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Page 1: Grenzwertverlag 1 1Komplexe Zahlen › ~mohr › mathematik › me1 › KZ-Folien.pdf1.1 Einführung Grenzwertverlag 2 1.1Einführung Problem: Es gibt algebraische Gleichungen, die

Grenzwertverlag 1

1 Komplexe Zahlen

c© Grenzwert Verlag

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1.1 Einführung Grenzwertverlag 2

1.1 Einführung

Problem: Es gibt algebraische Gleichungen, die in der Menge IR der

reellen Zahlen keine Lösung besitzen.

Beispiel 1.1: x2 +1 = 0 ⇒ x = ±√−1 ⇒ keine reelle Lösung!

Wir führen ein neues Symbol ein und legen fest:√−1 = j

Damit können wird der obigen Gleichung die Lösungen x = ±j zuordnen.

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1.1 Einführung Grenzwertverlag 3

Wenn wir voraussetzen, dass diese neue Zahlen denselben Rechengesetzen

genügen, wie die reellen Zahlen, erhalten wir damit auch Lösungen für

andere bisher nicht lösbare quadratische Gleichungen, wie das folgende

Beispiel zeigt:

Beispiel 1.2:

Obiges Beispiel zeigt, dass Linearkombinationen von alten reellen Zah-

len und Vielfachen der neuen Zahl j sinnvoll sind.

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1.1 Einführung Grenzwertverlag 4

Bezeichnungen:

a) Der Ausdruck√−1 heiÿt imaginäre Einheit und wird mit j bezeichnet.

b) Ausdrücke der Form j y mit y ∈ IR heiÿen imaginäre Zahlen.

c) Ausdrücke der Form z = x + j y mit x, y ∈ IR werden als komplexe

Zahlen bezeichnet.

d) Ist z = x+ j y eine komplexe Zahl, so heiÿen

x = Re (z) Realteil von z

y = Im (z) Imaginärteil von z.

e) Die Menge C= z = x+ j y| x, y ∈ IR wird als Menge der komple-

xen Zahlen bezeichnet.

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1.1 Einführung Grenzwertverlag 5

Bemerkungen:

1) Der Imaginärteil y einer komplexen Zahl z = x + j y ist selbst eine

reelle Zahl.

Vorsicht!! Der Imaginärteil ist der Faktor bei j!

2) In der Mathematik wird die imaginäre Einheit√−1 üblicherweise mit i

bezeichnet. Wir verwenden hier jedoch das Symbol j, das insbesondere

in der Elektrotechnik üblich ist, um Verwechslungen mit dem Symbol

i für die Stromstärke zu vermeiden.

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1.2 Darstellungen komplexer Zahlen Grenzwertverlag 6

1.2 Darstellungen komplexer Zahlen

Eine komplexe Zahl wird durch zwei reelle Zahlen charakterisiert. Analog

zu zweidimensionalen Vektoren benötigen daher zur geometrischen Ver-

anschaulichung von komplexen Zahlen eine Ebene.

1.2.1 Kartesische Darstellung

-

6

Re

Im

x

y xz = x+ jy Jeder komplexen Zahl z = x + j y

entspricht genau ein Punkt

P = (x, y) in der komplexen Zah-

lenebene und umgekehrt.

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1.2 Darstellungen komplexer Zahlen Grenzwertverlag 7

Bezeichnungen:

1) Die komplexe Zahlenebene wird auch als Gauÿsche Zahlenebene

bezeichnet.

2) In der Gauÿschen Zahlenebene werden die Achsen des kartesischen Ko-

ordinatensystems als reelle Achse bzw. imaginäre Achse bezeichnet.

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1.2 Darstellungen komplexer Zahlen Grenzwertverlag 8

Beispiel 1.3: Die folgenden komplexen Zahlen sind in der Gauÿschen

Zahlenebene darzustellen: z1 = 2 + 3j, z2 = −3− j

-

1Re

6

j

Im

2

3j xz1 = 2 + 3j

−3

−jxz2 = −3− j

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1.2 Darstellungen komplexer Zahlen Grenzwertverlag 9

Bemerkungen:

1) Wir beschriften die imaginäre Achse hier in der Form j,2j,3j . . . wie dies

in der Elektrotechnik üblich ist (und nicht 1,2,3, . . .). Das bedeutet,

dass auf dieser Achse nicht der Imaginärteil y, sondern die imaginäre

Zahl jy dargestellt wird.

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1.2 Darstellungen komplexer Zahlen Grenzwertverlag 10

2) Für manche Anwendungen ist es hilf-

reich, eine komplexe Zahl nicht als

Punkt P = (x, y) in der Gauÿ-

schen Zahlenebene zu veranschauli-

chen, sondern stattdessen den zuge-

hörigen Ortsvektor zu betrachten:

z = x+ j y ⇔ z =

xy

.

- Re

6

Im

x

jy x

3

z

In diesem Fall spricht man von z als einem komplexen Zeiger.

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1.2 Darstellungen komplexer Zahlen Grenzwertverlag 11

1.2.2 Polardarstellung

Neben der oben eingeführten kar-

tesischen Darstellung z = x + j y

kann eine komplexe Zahl auch ent-

sprechend der neben stehenden Skizze

durch ihren Abstand r vom Koordina-

tenursprung und den Winkel ϕ eindeu-

tig festgelegt werden.

- Re

6

Im

x

jy xz = x+ jy

r

.

..........................

..........................

..........................

..........................

ϕ

Diese Darstellung wird als Polardarstellung bezeichnet, da sie einer Be-

schreibung des entsprechenden Punktes P = (x, y) durch ebene Polar-

koordinaten entspricht.

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1.2 Darstellungen komplexer Zahlen Grenzwertverlag 12

Zusammenhang zwischen den Koordinaten (x, y) und (r, ϕ):

Bemerkung:

Der Zusammenhang zwischen dem Quotienten yx und dem Winkel ϕ ∈

[0,2π) ist nicht eindeutig, da die Tangensfunktion π-periodisch ist. Die

damit verbundene Problematik werden wir im folgenden Abschnitt genau-

er betrachten.

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1.2 Darstellungen komplexer Zahlen Grenzwertverlag 13

Damit erhalten wir die trigonometrische Darstellung

z = x+ j y = r cosϕ+ j r sinϕ ⇒ z = r (cosϕ+ j sinϕ)

Im Folgenden wird der Ausdruck cosϕ + j sinϕ sehr häug auftreten.

Deshalb führen wir dafür die Abkürzung e jϕ = cosϕ+ j sinϕ ein.

Somit ergibt sich schlieÿlich eine sehr kompakte Darstellung, die soge-

nannte Exponential-Darstellung einer komplexen Zahl:

z = r (cosϕ+ j r sinϕ) = rejϕ

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1.2 Darstellungen komplexer Zahlen Grenzwertverlag 14

Bezeichnungen:

r = |z| Betrag von z (Abstand von z zum Koordinatenursprung)

ϕ = arg z Argument oder Phase von z

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1.2 Darstellungen komplexer Zahlen Grenzwertverlag 15

Wir fassen die verschiedenen Arten, komplexe Zahlen darzustellen, noch-

mals zusammen:

Darstellung komplexer Zahlen:

Eine komplexe Zahl z lässt sich auf verschiedene Arten darstellen:

1) z = x+ jy (kartesische Darstellung)

2) z = r(cosϕ+ j sinϕ) (trigonometrische Darstellung)

3) z = rejϕ (Exponential-Darstellung)

Die Darstellungen 2) und 3) werden unter dem Begri Polardar-

stellung zusammengefasst.

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1.2 Darstellungen komplexer Zahlen Grenzwertverlag 16

1.2.3 Umrechnung zwischen den Darstellungen

Die Umrechnung von der Exponential-Darstellung in die kartesische Dar-

stellung erfolgt mit Hilfe der trigonometrischen Darstellung:

Beispiel 1.4:

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1.2 Darstellungen komplexer Zahlen Grenzwertverlag 17

Bei der Umrechnung von der kartesischen Darstellung in die Polardarstel-

lung gehen wir aus von den bereits eingeführten Beziehungen

r =√x2 + y2 und tanϕ =

y

x

Dabei ist jedoch zu beachten, dass der Winkel ϕ nicht eindeutig bestimmt

ist, da z.B. die Winkel ϕ und ϕ+2π zum gleichen Punkt in der Gauÿschen

Zahlenebene führen und somit zu der gleichen komplexen Zahl.

Daher vereinbaren wir, den Winkel ϕ jeweils so zu wählen,

dass 0 ≤ ϕ < 2π gilt (Hauptwert des Winkels ϕ).

Entsprechend dieser Vereinbarung bestimmen wir nun ϕ aus

tanϕ = yx bzw. ϕ = arctan

(yx

)(1.1)

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1.2 Darstellungen komplexer Zahlen Grenzwertverlag 18

Beispiel 1.5: Bestimme arg z für die komplexen Zahlen

z1 = 1 + 2j und z2 = −1− 2j

-

6

Re

Im

1

j

yz1 = 1 + 2j

yz2 = −1− 2j

.

...............

................

................

................

...............

...............

..............

...............

................

ϕ1

.

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ϕ2

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1.2 Darstellungen komplexer Zahlen Grenzwertverlag 19

Dieses Beispiel macht deutlich, dass die Gleichung

tanϕ = yx mit x : Realteil, y : Imaginärteil

in [0, 2π) zwei verschiedene Lösungen hat, die sich um den Winkel π

unterscheiden. Welche dieser Lösungen jeweils die Richtige ist, kann man

durch ein Handskizze leicht feststellen.

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1.2 Darstellungen komplexer Zahlen Grenzwertverlag 20

Bemerkung:

Wird zur Berechnung von ϕ ein Rechner benutzt, so liefert dieser in der

Regel zunächst einen Winkel ψ = arctan yx mit −π2 ≤ ψ ≤π2.

Der gesuchte Winkel ϕ = arg z ergibt sich dann durch Addition eines

Korrekturwinkels ∆ dessen Wert abhängig ist vom Quadranten, in dem

die komplexe Zahl z liegt

ϕ = arg z = arctan(yx

)+ ∆. (1.2)

Die Werte für ∆ ergeben sich für jeden einzelnen Quadranten durch Ver-

gleich der Winkelwerte ϕ = arg(z) einerseits und ψ = arctan yx anderer-

seits:

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1.2 Darstellungen komplexer Zahlen Grenzwertverlag 21

Beispiel 1.6: z = −1 +√

3j

-

1

Re

6

1

Im

−1

√3jz

TTTTTTTTTTTT

r

.

......................

......................

......................

......................

....................

......................

......................

......................

............................................

......................

......................

ϕ

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1.2 Darstellungen komplexer Zahlen Grenzwertverlag 22

Zur Erinnerung stellen wir an dieser Stelle nochmals das Schaubild der

arctan-Funktion vor und geben einige wichtige Werte dieser Funktion an:

x

yπ2

π4

1f(x) = arctanx

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1.2 Darstellungen komplexer Zahlen Grenzwertverlag 23

x 0 1√3

1√

3 ∞

arctanx 0 π6

π4

π3

π2

0o 30o 45o 60o 90o

Ferner gilt: arctan(−x) = − arctanx

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1.2 Darstellungen komplexer Zahlen Grenzwertverlag 24

Bemerkungen:

1) Bei der Bestimmung von ϕ ist es stets sinnvoll, sich zunächst die La-

ge der Zahl z in der Gauÿschen Zahlenebene klar zu machen und ϕ

überschlägig zu bestimmen. Die exakte Bestimmung von ϕ nach (1.2)

erfolgt dann in einem zweiten Schritt.

2) Für Zahlen die auf der reellen oder imaginären Achse liegen, ist Glei-

chung (1.2) zur Bestimmung von ϕ = arg(z) nicht anwendbar. Hier

ergibt sich arg(z) unmittelbar aus der Lage von z in der Gauÿschen

Zahlenebene.

3) In manchen technischen Anwendungen wird für den Hauptwert des

Winkels ϕ der Bereich −π < ϕ ≤ π festgelegt. In diesem Fall ergeben

sich entsprechend andere Werte für den Korrekturwinkel ∆.

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1.2 Darstellungen komplexer Zahlen Grenzwertverlag 25

Beispiel 1.7: Umrechnung zwischen den Darstellungen:

1) z1 = 1 + 2j

-

6

Re

Im

1

2j xz1 = 1 + 2j

r

.

