure und der involvierten Akteursgruppen unshytersucht werden bdquodie letztlich ausschlagshygebend fuumlr die Art und Weise sind wie politische Entscheidungen verlaufen und welche Interessen sich in den Verhandshylungssystemen sowohl der Polizeiorganishysation als auch des Systems der inneren Sicherheit durchsetzen Diese Binnenanashylyse lieszlige sich im politikwissenschaftlishychen Verstaumlndnis mit guten Gruumlnden als die einer politischen Soziologie der Polizei bzw der inneren Sicherheit ausweisenldquo Weiters sollten Verhaltens- und Handlungsshyprinzipien der Polizisten in der Praxis evashyluiert die Polizei sollte als Organisation in ihrem Alltag analysiert werden bdquoweder aus einer wuumlnschenswerten Perspektive des So-soll-sie-sein noch aus einer auf die einzelnen Interaktionen des Einsatzshyhandelns reduzierten Sichtldquo (Mensching 2005 18)

Beachtet werden muss dabei auch dass Polizeipolitik im europaumlischen Kontext von der Justizpolitik schwer zu trennen ist

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Dies wird besonders im Bereich Migration deutlich Nedela (Nedela 2005 234) sieht den Komplex Migration bdquonicht als Thema der Polizeiforschung sondern als Thema der Sozialwissenschaften bei hoher Releshyvanz fuumlr die Polizei wie fuumlr die Polizeiforshyschungldquo Dieses Beispiel zeigt deutlich wie schwer die Objekte der Polizeiwissenshyschaft zu definieren sind

Denn je nach dem wie weit man den Begriff der Polizeiwissenschaft definiert kann der Bereich Migration durchaus ein Forschungsobjekt der Polizeiwissenschaft sein

Lange (Lange 2002 60) sieht es als wichtigen Umstand bdquodass eine Polizeiforshyschung bzw integrative Polizeiwissenshyschaft anschlussfaumlhig bleibt an eine Forshyschung zur inneren Sicherheitldquo Laut Alfh (Alfh 2002) umfasst das Forschungsfeld der Polizeiorganisation bdquooffenbar auch die zentralen Begriffe der Sicherheit und der inneren Sicherheitldquo

METHODEN UND MODELLE EINER POLIZEIWISSENSCHAFT Bei der Frage nach einer neuen Fachdisshyziplin stellt sich auch die Frage nach den moumlglichen Methoden dieser Wissenschaft Auf Grund der fruumlher beschriebenen Konshystellationen kann die Polizeiwissenschaft nur auf etablierte Methoden der Bezugsshywissenschaften zuruumlckgreifen sollte sich aber auch gegenuumlber der Entwicklung neuer Methoden aufgeschlossen zeigen Je nach wissenschaftlicher Fragestellung und dem zu untersuchenden Thema werden sich die Methoden unterscheiden muumlssen

Am Beginn der Methodenwahl muumlssen wohl folgende Fragen beantwortet werden bull Welche Motive sind ausschlaggebend

fuumlr die Untersuchung bull Welche Ziele werden mit der Fragestelshy

lung verfolgt bull Welches Ergebnis fordern die gesellshy

schaftlichen Herausforderungen bull Wie koumlnnen wir herausfinden was wir

kuumlnftig wissen muumlssen bull Was soll nach Vorliegen der Ergebnisse

anders sein als vorher Wie schon oben erwaumlhnt ist es bei einer Forschung zur inneren Sicherheit wichtig zukuumlnftige Entwicklungen fruumlhzeitig zu erkennen um rasch die exekutiven Kraumlfte auf diese Entwicklungen vorbereiten zu koumlnnen Im Folgenden sollen einige Moshydelle zur Evaluierung von Zukunftstrends vorgestellt werden

DELPHI-STUDIEN Die Methodik der Delphi-Studie beruht darauf dass High-Level-Experteneinschaumltshyzungen eingeholt werden In einem ersten Schritt muumlssen die zu behandelnden Frashygestellungen festgelegt werden die in den nachfolgenden Schritten den Experten zur Beantwortung vorgelegt werden Nachdem in einer ersten Welle alle Fragen durch die angeschriebenen Experten beantwortet wurshyden wird eine Zwischenauswertung durch die Organisatoren vorgenommen In einer zweiten Welle erhalten alle teilgenommenen Experten die Auswertung zugeschickt um ihre eigenen Ansichten mit den Resultaten der Gesamtbefragung zu vergleichen Bei dieser Welle sind die Experten aufgeforshydert die Antwort erneut zu vertreten oder zu revidieren Durch diese so zusammenshygetragenen Ergebnisse ergibt sich eine Zukunftseinschaumltzung von Fachexperten

TRENDBEOBACHTUNG Die Trendbeobachtung geht an Hand von quantitativ-statistischen Verfahren vor Stashytistische Daten aus Langzeitbeobachtunshygen werden hinsichtlich schleichend vollshyziehender Veraumlnderungen untersucht und auf Grund dieser Datenlagen wird unter Einbeziehung relevanter Fixdaten eine Art bdquoHochrechnungldquo fuumlr die Zukunft gewagt

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BENCHMARKING Mit Benchmarking versucht man festzushystellen wo man im Vergleich zu anderen steht Die Benchmarking-Methode wird zB von der CEPOL eingesetzt In diesem Zusammenhang moumlchte ich auf den Reshyport bdquoPolice Science and Research in the European Unionldquo3 der CEPOL verweisen in dem versucht wurde die Entwicklungen im Polizeiwissenschaftsbereich innerhalb der EU zu vergleichen und eine Staumlrken-Schwaumlchen-Analyse zu erstellen

RELEVANZBAumlUME Beim Relevanzbaum-Verfahren geht man von anzustrebenden obersten Zielen aus etwa der Sicherung der nationalen Sichershyheit Ausgehend von diesen obersten Zielen wird uumlberlegt welche Unterziele jeweils auf sie hinfuumlhren koumlnnen

BACKCASTING Aumlhnlich wie bei den Relevanzbaumlumen geht man von allgemein akzeptierten Zukunftsshybildern aus zB das Bild der sicheren Stadt Ausgehend von einem solchen Zushykunftsbild muumlssen Zielrichtungen abgeleitet werden zB die Intensivierung vertraushyensbildender Maszlignahmen in einer Stadt ndash zB vermehrte Nachbarschaftshilfe Die Hauptaufgabe besteht nun darin aus einer hypothetischen Zukunft ruumlckwaumlrtsblickend realistische Wege aufzuzeigen die innershyhalb der Zielrichtungen verlaufen

SZENARIO-TECHNIK Ihren Ursprung hat die Szenario-Technik im militaumlrischen Bereich Um das Militaumlr fuumlr kriegerische Einsaumltze zu trainieren haben Militaumlrstrategen Szenarien moumlglishycher Kriegskonstellationen entworfen und darauf aufbauend die Erfolgsaussichten moumlglicher Kriegsstrategien eruiert Mittshylerweile wird die Szenario-Methode auch von Unternehmen angewandt um zukuumlnfshytige Marktentwicklungen besser einschaumltshy

zen zu koumlnnen Die Szenario-Methode wird zB auch bei der Umweltvertraumlglichshykeitspruumlfung eingesetzt

PROBLEMANALYSE Die Problemanalyse dient der Feststellung des Status quo und sollte sowohl quantitashytive als auch qualitative Daten und moumlgshylichst verschiedenartige Aspekte miteinbeshyziehen und verschraumlnken

ZUKUNFTSWERKSTATT Beim Konzept der Zukunftswerkstatt solshylen Laien an Planungsprozessen beteiligt werden Als Beispiel seien die unterschiedshylichen Formen von Buumlrgerbeteiligungsvershyfahren erwaumlhnt zB bei der Wohnraumgeshystaltung

HYBRIDSTEUERUNG Die Hybridsteuerung ist eine Mischung aus wissenschaftlicher Selbst- und Fremdshysteuerung Bei der Hybridsteuerung wird in der Regel von der Politik in Abstimshymung mit dem Anwender und wissenshyschaftlichen Beratungsgremien ein Thema grob vorgegeben Die genaue Definition des Forschungsprojekts erfolgt dann durch Wissenschaftler die sich im Rahmen einer Ausschreibung um das Projekt bewerben Um eine enge Kopplung zwischen Forshyschern und Verwendern sicherzustellen sind meist Kooperationen zB zwischen Wissenschaft und Industrie vorgeschrieben

ZUSAMMENFASSUNG Koumllbel (Koumllbel 2004 121) fasst die untershyschiedlichen Methoden folgendermaszligen zusammen bdquoWuumlnschbare Zukuumlnfte lassen sich in Zukunftswerkstaumltten entwerfen Mit Szenarien und Backcasting-Analysen kann man herausfinden welche denkbaren Wege von heute aus in die gewuumlnschte Richtung fuumlhren koumlnnten bzw welche nicht dorthin fuumlhren (hellip) Expertenkomshymissionen und Delphi-Studien sind gute

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Instrumente der Informationsbeschaffung um herauszufinden welche Zukunftspfade realistisch sind was mit welchem Aufshywand in welchem Zeithorizont machbar erscheint wie wichtig einzelne Zwischen-schritte fuumlr die Zielerreichung sind und welcher Forschungs- und Entwicklungsbeshydarf daraus resultiert (hellip) In einem dritten Schritt kann man mit Relevanzbaumlumen arbeiten um die eruierten Ziele und Mittel so anzuordnen dass man nach Schluumlssel-fragen kritischen Pfaden und Systemshyeffekten fahnden kannldquo

Fuumlr die Forschung zur inneren Sichershyheit und zur Polizei waumlre notwendig dass bull forschungsrelevante Fragestellungen

strategische Wichtigkeit besitzen bull ein Uumlberblick uumlber die akademische und

buumlrokratische internationale Forschung in diesem Fachbereich gegeben ist

bull Forschungsfragen eine Weiterentwickshylung im wissenschaftlichen Bereich ermoumlglichen aber auch anwenderorienshytiert sind

bull ein Austausch von bottom-up-Fragen und top-down-Fragen gewaumlhrleistet ist

bull die Einbeziehung unterschiedlicher Gruppen (Wissenschaftler polizeiliche Praktiker politische Ebene) erfolgt

bull die Etablierung von Langzeitstudien geshygeben ist

bull ein Konsens bei strategischer Forschung besteht

bull ein gemeinsames Verstaumlndnis von Forshyschung und Praxis gefoumlrdert wird

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Was nach wie vor fehlt ist eine intershybzw transdisziplinaumlre Ausrichtung der Diskussion unter Einbeziehung der Politik und der Universitaumlten Als Vergleich koumlnnte man fuumlr den Verteidigungsbereich die bdquoGesellschaft fuumlr Landesverteidigung und Sicherheitspolitikldquo anfuumlhren In Deutschshyland wurde mit dem 1996 gegruumlndeten Interdisziplinaumlren Arbeitskreis Innere Sishycherheit (AKIS) ein Versuch gestartet vorshyrangig aus dem Hochschulbereich stamshymende rund 160 Wissenschaftler die sich mit Forschung zur inneren Sicherheit und Polizeiforschung beschaumlftigen zusammenshyzufuumlhren Vertreten sind die Disziplinen Geschichtswissenschaft Kriminologie Politikwissenschaft Rechtswissenschaft und Soziologie wobei der Schwerpunkt bei den sozialwissenschaftlichen Disziplishynen der Politikwissenschaft und Soziologie liegt Der Interdisziplinaumlre Arbeitskreis Innere Sicherheit (AKIS) verfolgt das Ziel bdquoinsbesondere die sozialwissenschaftshyliche Forschung zum Themenfeld innere Sicherheit zu buumlndeln und in Form eines gemeinsamen Diskussions- und Arbeitsshyforums unter theoretischen methodologishyschen und empirischen Gesichtspunkten weiterzuentwickelnldquo (AKIS 2002)

DER BEGRIFF DER POLIZEIWISSENSCHAFT Der Begriff der Polizeiwissenschaft soll im Folgenden als Wissensfach und nicht als Polizeilehre verstanden werden Mittelshyfristig sollte aber der Austausch gewaumlhrshyleistet sein und die Polizeiwissenschaft sollte auch Einzug in die Aus- und Fortshybildung der Polizisten finden besonders im Bereich der einschlaumlgigen Fachhoch-schul- und Universitaumltslehrgaumlnge Als Wissensfach soll die Polizeiwissenschaft als das zusammenfuumlhrende Dach aller speshyziellen polizeilichen Faumlcher (die an Polishyzeischulen unterrichtet werden) verstanshyden werden

Die Polizeilehre wie auch die Polizeiwissenschaft naumlhern

sich jeweils in ihren Inhalten an sie unterscheiden sich

jedoch in ihren Zielen

Waumlhrend die Polizeiwissenschaft (als Wisshysensfach) neue (bis jetzt unbekannte) Ershykenntnisse anstrebt gewaumlhrleisten die Polizeilehren (als unterrichtete Faumlcher) die Aneignung von Kenntnissen durch Auszushybildende die auf den Polizeiberuf vorbeshyreitet werden sollen bdquoDie Polizeilehren arbeiten deshalb mit Erkenntnissen die fuumlr den Studenten jedoch nicht fuumlr die Wissenschaften neu sind Die Einfuumlhrung des Unterrichts von neuen Polizeilehren stellt kein wissenschaftliches Problem im wahrsten Sinne des Wortes dar Sie ist in der Regel eine Reaktion auf die Beduumlrfshynisse der Polizeipraxis und nur selten reashygiert sie auf Ereignisse in den Polizeiwisshysenschaften selbstldquo (Holcr 2001 22) Deren Einfuumlhrung ist laut Holcr (Holcr 2001 23) bdquoeher ein organisatorisch-inshyhaltlicher Akt als ein Forschungsprozessldquo Hier waumlre auch zu unterscheiden ob einshyzelne Lehrfaumlcher im Rahmen von Grundshyausbildungslehrgaumlngen ergaumlnzt bzw adapshytiert werden oder ob es zur Einfuumlhrung gaumlnzlich neuer Lehrgangsformen kommt wie etwa bei der Einrichtung von Fachshyhochschullehrgaumlngen Entgegenzuhalten ist aber dass derzeit die polizeilichen Lehrfaumlcher sehr stark auf polizei-tradiertes und rechtswissenschaftliches Wissen zuruumlckgreifen eine Ergaumlnzung um Ergebshynisse der polizeilichen Wissenschaft und Forschung und aktueller Gegebenheiten waumlre zu begruumlszligen

Voraussetzung dafuumlr dass Polizeiwisshysenschaft betrieben werden kann ist dass genau definiert wird was darunter vershystanden werden soll bzw wie ihre wissenshyschaftlichen Standards definiert sind damit sie wirklich als Wissenschaft und

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Forschung akzeptiert wird und uumlber bdquodas unstrukturierte Sammeln und theorielose Kommentieren von Ergebnissen der Belieshybigkeitldquo hinauskommt und nicht bdquojedes Sammeln von Zahlen und Daten oder jedes auch noch so oberflaumlchliche Nachshydenken uumlber polizeiliches Tun bereits Forschung istldquo (Feltes 2002 3) Bei den Geisteswissenschaften wird die derzeitige Diskussion des wissenschaftlichen Zushygangs folgendermaszligen beschrieben bdquoDer Streit der Fakultaumlten ist nicht nur ein Streit um den Wahrheitsbegriff sondern auch ein Streit um den Forschungsbegriffldquo (Gethmann et al 2005 9)

Die Herausforderung bei der Etablierung einer Polizeiwissenschaft ist

gerade jene Definition des Forschungsbegriffs

In der einschlaumlgigen Literatur ist man oftmals damit konfrontiert dass von Polishyzeiwissenschaft oder Polizeiwissenschafshyten gesprochen wird Ob man von (einer) Polizeiwissenschaft oder von den Polizeishywissenschaften spricht mag auf den ersten Blick keinen Unterschied ausmachen allershydings moumlchte ich trotzdem kurz auf die wissenschaftliche Diskussion eingehen ohne diese damit uumlberbewerten zu wollen Die Diskussion ruumlhrt daher dass Polizeishywissenschaft ndash bisher undefiniert ndash entshyweder als interdisziplinaumlres undoder als transdisziplinaumlres Fach verstanden wird und auch verstanden werden muss Waumlhshyrend man unter Polizeiwissenschaften die interdisziplinaumlre Buumlndelung aller einschlaumlshygigen Wissenschaften die fuumlr Polizeiarbeit von Bedeutung sind versteht subsumiert man unter Polizeiwissenschaft eher die Wissenschaft von der Polizei und ihrem Handeln Feltes (Feltes) bdquowuumlrde eher der zweiten Variante zuneigen um so der Polishyzeiwissenschaft uumlber das Interdisziplinaumlre

hinaus einen eigenen zusaumltzlichen Theoshyrie- und Forschungsbereich zuzuweisenldquo Diese angefuumlhrte begriffliche wissenschaftshyliche Orchideendiskussion sollte aber nicht uumlberbewertet werden zumal sich etablierte Studienzweige bisher auch nicht einigen konnten ob es sich nun zB um Politikshywissenschaft(en) oder Militaumlrwissenschaf-t(en) handelt Diese kurze Ausfuumlhrung ist zugleich ein gutes Beispiel fuumlr die Diskreshypanz von Wissenschaft und Praxis Die aufgezeigte Diskussion hat durchaus ihre wissenschaftliche Berechtigung allerdings kann sie von der polizeilichen Praxis nicht ganz zu unrecht als Erbsenzaumlhlerei intershypretiert werden die fuumlr die tagtaumlgliche polizeiliche Taumltigkeit vollkommen irreleshyvant sei Sie sollte aber bei der Etablierung einer wissenschafltichen Disziplin zur wissenschaltlichen Redlichkeit zaumlhlen

THEORIE UND METHODIK EINER POLIZEIWISSENSCHAFT Erstes Ziel der Polizeiwissenschaft sollte es sein sich endlich mit der Frage der Theorie und der Methodik zu beschaumlftigen allerdings unter dem Aspekt dass es sich hierbei um ein interdiszplinaumlres Fach hanshydelt das somit zwangslaumlufig keine eigenen Methoden und Theorien entwickeln muss sondern je nach zu untersuchendem Theshymenbereich die sinnvollsten Methoden und Theorien aus dem allgemeinen Kodex auszuwaumlhlen hat

Hierin besteht allerdings die groszlige Chance dieses neuen

Wissenschaftszweiges im Unterschied zu den etablierten

Wissenschaftsbereichen

Polizeiwissenschaft ist zweifelsfrei eine besonders anwenderorientierte Wissenshyschaft und kann jederzeit unmittelbares Feedback der polizeilichen Praxis einhoshylen Ich glaube sogar dass die derzeitige

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verzwickte Situation eine groszlige Herausshyforderung und der interdisziplinaumlre Zushygang der Polizeiwissenschaft ein groszliges Vorbild fuumlr etablierte Wissenschaftszweige sein kann

Feltes (Feltes 2002 2) sieht zu Recht ein weiteres Problem darin dass Polizeishyforschung ohne rationale Polizeipolitik nicht denkbar sei die bdquoein noch stiefshymuumltterlicheres Dasein fristet als die Polishyzeiforschungldquo

Er haumllt es fuumlr notwendig den Begriff bdquoPolizeipolitikldquo gegenshyuumlber den Begriffen bdquoSichershyheitspolitikldquo oder bdquoInnenshy

politikldquo abzugrenzen

Mit Polizeipolitik meint Feltes (Feltes 2002 2) bdquodie von der Politik ausgehenden und von der Polizeifuumlhrung umgesetzten Grundsatzentscheidungen oder Grundsatz-vorgaben (hellip) an denen sich die Mitarbeishyterinnen und Mitarbeiter der Polizei zu orientieren haben Waumlhrend sich Begriffe wie sbquoSicherheitspolitiklsquo oder sbquoInnenpolishytiklsquo an einen (meist nicht naumlher definiershyten) groumlszligeren Adressatenkreis wenden und damit den Vor- (oder besser gesagt Nach-) teil haben an sich diffus und wenig konshytrollier- bzw evaluierbar zu sein soll mit dem Begriff der Polizeipolitik deutlich geshymacht werden dass hier ein konkreter Adressatenkreis und ein konkret festzuleshygendes und daher uumlberpruumlfbares Spektrum von Verhaltensweisen und Zielen gemeint istldquo Laut Ahlf (Ahlf 2002) sollte sich aber die bdquoPolizeiforschung auch an die eigentshylichen sicherheitspolitischen Fragestellunshygen heranwagen Polizeiforschung in dieshysem erweiterten Sinne muumlsste dann auch mit den etablierten und renommierten wisshysenschaftlichen Einrichtungen auf diesem Gebiet den unterschiedlichen auszligenpolishytischenfriedenspolitischen militaumlrischen medizinischen usw Forschungs- und Entshy

wicklungsinstitutionen kooperierenldquo Auf dieser Grundlage hat das deutsche Bunshydeskriminalamt mit dem Ansatz der bdquoStrashytegischen Kriminalitaumltsanalyse (SKA)ldquo gehandelt und damit wurde erfreulichershyweise gerade im Bereich der polizeilichen Praxis der Denkraum fuumlr die Polizeiwisshysenschaft erweitert SKA-Projekte sollen durch Aufzeigen von Risiken und Chanshycen von Entscheidungs- und Handlungsshybedarf sowie durch Anbieten von Loumlsungsshyansaumltzen und Maszlignahmenvorschlaumlgen vor allem die Kriminalpolitik und die Polizei in die Lage versetzen zu agieren statt zu reagieren

POLIZEIWISSENSCHAFT EINE PRAKTISCHE ODER EINE THEORETISCHE WISSENSCHAFT Hinsichtlich der Ziele der wissenschaftshylichen Forschung koumlnnen Wissenschaften und ihre Methodologien in zwei Gruppen eingeteilt werden in bull theoretische Wissenschaften (sog reine

oder auch fundamentale Wissenschaften) bull praktische Wissenschaften (vielfach wershy

den darunter technische Wissenschaften verstanden)

Es draumlngt sich die Frage auf ob die Polishyzeiwissenschaft sich einem dieser zwei Bereiche zuordnen laumlsst oder ob dies nicht vielmehr von der aktuellen wissenschaftshylichen Fragestellung eines Projektes abshyhaumlngig gemacht werden sollte

Als eine Hauptfunktion der theoretishyschen Wissenschaften gilt das Erklaumlren und Beschreiben ndash die wissenschaftliche Erklaumlrung der gesellschaftlichen Erscheishynungen und Prozesse Theoretische Wisshysenschaften sind somit auf Vergangenheit und Gegenwart ausgerichtet sie erklaumlren Entwicklungen in Vergangenheit und Geshygenwart Praktische Wissenschaften sind hingegen auf die Gegenwart und auf das Projektieren in die Zukunft gerichtet Ihren Ausgangspunkt nahmen die praktischen

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Wissenschaften bei technologischen Frashygestellungen Einerseits wachsen die polishyzeilichen Anwendungen der theoretischen (reinen fundamentalen) Wissenschaften man kann sagen dass viele wissenschaftshyliche Disziplinen oftmals eine polizeiliche Anwendung finden Andererseits ist die Polizeiwissenschaft als praktische Wissenshyschaft eigentlich eine Wissenschaft bdquouumlber die wissenschaftlichen Regeln der Polizeishytaumltigkeiten Das zentrale Problem der Polizeiwissenschaften als praktische Wisshysenschaft ist die Optimierung der Polizeishytaumltigkeitenldquo (Holcr 2001 35) Zum jetzigen Zeitpunkt laumlsst sich die Polizeiwissenshyschaft allerdings noch schwerlich einem der Bereiche endguumlltig zuordnen

EINE INTERDISZIPLINAumlRE POLIZEIWISSENSCHAFT Neues Wissen entsteht nicht mehr nur an den klassischen Universitaumlten und nicht nur innerhalb ihrer klassischen Faumlcher und Disziplinen sondern mehr und mehr auch an deren Grenzen bzw in Kooperation mit anderen Faumlchern Disziplinen und den Ershyfahrungswerten der einschlaumlgigen Praxis Diese Diskussion betrifft nicht nur neue Faumlcher wie die Polizeiwissenschaft sonshydern beherrscht die allgemein wissenshyschaftspolitischen Debatten

Diskutiert wird in diesem Zusammenhang die neue

Weise der Wissenserzeugung namens Mode Z

bdquoCharakteristisch fuumlr den Mode Z sei dass Forscher sich an gesellschaftlichen Probleshymen orientieren transdisziplinaumlr vorgeshyhen in temporaumlren Teams arbeiten und die Bindung von Wissen an einen Praxiskonshytext einem verallgemeinerten Wahrheitsshyanspruch vorziehenldquo (Koumllbel 2004 4) Selbst die etablierten Studienrichtungen fordern dass bdquoein Houmlchstmaszlig an systematishy

scher und institutioneller Flexibilitaumlt im Fachlichen wie im Disziplinaumlren zuruumlckgeshywonnen werdenldquo muss (Gethmann 2005 4)

