erster grundstandiger bachelor-studiengang osteopathie

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Erster grundständiger Bachelor-Studiengang Osteopathie Zum Wintersemester 2011 wird der erste grundständige akkreditierte Bachelor-Studiengang Osteopathie in Deutschland eingerichtet. Die Hoch- schule Fresenius in Idstein in Hessen bei Wiesbaden bietet Abiturienten, Schülern mit Fachhochschulreife und Personen mit Hochschulzugangsbe- rechtigung einen nach den Bologna- Kriterien anerkannten akademischen Bachelor-Abschluss in Osteopathie in acht Semestern an. Ein einjähriger konsekutiver Master-Studiengang ist in Planung. Initiator dieses qualitativ hochwertigen BaföG-befähigten An- gebots ist der Verband der Osteopa- then Deutschland (VOD) e.V. Unter der Leitung des Akademisie- rungsexperten Professor Bernhard Meyer von der Evangelischen Fach- hochschule Darmstadt haben erfah- rene Mitglieder des VOD ihre Er- kenntnisse in mehrjähriger Arbeit in ein Curriculum übertragen, das nun an der Hochschule Fresenius umge- setzt wird. Der Bachelor-Studiengang Osteopathie umfasst die eigenständige Befunderhebung, Interpretation ande- rer Befunde, die erapieplanung und die osteopathische Behandlung unter Berücksichtigung der osteopathischen Philosophie und Geschichte. „Der Vorteil der Akademisierung für die Osteopathie als eigenständige Fachdisziplin liegt darin, dass sie in einen kontinuierlichen Forschungs- prozess eingebunden sein wird sowie einen staatlich lizensierten Abschluss mit breiter Anschlussfähigkeit und in- ternationaler Anerkennung innerhalb und außerhalb Europas erhält“, sagt VOD-Vorsitzende Marina Fuhrmann. Die Studenten werden in vier Jahren auf die externe Heilpraktikerprüfung vor- bereitet. Eingeteilt ist der neue Bachelor- Studiengang in fünf Lernfelder und di- verse Module, in denen unterschiedliche Kompetenzen vermittelt werden. Der Abschlusstitel des Studiengangs lautet Bachelor of Science in Osteopathy. Die Vorteile der Akademisierung der Osteopathie sieht der VOD für Pati- enten darin, dass durch eine breitere Bildung der Osteopathiestudenten und durch die fortlaufend geprüſte Standar- disierung der Qualität der Osteopathie eine höhere Sicherheit entsteht. Damit steigt wiederum die Kooperationsfähig- keit mit anderen Gesundheitsberufen, was auch einem breiteren, integrierten Versorgungsansatz für Patienten zugu- tekommen dürſte. Mit dem neuen Studiengang wird laut VOD ein Standard definiert, der dem Ge- setzgeber eine fachlich fundierte Grund- lage liefert, um ein eigenständiges Berufs- bild des Osteopathen zu etablieren. Weitere Informationen erhalten Sie über den Verband der Osteopathen Deutschland e.V., www.osteopathie.de. Michaela Wehr, Wiesbaden Somatische Dysfunktion Eine osteopathische somatische Dys- funktion, früher als osteopathische Läsion bezeichnet, ist eine fehlende Regulation oder eine Dysregulation einer Struktur, eines Gewebes, eines Gelenks, eines Organs oder eines Or- gansystems. Es kann skelettale, gelenk- bezogene, ligamentäre, myofasziale, gefäßbezogene, kraniosakrale, visze- rale oder lymphatische Einschränkun- gen geben. Meist betri eine soma- tische Dysfunktion viele, wenn nicht gar alle Gewebeschichten gleichzeitig. Diese Definition basiert auf der eo- rie, dass der Körper immer versucht, Belastungen jeder Art auszugleichen oder zu kompensieren. Solange die gesamte Funktion des Patienten auf- rechterhalten bleibt, ist der Patient kompensiert oder reguliert. Wenn er nicht mehr kompensieren kann, gerät er in Dekompensation und ist dysre- guliert, er hat also eine somatische Dysfunktion. Eine somatische Dysfunktion kann primär oder sekundär sein oder auch als sogenannte kompensatorische Dys- funktion vorliegen, bei der die Dys- funktion vom Körper erwünscht ist. Wenn beispielsweise eine anatomische Beinverlängerung vorhanden ist, ent- wickelt der Patient oſt auf der Seite des längeren Beins eine Ilium-posterior- Dysfunktion als Teilkompensation. Das führt meist dazu, dass das ipsilaterale Bein funktionell kürzer wird. Diese kompensatorische Dysfunktion erlaubt eine bessere Gesamtfunktion und ist nicht unbedingt behandlungsbedürſtig. Somatische Dysfunktionen im Körper sind immer verknüpſt mit anderen so- matischen Dysfunktionen, man sprich von einer Dysfunktionsverkettung. Sie sind daher fast immer in kraniosakra- len, viszeralen und parietalen Berei- chen vorhanden. Peter Adler-Michaelson, Wangen 33 Osteopathische Medizin 12. Jahrg., Heft 1/2011, S. 33, Elsevier GmbH – Urban & Fischer, www.elsevier.de/ostmed BERICHT GLOSSAR