...............

...............

...............

...............

...............

..............

..............

..............

...............

ϕ1

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1.2 Darstellungen komplexer Zahlen Grenzwertverlag 26

2) z2 = 2− 2j

- Re

6

Im

1

j

xz2 = 2− 2j

@@@@@@@@@@

r2

.

................

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ϕ2

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1.2 Darstellungen komplexer Zahlen Grenzwertverlag 27

3) z3 = 3e4π3 j

- Re

6

Im

.

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ϕ3

r3

xz3 = 3e

4π3 j

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1.2 Darstellungen komplexer Zahlen Grenzwertverlag 28

4) z4 = −2 = −2 + 0 · j

- Re

6

Im

1

1

xz4 = −2

r4.

................

................

................

................

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...............

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ϕ4

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1.2 Darstellungen komplexer Zahlen Grenzwertverlag 29

1.2.4 Konjugiert komplexe Zahl

Bei der Lösung einer quadratischen Gleichung mittels komplexer Zahlen

ergab sich stets ein Ausdruck der Gestalt x1,2 = a± jb.

Beispiel 1.8: x2 + 4x+ 20 = 0

⇒ x1,2 = −4±√

16− 802 = −2± 4j

Im weiteren Verlauf werden wir sehen, dass solche Pärchen komplexer

Zahlen häug auftreten.

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Page 30: Grenzwertverlag 1 1Komplexe Zahlen › ~mohr › mathematik › me1 › KZ-Folien.pdf1.1 Einführung Grenzwertverlag 2 1.1Einführung Problem: Es gibt algebraische Gleichungen, die

1.2 Darstellungen komplexer Zahlen Grenzwertverlag 30

Zu einer gegebenen komplexen

Zahl z = x+ j y ist die konjugiert

komplexe Zahl deniert durch

z∗ = x− jy

In der Gauÿschen Zahlenebene er-

hält man z∗ indem man die Zahl

z an der reellen Achse spiegelt.

-

6

Re

Im

xz = x+ j y

x

y

xz∗ = x− j y

−y

r

.

..................

..................

..................

..................

..................

..................

ϕQQQQQQQQQQQQQQQ

r

.

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−ϕ

c© Grenzwert Verlag

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1.2 Darstellungen komplexer Zahlen Grenzwertverlag 31

In der Polardarstellung ergibt sich entsprechend:

Beispiel 1.9: z = −2− 3j ⇒ z∗ = −2 + 3j

z = 1 + 2j ⇒ z∗ = 1− 2j

z = 2e3π4 j ⇒ z∗ = 2e−

3π4 j

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Page 32: Grenzwertverlag 1 1Komplexe Zahlen › ~mohr › mathematik › me1 › KZ-Folien.pdf1.1 Einführung Grenzwertverlag 2 1.1Einführung Problem: Es gibt algebraische Gleichungen, die

1.3 Grundrechenarten für komplexe Zahlen Grenzwertverlag 32

1.3 Grundrechenarten für komplexe Zahlen

1.3.1 Gleichheit zweier komplexer Zahlen

Zwei Zahlen sind sicher dann als gleich anzusehen, wenn die entsprechen-

den Punkte bzw. Zeiger in der Gauÿschen Zahlenebene zusammen fallen.

Daraus folgt unmittelbar:

c© Grenzwert Verlag

Page 33: Grenzwertverlag 1 1Komplexe Zahlen › ~mohr › mathematik › me1 › KZ-Folien.pdf1.1 Einführung Grenzwertverlag 2 1.1Einführung Problem: Es gibt algebraische Gleichungen, die

1.3 Grundrechenarten für komplexe Zahlen Grenzwertverlag 33

Bemerkung:

Eine Gleichung mit komplexen Zahlen besitzt denselben Informations-

gehalt wie zwei Gleichungen mit reellen Zahlen.Dies ist besonders für

Gleichungen in der Komponentenform deutlich.Es ergeben sich stets zwei

Gleichungen für Real- und Imaginärteil.

c© Grenzwert Verlag

Page 34: Grenzwertverlag 1 1Komplexe Zahlen › ~mohr › mathematik › me1 › KZ-Folien.pdf1.1 Einführung Grenzwertverlag 2 1.1Einführung Problem: Es gibt algebraische Gleichungen, die

1.3 Grundrechenarten für komplexe Zahlen Grenzwertverlag 34

1.3.2 Addition und Subtraktion von komplexen Zahlen

Addition und Subtraktion ergeben sich aus den entsprechenden Rechen-

operationen für reelle Zahlen, indem man die üblichen Rechengesetze

anwendet und das Symbol j wie eine reelle Zahl behandelt.

Beispiel 1.10: z1 = 3 + j, z2 = 1 + 2j

⇒ z1 + z2 = (3 + j) + (1 + 2j) = 4 + 3j,

z1 − z2 = (3 + j)− (1 + 2j) = 2− j

c© Grenzwert Verlag

Page 35: Grenzwertverlag 1 1Komplexe Zahlen › ~mohr › mathematik › me1 › KZ-Folien.pdf1.1 Einführung Grenzwertverlag 2 1.1Einführung Problem: Es gibt algebraische Gleichungen, die

1.3 Grundrechenarten für komplexe Zahlen Grenzwertverlag 35

Bemerkung:

Die Addition von komplexen Zahlen entspricht in der Gauÿschen Zahle-

nebene der Addition der entsprechenden komplexen Zeiger im Sinne der

Vektoraddition für ebene Vektoren. Entsprechendes gilt für die Dierenz

von komplexen Zahlen. Insbesondere gelten die gleichen Parallelogramm-

regeln.

-

6

Re

Im

1

1

1

z1

z2

1

>

z1 + z2

-

6

Re

Im

1

1

1

z1

z2

−z2

HHHH

HHHHHHjz1 − z2

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1.3 Grundrechenarten für komplexe Zahlen Grenzwertverlag 36

1.3.3 Multiplikation von komplexen Zahlen

Bei der Multiplikation von komplexen Zahlen gehen wir ebenso vor wie im

vorhergehenden Abschnitt. Wir gehen von der Gültigkeit der Klammerre-

gel aus und beachten zusätzlich, dass j2 = −1.

Beispiel 1.11:

1) z1 = 3 + j, z2 = 1 + 2j

2) z1 = 4− 2j, z2 = −2 + j

z1 ·z2 = (4−2j)·(−2+j) = −8+4j+4j−2j2 = −8+8j+2 = −6+8j

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1.3 Grundrechenarten für komplexe Zahlen Grenzwertverlag 37

Spezialfall:

Es sei z = x+ jy eine beliebige komplexe Zahl und z∗ die zu z konjugiert

komplexe Zahl. Dann gilt:

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1.3 Grundrechenarten für komplexe Zahlen Grenzwertverlag 38

1.3.4 Division von komplexen Zahlen

Zunächst überlegen wir, wie eine komplexe Zahl durch eine reelle Zahl zu

teilen ist.

Beispiel 1.12:

c© Grenzwert Verlag

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1.3 Grundrechenarten für komplexe Zahlen Grenzwertverlag 39

Die Division von zwei beliebigen komplexen Zahlen kann durch einen klei-

nen Trick auf diesen Spezialfall zurückgeführt werden. Dies soll an dem

folgenden Beispiel erläutert werden:

Beispiel 1.13: 2 + j3− j =?

Auf diese Weise lässt sich jeder Quotient von zwei komplexen Zahlen in

kartesischer Darstellung berechnen.

Beispiel 1.14: 1− j1− 2j

1− j1− 2j = (1− j)(1 + 2j)

(1− 2j)(1 + 2j)= 1− j + 2j− 2j2

12 + 22 = 1 + j + 25 = 3 + j

5 =

35 + 1

5j

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1.3 Grundrechenarten für komplexe Zahlen Grenzwertverlag 40

1.3.5 Multiplikation und Division in Polardarstellung

Wir betrachten zwei komplexe Zahlen in trigonometrischer Darstellung:

z1 = r1(cosϕ1 + j sinϕ1), z2 = r2(cosϕ2 + j sinϕ2)

Nach Abschnitt 1.3.3 ergibt sich für das Produkt:

c© Grenzwert Verlag

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1.3 Grundrechenarten für komplexe Zahlen Grenzwertverlag 41

Mit Hilfe der Additionstheoreme für Sinus und Cosinus lassen sich Real-

und Imaginärteil der obigen Beziehung einfacher darstellen.

cos(ϕ1 + ϕ2) = cosϕ1 · cosϕ2 − sinϕ1 · sinϕ2

sin(ϕ1 + ϕ2) = cosϕ1 · sinϕ2 + sinϕ1 · cosϕ2.

Somit folgt:

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1.3 Grundrechenarten für komplexe Zahlen Grenzwertverlag 42

Regel: Die Radien werden multipliziert und die Winkel addiert.

Benutzen wir die oben eingeführte Abkürzung e jϕ = cosϕ+ j sinϕ, so

können wir dies kürzer schreiben:

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1.3 Grundrechenarten für komplexe Zahlen Grenzwertverlag 43

Für die Division ergibt sich analog:

Regel: Die Radien werden dividiert und die Winkel subtrahiert.

Mit e jϕ = cosϕ+ j sinϕ ergibt sich entsprechend:

c© Grenzwert Verlag

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1.3 Grundrechenarten für komplexe Zahlen Grenzwertverlag 44

Bemerkung:

Die hier gewonnenen Regeln für die Multiplikation und Division von kom-

plexen Zahlen in Polardarstellung zeigen, dass sich der zunächst als reine

Abkürzung eingeführte Ausdruck ejϕ tatsächlich wie eine Exponentialfunk-

tion verhält.

Der Nachweis, dass es sich dabei um die komplexe Erweiterung der reellen

Funktion ex handelt, geht über den Rahmen dieser Darstellung hinaus.

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1.3 Grundrechenarten für komplexe Zahlen Grenzwertverlag 45

Wir fassen die Ergebnisse dieses Abschnitts nochmals zusammen:

Zusammenfassung:

Multiplikation und Division komplexer Zahlen in Polardarstellung

Es sei z1 = r1 e jϕ1, z2 = r2 e jϕ2

Dann gilt für das Produkt z1 · z2: z1 · z2 = r1r2 e j(ϕ1+ϕ2)

(Produkt der Beträge, Summe der Argumente)

Für den Quotienten z1z2

gilt die Regel: z1z2

= r1r2

e j(ϕ1−ϕ2)

(Quotient der Beträge, Dierenz der Argumente)

Für die trigonometrische Darstellung gelten entsprechende

Multiplikations- und Divisionsregeln.

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1.3 Grundrechenarten für komplexe Zahlen Grenzwertverlag 46

Spezialfall: Betrachte das Produkt einer komplexen Zahl z mit ihrer

konjugiert komplexen Zahl z∗:

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1.3 Grundrechenarten für komplexe Zahlen Grenzwertverlag 47

Bemerkungen:

1) Die Ergebnisse von Abschnitt 1.3 lassen sich in der Aussage zusam-

menfassen, dass für die komplexen Zahlen die gleichen Gesetze der

Algebra gelten wie in der Menge IR. Das bedeutet, dass man mit kom-

plexen Zahlen so rechnen kann, wie man es von den reellen Zahlen

gewohnt ist, wenn man zusätzlich die Regel j2 = −1 beachtet.

2) Beim Übergang von den reellen Zahlen zu den komplexen Zahlen geht

jedoch die sogenannte Anordnungeigenschaft verloren,d.h. genau wie

bei den Vektoren verlieren hier die Relationen < oder > ihren Sinn!

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1.4 Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen Grenzwertverlag 48

1.4 Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen

1.4.1 Potenzen

Die Potenzen zn für komplexe Zahlen sind wie im Reellen als n-fache

Multiplikationen deniert:

Regel: Bilde die n-te Potenz von r = |z| und multipliziere ϕ = arg z mit

n.

In der trigonometrischen Darstellung erhalten wir entsprechend:

z = r(cosϕ+ j sinϕ) ⇒ zn = rn[cos(nϕ) + j sin(nϕ) ]

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1.4 Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen Grenzwertverlag 49

Beispiel 1.15:

z = 1 + j =√

2 e jπ4

-

6

Re

Im

1

1

z

6z2

@@

@@@

@@@

@@Iz3

z4

Rechnung in kartesischer Darstellung zur Kontrolle:

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1.4 Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen Grenzwertverlag 50

1.4.2 Komplexe Wurzeln

Der komplexe Wurzelbegri ergibt sich wieder wie im Reellen durch Um-

kehren des Potenzierens. Wir suchen wieder eine Zahl, die entsprechend

oft mit sich selber multipliziert die Ausgangszahl ergibt. Die rechentech-

nischen Unterschiede sollen an folgendem Beispiel deutlich werden.