In Kooperation verschiedener Teildisziplinen vollzieht sich bereits gegenwaumlrtig de facto

der Groszligteil der entsprechenshyden Polizeiforschung

Als Beispiel aus dem Institut fuumlr Wisshysenschaft und Forschung soll hier nur die Studie bdquoPerspektiven und Herausforderunshygen in der Integration muslimischer MitshybuumlrgerInnen in Oumlsterreichldquo genannt wershyden Die Studie bestand aus einem Teil in dem relevante Rahmendaten interpretiert wurden (zB Daten der Volkszaumlhlung) einer Medienanalyse einer quantitativen und einer qualitativen Umfrage und einer rechtswissenschaftlichen Analyse Die Vorshyteile einer solchen Zusammenarbeit liegen laut Lange auf der Hand bdquomittels der unshyterschiedlichen Sichtweisen die den jeshyweiligen Fragestellungen zugrunde liegen gelingt es ansatzweise die Facetten des polizeilichen Handelns zu erfassen Und genau darin liegen zugleich die Probleme Die Komplexitaumlt des polizeilichen Hanshydelns wird in der Komplexitaumlt der wissenshyschaftlichen Ansaumltze gespiegelt nicht aber aus einem zusammenfuumlhrenden Blickwinshykel wie es die Interdisziplinaritaumlt vershyspricht neu interpretiertldquo (Lange 2002 52) Meiner Meinung nach greift die Beschreibung von Lange etwas zu kurz solche uumlbergreifenden Studien sind nicht nur fuumlr Themen des polizeilichen Handelns von Bedeutung sondern auch fuumlr gesellshyschaftspolitische Analysen ndash auch ein Teilshybereich einer umfassender verstandenen Polizeiwissenschaft

bdquoDas Wort des sbquoInterdisziplinaumlrenlsquo wird oftmals inflationaumlr benutzt bedeutet aber nicht einfach nur eine Aneinanderreihung von verschiedenen Versatzstuumlcken sondern

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zielt auf eine Entwicklung gemeinsamer Fragestellungen Problemsichten strebt zumindest ein Set von Forschungsansaumltzen an vor allem das Einverstaumlndnis uumlber eine halbwegs aufeinander bezogene Begriffsshyund Wissenschaftsspracheldquo (Lange 2002 59) Interdisziplinaritaumlt bedeutet auch Freiraumlume zu gewaumlhren der deutsche Wisshysenschaftsrat formuliert dies in einer Empshyfehlung folgendermaszligen

bdquoFreiraumlume fuumlr bestimmte Forschungsgebiete einzuraumlushymen bedeutet eine zeitweilige

Unsicherheit bezuumlglich der sonst in der Wissenschaft

geltenden Qualitaumltsmaszligstaumlbe einzugestehenldquo1

In einem ersten Schritt zur Interdisziplishynaritaumlt der Polizeiforschung waumlre es wichshytig die fuumlr die Polizeiarbeit notwendigen Wissenschaftsdiszipinen an einen Diskusshysionstisch zu bringen Als Bezugswissenshyschaften koumlnnten gelten Geschichtswisshysenschaften Philosophie Rechts- und Sozialwissenschaften Fuumlhrungs- und Orgashynisationswissenschaften Oumlkonomie Techshynikwissenschaften und selbstverstaumlndlich auch die systematischen Erkenntnisse zu den polizeilichen Interventionsprogramshymen (Verkehr polizeilicher Einsatz Krimishynalistik) Diesbezuumlglich moumlchte ich auf die Diskussion von der Deutschen Polizeishyfuumlhrungsakademie hin zu einer Hochschule der Polizei verweisen an der zukuumlnftig polizeitaktische und -einsatzbezogene Prashyxisbelange im Rahmen wissenschaftlicher Faumlcher unterrichtet werden sollen

THEORIE EINER POLITIKFELDANALYSE Einen weiteren Ansatz sich dem polizeishywissenschaftlichen Zugang zu naumlhern verfolgt die Politikfeldanalyse Diese fasst den zu untersuchenden Bereich von vornshy

herein weit Laut Definition umfasst das Politikfeld innere Sicherheit bdquoalle staatshylichen Institutionen und Einrichtungen soshywie staatlich beauftragten Organisationen die durch Verfassung und Organe der deshymokratischen Willensbildung legitimiert sind das oumlffentliche Gewaltmonopol im Rahmen kodifizierter Regeln exekutiv auch unter Anwendung von unmittelbashyrem Zwang auszuuumlben Innere Sicherheit als Politikfeld weist darauf hin dass neben den exekutiven Institutionen und Einrichshytungen (vor allem Polizei und Staatsanshywaltschaften) und beauftragten Einrichshytungen (private Sicherheitsdienste) weitere Akteure an der Politikproduktion beteiligt sindldquo2 zu nennen sind Innenministerium parlamentarische Institutionen Laumlnder Parteien Verbaumlnde foumlderale Verhandshylungsgremien ebenso wie gesellschaftshyliche Gruppen und Medien

Auch die Politikfeldanalyse Innere Sicherheit ist in ihrem Ursprung ein interdisziplinaumlr

angelegter politikwissenshyschaftlicher Zugang der

Forschung

Das Konzept versteht sich als Diskussishyonsgrundlage um besonders das politikshywissenschaftliche Verstaumlndnis einer Forshyschung zur inneren Sicherheit auszubauen

MOumlGLICHE OBJEKTE EINER POLIZEIWISSENSCHAFT Versucht man sich intensiver auf eine Disshykussion zur Herausbildung einer Polizeishywissenschaft einzulassen stellt sich vershyhaumlltnismaumlszligig rasch die Frage nach dem moumlglichen Objekt der Forschung Womit soll sich Polizeiwissenschaft befassen Kurz zusammmengefasst kann man als Objekt ganz allgemein die polizeilichen Taumltigkeiten ansehen

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Ausschlaggebend sollten nach Neidhard bdquoder Sinn und der angestrebte Nutzen sein Danach muumlsste Polizeiwissenschaft zushynaumlchst alle Erkenntnisse zum Thema Polishyzei im institutionellen und funktionalen Sinn beinhalten (Police) Des weiteren muumlsste sie sich mit allen Aspekten polizeishylichen Handelns befassen (Policing) denn der polizeilichen Praxis liegt ja ganz zenshytral ein zu erreichender Nutzen zugrunde Diese Wissenschaft muss geeignet sein Fuumlhrungskraumlften der Polizei das gesamte fuumlr ein erfolgreiches Agieren notwendige Wissen bereitzustellenrdquo (Neidhardt 2001 74) Aus diesem Grund plaumldiert Neidhard fuumlr einen weiteren Begriff von Polizeiwisshysenschaft Laut Kokoska (Kokoska 2001 125) hat sich Polizeiwissenschaft bdquoeinershyseits am Gegenstandsbereich der Polizei (sbquoObjektbereichlsquo) zu orientieren dabei aber auch andererseits die Rolle der Polizei in der Gesellschaft bzw im demokratischen Verfassungsstaat (sbquoSubjektbereichlsquo) zu reflektieren In diesem Sinne sind die oumlffentliche Sicherheit und das polizeiliche Handeln Bezugsrahmen fuumlr eine Polizeishywissenschaftldquo

Die Polizei als Forschungsfeld interessiert ua Soziologen Politologen Kriminologen

Kriminalisten und Rechtswissenschaftler

Dabei wird die Polizei hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Legitimitaumlt bzw ihrer Rolle fuumlr die innere Sicherheit der rechtshyliche Rahmen der polizeilichen Taumltigkeit ebenso thematisiert wie die Organisationsshystruktur Tradition und das Alltagshandeln ihrer Organisationsmitglieder der Polizeishybeamten und -beamtinnen

Waumlhrend die Beurteilung des rechtlichen Rahmens der Polizeitaumltigkeit uumlber die trashyditionelle Rechtswissenschaft schon laumlnshyger betrieben wird und verhaumlltnismaumlszligig

gut ausgestaltet ist gibt es bei der sozioloshygischen Betrachtung der Polizei und ihrer Taumltigkeitsfelder groszlige Luumlcken Die empishyrische Polizeiforschung bdquohat die Institushytion sbquoPolizeilsquo und deren Arbeit zum Geshygenstand oder anders sie untersucht die polizeiliche Handlungslogik folgt ihr aber nicht sie untersucht das Geschaumlft der Polizei betreibt es aber nicht selberldquo (Reichertz 2002 1)

Ein wesentlicher Aspekt einer Polizeishywissenschaft sollte das politische Umfeld sein Aus diesem Blickwinkel sollte bdquodie Funktion der Polizei in der Gesellschaft erneut aufgegriffen aber im Gegensatz zu fruumlheren Arbeiten nicht im Stile einer Ideologiekritik sondern als eine empirishysche Analyse von Politikverlaumlufen betrieshybenldquo werden (Lange 2002 50)

Entscheidungsprozesse sollten analyshysiert werden Laut Lange (Lange 2002 50) sollten die Handlungsstrategien der Akteure und der involvierten Akteursgruppen unshytersucht werden bdquodie letztlich ausschlagshygebend fuumlr die Art und Weise sind wie politische Entscheidungen verlaufen und welche Interessen sich in den Verhandshylungssystemen sowohl der Polizeiorganishysation als auch des Systems der inneren Sicherheit durchsetzen Diese Binnenanashylyse lieszlige sich im politikwissenschaftlishychen Verstaumlndnis mit guten Gruumlnden als die einer politischen Soziologie der Polizei bzw der inneren Sicherheit ausweisenldquo Weiters sollten Verhaltens- und Handlungsshyprinzipien der Polizisten in der Praxis evashyluiert die Polizei sollte als Organisation in ihrem Alltag analysiert werden bdquoweder aus einer wuumlnschenswerten Perspektive des So-soll-sie-sein noch aus einer auf die einzelnen Interaktionen des Einsatzshyhandelns reduzierten Sichtldquo (Mensching 2005 18)

Beachtet werden muss dabei auch dass Polizeipolitik im europaumlischen Kontext von der Justizpolitik schwer zu trennen ist

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Dies wird besonders im Bereich Migration deutlich Nedela (Nedela 2005 234) sieht den Komplex Migration bdquonicht als Thema der Polizeiforschung sondern als Thema der Sozialwissenschaften bei hoher Releshyvanz fuumlr die Polizei wie fuumlr die Polizeiforshyschungldquo Dieses Beispiel zeigt deutlich wie schwer die Objekte der Polizeiwissenshyschaft zu definieren sind

Denn je nach dem wie weit man den Begriff der Polizeiwissenschaft definiert kann der Bereich Migration durchaus ein Forschungsobjekt der Polizeiwissenschaft sein

Lange (Lange 2002 60) sieht es als wichtigen Umstand bdquodass eine Polizeiforshyschung bzw integrative Polizeiwissenshyschaft anschlussfaumlhig bleibt an eine Forshyschung zur inneren Sicherheitldquo Laut Alfh (Alfh 2002) umfasst das Forschungsfeld der Polizeiorganisation bdquooffenbar auch die zentralen Begriffe der Sicherheit und der inneren Sicherheitldquo

METHODEN UND MODELLE EINER POLIZEIWISSENSCHAFT Bei der Frage nach einer neuen Fachdisshyziplin stellt sich auch die Frage nach den moumlglichen Methoden dieser Wissenschaft Auf Grund der fruumlher beschriebenen Konshystellationen kann die Polizeiwissenschaft nur auf etablierte Methoden der Bezugsshywissenschaften zuruumlckgreifen sollte sich aber auch gegenuumlber der Entwicklung neuer Methoden aufgeschlossen zeigen Je nach wissenschaftlicher Fragestellung und dem zu untersuchenden Thema werden sich die Methoden unterscheiden muumlssen

Am Beginn der Methodenwahl muumlssen wohl folgende Fragen beantwortet werden bull Welche Motive sind ausschlaggebend

fuumlr die Untersuchung bull Welche Ziele werden mit der Fragestelshy

lung verfolgt bull Welches Ergebnis fordern die gesellshy

schaftlichen Herausforderungen bull Wie koumlnnen wir herausfinden was wir

kuumlnftig wissen muumlssen bull Was soll nach Vorliegen der Ergebnisse

anders sein als vorher Wie schon oben erwaumlhnt ist es bei einer Forschung zur inneren Sicherheit wichtig zukuumlnftige Entwicklungen fruumlhzeitig zu erkennen um rasch die exekutiven Kraumlfte auf diese Entwicklungen vorbereiten zu koumlnnen Im Folgenden sollen einige Moshydelle zur Evaluierung von Zukunftstrends vorgestellt werden

DELPHI-STUDIEN Die Methodik der Delphi-Studie beruht darauf dass High-Level-Experteneinschaumltshyzungen eingeholt werden In einem ersten Schritt muumlssen die zu behandelnden Frashygestellungen festgelegt werden die in den nachfolgenden Schritten den Experten zur Beantwortung vorgelegt werden Nachdem in einer ersten Welle alle Fragen durch die angeschriebenen Experten beantwortet wurshyden wird eine Zwischenauswertung durch die Organisatoren vorgenommen In einer zweiten Welle erhalten alle teilgenommenen Experten die Auswertung zugeschickt um ihre eigenen Ansichten mit den Resultaten der Gesamtbefragung zu vergleichen Bei dieser Welle sind die Experten aufgeforshydert die Antwort erneut zu vertreten oder zu revidieren Durch diese so zusammenshygetragenen Ergebnisse ergibt sich eine Zukunftseinschaumltzung von Fachexperten

TRENDBEOBACHTUNG Die Trendbeobachtung geht an Hand von quantitativ-statistischen Verfahren vor Stashytistische Daten aus Langzeitbeobachtunshygen werden hinsichtlich schleichend vollshyziehender Veraumlnderungen untersucht und auf Grund dieser Datenlagen wird unter Einbeziehung relevanter Fixdaten eine Art bdquoHochrechnungldquo fuumlr die Zukunft gewagt

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BENCHMARKING Mit Benchmarking versucht man festzushystellen wo man im Vergleich zu anderen steht Die Benchmarking-Methode wird zB von der CEPOL eingesetzt In diesem Zusammenhang moumlchte ich auf den Reshyport bdquoPolice Science and Research in the European Unionldquo3 der CEPOL verweisen in dem versucht wurde die Entwicklungen im Polizeiwissenschaftsbereich innerhalb der EU zu vergleichen und eine Staumlrken-Schwaumlchen-Analyse zu erstellen

RELEVANZBAumlUME Beim Relevanzbaum-Verfahren geht man von anzustrebenden obersten Zielen aus etwa der Sicherung der nationalen Sichershyheit Ausgehend von diesen obersten Zielen wird uumlberlegt welche Unterziele jeweils auf sie hinfuumlhren koumlnnen

BACKCASTING Aumlhnlich wie bei den Relevanzbaumlumen geht man von allgemein akzeptierten Zukunftsshybildern aus zB das Bild der sicheren Stadt Ausgehend von einem solchen Zushykunftsbild muumlssen Zielrichtungen abgeleitet werden zB die Intensivierung vertraushyensbildender Maszlignahmen in einer Stadt ndash zB vermehrte Nachbarschaftshilfe Die Hauptaufgabe besteht nun darin aus einer hypothetischen Zukunft ruumlckwaumlrtsblickend realistische Wege aufzuzeigen die innershyhalb der Zielrichtungen verlaufen

SZENARIO-TECHNIK Ihren Ursprung hat die Szenario-Technik im militaumlrischen Bereich Um das Militaumlr fuumlr kriegerische Einsaumltze zu trainieren haben Militaumlrstrategen Szenarien moumlglishycher Kriegskonstellationen entworfen und darauf aufbauend die Erfolgsaussichten moumlglicher Kriegsstrategien eruiert Mittshylerweile wird die Szenario-Methode auch von Unternehmen angewandt um zukuumlnfshytige Marktentwicklungen besser einschaumltshy

zen zu koumlnnen Die Szenario-Methode wird zB auch bei der Umweltvertraumlglichshykeitspruumlfung eingesetzt

PROBLEMANALYSE Die Problemanalyse dient der Feststellung des Status quo und sollte sowohl quantitashytive als auch qualitative Daten und moumlgshylichst verschiedenartige Aspekte miteinbeshyziehen und verschraumlnken

ZUKUNFTSWERKSTATT Beim Konzept der Zukunftswerkstatt solshylen Laien an Planungsprozessen beteiligt werden Als Beispiel seien die unterschiedshylichen Formen von Buumlrgerbeteiligungsvershyfahren erwaumlhnt zB bei der Wohnraumgeshystaltung

HYBRIDSTEUERUNG Die Hybridsteuerung ist eine Mischung aus wissenschaftlicher Selbst- und Fremdshysteuerung Bei der Hybridsteuerung wird in der Regel von der Politik in Abstimshymung mit dem Anwender und wissenshyschaftlichen Beratungsgremien ein Thema grob vorgegeben Die genaue Definition des Forschungsprojekts erfolgt dann durch Wissenschaftler die sich im Rahmen einer Ausschreibung um das Projekt bewerben Um eine enge Kopplung zwischen Forshyschern und Verwendern sicherzustellen sind meist Kooperationen zB zwischen Wissenschaft und Industrie vorgeschrieben

ZUSAMMENFASSUNG Koumllbel (Koumllbel 2004 121) fasst die untershyschiedlichen Methoden folgendermaszligen zusammen bdquoWuumlnschbare Zukuumlnfte lassen sich in Zukunftswerkstaumltten entwerfen Mit Szenarien und Backcasting-Analysen kann man herausfinden welche denkbaren Wege von heute aus in die gewuumlnschte Richtung fuumlhren koumlnnten bzw welche nicht dorthin fuumlhren (hellip) Expertenkomshymissionen und Delphi-Studien sind gute

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Instrumente der Informationsbeschaffung um herauszufinden welche Zukunftspfade realistisch sind was mit welchem Aufshywand in welchem Zeithorizont machbar erscheint wie wichtig einzelne Zwischen-schritte fuumlr die Zielerreichung sind und welcher Forschungs- und Entwicklungsbeshydarf daraus resultiert (hellip) In einem dritten Schritt kann man mit Relevanzbaumlumen arbeiten um die eruierten Ziele und Mittel so anzuordnen dass man nach Schluumlssel-fragen kritischen Pfaden und Systemshyeffekten fahnden kannldquo

Fuumlr die Forschung zur inneren Sichershyheit und zur Polizei waumlre notwendig dass bull forschungsrelevante Fragestellungen

strategische Wichtigkeit besitzen bull ein Uumlberblick uumlber die akademische und

buumlrokratische internationale Forschung in diesem Fachbereich gegeben ist

bull Forschungsfragen eine Weiterentwickshylung im wissenschaftlichen Bereich ermoumlglichen aber auch anwenderorienshytiert sind

bull ein Austausch von bottom-up-Fragen und top-down-Fragen gewaumlhrleistet ist

bull die Einbeziehung unterschiedlicher Gruppen (Wissenschaftler polizeiliche Praktiker politische Ebene) erfolgt

bull die Etablierung von Langzeitstudien geshygeben ist

bull ein Konsens bei strategischer Forschung besteht

bull ein gemeinsames Verstaumlndnis von Forshyschung und Praxis gefoumlrdert wird

1 Strategische Forschungsfoumlrderung ndash

Empfehlungen zu Kommunikation Koshy

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Forschung akzeptiert wird und uumlber bdquodas unstrukturierte Sammeln und theorielose Kommentieren von Ergebnissen der Belieshybigkeitldquo hinauskommt und nicht bdquojedes Sammeln von Zahlen und Daten oder jedes auch noch so oberflaumlchliche Nachshydenken uumlber polizeiliches Tun bereits Forschung istldquo (Feltes 2002 3) Bei den Geisteswissenschaften wird die derzeitige Diskussion des wissenschaftlichen Zushygangs folgendermaszligen beschrieben bdquoDer Streit der Fakultaumlten ist nicht nur ein Streit um den Wahrheitsbegriff sondern auch ein Streit um den Forschungsbegriffldquo (Gethmann et al 2005 9)

Die Herausforderung bei der Etablierung einer Polizeiwissenschaft ist

gerade jene Definition des Forschungsbegriffs

In der einschlaumlgigen Literatur ist man oftmals damit konfrontiert dass von Polishyzeiwissenschaft oder Polizeiwissenschafshyten gesprochen wird Ob man von (einer) Polizeiwissenschaft oder von den Polizeishywissenschaften spricht mag auf den ersten Blick keinen Unterschied ausmachen allershydings moumlchte ich trotzdem kurz auf die wissenschaftliche Diskussion eingehen ohne diese damit uumlberbewerten zu wollen Die Diskussion ruumlhrt daher dass Polizeishywissenschaft ndash bisher undefiniert ndash entshyweder als interdisziplinaumlres undoder als transdisziplinaumlres Fach verstanden wird und auch verstanden werden muss Waumlhshyrend man unter Polizeiwissenschaften die interdisziplinaumlre Buumlndelung aller einschlaumlshygigen Wissenschaften die fuumlr Polizeiarbeit von Bedeutung sind versteht subsumiert man unter Polizeiwissenschaft eher die Wissenschaft von der Polizei und ihrem Handeln Feltes (Feltes) bdquowuumlrde eher der zweiten Variante zuneigen um so der Polishyzeiwissenschaft uumlber das Interdisziplinaumlre

hinaus einen eigenen zusaumltzlichen Theoshyrie- und Forschungsbereich zuzuweisenldquo Diese angefuumlhrte begriffliche wissenschaftshyliche Orchideendiskussion sollte aber nicht uumlberbewertet werden zumal sich etablierte Studienzweige bisher auch nicht einigen konnten ob es sich nun zB um Politikshywissenschaft(en) oder Militaumlrwissenschaf-t(en) handelt Diese kurze Ausfuumlhrung ist zugleich ein gutes Beispiel fuumlr die Diskreshypanz von Wissenschaft und Praxis Die aufgezeigte Diskussion hat durchaus ihre wissenschaftliche Berechtigung allerdings kann sie von der polizeilichen Praxis nicht ganz zu unrecht als Erbsenzaumlhlerei intershypretiert werden die fuumlr die tagtaumlgliche polizeiliche Taumltigkeit vollkommen irreleshyvant sei Sie sollte aber bei der Etablierung einer wissenschafltichen Disziplin zur wissenschaltlichen Redlichkeit zaumlhlen

THEORIE UND METHODIK EINER POLIZEIWISSENSCHAFT Erstes Ziel der Polizeiwissenschaft sollte es sein sich endlich mit der Frage der Theorie und der Methodik zu beschaumlftigen allerdings unter dem Aspekt dass es sich hierbei um ein interdiszplinaumlres Fach hanshydelt das somit zwangslaumlufig keine eigenen Methoden und Theorien entwickeln muss sondern je nach zu untersuchendem Theshymenbereich die sinnvollsten Methoden und Theorien aus dem allgemeinen Kodex auszuwaumlhlen hat

Hierin besteht allerdings die groszlige Chance dieses neuen

Wissenschaftszweiges im Unterschied zu den etablierten

Wissenschaftsbereichen

Polizeiwissenschaft ist zweifelsfrei eine besonders anwenderorientierte Wissenshyschaft und kann jederzeit unmittelbares Feedback der polizeilichen Praxis einhoshylen Ich glaube sogar dass die derzeitige

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verzwickte Situation eine groszlige Herausshyforderung und der interdisziplinaumlre Zushygang der Polizeiwissenschaft ein groszliges Vorbild fuumlr etablierte Wissenschaftszweige sein kann

Feltes (Feltes 2002 2) sieht zu Recht ein weiteres Problem darin dass Polizeishyforschung ohne rationale Polizeipolitik nicht denkbar sei die bdquoein noch stiefshymuumltterlicheres Dasein fristet als die Polishyzeiforschungldquo

Er haumllt es fuumlr notwendig den Begriff bdquoPolizeipolitikldquo gegenshyuumlber den Begriffen bdquoSichershyheitspolitikldquo oder bdquoInnenshy

politikldquo abzugrenzen

Mit Polizeipolitik meint Feltes (Feltes 2002 2) bdquodie von der Politik ausgehenden und von der Polizeifuumlhrung umgesetzten Grundsatzentscheidungen oder Grundsatz-vorgaben (hellip) an denen sich die Mitarbeishyterinnen und Mitarbeiter der Polizei zu orientieren haben Waumlhrend sich Begriffe wie sbquoSicherheitspolitiklsquo oder sbquoInnenpolishytiklsquo an einen (meist nicht naumlher definiershyten) groumlszligeren Adressatenkreis wenden und damit den Vor- (oder besser gesagt Nach-) teil haben an sich diffus und wenig konshytrollier- bzw evaluierbar zu sein soll mit dem Begriff der Polizeipolitik deutlich geshymacht werden dass hier ein konkreter Adressatenkreis und ein konkret festzuleshygendes und daher uumlberpruumlfbares Spektrum von Verhaltensweisen und Zielen gemeint istldquo Laut Ahlf (Ahlf 2002) sollte sich aber die bdquoPolizeiforschung auch an die eigentshylichen sicherheitspolitischen Fragestellunshygen heranwagen Polizeiforschung in dieshysem erweiterten Sinne muumlsste dann auch mit den etablierten und renommierten wisshysenschaftlichen Einrichtungen auf diesem Gebiet den unterschiedlichen auszligenpolishytischenfriedenspolitischen militaumlrischen medizinischen usw Forschungs- und Entshy

wicklungsinstitutionen kooperierenldquo Auf dieser Grundlage hat das deutsche Bunshydeskriminalamt mit dem Ansatz der bdquoStrashytegischen Kriminalitaumltsanalyse (SKA)ldquo gehandelt und damit wurde erfreulichershyweise gerade im Bereich der polizeilichen Praxis der Denkraum fuumlr die Polizeiwisshysenschaft erweitert SKA-Projekte sollen durch Aufzeigen von Risiken und Chanshycen von Entscheidungs- und Handlungsshybedarf sowie durch Anbieten von Loumlsungsshyansaumltzen und Maszlignahmenvorschlaumlgen vor allem die Kriminalpolitik und die Polizei in die Lage versetzen zu agieren statt zu reagieren

