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Aus der Klinik für Kleine Haustiere der Tierärztlichen Hochschule Hannover und der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie der Henriettenstiftung Hannover ________________________________________________________________________________ Der Einfluss von Korrekturwinkel und Innenbandrelease bei der medial öffnenden valgisierenden Tibiakopfosteotomie auf die femorotibialen Druckverhältnisse – eine biomechanische Studie mit Vergleich der Verhältnisse bei Hund und Mensch – INAUGURAL-DISSERTATION Zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin (Dr. med. vet.) durch die Tierärztliche Hochschule Hannover Vorgelegt von Christiane D. Wrann aus Hamburg Hannover 2005

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Page 1: Der Einfluss von Korrekturwinkel und Innenbandrelease bei ... · biomechanisch begründetes Konzept zu Grunde. Über eine Korrektur der Tragachse wird die Belastungslinie des Beins

Aus der Klinik für Kleine Haustiere der Tierärztlichen Hochschule Hannover und

der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie der Henriettenstiftung Hannover ________________________________________________________________________________

Der Einfluss von Korrekturwinkel und Innenbandrelease bei der medial öffnenden

valgisierenden Tibiakopfosteotomie auf die femorotibialen Druckverhältnisse

– eine biomechanische Studie mit Vergleich der Verhältnisse bei Hund und Mensch –

INAUGURAL-DISSERTATION

Zur Erlangung des Grades einer

Doktorin der Veterinärmedizin

(Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von

Christiane D. Wrann

aus Hamburg

Hannover 2005

Page 2: Der Einfluss von Korrekturwinkel und Innenbandrelease bei ... · biomechanisch begründetes Konzept zu Grunde. Über eine Korrektur der Tragachse wird die Belastungslinie des Beins

Wissenschaftliche Betreuung: Prof. Dr. M. Fehr Prof. Dr. P. Lobenhoffer

1. Gutachter: Prof. Dr. M. Fehr 2. Gutachter: Prof. Dr. H. Seifert

Tag der mündlichen Prüfung: 15.11.2005

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Meinen Eltern, die immer an mich geglaubt haben

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INHALTSVERZEICHNIS

1 EINLEITUNG ....................................................................................................................... 1

2 LITERATURÜBERSICHT .................................................................................................. 4

2.1 Anatomie und Biomechanik des humanen Kniegelenkes ................................................ 4 2.1.1 Funktionelle Anatomie des humanen Kniegelenkes...................................................... 4 2.1.2 Biomechanik des humanen Femorotibialgelenkes ........................................................ 7

2.2 Definition der Fehlstellung................................................................................................ 7

2.3 Folgen von Fehlstellungen................................................................................................. 8

2.4 Beurteilung von Fehlstellungen......................................................................................... 8 2.4.1 Besonderheiten in der Beurteilung von Fehlstellungen beim Mensch ........................... 9 2.4.2 Achsabweichungen in der Frontalebene ..................................................................... 11

2.5 Varusfehlstellung beim Mensch...................................................................................... 12

2.6 Varusfehlstellung beim Hund ......................................................................................... 13

2.7 Korrektur von Fehlstellungen......................................................................................... 15 2.7.1 Korrekturosteotomien ................................................................................................ 15 2.7.2 Keilosteotomien......................................................................................................... 15 2.7.3 Fehlstellungskorrektur beim Hund ............................................................................. 16 2.7.4 Hohe valgisierende Tibiakopfosteotomie beim Mensch.............................................. 17

2.7.4.1 Nachteile der closing wedge Technik ..................................................................... 17 2.7.4.2 Vorteile und Entwicklungen in der opening wedge Technik ................................... 18 2.7.4.3 Ausmaß der Korrektur ........................................................................................... 18 2.7.4.4 Präoperative Planung ............................................................................................. 19

2.8 Intraligamentäre Osteotomie und „Innenbandrelease“................................................. 20

2.9 Experimentelle Vorarbeiten zum Prinzip der HTO....................................................... 20 2.9.1 Auswirkungen von Fehlstellungen in der Frontalebene .............................................. 20 2.9.2 Korrekturostomien und Ausmaß der Korrektur .......................................................... 21

2.10 Relevanz der experimentellen Untersuchung................................................................. 22

3 MATERIAL UND METHODEN ....................................................................................... 24

3.1 Humane Kniegelenkspräparate ...................................................................................... 24

3.2 Durchführung der medial öffnenden valgisierenden Osteotomie.................................. 26

3.3 Öffnen der Osteotomie .................................................................................................... 26

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3.4 Durchführung des schrittweisen Release des Innenbandes ........................................... 28

3.5 Mechanisches Testsystem................................................................................................ 29

3.6 Haltevorrichtung ............................................................................................................. 29

3.7 Simulation der verschiedenen Achsenverhältnisse......................................................... 31

3.8 Positionierung des Präparates in der Haltevorrichtung ................................................ 32

3.9 Testprotokoll.................................................................................................................... 33

3.10 Messung der femorotibialen Druckverhältnisse............................................................. 35 3.10.1 Meßsystem K-Scan.................................................................................................... 35 3.10.2 Präkonditionierung und Kalibrierung der Druckmessfolien ........................................ 36 3.10.3 Einbringen und Positionierung der Druckmessfolien.................................................. 36 3.10.4 Überwachung und Aufzeichnung mit dem Tekscan-System ....................................... 37

3.11 Versuchsablauf ................................................................................................................ 39 3.11.1 Vorbereitungen .......................................................................................................... 39 3.11.2 Druckmessungen bei verschiedenen simulierten Achsverhältnissen ........................... 40 3.11.3 Druckmessungen bei geöffneter Osteotomie .............................................................. 40 3.11.4 Druckmessungen bei geöffneter Osteotomie und Innenbandrelease............................ 40

3.12 Vorbemerkungen zu den Versuchsergebnissen.............................................................. 42

3.13 Rechnerische Korrektur einer artifiziellen Druckspitze................................................ 43

3.14 Statistische Auswertung .................................................................................................. 45

4 ERGEBNISSE ..................................................................................................................... 46

4.1 Auswertung einer Einzelmessung ................................................................................... 46

4.2 Ergebnisse des Vorversuchs............................................................................................ 47 4.2.1 Wiederholbarkeit einer Einzelmessung ...................................................................... 47 4.2.2 Einfluss der Höhe der axial eingeleiteten Kraft auf die Druckverteilung zwischen den Kompartimenten bei verschiedenen simulierten Achsenverhältnissen ........................ 49

4.3 Druckmessung bei verschiedenen simulierten Achsenverhältnissen............................. 51 4.3.1 Anteilige Verteilung der Kontaktkraft zwischen den Kompartimenten ....................... 51 4.3.2 Kontaktdruck im medialen und lateralen Kompartiment............................................. 55

4.4 Druckmessung während des Öffnens der Osteotomie ................................................... 57

4.5 Druckmessung während der Durchführung des Innenbandreleases ............................ 58

4.6 Druckmessung bei maximal geöffneter Osteotomie und Innenbandrelease ................. 59 4.6.1 Anteilige Verteilung der Kontaktkraft zwischen den Kompartimenten ....................... 59

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4.6.2 Anteilige Verteilung verschiedener Druckparameter zwischen den Kompartimenten . 61 4.6.3 Kontaktdruck im medialen und lateralen Kompartiment............................................. 63 4.6.4 Vergleich von mittlerem Kontaktdruck und Spitzenkontaktdruck............................... 66

4.7 Unterschiede in der Druckverteilung zwischen den verschiedenen Einstellungen ....... 68 4.7.1 Unterschiede des medialen Anteils der Kontaktkraft bezogen auf die Neutralstellung 68 4.7.2 Unterschiede des medialen Anteils der Kontaktkraft bezogen auf Varusfehlstellung-069

5 DISKUSSION...................................................................................................................... 72

5.1 Konzeptionelle Überlegungen ......................................................................................... 72 5.1.1 Verwendete Präparate ................................................................................................ 72 5.1.2 Tekscan-System zur Druckmessung........................................................................... 72 5.1.3 Testprotokoll ............................................................................................................. 74

5.1.3.1 Höhe der Belastung................................................................................................ 74 5.1.3.2 Dauer der Belastung............................................................................................... 75

5.1.4 Haltevorrichtung........................................................................................................ 76 5.1.5 Ausrichtung des Präparates ........................................................................................ 77 5.1.6 Simulation der Achsenverhältnisse............................................................................. 78 5.1.7 Streckstellung ............................................................................................................ 78 5.1.8 Statik versus Dynamik ............................................................................................... 79

5.2 Interpretation der eigenen Messungen ........................................................................... 80 5.2.1 Druckmessungen bei verschiedenen simulierten Achsenverhältnissen........................ 80

5.2.1.1 Anteilige Verteilung der Kontaktkraft zwischen den Kompartimenten ................... 80 5.2.1.2 Kontaktdruck im medialen und lateralem Kompartiment........................................ 83

5.2.2 Auswirkung des Öffnens der Osteotomie und Innenbandrelease................................. 85 5.2.2.1 Anteilige Verteilung der Kontaktkraft zwischen den Kompartimenten ................... 85 5.2.2.2 Vergleich von mittlerem Kontaktdruck und Spitzenkontaktdruck........................... 86

5.2.3 Einfluss von Arthrosen auf die Ergebnisse ................................................................. 87

5.3 Vergleich mit vorhandenen Arbeiten ............................................................................. 87 5.3.1 Auswirkungen der Fehlstellungen in der Frontalebene ............................................... 87 5.3.2 Ausmaß der Korrektur ............................................................................................... 89 5.3.3 Innenbandrelease ....................................................................................................... 90

5.4 Bedeutung der Versuchsergebnisse ................................................................................ 91 5.4.1 Bedeutung der Lage der Belastungsachse................................................................... 91 5.4.2 Bedeutung der HTO................................................................................................... 91 5.4.3 Bedeutung des Innenbandrelease ............................................................................... 91 5.4.4 Bewertung der erzielten Korrektur ............................................................................. 92

5.5 Schlussbetrachtungen...................................................................................................... 92

5.6 Bedeutung der Ergebnisse in Hinblick auf die Verhältnisse beim Hund ...................... 93 5.6.1 Beurteilung der Übertragbarkeit................................................................................. 93

5.6.1.1 Vergleich der Kinematik ........................................................................................ 93

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5.6.1.2 Vergleich der Kinetik............................................................................................. 94 5.6.1.3 Fazit....................................................................................................................... 95

5.6.2 Klinische Relevanz der Methode................................................................................ 95 5.6.3 Praktische Anwendbarkeit der Methode..................................................................... 96

6 ZUSAMMENFASSUNG..................................................................................................... 98

7 SUMMARY ....................................................................................................................... 100

8 LITERATURVERZEICHNIS.......................................................................................... 102

9 DANKSAGUNG................................................................................................................ 115

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ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS AMA Anatomisch-mechanischer Winkel (anatomic mechanical angle)

AO Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen

CA Kontaktfläche (contact area)

CF Kontaktkraft (contact force)

CORA Center of rotation and angulation

CP Kontaktdruck (contact pressure)

DMF Druckmessfolie

HTO Hohe valgisierende Tibiakopfosteotomie (high tibial osteotomy)

IBR Innenbandrelease

JLCA Konvergenzwinkel des Gelenklinien (joint line convergence angle)

KNEG Kniegelenksexpertengruppe der AO (Knee Expert Group)

LBB Labor für Biomechanik und Biomaterialien

LDFA Lateraler distaler Femurwinkel (lateral distal femur angle)

MAD Mechanische Achsabweichung (mechanical axis deviation)

MAT Malalignmenttest

MHH Medizinische Hochschule Hannover

MOT Malorientation-Test

MPTA Medialer proximaler Tibiawinkel (medial proximal tibial angle)

MTS Material Testsystem

PCP Spitzenkontaktdruck (peak contact pressure)

TKB Tibiakopfbreite

TPL Tibiaplateau

TPLO Tibiaplateau Leveling Osteotomy

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ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abbildung 1 Aufsicht auf das Tibiaplateau...................................................................................... 5 Abbildung 2 Kniegelenk in Beugung in der Ansicht von frontal...................................................... 5 Abbildung 3 Darstellung verschiedener Fehlstellungen am Beispiel der caninen Tibia .................... 9 Abbildung 4 Beurteilung von Fehlstellungen in der Frontalebene.................................................. 11 Abbildung 5 Bestimmung der Parameter einer Angulation ............................................................ 12 Abbildung 6 Dargestellter oberflächlicher distaler Anteil des Innenbandes.................................... 27 Abbildung 7 Vermessen des oberflächlichen distalen Anteils des Innenbandes.............................. 27 Abbildung 8 Durchführung der biplanaren Osteotomie mit eingezeichneter Schnittlinie................ 27 Abbildung 9 Geöffnete Osteotomie mit eingeschlagenen Flachmeißeln......................................... 27 Abbildung 10 Innenband zur Hälfte (anterior) durchtrennt ............................................................ 28 Abbildung 11 Innenband vollständig durchtrennt .......................................................................... 28 Abbildung 12 Haltevorrichtung von vorne .................................................................................... 30 Abbildung 13 Haltevorrichtung von der Seite................................................................................ 30 Abbildung 14 Simuliertes Achsenverhältnis "Valgus-62" .............................................................. 33 Abbildung 15 Beispiel einer Kontaktkraftmessung........................................................................ 34 Abbildung 16 Druckmessfolie in der Übersicht ............................................................................. 35 Abbildung 17 Einzelnes Messfeld mit den Sensoreinheiten und Teflonfolie .................................. 35 Abbildung 18 DMF im Gelenkspalt .............................................................................................. 37 Abbildung 19 DMF an der Gelenkkapsel eingenäht....................................................................... 37 Abbildung 20 Projektion der anatomischen Verhältnisse auf die Bildschirmansicht ..................... 38 Abbildung 21 Vollständiger Versuchsaufbau vor Beginn der Testung mit Druckmessung............. 39 Abbildung 22 Versuchsablaufprotokoll mit Dokumentationsbeispiel............................................. 41 Abbildung 23 Druckmessung bei der Einstellung "Varus-25"........................................................ 43 Abbildung 24 Druckmessung bei der Einstellung "Neutral-50" ..................................................... 43 Abbildung 25 Folienwiederholbarkeit am Beispiel der Einzelmessungen Varus-0 und Neutral-50 bei

einer Krafteinleitung von 1000 N .......................................................................................... 49 Abbildung 26 Einfluss der Höhe der eingeleiteten Kraft auf die anteilige Verteilung der

Kontaktkraft zwischen dem medialen und lateralen Kompartiment am Beispiel des Achsenverhältnisses Neutral-50............................................................................................. 50

Abbildung 27 Anteil des medialen Kompartimentes an der Gesamtkontaktkraft beider Kompartimente bei verschiedenen Achsverhältnissen............................................................ 53

Abbildung 28 Anteil des lateralen Kompartimentes an der Gesamtkontaktkraft beider Kompartimente bei verschiedenen Achsverhältnissen............................................................ 53

Abbildung 29 Druckmessung bei simulierter Varusfehlstellung .................................................... 54 Abbildung 30 Druckmessung bei simulierter Neutralstellung ........................................................ 54 Abbildung 31 Druckmessung bei simulierter Valgusfehlstellung................................................... 54 Abbildung 32 Kontaktdruck im medialen und lateralen Kompartiment bei verschiedenen

Achsverhältnissen und nicht geöffneter Osteotomie............................................................... 56 Abbildung 33 Druckmessung ohne axiale Krafteinleitung während der Öffnung........................... 57 Abbildung 34 Druckmessung ohne axiale Krafteinleitung während der zwei Schritte des

Innenbandreleases (IBR-50 und IBR-100) ohne axiale Krafteinleitung .................................. 58 Abbildung 35 Anteil des medialen Kompartimentes an der Gesamtkontaktkraft bei verschiedenen

Achsverhältnissen und geöffneter Osteotomie ....................................................................... 60 Abbildung 36 Anteil des medialen Kompartimentes an den Gesamtwerten für die Kontaktfläche,

mittleren Kontaktdruck und Spitzenkontaktdruck .................................................................. 62

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Abbildung 37 Verteilung des Kontaktdruckes zwischen dem medialen und lateralen Kompartiment bei verschiedenen Achsverhältnissen und geöffneter Osteotomie........................................... 65

Abbildung 38 Vergleich von Mittlerem und Spitzenkontaktdruck im medialen Kompartiment...... 67 Abbildung 39 Vergleich von Mittlerem und Spitzenkontaktdruck im lateralen Kompartiment....... 67 Abbildung 40 Unterschiede des medialen Anteils der Kontaktkraft in verschiedenen Einstellungen

im Vergleich zur Neutralstellung (Neutral-50)....................................................................... 70 Abbildung 41 Unterschiede des medialen Anteils der Kontaktkraft in verschiedenen Einstellungen

im Vergleich zur Varusfehlstellung (Varus-0) ....................................................................... 70 Abbildung 42 Druckmessung bei der Einstellung „HTO-max“...................................................... 71 Abbildung 43 Druckmessung bei der Einstellung „IBR-50“ .......................................................... 71 Abbildung 44 Druckmessung bei der Einstellung „IBR-100" ........................................................ 71

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TABELLENVERZEICHNIS Tabelle 3.1 Übersicht über die verwendeten Kniegelenkspräparate................................................ 24 Tabelle 3.2 Untersuchungsergebnisse der verwendeten Kniegelenkspräparate............................... 25 Tabelle 3.3 Kontaktkraft, Kontaktfläche und Kontaktdruck im ausgewählten Bereich der

posterolateralen Druckspitze.................................................................................................. 44 Tabelle 3.4 Datenbearbeitung zur Elimination der artifiziellen Druckspitze am Beispiel der

Einstellung Varus-25............................................................................................................. 45 Tabelle 4.1 Beispiel einer Datenauswertung zur Kontaktkraft im medialen und lateralen

Kompartiment des Femorotibialgelenk .................................................................................. 46 Tabelle 4.2 Überprüfung der Folienwiederholbarkeit der Kontaktkraftmessungen......................... 48 Tabelle 4.3 Messwerte für die Kontaktkraft im Vorversuch........................................................... 48 Tabelle 4.4 Einfluss der Höhe der eingeleiteten Kraft auf den relativen Anteil der Kontaktkraft im

medialen Kompartiment bei verschiedenen Achsverhältnissen .............................................. 50 Tabelle 4.5 Anteil des medialen Kompartimentes [%] an der Gesamtkontaktkraft beider

Kompartimente bei verschiedenen Achsenverhältnissen ........................................................ 51 Tabelle 4.6 Kontaktdruck [MPa] im medialen und lateralen Kompartimenten bei verschiedenen

Achsenverhältnissen.............................................................................................................. 55 Tabelle 4.7 Mittelwerte für den Kontaktdruck [MPa] im medialen und lateralen Kompartiment bei

verschiedenen Achsenverhältnissen....................................................................................... 56 Bei Tabelle 4.8 Anteil der medialen Kompartimentes an der Gesamtkontaktkraft beider

Kompartimente bei verschiedenen Einstellungen................................................................... 60 Tabelle 4.9 Übersicht über anteilige Verteilung der Druckparameter zwischen dem medialen und

lateralen Kompartiment ......................................................................................................... 62 Tabelle 4.10 Mittelwerte für den Kontaktdruck [MPa] im medialen und lateralen Kompartiment und

deren Summe ........................................................................................................................ 64 Tabelle 4.11 Kontaktdruck [MPa] im medialen und lateralen Kompartiment................................. 64 Tabelle 4.12 Übersicht über die Kontaktfläche, Mittleren Kontaktdruck und Spitzenkontaktdruck im

medialen und lateralen Kompartiment ................................................................................... 66 Tabelle 4.13 Unterschiede des medialen Anteils an der Kontaktkraft in verschiedenen Einstellungen

im Vergleich zur Neutralstellung (Neutral-50)....................................................................... 69 Tabelle 4.14 Unterschiede des medialen Anteil an der Kontaktkraft in verschiedenen Einstellungen

im Vergleich zur Varusfehlstellung (Varus-0) ....................................................................... 69

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1 EINLEITUNG ________________________________________________________________________________

1

1 EINLEITUNG

Ein verbessertes Verständnis der Biomechanik des Bewegungsapparates hat in den letzten Jahren

die Entwicklung neuer, ursachenorientierter Therapiekonzepte in der veterinärmedizinischen und

in der humanmedizinischen Orthopädie ermöglicht. Das bekannteste Beispiel aus der

Kleintierorthopädie ist die Tibia Plateau Leveling Osteotomy (TPLO) zur Behandlung der Ruptur

des Ligamentum cruciatum craniale beim Hund.

Der valgisierenden hohen Tibiakopfosteotomie (HTO) zur Behandlung der medialen

unikompartimentalen Gonarthrose bei Varusfehlstellung beim Menschen liegt ebenfalls ein

biomechanisch begründetes Konzept zu Grunde. Über eine Korrektur der Tragachse wird die

Belastungslinie des Beins nach lateral verschoben und so das geschädigte, schmerzhafte mediale

Kompartiment des Femorotibialgelenkes entlastet. Beim jüngeren Patienten im frühen Stadium

lässt sich durch diese Therapie ein totaler Gelenkersatz hinauszögern. Diese Korrekturosteotomie

kann in schließender Technik mit Zugang von lateral oder in öffnender Technik mit medialen

Zugang durchgeführt werden. Das öffnende Verfahren ist zwar schon seit langem bekannt, hat

aber jetzt aufgrund von wesentlichen Verbesserungen in der Operations- und Implantattechnik eine

Renaissance erfahren (LOBENHOFFER et al. 2002; STAUBLI et al. 2003).

Jedoch gibt es nur wenige biomechanische Grundsatzarbeiten zu dieser speziellen

Operationsmethode, insbesondere in der öffnenden Technik. In keiner Studie wurde bisher

experimentell die Änderung der Kontaktdruckverteilung durch Verschiebung der Tragachse

quantifiziert. Die Bestimmung des Korrekturausmaßes erfolgt in der täglichen chirurgischen Praxis

auf rein klinisch-empirischer Basis. Ein weiterer nicht untersuchter Punkt ist die Auswirkung der

durch die intraligamentäre Osteotomie erhöhten Innenbandspannung auf eine optimale

Dekompression des medialen Kompartimentes. Von einigen Autoren wird daher zur Herabsetzung

der sich aufbauenden Spannung die Durchführung eines sogenannten „Innenbandreleases“

empfohlen, um diese Druckentlastung sicher zu gewährleisten. Dabei werden die oberflächlichen

distalen Anteile des Innenbandes von ihrer knöchernen Grundlage abgelöst (LOBENHOFFER et

al. 2004).

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1 EINLEITUNG ________________________________________________________________________________

2

Ziel dieser Studie war die Überprüfung der Rationale dieser Operationsmethode auf

experimenteller Grundlage, um zukünftig eine präzisere Indikationsstellung, Planung und

Durchführung dieser Operation zu ermöglichen.

Dafür wurden sieben humane Kniepräparate in physiologischer Streckstellung bei einer axialen

Krafteinleitung bis 1000 N in einer Materialprüfmaschine getestet, zunächst in verschiedenen

simulierten Achsenfehlstellungen und dann nach der Durchführung der HTO in der öffnenden

Technik mit Korrektur auf den Fujisawa-Point (FUJISAWA et al. 1979). Dabei wurden

kontinuierlich über in das Femorotibialgelenk verbrachte Druckmessfolien getrennt für das

mediale und laterale Kompartiment des Femorotibialgelenkes die Kontaktkraft [N], der

Kontaktdruck [MPa], sowie die Kontaktfläche [mm²] in ihrer anatomisch-topographischen

Verteilung im zeitlichen Verlauf gemessen.

Es galt folgende Fragestellungen zu beantworten:

• Kann durch die medial öffnende valgisierende Tibiakopfosteotomie eine Alteration der

Druckverhältnisse im Femorotibialgelenk erreicht werden?

• Kann eine Voraussage getroffen werden, welches Korrekturausmaß für eine effektive

Entlastung des medialen Kompartimentes zu empfehlen ist?

• Wie wirkt sich die erhöhte Innenbandspannung auf die Druckentlastung des medialen

Kompartimentes aus?

• Was bewirkt die Durchführung des sogenannten „Innenbandreleases“?

Des weiteren sollte erörtert werden, inwieweit sich die am humanen Kniemodell gewonnenen

Erkenntnisse auf die Verhältnisse des caninen Knies übertragen lassen. Außerdem wurde die

klinische Relevanz und die praktischen Anwendbarkeit der Methode in der Kleintierorthopädie

diskutiert.

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1 EINLEITUNG ________________________________________________________________________________

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2 LITERATURÜBERSICHT ________________________________________________________________________________

4

2 LITERATURÜBERSICHT 2.1 Anatomie und Biomechanik des humanen Kniegelenkes

2.1.1 Funktionelle Anatomie des humanen Kniegelenkes

Soweit nicht besonders erwähnt, leiten sich die folgenden Erläuterungen aus Arbeiten von

(MÜLLER 1982; TILLMANN 1998; PLATZER 2003; GRAUMANN u. SASSE 2004) ab.

Das zusammengesetzte Kniegelenk, Articulatio genus, mit seinen Anteilen Femur, Tibia, Patella

und den Menisken, wird gemeinsam aus dem Femoropatellargelenk, Articulatio femoropatellaris,

und dem Femorotibialgelenk, Articulatio femorotibialis, gebildet. Im Femorotibialgelenk

artikulieren die Condyli ossis femoris mit der medialen und lateralen Gelenkfacette der Facies

articularis superior tibiae. Diese Teilabschnitte des Femorotibialgelenkes werden auch als

mediales und laterales Kompartiment bezeichnet. Zwischen diesen knöchernen Anteilen sind der

laterale und mediale Meniskus eingelagert. Die weiträumige Gelenkkapsel, die das gesamte

Kniegelenk umschließt, besteht aus der Membrana fibrosa und der Membrana synovialis. Die

Kreuzbänder werden derart von der Membrana synovialis umhüllt, dass diese sich intraartikulär,

aber extrakapsulär befinden. Die Menisken dagegen sind in der Membrana synovialis gelegen. Es

sind zahlreiche kommunizierende und nicht kommunizierende Bursen und Recessus vorhanden

(Abbildung 1 und 2).

Das Innenband, Ligamentum collaterale tibiale (5), entspringt am medialen Epicondylus ossis

femoris (1) und zieht als breitflächiges dreieckiges Band schräg nach anteriodistal und setzt ca. 7-

8 cm distal des Tibiaplateaus an der Facies medialis tibiae an. Es lassen sich zwei Abschnitte

unterscheiden. Der vordere Abschnitt verläuft ohne eine feste Verbindung mit der Gelenkkapsel

oder dem medialen Meniskus vom Femur zur Tibia. Der hintere Abschnitt, der auch als

Ligamentum collaterale tibiale posterius bezeichnet wird, besteht aus einem oberflächlichen und

einem tiefen Anteil. Der oberflächliche Anteil verläuft mit vertikalen Fasern ebenfalls zwischen

Femur und Tibia. Der tiefe Anteil zieht mit schrägem Faserverlauf als Ligamentum

meniscofemorale zwischen Femur und Meniskus und als Ligamentum coronarium zwischen Tibia

und Meniskus. Vom Lig. collaterale tibiale bestehen Verbindungen mit den Sehnen des M. semi-

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2 LITERATURÜBERSICHT ________________________________________________________________________________

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Abbildung 1 Abbildung 2

Abbildung 1 Aufsicht auf das Tibiaplateau (STROBEL et al. 1995) Abbildung 2 Kniegelenk in Beugung in der Ansicht von frontal 1: Epicondylus ossis femoris medialis; 2: Epicondylus ossis femoris laterali; 3: Caput fibulae; 4: Area intercondylaris anterior tibiae; 5: Ligamentum collaterale tibiale; 6: Ligamentum collaterale fibulare; 7: Ligamentum cruciatum anterius; 8: Ligamentum cruciatum posterius (GRAUMANN u. Sasse 2004)

membranosus, des M. adductor magnus und des M. vastus medialis. Der vordere, verschiebliche

Abschnitt verdreht sich mit zunehmender Flexion nach außen-hinten und überreitet dabei die

tieferliegenden Faseranteile. Der vordere Anteil ist bei Extension und Außenrotation gespannt und

bei Flexion und Innenrotation entspannt. Der tiefe Teil ist bei Flexion angespannt und ist wichtiger

Stabilisator in Flexionsstellung. Die Stabilität des posteromedialen Abschnitts des Kniegelenkes

wird gemeinsam vom Ligamentum collaterale tibiale und den Ansatzsehnen des M.

semimembranosus vermittelt.