Beispiel 1.16: z = 3√−8

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1.4 Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen Grenzwertverlag 51

Wir erkennen bereits hier die Mehrdeutigkeit des Wurzelbegris. Im Re-

ellen ergab sich dies nur bei Quadratwurzeln aus positiven Zahlen.

Zur Denition der komplexen n-ten Wurzel z = n√a betrachten wir für

eine gegebene komplexe Zahl a die Gleichung

zn − a = 0 ⇔ zn = a ⇔ z = n√a

Wir gehen von der Exponential-Darstellung der komplexen Zahlen z und

a aus:

c© Grenzwert Verlag

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1.4 Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen Grenzwertverlag 52

Wir fassen diese Ergebnisse in dem folgenden Satz zusammen:

Satz: Die Gleichung zn = a = Aejα (A > 0) besitzt genau n

verschiedene komplexe Lösungen (Wurzeln)

zk = rejϕk = r(cosϕk + j sinϕk)

mit r = n√A, ϕk = α+ 2πk

n k = 0,1, . . . , n− 1.

Diese liegen in der Gauÿschen Zahlenebene auf einem Ursprungs-

kreis vom Radius r = n√A und bilden die Eckpunkte eines regelmä-

ÿigen n-Ecks.

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1.4 Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen Grenzwertverlag 53

Beispiel 1.17:

1) z = 4√1

-

6

Re

Im

xz0

xz1

xz2

xz3

.

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r = 1

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1.4 Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen Grenzwertverlag 54

2) z = 3√j

-

6

Re

Im

xz0xz1

xz2

.

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r = 1

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1.4 Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen Grenzwertverlag 55

3) z =√

1 + j

-

6

Re

Im

xz0

xz1

.

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r = 4√2

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1.4 Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen Grenzwertverlag 56

Bemerkung:

Im Reellen erhielten wir beim Wurzelziehen mit einem ungeraden Expo-

nenten nur eine Lösung, bei geradem Wurzelexponenten ergaben sich

(soweit überhaupt im Rellen lösbar) stets zwei Lösungen. Wie ist diese

Beobachtung mit den obigen Resultaten verträglich?

Wie wir erkannt haben, liegen sämtliche komplexen Wurzeln einer Zahl

auf den Ecken eines regelmäÿigen Vielecks mit Mittelpunkt im Ursprung.

Bei ungerader Eckenzahl kann nur eine Ecke auf der reellen Achse liegen.

Liegt bei gerader Eckenzahl eine Ecke auf der reellen Achse, so stets auch

eine zweite.

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1.4 Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen Grenzwertverlag 57

1.4.3 Lösen algebraischer Gleichungen

In Abschnitt 1.1 hatten wir die komplexen Zahlen eingeführt, indem wir für

eine im Reellen unlösbare quadratischen Gleichung eine (formale) Lösung

deniert hatten. Wir wollen diesen Sachverhalt nun auf Polynomgleichun-

gen beliebiger Ordnung verallgemeinern.

Es ist bekannt, dass die Gleichung

pn(x) = anxn + an−1x

n−1 + . . .+ a1x+ a0 = 0

im Reellen höchstens n Lösungen besitzt.

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1.4 Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen Grenzwertverlag 58

Im vorhergehenden Abschnitt hatten wir festgestellt, dass die komplexe

Polynomgleichung zn − a stets genau n Lösungen hat.

Der folgende Satz zeigt, dass im Komplexen eine entsprechende Aussage

für jede Polynomgleichung vom Grad n gilt:

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1.4 Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen Grenzwertverlag 59

Satz: (Fundamentalsatz der Algebra)

Die Gleichung

pn(z) = anzn + an−1z

n−1 + . . .+ a1z + a0 = 0

besitzt in der Menge der komplexen Zahlen stets genau n Lösun-

gen z1, z2, . . . zn.

Das Polynom pn(z) lässt sich daher komplett in (komplexe) Line-

arfaktoren zerlegen:

pn(z) = an (z − z1) · (z − z2) · . . . · (z − zn).

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1.4 Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen Grenzwertverlag 60

Bemerkung:

Dies ist ein reiner Existenzsatz. Explizite Lösungsformeln existieren nur

für einfache Gleichungen. Neben der bekannten Mitternachtsformel für

quadratische Gleichungen existieren nur noch für Gleichungen der Ord-

nung drei und vier explizite Lösungsformeln.

Wir wollen nun zeigen, dass die von reellen Fall bekannten Methoden

auch zur Bestimmung von Lösungen komplexer Polynomgleichungen an-

gewandt werden können:

c© Grenzwert Verlag

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1.4 Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen Grenzwertverlag 61

1) Lösen einer quadratischen Gleichung mit der Mitternachtsfor-

mel:

Die Lösung der quadratische Gleichung az2 + bz + c = 0, mit

a, b, c ∈ C ist analog zum reellen Fall gegeben durch

z1/2 =−b±

√b2 − 4ac

2a

Betrachten wir speziell den für die praktische Anwendung interessanten

Fall, dass die Koezienten a, b und c reelle Zahlen sind, so hängt die

Art der Lösungen vom Vorzeichen der (reellen)

Diskriminante b2 − 4ac ab.

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1.4 Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen Grenzwertverlag 62

2) Wurzelsatz von Vieta

Wir normieren die quadratische Gleichung nun so, dass der Koezient

beim Quadratglied eins wird.

z2 + pz + q = 0 ⇒ z1,2 = −p2 ±√(

p2

)2− q

Ein Vergleich der Koezienten entsprechender z-Potenzen liefert den

Wurzelsatz von Vieta

Sind z1, z2 Lösungen einer quadratischen Gleichung z2+pz+q = 0,

so gilt:

p = − (z1 + z2), q = z1 · z2

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1.4 Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen Grenzwertverlag 63

Beispiel 1.18:

z2 − 8z + 25 = 0

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1.4 Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen Grenzwertverlag 64

3) Abspalten von Linearfaktoren

Ist z0 Lösung von pn(z) = 0, so gilt:

pn(z) = (z − z0) · qn−1(z), wobei q vom Grad (n− 1) ist.

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1.4 Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen Grenzwertverlag 65

4) Paarweises Auftreten von komplexen Nullstellen

Die folgende Aussage ist die Verallgeminerung von 1 c) auf Polynome

von Grad n:

Sind alle Koezienten a0, a1, . . . , an von pn(z) reell, so treten komplexe

Nullstellen stets als Paare konjugiert komplexer Zahlen auf.

Begründung:

⇒ z∗0 ist ebenfalls Nullstelle.

⇒ Es können die beiden Linearfaktoren (z − z0) und (z − z∗0) abge-

spalten werden (Polynomdivision).

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1.4 Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen Grenzwertverlag 66

Behauptung: Diese beiden Linearfaktoren ergeben ausmultipliziert

stets ein quadratisches Polynom mit reellen Koezienten.

Begründung:

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1.4 Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen Grenzwertverlag 67

Aus 3) und 4) ergibt sich die folgende wichtige Aussage über die Zerle-

gung von Polynomen:

Jedes Polynom mit reellen Koezienten ist zerlegbar in Linearfak-

toren und quadratische Polynome mit reellen Koezienten.

Insbesondere kann jedes reelle Polynom in Faktor-Polynome zerlegt

werden, die höchstens vom Grad 2 sind.

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1.4 Potenzen und Wurzeln komplexer Zahlen Grenzwertverlag 68

Beispiel 1.19:

1) Bestimme sämtliche Lösungen von z3 − z2 + 4z − 4 = 0

2) Bestimme sämtliche Lösungen von z4 − 4z3 + 6z2 − 4z + 5 = 0

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 69

1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung

1.5.1 Harmonische Schwingungen

Betrachte die reelle Funktion

x = x(t) = A cos(ωt+ ϕ) (1.3)

Die Funktion x(t) beschreibt Schwingungsvorgänge wie z. B. mechanische

Schwingungen oder elektrische Schwingkreise

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 70

x(t) = A cos (ωt+ ϕ)A

−ϕω

T = 2πω

t

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 71

Die neben der Zeitvariablen t auftretenden Parameter A, ω und ϕ haben

folgende Bedeutungen:

A: Amplitude (Maximalauslenkung) der Schwingung (A > 0)

ω: Kreisfrequenz (ω > 0) ω = 2πf = 2πT

ϕ: Nullphasenwinkel ⇒ Winkel zur Zeit t = 0 (x(0) = A cosϕ)

Gilt ϕ > 0, so bedeutet dies, dass die durch (1.3) beschriebene harmoni-

sche Schwingung der Funktion cos (ωt) um ϕ voraus eilt. Die zugehörige

Kurve ist um ϕω nach links verschoben. Entsprechend führt ein Phasen-

winkel ϕ < 0 zu einer nach rechts verschobenen Kurve.

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 72

Eine harmonische Schwingung lässt sich auch als Summe von reinen

Cosinus- und Sinusfunktionen darstellen.

x(t) = a cos(ωt) + b sin(ωt)

Mit Hilfe der Additionstheoreme erhalten wir den Zusammenhang mit der

Form (1.3):

Bei der Bestimmung des Phasenwinkels ist wieder eine Quadrantenbe-

trachtung notwendig . Der richtige Phasenwinkel ergibt sich dabei aus

den Gleichungen für die Koezienten a und b.

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 73

Beispiel 1.20: Stellen Sie die Schwingung x(t) = cos t−√

3 sin t

in der Form A cos(ωt+ ϕ) dar

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 74

1.5.2 Zeigerdarstellung harmonischer Schwingungen

Viele Rechenoperationen mit harmonischen Schwingungen sind im Re-

ellen unter Zuhilfenahme der Additionstheoreme für Sinus und Cosinus

recht mühsam. Die Grundidee der komplexen Darstellung einer harmo-

nischen Schwingung besteht darin, an Stelle der Amplitude A und des

Phasenwinkels ϕ eine komplexe Ersatzgröÿe einzuführen. Wir denie-

ren deshalb eine komplexwertige Funktion, deren Realteil die vorgegebene

Schwingung darstellt.

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 75

1) Darstellung der Cosinus-Schwingung A cos(ωt)

Ausgehend von der komplexwertigen Funktion z(t) = A e jωt erhalten

wir mit der Eulerschen Formel

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 76

Zur geometrischen Veranschaulichung der zeitlichen Veränderung von

z(t) in der komplexen Zahlenebene beachten wir, dass der Betrag

|z(t)| = A unverändert bleibt, während der Winkel arg z(t) = ωt pro

Zeiteinheit um ω wächst. Daher bewegt sich z(t) auf einem Kreis mit

Radius A um den Ursprung, wobei ω die Winkelgeschwindigkeit dieser

Kreisbewegung angibt.

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 77

Die Funktion x(t) = A cos(ωt)

entspricht wegen x(t) = Re z(t)

gerade der Projektion von z(t) auf

die reelle Achse.

Entsprechend ergibt die Pro-

jektion auf die imaginäre

Achse die Funktionswerte der

Sinusfunktion:

Im z(t) = y(t) = A sin(ωt).

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-A = z(0)

>

.

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ωt

A e jωt = z(t)

A cos(ωt)

A sin(ωt)

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 78

Die Funktion z(t) = Ae jωt beschreibt einen komplexen Zei-

ger, der sich mit konstanter Winkelgeschwindigkeit ω um den Ur-

sprung dreht. Die Projektionen dieser Bewegung auf die reelle

bzw. imaginäre Achse ergeben die entsprechenden Cosinus- und

Sinusfunktionen:

Re z(t) = A cosωt, Im z(t) = A sinωt

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 79

2) Darstellung der phasenverschobenen Cosinus-Schwingung

A cos(ωt+ ϕ)

Wir betrachten die komplexwertige Funktion z(t) = A e j(ωt+ϕ) und

erhalten wie oben

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 80

Zur geometrischen Deutung der durch z(t) beschriebenen Bewegung

in der komplexen Ebene gehen wir aus von der Zahl a = A e jϕ. Beim

Übergang zu

w = a · e jα = Ae jϕ · e jα = A e j(ϕ+α)

bleibt der Betrag A erhalten, während sich der Winkel um α vergröÿert.