POLIZEIWISSENSCHAFT EINE PRAKTISCHE ODER EINE THEORETISCHE WISSENSCHAFT Hinsichtlich der Ziele der wissenschaftshylichen Forschung koumlnnen Wissenschaften und ihre Methodologien in zwei Gruppen eingeteilt werden in bull theoretische Wissenschaften (sog reine

oder auch fundamentale Wissenschaften) bull praktische Wissenschaften (vielfach wershy

den darunter technische Wissenschaften verstanden)

Es draumlngt sich die Frage auf ob die Polishyzeiwissenschaft sich einem dieser zwei Bereiche zuordnen laumlsst oder ob dies nicht vielmehr von der aktuellen wissenschaftshylichen Fragestellung eines Projektes abshyhaumlngig gemacht werden sollte

Als eine Hauptfunktion der theoretishyschen Wissenschaften gilt das Erklaumlren und Beschreiben ndash die wissenschaftliche Erklaumlrung der gesellschaftlichen Erscheishynungen und Prozesse Theoretische Wisshysenschaften sind somit auf Vergangenheit und Gegenwart ausgerichtet sie erklaumlren Entwicklungen in Vergangenheit und Geshygenwart Praktische Wissenschaften sind hingegen auf die Gegenwart und auf das Projektieren in die Zukunft gerichtet Ihren Ausgangspunkt nahmen die praktischen

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Wissenschaften bei technologischen Frashygestellungen Einerseits wachsen die polishyzeilichen Anwendungen der theoretischen (reinen fundamentalen) Wissenschaften man kann sagen dass viele wissenschaftshyliche Disziplinen oftmals eine polizeiliche Anwendung finden Andererseits ist die Polizeiwissenschaft als praktische Wissenshyschaft eigentlich eine Wissenschaft bdquouumlber die wissenschaftlichen Regeln der Polizeishytaumltigkeiten Das zentrale Problem der Polizeiwissenschaften als praktische Wisshysenschaft ist die Optimierung der Polizeishytaumltigkeitenldquo (Holcr 2001 35) Zum jetzigen Zeitpunkt laumlsst sich die Polizeiwissenshyschaft allerdings noch schwerlich einem der Bereiche endguumlltig zuordnen

EINE INTERDISZIPLINAumlRE POLIZEIWISSENSCHAFT Neues Wissen entsteht nicht mehr nur an den klassischen Universitaumlten und nicht nur innerhalb ihrer klassischen Faumlcher und Disziplinen sondern mehr und mehr auch an deren Grenzen bzw in Kooperation mit anderen Faumlchern Disziplinen und den Ershyfahrungswerten der einschlaumlgigen Praxis Diese Diskussion betrifft nicht nur neue Faumlcher wie die Polizeiwissenschaft sonshydern beherrscht die allgemein wissenshyschaftspolitischen Debatten

Diskutiert wird in diesem Zusammenhang die neue

Weise der Wissenserzeugung namens Mode Z

bdquoCharakteristisch fuumlr den Mode Z sei dass Forscher sich an gesellschaftlichen Probleshymen orientieren transdisziplinaumlr vorgeshyhen in temporaumlren Teams arbeiten und die Bindung von Wissen an einen Praxiskonshytext einem verallgemeinerten Wahrheitsshyanspruch vorziehenldquo (Koumllbel 2004 4) Selbst die etablierten Studienrichtungen fordern dass bdquoein Houmlchstmaszlig an systematishy

scher und institutioneller Flexibilitaumlt im Fachlichen wie im Disziplinaumlren zuruumlckgeshywonnen werdenldquo muss (Gethmann 2005 4)

In Kooperation verschiedener Teildisziplinen vollzieht sich bereits gegenwaumlrtig de facto

der Groszligteil der entsprechenshyden Polizeiforschung

Als Beispiel aus dem Institut fuumlr Wisshysenschaft und Forschung soll hier nur die Studie bdquoPerspektiven und Herausforderunshygen in der Integration muslimischer MitshybuumlrgerInnen in Oumlsterreichldquo genannt wershyden Die Studie bestand aus einem Teil in dem relevante Rahmendaten interpretiert wurden (zB Daten der Volkszaumlhlung) einer Medienanalyse einer quantitativen und einer qualitativen Umfrage und einer rechtswissenschaftlichen Analyse Die Vorshyteile einer solchen Zusammenarbeit liegen laut Lange auf der Hand bdquomittels der unshyterschiedlichen Sichtweisen die den jeshyweiligen Fragestellungen zugrunde liegen gelingt es ansatzweise die Facetten des polizeilichen Handelns zu erfassen Und genau darin liegen zugleich die Probleme Die Komplexitaumlt des polizeilichen Hanshydelns wird in der Komplexitaumlt der wissenshyschaftlichen Ansaumltze gespiegelt nicht aber aus einem zusammenfuumlhrenden Blickwinshykel wie es die Interdisziplinaritaumlt vershyspricht neu interpretiertldquo (Lange 2002 52) Meiner Meinung nach greift die Beschreibung von Lange etwas zu kurz solche uumlbergreifenden Studien sind nicht nur fuumlr Themen des polizeilichen Handelns von Bedeutung sondern auch fuumlr gesellshyschaftspolitische Analysen ndash auch ein Teilshybereich einer umfassender verstandenen Polizeiwissenschaft

bdquoDas Wort des sbquoInterdisziplinaumlrenlsquo wird oftmals inflationaumlr benutzt bedeutet aber nicht einfach nur eine Aneinanderreihung von verschiedenen Versatzstuumlcken sondern

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zielt auf eine Entwicklung gemeinsamer Fragestellungen Problemsichten strebt zumindest ein Set von Forschungsansaumltzen an vor allem das Einverstaumlndnis uumlber eine halbwegs aufeinander bezogene Begriffsshyund Wissenschaftsspracheldquo (Lange 2002 59) Interdisziplinaritaumlt bedeutet auch Freiraumlume zu gewaumlhren der deutsche Wisshysenschaftsrat formuliert dies in einer Empshyfehlung folgendermaszligen

bdquoFreiraumlume fuumlr bestimmte Forschungsgebiete einzuraumlushymen bedeutet eine zeitweilige

Unsicherheit bezuumlglich der sonst in der Wissenschaft

geltenden Qualitaumltsmaszligstaumlbe einzugestehenldquo1

In einem ersten Schritt zur Interdisziplishynaritaumlt der Polizeiforschung waumlre es wichshytig die fuumlr die Polizeiarbeit notwendigen Wissenschaftsdiszipinen an einen Diskusshysionstisch zu bringen Als Bezugswissenshyschaften koumlnnten gelten Geschichtswisshysenschaften Philosophie Rechts- und Sozialwissenschaften Fuumlhrungs- und Orgashynisationswissenschaften Oumlkonomie Techshynikwissenschaften und selbstverstaumlndlich auch die systematischen Erkenntnisse zu den polizeilichen Interventionsprogramshymen (Verkehr polizeilicher Einsatz Krimishynalistik) Diesbezuumlglich moumlchte ich auf die Diskussion von der Deutschen Polizeishyfuumlhrungsakademie hin zu einer Hochschule der Polizei verweisen an der zukuumlnftig polizeitaktische und -einsatzbezogene Prashyxisbelange im Rahmen wissenschaftlicher Faumlcher unterrichtet werden sollen

THEORIE EINER POLITIKFELDANALYSE Einen weiteren Ansatz sich dem polizeishywissenschaftlichen Zugang zu naumlhern verfolgt die Politikfeldanalyse Diese fasst den zu untersuchenden Bereich von vornshy

herein weit Laut Definition umfasst das Politikfeld innere Sicherheit bdquoalle staatshylichen Institutionen und Einrichtungen soshywie staatlich beauftragten Organisationen die durch Verfassung und Organe der deshymokratischen Willensbildung legitimiert sind das oumlffentliche Gewaltmonopol im Rahmen kodifizierter Regeln exekutiv auch unter Anwendung von unmittelbashyrem Zwang auszuuumlben Innere Sicherheit als Politikfeld weist darauf hin dass neben den exekutiven Institutionen und Einrichshytungen (vor allem Polizei und Staatsanshywaltschaften) und beauftragten Einrichshytungen (private Sicherheitsdienste) weitere Akteure an der Politikproduktion beteiligt sindldquo2 zu nennen sind Innenministerium parlamentarische Institutionen Laumlnder Parteien Verbaumlnde foumlderale Verhandshylungsgremien ebenso wie gesellschaftshyliche Gruppen und Medien

Auch die Politikfeldanalyse Innere Sicherheit ist in ihrem Ursprung ein interdisziplinaumlr

angelegter politikwissenshyschaftlicher Zugang der

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Das Konzept versteht sich als Diskussishyonsgrundlage um besonders das politikshywissenschaftliche Verstaumlndnis einer Forshyschung zur inneren Sicherheit auszubauen

MOumlGLICHE OBJEKTE EINER POLIZEIWISSENSCHAFT Versucht man sich intensiver auf eine Disshykussion zur Herausbildung einer Polizeishywissenschaft einzulassen stellt sich vershyhaumlltnismaumlszligig rasch die Frage nach dem moumlglichen Objekt der Forschung Womit soll sich Polizeiwissenschaft befassen Kurz zusammmengefasst kann man als Objekt ganz allgemein die polizeilichen Taumltigkeiten ansehen

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Ausschlaggebend sollten nach Neidhard bdquoder Sinn und der angestrebte Nutzen sein Danach muumlsste Polizeiwissenschaft zushynaumlchst alle Erkenntnisse zum Thema Polishyzei im institutionellen und funktionalen Sinn beinhalten (Police) Des weiteren muumlsste sie sich mit allen Aspekten polizeishylichen Handelns befassen (Policing) denn der polizeilichen Praxis liegt ja ganz zenshytral ein zu erreichender Nutzen zugrunde Diese Wissenschaft muss geeignet sein Fuumlhrungskraumlften der Polizei das gesamte fuumlr ein erfolgreiches Agieren notwendige Wissen bereitzustellenrdquo (Neidhardt 2001 74) Aus diesem Grund plaumldiert Neidhard fuumlr einen weiteren Begriff von Polizeiwisshysenschaft Laut Kokoska (Kokoska 2001 125) hat sich Polizeiwissenschaft bdquoeinershyseits am Gegenstandsbereich der Polizei (sbquoObjektbereichlsquo) zu orientieren dabei aber auch andererseits die Rolle der Polizei in der Gesellschaft bzw im demokratischen Verfassungsstaat (sbquoSubjektbereichlsquo) zu reflektieren In diesem Sinne sind die oumlffentliche Sicherheit und das polizeiliche Handeln Bezugsrahmen fuumlr eine Polizeishywissenschaftldquo

Die Polizei als Forschungsfeld interessiert ua Soziologen Politologen Kriminologen

Kriminalisten und Rechtswissenschaftler

Dabei wird die Polizei hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Legitimitaumlt bzw ihrer Rolle fuumlr die innere Sicherheit der rechtshyliche Rahmen der polizeilichen Taumltigkeit ebenso thematisiert wie die Organisationsshystruktur Tradition und das Alltagshandeln ihrer Organisationsmitglieder der Polizeishybeamten und -beamtinnen

Waumlhrend die Beurteilung des rechtlichen Rahmens der Polizeitaumltigkeit uumlber die trashyditionelle Rechtswissenschaft schon laumlnshyger betrieben wird und verhaumlltnismaumlszligig

gut ausgestaltet ist gibt es bei der sozioloshygischen Betrachtung der Polizei und ihrer Taumltigkeitsfelder groszlige Luumlcken Die empishyrische Polizeiforschung bdquohat die Institushytion sbquoPolizeilsquo und deren Arbeit zum Geshygenstand oder anders sie untersucht die polizeiliche Handlungslogik folgt ihr aber nicht sie untersucht das Geschaumlft der Polizei betreibt es aber nicht selberldquo (Reichertz 2002 1)

Ein wesentlicher Aspekt einer Polizeishywissenschaft sollte das politische Umfeld sein Aus diesem Blickwinkel sollte bdquodie Funktion der Polizei in der Gesellschaft erneut aufgegriffen aber im Gegensatz zu fruumlheren Arbeiten nicht im Stile einer Ideologiekritik sondern als eine empirishysche Analyse von Politikverlaumlufen betrieshybenldquo werden (Lange 2002 50)

Entscheidungsprozesse sollten analyshysiert werden Laut Lange (Lange 2002 50) sollten die Handlungsstrategien der Akteure und der involvierten Akteursgruppen unshytersucht werden bdquodie letztlich ausschlagshygebend fuumlr die Art und Weise sind wie politische Entscheidungen verlaufen und welche Interessen sich in den Verhandshylungssystemen sowohl der Polizeiorganishysation als auch des Systems der inneren Sicherheit durchsetzen Diese Binnenanashylyse lieszlige sich im politikwissenschaftlishychen Verstaumlndnis mit guten Gruumlnden als die einer politischen Soziologie der Polizei bzw der inneren Sicherheit ausweisenldquo Weiters sollten Verhaltens- und Handlungsshyprinzipien der Polizisten in der Praxis evashyluiert die Polizei sollte als Organisation in ihrem Alltag analysiert werden bdquoweder aus einer wuumlnschenswerten Perspektive des So-soll-sie-sein noch aus einer auf die einzelnen Interaktionen des Einsatzshyhandelns reduzierten Sichtldquo (Mensching 2005 18)

Beachtet werden muss dabei auch dass Polizeipolitik im europaumlischen Kontext von der Justizpolitik schwer zu trennen ist

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Dies wird besonders im Bereich Migration deutlich Nedela (Nedela 2005 234) sieht den Komplex Migration bdquonicht als Thema der Polizeiforschung sondern als Thema der Sozialwissenschaften bei hoher Releshyvanz fuumlr die Polizei wie fuumlr die Polizeiforshyschungldquo Dieses Beispiel zeigt deutlich wie schwer die Objekte der Polizeiwissenshyschaft zu definieren sind

Denn je nach dem wie weit man den Begriff der Polizeiwissenschaft definiert kann der Bereich Migration durchaus ein Forschungsobjekt der Polizeiwissenschaft sein

Lange (Lange 2002 60) sieht es als wichtigen Umstand bdquodass eine Polizeiforshyschung bzw integrative Polizeiwissenshyschaft anschlussfaumlhig bleibt an eine Forshyschung zur inneren Sicherheitldquo Laut Alfh (Alfh 2002) umfasst das Forschungsfeld der Polizeiorganisation bdquooffenbar auch die zentralen Begriffe der Sicherheit und der inneren Sicherheitldquo

METHODEN UND MODELLE EINER POLIZEIWISSENSCHAFT Bei der Frage nach einer neuen Fachdisshyziplin stellt sich auch die Frage nach den moumlglichen Methoden dieser Wissenschaft Auf Grund der fruumlher beschriebenen Konshystellationen kann die Polizeiwissenschaft nur auf etablierte Methoden der Bezugsshywissenschaften zuruumlckgreifen sollte sich aber auch gegenuumlber der Entwicklung neuer Methoden aufgeschlossen zeigen Je nach wissenschaftlicher Fragestellung und dem zu untersuchenden Thema werden sich die Methoden unterscheiden muumlssen

Am Beginn der Methodenwahl muumlssen wohl folgende Fragen beantwortet werden bull Welche Motive sind ausschlaggebend

fuumlr die Untersuchung bull Welche Ziele werden mit der Fragestelshy

lung verfolgt bull Welches Ergebnis fordern die gesellshy

schaftlichen Herausforderungen bull Wie koumlnnen wir herausfinden was wir

kuumlnftig wissen muumlssen bull Was soll nach Vorliegen der Ergebnisse

anders sein als vorher Wie schon oben erwaumlhnt ist es bei einer Forschung zur inneren Sicherheit wichtig zukuumlnftige Entwicklungen fruumlhzeitig zu erkennen um rasch die exekutiven Kraumlfte auf diese Entwicklungen vorbereiten zu koumlnnen Im Folgenden sollen einige Moshydelle zur Evaluierung von Zukunftstrends vorgestellt werden

DELPHI-STUDIEN Die Methodik der Delphi-Studie beruht darauf dass High-Level-Experteneinschaumltshyzungen eingeholt werden In einem ersten Schritt muumlssen die zu behandelnden Frashygestellungen festgelegt werden die in den nachfolgenden Schritten den Experten zur Beantwortung vorgelegt werden Nachdem in einer ersten Welle alle Fragen durch die angeschriebenen Experten beantwortet wurshyden wird eine Zwischenauswertung durch die Organisatoren vorgenommen In einer zweiten Welle erhalten alle teilgenommenen Experten die Auswertung zugeschickt um ihre eigenen Ansichten mit den Resultaten der Gesamtbefragung zu vergleichen Bei dieser Welle sind die Experten aufgeforshydert die Antwort erneut zu vertreten oder zu revidieren Durch diese so zusammenshygetragenen Ergebnisse ergibt sich eine Zukunftseinschaumltzung von Fachexperten

TRENDBEOBACHTUNG Die Trendbeobachtung geht an Hand von quantitativ-statistischen Verfahren vor Stashytistische Daten aus Langzeitbeobachtunshygen werden hinsichtlich schleichend vollshyziehender Veraumlnderungen untersucht und auf Grund dieser Datenlagen wird unter Einbeziehung relevanter Fixdaten eine Art bdquoHochrechnungldquo fuumlr die Zukunft gewagt

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BENCHMARKING Mit Benchmarking versucht man festzushystellen wo man im Vergleich zu anderen steht Die Benchmarking-Methode wird zB von der CEPOL eingesetzt In diesem Zusammenhang moumlchte ich auf den Reshyport bdquoPolice Science and Research in the European Unionldquo3 der CEPOL verweisen in dem versucht wurde die Entwicklungen im Polizeiwissenschaftsbereich innerhalb der EU zu vergleichen und eine Staumlrken-Schwaumlchen-Analyse zu erstellen

RELEVANZBAumlUME Beim Relevanzbaum-Verfahren geht man von anzustrebenden obersten Zielen aus etwa der Sicherung der nationalen Sichershyheit Ausgehend von diesen obersten Zielen wird uumlberlegt welche Unterziele jeweils auf sie hinfuumlhren koumlnnen

BACKCASTING Aumlhnlich wie bei den Relevanzbaumlumen geht man von allgemein akzeptierten Zukunftsshybildern aus zB das Bild der sicheren Stadt Ausgehend von einem solchen Zushykunftsbild muumlssen Zielrichtungen abgeleitet werden zB die Intensivierung vertraushyensbildender Maszlignahmen in einer Stadt ndash zB vermehrte Nachbarschaftshilfe Die Hauptaufgabe besteht nun darin aus einer hypothetischen Zukunft ruumlckwaumlrtsblickend realistische Wege aufzuzeigen die innershyhalb der Zielrichtungen verlaufen

SZENARIO-TECHNIK Ihren Ursprung hat die Szenario-Technik im militaumlrischen Bereich Um das Militaumlr fuumlr kriegerische Einsaumltze zu trainieren haben Militaumlrstrategen Szenarien moumlglishycher Kriegskonstellationen entworfen und darauf aufbauend die Erfolgsaussichten moumlglicher Kriegsstrategien eruiert Mittshylerweile wird die Szenario-Methode auch von Unternehmen angewandt um zukuumlnfshytige Marktentwicklungen besser einschaumltshy

zen zu koumlnnen Die Szenario-Methode wird zB auch bei der Umweltvertraumlglichshykeitspruumlfung eingesetzt

PROBLEMANALYSE Die Problemanalyse dient der Feststellung des Status quo und sollte sowohl quantitashytive als auch qualitative Daten und moumlgshylichst verschiedenartige Aspekte miteinbeshyziehen und verschraumlnken

ZUKUNFTSWERKSTATT Beim Konzept der Zukunftswerkstatt solshylen Laien an Planungsprozessen beteiligt werden Als Beispiel seien die unterschiedshylichen Formen von Buumlrgerbeteiligungsvershyfahren erwaumlhnt zB bei der Wohnraumgeshystaltung

HYBRIDSTEUERUNG Die Hybridsteuerung ist eine Mischung aus wissenschaftlicher Selbst- und Fremdshysteuerung Bei der Hybridsteuerung wird in der Regel von der Politik in Abstimshymung mit dem Anwender und wissenshyschaftlichen Beratungsgremien ein Thema grob vorgegeben Die genaue Definition des Forschungsprojekts erfolgt dann durch Wissenschaftler die sich im Rahmen einer Ausschreibung um das Projekt bewerben Um eine enge Kopplung zwischen Forshyschern und Verwendern sicherzustellen sind meist Kooperationen zB zwischen Wissenschaft und Industrie vorgeschrieben

ZUSAMMENFASSUNG Koumllbel (Koumllbel 2004 121) fasst die untershyschiedlichen Methoden folgendermaszligen zusammen bdquoWuumlnschbare Zukuumlnfte lassen sich in Zukunftswerkstaumltten entwerfen Mit Szenarien und Backcasting-Analysen kann man herausfinden welche denkbaren Wege von heute aus in die gewuumlnschte Richtung fuumlhren koumlnnten bzw welche nicht dorthin fuumlhren (hellip) Expertenkomshymissionen und Delphi-Studien sind gute

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3322000077SIAK-JOURNAL

Instrumente der Informationsbeschaffung um herauszufinden welche Zukunftspfade realistisch sind was mit welchem Aufshywand in welchem Zeithorizont machbar erscheint wie wichtig einzelne Zwischen-schritte fuumlr die Zielerreichung sind und welcher Forschungs- und Entwicklungsbeshydarf daraus resultiert (hellip) In einem dritten Schritt kann man mit Relevanzbaumlumen arbeiten um die eruierten Ziele und Mittel so anzuordnen dass man nach Schluumlssel-fragen kritischen Pfaden und Systemshyeffekten fahnden kannldquo

Fuumlr die Forschung zur inneren Sichershyheit und zur Polizei waumlre notwendig dass bull forschungsrelevante Fragestellungen

strategische Wichtigkeit besitzen bull ein Uumlberblick uumlber die akademische und

buumlrokratische internationale Forschung in diesem Fachbereich gegeben ist

bull Forschungsfragen eine Weiterentwickshylung im wissenschaftlichen Bereich ermoumlglichen aber auch anwenderorienshytiert sind

bull ein Austausch von bottom-up-Fragen und top-down-Fragen gewaumlhrleistet ist

bull die Einbeziehung unterschiedlicher Gruppen (Wissenschaftler polizeiliche Praktiker politische Ebene) erfolgt

bull die Etablierung von Langzeitstudien geshygeben ist

bull ein Konsens bei strategischer Forschung besteht

bull ein gemeinsames Verstaumlndnis von Forshyschung und Praxis gefoumlrdert wird

1 Strategische Forschungsfoumlrderung ndash

Empfehlungen zu Kommunikation Koshy

operation und Wettbewerb im Wissenshy

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verzwickte Situation eine groszlige Herausshyforderung und der interdisziplinaumlre Zushygang der Polizeiwissenschaft ein groszliges Vorbild fuumlr etablierte Wissenschaftszweige sein kann

Feltes (Feltes 2002 2) sieht zu Recht ein weiteres Problem darin dass Polizeishyforschung ohne rationale Polizeipolitik nicht denkbar sei die bdquoein noch stiefshymuumltterlicheres Dasein fristet als die Polishyzeiforschungldquo

Er haumllt es fuumlr notwendig den Begriff bdquoPolizeipolitikldquo gegenshyuumlber den Begriffen bdquoSichershyheitspolitikldquo oder bdquoInnenshy

politikldquo abzugrenzen

Mit Polizeipolitik meint Feltes (Feltes 2002 2) bdquodie von der Politik ausgehenden und von der Polizeifuumlhrung umgesetzten Grundsatzentscheidungen oder Grundsatz-vorgaben (hellip) an denen sich die Mitarbeishyterinnen und Mitarbeiter der Polizei zu orientieren haben Waumlhrend sich Begriffe wie sbquoSicherheitspolitiklsquo oder sbquoInnenpolishytiklsquo an einen (meist nicht naumlher definiershyten) groumlszligeren Adressatenkreis wenden und damit den Vor- (oder besser gesagt Nach-) teil haben an sich diffus und wenig konshytrollier- bzw evaluierbar zu sein soll mit dem Begriff der Polizeipolitik deutlich geshymacht werden dass hier ein konkreter Adressatenkreis und ein konkret festzuleshygendes und daher uumlberpruumlfbares Spektrum von Verhaltensweisen und Zielen gemeint istldquo Laut Ahlf (Ahlf 2002) sollte sich aber die bdquoPolizeiforschung auch an die eigentshylichen sicherheitspolitischen Fragestellunshygen heranwagen Polizeiforschung in dieshysem erweiterten Sinne muumlsste dann auch mit den etablierten und renommierten wisshysenschaftlichen Einrichtungen auf diesem Gebiet den unterschiedlichen auszligenpolishytischenfriedenspolitischen militaumlrischen medizinischen usw Forschungs- und Entshy

wicklungsinstitutionen kooperierenldquo Auf dieser Grundlage hat das deutsche Bunshydeskriminalamt mit dem Ansatz der bdquoStrashytegischen Kriminalitaumltsanalyse (SKA)ldquo gehandelt und damit wurde erfreulichershyweise gerade im Bereich der polizeilichen Praxis der Denkraum fuumlr die Polizeiwisshysenschaft erweitert SKA-Projekte sollen durch Aufzeigen von Risiken und Chanshycen von Entscheidungs- und Handlungsshybedarf sowie durch Anbieten von Loumlsungsshyansaumltzen und Maszlignahmenvorschlaumlgen vor allem die Kriminalpolitik und die Polizei in die Lage versetzen zu agieren statt zu reagieren