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Erster grundständiger Bachelor-Studiengang OsteopathieZum Wintersemester 2011 wird der erste grundständige akkreditierte Bachelor-Studiengang Osteopathie in Deutschland eingerichtet. Die Hoch-schule Fresenius in Idstein in Hessen bei Wiesbaden bietet Abiturienten, Schülern mit Fachhochschulreife und Personen mit Hochschulzugangsbe-rechtigung einen nach den Bologna-Kriterien anerkannten akademischen Bachelor-Abschluss in Osteopathie in acht Semestern an. Ein einjähriger konsekutiver Master-Studiengang ist in Planung. Initiator dieses qualitativ hochwertigen BaföG-befähigten An-gebots ist der Verband der Osteopa-then Deutschland (VOD) e.V.Unter der Leitung des Akademisie-rungsexperten Professor Bernhard Meyer von der Evangelischen Fach-hochschule Darmstadt haben erfah-rene Mitglieder des VOD ihre Er-kenntnisse in mehrjähriger Arbeit in ein Curriculum übertragen, das nun

an der Hochschule Fresenius umge-setzt wird. Der Bachelor-Studiengang Osteopathie umfasst die eigenständige Befunderhebung, Interpretation ande-rer Befunde, die Th erapieplanung und die osteopathische Behandlung unter Berücksichtigung der osteopathischen Philosophie und Geschichte. „Der Vorteil der Akademisierung für die Osteopathie als eigenständige Fachdisziplin liegt darin, dass sie in einen kontinuierlichen Forschungs-prozess eingebunden sein wird sowie einen staatlich lizensierten Abschluss mit breiter Anschlussfähigkeit und in-ternationaler Anerkennung innerhalb und außerhalb Europas erhält“, sagt VOD-Vorsitzende Marina Fuhrmann. Die Studenten werden in vier Jahren auf die externe Heilpraktikerprüfung vor-bereitet. Eingeteilt ist der neue Bachelor-Studiengang in fünf Lernfelder und di-verse Module, in denen unterschiedliche Kompetenzen vermittelt werden. Der

Abschlusstitel des Studiengangs lautet Bachelor of Science in Osteopathy.Die Vorteile der Akademisierung der Osteopathie sieht der VOD für Pati-enten darin, dass durch eine breitere Bildung der Osteopathiestudenten und durch die fortlaufend geprüft e Standar-disierung der Qualität der Osteopathie eine höhere Sicherheit entsteht. Damit steigt wiederum die Kooperationsfähig-keit mit anderen Gesundheitsberufen, was auch einem breiteren, integrierten Versorgungsansatz für Patienten zugu-tekommen dürft e. Mit dem neuen Studiengang wird laut VOD ein Standard defi niert, der dem Ge-setzgeber eine fachlich fundierte Grund-lage liefert, um ein eigenständiges Berufs-bild des Osteopathen zu etablieren.Weitere Informationen erhalten Sie über den Verband der Osteopathen Deutschland e.V., www.osteopathie.de.

Michaela Wehr, Wiesbaden

Osteopathische Medizin

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Somatische Dysfunktion Eine osteopathische somatische Dys-funktion, früher als osteopathische Läsion bezeichnet, ist eine fehlende Regulation oder eine Dysregulation einer Struktur, eines Gewebes, eines Gelenks, eines Organs oder eines Or-gansystems. Es kann skelettale, gelenk-bezogene, ligamentäre, myofasziale, gefäßbezogene, kraniosakrale, visze-rale oder lymphatische Einschränkun-gen geben. Meist betrifft eine soma-tische Dysfunktion viele, wenn nicht gar alle Gewebeschichten gleichzeitig.Diese Defi nition basiert auf der Th eo-rie, dass der Körper immer versucht, Belastungen jeder Art auszugleichen

oder zu kompensieren. Solange die gesamte Funktion des Patienten auf-rechterhalten bleibt, ist der Patient kompensiert oder reguliert. Wenn er nicht mehr kompensieren kann, gerät er in Dekompensation und ist dysre-guliert, er hat also eine somatische Dysfunktion. Eine somatische Dysfunktion kann primär oder sekundär sein oder auch als sogenannte kompensatorische Dys-funktion vorliegen, bei der die Dys-funktion vom Körper erwünscht ist. Wenn beispielsweise eine anatomische Beinverlängerung vorhanden ist, ent-wickelt der Patient oft auf der Seite des

längeren Beins eine Ilium-posterior-Dysfunktion als Teilkompensation. Das führt meist dazu, dass das ipsilaterale Bein funktionell kürzer wird. Diese kompensatorische Dysfunktion erlaubt eine bessere Gesamtfunktion und ist nicht unbedingt behandlungsbedürft ig.Somatische Dysfunktionen im Körper sind immer verknüpft mit anderen so-matischen Dysfunktionen, man sprich von einer Dysfunktionsverkettung. Sie sind daher fast immer in kraniosakra-len, viszeralen und parietalen Berei-chen vorhanden.

Peter Adler-Michaelson, Wangen

33 12. Jahrg., Heft 1/2011, S. 33, Elsevier GmbH – Urban & Fischer, www.elsevier.de/ostmed

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