ich will euch ein neues herz und einen neu - en geist...

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April 2011 Ich will euch ein neues Herz und einen neu- en Geist geben und das steinerne Herz von euch nehmen. Hesekiel 11,19 Liebe Leserin, lieber Leser Das Jahr 2010 gehört längst der Vergangen- heit an. Zugegeben, es war ein intensives Jahr. Wir hatten mit 8 Aus- und Einzügen von Bewoh- nerInnen überdurchschnittlich viele Wechsel. Auch im Team gab es Bewegung, indem uns zwei Mitarbeitende im Laufe des Jahres ver- liessen. Wir sind dankbar, dass die entstan- denen Lücken wieder gefüllt werden konnten. Leider mussten wir bereits in der zweiten Wo- che des neuen Jahres von zwei unerwartet ver- storbenen BewohnerInnen Abschied nehmen. Für das Jahr 2011 wählten wir als Mitarbeiten- de folgenden Leitspruch aus, er soll uns in un- serer Arbeit inspirieren: „Wo das Herz nicht hinkommt, richten die Hände nichts aus.“ In der Arbeit mit unseren BewohnerInnen kommt es vor, dass wir an unsere Grenzen sto- ssen, dabei kann es schnell geschehen, dass wir ungeduldig und hart reagieren. Ich denke, dass es ausschlaggebend ist, mit welcher Her- zenshaltung ich meine Arbeit verrichte. Im bi- blischen Buch „Hesekiel“ verspricht Gott, das

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April 2011

Ich will euch ein neues Herz und einen neu-en Geist geben und das steinerne Herz von euch nehmen.

Hesekiel 11,19

Liebe Leserin, lieber Leser

Das Jahr 2010 gehört längst der Vergangen-heit an.Zugegeben, es war ein intensives Jahr. Wir hatten mit 8 Aus- und Einzügen von Bewoh-nerInnen überdurchschnittlich viele Wechsel. Auch im Team gab es Bewegung, indem uns zwei Mitarbeitende im Laufe des Jahres ver-liessen. Wir sind dankbar, dass die entstan-denen Lücken wieder gefüllt werden konnten. Leider mussten wir bereits in der zweiten Wo-che des neuen Jahres von zwei unerwartet ver-storbenen BewohnerInnen Abschied nehmen. Für das Jahr 2011 wählten wir als Mitarbeiten-de folgenden Leitspruch aus, er soll uns in un-serer Arbeit inspirieren: „Wo das Herz nicht hinkommt, richten die Hände nichts aus.“ In der Arbeit mit unseren BewohnerInnen kommt es vor, dass wir an unsere Grenzen sto-ssen, dabei kann es schnell geschehen, dass wir ungeduldig und hart reagieren. Ich denke, dass es ausschlaggebend ist, mit welcher Her-zenshaltung ich meine Arbeit verrichte. Im bi-blischen Buch „Hesekiel“ verspricht Gott, das

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„Wo das Herz nicht hinkommt, richten die Hände nichts aus“

Hans Schöpfer

Vorwortversteinerte Herz durch ein lebendiges zu ersetzen. Es ist mir ein Anliegen, dass Gott durch seinen Geist an meinem Herzen wirkt und arbeitet, Versteiner-tes beseitigt und es lebendig und weich macht. Nur so kann ich in schwierigen Alltagssituationen meinen Mitmenschen mit einer barmherzigen und liebevollen Haltung begegnen, und dies hat Auswir-kungen auf meine Worte und das, „was meine Hän-de ausrichten“. Ich wünsche mir und uns allen ein von Gott geprägtes und verändertes Herz!

In dieser Ausgabe des Rundbriefs können Sie mehr über unser Jahresmotto, sowie Aktuelles aus un-serer Arbeit lesen.

Leitsatz

Martin Schmid - Heimleiter

Irgendwo und schon vor einiger Zeit ist mir dieses Zitat begegnet. Ich habe es notiert, weil es mich an unsere Arbeit im Haus Spalen erinnert hat. Als Jah-resmotto soll es uns nun die nächsten 365 Tage be-gleiten.