Das strangartige Außenband, Ligamentum collaterale fibulare (6), verläuft zwischen Epicondylus

lateralis femuris (2) schräg nach hinten distal zum Caput fibulae (3). Es wird von der

Ursprungssehne des M. popliteus unterkreuzt und ist nur über lockeres Bindewebe mit der

Gelenkkapsel verbunden. Es stabilisiert die laterale Seite des Kniegelenkes und wirkt

synergistisch zum hinteren Kreuzband. Das Ligament ist in Extensions- und

Außenrotationsstellung angespannt und bei Flexion und Innenrotation entspannt. Ein weiterer

anterolateraler Stabilisator des Kniegelenks ist der Tractus iliotibialis. Beide gemeinsam werden

auch als Ligamentum femorotibialae laterale anterius bezeichnet werden.

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2 LITERATURÜBERSICHT ________________________________________________________________________________

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Das vordere Kreuzband, Ligamentum cruciatum anterius (7), verläuft von der Area interconcylaris

anterior tibiae (4) zur Innenfläche des Condylus lateralis femoris. Die Verlaufsrichtung ist schräg,

von anterior nach posterior. Es lässt sich ein anteromedialer und ein posterolateraler Faseranteil

unterscheiden. Bei voller Extension sollen alle Faseranteile gleichmäßig angespannt sein. Ab 30°

Flexion kommt es zu einem Spannungsabfall, der in den hinteren Anteilen größer ist als in den

vorderen. Das vordere Kreuzband ist Hauptstabilisator in der Sagittalebene und sekundärer

Stabilisator in der Frontalebene. Das hintere Kreuzband, Ligamentum cruciatum posterius (8) zieht

fächerförmig von der Area interconcylaris posterior tibiae zur Fossa intercondylaris an der

Innenfläche des Condylus medialis femoris. Die Verlaufsrichtung ist schräg, von posterior nach

anterior. Es lassen sich ein anterolaterales und posteriomediales Faserbündel differenzieren. Das

hintere Kreuzband stabilisiert gegen eine anterioposteriore Verschiebung in der Sagittalebene und

einer Varus-Valgus-Aufklappbarkeit in der Frontalebene. Zusätzliche Verstärkungen der

Gelenkkapsel in der Kniekehle sind das Ligamentum popliteum obliquum und Ligamentum

popliteum arcuatum.

Bei den Menisken handelt es sich um zwei sichelförmige Faserknorpelscheiben mit dreieckigem

Querschnitt. Die Sichelenden werden auch als Vorderhorn und Hinterhorn mit dazwischen

liegendem Seitenhorn bezeichnet. Zu ihren Funktionen gehören die Kraftübertragung und

Kraftverteilung, Vergrößerung der Kontaktflächen durch Ausgleich der Inkongruenz und damit

Druckverminderung und Stoßdämpfung (FUKUBAYASHI u. KUROSAWA 1980; AHMED et al.

1983; TISSAKHT u. AHMED 1995; KLEIN u. SOMMERFELD 2004). Die Menisci sind über

kurze Bänder mit ihren sichelförmigen Enden an der Area intercondylaris tibiae befestigt und

durch ihre Basis mit der Gelenkkapsel verwachsen. Der mediale Meniskus erhält eine feste

Verbindung zum hinteren Teil des Innenbandes und über einstrahlende Fasern auch zur

Gelenkkapsel. Dem lateralen Meniskus fehlt eine solche feste Verbindung zum lateralen

Seitenband und zur Gelenkkapsel in diesem Bereich. Das Ligamentum meniscofemorale anterius

und posterius ziehen von diesen zu den femoralen Insertionen der Kreuzbänder. Die Vorderhörner

sind durch das Ligamentum transversum genus miteinander verbunden. Weiterhin bestehen

seitliche Kapselverstärkungen zur Patella, die sogenannten meniskopatellaren Bänder.

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2 LITERATURÜBERSICHT ________________________________________________________________________________

7

2.1.2 Biomechanik des humanen Femorotibialgelenkes

Das Kniegelenk verfügt über eine Beweglichkeit mit sechs Freiheitsgraden, d.h. Rotationen um

alle drei Achsen sowie Translationen in allen drei Ebenen sind möglich. Der klinisch bedeutsame

Bewegungsumfang beim gesunden Kniegelenk mit gegebener Stabilität umfasst allerdings nur

eine aktive Beugung ca. 120° aus der vollen Extension, sowie Innen- und Außenrotation von 15°

bzw. 8° und minimale Abduktions- und Adduktionsbewegungen. Sowohl die Kinematik als auch

die Kinetik des Kniegelenkes werden vor allem durch die Oberflächengeometrie der

artikulierenden Knochenenden, der Länge und Insertionspunkte der Kreuzbänder und der

Kollateralbänder, sowie Geometrie und Verankerungspunkten der Menisken bestimmt (PLITZ

2000). So entstehen das charakteristische Roll-Gleiten bei der Beugung nach Modell der sich

überschlagenden Viergelenkskette, die Schlussrotation, sowie die scheinbar wandernde

Flexionsachse und der Transfer der Kontaktflächen (WEBER u. WEBER 1837; MÜLLER 1982;

MENSCHIK 1987; IWAKI et al. 2000). Das Femorotibialgelenk muss in voller Extension die

Stützfunktion im Stand erfüllen, während für die Bewegung mit Flexion ein hohes Maß Flexibilität

erforderlich ist (TILLMANN u. PETERSEN 2000)

2.2 Definition der Fehlstellung

Abweichungen in der Gliedmaßenstellung von der Norm werden als Fehlstellungen oder auch

Deformitäten bezeichnet. Diese Abweichungen können in allen Ebenen und Achsen auftreten,

sowie kombiniert. Sie können nicht nur auf eine Stelle im Knochen beschränkt sein (unifokale

Deformität), sondern auch mehrere Stellen (multifokale Deformitäten) betreffen (MARCELLIN-

LITTLE 1999b; PALEY 2002). Für den Menschen existieren in der Literatur Angaben zu

Normwerten mit Varianzbreite für die physiologische Achsenstellung (HSU et al. 1990; CHAO et

al. 1994; PALEY 2002). Eine solche einheitliche Beschreibung der Gliedmaßenstellung beim

Hund gibt es nicht. Grund dafür ist die große Rassenvielfalt und damit einhergehende

Unterschiede in Größe und Gestalt (LORZIER 2004b). Dennoch sind die grundlegenden

Anforderungen, die erfüllt sein sollten, um in der physiologischen Norm zu bleiben, bei beiden

Spezies gleich. Die Gelenke sollten nach der parasagittalen Ebene ausgerichtet sein und bei

Ausführung einer Vorwärtsbewegung nur geringgradig von dieser abweichen. Während der

Belastung sollten die Gelenkoberflächen sowohl in der Sagittal- als auch der Frontalebene parallel

zum Boden sein (PALEY 2002; LORZIER 2004b).

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2 LITERATURÜBERSICHT ________________________________________________________________________________

8

2.3 Folgen von Fehlstellungen

Die Folgen von Fehlstellungen sind vielfältig. Das Spektrum reicht von klinisch nicht

bedeutsamem Veränderungen bis hin zu schweren Beeinträchtigungen. Die Entwicklung einer

klinischen Symptomatik hängt ab vom Schweregrad der Deformität, dem Alter, dem

Aktivitätslevel und auch interindividuelle Unterschiede spielen eine große Rolle. Fehlstellungen

üben einen abnormalen und erhöhten Stress auf die benachbarten Gelenke aus (ANSON 1991;

PIERMATTEI u. FLO 1997; PALEY 2002). Ein Extremfall ist die stark veränderte

Gelenkkonfiguration bei der Ellenbogengelenksdysplasie mit Stufenbildung beim Hund. Diese

Inkongruenz kann so stark ausgeprägt sein, dass sogar nur noch ein Knochen lasttragend ist. Diese

Alterationen der Biomechanik werden inzwischen als die Hauptursache für die Entstehung

chronisch-degenerativer Gelenkerkrankungen angesehen (RADIN et al. 1991). Zum einen führt

die veränderte Lastübertragung zu Druckspitzen und einseitigen Mehrbelastungen im

Gelenkknorpel, andererseits werden auch physiologischerweise nicht so stark beanspruchte

Knorpelregionen belastet, was zu vorzeitigem Verschleiß führt (ALHALKI et al. 1999). Der

Zusammenhang von induzierten Fehlstellungen und der Entwicklung von Osteoarthrosen konnte

in tierexperimentellen Untersuchungen nachgewiesen werden (WU et al. 1990; LOVASZ et al.

1995; PANULA et al. 1997). Klinisch konnte dieser Beweis bisher noch nicht geführt werden.

Aber die Ergebnisse aus klinischen Studien in der Humanmedizin (KETTELKAMP et al. 1988;

ODENBRING et al. 1990) und auch Fallberichte in der veterinärmedizinischen Literatur

unterstützen diese Theorie (READ u. ROBINS 1982).

2.4 Beurteilung von Fehlstellungen

Grundsätzlich gilt es bei der Einschätzung einer Fehlstellung deren Anteile und ihre Ausprägung

zu identifizieren und zu differenzieren. Dies ist die Grundlage für eine erfolgreiche

Korrekturbehandlung. Zur Überprüfung der Gliedmaßenstellung auf Abweichungen werden die

Ausrichtung der anatomischen Achse und der mechanischen Achse sowie die Gelenklinien in

Relation zur Horizontalebene beurteilt. Als anatomische Achse gilt die Mittschaftlinie des

entsprechenden Knochens. Die mechanische Achse ist die Verbindungslinie zwischen den

Gelenkmittelpunkten der angrenzenden Gelenke. Eine Gelenklinie ist die Verbindung zwischen

zwei definierten Knochenpunkten der Gelenkoberfläche (PALEY 2002; LORZIER 2004b).

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2 LITERATURÜBERSICHT ________________________________________________________________________________

9

a b c d e

Parameter von Deformitäten sind Angulation, Länge, Rotation und Translation. Bei der

Angulation besteht die Achsabweichung in der Transversalebene, d.h. nach medial oder lateral,

oder in der Sagittalebene, d.h. nach kranial oder kaudal. Bei der Rotation sind die Längsachsen in

Bezug zueinander in Rotation versetzt. Ist das distale Knochensegment in Bezug auf das proximale

in einer Ebene verschoben, bezeichnet man dies als Translation (MARCELLIN-LITTLE 1997,

1999a; PALEY 2002; MILLIS u. JACKSON 2003).

Abbildung 3 Darstellung verschiedener Fehlstellungen am Beispiel der caninen Tibia

a: normale Tibia, Ansicht von frontal (oben) und sagittal (unten); b: Angulation nach lateral (Valgus) und nach medial (Varus); c: Angulation nach kaudal (Antecurvatum) und nach kranial (Recurvatum); d: Rotation; e: Translation (JOHNSON u. HULSE 2002)

2.4.1 Besonderheiten in der Beurteilung von Fehlstellungen beim Mensch

Im Folgenden soll kurz ein allgemein anerkanntes Konzept zur Beurteilung von

Achsenfehlstellungen in der Frontalebene vorgestellt werden (PALEY u. PFEIL 2000; PALEY

2002).

Zunächst wird die Lagebeziehung von Hüft-, Knie- und Sprunggelenk überprüft. Liegen deren

Gelenkmittelpunkte nicht mehr auf einer Linie, d.h ist deren Kollinearität nicht mehr gegeben,

liegt eine Fehlstellung, ein Malalignment, vor. Diese Linie wird mechanische Beinachse oder

Traglinie (sogenannte Mikulicz-Linie) genannt. Sie verläuft vom Zentrum des Hüftkopfes zur

Mitte des Sprunggelenkes. Der Abstand zwischen der mechanischen Beinachse und der Mitte des

Kniegelenkes ist die mechanische Achsabweichung (MAD). Bei Verlust der Kollinearität nimmt

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2 LITERATURÜBERSICHT ________________________________________________________________________________

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diese Distanz zu. Beträgt die MAD mehr als 15 mm nach medial, handelt es sich um eine

Varusfehlstellung, beträgt sie mehr als 1 mm nach lateral um eine Valgusfehlstellung (PALEY u.

PFEIL 2000). Diese Traglinie stellt auch gleichzeitig die Resultierende der Kraftübertragung in der

unteren Extremität dar. Jede Fehlstellung, die zu einer abweichenden MAD führt, bewirkt

gleichzeitig eine Alteration der Last- und Druckübertragung und -verteilung in der gesamten

Extremität (Abbildung 4).

Im Malalignmenttest (MAT) wird die Ursache der Fehlstellung festgestellt, d.h. knöcherne

Deformitäten, Bandlaxizitäten oder intraartikuläre Inkongruenzen, etwa durch Knorpel- oder

Knochenverluste, werden identifiziert. Der MAT beurteilt die Gelenkwinkel und die Ausrichtung

der Gelenklinien des Kniegelenkes. Die Gelenkwinkel werden durch die anatomische bzw.

mechanische Achse und die angrenzenden Gelenklinie gebildet. Die Benennung der

Gelenkswinkel erfolgt nach der Seite, auf der sie gemessen werden, also medial (m) oder lateral

(l), und nach dem Knochenende, auf das sie sich beziehen, also proximal (p) oder distal (d).

Üblicherweise werden die Winkel kleiner 90° verwendet. Trifft dieses für die Winkel beider

Achsen zu, wird das Präfix „a“ für die anatomische und „m“ für die mechanische Achse

hinzugefügt. Während in der Tibia die anatomische und mechanische Achse parallel verlaufen,

schließen diese im Femur einen Winkel von 7° (± 2°) ein, den anatomisch-mechanischen Winkel

(AMA). Obwohl in der Frontalebene prinzipiell beide Achsen verwendet werden können, bietet

sich die Verwendung der mechanischen Achse an, wenn sich der Ursprung der Deformität nahe

der Metaphyse befindet und die Einzeichnung der Mittschaftlinie nicht möglich ist. Am

Kniegelenk werden der mediale proximale Tibiawinkel (MPTA), sowie der laterale distale

Femurwinkel (LDFA) bestimmt. Weichen der MPTA bzw. der LDFA oder beide von der Norm

ab, sind die Tibia bzw. das Femur oder beide an der Fehlstellung beteiligt. Dann wird die

Parallelität der Gelenklinien überprüft. Der Winkel zwischen den Gelenklinien (JLCA) sollte

weniger als 3° ergeben. Ist die JCLA größer tragen Kollateralbandlaxitzitäten oder intraartikuläre

Inkongruenzen zur Fehlstellung bei. Um auszuschließen, ob auch Hüfte oder Sprunggelenk

deformiert sind, sollte in diesen die Gelenkausrichtung überprüft werden. Dieses Vorgehen wird

als Malorientation-Test (MOT) bezeichnet und wird in gleicher Weise wie für das Kniegelenk für

die entsprechenden Gelenkwinkel und Gelenklinien von Hüft- und Sprunggelenk durchgeführt.

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A B

Abbildung 4 Beurteilung von Fehlstellungen in der Frontalebene (PALEY u. PFEIL 2000) Durchführung des Malalignment-Tests: A: Bestimmung der mechanischen Achsabweichung (MAD) B: Bestimmung des med. prox. Tibiagelenkwinkels (MPTA) C: Bestimmung der Gelenklinienkonvergenz (JLCA)

2.4.2 Achsabweichungen in der Frontalebene

Achsabweichungen sind durch vier Parameter charakterisiert: die Höhe des Scheitelpunktes, der

Ebene der Abweichung, der Richtung des Scheitelpunktes in der Ebene der Abweichung und die

Größe der Abweichung (Abbildung 5). Der Scheitelpunkt wird auch center of rotation of

angulation (CORA) genannt und liegt im Schnittpunkt der proximalen und distalen Achslinie

(MARCELLIN-LITTLE 1997; PALEY u. PFEIL 2000). Ein Vorteil der Verwendung der MAD

zur Beschreibung einer solchen Fehlstellung liegt darin, dass sowohl Höhe als auch das Ausmaß

der Abweichung berücksichtigt werden. Je dichter eine Fehlstellung am Gelenk liegt, desto größer

ist ihre Auswirkung auf dieses Gelenk, was sich in einer Zunahme der MAD widerspiegelt

(MCKELLOP et al. 1994). Die Ebene wird in Bezug zu den anatomischen Ebenen in Grad

angegeben. Die Richtung des Apex kann nach lateral oder medial, nach anterior oder posterior

oder auch kombiniert zeigen d.h. z.B. nach anteromedial. Die Größe der Angulation entspricht

dem Winkel α zwischen der proximalen und distalen Achslinie, der kleiner als 90° ist. Die Höhe

der Angulation ist definiert durch die Winkelhalbierenden des Winkels I und geht durch CORA.

C

Valgus Valgus: MPTA >90°

MAD = 8 ±±±± 7 mm (medial)

Varus Varus: MPTA >90°

Valgus

Varus

MPTA = 87,5°±±±± 2

JLCA = 0° - 2° (medial)

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Abbildung 5 Bestimmung der Parameter einer Angulation (modifiziert nach PALEY u. PFEIL 2000) CORA = Zentrum der Rotation und der Angulation CWP = Drehpunkt bei der closing wedge Technik OWP = Drehpunkt bei der opening Technik Bisector = Winkelhalbierende des Winkels I zwischen der proximalen und distalen Achslinie und > 90° ist α = Größe der Angulation als Winkel zwischen der proximalen und distalen Achslinie, der < 90° ist 2.5 Varusfehlstellung beim Mensch

Ein Varusfehlstellung liegt vor, wenn die Traglinie des Beines durch das mediale Kompartiment

verläuft. PALEY und PFEIL (2000) ergänzten um die Definition, dass im Varus die MAD mehr

als 15 mm nach medial beträgt. Je größer das Ausmaß der Fehlstellung ist, desto weiter medial

verläuft die Traglinie und desto stärker sind die Auswirkungen auf die Biomechanik. Diese

Fehlstellung kann durch drei Faktoren verursacht sein: die knöcherne Geometrie, eine

Verschmälerung des Gelenkspaltes medial durch Verlust von Meniskusgewebe, Gelenkknorpel

und/oder subchondralem Knochen oder durch Erweiterung des lateralen Gelenkspaltes durch

Laxizitäten der posterolateral stabilisierenden Strukturen (DUGDALE et al. 1992). Je nach der

Beteiligung der unterschiedlichen Anteile unterscheidet man drei verschiedene Stadien. Beim

primären Varustyp liegen ossäre Deformitäten und evtl. zusätzlich Knorpel- oder

Meniskusverluste vor. Beim Double-Varus tritt zusätzlich eine ligamentäre Insuffizienz mit

Nachfolgen einer lateralen Öffnung des Gelenksspaltes („lateral condylar lift-off“) auf. Beim

Triple-Varus entsteht nach Schädigung der posterolateral stabilisierenden Strukturen der Varus

„thrust“ mit posterolateraler Instabilität, verstärkter Tibiaaußenrotation und Extension

(Recurvatum) (IMHOFF et al. 2004).

In der Literatur werden verschiedene Effekte durch die nach medial verlagerte Traglinie diskutiert.

Eine Erhöhung des medialen Gelenkdruckes soll sich dadurch ergeben, dass bei einer im medialen

Kompartiment liegenden Traglinie auch die Lastübertragung während Stand und Gang vermehrt

im medialen Kompartiment stattfinden soll (HSU et al. 1990; MCKELLOP et al. 1991;

RIEGGER-KRUGH et al. 1998). Des weiteren wurde eine Vergrößerung des „Adduktions-

I2

I2

OWP

CWP

CORA

. Bisector

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2 LITERATURÜBERSICHT ________________________________________________________________________________

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momentes“ im Kniegelenk in Abhängigkeit von der Größe der MAD beschrieben (MAQUET et al.

1975). Da bei einer Varusfehlstellung eine Distanz zwischen der einwirkenden Gewichtskraft,

repräsentiert durch die Traglinie, und ihrem Wirkungsort, nämlich dem Zentrum des

Kniegelenkes, besteht, wird ein Hebelarm geschaffen. Dadurch entsteht ein weiteres Moment, das

auf das Kniegelenk einwirkt. Dieser Hebelarm entspricht in seiner Länge der MAD. Das

geschaffene Moment wird als „Adduktionsmoment“ bezeichnet, weil seine Wirkung darin besteht,

eine Adduktion im Kniegelenk zu erzeugen. Die Stärke dieses „Adduktionsmomentes“ wird zwar

auch durch die Größe der Gewichtskraft bestimmt, vor allem aber durch die Größe der MAD.

Dieses Moment macht sich während der Standbeinphase des Ganges als lateraler Thrust

bemerkbar, d.h. in der Tendenz des Kniegelenkes, im lateralen Gelenkspalt aufzuklappen

(PRODROMOS et al. 1985; WANG et al. 1990). Dadurch werden die posterolateral-

stabilisierenden Strukturen (Lig. coll. fibulare, posterolaterale Gelenkkapsel, Lig. iliotibiale und

Popliteussehne), die diesem Moment entgegen wirken müssen, um ein Aufklappen des Gelenkes

zu verhindern, vermehrt gestresst (MAQUET et al. 1975).

Das Varusknie gehört zu den präarthrotischen Deformitäten und kann zu einer medialen

unicompartimentalen Gonarthrose führen. Durch den fortschreitenden Knorpelverschleiß medial

erhöht sich die Belastung auf die lateralen Strukturen weiter, was wiederum eine Verschlechterung

des Grades der Fehlstellung zur Folge haben kann – ein Circulus vitiosus, dessen Endpunkt die

Totalendoprothese darstellen kann (LOBENHOFFER et al. 2004).

2.6 Varusfehlstellung beim Hund

Die Fehlstellungen der Gliedmaßen gehören zu den häufigen Erkrankungen des

Bewegungsapparates des Hundes. Sie machen etwa einen Anteil von 1,77 % an allen

muskuloskeletalen Problemen aus (MARCELLIN-LITTLE 1997). Obwohl die Vordergliedmaßen

von Angularitätsdeformitäten am häufigsten betroffen sind, insbesondere Radius und Ulna

(JOHNSON et al. 1994), gibt es dennoch zahlreiche Fallbeschreibungen über Fehlstelllungen in

der Kniegelenksregion (VAUGHAN 1976; RAMADAN u. VAUGHAN 1979; PAATSAMA u.

KÄRKKÄINEN 1981; PAATSAMA et al. 1985; JOHNSON 1992; SHANI u. SHAHAR 2002).

Die Bedeutsamkeit des Varusknie liegt nicht nur in der Häufigkeit des Auftretens begründet,

sondern vor allem in der Beteiligung bei wichtigen Erkrankungssyndromen der Hintergliedmaße.

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2 LITERATURÜBERSICHT ________________________________________________________________________________

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Die Ursachen, die zu Fehlstellungen der Gliedmaßen führen können, sind sehr vielfältig. Einer der

häufigsten Gründe ist der vorzeitige Schluss der Wachstumsfugen der langen Röhrenknochen

(PIERMATTEI u. FLO 1997). Diese Störungen entstehen nach Trauma oder durch erhöhte

Druckbelastungen aufgrund von Muskel- oder Gewichtkräften. So induziert bei der medialen

Patellaluxation der Muskelzug des medialisierten M. quadriceps die assoziierten Fehlbildungen

Varus und Innenrotation der proximalen Tibia (HULSE 1981). Einen großen Anteil haben die

nicht in anatomischer Position geheilten Frakturen (PIERMATTEI u. FLO 1997). Diese

Malunions sind meist Folge einer fehlenden Behandlung oder eines komplizierten

Heilungsverlaufes und bilden die Hauptursache für Translationsdeformitäten (ANSON 1991;

PIERMATTEI u. FLO 1997). Aber auch eine Überfütterung im Wachstum kann eine Rolle

spielen, etwa bei der Ausbildung des Genu valgum des Wolfhundes (PAATSAMA u.

KÄRKKÄINEN 1981). Ein Beispiel für eine genetische Störung der Skelettentwicklung ist die

Metaphysäre Tibiadysplasie des Dackels, die einen Pes varus verursachen kann (MAYRHOFER

1977; KASA u. KASA 1982; JOHNSON et al. 1989).

Eine Varusfehlstellung liegt vor, wenn das distale Knochensegment in Bezug zum proximalen

nach lateral abweicht (JOHNSON u. HULSE 2002) (Abbildung 3). Diese Fehlstellung wirkt

prädisponierend für eine Ruptur des kranialen Kreuzbandes, insbesondere in Kombination mit

innenrotierter Tibia oder Hyperextension, weil so das kraniale Kreuzbandes schon bei

Normalbelastung bedeutend stärker gestresst wird (MOORE u. READ 1996; LORZIER 1997;

PLUHAR 2001; JERRAM u. WALKER 2003). Klinische Erfahrungsberichte unterstützen diese

Theorie (READ u. ROBINS 1982). Ebenfalls in der Pathogenese der medialen Patellarluxation

spielt das Genu varum eine entscheidende Rolle. Zum einen begünstigt der abnormale Verlauf des

M. quadriceps die Entwicklung dieser Deformität, zum anderen unterstützt diese Fehlbildung,

wenn sie erst einmal etabliert ist, auch die luxierende Wirkung des M. quadrizeps. Beide Faktoren

steigern gemeinsam erheblich das Risiko der Ausbildung einer Patellaluxation IV. Grades

(HULSE 1981; SLOCUM u. SLOCUM 1998).

Eine Operationstechnik, durch die leicht eine Varusfehlstellung der Tibia induziert werden kann,

zumeist mit einer Innenrotation, ist die TLPO-Technik. Solche Komplikationen sind meist die

Folge einer mangelhaften Technik oder des Versuchs, prächirurgisch vorliegende Fehlstellungen

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gleichzeitig mit Hilfe der Durchführung einer TPLO zu korrigieren (LORZIER 1997; JERRAM u.

WALKER 2003; WHEELER et al. 2003; LORZIER 2004a).