POLIZEIWISSENSCHAFT EINE PRAKTISCHE ODER EINE THEORETISCHE WISSENSCHAFT Hinsichtlich der Ziele der wissenschaftshylichen Forschung koumlnnen Wissenschaften und ihre Methodologien in zwei Gruppen eingeteilt werden in bull theoretische Wissenschaften (sog reine

oder auch fundamentale Wissenschaften) bull praktische Wissenschaften (vielfach wershy

den darunter technische Wissenschaften verstanden)

Es draumlngt sich die Frage auf ob die Polishyzeiwissenschaft sich einem dieser zwei Bereiche zuordnen laumlsst oder ob dies nicht vielmehr von der aktuellen wissenschaftshylichen Fragestellung eines Projektes abshyhaumlngig gemacht werden sollte

Als eine Hauptfunktion der theoretishyschen Wissenschaften gilt das Erklaumlren und Beschreiben ndash die wissenschaftliche Erklaumlrung der gesellschaftlichen Erscheishynungen und Prozesse Theoretische Wisshysenschaften sind somit auf Vergangenheit und Gegenwart ausgerichtet sie erklaumlren Entwicklungen in Vergangenheit und Geshygenwart Praktische Wissenschaften sind hingegen auf die Gegenwart und auf das Projektieren in die Zukunft gerichtet Ihren Ausgangspunkt nahmen die praktischen

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Wissenschaften bei technologischen Frashygestellungen Einerseits wachsen die polishyzeilichen Anwendungen der theoretischen (reinen fundamentalen) Wissenschaften man kann sagen dass viele wissenschaftshyliche Disziplinen oftmals eine polizeiliche Anwendung finden Andererseits ist die Polizeiwissenschaft als praktische Wissenshyschaft eigentlich eine Wissenschaft bdquouumlber die wissenschaftlichen Regeln der Polizeishytaumltigkeiten Das zentrale Problem der Polizeiwissenschaften als praktische Wisshysenschaft ist die Optimierung der Polizeishytaumltigkeitenldquo (Holcr 2001 35) Zum jetzigen Zeitpunkt laumlsst sich die Polizeiwissenshyschaft allerdings noch schwerlich einem der Bereiche endguumlltig zuordnen

EINE INTERDISZIPLINAumlRE POLIZEIWISSENSCHAFT Neues Wissen entsteht nicht mehr nur an den klassischen Universitaumlten und nicht nur innerhalb ihrer klassischen Faumlcher und Disziplinen sondern mehr und mehr auch an deren Grenzen bzw in Kooperation mit anderen Faumlchern Disziplinen und den Ershyfahrungswerten der einschlaumlgigen Praxis Diese Diskussion betrifft nicht nur neue Faumlcher wie die Polizeiwissenschaft sonshydern beherrscht die allgemein wissenshyschaftspolitischen Debatten

Diskutiert wird in diesem Zusammenhang die neue

Weise der Wissenserzeugung namens Mode Z

bdquoCharakteristisch fuumlr den Mode Z sei dass Forscher sich an gesellschaftlichen Probleshymen orientieren transdisziplinaumlr vorgeshyhen in temporaumlren Teams arbeiten und die Bindung von Wissen an einen Praxiskonshytext einem verallgemeinerten Wahrheitsshyanspruch vorziehenldquo (Koumllbel 2004 4) Selbst die etablierten Studienrichtungen fordern dass bdquoein Houmlchstmaszlig an systematishy

scher und institutioneller Flexibilitaumlt im Fachlichen wie im Disziplinaumlren zuruumlckgeshywonnen werdenldquo muss (Gethmann 2005 4)

In Kooperation verschiedener Teildisziplinen vollzieht sich bereits gegenwaumlrtig de facto

der Groszligteil der entsprechenshyden Polizeiforschung

Als Beispiel aus dem Institut fuumlr Wisshysenschaft und Forschung soll hier nur die Studie bdquoPerspektiven und Herausforderunshygen in der Integration muslimischer MitshybuumlrgerInnen in Oumlsterreichldquo genannt wershyden Die Studie bestand aus einem Teil in dem relevante Rahmendaten interpretiert wurden (zB Daten der Volkszaumlhlung) einer Medienanalyse einer quantitativen und einer qualitativen Umfrage und einer rechtswissenschaftlichen Analyse Die Vorshyteile einer solchen Zusammenarbeit liegen laut Lange auf der Hand bdquomittels der unshyterschiedlichen Sichtweisen die den jeshyweiligen Fragestellungen zugrunde liegen gelingt es ansatzweise die Facetten des polizeilichen Handelns zu erfassen Und genau darin liegen zugleich die Probleme Die Komplexitaumlt des polizeilichen Hanshydelns wird in der Komplexitaumlt der wissenshyschaftlichen Ansaumltze gespiegelt nicht aber aus einem zusammenfuumlhrenden Blickwinshykel wie es die Interdisziplinaritaumlt vershyspricht neu interpretiertldquo (Lange 2002 52) Meiner Meinung nach greift die Beschreibung von Lange etwas zu kurz solche uumlbergreifenden Studien sind nicht nur fuumlr Themen des polizeilichen Handelns von Bedeutung sondern auch fuumlr gesellshyschaftspolitische Analysen ndash auch ein Teilshybereich einer umfassender verstandenen Polizeiwissenschaft

bdquoDas Wort des sbquoInterdisziplinaumlrenlsquo wird oftmals inflationaumlr benutzt bedeutet aber nicht einfach nur eine Aneinanderreihung von verschiedenen Versatzstuumlcken sondern

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zielt auf eine Entwicklung gemeinsamer Fragestellungen Problemsichten strebt zumindest ein Set von Forschungsansaumltzen an vor allem das Einverstaumlndnis uumlber eine halbwegs aufeinander bezogene Begriffsshyund Wissenschaftsspracheldquo (Lange 2002 59) Interdisziplinaritaumlt bedeutet auch Freiraumlume zu gewaumlhren der deutsche Wisshysenschaftsrat formuliert dies in einer Empshyfehlung folgendermaszligen

bdquoFreiraumlume fuumlr bestimmte Forschungsgebiete einzuraumlushymen bedeutet eine zeitweilige

Unsicherheit bezuumlglich der sonst in der Wissenschaft

geltenden Qualitaumltsmaszligstaumlbe einzugestehenldquo1

In einem ersten Schritt zur Interdisziplishynaritaumlt der Polizeiforschung waumlre es wichshytig die fuumlr die Polizeiarbeit notwendigen Wissenschaftsdiszipinen an einen Diskusshysionstisch zu bringen Als Bezugswissenshyschaften koumlnnten gelten Geschichtswisshysenschaften Philosophie Rechts- und Sozialwissenschaften Fuumlhrungs- und Orgashynisationswissenschaften Oumlkonomie Techshynikwissenschaften und selbstverstaumlndlich auch die systematischen Erkenntnisse zu den polizeilichen Interventionsprogramshymen (Verkehr polizeilicher Einsatz Krimishynalistik) Diesbezuumlglich moumlchte ich auf die Diskussion von der Deutschen Polizeishyfuumlhrungsakademie hin zu einer Hochschule der Polizei verweisen an der zukuumlnftig polizeitaktische und -einsatzbezogene Prashyxisbelange im Rahmen wissenschaftlicher Faumlcher unterrichtet werden sollen

THEORIE EINER POLITIKFELDANALYSE Einen weiteren Ansatz sich dem polizeishywissenschaftlichen Zugang zu naumlhern verfolgt die Politikfeldanalyse Diese fasst den zu untersuchenden Bereich von vornshy

herein weit Laut Definition umfasst das Politikfeld innere Sicherheit bdquoalle staatshylichen Institutionen und Einrichtungen soshywie staatlich beauftragten Organisationen die durch Verfassung und Organe der deshymokratischen Willensbildung legitimiert sind das oumlffentliche Gewaltmonopol im Rahmen kodifizierter Regeln exekutiv auch unter Anwendung von unmittelbashyrem Zwang auszuuumlben Innere Sicherheit als Politikfeld weist darauf hin dass neben den exekutiven Institutionen und Einrichshytungen (vor allem Polizei und Staatsanshywaltschaften) und beauftragten Einrichshytungen (private Sicherheitsdienste) weitere Akteure an der Politikproduktion beteiligt sindldquo2 zu nennen sind Innenministerium parlamentarische Institutionen Laumlnder Parteien Verbaumlnde foumlderale Verhandshylungsgremien ebenso wie gesellschaftshyliche Gruppen und Medien

Auch die Politikfeldanalyse Innere Sicherheit ist in ihrem Ursprung ein interdisziplinaumlr

angelegter politikwissenshyschaftlicher Zugang der

Forschung

Das Konzept versteht sich als Diskussishyonsgrundlage um besonders das politikshywissenschaftliche Verstaumlndnis einer Forshyschung zur inneren Sicherheit auszubauen

MOumlGLICHE OBJEKTE EINER POLIZEIWISSENSCHAFT Versucht man sich intensiver auf eine Disshykussion zur Herausbildung einer Polizeishywissenschaft einzulassen stellt sich vershyhaumlltnismaumlszligig rasch die Frage nach dem moumlglichen Objekt der Forschung Womit soll sich Polizeiwissenschaft befassen Kurz zusammmengefasst kann man als Objekt ganz allgemein die polizeilichen Taumltigkeiten ansehen

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Ausschlaggebend sollten nach Neidhard bdquoder Sinn und der angestrebte Nutzen sein Danach muumlsste Polizeiwissenschaft zushynaumlchst alle Erkenntnisse zum Thema Polishyzei im institutionellen und funktionalen Sinn beinhalten (Police) Des weiteren muumlsste sie sich mit allen Aspekten polizeishylichen Handelns befassen (Policing) denn der polizeilichen Praxis liegt ja ganz zenshytral ein zu erreichender Nutzen zugrunde Diese Wissenschaft muss geeignet sein Fuumlhrungskraumlften der Polizei das gesamte fuumlr ein erfolgreiches Agieren notwendige Wissen bereitzustellenrdquo (Neidhardt 2001 74) Aus diesem Grund plaumldiert Neidhard fuumlr einen weiteren Begriff von Polizeiwisshysenschaft Laut Kokoska (Kokoska 2001 125) hat sich Polizeiwissenschaft bdquoeinershyseits am Gegenstandsbereich der Polizei (sbquoObjektbereichlsquo) zu orientieren dabei aber auch andererseits die Rolle der Polizei in der Gesellschaft bzw im demokratischen Verfassungsstaat (sbquoSubjektbereichlsquo) zu reflektieren In diesem Sinne sind die oumlffentliche Sicherheit und das polizeiliche Handeln Bezugsrahmen fuumlr eine Polizeishywissenschaftldquo

Die Polizei als Forschungsfeld interessiert ua Soziologen Politologen Kriminologen

Kriminalisten und Rechtswissenschaftler

Dabei wird die Polizei hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Legitimitaumlt bzw ihrer Rolle fuumlr die innere Sicherheit der rechtshyliche Rahmen der polizeilichen Taumltigkeit ebenso thematisiert wie die Organisationsshystruktur Tradition und das Alltagshandeln ihrer Organisationsmitglieder der Polizeishybeamten und -beamtinnen

Waumlhrend die Beurteilung des rechtlichen Rahmens der Polizeitaumltigkeit uumlber die trashyditionelle Rechtswissenschaft schon laumlnshyger betrieben wird und verhaumlltnismaumlszligig

gut ausgestaltet ist gibt es bei der sozioloshygischen Betrachtung der Polizei und ihrer Taumltigkeitsfelder groszlige Luumlcken Die empishyrische Polizeiforschung bdquohat die Institushytion sbquoPolizeilsquo und deren Arbeit zum Geshygenstand oder anders sie untersucht die polizeiliche Handlungslogik folgt ihr aber nicht sie untersucht das Geschaumlft der Polizei betreibt es aber nicht selberldquo (Reichertz 2002 1)

Ein wesentlicher Aspekt einer Polizeishywissenschaft sollte das politische Umfeld sein Aus diesem Blickwinkel sollte bdquodie Funktion der Polizei in der Gesellschaft erneut aufgegriffen aber im Gegensatz zu fruumlheren Arbeiten nicht im Stile einer Ideologiekritik sondern als eine empirishysche Analyse von Politikverlaumlufen betrieshybenldquo werden (Lange 2002 50)

Entscheidungsprozesse sollten analyshysiert werden Laut Lange (Lange 2002 50) sollten die Handlungsstrategien der Akteure und der involvierten Akteursgruppen unshytersucht werden bdquodie letztlich ausschlagshygebend fuumlr die Art und Weise sind wie politische Entscheidungen verlaufen und welche Interessen sich in den Verhandshylungssystemen sowohl der Polizeiorganishysation als auch des Systems der inneren Sicherheit durchsetzen Diese Binnenanashylyse lieszlige sich im politikwissenschaftlishychen Verstaumlndnis mit guten Gruumlnden als die einer politischen Soziologie der Polizei bzw der inneren Sicherheit ausweisenldquo Weiters sollten Verhaltens- und Handlungsshyprinzipien der Polizisten in der Praxis evashyluiert die Polizei sollte als Organisation in ihrem Alltag analysiert werden bdquoweder aus einer wuumlnschenswerten Perspektive des So-soll-sie-sein noch aus einer auf die einzelnen Interaktionen des Einsatzshyhandelns reduzierten Sichtldquo (Mensching 2005 18)

Beachtet werden muss dabei auch dass Polizeipolitik im europaumlischen Kontext von der Justizpolitik schwer zu trennen ist

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Dies wird besonders im Bereich Migration deutlich Nedela (Nedela 2005 234) sieht den Komplex Migration bdquonicht als Thema der Polizeiforschung sondern als Thema der Sozialwissenschaften bei hoher Releshyvanz fuumlr die Polizei wie fuumlr die Polizeiforshyschungldquo Dieses Beispiel zeigt deutlich wie schwer die Objekte der Polizeiwissenshyschaft zu definieren sind

Denn je nach dem wie weit man den Begriff der Polizeiwissenschaft definiert kann der Bereich Migration durchaus ein Forschungsobjekt der Polizeiwissenschaft sein

Lange (Lange 2002 60) sieht es als wichtigen Umstand bdquodass eine Polizeiforshyschung bzw integrative Polizeiwissenshyschaft anschlussfaumlhig bleibt an eine Forshyschung zur inneren Sicherheitldquo Laut Alfh (Alfh 2002) umfasst das Forschungsfeld der Polizeiorganisation bdquooffenbar auch die zentralen Begriffe der Sicherheit und der inneren Sicherheitldquo

METHODEN UND MODELLE EINER POLIZEIWISSENSCHAFT Bei der Frage nach einer neuen Fachdisshyziplin stellt sich auch die Frage nach den moumlglichen Methoden dieser Wissenschaft Auf Grund der fruumlher beschriebenen Konshystellationen kann die Polizeiwissenschaft nur auf etablierte Methoden der Bezugsshywissenschaften zuruumlckgreifen sollte sich aber auch gegenuumlber der Entwicklung neuer Methoden aufgeschlossen zeigen Je nach wissenschaftlicher Fragestellung und dem zu untersuchenden Thema werden sich die Methoden unterscheiden muumlssen

Am Beginn der Methodenwahl muumlssen wohl folgende Fragen beantwortet werden bull Welche Motive sind ausschlaggebend

fuumlr die Untersuchung bull Welche Ziele werden mit der Fragestelshy

lung verfolgt bull Welches Ergebnis fordern die gesellshy

schaftlichen Herausforderungen bull Wie koumlnnen wir herausfinden was wir

kuumlnftig wissen muumlssen bull Was soll nach Vorliegen der Ergebnisse

anders sein als vorher Wie schon oben erwaumlhnt ist es bei einer Forschung zur inneren Sicherheit wichtig zukuumlnftige Entwicklungen fruumlhzeitig zu erkennen um rasch die exekutiven Kraumlfte auf diese Entwicklungen vorbereiten zu koumlnnen Im Folgenden sollen einige Moshydelle zur Evaluierung von Zukunftstrends vorgestellt werden

DELPHI-STUDIEN Die Methodik der Delphi-Studie beruht darauf dass High-Level-Experteneinschaumltshyzungen eingeholt werden In einem ersten Schritt muumlssen die zu behandelnden Frashygestellungen festgelegt werden die in den nachfolgenden Schritten den Experten zur Beantwortung vorgelegt werden Nachdem in einer ersten Welle alle Fragen durch die angeschriebenen Experten beantwortet wurshyden wird eine Zwischenauswertung durch die Organisatoren vorgenommen In einer zweiten Welle erhalten alle teilgenommenen Experten die Auswertung zugeschickt um ihre eigenen Ansichten mit den Resultaten der Gesamtbefragung zu vergleichen Bei dieser Welle sind die Experten aufgeforshydert die Antwort erneut zu vertreten oder zu revidieren Durch diese so zusammenshygetragenen Ergebnisse ergibt sich eine Zukunftseinschaumltzung von Fachexperten

TRENDBEOBACHTUNG Die Trendbeobachtung geht an Hand von quantitativ-statistischen Verfahren vor Stashytistische Daten aus Langzeitbeobachtunshygen werden hinsichtlich schleichend vollshyziehender Veraumlnderungen untersucht und auf Grund dieser Datenlagen wird unter Einbeziehung relevanter Fixdaten eine Art bdquoHochrechnungldquo fuumlr die Zukunft gewagt

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BENCHMARKING Mit Benchmarking versucht man festzushystellen wo man im Vergleich zu anderen steht Die Benchmarking-Methode wird zB von der CEPOL eingesetzt In diesem Zusammenhang moumlchte ich auf den Reshyport bdquoPolice Science and Research in the European Unionldquo3 der CEPOL verweisen in dem versucht wurde die Entwicklungen im Polizeiwissenschaftsbereich innerhalb der EU zu vergleichen und eine Staumlrken-Schwaumlchen-Analyse zu erstellen

RELEVANZBAumlUME Beim Relevanzbaum-Verfahren geht man von anzustrebenden obersten Zielen aus etwa der Sicherung der nationalen Sichershyheit Ausgehend von diesen obersten Zielen wird uumlberlegt welche Unterziele jeweils auf sie hinfuumlhren koumlnnen

BACKCASTING Aumlhnlich wie bei den Relevanzbaumlumen geht man von allgemein akzeptierten Zukunftsshybildern aus zB das Bild der sicheren Stadt Ausgehend von einem solchen Zushykunftsbild muumlssen Zielrichtungen abgeleitet werden zB die Intensivierung vertraushyensbildender Maszlignahmen in einer Stadt ndash zB vermehrte Nachbarschaftshilfe Die Hauptaufgabe besteht nun darin aus einer hypothetischen Zukunft ruumlckwaumlrtsblickend realistische Wege aufzuzeigen die innershyhalb der Zielrichtungen verlaufen

SZENARIO-TECHNIK Ihren Ursprung hat die Szenario-Technik im militaumlrischen Bereich Um das Militaumlr fuumlr kriegerische Einsaumltze zu trainieren haben Militaumlrstrategen Szenarien moumlglishycher Kriegskonstellationen entworfen und darauf aufbauend die Erfolgsaussichten moumlglicher Kriegsstrategien eruiert Mittshylerweile wird die Szenario-Methode auch von Unternehmen angewandt um zukuumlnfshytige Marktentwicklungen besser einschaumltshy

zen zu koumlnnen Die Szenario-Methode wird zB auch bei der Umweltvertraumlglichshykeitspruumlfung eingesetzt

PROBLEMANALYSE Die Problemanalyse dient der Feststellung des Status quo und sollte sowohl quantitashytive als auch qualitative Daten und moumlgshylichst verschiedenartige Aspekte miteinbeshyziehen und verschraumlnken

ZUKUNFTSWERKSTATT Beim Konzept der Zukunftswerkstatt solshylen Laien an Planungsprozessen beteiligt werden Als Beispiel seien die unterschiedshylichen Formen von Buumlrgerbeteiligungsvershyfahren erwaumlhnt zB bei der Wohnraumgeshystaltung

HYBRIDSTEUERUNG Die Hybridsteuerung ist eine Mischung aus wissenschaftlicher Selbst- und Fremdshysteuerung Bei der Hybridsteuerung wird in der Regel von der Politik in Abstimshymung mit dem Anwender und wissenshyschaftlichen Beratungsgremien ein Thema grob vorgegeben Die genaue Definition des Forschungsprojekts erfolgt dann durch Wissenschaftler die sich im Rahmen einer Ausschreibung um das Projekt bewerben Um eine enge Kopplung zwischen Forshyschern und Verwendern sicherzustellen sind meist Kooperationen zB zwischen Wissenschaft und Industrie vorgeschrieben

ZUSAMMENFASSUNG Koumllbel (Koumllbel 2004 121) fasst die untershyschiedlichen Methoden folgendermaszligen zusammen bdquoWuumlnschbare Zukuumlnfte lassen sich in Zukunftswerkstaumltten entwerfen Mit Szenarien und Backcasting-Analysen kann man herausfinden welche denkbaren Wege von heute aus in die gewuumlnschte Richtung fuumlhren koumlnnten bzw welche nicht dorthin fuumlhren (hellip) Expertenkomshymissionen und Delphi-Studien sind gute

43

3322000077SIAK-JOURNAL

Instrumente der Informationsbeschaffung um herauszufinden welche Zukunftspfade realistisch sind was mit welchem Aufshywand in welchem Zeithorizont machbar erscheint wie wichtig einzelne Zwischen-schritte fuumlr die Zielerreichung sind und welcher Forschungs- und Entwicklungsbeshydarf daraus resultiert (hellip) In einem dritten Schritt kann man mit Relevanzbaumlumen arbeiten um die eruierten Ziele und Mittel so anzuordnen dass man nach Schluumlssel-fragen kritischen Pfaden und Systemshyeffekten fahnden kannldquo

Fuumlr die Forschung zur inneren Sichershyheit und zur Polizei waumlre notwendig dass bull forschungsrelevante Fragestellungen

strategische Wichtigkeit besitzen bull ein Uumlberblick uumlber die akademische und

buumlrokratische internationale Forschung in diesem Fachbereich gegeben ist

bull Forschungsfragen eine Weiterentwickshylung im wissenschaftlichen Bereich ermoumlglichen aber auch anwenderorienshytiert sind

bull ein Austausch von bottom-up-Fragen und top-down-Fragen gewaumlhrleistet ist

bull die Einbeziehung unterschiedlicher Gruppen (Wissenschaftler polizeiliche Praktiker politische Ebene) erfolgt

bull die Etablierung von Langzeitstudien geshygeben ist

bull ein Konsens bei strategischer Forschung besteht

bull ein gemeinsames Verstaumlndnis von Forshyschung und Praxis gefoumlrdert wird

1 Strategische Forschungsfoumlrderung ndash

Empfehlungen zu Kommunikation Koshy

operation und Wettbewerb im Wissenshy

schaftssystem WR Wissenschaftsrat Essen

23052003 10 2 AKIS (Interdisziplinaumlrer Arbeitskreis Inshy

nere Sicherheit) 30042002 Zum Ansatz

einer Politikfeldanalyse Innere Sicherheit

Marburg wwwak-innere-sicherheitde

httpwwwak-innere-sicherheitde

politikfeldanhtml 3 Hanak GHofinger V (2005) Police

Science and Research in the European

Union Vienna

Quellenangaben

Ahlf E (2002) Situation der Polizeiforshy

schung unter besonderer Beruumlcksichshy

tigung des sog bdquoerweiterten Sicherheitsshy

begriffesldquo httpwwwbkadekriminal

wissenschaftenkiforumkiforum2002html

Wiesbaden

Interdisziplinaumlrer Arbeitskreis Innere Sishy

cherheit (AKIS) (2002) Zehn-Punkte-Ershy

klaumlrung des AKIS zur inneren Sicherheitsshy

politik httpstaff-wwwuni-marburgde

~akis10PEhtml MarburgDuisburg

Feltes T (2002) Scientia Ante Portas

Fluumlchten oder Standhalten Zur Perspekshy

tive einer Polizeiwissenschaft in Deutschshy

land in Die Polizei (9) httpwww thomas

feltesdepdfPolizeiforschungamScheide

wegepdf 4

Feltes T Frischer Aufbruch zu neuen

Ufern Was gibt es Neues zum Thema Polishy

zeiforschung und Polizeiwissenschaftldquo

httpwwwthomasfeltesdepdfFrischer_

20Windpdf

Gethmann C FLangewiesche D

Mittelstraszlig JSimon DStock G (2005)