In der Zahlenebene erhalten wir w also durch Drehung von a um den

Koordinatenursprung um den Winkel α.

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 81

Entsprechend können wir

z(t) = A e j(ωt+ϕ) = A e jϕ︸ ︷︷ ︸a·e jωt = a · e jωt

als Bewegung der komplexen Zahl

a = A ejϕ mit der Winkelgeschwin-

digkeit ω auf einem Kreis um den

Ursprung mit Radius A deuten.

Die Zahl a wird dabei als komplexe

Amplitude oder komplexer Zei-

ger der harmonischen Schwingung

bezeichnet.

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ϕ

A

a = z(0)

HHHH

HHH

HHHY

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. ωt

z(t)

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 82

Bei fester Kreisfrequenz ω ist die Information über Amplitude und

Nullphase der Schwingung in der komplexen Zahl a = z(0) = A e jϕ

enthalten.

Da nach Voraussetzung x(t) = Re z(t) gilt, ergibt sich x(t) wieder

als Projektion von z(t) auf die reelle Achse. Somit erhalten wir die

folgenden Aussagen:

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 83

Komplexe Zeiger-Darstellung von Schwingungsvorgängen

Die reelle harmonische Funktion x(t) = A cos(ωt+ϕ) und die kom-

plexe Erweiterung z(t) = A e(ωt+ϕ) besitzen denselben Informati-

onsgehalt. Bei vorgegebener Kreisfrequenz ω wird eine harmoni-

sche Schwingung durch die Amplitude A und den Phasenwinkel ϕ

bestimmt.

Die Funktion x(t) = A cos(ωt + ϕ) kann als Realteil des in der

komplexen Zahlenebene mit der Winkelgeschwindigkeit ω rotieren-

den komplexen Zeigers a = z(0) = A · e jϕ betrachtet werden.

Der Übergang zum Realteil entspricht geometrisch derProjektion

auf die reelle Achse.

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 84

Bemerkungen:

1) In gleicher Weise kann die Sinus-Schwingung

y(t) = A sin(ωt+ ϕ)

als Imaginärteil von z(t) = A·e j(ωt+ϕ) dargestellt werden. Geometrisch

entspricht dies der Projektion auf die imaginäre Achse.

2) Die Vorteile der komplexen Darstellung bestehen vor allem darin, dass

die Rechengesetze für Exponentialfunktion meist einfacher sind, als die

für trigonometrischen Funktionen.

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 85

Beispiel 1.21:

1) x(t) = 3 cos(2t− π4)

2) y(t) = 4 sin(ωt+ π3)

3) x(t) = 3 cos(ωt+ 0.8)

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 86

1.5.3 Überlagerung von gleichfrequenten Schwingungen

Wir betrachten nun zwei harmonischen Schwingungen gleicher Frequenz ω

x1(t) = A1 cos(ωt+ ϕ1), x2(t) = A2 cos(ωt+ ϕ2)

und wollen untersuchen, welche Art von Bewegung sich als Überlagerung

dieser beiden Vorgänge ergibt.

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 87

Aus der Physik wissen wir, dass sich diese Schwingungen ungestört additiv

überlagern (Superpositionsprinzip):

x(t) = x1(t) + x2(t).

Der Nachweis, dass sich für x(t) ebenfalls eine harmonische Schwingung

der Frequenz ω ergibt, ist mit reeller Rechnung (Additionstheoreme, Ko-

ezientenvergleich) relativ mühsam. Zudem ist eine Verallgemeinerung

auf den Fall der Überlagerung von mehr als 2 Schwingungen nur schwer

möglich.

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 88

Das folgende Beispiel zeigt, wie x(t) mit Hilfe komplexer Rechnung ein-

facher bestimmt werden kann. Dabei benutzen wir die im vorhergehen-

den Abschnitt eingeführte Darstellung harmonischer Schwingungen durch

komplexe Zeiger.

Beispiel 1.22: Bestimmen Sie Amplitude und Phase der Schwingung,

die sich als Überlagerung von

x1(t) = 2 cos(ωt+ π4) und x2(t) = 2

√2 cos(ωt+ π).

ergibt.

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 89

Allgemeiner Fall:

Wir betrachten nun den allgemeinen Fall der Überlagerung von zwei reel-

len harmonischen Schwingungen gleicher Frequenz, aber unterschiedlicher

Amplitude und Phase. Wie im obigen Beispiel gehen wir dabei in 3 Schrit-

ten vor:

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 90

Bemerkung:

Bei der Berechnung von Amplitude A und Phase ϕ der resultierenden

Schwingung x(t) ist der Zeitfaktor e jωt ohne Bedeutung. A und ϕ ergeben

sich vielmehr direkt als Betrag und Argument der komplexen Amplitude

a = a1 + a2.

Die Überlagerung der Schwingungen lässt sich somit einfach durch die

Summe a = a1 + a2 der zugehörigen komplexen Zeiger a1 und a2

beschreiben.

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 91

Hieraus ergibt sich neben der oben dargestellten rechnerischen Lösung

zusätzlich die (einfachere) Möglichkeit, dieses Problem geometrisch zu

lösen. Wir demonstrieren dies an den Schwingungen des vorhergehenden

Beispiels.

Beispiel 1.23: x1(t) = 2 cos(ωt+ π4), x2(t) = 2

√2 cos(ωt+ π)

-

6

Re

Im

1

j

a1

a2

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@@

@@

@@

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a.

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..................

..................

...................

...................

...................

...................

......................................

...................

...................

...................

...................

..

..

..

..

..

..

..

..

..

ϕ

a1 = 2ejπ4, a2 = 2√

2ejπ

a = a1 + a2 = Ae jϕ

⇒ A = 2, ϕ = 3π4

⇒ x(t) = 2 cos(ωt+ 3π4 )

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 92

Fazit: Die Addition von zwei harmo-

nischen Schwingungen entspricht der

Addition der zugehörigen komplexen

Zeiger. Dabei kommt dasselbe Kon-

struktionsprinzip wie bei der Additi-

on zweier ebener Vektoren zur Anwen-

dung.

-

6

Re

Im

1

j

:

a1

a2

a

.

......................

......................

.......................

......................

......................

.....................

ϕ

Entsprechend kann natürlich auch bei der rechnerischen Lösung der

Zeitfaktor e jωt unberücksichtigt bleiben, so dass sich das folgende Sche-

ma ergibt:

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 93

Beispiel 1.24:

Bestimmen Sie zeichnerisch und rechnerisch Amplitude und Phase der

Überlagerung von

x1(t) = 2 cos(ωt− π4) und x2(t) = 4 cos(ωt+ π3)

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 94

a) Zeichnung:

-

6

Re

Im

1

j

@@@@@@@R

a1

a2

a2"""""""""""""""""3

a = a1 + a2

A

.

........................

.........................

.........................

.........................

ϕ

A ≈ 4

ϕ ≈ 30o

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 95

b) Rechnung:

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 96

Bemerkung:

Die Überlegungen dieses Abschnitts gelten entsprechend für die Überla-

gerung von zwei gleichfrequenten Sinus-Funktionen

y1(t) = A1 sin(ωt+ ϕ1) und y2(t) = A2 sin(ωt+ ϕ2).

In diesem Fall gehen wir bei der Wahl der komplexen Ersatzgröÿen von

der Beziehung y1(t) = Im z1(t) und y2(t) = Im z2(t) aus und erhalten

daher bei der Rückkehr zur reellen Darstellung (Schritt 3)

y(t) = Im z(t) = A sin(ωt+ ϕ).

Auf die geometrische Addition der komplexen Zeiger a1 und a2 hat diese

Änderung des Blickwinkels keine Auswirkung.

Wir demonstrieren dies an dem folgenden Anwendungsbeispiel.

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 97

Beispiel 1.25: Anwendungbeispiel: 3-Phasen-Wechselspannung

Die 3-Phasen Wechselspannung besteht aus drei um den Phasenwinkel 2π3

gegeneinander verschobenen harmonischen Schwingungen. Wählen wir die

Sinus-Darstellung, so erhalten wir:

U1 = U0 sin(ωt), U2 = U0 sin(ωt+2π

3), U3 = U0 sin(ωt+

3),

a) Zeigen Sie, dass U1 + U2 + U3 = 0 gilt.

b) Welche Spannung (Amplitude und Phase) liegt zwischen den Phasen

U2 und U1 an? (Lösung zeichnerisch und rechnerisch!)

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 98

Lösung:

a)

Re

Im

U0a1

a2 a2

a3

a3

120o

240o

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 99

b)Re

Im

U0

120o

240o a1

a2

a3

a2 − a1

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 100

1.5.4 Wechselstromkreise

Vorbemerkung:

Entsprechend der in der Elektrotechnik üblichen Konventionen führen wir

folgende Regeln für die Bezeichnung der in diesem Abschnitt auftretenden

Wechselstromgröÿen ein:

• Zeitunabhängige reelle Gröÿen werden mit Groÿbuchstaben be-

zeichnet.

• Zeitabhängige reelle Gröÿen werden mit Kleinbuchstaben bezeich-

net.

• Komplexe Gröÿen werden durch Unterstreichung gekennzeichnet.

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 101

Ausgangspunkt unserer Überlegungen ist dasOhmsche Gesetz für Gleich-

ströme.

U = R · I bzw. R = UI (1.4)

d. h. Spannung und Stromstärke sind zueinander proportional.

Diese Beziehung gilt auch für Wechselstrom: Eine sinusförmige Wech-

selspannung erzeugt in einem Stromkreis, der nur ohmsche Verbraucher

enthält, einen sinusförmigen Wechselstrom gleicher Phase. Somit ist auch

hier der Quotient zwischen Spannung und Stromstärke von der Zeit un-

abhängig.

u(t)i(t)

= U0 cosωtI0 cosωt = R = konstant

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 102

In Wechselstromkreisen gibt es allerdings darüber hinaus noch weitere

Widerstandstypen: Kondensatoren und Spulen.

Am Beispiel des Kondensators wollen wir uns klarmachen, dass hier Span-

nung und Stromstärke gegeneinander phasenverschoben sind.

Bei einem Stromkreis mit Spannungsquelle und Kondensator muss die

Kondensatorspannung der angelegten Spannung entgegengesetzt gleich

sein. Wird eine veränderliche Spannung angelegt, so muss den Konden-

satorplatten fortwährend Ladung zu und abgeführt werden, d.h. es ieÿt

ein Strom.

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 103

u(t) = U0 cosωtP1

P2 P3

P4

t

Die Spannung uC zwischen den Kondensatorplatten ist dabei stets pro-

portional zur Ladung qC.

uC ∼ qC bzw. qC = C · uC

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 104

Eine Veränderung der Spannung bewirkt eine Veränderung der Ladung auf

den Kondensator-Platten und damit einen Ladungstransport. Die Verän-

derungsrate (Steigung) der Spannung ist am Punkt P2 am gröÿten,

in der Umgebung von P1, P3 gleich Null. Dies hat zur Folge, dass die

Stromstärke an Nullstellen der Spannungsfunktion Extrema besitzt, wäh-

rend die Extrema der Spannung Nulldurchgänge bei der Stromstärke zur

Konsequenz haben.

Wenn wir die plausible Annahme machen, dass auch die Stromstärke eine

harmonische Schwingung darstellt, so müssen die beiden Funktionen u(t)

und i(t) eine Phasendierenz von π2 haben. Dieser Sachverhalt soll noch

mathematisch etwas präzisiert werden:

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 105

Da die Stromstärke i(t) der Veränderung der Ladung q(t) pro Zeiteinheit

entspricht, gilt

i(t) = dqdt = Cdudt

Wird eine harmonische Schwingung der Form U0 cosωt als Spannung an-

gelegt, so ergibt sich für die Stromstärke i(t) die Beziehung:

i(t) = C · ddt [U0 cosωt] = −ω C U0 sinωt = U0 ω C cos(ωt+

π

2

)d. h. die Stromstärke eilt der Spannung um π

2 voraus.

Eine ähnliche Betrachtung des induktiven Widerstands einer Spule zeigt,

dass dabei die Stromstärke der Spannung um π2 nacheilt.

