wie komme ich in radio und tv - interview mit mario rosendahl von eyecansee

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Page 1: Wie Komme Ich in Radio Und TV - Interview Mit Mario Rosendahl Von EYECANSEE

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Mario Rosendahl: Wie komme ich in Radio und Fernsehen?Mario Rosendahl ist Dozent für Journalismus und Public Relations an der FTVA mit 17 Jahren aktiver Rundfunkerfahrung im öffent-

lich-rechtlichen und privaten Sektor. Der frühere Programmdirektor berät heute Unternehmen zu den Themen Medienzugang und

Medienverknüpfung. Wir stellten ihm die Frage, wie junge Unternehmen sich trotz geringen Budgets in den Medien präsentieren

können.

Herr Rosendahl, wie komme ich ins Radio?

Indem Sie sich in den Redakteur hineinverset-

zen – und der versetzt sich in seine Zielgruppe,

wenn er sein Geschäft versteht. Beim Rund-

funk muss man besonders darauf achten, dass

meine Zielgruppe übereinstimmt mit der des

Radiosenders. Anderenfalls ist das, was ich zu

vermelden habe, für den Redakteur völlig un-

interessant.

Wie erfahre ich etwas über Zielgruppen von Ra-diosendern?

Im Internet, besonders über die ag.ma – Ar-

beitsgemeinschaft Mediaanalyse (www.agma-

mmc.de). Dort finden Sie höchst auflösende

Analysen zu den Zielgruppen praktisch aller

Radiosender: Alter, Käuferschicht, Kaufverhal-

ten, Hörverhalten.

Oft reicht es jedoch aus, den lokalen Markt zu

erkunden. Man muss einen Sender nur 15 Mi-

nuten hören, um sein Profil zu kennen. In

dieser Zeit hört man alle Komponenten: Mu-

sik, Nachrichten, Werbung. Dann beginnt die

Schleife wieder von vorn, nur modifiziert. Man

notiert sich, welche Ansprache der Moderator

hat – siezt oder duzt er die Hörer – welche

Musik gespielt wird – passt sie eher zu älteren

Hörern oder zu Jugendlichen – und zu wel-

chen Themen Informationen kommen.

Zur Kontaktaufnahme empfehle ich einen Blick

in die »Gelben Seiten«: Ganz vorn finden Sie

eine Auflistung aller Radio- und Fernsehsender

mit allen Kontaktdaten.

Wie wecke ich das Interesse eines Radio- oder Fernsehredakteurs?

Ein Redakteur bekommt pro Tag ungefähr

200 Pressemeldungen – 90 Prozent davon

wandern ungelesen in den Müll. Papier ak-

quiriert nicht! Es geht nur über den direkten

Kontakt. Sie müssen mit dem Redakteur ins

Gespräch kommen und nach und nach Ver-

trauen aufbauen. Man muss sich immer über-

legen: Was braucht eigentlich mein Gegen-

über? Kann ich ihm ein Bild oder eine Story

vermitteln?

Welche Tipps haben Sie für die Gesprächsfüh-rung?

Schon nach den ersten Sätzen muss deutlich

sein: Ich rufe nicht an als Bittsteller, ich rufe

an als Anbieter. Lokalradios brauchen lokale

Themen, und ich bin als Existenzgründer ein

Themenanbieter.

Stellen Sie z. B. zur Gesprächseröffnung immer

eine Frage, die mit „Ja“ beantwortet werden

muss. Den ABC-Sender fragen Sie also: „Ihre

Hörer interessieren sich doch sicher für ABC?!“

Mit dem „Ja“ des Redakteurs haben Sie dann

eine offene Tür, um Ihr Anliegen mit ABC zu

verbinden.

Aber vor allem: Nur nicht penetrieren! Erzäh-

len Sie ihre Sache, wie Sie sie jemandem in der

Kneipe erzählen, verschicken Sie das Material,

und dann heißt es beten und warten. Wenn

der Redakteur es nicht sendet, haben Sie we-

nigstens den Kontakt gepflegt. Aber fordern

Sie ihn später nie auf, sich wegen des Nicht-

sendens zu rechtfertigen.

Eine Absage ist nicht tragisch. Sie können alles

richtig gemacht haben, und es klappt wegen

irgendwelcher Dinge dann doch nicht. Es ist

auch immer etwas Glück und Zufall dabei. Ir-

gendwann wird es passen.