Wozu braucht es das „Herz“ – ist es nicht der Kopf und dann die Hände, die uns unsere Arbeit verrich-ten lassen? Doch bestimmt. Wir brauchen unseren Verstand – je mehr Wissen über Abhängigkeit, psy-chische Störungen, alltägliche Erfahrungen im Um-gang mit Betroffenen wir haben, desto besser. Und

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Es ist das Herz, das uns Zugang zu Menschen verschafft.

unsere Hände sind dauernd im Einsatz: Es muss gekocht werden für und mit „unsere/n“ Bewohne-rInnen, das Haus muss geputzt werden, es braucht eine Menge an Logistik, um alles Notwendige zu beschaffen, es müssen Dienst- und Menupläne er-stellt, Sitzungen aller Art abgehalten werden, wir brauchen viele Dokumente und Regelungen, wir arbeiten vernetzt mit Ämtern, Kliniken, ambulanten Stellen, Ärzten. Unsere Hände und Finger sind dau-ernd im Einsatz und der Kopf auch – wozu braucht es da noch das Herz?

Ich glaube es ist das, was wir gemeinhin mit „Herz“ bezeichnen, was uns betroffen macht, wenn wir die Geschichten „unserer“ BewohnerInnen hören. Es ist das Herz, das mitleidet, wenn wir erleben, wie jemand sich nicht einlassen kann auf eine vertrau-ensvolle Beziehung, weil wohl so etwas wie ein Ur-vertrauen zu Mitmenschen nie entwickelt werden konnte, wenn das Verhalten eines Mitmenschen auf grosse soziale Defizite schliessen lässt. Es lässt uns nicht „kalt“, weil nicht nur der Kopf, sondern auch das Herz zuhört.

Und es ist wohl auch das Herz, mit dem wir Zugang erhalten zu Mitmenschen, das sie etwas von un-serem Mitgefühl spüren lässt.

Im nicht immer einfachen alltäglichen arbeiten miteinander braucht es immer wieder neu ein Be-wusstsein dafür, dass es nicht in erster Linie unser Kopf und die Hände sind, sondern dass es das Herz ist, das uns Zugang zu Menschen verschafft – unser Jahresmotto soll uns daran erinnern.

Reinhold Weiler - stellv. Heimleiter

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AbschiedImmer wieder gilt es, lieb gewonnene BewohnerInnen loszulassen, sie den guten Händen Gottes anzuvertrau-en. Am 7. Januar 2011 wurden wir durch das Kantons-spital Basel über den Heimgang von Heinz G. benach-richtigt, er starb an einem Herzversagen, einen Tag vor seinem 44. Geburtstag. Einige Stunden zuvor fanden wir Beatrice G. tot in ihrem Zimmer, sie wachte am Mor-gen nicht mehr auf.

Heinz lebte fast zweieinhalb Jahre bei uns. Nach eini-gen Monaten fühlte er sich sehr wohl und erwähnte immer wieder:’Ich will hier bleiben bis zum Lebensen-

de!’ Heinz malte sehr gerne, zwei schöne Bilder von ihm hängen heute bei uns im

Dorfplatz. Er war sehr beliebt im Haus, begrüsste uns Teamer oft mit viel Herzlichkeit und brachte manchem Mitbewohner viel Verständnis entge-

gen. Heinz tat uns gut! Wir vermissen ihn.

Bea war 52 Jahre alt, als sie anfangs Dezember 2010 bei uns einzog. Schon nach kurzer Zeit ging es ihr körper-

lich nicht so gut. Umso mehr freuten wir uns, wenn sie mit anderen Bewohnern auf dem Dorfplatz lachte,

scherzte oder einfach nur mit einem Kaffee und Zigarette zufrieden da sass. Bea hatte kaum An-

gehörige und es war schön, zusammen mit Freunden aus dem Wohnheim der Heilsar-mee, in welchem sie vorher lebte, eine klei-ne Gedenk-/Abschiedsfeier zu gestalten. So durfte ihr Wesen nochmals hell aufleuchten und Tränen der Trauer und Verbundenheit lösten sich.Das überraschende Sterben dieser zwei Menschen bleibt für uns ein Geheimnis, aufgehoben in der Gegenwart Gottes.

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G E R I C H T

die Augen werden unsaufgehen

himmelsweit

brennen werden die Wundenbrennen wird unsere Liebe

Schatten erhellendie Erinnerung

wir wagenunser wahres Gesicht

in bergende Händewerden wirfallenerdtiefins offene Erbarmen.