Manifest Geisteswissenschaften Praumlsishy

dent der Berlin-Brandenburgischen Akashy

demie der Wissenschaften (Hg) Berlin

Hanak GHofinger V (2005) Die Dokushy

mentation und Kommentierung polizeireshy

levanter Forschung in Oumlsterreich 1945ndash

2005 in SIAK-Journal (4) 32ndash41

Holcr K (2001) Die theoretisch-methoshy

dischen Probleme der Entwicklung der

Polizeiwissenschaften in Polizeiakademie

Bratislava (Hg) (2001) Aktuelle Probleme

der Entwicklung der Polizeiwissenschaften

und der polizeilichen Praxis Bratislava

Koumllbel M (2004) Wissensmanagement

in der Wissenschaft Berlin

Kokoska W (2001) Umsetzung wissenshy

schaftlicher Erkenntnisse in der polizeilishy

chen Fuumlhrungsausbildung ndash am Beispiel

der Sozialwissenschaften in Aktuelle

Probleme der Entwicklung der Polizeishy

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SIAK-JOURNAL3322000077

wissenschaften und der polizeilichen Praxis

(Hg) Polizeiakademie Bratislava Bratislava

Lange H J (2002) Polizeiforschung Polizeiwisshy

senschaft oder Forschung zur Inneren Sichershy

heit in Polizei amp Wissenschaft 32002

Mensching A (2005) Innenansichten der nieshy

dersaumlchsischen Polizei ndash bdquogelebte Hierarchienldquo aus

organisationskultureller Perspektive in Groszlig H

Schmidt P (Hg) Empirische Polizeiforschung VI

Innen- und Auszligensicht(en) der Polizei Band 2

Frankfurt

Nedela N (2005) Was erwartet die Polizei von

der empirischen Polizeiforschung in Groszlig H

Schmidt P (Hg) Empirische Polizeiforschung VI

Innen- und Auszligensicht(en) der Polizei Band 2

Frankfurt

Neidhard K (2001) bdquoPlaumldoyer fuumlr eine Polizeishy

wissenschaftldquo in Aktuelle Probleme der Entwickshy

lung der Polizeiwissenschaften und der polizeilishy

chen Praxis (Hg) Polizeiakademie Bratislava

Bratislava

Neidhardt K (2006) Polizeiwissenschaft ndash Aktushy

elle Fragestellungen PFA 8ndash10022006

Ohlemacher T (2001) Workshop bdquoHermeneutische

Polizeiforschungldquo ndash Tagungsbericht 22062001

httpwwwlrz-muenchende~wissenssozcontent

tagarchpolizeipolizei_berhtm

Reichertz J (2002) Praumlmissen einer hermeneushy

tisch wissenssoziologischen Polizeiforschung in

Forum Qualitative SozialforschungForum Quashy

litative Social Research (Online Journal)

httpwwwqualitative-researchnetfqsfqshtm

Strategische Forschungsfoumlrderung ndash Empfehlunshy

gen zu Kommunikation Kooperation und Wettbeshy

werb im Wissenschaftssystem WR Wissenschaftsshy

rat Essen 23052003

Walter B (2004) Polizeiforschung und Polizeishy

wissenschaft ndash Eine Entgegnung in Die Krimishy

nalpolizei (1)

Weiss K (2007) Zwischen Wissenschaft und

Praxis ndash die Polizei als Schnittstelle in SIAK-

Journal (2) 16ndash24

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Wissenschaften bei technologischen Frashygestellungen Einerseits wachsen die polishyzeilichen Anwendungen der theoretischen (reinen fundamentalen) Wissenschaften man kann sagen dass viele wissenschaftshyliche Disziplinen oftmals eine polizeiliche Anwendung finden Andererseits ist die Polizeiwissenschaft als praktische Wissenshyschaft eigentlich eine Wissenschaft bdquouumlber die wissenschaftlichen Regeln der Polizeishytaumltigkeiten Das zentrale Problem der Polizeiwissenschaften als praktische Wisshysenschaft ist die Optimierung der Polizeishytaumltigkeitenldquo (Holcr 2001 35) Zum jetzigen Zeitpunkt laumlsst sich die Polizeiwissenshyschaft allerdings noch schwerlich einem der Bereiche endguumlltig zuordnen

EINE INTERDISZIPLINAumlRE POLIZEIWISSENSCHAFT Neues Wissen entsteht nicht mehr nur an den klassischen Universitaumlten und nicht nur innerhalb ihrer klassischen Faumlcher und Disziplinen sondern mehr und mehr auch an deren Grenzen bzw in Kooperation mit anderen Faumlchern Disziplinen und den Ershyfahrungswerten der einschlaumlgigen Praxis Diese Diskussion betrifft nicht nur neue Faumlcher wie die Polizeiwissenschaft sonshydern beherrscht die allgemein wissenshyschaftspolitischen Debatten

Diskutiert wird in diesem Zusammenhang die neue

Weise der Wissenserzeugung namens Mode Z

bdquoCharakteristisch fuumlr den Mode Z sei dass Forscher sich an gesellschaftlichen Probleshymen orientieren transdisziplinaumlr vorgeshyhen in temporaumlren Teams arbeiten und die Bindung von Wissen an einen Praxiskonshytext einem verallgemeinerten Wahrheitsshyanspruch vorziehenldquo (Koumllbel 2004 4) Selbst die etablierten Studienrichtungen fordern dass bdquoein Houmlchstmaszlig an systematishy

scher und institutioneller Flexibilitaumlt im Fachlichen wie im Disziplinaumlren zuruumlckgeshywonnen werdenldquo muss (Gethmann 2005 4)

In Kooperation verschiedener Teildisziplinen vollzieht sich bereits gegenwaumlrtig de facto

der Groszligteil der entsprechenshyden Polizeiforschung

Als Beispiel aus dem Institut fuumlr Wisshysenschaft und Forschung soll hier nur die Studie bdquoPerspektiven und Herausforderunshygen in der Integration muslimischer MitshybuumlrgerInnen in Oumlsterreichldquo genannt wershyden Die Studie bestand aus einem Teil in dem relevante Rahmendaten interpretiert wurden (zB Daten der Volkszaumlhlung) einer Medienanalyse einer quantitativen und einer qualitativen Umfrage und einer rechtswissenschaftlichen Analyse Die Vorshyteile einer solchen Zusammenarbeit liegen laut Lange auf der Hand bdquomittels der unshyterschiedlichen Sichtweisen die den jeshyweiligen Fragestellungen zugrunde liegen gelingt es ansatzweise die Facetten des polizeilichen Handelns zu erfassen Und genau darin liegen zugleich die Probleme Die Komplexitaumlt des polizeilichen Hanshydelns wird in der Komplexitaumlt der wissenshyschaftlichen Ansaumltze gespiegelt nicht aber aus einem zusammenfuumlhrenden Blickwinshykel wie es die Interdisziplinaritaumlt vershyspricht neu interpretiertldquo (Lange 2002 52) Meiner Meinung nach greift die Beschreibung von Lange etwas zu kurz solche uumlbergreifenden Studien sind nicht nur fuumlr Themen des polizeilichen Handelns von Bedeutung sondern auch fuumlr gesellshyschaftspolitische Analysen ndash auch ein Teilshybereich einer umfassender verstandenen Polizeiwissenschaft

bdquoDas Wort des sbquoInterdisziplinaumlrenlsquo wird oftmals inflationaumlr benutzt bedeutet aber nicht einfach nur eine Aneinanderreihung von verschiedenen Versatzstuumlcken sondern

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SIAK-JOURNAL

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zielt auf eine Entwicklung gemeinsamer Fragestellungen Problemsichten strebt zumindest ein Set von Forschungsansaumltzen an vor allem das Einverstaumlndnis uumlber eine halbwegs aufeinander bezogene Begriffsshyund Wissenschaftsspracheldquo (Lange 2002 59) Interdisziplinaritaumlt bedeutet auch Freiraumlume zu gewaumlhren der deutsche Wisshysenschaftsrat formuliert dies in einer Empshyfehlung folgendermaszligen

bdquoFreiraumlume fuumlr bestimmte Forschungsgebiete einzuraumlushymen bedeutet eine zeitweilige

Unsicherheit bezuumlglich der sonst in der Wissenschaft

geltenden Qualitaumltsmaszligstaumlbe einzugestehenldquo1

In einem ersten Schritt zur Interdisziplishynaritaumlt der Polizeiforschung waumlre es wichshytig die fuumlr die Polizeiarbeit notwendigen Wissenschaftsdiszipinen an einen Diskusshysionstisch zu bringen Als Bezugswissenshyschaften koumlnnten gelten Geschichtswisshysenschaften Philosophie Rechts- und Sozialwissenschaften Fuumlhrungs- und Orgashynisationswissenschaften Oumlkonomie Techshynikwissenschaften und selbstverstaumlndlich auch die systematischen Erkenntnisse zu den polizeilichen Interventionsprogramshymen (Verkehr polizeilicher Einsatz Krimishynalistik) Diesbezuumlglich moumlchte ich auf die Diskussion von der Deutschen Polizeishyfuumlhrungsakademie hin zu einer Hochschule der Polizei verweisen an der zukuumlnftig polizeitaktische und -einsatzbezogene Prashyxisbelange im Rahmen wissenschaftlicher Faumlcher unterrichtet werden sollen

THEORIE EINER POLITIKFELDANALYSE Einen weiteren Ansatz sich dem polizeishywissenschaftlichen Zugang zu naumlhern verfolgt die Politikfeldanalyse Diese fasst den zu untersuchenden Bereich von vornshy

herein weit Laut Definition umfasst das Politikfeld innere Sicherheit bdquoalle staatshylichen Institutionen und Einrichtungen soshywie staatlich beauftragten Organisationen die durch Verfassung und Organe der deshymokratischen Willensbildung legitimiert sind das oumlffentliche Gewaltmonopol im Rahmen kodifizierter Regeln exekutiv auch unter Anwendung von unmittelbashyrem Zwang auszuuumlben Innere Sicherheit als Politikfeld weist darauf hin dass neben den exekutiven Institutionen und Einrichshytungen (vor allem Polizei und Staatsanshywaltschaften) und beauftragten Einrichshytungen (private Sicherheitsdienste) weitere Akteure an der Politikproduktion beteiligt sindldquo2 zu nennen sind Innenministerium parlamentarische Institutionen Laumlnder Parteien Verbaumlnde foumlderale Verhandshylungsgremien ebenso wie gesellschaftshyliche Gruppen und Medien

Auch die Politikfeldanalyse Innere Sicherheit ist in ihrem Ursprung ein interdisziplinaumlr

angelegter politikwissenshyschaftlicher Zugang der

Forschung

Das Konzept versteht sich als Diskussishyonsgrundlage um besonders das politikshywissenschaftliche Verstaumlndnis einer Forshyschung zur inneren Sicherheit auszubauen

MOumlGLICHE OBJEKTE EINER POLIZEIWISSENSCHAFT Versucht man sich intensiver auf eine Disshykussion zur Herausbildung einer Polizeishywissenschaft einzulassen stellt sich vershyhaumlltnismaumlszligig rasch die Frage nach dem moumlglichen Objekt der Forschung Womit soll sich Polizeiwissenschaft befassen Kurz zusammmengefasst kann man als Objekt ganz allgemein die polizeilichen Taumltigkeiten ansehen

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Ausschlaggebend sollten nach Neidhard bdquoder Sinn und der angestrebte Nutzen sein Danach muumlsste Polizeiwissenschaft zushynaumlchst alle Erkenntnisse zum Thema Polishyzei im institutionellen und funktionalen Sinn beinhalten (Police) Des weiteren muumlsste sie sich mit allen Aspekten polizeishylichen Handelns befassen (Policing) denn der polizeilichen Praxis liegt ja ganz zenshytral ein zu erreichender Nutzen zugrunde Diese Wissenschaft muss geeignet sein Fuumlhrungskraumlften der Polizei das gesamte fuumlr ein erfolgreiches Agieren notwendige Wissen bereitzustellenrdquo (Neidhardt 2001 74) Aus diesem Grund plaumldiert Neidhard fuumlr einen weiteren Begriff von Polizeiwisshysenschaft Laut Kokoska (Kokoska 2001 125) hat sich Polizeiwissenschaft bdquoeinershyseits am Gegenstandsbereich der Polizei (sbquoObjektbereichlsquo) zu orientieren dabei aber auch andererseits die Rolle der Polizei in der Gesellschaft bzw im demokratischen Verfassungsstaat (sbquoSubjektbereichlsquo) zu reflektieren In diesem Sinne sind die oumlffentliche Sicherheit und das polizeiliche Handeln Bezugsrahmen fuumlr eine Polizeishywissenschaftldquo

Die Polizei als Forschungsfeld interessiert ua Soziologen Politologen Kriminologen

Kriminalisten und Rechtswissenschaftler

Dabei wird die Polizei hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Legitimitaumlt bzw ihrer Rolle fuumlr die innere Sicherheit der rechtshyliche Rahmen der polizeilichen Taumltigkeit ebenso thematisiert wie die Organisationsshystruktur Tradition und das Alltagshandeln ihrer Organisationsmitglieder der Polizeishybeamten und -beamtinnen

Waumlhrend die Beurteilung des rechtlichen Rahmens der Polizeitaumltigkeit uumlber die trashyditionelle Rechtswissenschaft schon laumlnshyger betrieben wird und verhaumlltnismaumlszligig

gut ausgestaltet ist gibt es bei der sozioloshygischen Betrachtung der Polizei und ihrer Taumltigkeitsfelder groszlige Luumlcken Die empishyrische Polizeiforschung bdquohat die Institushytion sbquoPolizeilsquo und deren Arbeit zum Geshygenstand oder anders sie untersucht die polizeiliche Handlungslogik folgt ihr aber nicht sie untersucht das Geschaumlft der Polizei betreibt es aber nicht selberldquo (Reichertz 2002 1)

Ein wesentlicher Aspekt einer Polizeishywissenschaft sollte das politische Umfeld sein Aus diesem Blickwinkel sollte bdquodie Funktion der Polizei in der Gesellschaft erneut aufgegriffen aber im Gegensatz zu fruumlheren Arbeiten nicht im Stile einer Ideologiekritik sondern als eine empirishysche Analyse von Politikverlaumlufen betrieshybenldquo werden (Lange 2002 50)

Entscheidungsprozesse sollten analyshysiert werden Laut Lange (Lange 2002 50) sollten die Handlungsstrategien der Akteure und der involvierten Akteursgruppen unshytersucht werden bdquodie letztlich ausschlagshygebend fuumlr die Art und Weise sind wie politische Entscheidungen verlaufen und welche Interessen sich in den Verhandshylungssystemen sowohl der Polizeiorganishysation als auch des Systems der inneren Sicherheit durchsetzen Diese Binnenanashylyse lieszlige sich im politikwissenschaftlishychen Verstaumlndnis mit guten Gruumlnden als die einer politischen Soziologie der Polizei bzw der inneren Sicherheit ausweisenldquo Weiters sollten Verhaltens- und Handlungsshyprinzipien der Polizisten in der Praxis evashyluiert die Polizei sollte als Organisation in ihrem Alltag analysiert werden bdquoweder aus einer wuumlnschenswerten Perspektive des So-soll-sie-sein noch aus einer auf die einzelnen Interaktionen des Einsatzshyhandelns reduzierten Sichtldquo (Mensching 2005 18)

Beachtet werden muss dabei auch dass Polizeipolitik im europaumlischen Kontext von der Justizpolitik schwer zu trennen ist

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Dies wird besonders im Bereich Migration deutlich Nedela (Nedela 2005 234) sieht den Komplex Migration bdquonicht als Thema der Polizeiforschung sondern als Thema der Sozialwissenschaften bei hoher Releshyvanz fuumlr die Polizei wie fuumlr die Polizeiforshyschungldquo Dieses Beispiel zeigt deutlich wie schwer die Objekte der Polizeiwissenshyschaft zu definieren sind

Denn je nach dem wie weit man den Begriff der Polizeiwissenschaft definiert kann der Bereich Migration durchaus ein Forschungsobjekt der Polizeiwissenschaft sein

Lange (Lange 2002 60) sieht es als wichtigen Umstand bdquodass eine Polizeiforshyschung bzw integrative Polizeiwissenshyschaft anschlussfaumlhig bleibt an eine Forshyschung zur inneren Sicherheitldquo Laut Alfh (Alfh 2002) umfasst das Forschungsfeld der Polizeiorganisation bdquooffenbar auch die zentralen Begriffe der Sicherheit und der inneren Sicherheitldquo

METHODEN UND MODELLE EINER POLIZEIWISSENSCHAFT Bei der Frage nach einer neuen Fachdisshyziplin stellt sich auch die Frage nach den moumlglichen Methoden dieser Wissenschaft Auf Grund der fruumlher beschriebenen Konshystellationen kann die Polizeiwissenschaft nur auf etablierte Methoden der Bezugsshywissenschaften zuruumlckgreifen sollte sich aber auch gegenuumlber der Entwicklung neuer Methoden aufgeschlossen zeigen Je nach wissenschaftlicher Fragestellung und dem zu untersuchenden Thema werden sich die Methoden unterscheiden muumlssen

Am Beginn der Methodenwahl muumlssen wohl folgende Fragen beantwortet werden bull Welche Motive sind ausschlaggebend

fuumlr die Untersuchung bull Welche Ziele werden mit der Fragestelshy

lung verfolgt bull Welches Ergebnis fordern die gesellshy

schaftlichen Herausforderungen bull Wie koumlnnen wir herausfinden was wir

kuumlnftig wissen muumlssen bull Was soll nach Vorliegen der Ergebnisse

anders sein als vorher Wie schon oben erwaumlhnt ist es bei einer Forschung zur inneren Sicherheit wichtig zukuumlnftige Entwicklungen fruumlhzeitig zu erkennen um rasch die exekutiven Kraumlfte auf diese Entwicklungen vorbereiten zu koumlnnen Im Folgenden sollen einige Moshydelle zur Evaluierung von Zukunftstrends vorgestellt werden

DELPHI-STUDIEN Die Methodik der Delphi-Studie beruht darauf dass High-Level-Experteneinschaumltshyzungen eingeholt werden In einem ersten Schritt muumlssen die zu behandelnden Frashygestellungen festgelegt werden die in den nachfolgenden Schritten den Experten zur Beantwortung vorgelegt werden Nachdem in einer ersten Welle alle Fragen durch die angeschriebenen Experten beantwortet wurshyden wird eine Zwischenauswertung durch die Organisatoren vorgenommen In einer zweiten Welle erhalten alle teilgenommenen Experten die Auswertung zugeschickt um ihre eigenen Ansichten mit den Resultaten der Gesamtbefragung zu vergleichen Bei dieser Welle sind die Experten aufgeforshydert die Antwort erneut zu vertreten oder zu revidieren Durch diese so zusammenshygetragenen Ergebnisse ergibt sich eine Zukunftseinschaumltzung von Fachexperten

TRENDBEOBACHTUNG Die Trendbeobachtung geht an Hand von quantitativ-statistischen Verfahren vor Stashytistische Daten aus Langzeitbeobachtunshygen werden hinsichtlich schleichend vollshyziehender Veraumlnderungen untersucht und auf Grund dieser Datenlagen wird unter Einbeziehung relevanter Fixdaten eine Art bdquoHochrechnungldquo fuumlr die Zukunft gewagt

SIAK-JOURNAL3322000077

BENCHMARKING Mit Benchmarking versucht man festzushystellen wo man im Vergleich zu anderen steht Die Benchmarking-Methode wird zB von der CEPOL eingesetzt In diesem Zusammenhang moumlchte ich auf den Reshyport bdquoPolice Science and Research in the European Unionldquo3 der CEPOL verweisen in dem versucht wurde die Entwicklungen im Polizeiwissenschaftsbereich innerhalb der EU zu vergleichen und eine Staumlrken-Schwaumlchen-Analyse zu erstellen

RELEVANZBAumlUME Beim Relevanzbaum-Verfahren geht man von anzustrebenden obersten Zielen aus etwa der Sicherung der nationalen Sichershyheit Ausgehend von diesen obersten Zielen wird uumlberlegt welche Unterziele jeweils auf sie hinfuumlhren koumlnnen

BACKCASTING Aumlhnlich wie bei den Relevanzbaumlumen geht man von allgemein akzeptierten Zukunftsshybildern aus zB das Bild der sicheren Stadt Ausgehend von einem solchen Zushykunftsbild muumlssen Zielrichtungen abgeleitet werden zB die Intensivierung vertraushyensbildender Maszlignahmen in einer Stadt ndash zB vermehrte Nachbarschaftshilfe Die Hauptaufgabe besteht nun darin aus einer hypothetischen Zukunft ruumlckwaumlrtsblickend realistische Wege aufzuzeigen die innershyhalb der Zielrichtungen verlaufen

SZENARIO-TECHNIK Ihren Ursprung hat die Szenario-Technik im militaumlrischen Bereich Um das Militaumlr fuumlr kriegerische Einsaumltze zu trainieren haben Militaumlrstrategen Szenarien moumlglishycher Kriegskonstellationen entworfen und darauf aufbauend die Erfolgsaussichten moumlglicher Kriegsstrategien eruiert Mittshylerweile wird die Szenario-Methode auch von Unternehmen angewandt um zukuumlnfshytige Marktentwicklungen besser einschaumltshy

zen zu koumlnnen Die Szenario-Methode wird zB auch bei der Umweltvertraumlglichshykeitspruumlfung eingesetzt

PROBLEMANALYSE Die Problemanalyse dient der Feststellung des Status quo und sollte sowohl quantitashytive als auch qualitative Daten und moumlgshylichst verschiedenartige Aspekte miteinbeshyziehen und verschraumlnken

ZUKUNFTSWERKSTATT Beim Konzept der Zukunftswerkstatt solshylen Laien an Planungsprozessen beteiligt werden Als Beispiel seien die unterschiedshylichen Formen von Buumlrgerbeteiligungsvershyfahren erwaumlhnt zB bei der Wohnraumgeshystaltung

HYBRIDSTEUERUNG Die Hybridsteuerung ist eine Mischung aus wissenschaftlicher Selbst- und Fremdshysteuerung Bei der Hybridsteuerung wird in der Regel von der Politik in Abstimshymung mit dem Anwender und wissenshyschaftlichen Beratungsgremien ein Thema grob vorgegeben Die genaue Definition des Forschungsprojekts erfolgt dann durch Wissenschaftler die sich im Rahmen einer Ausschreibung um das Projekt bewerben Um eine enge Kopplung zwischen Forshyschern und Verwendern sicherzustellen sind meist Kooperationen zB zwischen Wissenschaft und Industrie vorgeschrieben

ZUSAMMENFASSUNG Koumllbel (Koumllbel 2004 121) fasst die untershyschiedlichen Methoden folgendermaszligen zusammen bdquoWuumlnschbare Zukuumlnfte lassen sich in Zukunftswerkstaumltten entwerfen Mit Szenarien und Backcasting-Analysen kann man herausfinden welche denkbaren Wege von heute aus in die gewuumlnschte Richtung fuumlhren koumlnnten bzw welche nicht dorthin fuumlhren (hellip) Expertenkomshymissionen und Delphi-Studien sind gute

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Instrumente der Informationsbeschaffung um herauszufinden welche Zukunftspfade realistisch sind was mit welchem Aufshywand in welchem Zeithorizont machbar erscheint wie wichtig einzelne Zwischen-schritte fuumlr die Zielerreichung sind und welcher Forschungs- und Entwicklungsbeshydarf daraus resultiert (hellip) In einem dritten Schritt kann man mit Relevanzbaumlumen arbeiten um die eruierten Ziele und Mittel so anzuordnen dass man nach Schluumlssel-fragen kritischen Pfaden und Systemshyeffekten fahnden kannldquo

Fuumlr die Forschung zur inneren Sichershyheit und zur Polizei waumlre notwendig dass bull forschungsrelevante Fragestellungen

strategische Wichtigkeit besitzen bull ein Uumlberblick uumlber die akademische und

buumlrokratische internationale Forschung in diesem Fachbereich gegeben ist

bull Forschungsfragen eine Weiterentwickshylung im wissenschaftlichen Bereich ermoumlglichen aber auch anwenderorienshytiert sind

bull ein Austausch von bottom-up-Fragen und top-down-Fragen gewaumlhrleistet ist

bull die Einbeziehung unterschiedlicher Gruppen (Wissenschaftler polizeiliche Praktiker politische Ebene) erfolgt

bull die Etablierung von Langzeitstudien geshygeben ist

bull ein Konsens bei strategischer Forschung besteht

bull ein gemeinsames Verstaumlndnis von Forshyschung und Praxis gefoumlrdert wird

1 Strategische Forschungsfoumlrderung ndash

Empfehlungen zu Kommunikation Koshy

operation und Wettbewerb im Wissenshy

schaftssystem WR Wissenschaftsrat Essen

23052003 10 2 AKIS (Interdisziplinaumlrer Arbeitskreis Inshy

nere Sicherheit) 30042002 Zum Ansatz

einer Politikfeldanalyse Innere Sicherheit

Marburg wwwak-innere-sicherheitde

httpwwwak-innere-sicherheitde

politikfeldanhtml 3 Hanak GHofinger V (2005) Police

Science and Research in the European

Union Vienna

Quellenangaben

Ahlf E (2002) Situation der Polizeiforshy

schung unter besonderer Beruumlcksichshy

tigung des sog bdquoerweiterten Sicherheitsshy

begriffesldquo httpwwwbkadekriminal

wissenschaftenkiforumkiforum2002html

Wiesbaden

Interdisziplinaumlrer Arbeitskreis Innere Sishy

cherheit (AKIS) (2002) Zehn-Punkte-Ershy

klaumlrung des AKIS zur inneren Sicherheitsshy

politik httpstaff-wwwuni-marburgde

~akis10PEhtml MarburgDuisburg

Feltes T (2002) Scientia Ante Portas

Fluumlchten oder Standhalten Zur Perspekshy

tive einer Polizeiwissenschaft in Deutschshy

land in Die Polizei (9) httpwww thomas

feltesdepdfPolizeiforschungamScheide

wegepdf 4

Feltes T Frischer Aufbruch zu neuen

Ufern Was gibt es Neues zum Thema Polishy

zeiforschung und Polizeiwissenschaftldquo

httpwwwthomasfeltesdepdfFrischer_

20Windpdf

Gethmann C FLangewiesche D

Mittelstraszlig JSimon DStock G (2005)