Betrachten wir allgemeine Widerstände in Wechselstromkreisen, mit ohm-

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 106

schen, induktiven und kapazitiven Anteilen, so ergibt sich im Allgemeinen

eine Phasendierenz zwischen Spannung und Stromstärke. Damit wird

jedoch der reelle Quotient von Spannung und Stromstärke abhängig von

der Zeit!

u(t)i(t)

= U0 cosωtI0 cos (ωt+ α)

= U0I0· cosωt

cos (ωt+ α)︸ ︷︷ ︸zeitabhängig!

Betrachten wir jedoch wie im vorhergehenden Abschnitt komplexe Er-

satzgröÿen für Spannung und Strom

so ist das Verhältnis von Spannung und Stromstärke zeitunabhängig

mit |Z| = Z0 = U0I0: Verhältnis der Scheitelwerte von Spannung und Strom

argZ = ϕ: Phasendierenz zwischen Spannung und Strom

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 107

Damit lässt sich das Ohmsche Gesetz (1.4) auf Wechselstromkreise

übertragen:

Ohmsches Gesetz für Wechselstromkreise In Wechselstromkrei-

sen gilt das Ohmsche Gesetz in der Form

u = Z · i, (1.5)

mit u(t) = U0e jωt komplexe Spannung

i(t) = I0e j(ωt−ϕ) komplexe Stromstärke

Z = Z0e jϕ komplexer Widerstand (Impedanz)

Bemerkung:

Die Eektivwerte von Spannung und Strom sind gegeben durch Ue =

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 108

U0√2bzw. Ie = I0√

2. Daher gilt auch

|R| = U0I0

=UeIe

Verhältnis der Eektivwerte von Spannung und Strom.

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 109

Die Impedanz kann natürlich auch in kartesischer Form dargestellt wer-

den:

Z = R+ jX

-

6

Re

Im

xZ = R+ jX

Z0

.

...................

...................

...................

...................

...................

...................

ϕ

X

R

Bezeichnungen:

Z0 = |Z|: Scheinwiderstand (Impedanz)

R = Re Z: Wirkwiderstand (Resistanz)

X = Im Z: Blindwiderstand (Reaktanz)

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 110

Bemerkung:

Alle in einem Wechselstromkreis erbrachte Leistung tritt am Wirkwider-

stand auf, der mit dem Ohmschen (Gleichstrom-Widerstand des Verbrau-

chers übereinstimmt und daher ebenfalls mit R bezeichnet wird. Bzgl. der

Blindstromproblematik siehe Beispiel 1.5.4 .

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 111

Wir wollen im Folgenden die Eigenschaften der drei in Wechselstromkrei-

sen auftretenden Typen von Widerständen nochmals in einer Übersicht

darstellen. Wir gehen dabei wieder von der komplexen Darstellung von

Spannung und Strom aus:

u(t) = U0e jωt bzw. i(t) = I0e (jωt−ϕ)

1) Ohmscher Widerstand R

Am Ohmschen Widerstand ist stets die Stromstärke proportional zur

Spannung.

i(t) ∼ u(t)

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 112

⇒ Widerstand rein reell

⇒ keine Phasendierenz zwischen Spannung und Strom.

2) Kapazitiver Widerstand (Kondensator der Kapazität C):

⇒ ZC = −j 1ω C Widerstand rein imaginär mit negativem Imagi-

närteil

⇒ Blindwiderstand XC = − 1ω C

⇒ ϕ = argZC = −π2 (Strom eilt der Spannung um π2 voraus)

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 113

3) Induktiver Widerstand (Spule der Induktivität L):

⇒ ZL = jωL Widerstand rein imaginär mit positivem Imaginärteil

⇒ Blindwiderstand XL = ωL

⇒ ϕ = argZL = π2 (Strom läuft der Spannung um π

2 nach)

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 114

Mit dem Ohmschen Gesetz für Wechselstromkreise (1.5) und der kom-

plexen Denition der Wechselstromwiderstände gemäÿ 1) - 3) können

die elektrischen Gröÿen in Wechselstromkreisen nach den aus der Gleich-

stromlehre bekannten Kirchoschen Gesetzen (Maschenregel, Knotenre-

gel) berechnet werden.

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 115

Damit gilt insbesondere:

a) Bei Reihenschaltung addieren sich

die Widerstände.

Z = Z1 + Z2

Z1 Z2

b) Bei Parallelschaltung gilt:

1Z = 1

Z1+ 1Z2

⇔ Z =Z1 · Z2Z1 + Z2

Z1

Z2

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 116

Bemerkung:

Führt man wie in der Gleichstromlehre den Begri des komplexen Leit-

werts

Y = 1Z = 1

|Z|e−jϕ

ein, so nehmen die obigen Regeln die folgende leicht merkbare Form an:

a) Reihenschaltung: Z = Z1 + Z2 (Summe der Widerstände)

b) Parallelschaltung: Y = Y 1 + Y 2 (Summe der Leitwerte)

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 117

Beispiel 1.26: Reihenschaltung von Spule, Kondensator und Ohm-

schem Widerstand

i(t)R

L

C

u(t)

Beispiel 1.27: Zu bestimmen ist der komplexe Gesamtwiderstand der

Schaltung

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 118

i(t)R

L

C

u(t)

Beispiel 1.28: Blindstromkompensation oder warum ist bei einem

Elektromotor (induktiver und Ohmscher Widerstand) ein Kondensator

parallel geschaltet?

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 119

i(t)R

L

u(t)

Bei Gleichstrom ergibt sich die Leistung eines Verbrauchers aus dem Pro-

dukt von Spannung und Stromstärke. Bei Wechselströmen ist die zeitliche

Veränderung und gegebenenfalls die Phasendierenz zwischen Spannung

und Strom zu berücksichtigen, d. h. die Leistung des Verbrauchers ergibt

sich nicht einfach aus dem Produkt der Amplituden von Spannung und

Strom. Hier ist vielmehr der (zeitliche) Mittelwert aus dem Produkt der

Momentanwerte von Spannung und Strom zu betrachten.

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 120

Die Phasenverschiebung um ϕ reduziert also die am Verbraucher erbrachte

Wirkleistung um den Faktor cosϕ

Bei vorgegebener Spannung und Leistung ieÿt bei kleinem cosϕ (d.

h. groÿem Winkel ϕ) ein groÿer Strom, wobei nur ein kleiner Teil für die

Wirkleistung relevant ist. Groÿe Ströme führen jedoch bei den Zuleitungen

etc. zu Verlusten, und deshalb versucht man durch einen zweiten Blindwi-

derstand einen Kondensator den Imaginärteil des Gesamtwiderstands

(Blindwiderstand) möglichst klein zu machen.

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 121

i(t)R

L

C

u(t)

Die Kapazität des parallel geschalteten Kondensators ist nun zu so wäh-

len, das der Imaginärteil des Gesamtwiderstandes minimal wird. Für den

Gesamtwiderstand der obigen Schaltung gilt:

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 122

Zahlenbeispiel für einen 2000 Watt-Motor1:

U0 = 230V , R = 10Ω, L = 40mH, ω = 100π1Bei Leuchtstoröhren ndet eine analoge Blindstromkompensation statt.

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 123

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 124

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 125

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 126

Zusammenfassung: In Wechselstromkreisen mit Ohmschen Wi-

derständen, Kapazitäten und Induktivitäten (RCL-Netzwerken) gilt

bei komplexer Darstellung von Spannung und Strom

u(t) = U0 e j(ωt+ϕu), i(t) = I0 e j(ωt+ϕi)

das Ohmsche Gesetz in der Form

u = Z · i, Z = Z0 e jϕ = R+ jX

Die komplexe Zahl Z entspricht dem Wechselstromwiderstand und

wird auch als Impedanz bezeichnet.

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1.5 Anwendungen der komplexen Rechnung Grenzwertverlag 127

Die Widerstände der einzelnen Schaltelemente sind gegeben durch

Ohmscher Widerstand R: ZR = R

Kapazität C: ZC = 1jω C

Induktivität L: ZL = jω L

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1.6 Komplexe Ortskurven Grenzwertverlag 128

1.6 Komplexe Ortskurven

1.6.1 Physikalische BeispieleIn der Wechselstrom- und Regelungstechnik treten häug Gröÿen auf,

die noch von einem reellen Parameter z. B. der Frequenz abhän-

gen. Solche Abhängigkeiten lassen sich als sogenannte Ortskurven in der

komplexen Zahlenebene darstellen. Im Folgenden wollen wir bei Wech-

selstromkreisen den Zusammenhang zwischen Frequenz und Widerstand

bzw. Leitwert untersuchen.

Wechselstromkreis mit ohmschem und induktivem Widerstand (Reihenschaltung)

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1.6 Komplexe Ortskurven Grenzwertverlag 129

i(t) R L

u(t)

Bei festen Werten für den Ohmschen Widerstand RΩ und die Induktivität

L ergibt sich für den komplexen Widerstand die folgende Abhängigkeit:

Z(ω) = R + jωL

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1.6 Komplexe Ortskurven Grenzwertverlag 130

Jedem Wert der Kreisfrequenz

ω entspricht ein komplexer Wi-

derstandszeiger, der sich in der

komplexen Zahlenebene darstellen

lässt. Variert man ω von 0 bis ∞,

so durchläuft Z(ω) die Punkte auf

der Halbgeraden x = R.

-

6

Re

Im

1

j

R

-

ω = 0

:

ω1*

ω2

>

ω3

ω4

Wechselstromkreis mit ohmschem und kapazitivem Widerstand (Parallelschaltung)

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1.6 Komplexe Ortskurven Grenzwertverlag 131

i(t)

u(t) C

R

Bei festen Werten für den ohmschen Widerstand R und die Kapazität C

ergibt sich für den komplexen Widerstand die folgende Abhängigkeit:

1Z(ω)

= 1R + jωC = 1 + jωRC

R ⇒ Z(ω) = R1 + jωRC

Durchläuft die Kreisfrequenz sämtliche Werte von 0 bis ∞, so bewegt sich

der komplexe Widerstandszeiger auf einer Kurve. Durch eine geeignete

Umformung wollen wir die Natur dieser Ortskurve deutlich machen.

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1.6 Komplexe Ortskurven Grenzwertverlag 132

Z(ω) = R1 + jωRC

= R

[12 + 1

1 + jωRC − 12 ·

1 + jωRC1 + jωRC

]= R

[12 + 1

2 ·1− jωRC1 + jωRC

](?)

= R

[12 + 1

2 ·1− ω2R2C2 − j2ωRC

1 + ω2R2C2

](??)

Der Quotient einer komplexen Zahl durch die zugehörige konjugiert kom-

plexe Zahl hat stets den Betrag 1. Aus der Darstellung (?) erkennt man

daher leicht, dass für alle ω gilt:∣∣∣∣1− jωRC1 + jωRC

∣∣∣∣ = 1

Damit können wir die Ortskurve geometrisch beschreiben: Ausgehend von

dem Punkt R2 auf der reellen Achse wird eine komplexe Zahl der Länge

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Page 133: Grenzwertverlag 1 1Komplexe Zahlen › ~mohr › mathematik › me1 › KZ-Folien.pdf1.1 Einführung Grenzwertverlag 2 1.1Einführung Problem: Es gibt algebraische Gleichungen, die

1.6 Komplexe Ortskurven Grenzwertverlag 133

R2 abgetragen. Aus (??) erkennt man, dass nur negative Imaginärteile

auftreten können. Damit bewegt sich der komplexe Widerstanszeiger auf

dem unteren Halbkreis mit Radius R2 und Mittelpunkt (R2 |0). Für ω = 0

ergibt sich der Punkt (R|0). Für ω →∞ strebt Z(ω) gegen den Nullpunkt.

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1.6 Komplexe Ortskurven Grenzwertverlag 134

-

6

Re

Im

jR2

RR2x.

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.............................

u-

u

XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXz

u

HHHH

HHHHHH

HHHHHH

HHHHHH

HHj

u

@@@@@@@@@@@@@@@R

u

AAAAAAAAAAAAU

Bei Parallelschaltung eines ohmschen und induktiven Widerstands erhält

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1.6 Komplexe Ortskurven Grenzwertverlag 135

man den oberen Halbkreis als Ortskurve des Widerstandszeigers.

Eine analoge Ortkurve ergibt sich, wenn man beim Eingangsbeispiel (Rei-

henschaltung von ohmschem und induktivem Widerstand) zum Leitwert

übergeht.