2.7 Korrektur von Fehlstellungen

2.7.1 Korrekturosteotomien

Ziel der Korrekturosteotomie ist die Wiederherstellung normaler Achsverhältnisse, einer korrekten

Gelenkausrichtung in der Extremität und ggf. die Schaffung eines Längenausgleich (JOHNSON

1992; MILLIS u. JACKSON 2003). Die Funktion soll verbessert und den mit Deformitäten

assoziierten Krankheitskomplexen, wie Arthrosen oder der Ruptur des cranialen Kreuzbandes,

vorgebeugt werden (HULSE 1981; NEWTON 1985a; LORZIER 1997; SLOCUM u. SLOCUM

1998). Bei diesen korrigierenden Eingriffen wird die Metaphyse oder Diaphyse eines Knochen

durchtrennt, die entstandenen Segmente neu ausgerichtet und anschließend stabilisiert, bis die

Knochenheilung abgeschlossen ist (MILLIS u. JACKSON 2003). Durch dieses Vorgehen können

prinzipiell Deformitäten in allen Ebenen und Richtungen berichtigt werden (PIERMATTEI u.

FLO 1997).

2.7.2 Keilosteotomien

Sowohl in der Tiermedizin als auch der Humanmedizin sind eine Reihe verschiedener Verfahren

der Korrrekturosteotomie beschrieben worden. Die Wahl der geeigneten Technik wird bestimmt

durch die Indikation und Art der Deformität, den Vor- und Nachteilen der jeweiligen Methode,

sowie patientenindividuellen Kriterien, wie etwa dem Alter, Größe und Körpergewicht (ANSON

1991; PALEY 2002; MILLIS u. JACKSON 2003). Die Keilosteotomien eignen sich besonders zur

Korrektur von Deformitäten in einer Ebene, wie z.B. einem Genu varum.

Bei der schließenden Keilosteotomie (closing wedge) wird ein Keil von zuvor bestimmter Größe

aus den Knochen entfernt und die dabei entstehende Lücke im Knochen durch Zuklappen der

Knochenenden geschlossen. Knochenlänge geht dabei etwas verloren. Bei der öffnenden Technik

(opening wedge) wird eine Osteotomie durchgeführt und die Knochenenden voneinander entfernt,

so dass ein keilförmiger Spalt entsteht, und die gewünschte Achskorrektur erreicht ist.

Knochenlänge wird dabei hinzugewonnen. Prinzipiell sollte eine Korrektur auf der Höhe der

Deformität erfolgen, am Punkt der maximalen Abweichung. Der Drehpunkt der Osteotomie sollte

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bei der schließenden Technik im Schnittpunkt der durch CORA verlaufenden Winkelhalbierenden

mit der konkaven Knochenkante liegen, bei der öffnenden Technik im Schnittpunkt mit der

konvexen Knochenkante (PIERMATTEI u. FLO 1997; PALEY u. PFEIL 2000) (Abbildung 5).

2.7.3 Fehlstellungskorrektur beim Hund

Im Allgemeinen ist die Indikation zur Korrektur gegeben, wenn Funktionseinschränkungen

vorliegen. Uneinheitlich wird dagegen die Frage beantwortet, wann präventiv korrigiert werden

soll, wenn die Funktion nicht eingeschränkt ist (KASA u. KASA 1982; ANSON 1991;

PIERMATTEI u. FLO 1997). Zunächst werden empirische Werte genannt für den Grad an

Abweichungen, der noch toleriert werden kann. Bei Angularitätsdeformitäten von weniger als 5°

soll die Entwicklung von Gewebestress und Pathologie eher unwahrscheinlich sein, bei Werten

zwischen 5 und 10° mäßig wahrscheinlich und bei über 10° Abweichung sehr wahrscheinlich.

Ähnliches soll auch für die Rotationsdeformitäten gelten (LORZIER 2004a). Dies wird durch

Berichte aus der Klinik (JOHNSON et al. 1989) und tierexperimentelle Arbeiten bestätigt, in

denen nach induzierten Abweichungen von mehr als 20° bis 30° Lahmheiten auftraten (WU et al.

1990). Liegt die Fehlstellung als Teil eines komplexen Krankheitsgeschehens, z.B. der medialen

Patellaluxation vor, ist eine Korrektur dieser Deformitäten für einen Therapieerfolg der

Gesamterkrankung unerlässlich (HULSE 1981; LORZIER 1997; SLOCUM u. SLOCUM 1998;

LORZIER 2004a).

In Ermangelung an rassespezifischen Normwerten für Achsen und Gelenkwinkel erfolgt die

Korrektur meist in gleichem Ausmaß wie die festgestellte Abweichung. Dieses Vorgehen sorgt für

die Wiederherstellung einer parallelen Ausrichtung der Gelenklinien proximal und distal der

Deformität, wodurch ein optimales funktionelles Ergebnis erreicht werden kann (NEWTON

1985a). Jedoch kann unter Umständen auch eine moderate Überkorrektur angezeigt sein. In jedem

Fall sollte aber der rassetypische und individuelle Körperbau mit berücksichtigt werden, da es

Rassen gibt, bei denen eine von der Norm abweichende Gliedmaßenstellung Standard ist, z.B.

beim chondrodystrophischen Dackel. Hier empfiehlt es sich, die kontralaterale Gliedmaße als

Vorlage zu verwenden (JOHNSON et al. 1989). Schließlich sollte auch immer nur im Rahmen der

Weichteiltoleranz korrigiert werden, um Lähmungen oder Traumata in diesem Bereich zu

vermeiden. Als gute bis exzellente Ergebnisse einer Korrektur werden residuale Abweichungen

< 3° Angularität und < 3 % Längendefizit eingestuft (MARCELLIN-LITTLE 1997). WHEELER

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et al. (2003) legten willkürlich einen Wert 3° fest, der für die durch eine TPLO induzierten

Abweichungen in Angulation und Rotation als noch akzeptabel anzusehen ist.

2.7.4 Hohe valgisierende Tibiakopfosteotomie beim Mensch

Die hohe valgisierende Tibiakopfosteotomie (HTO) ist eine Korrekturosteotomie zur Behandlung

der medialen unikompartimentalen Gonarthrose bei Varusfehlstellung. Über eine Korrektur der

Achse wird die Traglinie des Beins nach lateral verlagert. So soll die Gewichtsbelastung vom

geschädigten schmerzhaften medialen Kompartiment des Femorotibialgelenkes in das gesunde

laterale Kompartiment verschoben werden. Diese Umstellungsosteotomie zur Achsenkorrektur

bietet die Möglichkeit zum Erhalt des Gelenkes und Verbesserung des Aktivitätslevels gerade

beim jüngeren Patienten (PALEY 2002; LOBENHOFFER u. AGNESKIRCHNER 2003). Das

Konzept der hohen Tibiakopfosteotomie zur Therapie der medialen Gonarthrose wird

COVENTRY (1965) zugeschrieben und erfuhr maßgebliche Weiterentwickelungen durch

MAQUET (1980). Die HTO kann in der closing wedge oder der opening wedge Technik erfolgen.

Die heute am weitesten verbreitete Methode ist die closing wedge Technik nach COVENTRY mit

Keilresektion nach lateralem Zugang und anschließender Fixierung mit Klammern,

Plattenosteosynthese oder Zuggurtung (AGNESKIRCHNER et al. 2004a). Die klinischen

Ergebnisse, die mittel- und langfristig mit dieser Technik erzielt worden sind, waren bei

Beachtung der Indikation und adäquater Korrektur gut (COVENTRY 1979; INSALL et al. 1984;

IVARSSON et al. 1990; ODENBRING et al. 1990; YASUDA et al. 1992; COVENTRY et al.

1993; LOOTVOET et al. 1993; HASSENPFLUG et al. 1998).

2.7.4.1 Nachteile der closing wedge Technik Nachteile der closing wedge Technik liegen im Risiko einer Verletzung des N. peroneus, in der

Notwendigkeit der Fibulaosteotomie oder der Eröffnung des proximalen Tibiofibulargelenkes und

der Ablösung der Extensorenmuskulatur. Zudem besteht die Gefahr des Korrekturverlustes und

einer ausbleibenden Knochenheilung. Große Korrekturen führen zu einer signifikanten

Beinverkürzung und Translation des Tibiakopfes, die die nachfolgende Implantation einer

Totalendoprothese nachteilig beeinflussen können (COVENTRY 1985; AYDOGDU et al. 2000;

LOBENHOFFER et al. 2004).

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2 LITERATURÜBERSICHT ________________________________________________________________________________

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2.7.4.2 Vorteile und Entwicklungen in der opening wedge Technik Bei der medial öffnenden valgisierenden Tibiakopfosteotomie ist keine Muskelablösung

notwendig, die Beinlänge wird nicht verkürzt und der Korrekturgrad kann intraoperativ angepasst

werden (LOBENHOFFER et al. 2004). Trotz dieser Vorteile hat diese Technik in der

Vergangenheit keine weite Verbreitung gefunden aufgrund der als notwendig erachteten

Auffüllung des Osteotomiespaltes mit Spongiosa und den damit verbundenen Komplikationen.

Doch Verbesserungen in der chirurgischen Technik und die Einführung spezieller Implantate

haben zu einer Renaissance dieser Methode geführt. Diese gehört nun zu den innovativsten

Verfahren der Orthopädie (LOBENHOFFER u. AGNESKIRCHNER 2003). Neue winkelstabile

Plattenfixateure (TomoFixTM, Mathys Medizinaltechnik AG, Bettlach, Schweiz) zeichnen sich

durch eine besonders hohe Primärstabilität aus. Das Verfahren der biplanaren inkompletten

Osteotomie erhöht den Knochenkontakt, die Stabilität in der Sagittalebene, vermeidet Frakturen

und Instabilitäten auf der Lateralseite. Diese Maßnahmen haben die Knochenheilung verbessert

und das Risiko von Korrekturverlusten minimiert, eine Notwendigkeit zur Spongiosa-

transplantation ist in den meisten Fällen nicht mehr gegeben (LOBENHOFFER et al. 2002;

STAUBLI et al. 2003).

2.7.4.3 Ausmaß der Korrektur Der Therapieerfolg ist stark von einer optimalen und exakten Korrektur abhängig ist (PAPE et al.

2004). Eine zu geringe Korrektur führt zu schlechteren klinischen Ergebnissen oder einer

Revarisierung. Ist die Überkorrektur zu stark, kann es nachfolgend zu einer Aufklappung des

medialen Gelenkspaltes und einer rasch fortschreitenden Arthrose im lateralen Kompartiment des

Kniegelenkes kommen (HERNIGOU et al. 1987). Für das richtige Ausmaß der Korrektur

existieren vielerlei Angaben. Einige Autoren orientieren sich dazu an den anatomischen

Achsverhältnissen und empfehlen eine Erzielung von 8-10° Valgus postoperativ (KETTELKAMP

et al. 1976; ENGEL u. LIPPERT 1981; COVENTRY 1985; KOSHINO et al. 1989). Andere

nehmen die mechanischen Achsverhältnisse zur Grundlage und fordern 3-5° Valgus postoperativ

(MYRNERTS 1980; HERNIGOU et al. 1987; IVARSSON et al. 1990). All diese Empfehlungen

sind jedoch nur von klinisch-empirischer Natur. Sie beruhen auf individuellen Erfahrungswerten

und einigen retrospektiven Studien. Daten aus experimentellen Studien, die Auswirkungen der

HTO auf die biomechanischen Verhältnisse im Kniegelenk quantifizieren, fehlen.

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2 LITERATURÜBERSICHT ________________________________________________________________________________

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Die wohl am häufigsten in der präoperativen Planung verwandte Korrekturempfehlung hat die

Arbeit von FUJISAWA et al. (1979) zur Grundlage. In dieser retrospektiven klinischen Studie

wurden 54 Kniegelenke präoperativ vor der Durchführung einer HTO in closing wedge Technik

und postoperativ nach einem follow-up von 4 Monaten bis 6 Jahren arthroskopisch untersucht und

der Gelenkknorpel evaluiert. Der postoperative Achsenverlauf wurde mit den Änderungen der

Knorpelbefunde verglichen. Die erzielte Korrektur wurde über den Schnittpunkt der Traglinie

postoperative mit dem Tibiaplateau bestimmt, das Tibiaplateau in vier Abschnitte eingeteilt und

der Schnittpunkt dem entsprechenden Abschnitt zugeteilt. FUJISAWA et al. (1979) folgerten aus

ihren Ergebnissen, dass bei idealer Korrektur die postoperative Achse im Bereich der lateralen

30 % des Tibiaplateaus, vom Mittelpunkt aus gemessen, liegen sollte. Aus dieser Arbeit

entwickelte sich die Empfehlung, dass die Traglinie postoperativ durch den sogenannten

„Fujisawa-Point“ verlaufen sollte, d.h. diese soll die Kniegelenkslinie bei 62 % der Breites des

Tibiaplateaus, gemessen von der medialen Kortikalis aus, schneiden (MINIACI et al. 1989;

DUGDALE et al. 1992; NOYES et al. 1993).

2.7.4.4 Präoperative Planung Zur präoperativen Planung gehören die Indikationsstellung, Bestimmung der Fehlstellung und die

Festlegung des Korrekturausmaßes, d.h. der Öffnungsgrad der Osteotomie in Millimetern. Da ein

intaktes laterales Kompartiment Voraussetzung ist, sollte in diesem Bereich kein Gelenkschmerz

und keine radiologischen Anzeichen für Arthrose vorliegen (AGNESKIRCHNER et al. 2004a). Die

Planung erfolgt anhand von korrekt angefertigten belasteten Ganzbeinröntgenaufnahmen. (PAPE

et al. 2004). Die momentane Traglinie wird eingezeichnet. Der Schnittpunkt dieser mit der tibialen

Kniegelenkslinie, einer Linie parallel zu der subchondralen Sklerose des Tibiaplateaus, wird

bestimmt. In Abhängigkeit vom Grad der Varusdeformität liegt der Schnittpunkt unterschiedlich

weit im medialen Kompartiment. Der „Fujisawa-Point“ (FUJISAWA et al. 1979) wird auf dieser

Linie markiert und die neue postoperative gewünschte Traglinie durch Femurkopf und „Fujisawa-

Point“ bis in das obere Sprunggelenk gezeichnet. Der Korrekturwinkel zwischen dem momentanen

und dem beabsichtigten Zentrum des oberen Sprunggelenkes wird am Drehpunkt der Osteotomie

gemessen. Dieser Winkel wird dann auf die Ebene der geplanten Osteotomie übertragen. Der

Öffnungsgrad der Osteotomie in Millimetern kann nun zwischen diesen beiden Schenkeln auf der

Höhe der medialen Kortikalis abgetragen werden, ggf. unter Berücksichtigung eines

Vergrößerungsfaktors (PAPE et al. 2004).

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2 LITERATURÜBERSICHT ________________________________________________________________________________

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2.8 Intraligamentäre Osteotomie und „Innenbandrelease“

Bei Deformitäten mit präoperativ vorliegender Bandlaxizität kann die intraligamentäre Osteotomie

zur Bandstraffung und Stabilitätsverbesserung genutzt werden (PALEY et al. 1994). Wird die

Osteotomie proximal des distalen Bandansatzes des medialen Kollateralbandes durchgeführt,

entfernen sich beim Öffnen der Osteotomie Ansatz und Ursprung des Bandes voneinander bei

gleichbleibender Bandlänge. Die Bandspannung erhöht sich und die Gelenkführung wird so

verbessert. Dieser Effekt der Innenbandstraffung tritt regelmäßig bei der öffnenden valgisierenden

Tibiakopfosteotomie auf, weil auch bei dieser Methode intraligamentär osteotomiert und geöffnet

wird. Intraoperativ kann diese zunehmende Bandspannung problematisch sein, da sie sich

begrenzend auf den Öffnungsgrad auswirkt. LOBENHOFFER et al. (2004) empfehlen daher, ein

sogenanntes Release der oberflächlichen medialen Kapselbandstrukturen parallel zur

Achsenkorrektur durchzuführen, um dieser artifiziellen Erhöhung der Innenbandspannung

entgegenzuwirken. Bei diesem empfohlenen sogenannten „Innenbandrelease“ werden vorsichtig

die oberflächlichen langen Fasern des distalen Schenkels des Innenbandes vom Ansatz abgelöst,

bis ein ungehindertes Öffnen der Osteotomie möglich ist.

Welche Auswirkungen diese iatrogen erhöhte Innenbandspannung aber tatsächlich auf die

intraartikulären Druckverhältnisse hat, ist vollkommen unbekannt. Eine bestehende Befürchtung

ist, dass es durch diese zu einer Erhöhung des Gelenkdruckes im medialen Kompartiment kommt

und so dem eigentlich Therapieziel, nämlich der Entlastung des medialen Kompartimentes,

entgegensteht. Ob das „Innenbandrelease“ allerdings zu diesem Zweck geeignet ist, ist

gleichermaßen unbekannt. Es bedarf daher dringend einer Klärung der Bedeutung dieser

Maßnahme für den Erfolg der HTO und für den Erhalt einer ungestörten Biomechanik des

Kniegelenkes.

2.9 Experimentelle Vorarbeiten zum Prinzip der HTO

2.9.1 Auswirkungen von Fehlstellungen in der Frontalebene

Die Auswirkungen von Achsabweichungen in der Frontalebene auf die Belastungsverteilung im

Femorotibialgelenk war wiederholt Gegenstand experimenteller Studien. Es kamen dabei

verschiedenste Messtechniken und Versuchsaufbauten zum Einsatz. Die Ergebnisse früherer

Arbeiten beruhten noch auf indirekten Berechnungen aus Röntgenbildauswertungen, ggf. unter der

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2 LITERATURÜBERSICHT ________________________________________________________________________________

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Verwendung von zusätzlichen Informationen aus Ganganalysen mit Messung der

Bodenreaktionskräfte mittels Kraftmessplatten (KETTELKAMP u. CHAO 1972; HARRINGTON

1983; HSU et al. 1990). Die ersten direkten Messungen der übertragenen Kräfte und

Kontaktdrücke im Gelenk erfolgten mit Dehnungsmessstreifen (IZADPANAH u. KEONCH-

FRAKNOY 1977; INABA et al. 1990). Als nächstes wurden drucksensitive Filme (Fuji-Film) mit

Farbpatronen eingesetzt (MCKELLOP et al. 1991; RIEGGER-KRUGH et al. 1998) und zuletzt

Druckmessfolien, die über eine elektromechanische Widerstandmessung arbeiten (Tekscan-

System) (BAI et al. 2001). Die meisten Studien testeten unter statischen Bedingungen und nur

wenige unter dynamischen.

2.9.2 Korrekturostomien und Ausmaß der Korrektur

Zu Korrekturosteotomien gibt es nur zwei in-vitro Studien. Eine der Arbeiten beschäftigte sich mit

der Korrektur von Fehlstellungen in der Frontalebene. RIEGGER-KRUGH et al. (1998)

untersuchten in einer biomechanischen Testung am Kniepräparat den Effekt einer HTO in closing

wedge Technik auf die Druckverhältnisse im Femorotibialgelenk unter statischen Bedingungen.

Die Druckmessung erfolgte mit Fuji-Filmen. In der anderen Arbeit untersuchten

AGNESKIRCHNER et al. (2004b), die Möglichkeit, mittels einer flektierenden HTO, die die

Achsverhältnisse in der Sagittalebene verändert, die intraartikulären Druckverhältnisse im

Kniegelenk zu beeinflussen. Dazu wurden in einer dyamischen biomechanischen Studie am

Kniekinemator eine intraartikuläre Druckmessung mit dem Tekscan-System durchgeführt und die

Auswirkungen einer Änderung des Tibial slopes auf den femorotibialen Kontaktdruck und dessen

anatomisch-topographischer Verteilung gemessen. Entsprechende Arbeiten zur HTO in der open-

wedge Technik liegen nicht vor. Des weiteren sind keine Daten vorhanden, die das Ausmaß der

Valgisierung und die gewünschte Änderung der intraartikulären Druckverhältnisse korreliert

haben.

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2 LITERATURÜBERSICHT ________________________________________________________________________________

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2.10 Relevanz der experimentellen Untersuchung

Abschließend kann daher festgehalten werden, dass trotz der weiten Verbreitung der

Operationsmethode und der Berufung auf ein biomechanisches Konzept eine eindeutige

wissenschaftliche Absicherung dieser Methode auf experimenteller Basis jedoch nicht gegeben ist.

Die anzunehmende weitere Zunahme der Popularität der HTO in der opening wedge Technik

macht daher eine experimentelle Überprüfung der biomechanischen Rationale wünschenswert, um

zukünftig eine präzisere Indikationsstellung. Planung und Durchführung dieser Operation zu

ermöglichen.

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2 LITERATURÜBERSICHT ________________________________________________________________________________

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3 MATERIAL UND METHODEN ________________________________________________________________________________

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3 MATERIAL UND METHODEN 3.1 Humane Kniegelenkspräparate

In dieser Studie wurden sieben humane Kniepräparate verwendet, die über die Firma Anatomical

Services, Chicago, USA bezogen wurden. Es wurden vier linke und drei rechte Kniegelenke

männlicher und weiblicher Spender (zwei männliche / fünf weibliche) mit einem

Durchschnittsalter von 62 (55-66) Jahren eingesetzt, bei denen keine operativen Eingriffe am Knie

vorgenommen worden waren (Tabelle 3.1).

Vor Versuchsbeginn wurden von allen Präparaten Röntgenbilder in zwei Ebenen zum Ausschluss

von Deformitäten oder arthrotischen Veränderungen angefertigt (anteroposteriorer und

laterolateraler Strahlengang, Belichtung: 63 kV, 3,2/4 mAs, Fokus-Film-Abstand: 1,15m,

Röntgenanlage: Polymat 50 Fa. Siemens, Speicherfoliensystem Fa. AGFA ADC Solo). Zusätzlich

wurde am Röntgenbild der mediale proximale Tibiagelenkwinkel (MPTA) bestimmt. Der MPTA

wird gemessen zwischen der Mittschaftlinie der Tibia und der Gelenklinie des Tibiaplateaus, die

durch die Verbindung der konvexesten gelegenen Punkte am Tibiaplateau gebildet wird. Der

physiologische MPTA beträgt 87° (85°-90°). Kleinere Werte deuten auf eine Varus-, größere auf

eine Valgusfehlstellung hin (PALEY u. PFEIL 2000). Im eigenen Untersuchungsgut betrug der

durchschnittliche MPTA 88° (84°-91°). Des weiteren wurden die Gelenke klinisch untersucht, der

Bewegungsumfang und etwaige Instabilitäten dokumentiert. Nach Eröffnung der Gelenkkapsel

wurde der Gelenkknorpel und die Menisci sorgfältig inspiziert und ggf. die Lokalisation und

Ausprägung von vorhandenen Läsionen festgehalten. Die Klassifizierung der Knorpelbefunde

erfolgte nach Outerbridge. Es wurden die Werte für die Tibiakopfbreite und die Breite des

Innenbandes auf der Höhe der späteren Osteotomie erhoben (Tabelle 3.2).

Tabelle 3.1 Übersicht über die verwendeten Kniegelenkspräparate Präparat-Nr. Alter Geschlecht Körperseite

1 61 weiblich rechtes Kniegelenk2 55 männlich linkes Kniegelenk3 55 männlich rechtes Kniegelenk4 66 weiblich linkes Kniegelenk5 66 weiblich rechtes Kniegelenk6 66 weiblich linkes Kniegelenk7 66 weiblich rechtes Kniegelenk

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3 MATERIAL UND METHODEN ________________________________________________________________________________

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Tabelle 3.2 Untersuchungsergebnisse der verwendeten Kniegelenkspräparate Präp- MPTA Knorpelbefunde im Befunde an den Menisci TKB IBBNr. [°] Femorotibialgelenk [mm] [mm]1 91 obB. obB. 70 202 89 med. Komp.: IV. Grad obB. 78 103 87 obB. obB. 80 94 87 lat. Komp.: II. Grad Hinterhorn lat. Meniskus 71 10

Chondrocalzinose I. Grad 5 84 obB. obB. 72 86 87 lat. u. med. Komp.: IV. Grad obB. 70 127 89 lat. u. med. Komp.: IV. Grad obB. 74 11

Präp-Nr.: Präparatnummer; MPTA: Medialer proximaler Tibiagelenkwinkel; med. Komp.: mediales Kompartiment; lat. Komp.: laterales Kompartiment; obB.: ohne besonderen Befund; TKB: Tibiakopfbreite; IBB: Breite des Innenbandes; Klassifikation der Knorpelbefunde nach Outerbridge

Die frischen tiefgefrorenen Präparate wurden bis zum Versuch bei –20° Celsius aufbewahrt und 26

Stunden vor dem Versuch bei Raumtemperatur in einer Auffangschale aufgetaut. Bei der

Präparation wurden Haut und Unterhaut sowie sämtliche Muskeln bis auf deren kniegelenksnahen

Ursprünge und Ansätze entfernt (Ursprünge der Mm. gastrocnemii und des M. popliteus, sowie

der Extensoren- und Flexorengruppe des Unterschenkels, dem Ansatz des Tractus iliotibialis und

des M. biceps femoris). Im Ganzen erhalten wurden das mediale und laterale Seitenband, die

Kreuzbänder und die Gelenkkapsel. Das Femorotibialgelenk wurde durch eine mediale und eine

laterale parapatellare Inzision eröffnet und die Quadrizepssehne mit Patella und Patellarsehne

entfernt. Das mediale Seitenband wurde in allen seinen Anteilen sorgfältig dargestellt (Abbildung

6) und die Breite des oberflächlichen distalen Anteils auf Höhe der späteren Osteotomie vermessen

(Abbildung 7). Die Fibula wurde distal gekürzt und ihr proximales Drittel erhalten. Die

Knochenenden von Femur und Tibia wurden bis auf eine Länge von 16,5 cm abgetrennt und

vollständig von ihren Weichteilen befreit.

Zur Einbettung des Präparates in die Metallhülsen der Haltevorrichtung wurde ein Drei-

Komponenten-Kunstharz (Rencast FC 53, Fa. Huntsmann Advanced Materials, Everberg, Belgien)

verwendet. Die Knochenenden von Femur und Tibia wurden mittig und aufrecht in den 8 cm

hohen Metallhülsen platziert, die zuvor mit Knetmasse (Art&Fun, Simba Toys GmbH & Co. KG,

Fürth) abgedichteten worden waren, und mit Fixierungsschrauben gesichert. Die nach

Herstellerangaben im gleichen Gewichtsverhältnis zusammengemischten Kunstharzkomponenten

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3 MATERIAL UND METHODEN ________________________________________________________________________________

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wurden dazugegossen, bis die Hülsen bis auf einen Zentimeter unter dem Rand gefüllt worden

waren, und wurden zur Aushärtung für 15-20 min erschütterungssicher gelagert.

3.2 Durchführung der medial öffnenden valgisierenden Osteotomie

Nach Einbringen der Druckmessfolien (DMF) in den Gelenkspalt wurde die Osteotomie des

Tibiakopfes nach den Empfehlungen der Knee-Expert-Group (KNEG) der Arbeitsgemeinschaft für

Osteosynthesefragen (AO, Leitung Prof. Dr. Lobenhoffer) durchgeführt (LOBENHOFFER et al.

2004). Hierfür wurde Operationsbesteck eines üblichen AO-Grundsiebes für orthopädische

Operationen und spezielles Instrumentarium (oszillierende Säge, Flachmeißel) verwandt (Fa.

Synthes, Bettlach, Schweiz).