Manifest Geisteswissenschaften Praumlsishy

dent der Berlin-Brandenburgischen Akashy

demie der Wissenschaften (Hg) Berlin

Hanak GHofinger V (2005) Die Dokushy

mentation und Kommentierung polizeireshy

levanter Forschung in Oumlsterreich 1945ndash

2005 in SIAK-Journal (4) 32ndash41

Holcr K (2001) Die theoretisch-methoshy

dischen Probleme der Entwicklung der

Polizeiwissenschaften in Polizeiakademie

Bratislava (Hg) (2001) Aktuelle Probleme

der Entwicklung der Polizeiwissenschaften

und der polizeilichen Praxis Bratislava

Koumllbel M (2004) Wissensmanagement

in der Wissenschaft Berlin

Kokoska W (2001) Umsetzung wissenshy

schaftlicher Erkenntnisse in der polizeilishy

chen Fuumlhrungsausbildung ndash am Beispiel

der Sozialwissenschaften in Aktuelle

Probleme der Entwicklung der Polizeishy

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wissenschaften und der polizeilichen Praxis

(Hg) Polizeiakademie Bratislava Bratislava

Lange H J (2002) Polizeiforschung Polizeiwisshy

senschaft oder Forschung zur Inneren Sichershy

heit in Polizei amp Wissenschaft 32002

Mensching A (2005) Innenansichten der nieshy

dersaumlchsischen Polizei ndash bdquogelebte Hierarchienldquo aus

organisationskultureller Perspektive in Groszlig H

Schmidt P (Hg) Empirische Polizeiforschung VI

Innen- und Auszligensicht(en) der Polizei Band 2

Frankfurt

Nedela N (2005) Was erwartet die Polizei von

der empirischen Polizeiforschung in Groszlig H

Schmidt P (Hg) Empirische Polizeiforschung VI

Innen- und Auszligensicht(en) der Polizei Band 2

Frankfurt

Neidhard K (2001) bdquoPlaumldoyer fuumlr eine Polizeishy

wissenschaftldquo in Aktuelle Probleme der Entwickshy

lung der Polizeiwissenschaften und der polizeilishy

chen Praxis (Hg) Polizeiakademie Bratislava

Bratislava

Neidhardt K (2006) Polizeiwissenschaft ndash Aktushy

elle Fragestellungen PFA 8ndash10022006

Ohlemacher T (2001) Workshop bdquoHermeneutische

Polizeiforschungldquo ndash Tagungsbericht 22062001

httpwwwlrz-muenchende~wissenssozcontent

tagarchpolizeipolizei_berhtm

Reichertz J (2002) Praumlmissen einer hermeneushy

tisch wissenssoziologischen Polizeiforschung in

Forum Qualitative SozialforschungForum Quashy

litative Social Research (Online Journal)

httpwwwqualitative-researchnetfqsfqshtm

Strategische Forschungsfoumlrderung ndash Empfehlunshy

gen zu Kommunikation Kooperation und Wettbeshy

werb im Wissenschaftssystem WR Wissenschaftsshy

rat Essen 23052003

Walter B (2004) Polizeiforschung und Polizeishy

wissenschaft ndash Eine Entgegnung in Die Krimishy

nalpolizei (1)

Weiss K (2007) Zwischen Wissenschaft und

Praxis ndash die Polizei als Schnittstelle in SIAK-

Journal (2) 16ndash24

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zielt auf eine Entwicklung gemeinsamer Fragestellungen Problemsichten strebt zumindest ein Set von Forschungsansaumltzen an vor allem das Einverstaumlndnis uumlber eine halbwegs aufeinander bezogene Begriffsshyund Wissenschaftsspracheldquo (Lange 2002 59) Interdisziplinaritaumlt bedeutet auch Freiraumlume zu gewaumlhren der deutsche Wisshysenschaftsrat formuliert dies in einer Empshyfehlung folgendermaszligen

bdquoFreiraumlume fuumlr bestimmte Forschungsgebiete einzuraumlushymen bedeutet eine zeitweilige

Unsicherheit bezuumlglich der sonst in der Wissenschaft

geltenden Qualitaumltsmaszligstaumlbe einzugestehenldquo1

In einem ersten Schritt zur Interdisziplishynaritaumlt der Polizeiforschung waumlre es wichshytig die fuumlr die Polizeiarbeit notwendigen Wissenschaftsdiszipinen an einen Diskusshysionstisch zu bringen Als Bezugswissenshyschaften koumlnnten gelten Geschichtswisshysenschaften Philosophie Rechts- und Sozialwissenschaften Fuumlhrungs- und Orgashynisationswissenschaften Oumlkonomie Techshynikwissenschaften und selbstverstaumlndlich auch die systematischen Erkenntnisse zu den polizeilichen Interventionsprogramshymen (Verkehr polizeilicher Einsatz Krimishynalistik) Diesbezuumlglich moumlchte ich auf die Diskussion von der Deutschen Polizeishyfuumlhrungsakademie hin zu einer Hochschule der Polizei verweisen an der zukuumlnftig polizeitaktische und -einsatzbezogene Prashyxisbelange im Rahmen wissenschaftlicher Faumlcher unterrichtet werden sollen

THEORIE EINER POLITIKFELDANALYSE Einen weiteren Ansatz sich dem polizeishywissenschaftlichen Zugang zu naumlhern verfolgt die Politikfeldanalyse Diese fasst den zu untersuchenden Bereich von vornshy

herein weit Laut Definition umfasst das Politikfeld innere Sicherheit bdquoalle staatshylichen Institutionen und Einrichtungen soshywie staatlich beauftragten Organisationen die durch Verfassung und Organe der deshymokratischen Willensbildung legitimiert sind das oumlffentliche Gewaltmonopol im Rahmen kodifizierter Regeln exekutiv auch unter Anwendung von unmittelbashyrem Zwang auszuuumlben Innere Sicherheit als Politikfeld weist darauf hin dass neben den exekutiven Institutionen und Einrichshytungen (vor allem Polizei und Staatsanshywaltschaften) und beauftragten Einrichshytungen (private Sicherheitsdienste) weitere Akteure an der Politikproduktion beteiligt sindldquo2 zu nennen sind Innenministerium parlamentarische Institutionen Laumlnder Parteien Verbaumlnde foumlderale Verhandshylungsgremien ebenso wie gesellschaftshyliche Gruppen und Medien

Auch die Politikfeldanalyse Innere Sicherheit ist in ihrem Ursprung ein interdisziplinaumlr

angelegter politikwissenshyschaftlicher Zugang der

Forschung

Das Konzept versteht sich als Diskussishyonsgrundlage um besonders das politikshywissenschaftliche Verstaumlndnis einer Forshyschung zur inneren Sicherheit auszubauen

MOumlGLICHE OBJEKTE EINER POLIZEIWISSENSCHAFT Versucht man sich intensiver auf eine Disshykussion zur Herausbildung einer Polizeishywissenschaft einzulassen stellt sich vershyhaumlltnismaumlszligig rasch die Frage nach dem moumlglichen Objekt der Forschung Womit soll sich Polizeiwissenschaft befassen Kurz zusammmengefasst kann man als Objekt ganz allgemein die polizeilichen Taumltigkeiten ansehen

SIAK-JOURNAL3322000077

Ausschlaggebend sollten nach Neidhard bdquoder Sinn und der angestrebte Nutzen sein Danach muumlsste Polizeiwissenschaft zushynaumlchst alle Erkenntnisse zum Thema Polishyzei im institutionellen und funktionalen Sinn beinhalten (Police) Des weiteren muumlsste sie sich mit allen Aspekten polizeishylichen Handelns befassen (Policing) denn der polizeilichen Praxis liegt ja ganz zenshytral ein zu erreichender Nutzen zugrunde Diese Wissenschaft muss geeignet sein Fuumlhrungskraumlften der Polizei das gesamte fuumlr ein erfolgreiches Agieren notwendige Wissen bereitzustellenrdquo (Neidhardt 2001 74) Aus diesem Grund plaumldiert Neidhard fuumlr einen weiteren Begriff von Polizeiwisshysenschaft Laut Kokoska (Kokoska 2001 125) hat sich Polizeiwissenschaft bdquoeinershyseits am Gegenstandsbereich der Polizei (sbquoObjektbereichlsquo) zu orientieren dabei aber auch andererseits die Rolle der Polizei in der Gesellschaft bzw im demokratischen Verfassungsstaat (sbquoSubjektbereichlsquo) zu reflektieren In diesem Sinne sind die oumlffentliche Sicherheit und das polizeiliche Handeln Bezugsrahmen fuumlr eine Polizeishywissenschaftldquo

Die Polizei als Forschungsfeld interessiert ua Soziologen Politologen Kriminologen

Kriminalisten und Rechtswissenschaftler

Dabei wird die Polizei hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Legitimitaumlt bzw ihrer Rolle fuumlr die innere Sicherheit der rechtshyliche Rahmen der polizeilichen Taumltigkeit ebenso thematisiert wie die Organisationsshystruktur Tradition und das Alltagshandeln ihrer Organisationsmitglieder der Polizeishybeamten und -beamtinnen

Waumlhrend die Beurteilung des rechtlichen Rahmens der Polizeitaumltigkeit uumlber die trashyditionelle Rechtswissenschaft schon laumlnshyger betrieben wird und verhaumlltnismaumlszligig

gut ausgestaltet ist gibt es bei der sozioloshygischen Betrachtung der Polizei und ihrer Taumltigkeitsfelder groszlige Luumlcken Die empishyrische Polizeiforschung bdquohat die Institushytion sbquoPolizeilsquo und deren Arbeit zum Geshygenstand oder anders sie untersucht die polizeiliche Handlungslogik folgt ihr aber nicht sie untersucht das Geschaumlft der Polizei betreibt es aber nicht selberldquo (Reichertz 2002 1)

Ein wesentlicher Aspekt einer Polizeishywissenschaft sollte das politische Umfeld sein Aus diesem Blickwinkel sollte bdquodie Funktion der Polizei in der Gesellschaft erneut aufgegriffen aber im Gegensatz zu fruumlheren Arbeiten nicht im Stile einer Ideologiekritik sondern als eine empirishysche Analyse von Politikverlaumlufen betrieshybenldquo werden (Lange 2002 50)

Entscheidungsprozesse sollten analyshysiert werden Laut Lange (Lange 2002 50) sollten die Handlungsstrategien der Akteure und der involvierten Akteursgruppen unshytersucht werden bdquodie letztlich ausschlagshygebend fuumlr die Art und Weise sind wie politische Entscheidungen verlaufen und welche Interessen sich in den Verhandshylungssystemen sowohl der Polizeiorganishysation als auch des Systems der inneren Sicherheit durchsetzen Diese Binnenanashylyse lieszlige sich im politikwissenschaftlishychen Verstaumlndnis mit guten Gruumlnden als die einer politischen Soziologie der Polizei bzw der inneren Sicherheit ausweisenldquo Weiters sollten Verhaltens- und Handlungsshyprinzipien der Polizisten in der Praxis evashyluiert die Polizei sollte als Organisation in ihrem Alltag analysiert werden bdquoweder aus einer wuumlnschenswerten Perspektive des So-soll-sie-sein noch aus einer auf die einzelnen Interaktionen des Einsatzshyhandelns reduzierten Sichtldquo (Mensching 2005 18)

Beachtet werden muss dabei auch dass Polizeipolitik im europaumlischen Kontext von der Justizpolitik schwer zu trennen ist

41

SIAK-JOURNAL

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3322000077

Dies wird besonders im Bereich Migration deutlich Nedela (Nedela 2005 234) sieht den Komplex Migration bdquonicht als Thema der Polizeiforschung sondern als Thema der Sozialwissenschaften bei hoher Releshyvanz fuumlr die Polizei wie fuumlr die Polizeiforshyschungldquo Dieses Beispiel zeigt deutlich wie schwer die Objekte der Polizeiwissenshyschaft zu definieren sind

Denn je nach dem wie weit man den Begriff der Polizeiwissenschaft definiert kann der Bereich Migration durchaus ein Forschungsobjekt der Polizeiwissenschaft sein

Lange (Lange 2002 60) sieht es als wichtigen Umstand bdquodass eine Polizeiforshyschung bzw integrative Polizeiwissenshyschaft anschlussfaumlhig bleibt an eine Forshyschung zur inneren Sicherheitldquo Laut Alfh (Alfh 2002) umfasst das Forschungsfeld der Polizeiorganisation bdquooffenbar auch die zentralen Begriffe der Sicherheit und der inneren Sicherheitldquo

METHODEN UND MODELLE EINER POLIZEIWISSENSCHAFT Bei der Frage nach einer neuen Fachdisshyziplin stellt sich auch die Frage nach den moumlglichen Methoden dieser Wissenschaft Auf Grund der fruumlher beschriebenen Konshystellationen kann die Polizeiwissenschaft nur auf etablierte Methoden der Bezugsshywissenschaften zuruumlckgreifen sollte sich aber auch gegenuumlber der Entwicklung neuer Methoden aufgeschlossen zeigen Je nach wissenschaftlicher Fragestellung und dem zu untersuchenden Thema werden sich die Methoden unterscheiden muumlssen

Am Beginn der Methodenwahl muumlssen wohl folgende Fragen beantwortet werden bull Welche Motive sind ausschlaggebend

fuumlr die Untersuchung bull Welche Ziele werden mit der Fragestelshy

lung verfolgt bull Welches Ergebnis fordern die gesellshy

schaftlichen Herausforderungen bull Wie koumlnnen wir herausfinden was wir

kuumlnftig wissen muumlssen bull Was soll nach Vorliegen der Ergebnisse

anders sein als vorher Wie schon oben erwaumlhnt ist es bei einer Forschung zur inneren Sicherheit wichtig zukuumlnftige Entwicklungen fruumlhzeitig zu erkennen um rasch die exekutiven Kraumlfte auf diese Entwicklungen vorbereiten zu koumlnnen Im Folgenden sollen einige Moshydelle zur Evaluierung von Zukunftstrends vorgestellt werden

DELPHI-STUDIEN Die Methodik der Delphi-Studie beruht darauf dass High-Level-Experteneinschaumltshyzungen eingeholt werden In einem ersten Schritt muumlssen die zu behandelnden Frashygestellungen festgelegt werden die in den nachfolgenden Schritten den Experten zur Beantwortung vorgelegt werden Nachdem in einer ersten Welle alle Fragen durch die angeschriebenen Experten beantwortet wurshyden wird eine Zwischenauswertung durch die Organisatoren vorgenommen In einer zweiten Welle erhalten alle teilgenommenen Experten die Auswertung zugeschickt um ihre eigenen Ansichten mit den Resultaten der Gesamtbefragung zu vergleichen Bei dieser Welle sind die Experten aufgeforshydert die Antwort erneut zu vertreten oder zu revidieren Durch diese so zusammenshygetragenen Ergebnisse ergibt sich eine Zukunftseinschaumltzung von Fachexperten

TRENDBEOBACHTUNG Die Trendbeobachtung geht an Hand von quantitativ-statistischen Verfahren vor Stashytistische Daten aus Langzeitbeobachtunshygen werden hinsichtlich schleichend vollshyziehender Veraumlnderungen untersucht und auf Grund dieser Datenlagen wird unter Einbeziehung relevanter Fixdaten eine Art bdquoHochrechnungldquo fuumlr die Zukunft gewagt

SIAK-JOURNAL3322000077

BENCHMARKING Mit Benchmarking versucht man festzushystellen wo man im Vergleich zu anderen steht Die Benchmarking-Methode wird zB von der CEPOL eingesetzt In diesem Zusammenhang moumlchte ich auf den Reshyport bdquoPolice Science and Research in the European Unionldquo3 der CEPOL verweisen in dem versucht wurde die Entwicklungen im Polizeiwissenschaftsbereich innerhalb der EU zu vergleichen und eine Staumlrken-Schwaumlchen-Analyse zu erstellen

RELEVANZBAumlUME Beim Relevanzbaum-Verfahren geht man von anzustrebenden obersten Zielen aus etwa der Sicherung der nationalen Sichershyheit Ausgehend von diesen obersten Zielen wird uumlberlegt welche Unterziele jeweils auf sie hinfuumlhren koumlnnen

BACKCASTING Aumlhnlich wie bei den Relevanzbaumlumen geht man von allgemein akzeptierten Zukunftsshybildern aus zB das Bild der sicheren Stadt Ausgehend von einem solchen Zushykunftsbild muumlssen Zielrichtungen abgeleitet werden zB die Intensivierung vertraushyensbildender Maszlignahmen in einer Stadt ndash zB vermehrte Nachbarschaftshilfe Die Hauptaufgabe besteht nun darin aus einer hypothetischen Zukunft ruumlckwaumlrtsblickend realistische Wege aufzuzeigen die innershyhalb der Zielrichtungen verlaufen

SZENARIO-TECHNIK Ihren Ursprung hat die Szenario-Technik im militaumlrischen Bereich Um das Militaumlr fuumlr kriegerische Einsaumltze zu trainieren haben Militaumlrstrategen Szenarien moumlglishycher Kriegskonstellationen entworfen und darauf aufbauend die Erfolgsaussichten moumlglicher Kriegsstrategien eruiert Mittshylerweile wird die Szenario-Methode auch von Unternehmen angewandt um zukuumlnfshytige Marktentwicklungen besser einschaumltshy

zen zu koumlnnen Die Szenario-Methode wird zB auch bei der Umweltvertraumlglichshykeitspruumlfung eingesetzt

PROBLEMANALYSE Die Problemanalyse dient der Feststellung des Status quo und sollte sowohl quantitashytive als auch qualitative Daten und moumlgshylichst verschiedenartige Aspekte miteinbeshyziehen und verschraumlnken

ZUKUNFTSWERKSTATT Beim Konzept der Zukunftswerkstatt solshylen Laien an Planungsprozessen beteiligt werden Als Beispiel seien die unterschiedshylichen Formen von Buumlrgerbeteiligungsvershyfahren erwaumlhnt zB bei der Wohnraumgeshystaltung

HYBRIDSTEUERUNG Die Hybridsteuerung ist eine Mischung aus wissenschaftlicher Selbst- und Fremdshysteuerung Bei der Hybridsteuerung wird in der Regel von der Politik in Abstimshymung mit dem Anwender und wissenshyschaftlichen Beratungsgremien ein Thema grob vorgegeben Die genaue Definition des Forschungsprojekts erfolgt dann durch Wissenschaftler die sich im Rahmen einer Ausschreibung um das Projekt bewerben Um eine enge Kopplung zwischen Forshyschern und Verwendern sicherzustellen sind meist Kooperationen zB zwischen Wissenschaft und Industrie vorgeschrieben

ZUSAMMENFASSUNG Koumllbel (Koumllbel 2004 121) fasst die untershyschiedlichen Methoden folgendermaszligen zusammen bdquoWuumlnschbare Zukuumlnfte lassen sich in Zukunftswerkstaumltten entwerfen Mit Szenarien und Backcasting-Analysen kann man herausfinden welche denkbaren Wege von heute aus in die gewuumlnschte Richtung fuumlhren koumlnnten bzw welche nicht dorthin fuumlhren (hellip) Expertenkomshymissionen und Delphi-Studien sind gute

43

3322000077SIAK-JOURNAL

Instrumente der Informationsbeschaffung um herauszufinden welche Zukunftspfade realistisch sind was mit welchem Aufshywand in welchem Zeithorizont machbar erscheint wie wichtig einzelne Zwischen-schritte fuumlr die Zielerreichung sind und welcher Forschungs- und Entwicklungsbeshydarf daraus resultiert (hellip) In einem dritten Schritt kann man mit Relevanzbaumlumen arbeiten um die eruierten Ziele und Mittel so anzuordnen dass man nach Schluumlssel-fragen kritischen Pfaden und Systemshyeffekten fahnden kannldquo

Fuumlr die Forschung zur inneren Sichershyheit und zur Polizei waumlre notwendig dass bull forschungsrelevante Fragestellungen

strategische Wichtigkeit besitzen bull ein Uumlberblick uumlber die akademische und

buumlrokratische internationale Forschung in diesem Fachbereich gegeben ist

bull Forschungsfragen eine Weiterentwickshylung im wissenschaftlichen Bereich ermoumlglichen aber auch anwenderorienshytiert sind

bull ein Austausch von bottom-up-Fragen und top-down-Fragen gewaumlhrleistet ist

bull die Einbeziehung unterschiedlicher Gruppen (Wissenschaftler polizeiliche Praktiker politische Ebene) erfolgt

bull die Etablierung von Langzeitstudien geshygeben ist

bull ein Konsens bei strategischer Forschung besteht

bull ein gemeinsames Verstaumlndnis von Forshyschung und Praxis gefoumlrdert wird

1 Strategische Forschungsfoumlrderung ndash

Empfehlungen zu Kommunikation Koshy

operation und Wettbewerb im Wissenshy

schaftssystem WR Wissenschaftsrat Essen

23052003 10 2 AKIS (Interdisziplinaumlrer Arbeitskreis Inshy

nere Sicherheit) 30042002 Zum Ansatz

einer Politikfeldanalyse Innere Sicherheit

Marburg wwwak-innere-sicherheitde

httpwwwak-innere-sicherheitde

politikfeldanhtml 3 Hanak GHofinger V (2005) Police

Science and Research in the European

Union Vienna

Quellenangaben

Ahlf E (2002) Situation der Polizeiforshy

schung unter besonderer Beruumlcksichshy

tigung des sog bdquoerweiterten Sicherheitsshy

begriffesldquo httpwwwbkadekriminal

wissenschaftenkiforumkiforum2002html

Wiesbaden

Interdisziplinaumlrer Arbeitskreis Innere Sishy

cherheit (AKIS) (2002) Zehn-Punkte-Ershy

klaumlrung des AKIS zur inneren Sicherheitsshy

politik httpstaff-wwwuni-marburgde

~akis10PEhtml MarburgDuisburg

Feltes T (2002) Scientia Ante Portas

Fluumlchten oder Standhalten Zur Perspekshy

tive einer Polizeiwissenschaft in Deutschshy

land in Die Polizei (9) httpwww thomas

feltesdepdfPolizeiforschungamScheide

wegepdf 4

Feltes T Frischer Aufbruch zu neuen

Ufern Was gibt es Neues zum Thema Polishy

zeiforschung und Polizeiwissenschaftldquo

httpwwwthomasfeltesdepdfFrischer_

20Windpdf

Gethmann C FLangewiesche D

Mittelstraszlig JSimon DStock G (2005)

Manifest Geisteswissenschaften Praumlsishy

dent der Berlin-Brandenburgischen Akashy

demie der Wissenschaften (Hg) Berlin

Hanak GHofinger V (2005) Die Dokushy

mentation und Kommentierung polizeireshy

levanter Forschung in Oumlsterreich 1945ndash

2005 in SIAK-Journal (4) 32ndash41

Holcr K (2001) Die theoretisch-methoshy

dischen Probleme der Entwicklung der

Polizeiwissenschaften in Polizeiakademie

Bratislava (Hg) (2001) Aktuelle Probleme

der Entwicklung der Polizeiwissenschaften

und der polizeilichen Praxis Bratislava

Koumllbel M (2004) Wissensmanagement

in der Wissenschaft Berlin

Kokoska W (2001) Umsetzung wissenshy

schaftlicher Erkenntnisse in der polizeilishy

chen Fuumlhrungsausbildung ndash am Beispiel

der Sozialwissenschaften in Aktuelle

Probleme der Entwicklung der Polizeishy

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SIAK-JOURNAL3322000077

wissenschaften und der polizeilichen Praxis

(Hg) Polizeiakademie Bratislava Bratislava

Lange H J (2002) Polizeiforschung Polizeiwisshy

senschaft oder Forschung zur Inneren Sichershy

heit in Polizei amp Wissenschaft 32002

Mensching A (2005) Innenansichten der nieshy

dersaumlchsischen Polizei ndash bdquogelebte Hierarchienldquo aus

organisationskultureller Perspektive in Groszlig H

Schmidt P (Hg) Empirische Polizeiforschung VI

Innen- und Auszligensicht(en) der Polizei Band 2

Frankfurt

Nedela N (2005) Was erwartet die Polizei von

der empirischen Polizeiforschung in Groszlig H

Schmidt P (Hg) Empirische Polizeiforschung VI

Innen- und Auszligensicht(en) der Polizei Band 2

Frankfurt

Neidhard K (2001) bdquoPlaumldoyer fuumlr eine Polizeishy

wissenschaftldquo in Aktuelle Probleme der Entwickshy

lung der Polizeiwissenschaften und der polizeilishy

chen Praxis (Hg) Polizeiakademie Bratislava

Bratislava

Neidhardt K (2006) Polizeiwissenschaft ndash Aktushy

elle Fragestellungen PFA 8ndash10022006

Ohlemacher T (2001) Workshop bdquoHermeneutische

Polizeiforschungldquo ndash Tagungsbericht 22062001

httpwwwlrz-muenchende~wissenssozcontent

tagarchpolizeipolizei_berhtm

Reichertz J (2002) Praumlmissen einer hermeneushy

tisch wissenssoziologischen Polizeiforschung in

Forum Qualitative SozialforschungForum Quashy

litative Social Research (Online Journal)

httpwwwqualitative-researchnetfqsfqshtm

Strategische Forschungsfoumlrderung ndash Empfehlunshy

gen zu Kommunikation Kooperation und Wettbeshy

werb im Wissenschaftssystem WR Wissenschaftsshy

rat Essen 23052003

Walter B (2004) Polizeiforschung und Polizeishy

wissenschaft ndash Eine Entgegnung in Die Krimishy

nalpolizei (1)