Y (ω) = 1Z(ω)

= 1R+ jωL

= 1R ·

11 + jωLR

= 1R

12 + 1

1 + jωLR

− 12 ·

1 + jωLR1 + jωLR

= 1

R

12 + 1

2 ·1− jωLR1 + jωLR

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1.6 Komplexe Ortskurven Grenzwertverlag 136

Der Leitwertzeiger bewegt sich auf einem Kreis mit Radius 12R und Mit-

telpunkt ( 12R|0).

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1.6 Komplexe Ortskurven Grenzwertverlag 137

-

6

Re

Im

12R

1Rx.

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.............................

.............................

u-

u

XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXz

u

HHHH

HHHHHH

HHHHHH

HHHHHH

HHj

u

@@@@@@@@@@@@@@@R

u

AAAAAAAAAAAAU

Beispiel 1.29: Schwingkreis mit ohmschem, kapazitivem und induktivem

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1.6 Komplexe Ortskurven Grenzwertverlag 138

Widerstand (Reihenschaltung).

i(t) R LC

u(t)

Z(ω) = R + jωL + 1jωC = R + j

(ωL − 1

ωC

)= U0e

jωt

I0ej(ωt−α) = U0

I0ejα

i0 = U0√R2 +

(ωL−

1

ωC

)2; tanα =

ωL−1

ωCR

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1.6 Komplexe Ortskurven Grenzwertverlag 139

Resonanzfrequenz : 0 = ω0L− 1ω0C

⇒ ω0 =

√1LC

Durchläuft die Kreisfrequebz ω den Bereich 0 < ω <∞, so bewegt sich der

Widerstandszeiger auf der zur Imaginärachse parallelen Geraden x = R. Zu

jedem Punkt auf dieser Geraden gibt es genau eine passende Frequenz ω ≥

0. Die zugehörigen Leitwerte liegen auf einem Kreis durch den Nullpunkt

und Mittelpunkt M( 12RΩ|0) auf der positiven reellen Achse.

Von technischem Interesse sind die Ausdrücke

I0U0

= 1√R2 +

(ωL−

1

ωC

)2, α = arctan

ωL−1

ωCR

.

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1.6 Komplexe Ortskurven Grenzwertverlag 140

Diesen Zusammenhang nennt man Amplituden- bzw. Phasenfrequenz-

gang.

MATLAB schwingkreis

Für kompliziertere Wechselstromkreise fallen die zugehörigen Ortskurven

für den Widerstandszeiger entprechend komplizierter aus.

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Page 141: Grenzwertverlag 1 1Komplexe Zahlen › ~mohr › mathematik › me1 › KZ-Folien.pdf1.1 Einführung Grenzwertverlag 2 1.1Einführung Problem: Es gibt algebraische Gleichungen, die

1.6 Komplexe Ortskurven Grenzwertverlag 141

i(t)

u(t)

R1

L1

C1R2

L2

C2

Mit den nachfolgenden Konstanten ergibt sich eine interessante Ortskur-

ve.

R1 R2 C1 C2 L1 L2

20 Ω 50 Ω 200 µF 100 µF 400 mH 500 mH

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1.6 Komplexe Ortskurven Grenzwertverlag 142

1.6.2 Parameterdarstellungen von Kurven im KomplexenWir betrachten nun komplexwertige Funktionen, die von einer reellen Va-

riablen meist t genannt abhängen.

z = z(t) , mit z ∈ C und t ∈ IR wobei ta ≤ t ≤ tb

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1.6 Komplexe Ortskurven Grenzwertverlag 143

Stellt man z(t) in der Kom-

ponentenform dar, so erhält

man:

z(t) = x(t) + jy(t)

wobei x(t) und y(t) zwei re-

elle Funktionen einer reellen

Variablen sind.

Re

Im

z(t1) z(t2)

z(t3)

z(t)

Gerade

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1.6 Komplexe Ortskurven Grenzwertverlag 144

Re

Im

1

jz0

ϕejϕ

g

z(t) = z0 + t · ejϕ

Durchläuft der Parameter t

sämtliche reelle Zahlen, so

bewegt sich der Zeiger z(t)

auf der gesamten Geraden.

Kreis

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1.6 Komplexe Ortskurven Grenzwertverlag 145

Re

Im

tr

rejt

z0

z(t) = z0 + r · ejt

Durchläuft der Parameter t

den Bereich 0 ≤ t < 2 · π, so

bewegt sich der Zeiger z(t)

auf dem Kreis.

Ellipse um Ursprung

z(t) = r1 · ejt + r2 · e−jt = (r1 + r2)︸ ︷︷ ︸a

cos t+ (r1 − r2)︸ ︷︷ ︸b

sin t , r1 6= r2

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1.6 Komplexe Ortskurven Grenzwertverlag 146

Re

Im

z(t)

ϕa

b

Durchläuft der Parameter t

den Bereich 0 ≤ t < 2 · π, so

bewegt sich der Zeiger z(t)

auf der skizzierten Ellipse.

Dabei ist zu beachten, dass

der Parameter t nicht mit

dem eingezeichneten Winkel

ϕ übereinstimmt.

Hyperbel um Ursprung

z(t) = a+ bj2 · et + a− bj

2 · e−t = a · et + e−t2︸ ︷︷ ︸

= cosh t

+b · et − e−t

2︸ ︷︷ ︸= sinh t

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1.6 Komplexe Ortskurven Grenzwertverlag 147

Re

Im

ϕz(t)

a

b

Durchläuft der Parameter t

den Bereich −∞ < t <∞, so

bewegt sich der Zeiger z(t)

auf der skizzierten Hyperbel.

Wieder stimmt der Winkel ϕ

nicht mit dem Parameter t

überein. Weiter ist zu beach-

ten, dass dabei nur der rech-

te Ast dargestellt wird ( a >

0).

Logarithmische Spirale

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1.6 Komplexe Ortskurven Grenzwertverlag 148

Re

Im

t

z(t)

z(t) = r · e(a+jb)t

Durchläuft der Parameter t

den Bereich −∞ ≤ t < ∞,

so bewegt sich der Zeiger

z(t) auf der skizzierten Spi-

rale. Für t→ −∞ kommt die

Spirale dem Koordinatenur-

sprung beliebig nahe. Wählt

man b = 1, so stimmt der

Parameter t mit dem skiz-

zierten Winkel überein.

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1.7 Komplexe Funktionen einer komplexen Variablen Grenzwertverlag 149

1.7 Komplexe Funktionen einer komplexen Variablen

Bei der Diskussion von komplexem Widerstand und Leitwert stieÿen wir

auf gewisse innere Zusammenhänge zwischen den Ortskurven von Wi-

derstand und Leitwert. Lagen z. B. die Widerstandszeiger alle auf einer

Geraden, so durchliefen die komplexen Zeiger des Leitwerts stets einen

Kreis. Diese Beobachtung soll nun in einen allgemeineren Zusammenhang

gestellt werden.

Wir betrachten nun komplexwertige Funktionen bei denen auch die un-

abhängige Variable komplex ist.

w = f(z); z ∈ Df ⊂ C, w ∈Wf ⊂ C

Wählen wir die Komponentendarstellung, so gilt mit z = x + jy und w =

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1.7 Komplexe Funktionen einer komplexen Variablen Grenzwertverlag 150

u+ jv der Zusammenhang:

w = f(z) = u(x, y) + jv(x, y)

Solche funktionale Zusammenhänge lassen sich nicht in einer Ebene oder

in dreidimensionalen Anschauungsraum darstellen. Da sowohl Denitions-

als auch Bildbereich die Dimension zwei hat, wäre zur Veranschaulichung

ein vierdimensionaler Raum notwendig. Um wenigstens eine gewisse Vi-

sualisierung zu erzielen legen wir zwei komplexe Zahlenebenen gekenn-

zeichnet als z- und w-Ebene nebeneinander. Zu Veranschaulichung der

Funktion w = f(z) markiert man zugeordnete Punkte in den beiden kom-

plexen Ebenen:

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1.8 Lineare Abbildungen Grenzwertverlag 151

x

y

u

vw = f(z)z1 z2

z3

w1

w2

w3

z-Ebene w-Ebene

1.8 Lineare Abbildungen

1.8.1 Ganze lineare Funktionen w = az + bBei der Funktion

w = f(z) = az + b a, b ∈ C, konstant

bewirkt die Multiplikation mit a = r · ejϕ eine Drehstreckung mit Dreh-

winkel ϕ und Streckungsfaktor r; die Addition von b bedeutet eine Trans-

lation (Verschiebung).

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1.8 Lineare Abbildungen Grenzwertverlag 152

Beispiel 1.30: w = f(z) = (2 + j)z + (2− j)

a = 2 + j = r · ejϕ ⇒ Drehung um ϕa = arctan 12 ≈ 0,46 (≈ 26,6)

Streckung mit Faktor ra =√

5

b = 12− j ⇒ Translation um (2− j)

Spezielle Punkte: z1 = 0 →

w1 = 2− j

z2 = 1 →

w2 = 4

z3 = 1 + j →

w3 = 3 + 2j

z4 = j→ w4 =

1 + j

Die Abbildung besitzt einen Fixpunkt.

z0 = (2 + j)z0 + (2− j) ⇒ z0 = −1 + 3j2

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Page 153: Grenzwertverlag 1 1Komplexe Zahlen › ~mohr › mathematik › me1 › KZ-Folien.pdf1.1 Einführung Grenzwertverlag 2 1.1Einführung Problem: Es gibt algebraische Gleichungen, die

1.8 Lineare Abbildungen Grenzwertverlag 153

x

y

u

v

z1 z2

z3z4

w1

w2

w3

w4w = f(z)z0 w0

1.8.2 Abbildung durch die Funktion w = 1z

Diese Abbildung stellt den Zusammenhang zwischen komplexem Wider-

stand und Leitwert aus dem vorangegangenen Abschnitt dar.

Die Eigenschaften der Funktion f(z) = 1z erkennt man am besten bei

Darstellung von z und w in Exponentialform;

z = rz · ejϕz ⇒ w = rw · ejϕw =1

rze−jϕz

Die Abbildung erfolgt in 2 Schritten:

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1.8 Lineare Abbildungen Grenzwertverlag 154

1. Schritt: rw = 1rz

. . . Spiegelung am Einheitskreis

2. Schritt: ϕw = −ϕz . . . Spiegelung an der reellen Achse

Re

Im

z

z′

w

B1

B2

Einheitskreis

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Page 155: Grenzwertverlag 1 1Komplexe Zahlen › ~mohr › mathematik › me1 › KZ-Folien.pdf1.1 Einführung Grenzwertverlag 2 1.1Einführung Problem: Es gibt algebraische Gleichungen, die

1.8 Lineare Abbildungen Grenzwertverlag 155

Schritt 1: Spiegelung am Einheitskreis

z → z′ =1

rz· ejϕ = w∗

Vom Punkt z aus werden die beiden Tangentialpunkte B1, B2 auf dem

Einheitskreis mit Hilfe des Thaleskreises über der Strecke Oz konstruiert.

Der gespiegelte Punkt z′ ergibt sich als ergibt sich als Schnitt der Ver-

bindungsgeraden B1B2 mit der Ursprungsgeraden Oz. Die Punkte O, Bi z

ergeben ein rechtwinkliges Dreieck. Der Kathedensatz liefert die Recht-

fertigung für die Spiegelung .

Obigem Bild entnimmt man leicht die folgenden Eigenschaften der Spie-

gelung am Einheitskreis:

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Page 156: Grenzwertverlag 1 1Komplexe Zahlen › ~mohr › mathematik › me1 › KZ-Folien.pdf1.1 Einführung Grenzwertverlag 2 1.1Einführung Problem: Es gibt algebraische Gleichungen, die

1.8 Lineare Abbildungen Grenzwertverlag 156

• z und z′ auf einem gemeinsamen Ursprungsstrahl

• z auÿerhalb Einheitskreis → z′ innerhalb Einheitskreis

z innerhalb Einheitskreis → z′ auÿerhalb Einheitskreis

• (z′)′ = z

• alle Punkte des Einheitskreises sind Fixpunkte der Abbildung

• z = 0 → z′ =∞; z =∞ → z′ = 0 2

2. Teilabbildung: Übergang zum konjugiert komplexen Wert (z′)∗ = w

durch Spiegelung an der reellen Achse.2Bei Abbildungen der komplexen Ebene bewährt sich die Einführung des Punktes

∞ als Bild des Ursprungs unter der Abbildung w = 1z.