Die Osteotomie des Tibiakopfes (Abbildung 8) erfolgte biplanar mittels einer oszillierenden Säge,

d.h. in zwei Schnittebenen, und inkomplett, d.h. die laterale Kortikalis wurde erhalten. Die erste

Schnittebene umfasste nur die posterioren Zweidrittel des Tibiakopfes. Dieser Schnitt wurde am

Wendepunkt der konkav zur konvex gebogenen Kontur des medialen Tibiakopfes begonnen und

nach lateral schräg ansteigend in Richtung auf das untere Drittel des proximalen

Tibiofibulargelenkes geführt. Ein Zentimeter des lateralen Knochens wurde intakt belassen. Im

anterioren Drittel des Tibiakopfes wurde die zweite Schnittebene angelegt. Dieser Schnitt verlief

hinter der Tuberositas tibiae in einem Winkel von ca. 130° zur ersten Ebene nach proximal

ansteigend und endete oberhalb des Ansatzes der Patellarsehne. Während der gesamten

Durchführung wurde streng darauf geachtet, den zuvor bereits dargestellten oberflächlichen

distalen Anteil des Innenbands nicht zu beschädigen.

3.3 Öffnen der Osteotomie

Das Öffnen der Osteotomie erfolgte am in das Materialprüfsystem (MTS) eingespannten Präparat

und ohne axiale Krafteinleitung. Dazu wurde nach der Drei-Meißel-Technik gearbeitet. Nach und

nach wurden Flachmeißel unterschiedlicher Größen und Breiten in den Osteotomiespalt anterior

und posterior des Innenbandes eingeschlagen bis zum Erreichen der maximal möglichen Öffnung

(Abbildung 9). Dieser Öffnungsgrad wurde begrenzt durch die sich zunehmend aufbauende

Spannung des Innenbandes. Die Ausrichtung des Tibiaplateaus in der Sagittalebene (tibial slope)

wurde nicht verändert. Die Flachmeißel wurden zur Vergrößerung des Knochenkontaktes auf der

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3 MATERIAL UND METHODEN ________________________________________________________________________________

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Schnittebene während der folgenden Versuchsabschnitte im Osteotomiespalt belassen. Mit einer

Schublehre wurde der Öffnungsgrad an der breitesten Stelle der Osteotomie bestimmt und betrug in

Abhängigkeit von der Tibiakopfbreite 7-9 mm, gemessen an der vorderen Kante des Innenbandes.

Abbildung 6 Abbildung 7

Abbildung 8 Abbildung 9

Abbildung 6 Dargestellter oberflächlicher distaler Anteil des Innenbandes Abbildung 7 Vermessen des oberflächlichen distalen Anteils des Innenbandes Abbildung 8 Durchführung der biplanaren Osteotomie mit eingezeichneter Schnittlinie Abbildung 9 Geöffnete Osteotomie mit eingeschlagenen Flachmeißeln

(Ansicht von medial)

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3 MATERIAL UND METHODEN ________________________________________________________________________________

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Der Vorgang des Öffnens erfolgte sehr langsam und vorsichtig, so dass sich die hintere intakte

laterale Kortikalis möglichst plastisch deformieren konnte und nicht frakturierte. In einigen Fällen

kam es beim Öffnen dennoch zu einer solchen Fraktur der lateralen Kortikalis. Es wurde dann eine

Osteosynthese (AO-AS/F Fixateur externe bzw. Kortikalisschrauben) durchgeführt, die eine

Weiterführung des Experimentes erlaubte. Bei ausgewählten Präparaten wurde während des

Öffnungsvorganges eine tibiofemorale Druckmessung durchgeführt.

3.4 Durchführung des schrittweisen Release des Innenbandes

Das Innenbandrelease erfolgte am in die MTS eingespanntem Präparat und ohne axiale

Krafteinleitung. Die tibiofemoralen Druckverhältnisse wurden währenddessen kontinuierlich

gemessen und aufgezeichnet. Im ersten Schritt (IBR-50) wurde nur die anteriore Hälfte des

Innenbandes auf Höhe der Osteotomie quer durchtrennt und die posterioren Hälfte des Ligamentes

intakt belassen (Abbildung 10). Im zweiten Schritt (IBR-100) wurden auch die verbleibenden

posterioren Faseranteile vollständig durchschnitten (Abbildung 11). Im Anschluss an jeden

Durchtrennungsschritt wurden weitere Testungen und Druckmessungen bei verschiedenen

Achsenverhältnissen ausgeführt.

anterior anterior

anterior anterior

Abbildung 10 Abbildung 11

Abbildung 10 Innenband zur Hälfte (anterior) durchtrennt Abbildung 11 Innenband vollständig durchtrennt

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3 MATERIAL UND METHODEN ________________________________________________________________________________

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3.5 Mechanisches Testsystem

Im Versuch erfolgte eine standardisierte Belastung der Kniepräparate durch eine

Materialprüfmaschine (MiniBionix� 865, MTS Systems Co., Mineapolis, USA), deren

servohydraulische Steuerung der Krafteinleitung über eine spezielle Steuerungssoftware eine

gleichmäßige und genaue Belastung nach vorgegebenem Belastungsprotokoll unter

wiederholbaren Bedingungen ermöglichte (Abbildung 21). Für die Testung wurde das Präparat im

Testrahmen der Materialprüfmaschine (MTS) eingespannt und über den Druckstempel der MTS

auf dieses eine bestimmte axiale Kraft torsionsfrei ausgeübt. Da sich das Gelenk dabei nicht in

Bewegung befand, handelte sich um einen statischen Versuch. Die Belastungsachse zwischen dem

oberen Druckstempel und der Grundplatte des Testrahmens wurde mit einem horizontalen

Laserstrahl markiert, so dass die auf das Gelenk jeweils einwirkende Kraftachse sichtbar wurde.

Dafür wurde eine Laserwasserwaage (Art.-Nr. 81125, Brüder Mannesmann Werkzeuge,

Remscheid) verwendet, die unabhängig von der Versucheinrichtung positioniert und exakt im

Raum ausgerichtet werden konnte.

3.6 Haltevorrichtung

Eine spezielle Haltevorrichtung wurde konstruiert, in der die Kniepräparate fixiert und in der MTS

eingespannt werden konnten. Diese Haltevorrichtung ermöglichte die Simulation verschiedener

physiologischer und pathologischer Achsenverhältnisse, ohne jedoch Veränderungen am Präparat

selbst vornehmen zu müssen. Durch die kardanische Aufhängung der Kniegelenke in der MTS

konnten sich diese außerdem der jeweiligen Belastung individuell anpassen. Die Entwicklung der

Haltevorrichtung erfolgte unter der Leitung von Dr. Christoph Hurschler, Leiter des Labors für

Biomechanik und Biomaterialien der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) in

Zusammenarbeit mit den Forschungswerkstätten der MHH.

Die Haltevorrichtung (Abbildung 12 und Abbildung 13) bestand aus einem unteren Anteil zur

Aufnahme und Positionierung des tibialen Anteils des Präparates und einem oberen Anteil zur

Aufnahme und Positionierung des femuralen Anteils. Jeder dieser Anteile setzte sich zusammen

aus einem Verankerungselement zur Befestigung der Haltevorrichtung im Testrahmen der MTS,

einem Kreissegment zur stufenlosen Positionierung und Ausrichtung des Gelenkes in der

Frontalebene und einer Halterung zur Aufnahme der Probe selbst. Zwischen den Verankerungs-

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Abbildung 12 Abbildung 13 Abbildung 12 Haltevorrichtung von vorne Abbildung 13 Haltevorrichtung von der Seite UKS = Unteres Kreissegment OKS = Oberes Kreissegment

OKS

UKS

Verankerungselement

Verankerungselement

Femuraler Anteil

Tibialaler Anteil

Halterung

Halterung

Frontaler Off-set

Sagittaler Off-set

Frontaler Off-set

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3 MATERIAL UND METHODEN ________________________________________________________________________________

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elementen und den Kreissegmenten befanden sich die Kardangelenke, so dass eine freie Rotation

des Präparates um diesen Punkt in alle drei Richtungen des Raumes möglich war. Die

Haltevorrichtung wurde im Testrahmen der MTS befestigt, indem das obere Verankerungselement

am Druckstempel der MTS fixiert wurde und das untere Verankerungselement an der Grundplatte

der unteren Rahmenstrebe (Abbildung 21).

Das Kniegelenk wurde in der Haltevorrichtung fixiert, indem die in die Metallhülsen eingebetteten

Knochenenden in die Metallbecher des unteren bzw. oberen Kreissegmentes eingesteckt und dann

diese an den Kreissegmenten festgeschraubt wurden. Die Metallhülsen konnten in den Bechern

frei gedreht werden, um so die Präparatanteile zueinander und zu der Ebene des Testrahmen exakt

und stufenlos ausrichten zu können. Nach korrekter Rotationseinstellung wurde diese Freiheit

blockiert, um während des Versuchs eine ungewollte Torsion im Präparat zu verhindern. Die Höhe

der Metallbecher sicherte zusätzlich gegen eventuell auftretende Scherkräfte.

Damit die speziellen Verhältnisse der Krafteinleitung am Kniegelenk nachgestellt werden konnten,

ermöglichte ein am oberen Kreissegment eingebauter frontaler und sagittaler Off-set eine

Verschiebung der Präparates relativ zur Belastungsachse der Krafteinleitung. Zur Veränderung der

Gliedmaßenstellung konnten die Knochenenden mit den Metallbechern auf den Kreissegmenten

stufenlos gleitend bewegt werden. Da die Stümpfe von Femur und Tibia die gleiche Länge

aufwiesen, rotierte das Präparat so um einen Punkt im Zentrum des Kniegelenks. Zur exakten

Orientierung und Positionierung des Gelenkes befanden sich an den Kreissegmenten Skalen mit

einer Winkelgradeinteilung.

3.7 Simulation der verschiedenen Achsenverhältnisse

Ziel der Einstellung eines Achsenverhältnisses am Präparat war es, möglichst gut eine

Beeinflussung des Femorotibialgelenkes zu simulieren, wie durch sie eine natürliche knöcherne

Deformität hervorgerufen werden würde. Diese verschiedenen Achsverhältnisse mussten

nacheinander zu erzeugen und die gleichen Einstellungen wiederholbar sein. Das Ausmaß der

Achsabweichung wurde durch eine Variation der MAD generiert, weil diese die Effekte vom Grad

der Abweichung und der Höhe der Angulation mitberücksichtigte (PALEY 2002). Zur

Standardisierung der Einstellungen wurde die Breite des Tibiakopfes (TKB) in der Frontalebene

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3 MATERIAL UND METHODEN ________________________________________________________________________________

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am Präparat mit einer Schublehre ausgemessen und das Tibiaplateau (TPL) von medial beginnend

in seiner Breite prozentual eingeteilt und markiert (Abbildung 14). Die Marke TKB-0 % entsprach

der medialen Knochenkante und die Marke TBK-50 % genau der Mitte des Tibiaplateaus. Das

Achsenverhältnis wurde nun über Durchgang der Belastungsachse in Relation zur Tibiakopfbreite

auf Höhe des Tibiaplateaus definiert. Die Einstellung Varus-25 bezeichnete eine (Varus-)

Fehlstellung, bei der die mechanische Beinachse im medialen Kompartiment des Femoro-

tibialgelenkes lag und die Belastungsachse das Tibiaplateau bei 25 % von dessen Breite medial

schnitt. Diese Methode bot den Vorteil, dass die Auswirkungen der präparatspezifisch anatomisch

unterschiedlichen Achsen ausgeglichen und standardisiert werden konnten.

Im Versuch wurden die Achsenverhältnisse Varus-0 und Varus-25, Neutral-50, sowie Valgus-62

und Valgus-75 simuliert. Die Einstellungen Varu-0 und Varus-25 entsprachen in der

Humanorthopädie klinisch relevanten häufigen Fehlstellungen. Die Einstellung Neutral-50

repräsentierte die Verhältnisse bei Normalstellung ohne Achsabweichungen mit einer Kollinearität

von Hüft-, Knie- und Sprunggelenk. Die Einstellungen Valgus-62 und Valgus-75 wurden

ausgewählt, weil sie die klinisch üblicherweise praktizierte Korrektur auf den sogenannten

Fujisawa-Point bzw. eine Überkorrektur darstellten.

3.8 Positionierung des Präparates in der Haltevorrichtung

Nachdem die Haltevorrichtung in den Testrahmen der MTS eingebaut worden war, wurde das

Präparat in die Metallbechern der unteren und oberen Kreissegmentes eingebracht und nach

genauer Ausrichtung rotationsstabil mit den Fixierungsschrauben arretiert. Die Präparate wurden

in voller Extension eingespannt. Als Orientierung für die korrekte Ausrichtung in der Frontalebene

diente die Stellung von Trochlea des Femurs (Facies patellaris femoris) und Tuberositas tibiae.

Bei korrekter Positionierung hatten diese sich frontal dorsal mittig zu befinden. Tibia- und

Femuranteil wurden entlang der Kreissegmente bewegt, bis der Durchtritt des Belastungsvektors,

wie gewünscht, eingestellt worden war, der Gelenkspalt horizontal ausgerichtet und die

Gelenklinien parallel verliefen. Zur Simulation der endgradigen Fehlstellungen (Varus-0, Valgus-

75) wurden ggf. der obere und untere frontale Off-set angepasst (Abbildung 14).

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3 MATERIAL UND METHODEN ________________________________________________________________________________

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lateral

medial

Abbildung 14 Simuliertes Achsenverhältnis "Valgus-62"

Zur Kontrolle der exakten Einstellung des Präparates zum Belastungsvektor wurde der vertikale

Laserstrahl verwendet. Die erfolgte bei einer axialen Krafteinleitung von 15-20 N, da in diesem

Bereich die stärkste Anpassungsreaktion des Präparates an die zunehmende Belastung auftrat.

Nach Überprüfung dieser Parameter wurde das untere Kardangelenk in der Frontal- und

Sagittalebene blockiert, um eine Hyperextension oder Flexion des Kniegelenkes bei Belastung zu

vermeiden. Nach Abschluss dieser Vorbereitungen konnte das Testprotokoll gestartet werden.

3.9 Testprotokoll

Die Belastung der Proben durch die MTS erfolgte vollautomatisch über eine Steuerungssoftware.

Jede Belastung wurde nach einer zuvor festgelegten Testprozedur durchgeführt. Eine Testprozedur

bestand aus mehreren Phasen (Abbildung 15). Diese begann mit dem Finden und Halten einer

Vorlast von 10 N über 10 Sekunden für eine gleichmäßige Belastung der Probe, gefolgt von einer

Aufbelastungsphase, in der die axiale Krafteinleitung um 10 N/s erhöht wurde, bis der gewünschte

TKB-62 %

Laserstrahl

Valgus Varus

TKB-25 %

TKB-50 %

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3 MATERIAL UND METHODEN ________________________________________________________________________________

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voreingestellte Belastungsendwert erreicht worden war. Dieser Endwert wurde über eine

Plateauphase von 20 Sekunden gehalten, um dann in einer zweiten Entlastungsphase mit einer

Geschwindigkeit von 10 N/s wieder abzufallen, bis der Nullwert erreicht war.

Während des Versuchsablaufs wurden am Steuerrechner kontinuierlich der Verlauf der

eingeleiteten Kraft [N] und der zurückgelegte Weg [mm] des Druckstempels der MTS verfolgt und

aufgezeichnet. So konnten Störungen der Krafteinleitung schon während des Versuchs festgestellt

und die Messung ggf. wiederholt werden. Die Abbildung 15 zeigt einen typischen Verlauf für die

Testprozedur mit 1000 N mit den verschiedenen Phasen, wie es am Monitor zu verfolgen war. Es

wurden Testprozeduren für Belastungen mit 300 N, 500 N, 750 N und 1000 N angelegt. Die

unteren Kraftwerte wurden vor allem in den Vorversuchen zur Prüfung der Wiederholbarkeit der

Einzelmessungen eingesetzt, um die empfindlichen biologischen Präparate nicht unnötig zu

belasten. Die eigentlichen Versuche mit Präparatnr. 1-7 wurden mit der Testprozedur für eine

Belastung mit 1000 N durchgeführt.

Abbildung 15 Beispiel einer Kontaktkraftmessung Es wird gezeigt die Druckmessung getrennt für beide Kompartimente, d.h. medial und lateral. Der Verlauf der Höhe der gemessenen Kontaktkraft spiegelt die unterschiedlichen Belastungs-stärken während einer Testprozedur wieder.

Phase 1 = Finden und Halten der Vorlast; Phase 2 = Aufbelastung; Phase 3 = Plateauphase; Phase 4 = Entlastung

Phase 1 Phase 2 Phase 3 Phase 4

Mediales Sensorfeld

Laterales Sensorfeld

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3 MATERIAL UND METHODEN ________________________________________________________________________________

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3.10 Messung der femorotibialen Druckverhältnisse

Der femorotibiale Kontaktdruck ist der Druck, den die Femurkondylen auf das laterale und

mediale Tibiaplateau ausüben. Zur Messung dieses Kontaktdrucks wurde das Meßsystem K-scan

sensor 4000 (Firma Tekscan�, Boston, USA) verwendet, welches sich schon anderen in Studien

zur dynamischen Messung von Gelenkdrücken bewährt hatte (STUKENBORG-COLSMAN et al.

2002; AGNESKIRCHNER et al. 2004b).

3.10.1 Meßsystem K-Scan

Das System besand aus elektronischen Druckmessfolien (DMF), die in den Gelenkspalt

eingebracht wurden, einem speziellen Adapter, der die Messergebnisse von der DMF an den

Auswertungsrechner übermittelte und dem Auswertungsrechner mit der entsprechenden

Herstellersoftware für Aufzeichnung und Auswertung der Daten (Abbildung 21). Dieses System

erlaubte die Erfassung der momentanen Kontaktkraft, des Kontaktdruckes, der Kontaktflächen, der

Druckspitzen, sowie deren räumliche Verteilung und zeitlicher Verlauf. Die Druckmessung

funktioniert über eine spezielle Beschichtung der Druckmessfolien, deren Widerstand sich in

Abhängigkeit der einwirkenden Druckverhältnisse ändert (Abbildung 16) Die

Widerstandsänderungen werden in ein elektrisches Signal umgewandelt und quantitativ erfasst.

Dies ergibt einen Messbereich von 0,1-172 MPa mit einer Messgenauigkeit 0,1 MPa. Die

räumliche Auflösung beträgt 0,1 mm und die Foliendicke ebenfalls 0,1 mm. Die Folien bestanden

Abbildung 16 Abbildung 17

Abbildung 16 Druckmessfolie in der Übersicht Abbildung 17 Einzelnes Messfeld mit den Sensoreinheiten und Teflonfolie (Ausschnittsvergrößerung aus Abbildung 16)

Messfeld

Elektrisches Kontaktfeld (Teil)

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3 MATERIAL UND METHODEN ________________________________________________________________________________

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aus zwei Messfeldern von jeweils 33*22 mm mit 572 einzelnen gitterförmig angeordneten

Sensoreinheiten (Abbildung 17) und einem elektrischen Kontaktfeld, das in den Adapter

eingeführt wurde. Auf die DMF wurden zum Schutz der Messoberfläche 0,1 mm dicke

Teflonfolien (Firma TekscanTM, Boston, USA) mit aufgeklebt (Patex Power Spray, Sprühkleber,

Henkel, Düsseldorf).

3.10.2 Präkonditionierung und Kalibrierung der Druckmessfolien

Vor Versuchsbeginn wurden die DMF entsprechend den Empfehlungen des Herstellers

präkonditioniert und kalibriert. Diese Präkonditionierung erhöht die Messgenauigkeit und

Messkonstanz der DMF. Dazu wurden die Folien in der Materialprüfmaschine einer zyklischen

Belastung ausgesetzt, die oberhalb der im Versuch zu erwartenden lag. Für eine gleichmäßigere

Druckverteilung wurde die Messoberfläche mit einer Silikonmatte bedeckt und die DMF zwischen

zwei Metallstempeln platziert. Es wurden 100 Zyklen á 3 Sekunden mit einer Maximalkraft von

2000 N gefahren.

Die Kalibrierung legte für jede einzelne DMF individuell fest, welcher Kraftaufwand durch den

Druckstempel der MTS welchem Druckmesswert der Folie entsprach. Dazu wurden die

entsprechenden Kalibrierungsprozeduren der MTS und des Tekscansystems verwendet, indem die

beiden Kalibrierungswerte festgelegt wurden. Der erste Kalibrierungswert betrug 50 % der

erwarteten Maximalkraft und der zweite 90 %. Die Kalibrierungsprozedur der MST umfasste eine

langsame Steigerung des auf die DMF ausgeübten Kraftaufwandes bis zum ersten

Kalibrierungswert, gefolgt von einer Plateauphase für die Feinabstimmung der Belastung, in der

dem Tekscanprogramm manuell das Erreichen des Kalibrierungswertes gemeldet wurde und dem

Kalibrierungsprofil der DMF zugeordnet. Der Ablauf wiederholte sich sinngemäß für den zweiten

Kalibrierungswert. Für die genauen späteren Versuchsmessungen wurde jeweils das zur DMF

passende Kalibrierungsprofil ausgewählt.

3.10.3 Einbringen und Positionierung der Druckmessfolien

Nach der Präparation und Einbettung wurden die DMF in den anterior eröffneten Gelenkspalt des

Femorotibialgelenk oberhalb der Menisken eingebracht und so positioniert, dass das eine Messfeld

im lateralen und das andere im medialen Kompartiment zu liegen kam (Abbildung 18). Dazu

wurde das Gelenk maximal gebeugt, so dass das Tibiaplateau von ventral frei zugänglich war. Mit

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3 MATERIAL UND METHODEN ________________________________________________________________________________

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Hilfe eines Meniskusnahtsystem (Fa. Arthrex, Naples, USA) aus der arthroskopischen Chirurgie

wurden die an am Rand der DMF befestigten Fäden (Vicryl, USP 1, Ethicon, Norderstedt) durch

den Gelenkspalt gezogen und durch die posteriorlaterale bzw. posteriormediale Gelenkkapselwand

gestochen. Nachdem so alle Fäden vorgelegt worden waren, wurde das Kniegelenk langsam

gestreckt und unter vorsichtigem Fadenzug die Folie in den Gelenkspalt gezogen. Zur Vermeidung

von Artefakten und für den Erhalt einer hohen Messgenauigkeit war sorgsam darauf zu achten,

dass dies faltenfrei geschah und das Messfeld die gesamte tibiale Gelenkfläche bedeckte. Die

richtig positionierte und auf einwandfreie Funktion geprüfte Folie wurde dann durch Verknoten

der Fadenenden an der hinteren und seitlichen Gelenkkapselwand fixiert (Abbildung 19). Vor

Versuchsbeginn wurde die DMF erneut auf ihre Funktion überprüft.

Abbildung 18 Abbildung 19

Abbildung 18 DMF im Gelenkspalt (Ansicht von anterior, Gelenk leicht flektiert) Abbildung 19 DMF an der Gelenkkapsel eingenäht (Ansicht von posterior, Gelenk in voller Extension)

3.10.4 Überwachung und Aufzeichnung mit dem Tekscan-System

Während des gesamten Versuchsablaufes wurden kontinuierlich die übertragende Gesamtkraft

[N], die belastete Knorpelkontaktfläche [mm2], der Kontaktdruck [MPa] und die Druckverteilung

zwischen medialen und lateralem Kompartiment gemessen und mit einer Frequenz von 10 Hz als

Film aufgezeichnet. Die Messergebnisse für die beiden Messfelder wurden getrennt in zwei

separaten Bildschirmfenstern dargestellt. So war es möglich, der Bildschirmgraphik die

Richtungen medial-lateral und anterior-posterior zuzuordnen und die Messungen unter

topographischen Gesichtspunkten auszuwerten. Die Tekscan-Software erlaubte verschiedene, auch

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3 MATERIAL UND METHODEN ________________________________________________________________________________

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mehrdimensionale oder farbcodierte Darstellungen der Messergebnisse simultan zur aktuellen

Messung oder nachträglich zur späteren Datenanalyse. Angezeigt wurden jeweils die belasteten

Kontaktflächen mit einer entsprechenden farbcodierten Darstellung der Kraftstärke in jeder

Sensoreinheit (Abbildung 20).

--K

RA

FT +

+--

KR

AFT

++

Abbildung 20 Projektion der anatomischen Verhältnisse auf die Bildschirmansicht

medial lateral

anterior

posterior

mediales Kompartiment laterales Kompartiment

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Abbildung 21 Vollständiger Versuchsaufbau vor Beginn der Testung mit Druckmessung MTS, bestehend aus Testrahmen, Druckstempel, der Bedienungsschalttafel und der Steuerungs-rechner (nicht im Bild). Die Haltevorrichtung ist in der MTS aufgebaut und über den Druckstempel und der Grundplatte mit dem Testrahmen fest verbunden. Das Präparat mit in den Gelenkspalt eingezogener DMF ist in derselben eingespannt. Das elektrische Kontaktfeld befindet sich im Adapter (mit weißen Kreppklebeband am Testrahmen der MTS befestigt), der mit dem Auswertungsrechner verbunden ist. Der Monitor des Tekcanrechner zeigt die zwei Messfelder und die farbcodierte Kraftstärkenskala. 3.11 Versuchsablauf

Der Versuch umfasste drei Blöcke:

- Messung bei verschiedenen Achsenverhältnissen

- Messung bei geöffneter Osteotomie

- Messung bei geöffneter Osteotomie und schrittweise durchtrenntem Innenband

Diese wurden gemäß standardisierten Versuchsprotokoll in Folge durchgeführt (Abbildung 22).

3.11.1 Vorbereitungen

Nach sorgfältiger Präparation und Einbettung des Präparates wurden zunächst die DMF in das

Gelenk eingezogen. Anschließend wurde die Osteotomie durchgeführt, aber zum Erhalt der

Stabilität noch nicht geöffnet. Das Präparat wurde mittels der Haltevorrichtung in der MTS

eingespannt und ausgerichtet. Es folgte die Einstellung der Achsausrichtung. Dann wurde die

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3 MATERIAL UND METHODEN ________________________________________________________________________________

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entsprechende Testprozedur der MTS sowie die Auszeichnung der Druckmessung gleichzeitig

gestartet. Nach erfolgter Testung wurde die Osteotomie geöffnet und erneut ein Testablauf

gestartet. Zum Schluss wurde in zwei Durchgängen das Innenbandrelease mit anschließender

Belastungsmessung durchgeführt.

3.11.2 Druckmessungen bei verschiedenen simulierten Achsverhältnissen

Am Präparat wurden nacheinander die Achsenverhältnisse Varus-0, Varus-25, Neutral-50,

Valgus-62 und Valgus-75 simuliert und jeweils mit der Prozedur für eine Belastung mit 1000 N

getestet. Die Osteotomie war nicht geöffnet und das Innenband vollständig intakt.

3.11.3 Druckmessungen bei geöffneter Osteotomie

Die Osteotomie wurde mit dem Präparat in der Haltevorrichtung ohne axiale Krafteinleitung

langsam maximal geöffnet, ohne dabei das Innenband zu beschädigen. Währenddessen erfolgte bei

einigen Proben eine Druckmessung. Dann wurden erneut die Achsenverhältnisse Valgus-62 und

Valgus-75 eingestellt und jeweils die Testprozeduren für die Belastung mit 1000 N zusammen mit

der Druckmessung gestartet.