Weiss K (2007) Zwischen Wissenschaft und

Praxis ndash die Polizei als Schnittstelle in SIAK-

Journal (2) 16ndash24

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Ausschlaggebend sollten nach Neidhard bdquoder Sinn und der angestrebte Nutzen sein Danach muumlsste Polizeiwissenschaft zushynaumlchst alle Erkenntnisse zum Thema Polishyzei im institutionellen und funktionalen Sinn beinhalten (Police) Des weiteren muumlsste sie sich mit allen Aspekten polizeishylichen Handelns befassen (Policing) denn der polizeilichen Praxis liegt ja ganz zenshytral ein zu erreichender Nutzen zugrunde Diese Wissenschaft muss geeignet sein Fuumlhrungskraumlften der Polizei das gesamte fuumlr ein erfolgreiches Agieren notwendige Wissen bereitzustellenrdquo (Neidhardt 2001 74) Aus diesem Grund plaumldiert Neidhard fuumlr einen weiteren Begriff von Polizeiwisshysenschaft Laut Kokoska (Kokoska 2001 125) hat sich Polizeiwissenschaft bdquoeinershyseits am Gegenstandsbereich der Polizei (sbquoObjektbereichlsquo) zu orientieren dabei aber auch andererseits die Rolle der Polizei in der Gesellschaft bzw im demokratischen Verfassungsstaat (sbquoSubjektbereichlsquo) zu reflektieren In diesem Sinne sind die oumlffentliche Sicherheit und das polizeiliche Handeln Bezugsrahmen fuumlr eine Polizeishywissenschaftldquo

Die Polizei als Forschungsfeld interessiert ua Soziologen Politologen Kriminologen

Kriminalisten und Rechtswissenschaftler

Dabei wird die Polizei hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Legitimitaumlt bzw ihrer Rolle fuumlr die innere Sicherheit der rechtshyliche Rahmen der polizeilichen Taumltigkeit ebenso thematisiert wie die Organisationsshystruktur Tradition und das Alltagshandeln ihrer Organisationsmitglieder der Polizeishybeamten und -beamtinnen

Waumlhrend die Beurteilung des rechtlichen Rahmens der Polizeitaumltigkeit uumlber die trashyditionelle Rechtswissenschaft schon laumlnshyger betrieben wird und verhaumlltnismaumlszligig

gut ausgestaltet ist gibt es bei der sozioloshygischen Betrachtung der Polizei und ihrer Taumltigkeitsfelder groszlige Luumlcken Die empishyrische Polizeiforschung bdquohat die Institushytion sbquoPolizeilsquo und deren Arbeit zum Geshygenstand oder anders sie untersucht die polizeiliche Handlungslogik folgt ihr aber nicht sie untersucht das Geschaumlft der Polizei betreibt es aber nicht selberldquo (Reichertz 2002 1)

Ein wesentlicher Aspekt einer Polizeishywissenschaft sollte das politische Umfeld sein Aus diesem Blickwinkel sollte bdquodie Funktion der Polizei in der Gesellschaft erneut aufgegriffen aber im Gegensatz zu fruumlheren Arbeiten nicht im Stile einer Ideologiekritik sondern als eine empirishysche Analyse von Politikverlaumlufen betrieshybenldquo werden (Lange 2002 50)

Entscheidungsprozesse sollten analyshysiert werden Laut Lange (Lange 2002 50) sollten die Handlungsstrategien der Akteure und der involvierten Akteursgruppen unshytersucht werden bdquodie letztlich ausschlagshygebend fuumlr die Art und Weise sind wie politische Entscheidungen verlaufen und welche Interessen sich in den Verhandshylungssystemen sowohl der Polizeiorganishysation als auch des Systems der inneren Sicherheit durchsetzen Diese Binnenanashylyse lieszlige sich im politikwissenschaftlishychen Verstaumlndnis mit guten Gruumlnden als die einer politischen Soziologie der Polizei bzw der inneren Sicherheit ausweisenldquo Weiters sollten Verhaltens- und Handlungsshyprinzipien der Polizisten in der Praxis evashyluiert die Polizei sollte als Organisation in ihrem Alltag analysiert werden bdquoweder aus einer wuumlnschenswerten Perspektive des So-soll-sie-sein noch aus einer auf die einzelnen Interaktionen des Einsatzshyhandelns reduzierten Sichtldquo (Mensching 2005 18)

Beachtet werden muss dabei auch dass Polizeipolitik im europaumlischen Kontext von der Justizpolitik schwer zu trennen ist

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Dies wird besonders im Bereich Migration deutlich Nedela (Nedela 2005 234) sieht den Komplex Migration bdquonicht als Thema der Polizeiforschung sondern als Thema der Sozialwissenschaften bei hoher Releshyvanz fuumlr die Polizei wie fuumlr die Polizeiforshyschungldquo Dieses Beispiel zeigt deutlich wie schwer die Objekte der Polizeiwissenshyschaft zu definieren sind

Denn je nach dem wie weit man den Begriff der Polizeiwissenschaft definiert kann der Bereich Migration durchaus ein Forschungsobjekt der Polizeiwissenschaft sein

Lange (Lange 2002 60) sieht es als wichtigen Umstand bdquodass eine Polizeiforshyschung bzw integrative Polizeiwissenshyschaft anschlussfaumlhig bleibt an eine Forshyschung zur inneren Sicherheitldquo Laut Alfh (Alfh 2002) umfasst das Forschungsfeld der Polizeiorganisation bdquooffenbar auch die zentralen Begriffe der Sicherheit und der inneren Sicherheitldquo

METHODEN UND MODELLE EINER POLIZEIWISSENSCHAFT Bei der Frage nach einer neuen Fachdisshyziplin stellt sich auch die Frage nach den moumlglichen Methoden dieser Wissenschaft Auf Grund der fruumlher beschriebenen Konshystellationen kann die Polizeiwissenschaft nur auf etablierte Methoden der Bezugsshywissenschaften zuruumlckgreifen sollte sich aber auch gegenuumlber der Entwicklung neuer Methoden aufgeschlossen zeigen Je nach wissenschaftlicher Fragestellung und dem zu untersuchenden Thema werden sich die Methoden unterscheiden muumlssen

Am Beginn der Methodenwahl muumlssen wohl folgende Fragen beantwortet werden bull Welche Motive sind ausschlaggebend

fuumlr die Untersuchung bull Welche Ziele werden mit der Fragestelshy

lung verfolgt bull Welches Ergebnis fordern die gesellshy

schaftlichen Herausforderungen bull Wie koumlnnen wir herausfinden was wir

kuumlnftig wissen muumlssen bull Was soll nach Vorliegen der Ergebnisse

anders sein als vorher Wie schon oben erwaumlhnt ist es bei einer Forschung zur inneren Sicherheit wichtig zukuumlnftige Entwicklungen fruumlhzeitig zu erkennen um rasch die exekutiven Kraumlfte auf diese Entwicklungen vorbereiten zu koumlnnen Im Folgenden sollen einige Moshydelle zur Evaluierung von Zukunftstrends vorgestellt werden

DELPHI-STUDIEN Die Methodik der Delphi-Studie beruht darauf dass High-Level-Experteneinschaumltshyzungen eingeholt werden In einem ersten Schritt muumlssen die zu behandelnden Frashygestellungen festgelegt werden die in den nachfolgenden Schritten den Experten zur Beantwortung vorgelegt werden Nachdem in einer ersten Welle alle Fragen durch die angeschriebenen Experten beantwortet wurshyden wird eine Zwischenauswertung durch die Organisatoren vorgenommen In einer zweiten Welle erhalten alle teilgenommenen Experten die Auswertung zugeschickt um ihre eigenen Ansichten mit den Resultaten der Gesamtbefragung zu vergleichen Bei dieser Welle sind die Experten aufgeforshydert die Antwort erneut zu vertreten oder zu revidieren Durch diese so zusammenshygetragenen Ergebnisse ergibt sich eine Zukunftseinschaumltzung von Fachexperten

TRENDBEOBACHTUNG Die Trendbeobachtung geht an Hand von quantitativ-statistischen Verfahren vor Stashytistische Daten aus Langzeitbeobachtunshygen werden hinsichtlich schleichend vollshyziehender Veraumlnderungen untersucht und auf Grund dieser Datenlagen wird unter Einbeziehung relevanter Fixdaten eine Art bdquoHochrechnungldquo fuumlr die Zukunft gewagt

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BENCHMARKING Mit Benchmarking versucht man festzushystellen wo man im Vergleich zu anderen steht Die Benchmarking-Methode wird zB von der CEPOL eingesetzt In diesem Zusammenhang moumlchte ich auf den Reshyport bdquoPolice Science and Research in the European Unionldquo3 der CEPOL verweisen in dem versucht wurde die Entwicklungen im Polizeiwissenschaftsbereich innerhalb der EU zu vergleichen und eine Staumlrken-Schwaumlchen-Analyse zu erstellen

RELEVANZBAumlUME Beim Relevanzbaum-Verfahren geht man von anzustrebenden obersten Zielen aus etwa der Sicherung der nationalen Sichershyheit Ausgehend von diesen obersten Zielen wird uumlberlegt welche Unterziele jeweils auf sie hinfuumlhren koumlnnen

BACKCASTING Aumlhnlich wie bei den Relevanzbaumlumen geht man von allgemein akzeptierten Zukunftsshybildern aus zB das Bild der sicheren Stadt Ausgehend von einem solchen Zushykunftsbild muumlssen Zielrichtungen abgeleitet werden zB die Intensivierung vertraushyensbildender Maszlignahmen in einer Stadt ndash zB vermehrte Nachbarschaftshilfe Die Hauptaufgabe besteht nun darin aus einer hypothetischen Zukunft ruumlckwaumlrtsblickend realistische Wege aufzuzeigen die innershyhalb der Zielrichtungen verlaufen

SZENARIO-TECHNIK Ihren Ursprung hat die Szenario-Technik im militaumlrischen Bereich Um das Militaumlr fuumlr kriegerische Einsaumltze zu trainieren haben Militaumlrstrategen Szenarien moumlglishycher Kriegskonstellationen entworfen und darauf aufbauend die Erfolgsaussichten moumlglicher Kriegsstrategien eruiert Mittshylerweile wird die Szenario-Methode auch von Unternehmen angewandt um zukuumlnfshytige Marktentwicklungen besser einschaumltshy

zen zu koumlnnen Die Szenario-Methode wird zB auch bei der Umweltvertraumlglichshykeitspruumlfung eingesetzt

PROBLEMANALYSE Die Problemanalyse dient der Feststellung des Status quo und sollte sowohl quantitashytive als auch qualitative Daten und moumlgshylichst verschiedenartige Aspekte miteinbeshyziehen und verschraumlnken

ZUKUNFTSWERKSTATT Beim Konzept der Zukunftswerkstatt solshylen Laien an Planungsprozessen beteiligt werden Als Beispiel seien die unterschiedshylichen Formen von Buumlrgerbeteiligungsvershyfahren erwaumlhnt zB bei der Wohnraumgeshystaltung

HYBRIDSTEUERUNG Die Hybridsteuerung ist eine Mischung aus wissenschaftlicher Selbst- und Fremdshysteuerung Bei der Hybridsteuerung wird in der Regel von der Politik in Abstimshymung mit dem Anwender und wissenshyschaftlichen Beratungsgremien ein Thema grob vorgegeben Die genaue Definition des Forschungsprojekts erfolgt dann durch Wissenschaftler die sich im Rahmen einer Ausschreibung um das Projekt bewerben Um eine enge Kopplung zwischen Forshyschern und Verwendern sicherzustellen sind meist Kooperationen zB zwischen Wissenschaft und Industrie vorgeschrieben

ZUSAMMENFASSUNG Koumllbel (Koumllbel 2004 121) fasst die untershyschiedlichen Methoden folgendermaszligen zusammen bdquoWuumlnschbare Zukuumlnfte lassen sich in Zukunftswerkstaumltten entwerfen Mit Szenarien und Backcasting-Analysen kann man herausfinden welche denkbaren Wege von heute aus in die gewuumlnschte Richtung fuumlhren koumlnnten bzw welche nicht dorthin fuumlhren (hellip) Expertenkomshymissionen und Delphi-Studien sind gute

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Instrumente der Informationsbeschaffung um herauszufinden welche Zukunftspfade realistisch sind was mit welchem Aufshywand in welchem Zeithorizont machbar erscheint wie wichtig einzelne Zwischen-schritte fuumlr die Zielerreichung sind und welcher Forschungs- und Entwicklungsbeshydarf daraus resultiert (hellip) In einem dritten Schritt kann man mit Relevanzbaumlumen arbeiten um die eruierten Ziele und Mittel so anzuordnen dass man nach Schluumlssel-fragen kritischen Pfaden und Systemshyeffekten fahnden kannldquo

Fuumlr die Forschung zur inneren Sichershyheit und zur Polizei waumlre notwendig dass bull forschungsrelevante Fragestellungen

strategische Wichtigkeit besitzen bull ein Uumlberblick uumlber die akademische und

buumlrokratische internationale Forschung in diesem Fachbereich gegeben ist

bull Forschungsfragen eine Weiterentwickshylung im wissenschaftlichen Bereich ermoumlglichen aber auch anwenderorienshytiert sind

bull ein Austausch von bottom-up-Fragen und top-down-Fragen gewaumlhrleistet ist

bull die Einbeziehung unterschiedlicher Gruppen (Wissenschaftler polizeiliche Praktiker politische Ebene) erfolgt

bull die Etablierung von Langzeitstudien geshygeben ist

bull ein Konsens bei strategischer Forschung besteht

bull ein gemeinsames Verstaumlndnis von Forshyschung und Praxis gefoumlrdert wird

1 Strategische Forschungsfoumlrderung ndash

Empfehlungen zu Kommunikation Koshy

operation und Wettbewerb im Wissenshy

schaftssystem WR Wissenschaftsrat Essen

23052003 10 2 AKIS (Interdisziplinaumlrer Arbeitskreis Inshy

nere Sicherheit) 30042002 Zum Ansatz

einer Politikfeldanalyse Innere Sicherheit

Marburg wwwak-innere-sicherheitde

httpwwwak-innere-sicherheitde

politikfeldanhtml 3 Hanak GHofinger V (2005) Police

Science and Research in the European

Union Vienna

Quellenangaben

Ahlf E (2002) Situation der Polizeiforshy

schung unter besonderer Beruumlcksichshy

tigung des sog bdquoerweiterten Sicherheitsshy

begriffesldquo httpwwwbkadekriminal

wissenschaftenkiforumkiforum2002html

Wiesbaden

Interdisziplinaumlrer Arbeitskreis Innere Sishy

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klaumlrung des AKIS zur inneren Sicherheitsshy

politik httpstaff-wwwuni-marburgde

~akis10PEhtml MarburgDuisburg

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Fluumlchten oder Standhalten Zur Perspekshy

tive einer Polizeiwissenschaft in Deutschshy

land in Die Polizei (9) httpwww thomas

feltesdepdfPolizeiforschungamScheide

wegepdf 4

Feltes T Frischer Aufbruch zu neuen

Ufern Was gibt es Neues zum Thema Polishy

zeiforschung und Polizeiwissenschaftldquo

httpwwwthomasfeltesdepdfFrischer_

20Windpdf

Gethmann C FLangewiesche D

Mittelstraszlig JSimon DStock G (2005)

Manifest Geisteswissenschaften Praumlsishy

dent der Berlin-Brandenburgischen Akashy

demie der Wissenschaften (Hg) Berlin

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levanter Forschung in Oumlsterreich 1945ndash

2005 in SIAK-Journal (4) 32ndash41

Holcr K (2001) Die theoretisch-methoshy

dischen Probleme der Entwicklung der

Polizeiwissenschaften in Polizeiakademie

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der Entwicklung der Polizeiwissenschaften

und der polizeilichen Praxis Bratislava

Koumllbel M (2004) Wissensmanagement

in der Wissenschaft Berlin

Kokoska W (2001) Umsetzung wissenshy

schaftlicher Erkenntnisse in der polizeilishy

chen Fuumlhrungsausbildung ndash am Beispiel

der Sozialwissenschaften in Aktuelle

Probleme der Entwicklung der Polizeishy

44

SIAK-JOURNAL3322000077

wissenschaften und der polizeilichen Praxis

(Hg) Polizeiakademie Bratislava Bratislava

Lange H J (2002) Polizeiforschung Polizeiwisshy

senschaft oder Forschung zur Inneren Sichershy

heit in Polizei amp Wissenschaft 32002

Mensching A (2005) Innenansichten der nieshy

dersaumlchsischen Polizei ndash bdquogelebte Hierarchienldquo aus

organisationskultureller Perspektive in Groszlig H

Schmidt P (Hg) Empirische Polizeiforschung VI

Innen- und Auszligensicht(en) der Polizei Band 2

Frankfurt

Nedela N (2005) Was erwartet die Polizei von

der empirischen Polizeiforschung in Groszlig H

Schmidt P (Hg) Empirische Polizeiforschung VI

Innen- und Auszligensicht(en) der Polizei Band 2

Frankfurt

Neidhard K (2001) bdquoPlaumldoyer fuumlr eine Polizeishy

wissenschaftldquo in Aktuelle Probleme der Entwickshy

lung der Polizeiwissenschaften und der polizeilishy

chen Praxis (Hg) Polizeiakademie Bratislava

Bratislava

Neidhardt K (2006) Polizeiwissenschaft ndash Aktushy

elle Fragestellungen PFA 8ndash10022006

Ohlemacher T (2001) Workshop bdquoHermeneutische

Polizeiforschungldquo ndash Tagungsbericht 22062001

httpwwwlrz-muenchende~wissenssozcontent

tagarchpolizeipolizei_berhtm

Reichertz J (2002) Praumlmissen einer hermeneushy

tisch wissenssoziologischen Polizeiforschung in

Forum Qualitative SozialforschungForum Quashy

litative Social Research (Online Journal)

httpwwwqualitative-researchnetfqsfqshtm

Strategische Forschungsfoumlrderung ndash Empfehlunshy

gen zu Kommunikation Kooperation und Wettbeshy

werb im Wissenschaftssystem WR Wissenschaftsshy

rat Essen 23052003

Walter B (2004) Polizeiforschung und Polizeishy

wissenschaft ndash Eine Entgegnung in Die Krimishy

nalpolizei (1)

Weiss K (2007) Zwischen Wissenschaft und

Praxis ndash die Polizei als Schnittstelle in SIAK-

Journal (2) 16ndash24

45

SIAK-JOURNAL

42

3322000077

Dies wird besonders im Bereich Migration deutlich Nedela (Nedela 2005 234) sieht den Komplex Migration bdquonicht als Thema der Polizeiforschung sondern als Thema der Sozialwissenschaften bei hoher Releshyvanz fuumlr die Polizei wie fuumlr die Polizeiforshyschungldquo Dieses Beispiel zeigt deutlich wie schwer die Objekte der Polizeiwissenshyschaft zu definieren sind

Denn je nach dem wie weit man den Begriff der Polizeiwissenschaft definiert kann der Bereich Migration durchaus ein Forschungsobjekt der Polizeiwissenschaft sein

Lange (Lange 2002 60) sieht es als wichtigen Umstand bdquodass eine Polizeiforshyschung bzw integrative Polizeiwissenshyschaft anschlussfaumlhig bleibt an eine Forshyschung zur inneren Sicherheitldquo Laut Alfh (Alfh 2002) umfasst das Forschungsfeld der Polizeiorganisation bdquooffenbar auch die zentralen Begriffe der Sicherheit und der inneren Sicherheitldquo

METHODEN UND MODELLE EINER POLIZEIWISSENSCHAFT Bei der Frage nach einer neuen Fachdisshyziplin stellt sich auch die Frage nach den moumlglichen Methoden dieser Wissenschaft Auf Grund der fruumlher beschriebenen Konshystellationen kann die Polizeiwissenschaft nur auf etablierte Methoden der Bezugsshywissenschaften zuruumlckgreifen sollte sich aber auch gegenuumlber der Entwicklung neuer Methoden aufgeschlossen zeigen Je nach wissenschaftlicher Fragestellung und dem zu untersuchenden Thema werden sich die Methoden unterscheiden muumlssen

Am Beginn der Methodenwahl muumlssen wohl folgende Fragen beantwortet werden bull Welche Motive sind ausschlaggebend

fuumlr die Untersuchung bull Welche Ziele werden mit der Fragestelshy

lung verfolgt bull Welches Ergebnis fordern die gesellshy

schaftlichen Herausforderungen bull Wie koumlnnen wir herausfinden was wir

kuumlnftig wissen muumlssen bull Was soll nach Vorliegen der Ergebnisse

anders sein als vorher Wie schon oben erwaumlhnt ist es bei einer Forschung zur inneren Sicherheit wichtig zukuumlnftige Entwicklungen fruumlhzeitig zu erkennen um rasch die exekutiven Kraumlfte auf diese Entwicklungen vorbereiten zu koumlnnen Im Folgenden sollen einige Moshydelle zur Evaluierung von Zukunftstrends vorgestellt werden

DELPHI-STUDIEN Die Methodik der Delphi-Studie beruht darauf dass High-Level-Experteneinschaumltshyzungen eingeholt werden In einem ersten Schritt muumlssen die zu behandelnden Frashygestellungen festgelegt werden die in den nachfolgenden Schritten den Experten zur Beantwortung vorgelegt werden Nachdem in einer ersten Welle alle Fragen durch die angeschriebenen Experten beantwortet wurshyden wird eine Zwischenauswertung durch die Organisatoren vorgenommen In einer zweiten Welle erhalten alle teilgenommenen Experten die Auswertung zugeschickt um ihre eigenen Ansichten mit den Resultaten der Gesamtbefragung zu vergleichen Bei dieser Welle sind die Experten aufgeforshydert die Antwort erneut zu vertreten oder zu revidieren Durch diese so zusammenshygetragenen Ergebnisse ergibt sich eine Zukunftseinschaumltzung von Fachexperten

TRENDBEOBACHTUNG Die Trendbeobachtung geht an Hand von quantitativ-statistischen Verfahren vor Stashytistische Daten aus Langzeitbeobachtunshygen werden hinsichtlich schleichend vollshyziehender Veraumlnderungen untersucht und auf Grund dieser Datenlagen wird unter Einbeziehung relevanter Fixdaten eine Art bdquoHochrechnungldquo fuumlr die Zukunft gewagt

SIAK-JOURNAL3322000077

BENCHMARKING Mit Benchmarking versucht man festzushystellen wo man im Vergleich zu anderen steht Die Benchmarking-Methode wird zB von der CEPOL eingesetzt In diesem Zusammenhang moumlchte ich auf den Reshyport bdquoPolice Science and Research in the European Unionldquo3 der CEPOL verweisen in dem versucht wurde die Entwicklungen im Polizeiwissenschaftsbereich innerhalb der EU zu vergleichen und eine Staumlrken-Schwaumlchen-Analyse zu erstellen

RELEVANZBAumlUME Beim Relevanzbaum-Verfahren geht man von anzustrebenden obersten Zielen aus etwa der Sicherung der nationalen Sichershyheit Ausgehend von diesen obersten Zielen wird uumlberlegt welche Unterziele jeweils auf sie hinfuumlhren koumlnnen

BACKCASTING Aumlhnlich wie bei den Relevanzbaumlumen geht man von allgemein akzeptierten Zukunftsshybildern aus zB das Bild der sicheren Stadt Ausgehend von einem solchen Zushykunftsbild muumlssen Zielrichtungen abgeleitet werden zB die Intensivierung vertraushyensbildender Maszlignahmen in einer Stadt ndash zB vermehrte Nachbarschaftshilfe Die Hauptaufgabe besteht nun darin aus einer hypothetischen Zukunft ruumlckwaumlrtsblickend realistische Wege aufzuzeigen die innershyhalb der Zielrichtungen verlaufen

SZENARIO-TECHNIK Ihren Ursprung hat die Szenario-Technik im militaumlrischen Bereich Um das Militaumlr fuumlr kriegerische Einsaumltze zu trainieren haben Militaumlrstrategen Szenarien moumlglishycher Kriegskonstellationen entworfen und darauf aufbauend die Erfolgsaussichten moumlglicher Kriegsstrategien eruiert Mittshylerweile wird die Szenario-Methode auch von Unternehmen angewandt um zukuumlnfshytige Marktentwicklungen besser einschaumltshy

zen zu koumlnnen Die Szenario-Methode wird zB auch bei der Umweltvertraumlglichshykeitspruumlfung eingesetzt

PROBLEMANALYSE Die Problemanalyse dient der Feststellung des Status quo und sollte sowohl quantitashytive als auch qualitative Daten und moumlgshylichst verschiedenartige Aspekte miteinbeshyziehen und verschraumlnken

ZUKUNFTSWERKSTATT Beim Konzept der Zukunftswerkstatt solshylen Laien an Planungsprozessen beteiligt werden Als Beispiel seien die unterschiedshylichen Formen von Buumlrgerbeteiligungsvershyfahren erwaumlhnt zB bei der Wohnraumgeshystaltung

HYBRIDSTEUERUNG Die Hybridsteuerung ist eine Mischung aus wissenschaftlicher Selbst- und Fremdshysteuerung Bei der Hybridsteuerung wird in der Regel von der Politik in Abstimshymung mit dem Anwender und wissenshyschaftlichen Beratungsgremien ein Thema grob vorgegeben Die genaue Definition des Forschungsprojekts erfolgt dann durch Wissenschaftler die sich im Rahmen einer Ausschreibung um das Projekt bewerben Um eine enge Kopplung zwischen Forshyschern und Verwendern sicherzustellen sind meist Kooperationen zB zwischen Wissenschaft und Industrie vorgeschrieben