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Page 157: Grenzwertverlag 1 1Komplexe Zahlen › ~mohr › mathematik › me1 › KZ-Folien.pdf1.1 Einführung Grenzwertverlag 2 1.1Einführung Problem: Es gibt algebraische Gleichungen, die

1.8 Lineare Abbildungen Grenzwertverlag 157

Die Gesamtabbildung läÿt sich durch die skizzierte Gebietszuordnung ver-

anschaulichen:

x

y

12

3 4

56

7 8

u

v

87

6 5

43

2 1

w = 1z

auÿerhalb des Einheitskreises ←→ innerhalb des Einheitskreises

oberhalb der reellen Achse ←→ unterhalb der reellen Achse

Die Fixpunkte der Gesamtabbildung sind z1,2 = ±1.

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1.8 Lineare Abbildungen Grenzwertverlag 158

Die Abbildung w = 1z ist kreistreu, d.h. Kreise in z-Ebene → Kreise

in w-Ebene. Dabei werden Geraden als Kreise mit Radius ∞ oder Kreise

durch ∞ interpretiert.

Beweisskizze:

z = x+ jy, w = u+ jv

z = 1w = 1

u+ jv = uu2 + v2 − j v

u2 + v2

⇒ x = uu2 + v2, y = − v

u2 + v2

Einsetzen in die allgemeine Kreisgleichung der z-Ebene

a(x2 + y2) + bx+ cy + d = 0

ergibt nach kurzer Rechnung die allgemeine Kreisgleichung der w-Ebene:

d(u2 + v2) + bu− cv + a = 0

Sonderfälle:

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Page 159: Grenzwertverlag 1 1Komplexe Zahlen › ~mohr › mathematik › me1 › KZ-Folien.pdf1.1 Einführung Grenzwertverlag 2 1.1Einführung Problem: Es gibt algebraische Gleichungen, die

1.8 Lineare Abbildungen Grenzwertverlag 159

a = 0, d = 0 bx+ cy = 0 −→ bu− cv = 0

d.h. Ursprungsgerade −→ Ursprungsgerade

a = 0, d 6= 0: Gerade nicht durch 0 −→ Kreis durch 0

a 6= 0, d = 0: Kreis durch 0 −→ Gerade nicht durch 0

a 6= 0, d 6= 0: Kreis nicht durch 0 −→ Kreis nicht durch 0

Die Abbildung w = 1z ist winkeltreu (konform), d.h. Schnittwinkel zwi-

schen Kurven bleiben bei der Abbildung unverändert.3

3Die Winkeltreue ndet sich bei vielen komplexen Abbildungen. So ist z. B. jede im

komplexen Sinne dierenzierbare Funktion winkeltreu.

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1.8 Lineare Abbildungen Grenzwertverlag 160

1.8.3 Abbildung durch gebrochen lineare FunktionenDie gebrochen lineare Funktion

w =az + b

cz + da, b, c, d ∈ C, konstant

läÿt sich durch Polynomdivision umformen in

w =a

c+bc− ad

1

cz + d

Man kann die zugehörige Abbildung in zwei ganze lineare Abbildungen

und die Abbildung 1z zulegen:

w(1) = cz + d

w(2) =1

w(1)

w = w(3) =bc− ad

c· w(2) +

a

c

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Page 161: Grenzwertverlag 1 1Komplexe Zahlen › ~mohr › mathematik › me1 › KZ-Folien.pdf1.1 Einführung Grenzwertverlag 2 1.1Einführung Problem: Es gibt algebraische Gleichungen, die

1.8 Lineare Abbildungen Grenzwertverlag 161

Beim Hintereinanderausführen der drei Teilabbildungen bleiben die Eigen-

schaften Kreistreue und Winkeltreue erhalten.

Die gebrochen lineare Abbildung w = az + bcz + d ist kreis- und winkeltreu.

Beispiel 1.31: w = f(z) = z + j1 + jz

z 1 j -1 -j 0

w 1 ∞ -1 0 j

x

y

u

v

w = f(z)

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Page 162: Grenzwertverlag 1 1Komplexe Zahlen › ~mohr › mathematik › me1 › KZ-Folien.pdf1.1 Einführung Grenzwertverlag 2 1.1Einführung Problem: Es gibt algebraische Gleichungen, die

1.9 Spezielle Abbildungen Grenzwertverlag 162

Einheitskreis −→ reelle Achse

Inneres des Einheitskreises −→ obere Halbebene

1.9 Spezielle Abbildungen

In diesem Abschnitt wollen wir einige elementare Funktionen, deren De-

nition und Eigenschaften uns aus dem Reellen bekannt sind, in einen

allgemeineren komplexen Zusammenhang stellen. Viele bekannte Eigen-

schaften reeller Funktionen lassen sich nur im Zusammenhang mit ihrer

komplexen Erweiterung sinnvoll deuten.

1.9.1 Potenzfunktionen w = zn

Beispiel 1.32: w = f(z) = z2

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Page 163: Grenzwertverlag 1 1Komplexe Zahlen › ~mohr › mathematik › me1 › KZ-Folien.pdf1.1 Einführung Grenzwertverlag 2 1.1Einführung Problem: Es gibt algebraische Gleichungen, die

1.9 Spezielle Abbildungen Grenzwertverlag 163

In Polarkoordinatendarstellung erhalten wir den Zusammenhang:

w =(rejϕ

)2= r2 · ej2ϕ

Der Radius - Abstand zum Nullpunkt - wird quadriert, der Winkel wird

verdoppelt. Durchläuft nun z alle Punkte des in der oberen Halbebene

gelegenen Halbkreises z = rejϕ , 0 < ϕ < π, so durchläuft w einen Voll-

kreis mit dem Radius ρ = r2. Beide Kurven entsprechen sich umkehrbar

eindeutig. Allerdings kommt dabei in der w-Ebene der Schnittpunkt des

Kreises mit der positiven reellen Achse nicht vor. Lässt man nun r al-

le Werte 0 < r < ∞ durchlaufen, so durchläuft auch ρ = r2 alle diese

Werte. Damit wird die obere komplexe Zahlenebene z = x + jy, y > 0

durch w = z2 auf die ganze w-Ebene abgebildet. Der fehlende Rand der

Halbebene entspricht dabei der positiven reellen Achse in der w-Ebene.

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1.9 Spezielle Abbildungen Grenzwertverlag 164

Ebenso erkennt man, dass die untere komplexe Zahlenebene z = x +

jy, y < 0 ebenfalls auf die gesamte w-Ebene abgebildet wird.

x

y

u

vz-Ebene

rϕ w = z2

r2 2ϕ

w1-Ebene

x

y

u

vz-Ebene

w = z2r2 2ϕ

w2-Ebene

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1.9 Spezielle Abbildungen Grenzwertverlag 165

Die gesamte z-Ebene wird also in leicht übersehbarer Weise auf die dop-

pelt bedeckte w-Ebene abgebildet, d. h. jedem z entspricht genau ein w,

aber jedes w wird für genau zwei (entgengesetzt gleiche) z angenommen

mit Ausnahme des Wertes z = 0! Um diese doppelte Belegung der w-

Ebene anschaulicher zu übersehen, denkt man sich die beiden erhaltenen

w-Ebenen längs der positiven reellen Achse aufgeschnittenen Exempla-

re der w-Ebene übereinandergelegt. Heftet man die beiden Nullpunkte

zusammen und fügt die beiden Blätter über Kreuz aneinander, so er-

hält man ein Gebilde, das man als die Riemannsche Fläche der Funktion

w = z2 bezeichnet. Dabei wird der obere Rand jedes Blattes mit dem

unteren Rand des anderen Blattes verbunden. Damit haben wir einen in

beiden Richtungen eindeutigen Zusammenhang zwischen den Punkten der

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1.9 Spezielle Abbildungen Grenzwertverlag 166

z-Ebene und der oben beschriebenen Riemannschen Fläche erhalten.

Benutzen wir kartesische Koordinaten, so ergeben sich zusätzliche Einbli-

cke in diese Abbildung.

w = u+ jv = (x+ jy)2 = x2 − y2 + 2xyj bzw.u = x2 − y2

v = 2xy

Wir wollen nun die Bilder der Geradenschar y = c , c > 0 bestimmen.

u = x2 − c2 , v = 2xc ⇒ x = v2c

⇒ u = v2

4c2− c2

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1.9 Spezielle Abbildungen Grenzwertverlag 167

D. h. die Bilder sind Parabeln, die sich in Richtung der positiven reellen

Achse önen. Alle Parabeln besitzen den Koordinatenursprung als Brenn-

punkt.

x

y

u

v

u

v

w = z2

z-Ebene w1-Ebene

Für die Geradenschar x = c erhalten wir ebenfalls Parabeln.

u = c2 − y2 , v = 2xyc ⇒ y = v2c

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1.9 Spezielle Abbildungen Grenzwertverlag 168

⇒ u = c2 − v2

4c2

x

y

u

v

w = z2

z-Ebene w1-Ebene

Dabei ergeben die beiden Halbgeraden x = c , x = −c y > 0 jeweils eine

Hälfte des Parabelbogens.

Bei dieser Abbildung bleiben die Schnittwinkel der Kurven erhalten, d.

h. die Bilder der orthogonalen Geraden ergeben wieder Kurven, deren

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1.9 Spezielle Abbildungen Grenzwertverlag 169

Tangenten sich im rechten Winkel schneiden. Ausgenommen ist der Null-

punkt: hier wird der Winkel verdoppelt.

Abbildungen der Bauart w = zn , n ∈ IN sind bei Benutzung von Polarko-

ordinaten genauso leicht zu studieren wie im Falle n = 2. An Stelle der

Halbebene hat man einen Winkelraum mit der Önung 2πn , der dann auf

eine w-Ebene abgebildet wird. Damit ergibt sich als Bild der z-Ebene eine

n-fach überdeckte w-Ebene.

Es gilt: Zu vorgebenem w 6= 0 gibt es genau n verschiedene Werte z, so

dass

zn = w gilt.

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1.9 Spezielle Abbildungen Grenzwertverlag 170

Sämtliche z-Werte liegen auf einem Kreis um den Nullpunkt und bilden

dort die Ecken eines regelmäÿigen n-Ecks. Jeden dieser Werte nennt man

eine n-te Wurzel von w.

1.9.2 Abbildung w = 12

[z + 1

z

]Um einen ersten Überblick über die Abbildung

w = 12

[z + 1

z

]zu bekommen, bestimmen wir zu vorgebenem w die Urbilder.

w = 12

[z + 1

z

]| · 2z

2wz = z2 + 1

0 = z2 − 2wz + 1

⇒ z1,2 =

2w ±√

4w2 − 42 = w ±

√w2 − 1

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1.9 Spezielle Abbildungen Grenzwertverlag 171

Nach dem Wurzelsatz von Vieta ergibt das Produkt der beiden Lösungen

z1 , z2 das Absolutglied 1.

z1 · z2 = 1

D. h. die beiden Lösungen gehen durch die gebrochen lineare Abbildung

z1 = 1z2

ineinander über. Somit liegt für jedes w ein Urbild innerhalb und auÿerhalb

des Einheitskreises.

Stellt man die Variable z mittels Polarkoordinaten dar, so erhalten wir:

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1.9 Spezielle Abbildungen Grenzwertverlag 172

w = u+ jv = 12

[z + 1

z

]= 1

2

[rejϕ + 1

rejϕ

]= 1

2

[rejϕ + 1

re−jϕ]

= 12

[r (cosϕ+ j sinϕ) + 1

r (cosϕ− j sinϕ)]

= 12

(r + 1

r

)cosϕ + j

2

(r − 1

r

)sinϕ

bzw. u = 12

(r + 1

r

)cosϕ , v = 1

2

(r − 1

r

)sinϕ

Ausgehend von dieser Darstellung wollen wir die Bilder von Kreisen um

den Ursprung und von Ursprungsstrahlen bestimmen.