3.11.4 Druckmessungen bei geöffneter Osteotomie und Innenbandrelease

Ohne die Einstellungen am Präparat oder der Haltevorrichtung zu verändern, wurde das IBR-50

mit gleichzeitiger Druckmessung durchführt. Das Präparat war dabei unbelastet. Der neue

Schnittpunkt des Belastungsvektors mit dem Tibiaplateau wurde bestimmt und protokolliert. Bei

dieser unveränderten Präparateseinstellung wurde die Testprozedur für eine Belastung mit 1000 N,

sowie die Druckmessung gestartet. Danach wurde, ebenfalls ohne Änderung an den Einstellungen

vorzunehmen und ohne axiale Belastung der Probe, das IBR-100 auch bei gleichzeitiger

Druckmessung durchgeführt, die Änderung des Schnittpunktes des Belastungsvektors festgehalten

und der letzte Test mit Druckmessung, wieder bei einer Belastung mit 1000 N, gestartet. Die

zunehmende Instabilität des Präparates durch den Bandverlust machte in einigen Fällen eine

manuelle Fixierung der Flachmeißel im unteren Belastungsbereich notwendig.

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3 MATERIAL UND METHODEN ________________________________________________________________________________

41

Abb

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3 MATERIAL UND METHODEN ________________________________________________________________________________

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3.12 Vorbemerkungen zu den Versuchsergebnissen

Die folgenden Messungen wurden an Präparatnr. 1 bis 7 durchgeführt. Beim Präparatnr. 1 wurde

zunächst versucht, mit einer höheren axialen Krafteinleitung von 2000 N zu testen. Diese

Belastung führte jedoch zu einer solch starken Beeinträchtigung des Präparates, dass daraufhin das

Belastungsniveau auf 1000 N begrenzt und das Präparatnr. 1 aus der Gesamtauswertung

herausgenommen wurde. Alle folgenden Messungen wurden dann mit der Testprozedur für

1000 N durchgeführt. Ausnahmen sind nur die Messungen mit Präparatnr. 5 und mit Präparatnr. 7

für die Einstellungen HTO-max. und IBR-50. Bei diesen Präparaten mit Fraktur der lateralen

Kortikalis erschien das Risiko des Verlustes des gesamten Kniegelenkes bei voller Belastung mit

1000 N zu hoch, daher wurde nur mit 500 N (Präparatnr. 5) bzw. 750 N (die genannten

Einstellungen bei Präparatnr. 7) getestet. Eine Fraktur der lateralen Kortikalis, die die Stabilität des

Präparates und den Versuchsablauf aber nicht weiter beeinträchtigten, trat auch bei Präparatnr. 3

und 4 auf.

Das Präparatnr. 6 wurde an zwei Versuchstagen verwendet. Die Messdaten des ersten

Versuchstages, die auch zur Bestimmung der Wiederholbarkeit der Messungen und Einfluss der

axial eingeleiteten Kraft auf die Verteilung zwischen den Kompartimenten dienten, wurden unter

„Präparatnr. 6a“ geführt. Die Bezeichnung „Präparatnr. 6b“ umfasste die Messwerten vom zweiten

Versuchstag, an den die Osteotomie geöffnet und auch das schrittweise Innenbandrelease

durchgeführt wurde. Zwischen den beiden Messungen lagen 24 Stunden, währenddessen das

Präparat gut gekühlt und gegen Austrocknung geschützt gelagert wurde.

Die Angabe des Achsverhältnisses in einer Ergebnistabelle, z.B. Varus-0, bedeutet, dass immer

alle Präparate diese Einstellung hatten. Einzige Ausnahme ist das Präparatnr. 5 bei der Angabe

Valgus-75, da hier stattdessen mit der Einstellung Valgus-70 gemessen wurde.

Soweit nicht anders gekennzeichnet, wurden die Werte immer als Mittelwert ±

Standardabweichung angegeben. Die Darstellungen von Bildschirmansichten hatten immer die

gleiche Zuordnung, wie in Abbildung 20 dargestellt, d.h. das linke Sensorfeld entsprach dem

medialen und das rechte Sensorfeld dem lateralen Kompartiment. Anterior wurde am oberen Rand

und posterior am unteren Rand des Bildschirmsensorfeldes abgebildet.

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43

----D

ruck

++D

ruck

++----

Dru

ck++

Dru

ck++

3.13 Rechnerische Korrektur einer artifiziellen Druckspitze

Bei der Auswertung der Filmaufzeichnung von der Druckmessung für das Präparatnr. 4 ergab sich

eine besondere Auffälligkeit. In der Einstellung Varus-25 fiel im lateralen Sensorfeld eine

prominente, lokalbegrenzte Druckspitze im posterioren Bereich in der Nähe zur Gelenkkapsel auf,

deutlich zu erkennen an der leuchtend roten Farbe in diesem Bereich als Kennzeichen für maximal

gemessenen Kontaktdruck (Abbildung 23). Diese fehlte dagegen in allen anderen Einstellungen, in

denen dieser Bereich nicht Teil der Kontaktfläche war, siehe beispielweise Neutral-50 (Abbildung

24). In der Einstellung Varus-0, wo dieser posterolaterale Teil der Gelenkfläche ebenfalls z.T.

Kontaktfläche war, zeigte sich in gleicher Lokalisation ein Gebiet mit erhöhtem Kontaktdruck,

wenn gleich weniger stark ausgeprägt.

Abbildung 23 Druckmessung bei der Einstellung "Varus-25" Druckspitze im Bereich der posterolateralen Gelenkfläche (markiert durch eingelegte Box)

Abbildung 24 Druckmessung bei der Einstellung "Neutral-50" An derselben Stelle wie in Abbildung 23 (markiert durch eingelegte Box) zeigte sich in dieser Einstellung keine Druckspitze im Bereich der postero- lateralen Gelenkfläche

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3 MATERIAL UND METHODEN ________________________________________________________________________________

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Bei der Inspektion des Gelenkinneren vor Versuchbeginn war in der Nähe der Lokalisation der

Druckspitze am des Hinterhorns des lateralen Meniskus eine Chondrokalzinose 2. Grades

festgestellt worden. Des weiteren stellte sich bei der vollständigen Eröffnung der Gelenkkapsel im

Anschluss an den Versuch heraus, dass an der gleichen Stelle zwei der Befestigungsfäden der

DMF nicht oberhalb des Meniskus, sondern unterhalb geführt worden waren, so dass die

faltenfreie Ausbreitung der DMF in diesem Bereich beeinträchtigt war. Diese beiden

Unregelmäßigkeiten begründeten die Vermutung, dass diese Druckspitze im posterolateralen

Bereich der Gelenkfläche artifiziell herbeigeführt worden war und nicht Folge der inhärenten

Eigenschaften des Kniegelenkes und der Belastung in dieser Einstellung. Es wurde daher

entschieden, eine rechnerische Korrektur der Messwerte durchzuführen und die Bereiche der

Gelenkfläche, die von dieser artifiziellen Druckspitze betroffen waren, von der Auswertung

auszuschließen.

Dazu wurde der Bereich um diese posterolaterale Druckspitze in der Einstellung Varus-25

ausgewählt und mit einer eingelegten Box markiert (Abbildung 23). Diese Box wurde auch in

allen anderen Einstellungen jeweils an exakt derselben Stelle und mit der gleichen Ausdehnung

positioniert (Abbildung 24). Die Werte für die Kontaktkraft, Kontaktfläche und Kontaktdruck im

medialen und lateralen Sensorfeld, sowie für den ausgewählten Bereich der Box wurden ermittelt

(Tabelle 3.3). Es bestätigte sich, dass nur in den Einstellungen Varus-0 und Varus-25 der

ausgewählte Bereich um die Druckspitze maßgeblich an der artikulierenden Kontaktfläche

beteiligt war. Nur mit diesen Einstellungen wurde diese außergewöhnlich hohe Kontaktkraft

gemessen und folglich auch sehr hohen Kontaktdrücke. So ergab die Einstellung Varus-25 auf

dieser Fläche von nur 89 mm² eine Kontaktkraft von 410,4 N, was einen Kontaktdruck von

4,61 MPa entsprach. Im Vergleich betrug der Kontaktdruck im restlichen Bereich des lateralen

Kompartimentes 1,37 MPa und im medialen Kompartiment 0,78 MPa auf Kontaktflächen von

247,1 mm² bzw. 302,7 mm² (Tabelle 3.4)

Tabelle 3.3 Kontaktkraft, Kontaktfläche und Kontaktdruck im ausgewählten Bereich der posterolateralen Druckspitze Einstellung Varus-0 Varus-25 Neutral-50 Valgus-62 Valgus-75 HTO-max IBR-50 IBR-100CF [N] 83,4 410,4 2,8 3,7 5,8 0,0 0,0 8,9CA [mm²] 89,0 89,0 20,3 16,8 15,5 0,0 0,0 16,0CP [MPa] 0,94 4,61 0,14 0,22 0,37 0,00 0,00 0,56 CF = Kontaktkraft; CA = Kontaktfläche; CP = Kontaktdruck; N = Newton; MPa = Megapascal

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3 MATERIAL UND METHODEN ________________________________________________________________________________

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Tabelle 3.4 Datenbearbeitung zur Elimination der artifiziellen Druckspitze am Beispiel der Einstellung Varus-25

Mediales Laterales Box um Lat. Komp.Kompartiment Kompartiment Druckspitze ohne Box

Kontaktkraft [N] 237,3 749,7 410,4 339,3Kontaktfläche [mm²] 302,7 336,1 89,0 247,1Kontaktdruck [MPa] 0,78 2,23 4,61 1,37

Anteile in der mit Artefakt korrigierte WerteVerteilung Medial Lateral Medial LateralKontaktkraft [%] 24,0 76,0 41,2 58,8Kontaktfläche [%] 47,4 52,6 55,1 44,9Kontaktdruck [%] 26,0 74,0 36,3 63,7 Box um Druckspitze = ausgewählter Bereich mit Druckspitze, der keine Berücksichtung in der Auswertung finden soll; Lat. Komp. ohne Box = Werte für das laterale Kompartiment nach Elimination der Druckspitze

Alle Messwerte für Kontaktkraft, Kontaktfläche und mittleren Kontaktdruck wurden nach dem

gleichen Schema berichtigt (Tabelle 3.4). Nur bei den Messwerten für den Spitzenkontaktdruck

konnte so nicht vorgegangen werden, da der Modus der Tekscansoftware für die

Datenverarbeitung dieses Parameters unbekannt war. Der folglich auch hier verfälschte Wert für

das Achsenverhältnis Varus-25, wurde von der Auswertung ausgeschlossen. Da sich bei Korrektur

der Messwerte für die übrigen Druckparameter der anderen Einstellungen gezeigt hatte, dass sich

diese nur sehr gering auswirkte, wurden die Messwerte für den Spitzenkontaktdruck unverändert

übernommen.

3.14 Statistische Auswertung

Es wurde der nicht-parametrische Wilcoxson-Test (Rangsummen-Test) für abhängige gepaarte

Stichproben zur Analyse der Unterschiede des Druckparameters Kontaktkraft in der anatomisch-

topographischen Verteilung in den verschiedenen Einstellungen verwendet. Das Signifikanzniveau

wurde für p < 0,05 festgelegt.

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4 ERGEBNISSE ________________________________________________________________________________

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4 ERGEBNISSE 4.1 Auswertung einer Einzelmessung

Eine Einzelmessung setzte sich aus den Parametern eingestelltes Achsenverhältnis (z. B. Varus-0),

dem Öffnungsgrad der Osteotomie (geschlossen oder maximal geöffnet) und der Integrität des

oberflächlichen distalen Anteil des Innenbandes (intakt, IBR-50, IBR-100) zusammen. Es wurden

die Kontaktkraft (CF) in Newton [N], der Kontaktdruck (CP) in Megapascal [MPa], die

Kontaktfläche (CA) in Quadratmillimetern [mm²] und der Spitzenkontaktdruck (PeakCP) in

Megapascal [MPa] gemessen. Die gesamte Druckmessung wurde als Videofilm mit einer

Aufzeichnungsgeschwindigkeit von 10 Hz aufgezeichnet, d.h. das alle 0,1 Sekunden wurde ein

Einzelbild, ein sogenannter Frame, erstellt. Ausgewertet wurde jeweils eine Sequenz von 101

Frames innerhalb der Plateauphase. Das entsprach in etwa einem Zeitraum von 10 Sekunden. Die

Messwerte der entsprechenden Druckparameter wurden für beide Messfelder, also für das

Messfeld im lateralen und für das im medialen Kompartiment des Femorotibialgelenkes, getrennt

erhoben. Aus diesen Werten wurde die Gesamtsumme für beide Kompartimente zusammen und

der relative Anteil in Prozent [%] des einzelnen Kompartimentes an der Gesamtsumme errechnet.

Aus diesen 101 Einzelwerten für das mediale bzw. das laterale Kompartiment, der Gesamtsumme

und den relativen Anteile Kompartimente wurde dann jeweils der arithmetische Mittelwert

gebildet. Die Standardabweichungen wurden zur Kontrolle der Genauigkeit der Einzelmessung

mitbestimmt. Eine Messung wurde als genau genug befunden und in die Auswertung

Tabelle 4.1 Beispiel einer Datenauswertung zur Kontaktkraft im medialen und lateralen Kompartiment des Femorotibialgelenk

Frames (X) Lateral [N] Medial [N] Summe [N] Lateral [%] zu Medial [%].... .... .... .... .... ....

1401,0 426,7 325,7 752,4 56,7 43,31402,0 426,6 325,7 752,3 56,7 43,31403,0 426,6 325,8 752,4 56,7 43,31404,0 426,5 325,5 752,0 56,7 43,31405,0 426,9 325,7 752,6 56,7 43,3

Mittelwert 424,5 325,1 749,5 56,6 43,4Standardabw. 1,6 0,8 2,2 0,1 0,1 Lateral = laterales Kompartiment; Medial= mediales Kompartiment; Summe = Summe aus beiden Kompartimenent; N = Newton; Standardabw. = Standard- abweichung; X = Anzahl

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4 ERGEBNISSE ________________________________________________________________________________

47

aufgenommen, wenn die Standardabweichung für die relativen Anteile nicht über 3 % lag. Die so

ermittelten Werte stellten die Messergebnisse für die einzelnen Druckparameter einer

Einzelmessung dar. Lagen für eine Einzelmessung mit gleichen Parametern zwei Ergebnisse vor,

wurde daraus der Mittelwert gebildet und in der Gesamtauswertung verwendet (Tabelle 4.1).

4.2 Ergebnisse des Vorversuchs

4.2.1 Wiederholbarkeit einer Einzelmessung

Die Güte der Wiederholbarkeit einer Messung ist von mehreren Faktoren abhängig. Zu den

wichtigsten gehören die Folienwiederholbarkeit, d.h. der Einfluss des Druckmesssystems auf das

Messergebnis, und die Veränderung des Präparates mit der Zeit, z.B. durch Verlust von

Synovialflüssigkeit oder Deformation des Gelenkknorpels. Um diese Güte der Wiederholbarkeit

zu ermitteln, wurde ein Vorversuch mit einem der Präparate (Präparatnr. 6) durchgeführt.

Dazu wurde zunächst das Achsenverhältnis Varus-0 eingestellt und nacheinander

Druckmessungen bei den Testprozeduren für 300 N, 500 N, 750 N und 1000 N durchgeführt ohne

Einstellungen am Präparat selbst zu verändern. Nach der Messung bei Belastung mit 1000 N

wurde, der Messzyklus erneut bei einer Belastung mit 300 N wiederholt und ebenso bei 500 N,

750 N und 1000 N. Dieses Vorgehen wurde dann in gleicher Weise für die Einstellung Neutral-50

wiederholt. Alle Messwerte für die Kontaktkraft werden in Tabelle 4.3 dargestellt.

In der Auswertung wurden die Unterschiede zwischen den Messwerten für die Kontaktkraft der

ersten Messung „Messung a“ und der Wiederholungsmessung „Messung b“ (Tabelle 4.2)

verglichen. Dazu wurden zunächst die Differenzen zwischen dem prozentualen Anteil des

medialen Kompartimentes in der „Messung a“ und der „Messung b“ bei gleichem Achsverhältnis

und gleicher Belastung berechnet. Dann wurde der Mittelwert dieser Differenzen zwischen der a-

und b-Messung sowie deren Standardabweichung ermittelt. Da die Differenz zwischen Messung

und Wiederholung im Mittel nicht mehr als 1,2 % ± 1,3 (MW ± STD) betrug, wurde die

Wiederholbarkeit der Einzelmessungen als sehr gut beurteilt. Im folgenden haben wir, um die

Qualität der empfindlichen Präparate zu schonen, auf diese Art der Wiederholungsmessung

verzichtet, wenn der Versuchsablauf störungsfrei verlief.

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4 ERGEBNISSE ________________________________________________________________________________

48

Tabelle 4.2 Überprüfung der Folienwiederholbarkeit der Kontaktkraftmessungen Messung a Messung b Differenz

Achsenverh. TP [N] CF medial [%] CF lateral [%] CF medial [%] CF lateral [%] medial a-b [%]Varus 0 % 300 93,7 6,3 89,9 10,1 3,8

Neutral 50 % 33,2 66,8 33,4 66,6 0,2Varus 0 % 500 86,5 13,5 84,1 15,9 2,4

Neutral 50 % 34,7 65,3 34,9 65,1 0,2Varus 0 % 750 81,1 18,9 79,5 20,5 1,6

Neutral 50 % 36,1 63,9 36,6 63,4 0,5Varus 0 % 1000 77,5 22,5 77,3 22,7 0,2

Neutral 50 % 37,1 62,9 37,4 62,6 0,3Mittelwert der Differenzen 1,2Standardabweichung 1,3

Achsenverh. = Achsenverhältnis; TP = Testprozedur; CF = Kontaktkraft Tabelle 4.3 Messwerte für die Kontaktkraft im Vorversuch

Kontaktkraft [N] Kontaktkraft [%]Achsenverh. TP [N] Medial Lateral Summe Medial Lateral

Varus-0 300 225,9 15,3 241,2 93,7 6,3Varus-0 300 201,6 22,8 224,4 89,9 10,1

Neutral-50 300 53,3 107,3 160,6 33,2 66,8Neutral-50 300 53,8 107,3 161,1 33,4 66,6Valgus-62 300 58,5 54,7 113,2 51,6 48,4Varus-0 500 314,3 49,2 363,5 86,5 13,5Varus-0 500 301,3 57,0 358,3 84,1 15,9

Neutral-50 500 97,9 184,4 282,3 34,7 65,3Neutral-50 500 98,0 183,0 281,1 34,9 65,1Valgus-62 500 95,4 120,3 215,7 44,2 55,8Valgus-75 500 81,7 239,4 321,0 25,4 74,6Varus-0 750 426,0 99,4 525,3 81,1 18,9Varus-0 750 412,4 106,6 519,0 79,5 20,5

Neutral-50 750 156,8 278,0 434,8 36,1 63,9Neutral-50 750 157,9 273,8 431,7 36,6 63,4Valgus-62 750 148,3 206,0 354,4 41,9 58,1Valgus-75 750 125,6 358,2 483,8 26,0 74,0Varus-0 1000 542,0 157,1 699,2 77,5 22,5Varus-0 1000 524,6 154,0 678,5 77,3 22,7

Neutral-50 1000 221,0 374,1 595,0 37,1 62,9Neutral-50 1000 218,7 365,8 584,6 37,4 62,6Valgus-62 1000 204,6 287,8 492,4 41,5 58,5Valgus-75 1000 183,6 461,8 645,4 28,5 71,5

Achsenverh. = Achsenverhältnis; TP = Testprozedur; N = Newton; Medial = mediales Kompartiment; Lateral = laterales Kompartiment; Summe = Summe beider Kompartimente

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49

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

Messung a Messung b Messung a Messung b

Varus-0 Neutral-50

Kon

takt

kraf

t [%

]

LateralMedial

Abbildung 25 Folienwiederholbarkeit am Beispiel der Einzelmessungen Varus-0 und Neutral-50 bei einer Krafteinleitung von 1000 N

4.2.2 Einfluss der Höhe der axial eingeleiteten Kraft auf die Druckverteilung zwischen den

Kompartimenten bei verschiedenen simulierten Achsenverhältnissen

Im gleichen Vorversuch mit Präparatnr. 6 wurde der Einfluss der Höhe der axial eingeleiteten

Kraft auf die anteilige Verteilung der Kontaktkraft untersucht. Es wurden die Achsenverhältnisse

Varus-0, Neutral-50, Valgus-62 und Valgus-75 simuliert und mit Testprozeduren für 500 N, 750 N

1000 N getestet. Ausgenommen davon war die Einstellung Valgus-75, hier wurde nicht bei 300 N

getestet. Die Messwerte werden ebenfalls in Tabelle 4.3 dargestellt. Die Mittelwerte für den

relativen Anteil des medialen Kompartimentes an der Kontaktkraft bei einem Achsverhältnis für

alle drei Belastungen wurden errechnet (Tabelle 4.4).

Die Abbildung 26 zeigt beispielhaft die relativen Anteile an der Gesamtkontaktkraft für das

mediale und laterale Kompartiment. Verglichen wurde die Verteilungen beim Achsenverhältnis

Neutral-50 mit axialen Belastung von 300 N, 500 N, 750 N und 1000 N. Der relative Anteil des

medialen Kompartimentes lag zwischen 33,3 % für eine Belastung mit 300 N und stieg auf

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50

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

300 500 750 1000

Höhe der axial eingeleitete Kraft [N]

Kon

takt

kraf

t [%

]

LateralMedial

Abbildung 26 Einfluss der Höhe der eingeleiteten Kraft auf die anteilige Verteilung der Kontaktkraft zwischen dem medialen und lateralen Kompartiment am Beispiel des Achsenverhältnisses Neutral-50

37,3 % an für eine Belastung mit 1000 N. Die Spannweite betrug 4 %. Diese Tendenz der

Erhöhung des medialen Anteils bei zunehmender axialer Belastung war nicht konstant für alle

Einstellungen. Die Standardabweichungen für den relativen Anteil der Kontaktkraft im medialen

Kompartiment für die verschiedenen Belastungen bei einem Achsenverhältnis lagen zwischen

1,6 % bei Neutral-50 und 6,0 % bei Varus-0. Die durchschnittliche Standardabweichung über alle

Messungen betrug 3,5 %. Im Vergleich dazu variierten die Einzelwerte während der Plateauphase

über alle Messungen zwischen einer Standardabweichung von 0 - 3 %.

Tabelle 4.4 Einfluss der Höhe der eingeleiteten Kraft auf den relativen Anteil der Kontaktkraft im medialen Kompartiment bei verschiedenen Achsverhältnissen Achsenverhältnis Varus-0 Neutral-50 Valgus-62 Valgus-75Mediales Kompartiment [%] 83,7 35,4 44,8 26,6Standardabweichung 6,0 1,6 4,7 1,6

Mittelwert der Standardabw. 3,5Standardabweichung 2,2

Mittelwert der Standardabw = Mittelwert der Standardabweichung

Höhe der axial eingeleiteten Kraft

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4 ERGEBNISSE ________________________________________________________________________________

51

4.3 Druckmessung bei verschiedenen simulierten Achsenverhältnissen

4.3.1 Anteilige Verteilung der Kontaktkraft zwischen den Kompartimenten

Es wurden der prozentuale Anteil des medialen bzw. des lateralen Kompartiment an der

gemessenen Gesamtkontaktkraft bei von medial nach lateral wandernder Belastungsachse

betrachtet. Es ließ sich ein deutlicher Trend für die anteilige Verteilung der Kontaktkraft zwischen

den Kompartimenten in Abhängigkeit von der Lage der Belastungsachse erkennen (Abbildung 27

und Abbildung 28). Je weiter medial der Belastungsvektor das Tibiaplateau medial schnitt, desto

höher war der relative Anteil des medialen Kompartimentes an der Gesamtkraft. Mit der

Verlagerung des Belastungsvektors nach lateral nahm dieser stetig ab. So betrug der Anteil des

medialen Kompartimentes bei der Einstellung Varus-0 (Tabelle 4.5) 65,1 % ± 20,5 und bei

Valgus-75 nur noch 28,5 % ± 5,8. Diese waren damit signifikant größer bzw. kleiner als bei

Neutral-50 (p<0,05). Für das laterale Kompartiment traf entsprechend das Gegenteil zu. Je weiter

der Beastungsvektor im lateralen Tibiaplateau zu liegen kam, desto höher war der relative Anteil

in diesem Kompartiment.

In der Neutralstellung teilte sich die Kontaktkraft nicht hälftig zwischen den Kompartimenten auf.

Der laterale Anteil war mit 59,9 % ± 20,6 deutlich höher als der mediale Anteil von 40,5 %. Wenn

man die Aufteilung von medial zu lateral bei Varus-0 von 65,1 % : 34,9 % (± 20,5) und bei

Valgus-75 von 28,5 % zu 71,5 % (± 5,8) miteinander verglich, erhielt in Relation das laterale

Kompartiment einen höheren Anteil als das mediale. Die Änderung des medialen Anteils war

dagegen weitestgehend gleichmäßig. Zwischen Varus-0 und Neutral-50 lagen 24,6 % und bei nur

halb so weiter Wanderung der Belastungsachse von Neutral-50 zu Valgus-75 lagen 12 %.,

entsprechend knapp die Hälfte. Abweichend war der nur geringe Unterschied von 1,4 % zwischen

den Achsenverhältnissen Varus-25 und Neutral-50.

Tabelle 4.5 Anteil des medialen Kompartimentes [%] an der Gesamtkontaktkraft beider Kompartimente bei verschiedenen Achsenverhältnissen Achsenverh. Präp.Nr. 2 Präp.Nr. 3 Präp.Nr. 4 Präp.Nr. 5 Präp.Nr. 6a Präp.Nr. 6b Präp.Nr. 7 MW SD n

Varus-0 30,1 46,9 91,8 66,7 77,4 67,5 75,4 65,1 20,5 7Varus-25 17,4 30,7 48,5 51,2 42,7 60,7 41,9 15,6 6

Neutral-50 10,1 46,4 33,1 42,8 37,3 73,3 40,5 20,6 6Valgus-62 10,6 24,6 27,7 39,2 41,5 63,8 34,6 18,2 6Valgus-75 19,1 31,0 34,9 28,5 28,9 28,5 5,8 5

Achsenverh. = Achsenverhältnis; Präp.Nr. = Präparatnr.; MW = arithmetischer Mittelwert; SD = Standardabweichung; n = Anzahl der Messwert.; *: p< 0,05 für Unterschied zu Neutral-50

*

*

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52

Obwohl der Trend der Mittelwerte eindeutig war, waren die Unterschiede zwischen den einzelnen

Präparaten bezogen auf die gleiche Einstellung sehr groß. So lag in der Einstellung Valgus- 62 das

Minimum für den medialen Anteil bei 10,6 % (Präparatnr. 2) und das Maximum bei 63,8 %

(Präparatnr. 4). Das entspricht einer Schwankungsbreite von über 50 %. Zum Vergleich, für das

Achsverhältnis Neutral-50 betrug der Mittelwert 40,5 % ± 20,6. Die Standardabweichungen waren

hoch und lagen, außer bei Valgus-75, stets bei über 15 %. Unterschiedlich war auch die Differenz

zwischen dem kleinsten und dem größten Messwert eines Präparates. Während diese Differenz im

geringsten Fall nur 20 % (Präparatnr. 2) betrug, lag sie im Maximalfall bei 64,1 % (Präparatnr. 4).