ZUSAMMENFASSUNG Koumllbel (Koumllbel 2004 121) fasst die untershyschiedlichen Methoden folgendermaszligen zusammen bdquoWuumlnschbare Zukuumlnfte lassen sich in Zukunftswerkstaumltten entwerfen Mit Szenarien und Backcasting-Analysen kann man herausfinden welche denkbaren Wege von heute aus in die gewuumlnschte Richtung fuumlhren koumlnnten bzw welche nicht dorthin fuumlhren (hellip) Expertenkomshymissionen und Delphi-Studien sind gute

43

3322000077SIAK-JOURNAL

Instrumente der Informationsbeschaffung um herauszufinden welche Zukunftspfade realistisch sind was mit welchem Aufshywand in welchem Zeithorizont machbar erscheint wie wichtig einzelne Zwischen-schritte fuumlr die Zielerreichung sind und welcher Forschungs- und Entwicklungsbeshydarf daraus resultiert (hellip) In einem dritten Schritt kann man mit Relevanzbaumlumen arbeiten um die eruierten Ziele und Mittel so anzuordnen dass man nach Schluumlssel-fragen kritischen Pfaden und Systemshyeffekten fahnden kannldquo

Fuumlr die Forschung zur inneren Sichershyheit und zur Polizei waumlre notwendig dass bull forschungsrelevante Fragestellungen

strategische Wichtigkeit besitzen bull ein Uumlberblick uumlber die akademische und

buumlrokratische internationale Forschung in diesem Fachbereich gegeben ist

bull Forschungsfragen eine Weiterentwickshylung im wissenschaftlichen Bereich ermoumlglichen aber auch anwenderorienshytiert sind

bull ein Austausch von bottom-up-Fragen und top-down-Fragen gewaumlhrleistet ist

bull die Einbeziehung unterschiedlicher Gruppen (Wissenschaftler polizeiliche Praktiker politische Ebene) erfolgt

bull die Etablierung von Langzeitstudien geshygeben ist

bull ein Konsens bei strategischer Forschung besteht

bull ein gemeinsames Verstaumlndnis von Forshyschung und Praxis gefoumlrdert wird

1 Strategische Forschungsfoumlrderung ndash

Empfehlungen zu Kommunikation Koshy

operation und Wettbewerb im Wissenshy

schaftssystem WR Wissenschaftsrat Essen

23052003 10 2 AKIS (Interdisziplinaumlrer Arbeitskreis Inshy

nere Sicherheit) 30042002 Zum Ansatz

einer Politikfeldanalyse Innere Sicherheit

Marburg wwwak-innere-sicherheitde

httpwwwak-innere-sicherheitde

politikfeldanhtml 3 Hanak GHofinger V (2005) Police

Science and Research in the European

Union Vienna

Quellenangaben

Ahlf E (2002) Situation der Polizeiforshy

schung unter besonderer Beruumlcksichshy

tigung des sog bdquoerweiterten Sicherheitsshy

begriffesldquo httpwwwbkadekriminal

wissenschaftenkiforumkiforum2002html

Wiesbaden

Interdisziplinaumlrer Arbeitskreis Innere Sishy

cherheit (AKIS) (2002) Zehn-Punkte-Ershy

klaumlrung des AKIS zur inneren Sicherheitsshy

politik httpstaff-wwwuni-marburgde

~akis10PEhtml MarburgDuisburg

Feltes T (2002) Scientia Ante Portas

Fluumlchten oder Standhalten Zur Perspekshy

tive einer Polizeiwissenschaft in Deutschshy

land in Die Polizei (9) httpwww thomas

feltesdepdfPolizeiforschungamScheide

wegepdf 4

Feltes T Frischer Aufbruch zu neuen

Ufern Was gibt es Neues zum Thema Polishy

zeiforschung und Polizeiwissenschaftldquo

httpwwwthomasfeltesdepdfFrischer_

20Windpdf

Gethmann C FLangewiesche D

Mittelstraszlig JSimon DStock G (2005)

Manifest Geisteswissenschaften Praumlsishy

dent der Berlin-Brandenburgischen Akashy

demie der Wissenschaften (Hg) Berlin

Hanak GHofinger V (2005) Die Dokushy

mentation und Kommentierung polizeireshy

levanter Forschung in Oumlsterreich 1945ndash

2005 in SIAK-Journal (4) 32ndash41

Holcr K (2001) Die theoretisch-methoshy

dischen Probleme der Entwicklung der

Polizeiwissenschaften in Polizeiakademie

Bratislava (Hg) (2001) Aktuelle Probleme

der Entwicklung der Polizeiwissenschaften

und der polizeilichen Praxis Bratislava

Koumllbel M (2004) Wissensmanagement

in der Wissenschaft Berlin

Kokoska W (2001) Umsetzung wissenshy

schaftlicher Erkenntnisse in der polizeilishy

chen Fuumlhrungsausbildung ndash am Beispiel

der Sozialwissenschaften in Aktuelle

Probleme der Entwicklung der Polizeishy

44

SIAK-JOURNAL3322000077

wissenschaften und der polizeilichen Praxis

(Hg) Polizeiakademie Bratislava Bratislava

Lange H J (2002) Polizeiforschung Polizeiwisshy

senschaft oder Forschung zur Inneren Sichershy

heit in Polizei amp Wissenschaft 32002

Mensching A (2005) Innenansichten der nieshy

dersaumlchsischen Polizei ndash bdquogelebte Hierarchienldquo aus

organisationskultureller Perspektive in Groszlig H

Schmidt P (Hg) Empirische Polizeiforschung VI

Innen- und Auszligensicht(en) der Polizei Band 2

Frankfurt

Nedela N (2005) Was erwartet die Polizei von

der empirischen Polizeiforschung in Groszlig H

Schmidt P (Hg) Empirische Polizeiforschung VI

Innen- und Auszligensicht(en) der Polizei Band 2

Frankfurt

Neidhard K (2001) bdquoPlaumldoyer fuumlr eine Polizeishy

wissenschaftldquo in Aktuelle Probleme der Entwickshy

lung der Polizeiwissenschaften und der polizeilishy

chen Praxis (Hg) Polizeiakademie Bratislava

Bratislava

Neidhardt K (2006) Polizeiwissenschaft ndash Aktushy

elle Fragestellungen PFA 8ndash10022006

Ohlemacher T (2001) Workshop bdquoHermeneutische

Polizeiforschungldquo ndash Tagungsbericht 22062001

httpwwwlrz-muenchende~wissenssozcontent

tagarchpolizeipolizei_berhtm

Reichertz J (2002) Praumlmissen einer hermeneushy

tisch wissenssoziologischen Polizeiforschung in

Forum Qualitative SozialforschungForum Quashy

litative Social Research (Online Journal)

httpwwwqualitative-researchnetfqsfqshtm

Strategische Forschungsfoumlrderung ndash Empfehlunshy

gen zu Kommunikation Kooperation und Wettbeshy

werb im Wissenschaftssystem WR Wissenschaftsshy

rat Essen 23052003

Walter B (2004) Polizeiforschung und Polizeishy

wissenschaft ndash Eine Entgegnung in Die Krimishy

nalpolizei (1)

Weiss K (2007) Zwischen Wissenschaft und

Praxis ndash die Polizei als Schnittstelle in SIAK-

Journal (2) 16ndash24

45

SIAK-JOURNAL3322000077

BENCHMARKING Mit Benchmarking versucht man festzushystellen wo man im Vergleich zu anderen steht Die Benchmarking-Methode wird zB von der CEPOL eingesetzt In diesem Zusammenhang moumlchte ich auf den Reshyport bdquoPolice Science and Research in the European Unionldquo3 der CEPOL verweisen in dem versucht wurde die Entwicklungen im Polizeiwissenschaftsbereich innerhalb der EU zu vergleichen und eine Staumlrken-Schwaumlchen-Analyse zu erstellen

RELEVANZBAumlUME Beim Relevanzbaum-Verfahren geht man von anzustrebenden obersten Zielen aus etwa der Sicherung der nationalen Sichershyheit Ausgehend von diesen obersten Zielen wird uumlberlegt welche Unterziele jeweils auf sie hinfuumlhren koumlnnen

BACKCASTING Aumlhnlich wie bei den Relevanzbaumlumen geht man von allgemein akzeptierten Zukunftsshybildern aus zB das Bild der sicheren Stadt Ausgehend von einem solchen Zushykunftsbild muumlssen Zielrichtungen abgeleitet werden zB die Intensivierung vertraushyensbildender Maszlignahmen in einer Stadt ndash zB vermehrte Nachbarschaftshilfe Die Hauptaufgabe besteht nun darin aus einer hypothetischen Zukunft ruumlckwaumlrtsblickend realistische Wege aufzuzeigen die innershyhalb der Zielrichtungen verlaufen

SZENARIO-TECHNIK Ihren Ursprung hat die Szenario-Technik im militaumlrischen Bereich Um das Militaumlr fuumlr kriegerische Einsaumltze zu trainieren haben Militaumlrstrategen Szenarien moumlglishycher Kriegskonstellationen entworfen und darauf aufbauend die Erfolgsaussichten moumlglicher Kriegsstrategien eruiert Mittshylerweile wird die Szenario-Methode auch von Unternehmen angewandt um zukuumlnfshytige Marktentwicklungen besser einschaumltshy

zen zu koumlnnen Die Szenario-Methode wird zB auch bei der Umweltvertraumlglichshykeitspruumlfung eingesetzt

PROBLEMANALYSE Die Problemanalyse dient der Feststellung des Status quo und sollte sowohl quantitashytive als auch qualitative Daten und moumlgshylichst verschiedenartige Aspekte miteinbeshyziehen und verschraumlnken

ZUKUNFTSWERKSTATT Beim Konzept der Zukunftswerkstatt solshylen Laien an Planungsprozessen beteiligt werden Als Beispiel seien die unterschiedshylichen Formen von Buumlrgerbeteiligungsvershyfahren erwaumlhnt zB bei der Wohnraumgeshystaltung

HYBRIDSTEUERUNG Die Hybridsteuerung ist eine Mischung aus wissenschaftlicher Selbst- und Fremdshysteuerung Bei der Hybridsteuerung wird in der Regel von der Politik in Abstimshymung mit dem Anwender und wissenshyschaftlichen Beratungsgremien ein Thema grob vorgegeben Die genaue Definition des Forschungsprojekts erfolgt dann durch Wissenschaftler die sich im Rahmen einer Ausschreibung um das Projekt bewerben Um eine enge Kopplung zwischen Forshyschern und Verwendern sicherzustellen sind meist Kooperationen zB zwischen Wissenschaft und Industrie vorgeschrieben

ZUSAMMENFASSUNG Koumllbel (Koumllbel 2004 121) fasst die untershyschiedlichen Methoden folgendermaszligen zusammen bdquoWuumlnschbare Zukuumlnfte lassen sich in Zukunftswerkstaumltten entwerfen Mit Szenarien und Backcasting-Analysen kann man herausfinden welche denkbaren Wege von heute aus in die gewuumlnschte Richtung fuumlhren koumlnnten bzw welche nicht dorthin fuumlhren (hellip) Expertenkomshymissionen und Delphi-Studien sind gute

43

3322000077SIAK-JOURNAL

Instrumente der Informationsbeschaffung um herauszufinden welche Zukunftspfade realistisch sind was mit welchem Aufshywand in welchem Zeithorizont machbar erscheint wie wichtig einzelne Zwischen-schritte fuumlr die Zielerreichung sind und welcher Forschungs- und Entwicklungsbeshydarf daraus resultiert (hellip) In einem dritten Schritt kann man mit Relevanzbaumlumen arbeiten um die eruierten Ziele und Mittel so anzuordnen dass man nach Schluumlssel-fragen kritischen Pfaden und Systemshyeffekten fahnden kannldquo

Fuumlr die Forschung zur inneren Sichershyheit und zur Polizei waumlre notwendig dass bull forschungsrelevante Fragestellungen

strategische Wichtigkeit besitzen bull ein Uumlberblick uumlber die akademische und

buumlrokratische internationale Forschung in diesem Fachbereich gegeben ist

bull Forschungsfragen eine Weiterentwickshylung im wissenschaftlichen Bereich ermoumlglichen aber auch anwenderorienshytiert sind

bull ein Austausch von bottom-up-Fragen und top-down-Fragen gewaumlhrleistet ist

bull die Einbeziehung unterschiedlicher Gruppen (Wissenschaftler polizeiliche Praktiker politische Ebene) erfolgt

bull die Etablierung von Langzeitstudien geshygeben ist

bull ein Konsens bei strategischer Forschung besteht

bull ein gemeinsames Verstaumlndnis von Forshyschung und Praxis gefoumlrdert wird

1 Strategische Forschungsfoumlrderung ndash

Empfehlungen zu Kommunikation Koshy

operation und Wettbewerb im Wissenshy

schaftssystem WR Wissenschaftsrat Essen

23052003 10 2 AKIS (Interdisziplinaumlrer Arbeitskreis Inshy

nere Sicherheit) 30042002 Zum Ansatz

einer Politikfeldanalyse Innere Sicherheit

Marburg wwwak-innere-sicherheitde

httpwwwak-innere-sicherheitde

politikfeldanhtml 3 Hanak GHofinger V (2005) Police

Science and Research in the European

Union Vienna

Quellenangaben

Ahlf E (2002) Situation der Polizeiforshy

schung unter besonderer Beruumlcksichshy

tigung des sog bdquoerweiterten Sicherheitsshy

begriffesldquo httpwwwbkadekriminal

wissenschaftenkiforumkiforum2002html

Wiesbaden

Interdisziplinaumlrer Arbeitskreis Innere Sishy

cherheit (AKIS) (2002) Zehn-Punkte-Ershy

klaumlrung des AKIS zur inneren Sicherheitsshy

politik httpstaff-wwwuni-marburgde

~akis10PEhtml MarburgDuisburg

Feltes T (2002) Scientia Ante Portas

Fluumlchten oder Standhalten Zur Perspekshy

tive einer Polizeiwissenschaft in Deutschshy

land in Die Polizei (9) httpwww thomas

feltesdepdfPolizeiforschungamScheide

wegepdf 4

Feltes T Frischer Aufbruch zu neuen

Ufern Was gibt es Neues zum Thema Polishy

zeiforschung und Polizeiwissenschaftldquo

httpwwwthomasfeltesdepdfFrischer_

20Windpdf

Gethmann C FLangewiesche D

Mittelstraszlig JSimon DStock G (2005)

Manifest Geisteswissenschaften Praumlsishy

dent der Berlin-Brandenburgischen Akashy

demie der Wissenschaften (Hg) Berlin

Hanak GHofinger V (2005) Die Dokushy

mentation und Kommentierung polizeireshy

levanter Forschung in Oumlsterreich 1945ndash

2005 in SIAK-Journal (4) 32ndash41

Holcr K (2001) Die theoretisch-methoshy

dischen Probleme der Entwicklung der

Polizeiwissenschaften in Polizeiakademie

Bratislava (Hg) (2001) Aktuelle Probleme

der Entwicklung der Polizeiwissenschaften

und der polizeilichen Praxis Bratislava

Koumllbel M (2004) Wissensmanagement

in der Wissenschaft Berlin

Kokoska W (2001) Umsetzung wissenshy

schaftlicher Erkenntnisse in der polizeilishy

chen Fuumlhrungsausbildung ndash am Beispiel

der Sozialwissenschaften in Aktuelle

Probleme der Entwicklung der Polizeishy

44

SIAK-JOURNAL3322000077

wissenschaften und der polizeilichen Praxis

(Hg) Polizeiakademie Bratislava Bratislava

Lange H J (2002) Polizeiforschung Polizeiwisshy

senschaft oder Forschung zur Inneren Sichershy

heit in Polizei amp Wissenschaft 32002

Mensching A (2005) Innenansichten der nieshy

dersaumlchsischen Polizei ndash bdquogelebte Hierarchienldquo aus

organisationskultureller Perspektive in Groszlig H

Schmidt P (Hg) Empirische Polizeiforschung VI

Innen- und Auszligensicht(en) der Polizei Band 2

Frankfurt

Nedela N (2005) Was erwartet die Polizei von

der empirischen Polizeiforschung in Groszlig H

Schmidt P (Hg) Empirische Polizeiforschung VI

Innen- und Auszligensicht(en) der Polizei Band 2

Frankfurt

Neidhard K (2001) bdquoPlaumldoyer fuumlr eine Polizeishy

wissenschaftldquo in Aktuelle Probleme der Entwickshy

lung der Polizeiwissenschaften und der polizeilishy

chen Praxis (Hg) Polizeiakademie Bratislava

Bratislava

Neidhardt K (2006) Polizeiwissenschaft ndash Aktushy

elle Fragestellungen PFA 8ndash10022006

Ohlemacher T (2001) Workshop bdquoHermeneutische

Polizeiforschungldquo ndash Tagungsbericht 22062001

httpwwwlrz-muenchende~wissenssozcontent

tagarchpolizeipolizei_berhtm

Reichertz J (2002) Praumlmissen einer hermeneushy

tisch wissenssoziologischen Polizeiforschung in

Forum Qualitative SozialforschungForum Quashy

litative Social Research (Online Journal)

httpwwwqualitative-researchnetfqsfqshtm

Strategische Forschungsfoumlrderung ndash Empfehlunshy

gen zu Kommunikation Kooperation und Wettbeshy

werb im Wissenschaftssystem WR Wissenschaftsshy

rat Essen 23052003

Walter B (2004) Polizeiforschung und Polizeishy

wissenschaft ndash Eine Entgegnung in Die Krimishy

nalpolizei (1)

Weiss K (2007) Zwischen Wissenschaft und

Praxis ndash die Polizei als Schnittstelle in SIAK-

Journal (2) 16ndash24

45

3322000077SIAK-JOURNAL

Instrumente der Informationsbeschaffung um herauszufinden welche Zukunftspfade realistisch sind was mit welchem Aufshywand in welchem Zeithorizont machbar erscheint wie wichtig einzelne Zwischen-schritte fuumlr die Zielerreichung sind und welcher Forschungs- und Entwicklungsbeshydarf daraus resultiert (hellip) In einem dritten Schritt kann man mit Relevanzbaumlumen arbeiten um die eruierten Ziele und Mittel so anzuordnen dass man nach Schluumlssel-fragen kritischen Pfaden und Systemshyeffekten fahnden kannldquo

Fuumlr die Forschung zur inneren Sichershyheit und zur Polizei waumlre notwendig dass bull forschungsrelevante Fragestellungen

strategische Wichtigkeit besitzen bull ein Uumlberblick uumlber die akademische und

buumlrokratische internationale Forschung in diesem Fachbereich gegeben ist

bull Forschungsfragen eine Weiterentwickshylung im wissenschaftlichen Bereich ermoumlglichen aber auch anwenderorienshytiert sind

bull ein Austausch von bottom-up-Fragen und top-down-Fragen gewaumlhrleistet ist

bull die Einbeziehung unterschiedlicher Gruppen (Wissenschaftler polizeiliche Praktiker politische Ebene) erfolgt

bull die Etablierung von Langzeitstudien geshygeben ist

bull ein Konsens bei strategischer Forschung besteht

bull ein gemeinsames Verstaumlndnis von Forshyschung und Praxis gefoumlrdert wird

1 Strategische Forschungsfoumlrderung ndash

Empfehlungen zu Kommunikation Koshy

operation und Wettbewerb im Wissenshy

schaftssystem WR Wissenschaftsrat Essen

23052003 10 2 AKIS (Interdisziplinaumlrer Arbeitskreis Inshy

nere Sicherheit) 30042002 Zum Ansatz

einer Politikfeldanalyse Innere Sicherheit

Marburg wwwak-innere-sicherheitde

httpwwwak-innere-sicherheitde

politikfeldanhtml 3 Hanak GHofinger V (2005) Police

Science and Research in the European

Union Vienna

Quellenangaben

Ahlf E (2002) Situation der Polizeiforshy

schung unter besonderer Beruumlcksichshy

tigung des sog bdquoerweiterten Sicherheitsshy

begriffesldquo httpwwwbkadekriminal

wissenschaftenkiforumkiforum2002html

Wiesbaden

Interdisziplinaumlrer Arbeitskreis Innere Sishy

cherheit (AKIS) (2002) Zehn-Punkte-Ershy

klaumlrung des AKIS zur inneren Sicherheitsshy

politik httpstaff-wwwuni-marburgde

~akis10PEhtml MarburgDuisburg

Feltes T (2002) Scientia Ante Portas

Fluumlchten oder Standhalten Zur Perspekshy

tive einer Polizeiwissenschaft in Deutschshy

land in Die Polizei (9) httpwww thomas

feltesdepdfPolizeiforschungamScheide

wegepdf 4

Feltes T Frischer Aufbruch zu neuen

Ufern Was gibt es Neues zum Thema Polishy

zeiforschung und Polizeiwissenschaftldquo

httpwwwthomasfeltesdepdfFrischer_

20Windpdf

Gethmann C FLangewiesche D

Mittelstraszlig JSimon DStock G (2005)

Manifest Geisteswissenschaften Praumlsishy

dent der Berlin-Brandenburgischen Akashy

demie der Wissenschaften (Hg) Berlin

Hanak GHofinger V (2005) Die Dokushy

mentation und Kommentierung polizeireshy

levanter Forschung in Oumlsterreich 1945ndash

2005 in SIAK-Journal (4) 32ndash41

Holcr K (2001) Die theoretisch-methoshy

dischen Probleme der Entwicklung der

Polizeiwissenschaften in Polizeiakademie

Bratislava (Hg) (2001) Aktuelle Probleme

der Entwicklung der Polizeiwissenschaften

und der polizeilichen Praxis Bratislava

Koumllbel M (2004) Wissensmanagement

in der Wissenschaft Berlin

Kokoska W (2001) Umsetzung wissenshy

schaftlicher Erkenntnisse in der polizeilishy

chen Fuumlhrungsausbildung ndash am Beispiel

der Sozialwissenschaften in Aktuelle

Probleme der Entwicklung der Polizeishy

44

SIAK-JOURNAL3322000077

wissenschaften und der polizeilichen Praxis

(Hg) Polizeiakademie Bratislava Bratislava

Lange H J (2002) Polizeiforschung Polizeiwisshy

senschaft oder Forschung zur Inneren Sichershy

heit in Polizei amp Wissenschaft 32002

Mensching A (2005) Innenansichten der nieshy

dersaumlchsischen Polizei ndash bdquogelebte Hierarchienldquo aus

organisationskultureller Perspektive in Groszlig H

Schmidt P (Hg) Empirische Polizeiforschung VI

Innen- und Auszligensicht(en) der Polizei Band 2

Frankfurt

Nedela N (2005) Was erwartet die Polizei von

der empirischen Polizeiforschung in Groszlig H

Schmidt P (Hg) Empirische Polizeiforschung VI

Innen- und Auszligensicht(en) der Polizei Band 2

Frankfurt

Neidhard K (2001) bdquoPlaumldoyer fuumlr eine Polizeishy

wissenschaftldquo in Aktuelle Probleme der Entwickshy

lung der Polizeiwissenschaften und der polizeilishy

chen Praxis (Hg) Polizeiakademie Bratislava

Bratislava

Neidhardt K (2006) Polizeiwissenschaft ndash Aktushy

elle Fragestellungen PFA 8ndash10022006

Ohlemacher T (2001) Workshop bdquoHermeneutische

Polizeiforschungldquo ndash Tagungsbericht 22062001

httpwwwlrz-muenchende~wissenssozcontent

tagarchpolizeipolizei_berhtm

Reichertz J (2002) Praumlmissen einer hermeneushy

tisch wissenssoziologischen Polizeiforschung in

Forum Qualitative SozialforschungForum Quashy

litative Social Research (Online Journal)

httpwwwqualitative-researchnetfqsfqshtm

Strategische Forschungsfoumlrderung ndash Empfehlunshy

gen zu Kommunikation Kooperation und Wettbeshy

werb im Wissenschaftssystem WR Wissenschaftsshy

rat Essen 23052003

Walter B (2004) Polizeiforschung und Polizeishy

wissenschaft ndash Eine Entgegnung in Die Krimishy

nalpolizei (1)

Weiss K (2007) Zwischen Wissenschaft und

Praxis ndash die Polizei als Schnittstelle in SIAK-

Journal (2) 16ndash24

45

SIAK-JOURNAL3322000077

wissenschaften und der polizeilichen Praxis

(Hg) Polizeiakademie Bratislava Bratislava

Lange H J (2002) Polizeiforschung Polizeiwisshy

senschaft oder Forschung zur Inneren Sichershy

heit in Polizei amp Wissenschaft 32002

Mensching A (2005) Innenansichten der nieshy

dersaumlchsischen Polizei ndash bdquogelebte Hierarchienldquo aus

organisationskultureller Perspektive in Groszlig H

Schmidt P (Hg) Empirische Polizeiforschung VI

Innen- und Auszligensicht(en) der Polizei Band 2

Frankfurt

Nedela N (2005) Was erwartet die Polizei von

der empirischen Polizeiforschung in Groszlig H

Schmidt P (Hg) Empirische Polizeiforschung VI

Innen- und Auszligensicht(en) der Polizei Band 2

Frankfurt

Neidhard K (2001) bdquoPlaumldoyer fuumlr eine Polizeishy

wissenschaftldquo in Aktuelle Probleme der Entwickshy

lung der Polizeiwissenschaften und der polizeilishy

chen Praxis (Hg) Polizeiakademie Bratislava

Bratislava

Neidhardt K (2006) Polizeiwissenschaft ndash Aktushy

elle Fragestellungen PFA 8ndash10022006

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