Das klingt etwas nach Kismet...

Ganz und gar nicht. Gute Ideen können den

Erfolg erheblich beeinflussen. Denn die bloße

Tatsache, dass jemand ein neues Unternehmen

gegründet hat, ist meist für sich gesehen nicht

so spannend. Sie brauchen eine Story.

Ein Beispiel: Ein Existenzgründer wollte Tee

über das Internet verkaufen. Das allein ist für

keinen Sender von Interesse. Wir kamen dann

auf die Idee, den größten Teebeutel der Welt

herzustellen. Den braucht natürlich niemand,

aber durch den Rekord und die öffentliche

Präsentation in einem Einkaufzentrum wurde

ein sendefähiges Thema kreiert. Bei der Pres-

sekonferenz drängelten sich über 20 Medien-

vertreter, neben Printmedien auch Radio- und

Fernesehteams. Und natürlich gab es auch

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einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde.

So wurde mit guten Ideen und geringem fi-

nanziellem Einsatz eine unbezahlbare Publizi-

tät erreicht.

Das nennt man dann wohl Guerilla-Marketing.

Etwas anderes ist Existenzgründern oft gar

nicht möglich. Als die Flachbild-Fernseher auf

den Markt kamen, haben wir einmal etliche

schwere Röhrengeräte aus dem 5. Stockwerk

auf die Straße geschmissen. Das knallt wun-

derbar, und die Medien lassen sich solche Bil-

der nicht entgehen.

Manchmal braucht man etwas verrückte

Ideen. Warum laden Existenzgründer nicht

ihre Freunde ein und lassen die ein paar Stun-

den herumspinnen? Irgendetwas wird schon

dabei herauskommen.

Kommt solchen Aktionen nicht auch entgegen, dass bei den Privatsendern in den letzten Jahren immer mehr an den Redaktionen gespart wurde?

Ganz sicher. Die Redaktionen werden immer

kleiner und sind zunehmend auf fremd pro-

duziertes Material angewiesen. Daher ist die

Chance größer, mit vorgefertigten redaktionel-

len Inhalten ins Radio zu kommen. Und tech-

nisch ist es doch gar kein Problem mehr, mit

fertigem O-Ton aufzuwarten. Das bekommt

auch ein Existenzgründer hin – mit jedem Mac

oder PC.

Ein Radiobeitrag für die Privaten ist ca 1:30 Mi-

nuten lang. Er hat eine Anmoderation, dann

gibt es eine Frage, einen Interviewpartner,

zwei, vier Wortwechsel. Dann die Abmodera-

tion: „Vielen Dank für das Gespräch. Und jetzt

kommt Madonna“.

Das ist ausgesprochen simpel. Sie können ein

Skript liefern und den gesamten Beitrag. Sie

können aber auch ein »Radio Press Kit« zusam-

menstellen, in dem die einzelnen Teile quasi als

Schnipsel enthalten sind. Der Redakteur kann

sie dann selbst zusammen schneiden.

Beim Fernsehen spricht man vom »Electronic Press Kit« ...

Genau. Kleine Lokalsender haben wenig Re-

daktion und kaum Mittel, um sich Bildrechte

von großen Veranstaltungen, Filmen usw. zu

beschaffen. Sie greifen daher gern auf »Elec-

tronic Press Kits« zurück. Ein EPK ist nicht di-

rekt sendefähig, es ist aufbereitetes Material

für den Redakteur. Eine Aneinanderreihung

der wichtigsten Kernaussagen und Bilder. Kei-

ne Musik, keine Effekte. So etwas lässt sich

mit einer digitalen Videokamera und gän-

giger Schnittsoftware ganz einfach selbst

produzieren.

Abschließende Frage: Wie viele regionale Sender haben wir hier in Hamburg?

Etwa 20 Radiosender. Fernsehsender eigent-

lich nur zwei, aber mit den Regionalfenstern

in den großen Programmen haben wir etwa

zehn Möglichkeiten, die für Existenzgründer

interessant sein können.

EYECANSEE Communications GmbH & Co. KG Herr Mario RosendahlSteenwisch 21a22527 Hamburg

Tel. 040. 70 383 7-0www.eyecansee.de