Trotz der Variabilität der Ergebnisse zwischen den einzelnen Präparaten blieb der Trend, nämlich

die Abnahme des Anteils des medialen Kompartimentes mit der Verschiebung der

Belastungsachse nach lateral, für die Messwerte des einzelnen Präparates für sich betrachtet

erhalten. So wiesen Präparate, bei denen selbst in Varussimulationen die medialen Werte niedrig

waren, in den Valgusstellungen medial noch niedrigere Werte auf. Allerdings war diese Abnahme

nicht stetig. So gab es bei fast jedem Präparat Werte, die trotz weiter lateral gelegener

Belastungsachse, höher waren als die Messwerte einer Einstellung mit weiter medial gelegener

Belastungsachse. Beispielsweise sank bei Präparatnr. 6a der mediale Anteil zwischen Varus-0 bis

Neutral-50 kontinuierlich ab bis auf 37,3 %. Er stieg dann aber bei Valgus-62 auf 41,5 % an, um

auf 28,5 % bei Valgus-75 wieder abzufallen. Für zwei Präparate (Nr. 3 und Nr. 7) war der mediale

Anteil bei Neutral-50 höher als bei Varus 25. Bei Präparatnr. 2 und 4 waren es die Einstellungen

Neutral-50 bzw. Valgus-62, die im Vergleich niedriger waren.

Vergleicht man die Messergebnisse der zwei Versuchstage für Präparatnr. 6, so ergab sich ein

Unterschied für die Messung bei gleicher Einstellung Varus-0 von 7,9 % und der Messwert des

zweiten Versuchstages für Varus-25 war höher als der Wert für Valgus-62 des ersten

Versuchstages.

Die Abbildungen 29 bis 31 zeigen beispielhaft Druckmessungen bei verschiedenen

Achsenverhältnissen. Zu erkennen sind die Unterschiede in der Höhe der Kontaktkraft und deren

Verteilung zwischen dem medialen und lateralen Kompartiment, sowie die Änderung der

Kontaktflächen in Ausdehnung und Lokalisation

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53

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

Varus-0 Varus-25 Neutral-50 Valgus-62 Valgus-75

Kon

takt

kraf

t [%

]

Abbildung 27 Anteil des medialen Kompartimentes an der Gesamtkontaktkraft beider Kompartimente bei verschiedenen Achsverhältnissen

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

Varus-0 Varus-25 Neutral-50 Valgus-62 Valgus-75

Kon

takt

kraf

t [%

]

Abbildung 28 Anteil des lateralen Kompartimentes an der Gesamtkontaktkraft beider Kompartimente bei verschiedenen Achsverhältnissen

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54

----D

ruck

++D

ruck

++----

Dru

ck++

Dru

ck++

----D

ruck

++D

ruck

++

Abbildung 29 Druckmessung bei simulierter Varusfehlstellung

Höhere Kontaktdrücke im medialen Kompartiment (links) bei Varus-0

Abbildung 30 Druckmessung bei simulierter Neutralstellung Höhere Kontaktdrücke im lateralen Kompartiment (rechts) bei Neutral-50

Abbildung 31 Druckmessung bei simulierter Valgusfehlstellung

Noch höhere Kontaktdrücke im lateralen Kompartiment (rechts) bei Valgus-75

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4.3.2 Kontaktdruck im medialen und lateralen Kompartiment

Der Kontaktdruck [MPa] wurde im medialen und lateralen Kompartiment bei verschiedenen

simulierten Achsenverhältnissen gemessen und die Gesamtsumme des Kontaktdruckes in beiden

Kompartimenten sowie deren Mittelwerte berechnet (Tabelle 4.6 und Tabelle 4.7).

Gleichfalls wie bei der anteiligen Verteilung der Kontaktkraft sank der mediale und stieg der

laterale Kontaktdruck mit zunehmender Verlagerung der Belastungsachse nach lateral. So waren

im Mittel der Kontaktdruck in der Einstellung Varus-0 im medialen Kompartiment mit 0,94 MPa ±

0,44 am höchsten und im lateralen Kompartiment mit 0,5 MPa ± 0,16 am niedrigsten. Umgekehrt

war der Kontaktdruck bei Valgus-75 medial mit 0,52 MPa ± 0,25 am niedrigsten und lateral mit

0,88 MPa ± 0,27 am höchsten. Durch die Änderung der Position der Belastungsachse ergaben sich

Differenzen in der Druckbelastung zwischen den beiden extremen Einstellungen in Varus und

Valgus von 0,42 MPa medial und 0,38 MPa lateral. Die Gesamtsumme des Kontaktdruckes über

beide Kompartimente blieb relativ konstant und bewegte sich zwischen 1,40 MPa und 1,55 MPa

(1,44 MPa ± 0,06). Die niedrigsten Werte wies Präparatnr. 5 auf (0,98 - 1,15 MPa) und die

höchsten Präparatnr. 4 (1,99 - 2,22 MPa).

Die Kontinuität des offensichtlichen Trends der Höhe des Kontaktdruckes von der Lage der

Belastungsachse wird im medialen Kompartiment zwischen den Einstellungen Varus-25 und

Neutral-50 unterbrochen. Der Wert für Varus-25 war mit 0,61 MPa zwar geringer als der Wert für

Varus-0, aber ebenso auch geringer als bei Neutral-50 mit 0,71 MPa. Im lateralen Kompartiment

stieg der Druck zwar an, aber der Unterschied zwischen diesen beiden Einstellungen lag nur bei

0,02 MPa. Eine andere Abweichung fand sich im lateralen Kompartiment bei Valgus-62, wo der

Wert niedriger war als bei Neutral-50.

Tabelle 4.6 Kontaktdruck [MPa] im medialen und lateralen Kompartimenten bei verschiedenen Achsenverhältnissen

Präp.Nr. 2 Präp.Nr. 3 Präp.Nr. 4 Präp.Nr. 5 Präp.Nr. 6a Präp.Nr. 6b Präp.Nr. 7Achsenvh. Med. Lat. Sum. Med. Lat. Sum. Med. Lat. Sum. Med. Lat. Sum. Med. Lat. Sum.Med. Lat. Sum. Med. Lat. Sum.

Varus-0 0,42 0,76 1,18 0,74 0,58 1,32 1,72 0,28 1,99 0,56 0,54 1,10 1,15 0,46 1,61 0,86 0,53 1,38 1,13 0,33 1,46Varus-25 0,27 0,81 1,07 0,56 0,87 1,44 0,78 1,37 2,16 0,42 0,63 1,05 0,62 0,69 1,31 1,01 0,48 1,49

Neutral-50 0,32 1,17 1,49 0,69 0,56 1,25 0,97 1,41 2,38 0,45 0,70 1,15 0,59 0,75 1,33 1,26 0,42 1,68Valgus-62 0,20 0,91 1,11 0,43 0,76 1,19 0,88 1,49 2,38 0,38 0,66 1,05 0,61 0,61 1,22 1,07 0,45 1,52Valgus-75 0,30 0,63 0,93 0,91 1,31 2,22 0,31 0,67 0,98 0,48 0,92 1,40 0,61 0,88 1,49

Achsenvh. = Achsenverhältnis; Präp. Nr. = Präparatnr.; Med. = mediales Kompartiment; Lat. = laterales Kompartiment; Sum. = Summe aus beiden Kompartimenten; MPa = Megapascal

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Tabelle 4.7 Mittelwerte für den Kontaktdruck [MPa] im medialen und lateralen Kompartiment bei verschiedenen Achsenverhältnissen

Medial [MPa] Lateral [MPa] Summe [MPa]Achsenverh. MW SD MW SD MW SD n

Varus-0 0,94 0,44 0,50 0,16 1,44 0,30 7Varus-25 0,61 0,26 0,81 0,31 1,42 0,40 6

Neutral-50 0,71 0,35 0,83 0,38 1,55 0,45 6Valgus-62 0,60 0,33 0,81 0,37 1,41 0,50 6Valgus-75 0,52 0,25 0,88 0,27 1,40 0,52 5

Achsenverh. = Achsenverhältnis; MPa = Megapascal; Medial= mediales Kom- partiment;Lateral = laterales Kompartiment; Summe = Summe aus beiden Kom- partimenten; SD = Standardabweichung, n = Anzahl der Messwerte

Die Variabilität zwischen den Präparaten für den Kontaktdruck in einem Kompartiment war

genauso wie bei der anteiligen Verteilung der Kontaktkraft hoch, was durch die hohe

Standardabweichung von bis zu 0,44 MPa belegt wird. Anders als bei der anteiligen Verteilung der

Kontaktkraft kam es vor, dass der Kontaktdruck in beiden Kompartimenten anstieg oder fiel, z.B.

Präparatnr. 2 von Neutral-50 zu Valgus-62.

0,00

0,20

0,40

0,60

0,80

1,00

1,20

1,40

1,60

Varus-0 Varus-25 Neutral-50 Valgus-62 Valgus-75

Kon

takt

druc

k [M

Pa]

MedialLateral

Abbildung 32 Kontaktdruck im medialen und lateralen Kompartiment bei verschiedenen Achsverhältnissen und nicht geöffneter Osteotomie

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4.4 Druckmessung während des Öffnens der Osteotomie

Das Öffnen der Osteotomie geschah am in die MTS eingespannten Präparat ohne axiale

Krafteinleitung. Der maximale Öffnungsgrad betrug sieben Milimeter bei Präparatnr. 4, 5, 7 und

8 mm bei Präparatnr. 2 und 3, sowie 9 mm bei Präparatnr. 6. Das Innenband des Präparatnr. 5

wurde während des Öffnens zu 50 % durchtrennt. Bei den Präparatnr. 2,3 und 7 wurde zeitgleich

eine Druckmessung durchgeführt.

Die Abbildung 33 zeigt beispielhaft für ein Präparat den gemessen Kontaktdruck [MPa] für jeweils

das mediale und laterale Kompartiment im zeitlichen Verlauf während der Öffnung der

Osteotomie. Vor Beginn des Öffnungsvorganges wurden im unbelasteten Präparat nur sehr

niedrige Kontaktdrücke von < 0,1 MPa im medialen wie lateralen Kompartiment gemessen.

Während des Öffnens kam es zu einem deutlichen Druckanstieg im medialen Kompartiment.

Obwohl keine axiale Krafteinleitung erfolgte, wurden Werte von bis zu 1,1 MPa erreicht. Die

Kontaktdrücke im lateralen Kompartiment blieben dagegen fast unverändert und bewegten sich

weiterhin zwischen 0,1 und 0,2 MPa. Eine kontinuierliche Zunahme in der Anspannung des

Innenbandes war deutlich erkennbar. Die großen Zackenauschläge der Kurve spiegeln die

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

1,2

1,4

1

196

391

586

781

976

1171

1366

1561

1756

1951

2146

2341

2536

2731

2926

3121

Zeit [Sekunden]

Kon

takt

druc

k [M

Pa]

MedialLateral

Abbildung 33 Druckmessung ohne axiale Krafteinleitung während der Öffnung der Osteotomie – Kontaktdruckverteilung zwischen den Kompartimenten

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Hammerschläge zum Einbringen der Flachmeißel in den Osteotomiespalt wieder, die einen starken

punktuellen Druckanstieg in beiden Kompartimenten bedingten.

Nach dem Öffnen hatte sich die mit Kraft belastete Kontaktfläche im medialen Kompartiment

wesentlich vergrößert. Diese überstieg die Kontaktfläche lateral bei weitem. Bei Präparatnr. 6b

lasteten allein bedingt durch den Öffnungsvorgang 204,5 N auf dem medialen Kompartiment,

während es lateral nur 3,5 N waren. Sowohl der Druckanstieg als auch die erhöhte Spannung des

Innenbands blieben über den Zeitraum des Öffnens hinaus unverändert bestehen. Dieser Trend des

einseitigen medialen starken Druckanstieges und der Erhöhung der Innenbandspannung war bei

allen Präparaten festzustellen.

4.5 Druckmessung während der Durchführung des Innenbandreleases

Das Innenbandrelease (IBR) wurde ebenfalls am in die MTS eingespannten Präparat ohne axiale

Krafteinleitung durchgeführt. Bei IBR-50 wurde die anteriore Hälfte des oberflächlichen distalen

Anteils des Innenbandes durchtrennt und beim IBR-100 komplett die verbleibenden Faseranteile.

Eine Ausnahme bildete das Präparatnr. 3 hier wurde umgekehrt vorgegangen, d.h. zunächst wurde

die posteriore und dann die verbleibende anteriore Hälfte durchtrennt. Während des schrittweisen

IBR wurden Druckmessungen bei allen Präparaten durchgeführt.

00,050,1

0,150,2

0,250,3

0,350,4

0,45

0 100 200 300 400 500

Zeit [Sekunden]

Kon

takt

druc

k [M

Pa] Medial

Lateral

Abbildung 34 Druckmessung ohne axiale Krafteinleitung während der zwei Schritte des Innenbandreleases (IBR-50 und IBR-100) ohne axiale Krafteinleitung

IBR-50

IBR-100

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Der dabei gemessene Druckverlauf ist in Abbildung 34 beispielhaft für ein Präparat dargestellt.

Während des IBR-50 fiel der Kontaktdruck im medialen Kompartiment kontinuierlich ab von

0,42 MPa auf 0,29 MPa. Die folgende Plateauphase gleichen Drucks stellt eine Phase ohne

Belastung und Manipulationen am Präparat dar. Der kleine Druckanstieg resultierte aus

Handgriffen an Präparat und Haltevorrichtung. Das IBR-100 wurde in gleicher Weise von einem

Druckabfall begleitet, der sogar noch schneller vonstatten ging als beim IBR-50, da die

verbliebenen Innenbandanteilen rascher durchtrennt werden konnten, weil keine Sorgfalt mehr

darauf verwandt werden musste, die andere Bandhälfte nicht zu beschädigen. Nach IBR-50 bzw.

IBR-100 hatte sich die Kontaktfläche, die trotz fehlender äußerer Krafteinwirkung belastet wurde,

verkleinert und die medial vorhandene Kontaktkraft war deutlich abgesunken.

4.6 Druckmessung bei maximal geöffneter Osteotomie und Innenbandrelease

4.6.1 Anteilige Verteilung der Kontaktkraft zwischen den Kompartimenten

Bei dieser Messung „HTO max.“ war die Osteotomie maximal geöffnet und die Belastungsachse

war auf 62 % der Tibiaplateaubreite eingestellt, welches einer Korrektur auf den sogenannten

Fujisawa-Point entsprach. Das Innenbandrelease wurde in zwei Schritten durchgeführt, zunächst

wurde die anteriore Hälfte, dann die verbleibende posteriore durchtrennt. Die Einstellungen am

Präparat wurden in der Zeit nicht verändert.

In dieser Einstellung HTO-max stieg der mediale Anteil an der Kontaktkraft stark an und erreichte

mit 71,4 % ± 13,4 den höchsten Wert im Vergleich mit allen anderen Einstellungen zuvor. So lag

dieser deutlich oberhalb des Wertes, der bei gleicher Belastungsachse und nicht geöffneter

Osteotomie gemessen wurde (34,6 % ± 18,2 bei Valgus-62) und überstieg sogar die medialen

Anteil von 65,1 % ± 20,5 bei starker Varusfehlstellung (Varus-0). Diese Beobachtung galt für alle

Einzelwerte der einzelnen Präparate bis auf eine Ausnahme. Bei Präparatnr. 7 war der mediale

Anteil bei maximal geöffneter HTO (71,4 %) geringer als bei Varus-0 (75,4 %) und sogar Neutral-

50 (73,3 %). Bei allen Präparaten jedoch war das mediale Kompartiment in HTO max. deutlich

stärker belastet als das laterale.

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4 ERGEBNISSE ________________________________________________________________________________

60

Bei Tabelle 4.8 Anteil der medialen Kompartimentes an der Gesamtkontaktkraft beider Kompartimente bei verschiedenen Einstellungen Einstellung Präp.Nr. 2 Präp.Nr. 3 Präp.Nr. 4 Präp.Nr. 5 Präp.Nr. 6a Präp.Nr. 6b Präp.Nr. 7 MW [%] SD n

Varus-0 30,1 46,9 91,8 66,7 77,4 67,5 75,4 65,1 20,5 7Varus-25 17,4 30,7 41,2 51,2 42,7 60,7 40,7 15,2 6

Neutral-50 10,1 46,4 33,1 42,8 37,3 73,3 40,5 20,6 6Valgus-62 10,6 24,6 27,7 39,2 41,5 63,8 34,6 18,2 6Valgus-75 19,1 31,0 34,9 28,5 28,9 28,5 5,8 5HTO-max 56,3 81,5 87,7 60,1 71,4 71,4 13,4 5

IBR-50 38,5 41,9 73,9 68,2 51,4 43,4 52,9 14,8 6IBR-100 27,5 25,3 33,7 58,9 40,2 37,1 13,5 5

Präp.Nr. = Präparatnr., MW = arithmetischer Mittelwert, SD = Standardabweichung, n = Anzahl der Messwerte, *: p < 0,05 für Unterschied zur vorherigen Einstellung

von 10,6 % immer unterhalb der 10 %-Marke während diese bei den Kontaktdrücken sich zumeist

oberhalb dieser Marke befand.In der Einstellung IBR-50 war der Mittelwert für den medialen

Anteil erniedrigt bis auf 52,9 % ± 14,8. Damit hatte sich die Belastung des medialen

Kompartimentes im Durchschnitt zwar um ein Viertel reduziert (p<0,05), lag jedoch immer noch

deutlich im Bereich der Varusfehlstellung. Bei IBR-100 hatte eine weitere Entlastung um fast ein

Drittel statt gefunden (p<0,05) und das mediale Kompartiment trug mit 37,1 ± 13,5 weniger

Kontaktkraft als das laterale. Im Vergleich der Mittelwerte lag der mediale Anteil nun unterhalb

dessen für Neutral-50.

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

Varus-0 Varus-25

Neutral-50

Valgus-62

Valgus-75

HTO-max

IBR-50 IBR-100

Kon

takt

kraf

t [%

]

Abbildung 35 Anteil des medialen Kompartimentes an der Gesamtkontaktkraft bei verschiedenen Achsverhältnissen und geöffneter Osteotomie

*

* *

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4 ERGEBNISSE ________________________________________________________________________________

61

Obwohl die allgemeine Tendenz, die durch die Mittelwerte vorgegeben wird (Anstieg des

medialen Anteils an der Gesamtkontaktkraft und deutliches Absinken durch das schrittweise

Innenbandrelease), auch auf die Ergebnisse der Einzelmessungen für die individuellen Präparate

zutraf, waren jedoch das individuelle Ausmaß an Anstieg und Abfall sehr variabel. Außer bei

Präparatnr. 6 hatte sich durch das vollständige IBR der Anteil des medialen Kompartimentes an

der Gesamtkontaktkraft um mehr als die Hälfte verringert. Bei Präparatnr. 4 fiel auf, dass der

relative Abfall des medialen Anteils um 54 % durch das IBR-100 wesentlich größer war als der

Abfall um 16 % durch IBR-50. Ähnlich galt dies auch für Präparatnr. 6, wenn auch hier der

Unterschied zwischen dem ersten und zweiten Abfall nicht so groß war wie bei Präparatnr. 4,

nämlich 14 % vs. 22 %. Bei Präparatnr. 6 war außerdem festzustellen, dass der Anstieg durch das

Öffnen der Osteotomie geringer ausfiel als bei den anderen Präparaten. Den stärksten Abfall durch

IBR-50 gab es bei Präparatnr. 3, bei dem als einziges die posteriore Hälfte des distalen

oberflächlichen Anteils des Innnenbandes anstatt der anterioren durchtrennt wurde. Der mediale

Anteil sank von 81,5 % auf 41,9 %, eine Reduktion um fast die Hälfte. Den geringsten Abfall

durch IBR-50 gab es bei Präparatnr. 6b von 60,1 % auf 51,4 %. Betrachtet man die relative

Reduktion so lag diese mit 14 % in einer ähnlichen Größenordnung wie bei Präparatnr. 4.

4.6.2 Anteilige Verteilung verschiedener Druckparameter zwischen den Kompartimenten

Verglichen wurden die anteilige, prozentuale Verteilung der Kontaktfläche, der mittlere

Kontaktdruck und der Spitzenkontaktdruck zwischen dem medialen und dem lateralen

Kompartiment (Tabelle 4.9). Alle drei Parameter folgten in ihrer Verteilung der gleichen Tendenz

(Abbildung 36). Für den medialen Anteil bedeutete dies eine Abnahme mit nach lateral

wandernden Belastungsachse, eine deutliche Erhöhung in der Einstellung HTO-max, sogar über

den bei Varus-0 und eine progressive Abnahme nach IBR bis zu einer Verteilungsverhältnis, wie

es in etwa bei Einstellung der Neutralachse gegeben war.

Die Kontaktflächenverteilung änderte sich am wenigsten mit den verschiedenen Einstellungen,

z.B. betrugen für das mediale Kompartiment die Extremwerte 41,2 % bis 54,7 %. Es bestand nur

eine Differenz von 13,5 % bei einem Wert für den medialen Anteil in der Neutralstellung von

42,7 % ± 8,3. Dagegen lagen beim mittleren Kontaktdruck und dem Spitzenkontaktdruck die

medialen Anteile zwischen den Extrema 36,1 % und 70,2 % bzw. 30,7 % und 68,1 %. Auch die

Standardabweichungen der Messwerte für die Kontaktflächen lagen bis auf einen Ausnahmewert

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4 ERGEBNISSE ________________________________________________________________________________

62

Tabelle 4.9 Übersicht über anteilige Verteilung der Druckparameter zwischen dem medialen und lateralen Kompartiment

Kontaktfläche [%] Mittlerer Kontaktdruck [%] Spitzenkontaktdruck [%]Einstellung Medial Lateral SD Medial Lateral SD Medial Lateral SD

Varus-0 53,7 46,3 9,9 62,8 37,2 17,1 58,8 41,2 9,3Varus-25 47,1 52,9 8,9 42,7 57,3 14,4 42,0 58,0 11,4

Neutral-50 42,7 57,3 8,3 46,0 54,0 17,9 38,3 61,7 13,7Valgus-62 41,3 58,7 6,2 41,4 58,6 17,7 32,2 67,8 12,3Valgus-75 41,2 58,8 7,8 36,1 63,9 4,5 30,7 69,3 6,7HTO-max 54,7 45,3 7,0 70,2 29,8 8,6 68,1 31,9 15,1

IBR-50 45,8 54,2 8,8 57,3 42,7 8,9 54,9 45,1 13,8IBR-100 43,8 56,2 10,6 43,4 56,6 5,3 37,9 62,1 6,5

Medial = mediales Kompartiment; Lateral = laterales Kompartiment; SD = Standardabweichung

Für den mittleren Kontaktdruck war eine Kontinuität zwischen wandernder Belastungsachse und

der anteiligen Verteilung, wie sie bei der Kontaktkraft und der absoluten Verteilung des

Kontaktdruckes bei den Einstellungen Varus-25 und Neutral-50 vorhanden war, nicht gegeben.

Denn es stieg der mediale Anteil trotz weiter lateral liegender Belastungsachse an. In allen

Einstellungen war der mediale Anteil für den mittleren Kontaktdruck höher als für den

Spitzenkontaktdruck. Besonders deutlich wurde dies für die Einstellung Neutral-50, bei der der

mediale Anteil des mittleren Kontaktdrucks mit 46,0 % ± 17,9 noch relativ dicht in einem Bereich

0

10

20

30

40

50

60

70

80

Varus-0 Varus-25 Neutral-50 Valgus-62 Valgus-75 HTO-max IBR-50 IBR-100

Ante

il de

s m

edia

len

Kom

parti

men

tes

[%]

Kontaktfläche

Mittlerer Kontaktdruck

Spitzenkontaktdruck

Abbildung 36 Anteil des medialen Kompartimentes an den Gesamtwerten für die Kontaktfläche, mittleren Kontaktdruck und Spitzenkontaktdruck

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63

einer gleichmäßigen Verteilung zwischen beiden Kompartimenten lag. Die Werte für den

Spitzenkontaktdruck zeigten jedoch eine deutlich mehr belastetes laterale Kompartiment, während

das mediale nur einen Anteil von 38,3 % ± 13,7 des Druckes erhielt. In gleicher Weise war auch

bei Valgus-62 und Valgus-75 der Unterschied in der Verteilung dieser beiden Druckparameter

deutlich.

Weiterhin lagen Unterschiede vor, bis auf welches Niveau sich der mediale Anteil bei IBR-100

reduzierte. Zwar war der Anteil bei allen Einstellungen niedriger als 50 %, jedoch erreichte die

Kontaktfläche einen Wert knapp oberhalb des Wertes bei Neutral-50, der mittlere Kontaktdruck

einen unterhalb und der Spitzendruck einen fast gleichen. Die relative Entlastung des medialen

Kompartimentes nach Innenbandrelease war bei beiden Druckparametern vergleichbar und betrug

ca. ein Fünftel nach IBR-50 und ca. ein Drittel nach IBR-100. Ähnlich wie für den Mittelwert der

anteiligen Kontaktkraft war bei diesen beiden Parametern nach vollständigem Innenbandrelease

der mediale Anteil auf nicht ganz die Hälfte reduziert worden.

4.6.3 Kontaktdruck im medialen und lateralen Kompartiment

Der Kontaktdruck medial und lateral veränderte sich in gleicher Weise wie die anteilige

Kontaktkraft, d.h. im medialen Kompartiment erreichte dieser Druckparameter bei HTO-max.

seinen Maximalwert, höher als bei Varus-0, um dann stufenweise bei IBR-50 und IBR-100 wieder

abzusinken bis auf ein Niveau unterhalb des Wertes bei Neutral-50. Im Gegenzug dazu fiel der

Kontaktdruck im lateralen Kompartiment bei HTO max. ab und stieg bei IBR-50 und IBR-100 an,

ohne jedoch oberhalb des Wertes für Neutral-50 zu gelangen. Die Gesamtkontaktkraft über beide

Kompartimente zeigte einen analogen Verlauf zu dem Kontaktdruck im medialen Kompartiment

(Abbildung 37).

Auch hier war zu beobachten, dass sich die Kompartimente nicht immer gegenläufig verhalten

mussten, d.h. ein Anstieg des Kontaktdruckes medial ergab nicht zwingend einen Druckabfall

lateral oder umgekehrt., wie z.B. Präparatnr. 5 von IBR-50 zu IBR-100 zeigte. Außerdem hielten

sich Anstieg und Abfall nicht stets die Waage. So war der Druckanstieg medial von der

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4 ERGEBNISSE ________________________________________________________________________________

64

Tabelle 4.10 Mittelwerte für den Kontaktdruck [MPa] im medialen und lateralen Kompartiment und deren Summe

Medial [MPa] Lateral [MPa] Summe [MPa]Einstellung MW SD MW SD MW SD n

Varus-0 0,94 0,44 0,50 0,16 1,44 0,30 7Varus-25 0,61 0,26 0,81 0,31 1,42 0,40 6

Neutral-50 0,71 0,35 0,83 0,38 1,55 0,45 6Valgus-62 0,60 0,33 0,81 0,37 1,41 0,50 6Valgus-75 0,52 0,25 0,88 0,27 1,40 0,52 5HTO max. 1,28 0,69 0,51 0,04 1,79 0,70 6

IBR-50 0,84 0,50 0,57 0,14 1,41 0,58 6IBR-100 0,56 0,19 0,73 0,27 1,30 0,51 5

Medial = mediales Kompartiment; Lateral = laterales Kompartiment; Summe = Summe beider Kompartimente; MW= Mittelwert; SD = Standardabweichung

Einstellung Neutral-50 zu HTO max. mit 0,51 MPa mehr als doppelt so hoch wie der Druckabfall

lateral von 0,22 MPa. Gleichermaßen traf dies für den Druckentlastung medial durch das

Innenbandrelease zu. Diese mediale Druckentlastung erfolgte in zwei Schritten, zunächst um

0,28 MPa durch das IBR-50 und dann um 0,18 MPa durch das IBR-100. Ingesamt wurde der

Kontaktdruck damit um 0,46 MPa medial reduzierte, während sich lateral eine Druckzunahme um

0,16 MPa und 0,12 MPa auf nur 0,28 MPa ergab. Damit war die Belastungszunahme lateral nur

halb so hoch, wie die Entlastung medial (Tabelle 4.10).