Kreise z = rejϕ , r fest , 0 ≤ ϕ < 2π

1) r > 1

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1.9 Spezielle Abbildungen Grenzwertverlag 173

u = 12

(r + 1

r

)︸ ︷︷ ︸

= a

cosϕ , v = 12

(r − 1

r

)︸ ︷︷ ︸

= b

sinϕ

Dies ist die Parameterdarstellung einer Ellipse mit den Halbachsen a >

1 und b > 0. Aus

d2 = a2 − b2 = 14

[r2 + 2 + 1

r2

]− 1

4

[r2 − 2 + 1

r2

]= 1 ⇒ d = 1

ergeben sich die Brennpunkte (±1|0) dieser Ellipsenschar.

Durchläuft nun r alle Werte r > 1, so bläht sich die Ellipse über die

ganze w-Ebene auf. Die Halbachse a = 12

[r + 1

r

]wächst monoton von

a = 1 bis a =∞, während b = 12

[r − 1

r

]von b = 0 auf b =∞ anwächst.

2) 0 < r < 1

In der Darstellung u = 12

(r + 1

r

)cosϕ , v = 1

2

(r − 1

r

)sinϕ ändert

sich nur das Vorzeichen von(r − 1

r

). Mittels

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1.9 Spezielle Abbildungen Grenzwertverlag 174

u = 12

(r + 1

r

)︸ ︷︷ ︸

= a

cos−ϕ , v = 12

(1r − r

)︸ ︷︷ ︸

= b

sin−ϕ

erkennen wir, dass sich ebenfalls eine Ellipse allerdings mit umge-

kehrtem Durchlaufsinn ergibt. Durchläuft r den Bereich 0 < r < 1,

so überstreichen die Ellipsen wieder eine komplette w-Ebene.

3) r = 1

Der Einheitskreis wird auf die doppelt durchlaufene Strecke auf der

reellen Achse zwischen −1 und 1 abgebildet.

w = 12

[ejϕ + 1

ejϕ

]= 1

2

[ejϕ + e−jϕ

]= cosϕ

Damit ergeben sich als Bild der z-Ebene zwei w-Ebenen. Schlitzt man

diese beiden Ebenen längs [−1, 1] auf und verheftet sie dort kreuzweise

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1.9 Spezielle Abbildungen Grenzwertverlag 175

miteinander, so ergibt sich wieder die zugehörige zweiblättrige Riemann-

sche Fläche.

x

y

u

v

w = 12

[z + 1

z

]

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1.9 Spezielle Abbildungen Grenzwertverlag 176

x

y

u

v

w = 12

[z + 1

z

]

Ursprungsstrahlen z = rejϕ , 0 < r <∞ , ϕ fest

Zunächst stellen wir die Halbgeraden mittels r = et in einer anderen Form

dar:

z = et · ejϕ , −∞ < t <∞ , ϕ fest

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1.9 Spezielle Abbildungen Grenzwertverlag 177

w = u+ jv = 12

[z + 1

z

]= 1

2

[et · ejϕ + 1

et · ejϕ

]= 1

2

[et · ejϕ + e−te−jϕ

]= 1

2

[et · (cosϕ+ j sinϕ) + e−t · (cosϕ− j sinϕ)

]= cosϕ · et + e−t

2︸ ︷︷ ︸= cosh t

+ j sinϕ · et − e−t

2︸ ︷︷ ︸= sinh t

bzw. u = cosϕ︸ ︷︷ ︸= a

cosh t , v = sinϕ︸ ︷︷ ︸= b

sinh t

Dies ist die Parameterdarstelluing eines Hyperbelastes mit den Halbachsen

a = cosϕ , b = sinϕ und dem Brennpunkt 1. Dabei wird der auÿerhalb des

Einheitskreises liegende Teil des Strahls auf die obere Hälfte des Hyper-

belastes abgebildet. Der innerhalb des Einheitskreises gelegene Teil ergibt

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1.9 Spezielle Abbildungen Grenzwertverlag 178

den unteren Ast.

x

y

u

v

u

v

u

v

w = 12

[z + 1

z

]

Grenzfälle

• ϕ = 0 ⇒ u = cosh t , v = 0

doppelt durchlaufenes Geradenstück [1 ,∞) auf der reellen Achse

• ϕ = π2 ⇒ u = 0 , v = sinh t

imaginäre Achse, durchlaufen von −j∞ nach j∞

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1.9 Spezielle Abbildungen Grenzwertverlag 179

• ϕ = π ⇒ u = − cosh t , v = 0

doppelt durchlaufenes Geradenstück (−∞ ,1] auf der reellen Achse

• ϕ = 3π2 ⇒ u = 0 , v = − sinh t

imaginäre Achse, durchlaufen von j∞ nach −j∞

Auch diese Abbildung ist winkeltreu, d. h. die oben beschriebenen Ellipsen-

und Hyperbelscharen durchdringen sich senkrecht.

1.9.3 Transzendente Funktionen für komplexe ArgumenteWir wollen hier kurz auf die Frage eingehen, wie die aus der Schulma-

thematik bekannten Funktionen sinx, , cosx , ex etc. für komplexe Argu-

mente erklärt werden. Benutzt werden hier die Reihendarstellungen dieser

elementaren Funktionen.

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1.9 Spezielle Abbildungen Grenzwertverlag 180

cosx =∞∑k=0

(−1)k x2k

(2k)!= 1− x

2

2! + x4

4! −x6

6! + x8

8! −x10

10! ± . . .

sinx =∞∑k=0

(−1)k x2k+1

(2k + 1)!= x− x

3

3! + x5

5! −x7

7! + x9

9! −x11

11! ± . . .

ex =∞∑k=0

xk

k! = 1 + x+ x2

2! + x3

3! + x4

4! + x5

5! + x6

6! + . . .

(vgl. Band 2 dieser Darstellung)

Die dabei benötigten Rechenoperationen +,−, ·, : sowie die Grenzwertbil-

dung

limn→∞ =

n∑k=0

akxk

lassen sich problemlos auf komplexe Argumente übertragen. Wir erhalten

so die Denition dieser Funktionen mittels Reihenentwicklung.

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Page 181: Grenzwertverlag 1 1Komplexe Zahlen › ~mohr › mathematik › me1 › KZ-Folien.pdf1.1 Einführung Grenzwertverlag 2 1.1Einführung Problem: Es gibt algebraische Gleichungen, die

1.9 Spezielle Abbildungen Grenzwertverlag 181

cos z =∞∑k=0

(−1)k z2k

(2k)!= 1− z

2

2! + z4

4! −z6

6! + z8

8! −z10

10! ± . . .

sin z =∞∑k=0

(−1)k z2k+1

(2k + 1)!= z − z

3

3! + z5

5! −z7

7! + z9

9! −z11

11! ± . . .

ez =∞∑k=0

zk

k! = 1 + z + z2

2! + z3

3! + z4

4! + z5

5! + z6

6! + . . .

Wir können nun auch den zunächst nur als Abkürzung benutzten

Zusammenhang zwischen Sinus-, Kosinusfunktion und der komplexen e-

Funktion rechtfertigen (Eulerformel).

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1.9 Spezielle Abbildungen Grenzwertverlag 182

ejx = 1 + jx+ (jx)2

2! + (jx)3

3! + (jx)4

4! + (jx)5

5! + (jx)6

6! + (jx)7

5! + (jx)8

8! + . . .

= 1 + jx− x2

2! − jx3

3! + x4

4! + jx5

5! −x6

6! − jx7

5! + x8

8! − . . .

= 1− x2

2! + x4

4! −x6

6! + x8

8! − . . . + j[x− x

3

3! + x5

5! −x7

5! + x8

8! − . . .]

= cosx + j sinx

1.9.4 Exponentialfunktion und LogarithmusWir benutzen die auch im Komplexen gültige Funktionalgleichung4 für

die e-Funktion

ez1+z2 = ez1 · ez2

4Wir gehen von der Reihendarstellung der komplexen e-Funktion aus

ez =∞∑k=0

zk

k!

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1.9 Spezielle Abbildungen Grenzwertverlag 183

Bei der Berechnung des Produkts sind nun die beiden Reihen auszumultiplizieren.

ez1 · ez2 =

(∞∑

k1=0

zk1

1k1!

(∞∑

k2=0

zk2

2k2!

)=

(1 + z1 +

z21

1 · 2 +z3

11 · 2 · 3 + . . .

)·(

1 + z2 +z2

21 · 2 +

z32

1 · 2 · 3 + . . .

)= 1 + [z1 + z2] + 1

1 · 2[z2

1 + 2z1z2 + z22

]+ 1

1 · 2 · 3[z3

1 + 3z21z2 + 3z1z2

2 + z32

]+ . . .

= 1 + (z1 + z2) + (z1 + z2)2

1 · 2 + (z1 + z2)3

1 · 2 · 3 + . . .

Beim Ausmultiplizieren fassen wir diejenigen Glieder zusammen, deren Exponenten bzgl.

z1 und z2 dieselbe Summe ergeben. Für das Glied mit k1 + k2 = k erhalten wir

=zk1k! +

zk−11

(k − 1)!· z2

1! + . . .+zk−l1

(k − l)!· z

l2l! + . . .+ z1

1! ·zk−1

2(k − 1)!

+zk2k!

= 1k!

[zk1 +

(k1

)zk−1

1 z2 + . . .+(kl

)zk−l1 zl2 + . . .+

(k

(k−1)

)z1

1zk−12 + zk2

]= (z1 + z2)k

k!Die letzte Beziehung ergibt sich aus dem binomischen Lehrsatz. Damit gilt die Funktio-

nalgleichung:

ez1 · ez2 =

( ∞∑k1=0

zk1

1k1!

( ∞∑k2=0

zk2

2k2!

)=

∞∑k=0

(z1 + z2)k

k! = ez1+z2

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1.9 Spezielle Abbildungen Grenzwertverlag 184

Unter Benutzung der Eulerschen Beziehung erhalten wir für die komplexe

e-Funktion die Darstellung:

w = ez = ex+jy = ex · ejy = ex · [cosx+ j sin y]

Um einen Überblick über das Abbildungsverhalten zu erhalten betrachten

wir wieder die Geradenschar y = c , −∞ < x <∞.

w = ez = ex+jy = ex · [cos c+ j sin c]

Durchläuft nun x den Bereich −∞ < x < ∞, so erhalten wir in der w-

Ebene den Ursprungsstrahl mit dem Winkel ϕ = c. Dabei ergibt sich für

c1 und c2 = c1 + 2π derselbe Ursprungsstrahl. Variieren wir c im Bereich

0 ≤ c < 2π, so ergeben sich in der w-Ebene sämtliche Ursprungsstrahlen.

Es ergibt sich bereits eine komplette w-Ebene, allerdings ohne Nullpunkt.

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1.9 Spezielle Abbildungen Grenzwertverlag 185

Als Bild des Geradenstücks x = c , 0 ≤ y < 2π erhalten wir in der w-Ebene

einen Kreis mit dem Radius ρ = ec.

x

y

u

vz − Ebene2π

w = ez

w1 − Ebene

Obige Skizze zeigt die Bilder zweier Parallellen zur reellen Achse und eines

zur imaginären Achse parallellen Geradensrücks.

Alle Streifen z = x + jy ,2kπ ≤ y < 2(k + 1)π < 0 ergeben bei der

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1.9 Spezielle Abbildungen Grenzwertverlag 186

Abbildung

w = ez

als Bild wieder ein komplette w-Ebene. In jedem dieser Fundamental-

streifen nimmt die e -Funktion jeden von Null verschiedenen Wert genau

einmal an. Der Wert 0 wird nirgends angenommen. Wir erhalten damit

unendlich viele w-Ebenen. Verheftet man diese w-Ebenen wieder längs der

reellen Achse, so ergibt sich die zugehörige Riemannsche Fläche mit un-

endlich vielen Blättern. Die Logarithmusfunktion ist nun wieder als Um-

kehrung erklärt. Sie ist im Komplexen mehrdeutig. Ist nun w 6= 0 und

|w| = ρ , arcw = ψ, so erklären wir die komplexe Logarithmusfunktion

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1.9 Spezielle Abbildungen Grenzwertverlag 187

z = logw durch

z = logw = ln ρ+ j(ψ + 2kπ) , k ∈ IN

Hierbei ist ln ρ die reelle Logarithmusfunktion zur Basis e. Damit gilt:

ez = eln ρ+j(ψ+2kπ) = eln ρ · ej(ψ+2kπ) = |w| · [cosψ + j sinψ] = w

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