Werner Koller

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Im letzten Dezember ist Ivan Sesto (39) neu zu un-serem Team im Haus Spalen gestossen.

Wir heissen ihn herzlich willkom-men! Markus Ro-mann hat ihm ein paar Fragen stel-len dürfen:

Ivan, woher bist du und was hast du gemacht, be-vor du ins Haus Spalen gekom-men bist?

Viel! Ich bin aus Kalabrien (Süditalien), wo meine Eltern und meine Brüder noch heute leben. Dort habe ich das Gymnasium und eine Schule für Fachmann Betreuung gemacht. Vor 20 Jahren bin ich wegen meiner Frau, die ich damals kennenlernte, in die Schweiz gekom-men. Mein erster Job in der Schweiz war Maler, dann habe ich als Lagerist, später bei der Spitex gearbeitet. Dann war ich stellvertretender Hauswart in einem Al-tersheim und Betreuer in einem Asylantenheim und zuletzt Hauswart.

Wie hast du von der freien Stelle im Haus Spalen gehört?

Das ist ein Geschenk Gottes! Im Asylantenheim habe ich mit Christoph zusammen gearbeitet, der hier die Ausbildung macht. Nach über einem Jahr rief er mich an, da er wusste, dass ich an der damaligen Stelle nicht so glücklich war. Er fragte, ob ich schon von der freien Stelle im Haus Spalen gehört hätte? Ich verneinte. Am nächsten Sonntag war ich an einem Erntedankgottes-dienst in der Chrischona-Gemeinde in Muttenz einge-laden, wo ich Martin Schmid, den Heimleiter, kennen

Interview

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lernte. Danach habe ich mich beworben und nach den Schnuppertagen die Stelle bekommen.

Was gefällt dir besonders an der Arbeit im HS?

Es gefällt mir hier mit den Leuten zusammen zu ar-beiten. Manchmal ist es auch herausfordernd. Es ist eine vielseitige Arbeit. Es ist ein gutes Arbeitsklima hier. Zudem schätze ich, dass das Haus christlich ge-führt wird.

Welche Ziele, Wünsche hast du für deine Arbeit hier?

Ich will die Leute bes-ser kennen, möchte sie verstehen ler-nen. Ich möch-te bei den Ge-sprächen mit ihnen in die Tiefe kommen. Mein Wunsch ist, dass ich

den Menschen hier etwas Gutes bringen kann. Viel-leicht werde ich auch noch eine ergänzende Ausbil-dung machen, damit mein italienisches Sozialarbei-ter-Diplom anerkannt wird.

Was machst du in deiner Freizeit?

Ich bin seit 16 Jahren verheiratet, habe drei Kinder, zwei Katzen und einen Hund! Diese füllen meine freie Zeit recht aus! Ansonsten koche oder lese ich gerne oder mache Ausflüge mit der Familie. Ich bin ein Familienmensch. Seit zwölf Jahren bin ich gläu-big und leite eine kleine Gruppe italienischer Chris-ten in Muttenz. Wir treffen uns jeweils am Sonntag zum Gottesdienst und am Freitag zum Hauskreis.

Vielen Dank für das Interview!

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Spendenkonto: PC 40-7546-3

Deutschland: Sparkasse Markgräflerland Kto. 107735573 BLZ 68351865

Redaktion: Markus Romann, Madeleine Monsch

Gestaltung: Claudia Feinaigle, Enrique Eslava

Druck: Enrico Jorysch, 550 Ex./ 3x jährlich

Herausgeber: Haus Spalen Tel. 061 261 50 10 Missionsstrasse 4 Fax 061 261 50 12 4055 Basel [email protected] www.haus-spalen.ch

Wenn Dein Herz wandert oder leidet, bring es behut-sam an seinen Platz zurück und versetze es sanft in die Gegenwart Gottes.

Und selbst wenn Du nichts getan hast in Deinem ganzen Leben, ausser Dein Herz zurückbringen und wieder in die Gegenwart Gottes zu versetzen, obwohl es jedes Mal wieder fortlief, nachdem Du es zurück-geholt hattest, dann hat sich Dein Leben wohl erfüllt.

Franz von Sales 1567-1622,

Bischof und Kirchenlehrer

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