Die Einzelwerte für alle Präparate verhielten sich in gleicher Weise (Tabelle 4.11), mit Ausnahme

von Präparatnr. 5, bei dem der Kontaktdruck im medialen Kompartiment mit 0,66 MPa bei

IBR-100 höher war als mit 0,61 MPa bei IBR-50. Allerdings stieg der Kontaktdruck im lateralen

in einem noch höheren Maße an, von 0,45 MPa auf 0,62 MPa, so dass der relative Anteil medial

Tabelle 4.11 Kontaktdruck [MPa] im medialen und lateralen Kompartiment Präp.Nr. 2 Präp.Nr. 3 Präp.Nr. 4 Präp.Nr. 5 Präp.Nr. 6a Präp.Nr. 6b Präp.Nr. 7

Einstell. Med. Lat. Sum Med. Lat. Sum Med. Lat. Sum Med. Lat. Sum Med. Lat. Sum Med. Lat. Sum Med. Lat. SumVarus 0 0,42 0,76 1,18 0,74 0,58 1,32 1,72 0,28 1,99 0,56 0,54 1,10 1,15 0,46 1,61 0,86 0,53 1,38 1,13 0,33 1,46Varus 25 0,27 0,81 1,07 0,56 0,87 1,44 0,78 1,37 2,16 0,42 0,63 1,05 0,62 0,69 1,31 1,01 0,48 1,49Neutral 50 0,32 1,17 1,49 0,69 0,56 1,25 0,97 1,41 2,38 0,45 0,70 1,15 0,59 0,75 1,33 1,26 0,42 1,68Valgus 62 0,20 0,91 1,11 0,43 0,76 1,19 0,88 1,49 2,38 0,38 0,66 1,05 0,61 0,61 1,22 1,07 0,45 1,52Valgus 75 0,30 0,63 0,93 0,91 1,31 2,22 0,31 0,67 0,98 0,48 0,92 1,40 0,61 0,88 1,49HTO max. 0,54 0,51 1,05 1,17 0,44 1,61 2,41 0,52 2,92 0,96 0,54 1,50 1,34 0,53 1,87IBR-50 0,42 0,39 0,80 0,66 0,57 1,23 1,84 0,63 2,47 0,61 0,45 1,06 0,75 0,59 1,34 0,77 0,77 1,54IBR-100 0,32 0,47 0,79 0,43 0,69 1,13 0,81 1,18 2,00 0,66 0,62 1,28 0,57 0,69 Einstell. = Einstellung; Med. = mediales Kompartiment; Lat. = laterales Kompartiment; Sum. = Summe beider Kompartimente; MPa = Megapascal; Präp.Nr.= Präparatnummer

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bei IBR-100 dennoch geringer war als bei IBR-50. Dementsprechend war auch ein Anstieg der

Summe der Kontaktdrucke zu beobachten, hier von 1,06 MPa auf 1,28 MPa. Eine andere

Ausnahme war das Präparatnr. 7, da bei diesem nicht nur das mediale, sondern auch das laterale

Kompartiment bei HTO-max. stärker belastet war als bei Neutral-50.

Außergewöhnlich hohe Kontaktdrücke wurden bei Präparatnr. 4 erreicht. Das Minimum wurde bei

IBR-100 und das Maximum bei HTO-max. gemessen. Diese bewegten sich medial zwischen

2,41 MPa und 0,81 MPa, lateral zwischen 0,52 MPa und 1,18 MPa und in der Gesamtsumme

zwischen 2,92 MPa und 2,00 MPa. Die Werte für lateral bei HTO-max. waren somit sogar höher

als die medialen Werte von Präparatnr. 2 in dieser Einstellung, welches die niedrigsten

Kontaktdrücke aufwies. Bei diesem Präparat wurden selbst bei maximaler medialer Belastung in

HTO-max. nur 0,54 MPa gemessen. Bei IBR-100 sank dieser Wert dann auf 0,32 MPa. Im

lateralen Kompartiment bewegten sich die Werte bei diesem Präparat zwischen 0,51 MPa und

0,47 MPa. Die Gesamtsumme war folglich auch geringer, zwischen 1,05 MPa und 0,79 MPa. Der

Gesamtkontaktdruck bewegte sich in damit in einer Größenordnung, die bei anderen Präparaten

von dem Kontaktdruck in nur einem Kompartiment allein erreicht wurde. So betrug z.B. bei

Präparatnr. 3 der Kontaktdruck in der Einstellung HTO-max. im medialen Kompartiment

1,17 MPa.

0,00

0,20

0,40

0,60

0,80

1,00

1,20

1,40

1,60

1,80

2,00

Varus 0 % Varus 25 % Neutral 50 % Valgus 62 % Valgus 75 % HTO max. IBR-50 IBR-100

Kon

takt

druc

k [M

Pa]

MedialLateral

Abbildung 37 Verteilung des Kontaktdruckes zwischen dem medialen und lateralen Kompartiment bei verschiedenen Achsverhältnissen und geöffneter Osteotomie

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4 ERGEBNISSE ________________________________________________________________________________

66

4.6.4 Vergleich von mittlerem Kontaktdruck und Spitzenkontaktdruck

Das Druckmaximum wurde bei beiden Druckparametern in der Einstellung HTO-max. im

medialen Kompartiment gemessen. In dieser Einstellung betrug der mittlere Kontaktdruck medial

1,28 MPa und der Spitzenkontaktdruck erreichte mit 3,78 MPa somit das Dreifache diesen Drucks.

Die Gesamtsumme der Kontaktdrücke war in dieser Einstellung ebenfalls am höchsten. Im

lateralen Kompartiment trat der höchste mittlere Kontaktdruck von 0,88 MPa bei Valgus-75 und

der höchste Spitzenkontaktdruck von 2,97 MPa bei Valgus-62 auf. Der Spitzenkontaktdruck lateral

war somit ebenfalls mehr als dreimal so hoch wie mittlere Kontaktdruck (Tabelle 4.12).

Die niedrigsten Werte wurden medial im Valgus-75 gemessen und betrugen 0,52 MPa für den

mittleren Kontaktdruck und 1,29 MPa für den Spitzenkontaktdruck. Im lateralen Kompartiment

wurden die niedrigsten Werte für den mittleren Kontaktdruck von 0,50 MPa in Varus-0 bzw.

0,51 MPa in HTO-max gemessen und für den Spitzenkontaktdruck mit 1,35 MPa in HTO-max.

Damit lag lateral der Spitzenkontaktdruck deutlich unter dem Dreifachen des mittleren

Kontaktdrucks (Abbildung 37 und Abbildung 38). Die Spannbreite zwischen den Extremwerten

war bei dem Spitzenkontaktdruck mit 2,49 MPa medial und mit 1,62 MPa lateral im Vergleich

deutlich größer. Diese Spanne betrug beim mittleren Kontaktdruck nur 0,76 MPa medial bzw.

0,38 MPa lateral. Bei beiden Druckparametern war die Spannbreite medial höher als lateral.

Bei vollständigem Innenbandrelease fiel der mittlere Kontaktdruck im medialen Kompartiment

unterhalb der Wertes bei Neutral-50 und bewegte sich in einer Größenordnung wie bei Valgus-62.

Dieses traf in gleicher Weise auf die Verringerung des Spitzenkontaktdruck durch IBR-100 zu.

Tabelle 4.12 Übersicht über die Kontaktfläche, Mittleren Kontaktdruck und Spitzenkontaktdruck im medialen und lateralen Kompartiment

Kontaktfläche [mm²] Mittlerer Kontaktdruck [MPa] Spitzenkontaktdruck [MPa] Medial Lateral Medial Lateral Medial Lateral

Einstellung MW SD MW SD MW SD MW SD MW SD MW SDVarus-0 393,7 71,6 374,5 178,7 0,94 0,44 0,50 0,16 2,40 1,21 1,60 0,49

Varus-25 371,9 56,9 454,0 193,1 0,61 0,26 0,81 0,31 1,47 0,48 2,04 0,56Neutral-50 338,6 88,5 459,4 121,0 0,71 0,35 0,83 0,38 1,72 0,81 2,92 1,57Valgus-62 335,5 67,2 491,1 149,3 0,60 0,33 0,81 0,37 1,43 0,85 2,97 1,59Valgus-75 321,7 129,6 429,3 169,1 0,52 0,25 0,88 0,27 1,29 0,79 2,54 1,22HTO-max 413,9 66,4 399,4 117,2 1,28 0,69 0,51 0,04 3,78 3,25 1,35 0,52

IBR-50 365,2 39,6 455,9 148,0 0,84 0,50 0,57 0,14 2,74 3,28 1,59 0,53IBR-100 320,5 96,7 443,4 193,2 0,56 0,19 0,73 0,27 1,42 0,86 2,23 1,05

Medial = Kontaktdruck im medialen Kompartiment; Lateral = Kontaktdruck im lateralen Kompartiment; MW = Mittelwert; SD = Standardabweichung

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67

0,00

0,50

1,00

1,50

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3,00

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4,00

Varus-0 Varus-25 Neutral-50 Valgus-62 Valgus-75 HTO-max IBR-50 IBR-100

Kon

takt

dru

ck [M

Pa]

Mittlerer KontaktdruckSpitzenkontaktdruck

Abbildung 38 Vergleich von Mittlerem und Spitzenkontaktdruck im medialen Kompartiment

0,00

0,50

1,00

1,50

2,00

2,50

3,00

3,50

4,00

Varus-0 Varus-25 Neutral-50 Valgus-62 Valgus-75 HTO-max IBR-50 IBR-100

Kon

takt

druc

k [M

Pa]

Mittlerer KontaktdruckSpitzenkontaktdruck

Abbildung 39 Vergleich von Mittlerem und Spitzenkontaktdruck im lateralen Kompartiment

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68

Allerdings war der reduzierte mediale Spitzenkontaktdruck immer noch höher waren als die

höchsten mittleren Kontaktdrücke, wie sie bei HTO-max. oder Varus-0 auftraten. Im lateralen

Kompartiment waren die beide Druckwerte ebenfalls geringer als bei Neutral-50 und fielen auf ein

Niveau wie bei den varischen Einstellungen ab.

Die Abbildungen 42 bis 44 zeigen beispielhaft Druckmessung bei verschiedenen Einstellungen. Zu

erkennen sind die Unterschiede in der Höhe der Kontaktkraft und deren Verteilung zwischen dem

medialen und lateralen Kompartiment, sowie die Änderung der Kontaktflächen in Ausdehnung

und Lokalisation

4.7 Unterschiede in der Druckverteilung zwischen den verschiedenen Einstellungen

4.7.1 Unterschiede des medialen Anteils der Kontaktkraft bezogen auf die Neutralstellung

In einem nächsten Schritt wurde ermittelt, wie groß der Unterschied des medialen Anteils an der

Kontaktkraft in einer Einstellung zu dem der Einzelmessung bei Neutral-50 war. Die Ergebnisse

vom zweiten Messtag mit Präparatnr. 6 (Präparatnr. 6b) konnten in dieser Auswertung nicht

berücksichtigt werden, da der Referenzwert Neutral-50 fehlte. Anhand dieser Differenzen war

deutlich zu erkennen, welche Mehr- oder Minderbelastung für das medialen Kompartiment bei den

verschiedenen Einstellungen im Vergleich zur Neutralstellung bestanden. Positive Differenzen

wiesen auf einen höheren medialen Anteil der Kontaktkraft in dieser Einstellung im Vergleich zur

Einstellung Neutral-50 hin und negative Differenzen auf niedrigere Kontaktkräfte.

Eine anteilige Mehrbelastung für das mediale Kompartiment war bei den Einstellungen Varus-0,

HTO-max. und IBR-50, sowie im geringen Maße (3,3 % ± 17,9) für IBR-100 zuerkennen (Tabelle

4.13). Das Maximum an Mehrbelastung trat bei geöffneter Osteotomie mit intaktem Innenband auf

und betrug 33,5 % mehr als in der Neutralstellung. Eine im Vergleich deutliche Entlastung des

medialen Kompartimentes von der einwirkenden Kontaktkraft war für die valgischen

Achsenverhältnisse Valgus-62 und Valgus-75 festzustellen. Ebenfalls eine negative, wenn auch

geringe Differenz von 0,9 % ± 12,2 bestand zur Einstellung Varus-25 (Abbildung 40).

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4 ERGEBNISSE ________________________________________________________________________________

69

Tabelle 4.13 Unterschiede des medialen Anteils an der Kontaktkraft in verschiedenen Einstellungen im Vergleich zur Neutralstellung (Neutral-50) Einstellung Präp.Nr.2 Präp.Nr.3 Präp.Nr.4 Präp.Nr.5 Präp.Nr.6a Präp.Nr.7 MW [%] SD n

Varus 0 % 20,1 0,5 58,7 23,9 40,1 2,0 24,2 22,4 6Varus 25 % 7,4 -15,8 8,1 8,4 -12,6 -0,9 12,2 5

Neutral 50 % 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 6Valgus 62 % 0,5 -21,8 -5,4 -3,6 4,3 -9,5 -5,9 9,1 6Valgus 75 % -27,3 -2,1 -7,9 -8,8 -44,5 -18,1 17,5 5

HTO max. 46,2 35,1 54,6 -2,0 33,5 25,0 4IBR-50 28,4 -4,5 40,8 25,4 -30,0 12,0 28,8 5

IBR-100 17,4 -21,1 0,7 16,1 3,3 17,9 4 alle Werte als Anteil der Gesamtkontaktkraft im medialen Kompartiment [%]; MW = Mittelwert; SD = Standardabweichung; n = Anzahl der Messwerte; Präp.Nr. = Präparatnummer

4.7.2 Unterschiede des medialen Anteils der Kontaktkraft bezogen auf Varusfehlstellung-0

In diesem Fall wurde der Anteil der Kontaktkraft im medialen Kompartiment für alle

Einstellungen als Differenz zu dessen Anteil in der Einstellung Varus-0 berechnet. Diese

Darstellung verdeutlicht, in welchen Einstellungen eine Mehrbelastung im medialen

Kompartiment im Vergleich zu einer mittelschweren klinisch relevanten Varusfehlstellung

auftraten. So wird ersichtlich, welche Maßnahmen zu einer Verbesserung im Sinne einer

Entlastung des medialen Kompartimentes im Vergleich zur Ausgangsituation führten Die

Abbildung 41 zeigt deutlich, dass bei geöffneter Osteotomie und intaktem Innenband eine anteilige

Kontaktkraft medial gemessen wurde, die über den Werte bei einer ausgeprägten

Varusfehlstellung lag. Nach der Durchführung des Innenbandrelease sanken diese Anteile wieder

auf ein Niveau unterhalb derer der simulierten Varusfehlstellungen. Desweiteren lässt sich die

Reduktion der Kontaktkraft im medialen Kompartiment bei Lateralverlagerung der

Belastungsachse sehr gut verfolgen (Tabelle 4.14).

Tabelle 4.14 Unterschiede des medialen Anteil an der Kontaktkraft in verschiedenen Einstellungen im Vergleich zur Varusfehlstellung (Varus-0) Einstellung Präp.Nr.2 Präp.Nr.3 Präp.Nr.4 Präp.Nr.5 Präp.Nr.6a Präp.Nr.6b Präp.Nr.7 MW [%] SD n

Varus-0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 7Varus-25 -12,7 -16,3 -50,6 -15,5 -24,8 -14,7 -22,4 14,4 6

Neutral-50 -20,1 -0,5 -58,7 -23,9 -40,1 -2,0 -24,2 22,4 6Valgus-62 -19,6 -22,3 -64,1 -27,5 -35,9 -11,5 -30,2 18,5 6Valgus-75 -27,8 -60,9 -31,8 -49,0 -46,5 -43,2 13,5 5HTO-max 26,1 34,6 -4,2 -7,4 -4,0 9,0 19,7 5

IBR-50 8,3 -5,0 -17,9 1,5 -16,1 -32,0 -10,2 14,7 5IBR-100 -2,7 -21,6 -58,1 -7,8 -27,3 -23,5 21,8 5

alle Werte als Anteil der Gesamtkontaktkraft im medialen Kompartiment [%]; MW = Mittelwert; SD = Standardabweichung; n = Anzahl der Messwerte; Präp.Nr. = Präparatnummer

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4 ERGEBNISSE ________________________________________________________________________________

70

-40

-20

0

20

40

60

80

1 2 3 4 5 6 7 8

Varus-0 Neutral-50 Valgus-75 IBR-50 . Varus-25 Valgus-62 HTO-max IBR-100

Kon

takt

kraf

t [%

]

Abbildung 40 Unterschiede des medialen Anteils der Kontaktkraft in verschiedenen Einstellungen im Vergleich zur Neutralstellung (Neutral-50)

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

10

20

30

1 2 3 4 5 6 7 8

Varus-0 Neutral-50 Valgus-75 IBR-50 . Varus-25 Valgus-62 HTO-max IBR-100

Kon

takt

kraf

t [%

]

Abbildung 41 Unterschiede des medialen Anteils der Kontaktkraft in verschiedenen Einstellungen im Vergleich zur Varusfehlstellung (Varus-0)

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4 ERGEBNISSE ________________________________________________________________________________

71

----D

ruck

++D

ruck

++----

Dru

ck++

Dru

ck++

----D

ruck

++D

ruck

++

Abbildung 42 Druckmessung bei der Einstellung „HTO-max“

Abbildung 43 Druckmessung bei der Einstellung „IBR-50“

Abbildung 44 Druckmessung bei der Einstellung „IBR-100"

In der Einstellung „HTO-max“ werden außerordentliche hohe Kontaktdrücke im medialen Kompartiment (links) gemessen. Der Kontaktdruck medial nahm über „IBR-50“ zu „IBR-100“ stetig ab. Im Gegenzug erhöhte sich dabei der Kontaktdruck im lateralen Kompartiment (rechts).

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5 DISKUSSION ________________________________________________________________________________

72

5 DISKUSSION 5.1 Konzeptionelle Überlegungen

5.1.1 Verwendete Präparate

Die in dieser Studie verwendeten Präparate stammten von Spendern mit einem Durchschnittsalter

von 62 Jahren (55-66 Jahre) ohne Eingriffe am Kniegelenk. Bedenken gegenüber der Verwendung

von Präparaten aus dieser Altersgruppe bestehen meist aufgrund der mit dem Alterungsprozess

einhergehenden Veränderungen der Knorpeleigenschaften, insbesondere bei Vorhandensein von

arthrotischen Veränderungen. Befürchtet wird eine Beeinflussung der Versuchsergebnisse durch

diese Veränderungen. Andererseits erscheint die Verwendung von Präparaten dieser Altersgruppe

nicht nachteilig, weil diese genau der Patientengruppe entsprechen, bei denen die

Umstellungsosteotomie am häufigsten indiziert ist. Da diese Operation vorgenommen wird, weil

schon arthrotische Veränderungen vorliegen, ist gerade das Verhalten von Kniegelenken mit

diesen Veränderungen von besonderem Interesse. Die Aussagekraft unserer Ergebnisse für die

Beurteilung der HTO zu Therapiezwecken in dieser Patientengruppe erscheint daher höher, als sie

bei der Verwendung von jungen gesunden Kniegelenken gewesen wäre. Zudem ist die

Vergleichbarkeit mit anderen Arbeiten auf diesem Gebiet höher, da auch dort Kniegelenke älterer

Spender zum Einsatz gekommen waren (FUKUBAYASHI u. KUROSAWA 1980; RIEGGER-

KRUGH et al. 1998).

Eine Schwierigkeit ergab sich durch die unterschiedliche, individuelle Anatomie der Kniegelenke.

Zwar konnten durch das Röntgen gravierende Achsabweichungen, insbesondere valgischer Natur,

ausgeschlossen werden, dennoch wiesen die Präparate keine einheitliche Varusfehlstellung auf.

Die spezielle Konfiguration der Haltevorrichtung und die Art und Weise der Simulation der

verschiedenen Achsenverhältnisse waren zwar in der Lage, diese Variationen bis zu einem

bestimmten Grad auszugleichen, konnten jedoch mögliche Effekte auf die intraartikulären

Druckverhältnisse nicht vollkommen eliminieren.

5.1.2 Tekscan-System zur Druckmessung

Zur direkten Messung der intraartikulären Druckverhältnisse wurden zunächst

Dehnungsmessstreifen (IZADPANAH u. KEONCH-FRAKNOY 1977), später drucksensitive

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5 DISKUSSION ________________________________________________________________________________

73

Filme mit Farbpatronen (Fuji-Films) (MCKELLOP et al. 1991) verwendet. Der Einsatz der

Druckmessfolien mit elektromechanischer Widerstandmessung (Tekscan-System) stellt die

neueste Entwicklung da. Seine Verlässlichkeit wurde anhand von Prüfungen mit

Totalknieendoprothesen validiert (HARRIS et al. 1999) und diese wurden mehrfach erfolgreich in

anderen biomechanischen Studien am Kniepräparat eingesetzt (BAI et al. 2001; STUKENBORG-

COLSMAN et al. 2002; AGNESKIRCHNER et al. 2004b). Zu den großen Vorteilen gehören eine

hohe Messgenauigkeit von 0,1 MPa und ein großer Messbereich von 0,1-172 MP mit einer

örtlichen Auflösung von 0,1 mm. Die Messungen sind einfach und verlässlich bei guter

Reproduzierbarkeit und geringer Standardabweichung (HARRIS et al. 1999). Zudem können

Mehrfachmessungen durchgeführt werden, ohne durch einen Folienwechsel die Präparat-

eigenschaften zu beeinträchtigen. Außerdem sind Messungen im zeitlichen Verlauf, eine

Darstellung der Ergebnisse in 2D- und 3D-Form und eine Aufzeichnung als Film mit

versuchsbegleitender Auswertung möglich.

Die Nachteile liegen vor allem darin, dass jede Messmethode das System, an dem es angewandt

wird, beeinflusst. Als die wichtigsten Nachteile werden angesehen: der Effekt durch die in den

Gelenkspalt eingebrachten DMF auf den Kontaktdruck (ATESHIAN et al. 1994; WU et al. 1998),

das Risiko Messwerte im oberen Bereich „abzuschneiden“ (LEWIS 1998) und die

Ungenauigkeiten, die entstehen, wenn kontinuierlich vorhandene Druckunterschiede in einen

Messwert pro Sensoreinheit umgewandelt werden müssen. Dieses wird auch als Diskretisierungs-

fehler bezeichnet (FREGLY u. SAWYER 2003).

Da der Messbereich der K-Scanfolie mit bis zu 172 MPa weit oberhalb der in unserem Versuch

aufgetretenen Spitzendrücke liegt, ist dieser Punkt für die eigene Studie nicht von Bedeutung. Der

Diskretisierungsfehler liegt in der gleichen Größenordnung wie die beiden anderen Fehlerquellen

(FREGLY u. SAWYER 2003). Er ist nicht vermeidbar, und bei einer erzielten räumlichen

Auflösung von 0,1 mm auch nicht besorgniserregend. Der Gelenkkontaktdruck wird dadurch

beeinflusst, dass die vorhandene Dicke der DMF die Topographie der tragenden

Gelenkoberflächen verändert (ATESHIAN et al. 1994) und dadurch, dass die Steifigkeit der Folien

höher ist als die des Gelenkknorpels (WU et al. 1998). Bei den im Vergleich zur

durchschnittlichen Dicke des femorotibialen Gelenkknorpels erheblich dickeren Fuji-Filmen,

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5 DISKUSSION ________________________________________________________________________________

74

führte dies zu einem Fehler von 10-26 %. Da bei den sehr viel dünneren K-Scan Folien (0,3mm vs.

0,1mm) die Steifigkeit erheblich reduziert sein sollte, ist auch von einer deutlichen Abnahme des

dadurch verursachten Messfehlers auszugehen. Die sekundären Fehlerquellen, wie die Gefahr des

Verlustes von Messgenauigkeit durch Faltenbildung oder der Temperatursensitivität, können durch

eine sorgfältige Arbeitsweise leicht abgestellt werden.

Abschließend ist festzuhalten, dass das Tekscan-System zur intraartikulären Druckmessung nach

dem heutigen Stand der Technik die beste, verfügbare Methode darstellt. Vorhandene Schwächen

liegen im allgemein üblichen Rahmen, die bei jeder Messung in Kauf genommen werden müssen.

Etwaige Beeinträchtigungen durch die Verwendung dieses Messsystems sind deshalb für die

Bedeutung der Schlussfolgerungen aus einer solchen vergleichenden Studie vernachlässigbar.

5.1.3 Testprotokoll

Die femorotibiale Kontaktfläche und der Kontaktdruck werden durch viele Faktoren beeinflusst:

Höhe und Dauer der Belastung, die Stellung des Gelenkes und die experimentelle Methode

(RIEGGER-KRUGH et al. 1998). Die Beachtung dieser Faktoren ist essentiell, denn diese

bestimmen sowohl die Nähe der Messwerte zu den „wahren“ physiologischen Werten als auch die

Vergleichsmöglichkeit der Ergebnisse der eigenen Versuche mit denen anderer Arbeiten. Im

Folgenden soll deshalb die Wahl der Einstellung der Parameter erläutert werden und die Nähe zur

physiologischen biomechanischen Situation bewertet werden – insbesondere was simuliert werden

konnte und was nicht.

5.1.3.1 Höhe der Belastung Die in diesem Versuch angewandte Maximalbelastung von 1000 N axial eingeleiteter Kraft

entsprach dem 1,5-fachen des Körpergewichts eines Durchschnittsmenschen. Beim Vergleich mit

der physiologischen Situation muss berücksichtigt werden, dass beim Gehen auf der Ebene in

Abhängigkeit von der Gehgeschwindigkeit Kräfte bis zum 1,7-2,3-fachen des Körpergewichts

auftreten (KOMISTEK et al. 1998). Diese 1000 N stellten jedoch, wie der Vorversuch zeigte, die

Belastungsgrenze des osteotomierten Präparates dar, wie dies auch in einer anderen Studie

ermittelt worden war (HUANG et al. 2003). Daher war es nicht möglich, unter höheren

Belastungen zu testen, ohne dabei das Präparat zu schädigen.

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5 DISKUSSION ________________________________________________________________________________

75

Die Ergebnisse aus den Vorversuchen zum Einfluss der Höhe der axial eingeleiteten Kraft

deuteten daraufhin, dass diese zumindest für die relative Verteilung der Druckparameter zwischen

den Kompartimenten, keine besondere Rolle zu spielen schien. Bei einem Vergleich der absoluten

Kontaktdrücke sollte die Höhe der eingeleiteten Kraft allerdings von größerer Bedeutung sein. So

haben HUANG et al.(2003) in ihrer Studie untersucht, ob die Höhe der angewandten Belastung

einen Effekt darauf hat, ob ein meniskales Autograft die normalen femorotibialen

Druckverhältnisse wiederherstellen kann. Die Autoren haben dazu die Druckcharakteristiken von

intakten, meniskektomierten und mit einem Autograft transplantierten Kniegelenkspräparaten bei

verschiedenen Belastungen (400 N und 1200 N) getestet und festgestellt, dass eine nicht-lineare

Beziehung zwischen dem Unterschied im Kontaktdruck bei den verschiedenen angewandten

Belastungen besteht. Daraus leiteten HUANG et al.(2003) ab, dass für diese Druckdifferenzen

keine Extrapolationen von den bei niedrigeren Belastungen gemessenen zu den bei höheren

Belastungen gemessenen möglich waren. Im Gegensatz dazu berichteten RIEGGER-KRUGH et

al. (1998), dass für einen Vergleich der absoluten Kontaktdrücke die Höhe der eingeleiteten Kraft

nicht so entscheidend sein sollte, wie zunächst angenommen werden mag. Sie hatten die

Ergebnisse ihrer Studie, in der sie mit einer axialen Krafteinleitung von 1960 N gearbeitet hatten,

mit denen der Studie von FUKUBAYASHI und KUROSOWA (1980) verglichen, die mit nur

1000 N belastet hatten und fanden große Ähnlichkeit für den unter unterschiedlichen

Belastungsbedingungen ermittelten mittleren Kontaktdruck.

Dennoch ist natürlich die Aussagekraft eines Modells umso höher, je besser man in der Lage ist, in

diesem physiologische Belastungsverhältnisse zu simulieren. Da es bei unserem Versuch

allerdings hauptsächlich um den Vergleich der Änderung der Druckbelastung des medialen

Kompartimentes des Femorotibialgelenkes unter verschiedenen Versuchsbedingungen ging,

sollten die Tendenzen, die sich aus einer solchen Studie ableiten lassen, als orientierende

Richtlinie für die klinische Praxis verwendbar sein.

5.1.3.2 Dauer der Belastung Für die Belastung wurde ein Modell einer schrittweise sich erhöhenden Belastung, einer

Plateauphase und allmählicher Entlastung gewählt. Der Belastungsaufbau von 10 N/s hatte den

Vorteil, dass sich das Präparat langsam an die Steigerung der axialen Krafteinleitung anpassen und

eine gleichmäßige Druckmessung während der Plateauphase erfolgen konnte. Dies wurde durch die

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5 DISKUSSION ________________________________________________________________________________

76

nur sehr geringen Schwankungen der Messwerte in dieser Phase bestätigt. Die Entlastung erfolgte

ebenfalls mit 10 N/s, um eine Schädigung des Präparates durch zu rasche Veränderung der

Kraftverhältnisse zu vermeiden.

Die Plateauphase von 20 Sekunden und der Abstand zwischen zwei Belastungszyklen von

mindestens drei, in der Regel 3-5 Minuten wurden gewählt, um eine hinreichend lange Messphase

zu gewährleisten und unter Berücksichtigung der besonderen Materialeigenschaften den hyalinen

Gelenkknorpels nicht unphysiologisch zu beeinflussen. Dieser Gelenkknorpel ist viskoelastisch mit

Kriechdeformation und einer nicht linearen Druck-Spannungsbeziehung. Das bedeutet, dass mit der

Dauer der Belastung die visköse Komponente zunimmt und mit einiger Verzögerung, „kriechend“,

eine Verformung des Gewebes einsetzt (KLEIN u. SOMMERFELD 2004; MOW u. GU 2005).

Während der Entlastungsphase läuft der der umgekehrte Prozess ab. Im normalen Gangzyklus

besteht die Spitzenbelastung des Knorpels nur über einen Zeitraum von 0,2 Sekunden

(HARRINGTON 1976). Die repititive Belastung über Tag erlaubt allerdings keine vollkommene

Erholung des Knorpels mehr, so dass andererseits eine zu kurze Belastungsdauer auch nicht den

natürlichen Verhältnissen entsprechen würde.

Einige Autoren empfehlen, eine längere Belastungsphase zu wählen, um so eine kumulative

Belastung über den Tag im Versuch zu simulieren (RIEGGER-KRUGH et al. 1998). Dabei besteht

jedoch die Gefahr, nur im viskösen Bereich des Knorpels zu testen. Die von uns verwendete

Belastungsdauer und –intervalle sollten diesen Effekt vermeiden. Auch ergaben Versuche, bei

denen zwischen ein und derselben Einstellung und Belastungsstärke ein längerer Zeitraum bzw.

weitere Einzelmessungen lagen, keine wesentlichen Unterschiede in den Messergebnissen.

5.1.4 Haltevorrichtung

In der physiologischen Situation im Stand wird beim Menschen die Gewichtskraft über den

Hüftkopf in die untere Extremität eingeleitet. Durch die physiologischerweise bestehende

Anteversion des Femurhalses von 14° (PALEY 2002) und dessen Länge ist der Hüftkopf im

Bezug zum Femurschaft sowohl in der Sagittal- als auch in der Frontalebene versetzt. Diese

anatomischen Verhältnisse bedingen eine exzentrische Krafteinleitung, die nicht entlang der

anatomischen Achse des Femurs erfolgt, und deren Verlauf durch die mechanische Beinachse

repräsentiert wird. Um eben diese speziellen Verhältnisse der Krafteinleitung am Präparat

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5 DISKUSSION ________________________________________________________________________________

77

nachzustellen, wurden am oberen Kreissegment ein frontaler und sagittaler Off-set eingebaut, um

eine Verschiebung der Probe relativ zu der ortsunbeweglichen Belastungsachse zu ermöglichen.

Bei der Konstruktion der Haltevorrichtung wurden die durchschnittlichen Maße des Femurs und

der Tibia zugrunde gelegt (PALEY 2002). Weiterhin ermöglichte die kardanische Aufhängung,

Anpassungsbewegungen, wie sie durch Hüft- und Sprunggelenk ausgeführt werden würden. Das

Rotationszentrum des Präparates befand sich im Zentrum des Kniegelenkes.

Vor Beginn der Testung wurde eine Teilbelastung von 10-20 N eingestellt und die korrekte

Ausrichtung des Kniegelenkes erneut überprüft. Dann wurde das untere Kardangelenk in der

Frontal- und Sagittalebene blockiert, weil aufgrund der fehlenden antagonistisch wirkenden

Muskulatur – beim Fersenauftritt wirkt vor allem die Gastrocnemiusmuskulatur (SCHIPPLEIN u.

ANDRIACCHI 1991) – der natürlichen Tendenz des Kniegelenkes bei zunehmender Belastung in

die Hyperextension zu gehen, nicht anders entgegengewirkt werden konnte. Eine absolut

uneingeschränkt freie Beweglichkeit wäre wünschenswert gewesen, da die natürlich erfolgenden

Anpassungsreaktionen des Kniegelenkes an eine zunehmende Belastung alle Freiheitsgrade

umfassen, wenn in einigen Richtungen auch nur minimal. Die Auswirkung dieser Art der

Blockade sollten jedoch nicht von zu großem Nachteil sein, da in der Phase, in der die

ausgeprägtesten Anpassungsreaktionen ablaufen, nämlich zu Beginn der Belastung während der

ersten 20 N, eine solche freie uneingeschränkte Bewegungsmöglichkeit gegeben war.

5.1.5 Ausrichtung des Präparates

Eine rotationsfreie Ausrichtung in der Haltevorrichtung wurde durch Positionierung des

Kniegelenkes in Anlehnung an das Verfahren, das bei Ganzbeinaufnahmen angewandt wird,

erreicht (PALEY 2002; PAPE et al. 2004). Die Patella bzw. die Trochlea patellae wurde frontal

dorsal mittig eingestellt. Der Erhalt einer horizontalen, parallelen Gelenklinie war essentiell, da bei

Verlust der Horizontalität Scherkräfte auftreten, die die Druckverteilung im Gelenk zusätzlich

erheblich beeinflussen können. Geht die Parallelität der Gelenklinien verloren, d.h. kommt es zu

einem einseitigen Aufklappen des Gelenkes, ist damit die Kraftübertragung im Gelenk nachhaltig

gestört.

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5 DISKUSSION ________________________________________________________________________________

78

5.1.6 Simulation der Achsenverhältnisse

Wie bereits erwähnt wurde, ist allen knöchernen Deformitäten der unteren Extremität gemeinsam,

dass sie eine Veränderung der Lastübertragung in den distalen Gelenken hervorrufen. Das Ausmaß

dieser Veränderung ist sowohl von der Größe der Angulation als auch ihrer Nähe zum Gelenk

abhängig. Die Änderung der Lastübertragung im Kniegelenk wird durch die MAD ausgedrückt

(PALEY u. PFEIL 2000). Der Vorteil der Verwendung der MAD zur Beschreibung einer

Fehlstellung liegt darin, dass dadurch die Effekte beider genannten Elemente berücksichtigt

werden. Aus diesem Grunde haben wir die verschiedenen Fehlstellungen an unserem Präparat über

eine Änderung der MAD simuliert. Dazu wurde der Schnittpunkt der Belastungsachse, die

gegeben war durch die axiale Krafteinleitung der MTS, mit dem Tibiaplateau variiert. Da diese

Belastungsachse nicht in ihrer Richtung verändert werden konnte, weil der Druckstempel Bauteil

der MTS war, wurde deshalb die Position des Präparates relativ zu dieser verändert. Außerdem

ermöglichte diese Art der Simulation, trotz vorhandener Unterschiede in der anatomischen

Konfiguration, wie z.B. verschiedene MPTAs, und nicht gegebener einheitlicher Deformation der

Präparate, eine Standardisierung der Achsenverhältnisse vorzunehmen. Die Einstellungen „Varus-

0“ und „Varus-25“ entsprachen in der Humanorthopädie häufig auftretenden, klinisch

bedeutsamen Fehlstellungen.

5.1.7 Streckstellung

Die Testung des Kniegelenkes in voller Extension wurde vollzogen, weil diese Streckstellung Teil

alltäglicher Bewegungen ist. Sie kommt vor im Einbein- und Zweibeinstand und während des

Gehens. Sowohl während des Fersenauftritts als auch während des Endstützes befindet sich das

Kniegelenk in nahezu voller Streckstellung. Dazwischen erfolgt eine Zunahme der Flexion mit

dem Maximum in der Schwungphase. Während des Fersenauftritts ist der femorale Gelenkpart

posterior auf dem Tibiaplateau lokalisiert und eine Innenrotation von ca. 10° liegt vor

(ANDRIACCHI u. DYRBY 2005). Dagegen sind während der Phase des Endstützes kurz vor der

Abfußung die Femurkondylen anterior lokalisiert und eine Außenrotation von 5° gegeben. Die

Gelenkstellung des Kniepräparates in unserer Studie ähnelte daher eher einer Momentaufnahme

während des Fersenauftritts als während des Endstützes.

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5 DISKUSSION ________________________________________________________________________________

79

Von einigen Autoren wurde eine Beugestellung bevorzugt, weil die meisten alltäglichen

Bewegungen mit einer Flexion im Kniegelenk verbunden sind (MCKELLOP et al. 1991).

Allerdings gibt es Hinweise, dass in Extension die stärkste Beanspruchung des Kniegelenkes

erfolgt (HUANG et al. 2003). Die Testung in voller Extension würde demnach einer Simulation

der Worst-case Situation nahe kommen.

Die von uns nachgestellte Belastungssituation kommt der Situation im Stand am nächsten,

bezüglich der Bedingungen statische Belastung, Extension und der Höhe der Belastung. Denn für

die Gelenkreaktionskraft des Kniegelenkes errechnet sich für den Einbeinstand aus theoretischen

Überlegungen eine Belastung von ca. 200 % des Körpergewichtes. Im Zweibeinstand reduziert

sich diese aufgrund der nicht notwendigen Muskelkräfte zur Stabilisierung auf ca. 50 % des

Körpergewichtes (MAQUET 1984).

5.1.8 Statik versus Dynamik

Zur Simulation des Fersenauftritts kann gesagt werden, dass zwar die Positionierung des Gelenkes

in Extension, Innenrotation und mit posteriorer Lokalisation der Femurkondylen den Verhältnissen

entsprach, wie sie im Sinne einer Momentaufnahme während dieser Gangphase vorgefunden

werden. Jedoch hat die Bewegung als dynamisches Geschehen einen weiteren bedeutenden

Einfluss auf die Lastverteilung in den Gelenken. Durch die Beschleunigung, die der Körper dann

erfährt, treten zusätzliche externe Kräfte und Trägheitsmomente auf, denen wiederum weitere

interne Reaktionskräfte entgegengesetzt werden müssen. Die Druckverhältnisse im Gelenk können

sich von denen in der statischen Belastung stark unterscheiden. Zudem entsprach die Höhe der

Belastung auch nicht der während des Gehens auftretenden Gelenkreaktionskräfte im Kniegelenk.

Weiterhin befand sich der Belastungsvektor bei dieser in-vitro Testung stets in derselben Position,

während er in der Bewegung von medial nach lateral wandern würde (HARRINGTON 1983).

Daneben gibt es noch weitere Möglichkeiten, diese Lastverteilung in der unteren Extremität zu

beeinflussen, die in einem Versuchsaufbau im Labor gar nicht berücksichtigt werden können. Ein

Weg, das mediale Kompartiment zu entlasten, ist die Anpassung des Ganges durch Reduktion der

Schrittlänge und Erhöhung der Außenrotation durch Auswärtsdrehen der Zehen, sodass die

Traglinie dichter am Kniegelenkszentrum verläuft. Die erste Maßnahme verringert die Höhe der

Kraft und die zweite den Hebelarm (PRODROMOS et al. 1985; WANG et al. 1990;

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5 DISKUSSION ________________________________________________________________________________

80

ANDRIACCHI 1994). Daneben hat die Verlagerung des Körperschwerpunktes einen Einfluss. Je

dichter der Massenschwerpunkt direkt über der entsprechenden Extremität liegt, desto geringer ist

die Belastung des medialen Kompartimentes (HSU et al. 1990). Beispiel hierfür ist die Neigung

des Oberkörpers oder die Verwendung einer Gehhilfe.

Unsere Simulation bleibt ein Modell, das naturgegebenermaßen gewissen Einschränkungen

unterworfen ist. Allerdings wies der eigene Versuchsaufbau einige Verbesserungen auf, die in

vorherigen Studien noch nicht vorhanden waren und die Aussagekraft der eigenen Ergebnisse in

Hinblick auf die physiologische Situation stark verbessern. Ein in dieser biomechanischen Studie

erarbeiteter deutlicher Trend kann deshalb als Richtlinie für den chirurgischen Alltag übernommen

werden.

5.2 Interpretation der eigenen Messungen

5.2.1 Druckmessungen bei verschiedenen simulierten Achsenverhältnissen

5.2.1.1 Anteilige Verteilung der Kontaktkraft zwischen den Kompartimenten Die eigenen Messergebnisse zeigen, dass eine Abhängigkeit in der anteiligen Verteilung der

Kontaktkraft zwischen dem medialen und lateralen Kompartiment von der Position der

Belastungsachse zur Mitte des Tibiaplateaus zu bestehen scheint. Die Verteilung entspricht jedoch

nicht genau dem Verhältnis, in dem der Belastungsvektor das Tibiaplateau schneidet und ist auch

nicht symmetrisch zu beiden Seiten. Dies drückt sich aus durch einen höheren lateralen Anteil bei

mittigem Schnittpunkt der Belastungsachse (Neutral-50) und beim Vergleich der

Verteilungsverhältnisse zwischen medialen und lateralem Kompartiment bei verschiedenen

Achsenverhältnissen. Bei Varus-0 ist die Verteilung ca. 65 % (medial) zu 35 % (lateral). Bei einer

gleichmäßigen Verteilung würde man dann bei Valgus-100 umgekehrt 35 % (medial) und 65 %

(lateral) erwarten. Jedoch ist die bei Valgus-75 gemessene Verteilung ca. 29 % (medial) zu 71 %

(lateral) schon geringer als bei Valgus-100 zu erwarten wäre. Die Kontaktkraftzunahmen bzw.

-abnahmen verhielten sich jedoch proportional zur Wanderungsdistanz des Belastungsvektors, d.h.

verlagerte sich der Belastungsvektor doppelt so weit nach medial, erhöhte sich der mediale um

doppelt soviel, als wenn der Belastungsvektor nur halb so weit gewandert wäre. Bei einer

Verlagerung um 25 % der Tibiaplateaubreite betrug die Änderung medial ca. 12 % und bei einer

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Änderung um 50 % ca. 24,6 %. Damit schien eine gewisse Belastungsbetonung des lateralen

Kompartimentes vorzuliegen.

Der einzige Abstand in der Kontaktkraftverteilung, der etwas aus der Reihe fiel, war derjenige

bezogen auf das mediale Kompartiment zwischen Varus-25 und Neutral-50, der nur 1,4 % betrug.

Prinzipiell kommen dafür Ursachen in Frage, die die Abhängigkeit der Kontaktkraftverteilung von

der Lage der Belastungsachse in diesen Einstellungen so überlagerten, dass der Wert für Neutral-

50 zu hoch war oder für Varus-25 zu niedrig oder eine Kombination aus beidem. Analysiert man

dazu die entsprechenden Videoaufzeichnungen der Messungen, fällt auf, dass es immer fokale

Druckspitzen waren, in denen solch hohe Kontaktkräfte konzentriert waren, dass diese zu einer

Verschiebung der Verteilung insgesamt führten, und es sich nicht eine gleichmäßige Erhöhung der

gemessenen Kontaktkräfte innerhalb des gesamten Kompartimentes handelte. So waren dies für

Präparatnr. 2 und 3 laterale Druckspitzen, die den medialen Wert für Varus-25 zu niedrig

erscheinen ließen oder für Präparatnr. 7 eine lokale Kontaktkrafterhöhung im medialen

Kompartiment, die sich in den Einstellungen Neutral-50 und Valgus-62 am stärksten auswirkte.

Dies erklärt den überaus hohen medialen Anteil bei Valgus-62 von 63,8 %, der bei Valgus-75 nur

noch 28,6 % betrug. Zum Teil traten diese Druckspitzen in Einstellungen auf, in denen

Gelenkregionen belastetet wurden, die vorher nicht in der Kontaktfläche beteiligt waren.

Das Auftreten eines solchen Kontaktkraftfokus kann auch die im Vergleich mit anderen Präparaten

viel zu niedrigen medialen Anteile für alle simulierten Achsenverhältnisse von Präparatnr. 2

erklären. Auch wird verständlich, worauf die nur recht geringe absolute Änderung des medialen

Anteils von Varus- zu Valguseinstellung für dieses Präparat beruht. Die Druckspitze im lateralen

Kompartiment überlagert den Effekt der medial positionierten Belastungsachse und die

zunehmende laterale Verlagerung der Belastungsachse wirkt sich als mediale Entlastung nicht so

deutlich aus.

Eine Ausnahme bildete beim Präparatnr. 3 der Wert für Neutral-50. Hier wurde der Mittelwert für

das mediale Kompartiment von 46,4 % aus den zwei Einzelmessungen mit 40,8 % und 52,0 %

gebildet. Dieses Achsenverhältnis wurde zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Versuchsablauf

eingestellt. Dabei wurden andere Einstellungen an der Haltevorrichtung für die Ausrichtung des

Präparates gewählt. Diese unterschiedlichen Einstellungen an der Haltevorrichtung könnten die

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5 DISKUSSION ________________________________________________________________________________

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Ursache für die unterschiedlichen Messwerte gewesen sein. Allerdings richtete sich die Wahl

dieser Einstellungen stets nach den gleichen Vorgaben für die korrekte Ausrichtung des

Präparates. Daher ist es eher wahrscheinlich, dass sich die Positionierung des Präparats in der

Haltevorrichtung geändert hatte, z.B. durch Erschütterungen, als dass es sich um eine falsche

Ausrichtung des Präparates handelte. Da im Nachhinein nicht zu klären war, ob einem der beiden

Messwerte doch eine falsche Arbeitsweise zu Grunde lag oder die Abweichung Ausdruck der

biologischen Variabilität und des komplexen Zusammenwirkens verschiedenster Faktoren war,

wurde der Mittelwert aus beiden Einzelmessungen in die Gesamtauswertung aufgenommen.

Durch diese weitergehende Analyse einer jeder Einzelmessung wurden die auf den ersten Blick

stark variierenden Messergebnisse und die hohe Standardabweichung von beinahe durchgehend

15 % nachvollziehbar. Allerdings sind auch im Allgemeinen Standardabweichungen in dieser

Größenordnung bei biologischen Proben nicht unüblich.

Die Unterschiede in den Messdaten für Einstellung Varus-0 bei Präparatnr. 6a und 6b zu erklären,

bei denen es sich um Messungen an demselben Präparat, aber an verschiedenen Versuchstagen

gehandelt hat, ist etwas schwieriger. Eine Ursache könnte gewesen sein, dass trotz günstigster

Lagerungsbedingungen mit der Zeit Veränderungen speziell am Gelenkknorpel eingetreten sind,

die zu einer Beeinflussung der Druckverhältnisse geführt haben. Die Auswertungen des

Vorversuche am ersten Versuchstag (Präparatnr. 6a) haben zwar gezeigt, dass die Veränderungen

am Präparat, die während der Dauer der Messungen von zwei bis drei Stunden an einem

Versuchstages auftreten, für das Messergebnis nicht relevant waren. Dennoch kann bei einem

längeren Lagerungszeitraum diese Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden. Ein anderer Grund

könnte gewesen sein, dass geringste Änderungen in der Durchführung der Ausrichtung und

Positionierung des Präparates einen solch großen Effekt hatten, obwohl an die Maßgaben für diese

Ausrichtung und Positionierung eindeutig waren und stets wie an den beiden Tagen streng

eingehalten wurden. Da die Einstellungen stets durch den selben Experimentator erfolgten, kann

ein gleicher systematischer Fehler erwartet werden, so dass zwar die Werte bei gleicher

Einstellung unterschiedlich waren, aber die Relation der Messwerte der gesamten Testung

zueinander gewahrt bleiben sollten. Auf dieser Basis wurde auch entschieden, die Daten beider

Versuchstage in die Gesamtauswertung aufzunehmen.

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5.2.1.2 Kontaktdruck im medialen und lateralem Kompartiment Da hier die absoluten Messwerte für den Kontaktdruck im medialen und lateralen Kompartiment

verglichen wurden, fallen die Schwankungen, ausgelöst durch die Druckspitzen viel stärker ins

Gewicht. So erklären sich auch die niedrigen Wert medial für Varus-25 und lateral für Valgus-62

und die Unterschiede in der Entwicklung der Gesamtsummen. Ist z.B. in einem Kompartiment

eine fokale Druckspitze vorhanden, diese Region aber nicht mehr Teil der Kontaktfläche in der

Belastung, kommt es zu einer Wiederherstellung von Druckverhältnissen, wie sie durch die Lage

der Belastungsachse bestimmt werden.

Auffallend ist die unterschiedliche Höhe der Gesamtsumme des Kontaktdrucks bei verschiedenen

Präparaten. Eine Ursache könnte dafür in der unterschiedlichen Größe des Tibiakopfes begründet

sein. Eine z.B. damit einhergehende kleinere Gelenkfläche würde bei gleicher Belastung zu einem

höheren Kontaktdruck führen. In der Tat gehörte das Präparatnr. 4 mit seinen sehr hohen Kontakt-

druckgesamtsummen und einer Tibiakopfbreite von 71 mm zu den kleineren Kniegelenken und

Präparatnr. 2 mit sehr niedrigen Kontaktdrucksumme und einer Tibiakopfbreite 79 mm eher zu

den größeren. Im Mittel lag die Tibiakopfbreite bei 74 mm (70; 80). Allerdings wies das kleinste

Präparat (Nr. 6) mit einer Tibiakopfbreite von nur 70 mm den Gesamtsummenkontaktdruck im

mittleren Bereich auf. Als Grund dafür war die unterschiedliche Größe der durchschnittlichen

Kontaktflächen anzusehen, die aber anscheinend nicht in einem direkten Verhältnis zur Breite des

Tibiakopfes stand, aber den eigentlich bedeutsamen Faktor für die Berechung des Kontaktdruckes

darstellte. Aus diesem Grund wurde davon abgesehen, die Kontaktdrücke in Beziehung zur Breite

des Tibiakopfes zu setzen.

Obwohl bei Präparatnr. 5 mit einer geringeren axialen Krafteinleitung getestet wurde, wurden die

absoluten Werte für die Kontaktdrücke ausgewertet. Der Kontaktdruck wird zwar durch die Höhe

der einwirkenden Kraft bestimmt, aber auch von der Größe der Kontaktfläche, die, wie die

Ergebnisse des Vorversuchs zeigten, bei niedriger Belastung ebenfalls entsprechend kleiner

ausfiel. Es ist daher anzunehmen, dass sich der Effekt der geringeren Belastung nicht so bedeutend

auswirkt, wie zunächst angenommen werden könnte. Die Studie von RIEGGER-KRUGH et al.

(1998) bestätigt dieses. Die Gesamtsumme des Kontaktdrucks von Präparatnr. 5 war zwar in der

Tat bei der Testung in verschiedenen Achsenverhältnissen bei nicht geöffneter Osteotomie im

unteren Bereich angesiedelt, lag aber nicht außerhalb der Messwerte aller anderen Präparate mit

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„Normalbelastung“. Die Öffnung der Osteotomie als zusätzlicher Faktor führte sogar zu einer

vollständigen Überlagerung des Effekts der niedrigeren axialen Belastung. Diese zeigte sich durch

Kontaktdruckgesamtsummen im mittleren Wertebereich.

Berücksicht man die Messdaten zur Entwicklung der Kontaktflächenverteilung bei verschiedenen

Belastungsachsen, kann gefolgert werden, dass die Änderung des Kontaktdrucks bei Verlagerung

der Belastungsachse weniger von der Vergrößerung oder Verkleinerung der Größe der Kontakt-

fläche bestimmt ist als viel mehr von der Umverteilung der Kontaktkraft zwischen den

Kompartimenten.

Ursache für höhere Belastungen oder das Vorkommen von fokalen Erhöhungen der Kontaktkraft

im lateralen Kompartiment könnte zum einen die Folgen chronisch-degenerativer

Gelenkknorpelveränderungen sein – ein Phänomen, das hauptsächlich bei einem etwas älteren

Patientengut vorkommt. Es könnte sich dabei um eine protektive Einrichtung des Körpers handeln,

das geschädigte mediale Kompartiment vor weiterer Schädigung zu schützen, indem der Verlust

des Gelenkknorpels medial zu einer Druckverlagerung nach lateral führt. Eine andere Möglichkeit

könnte sein, dass zwar in einer statischen Situation wie dem Stand, eine höhere Belastung im

lateralen Kompartiment auftritt, jedoch in der Bewegung im Sinne eines dynamischen

Gleichgewichts eine Verlagerung der Belastungsachse beider Kompartimente stattfindet. Das

zusätzliche „Adduktionsmoment“ in der Bewegung wäre beispielsweise ein solcher Faktor, der die

Lage der Belastungsachse in die mediale Richtung beeinflusst. Hinzukommt, dass im Stand die

Traglinie auch bei physiologischen Achsenverhältnissen selten genau durch das Zentrum des

Kniegelenkes verläuft, sondern tendenziell weiter medial (HSU et al. 1990). Daher könnte man

annehmen, dass dadurch bedingt im Stand ebenfalls eine annähernd hälftige Belastungsverteilung

zwischen beiden Kompartimenten des Femorotibialgelenkes vorläge.

Schließlich könnte diese ungleiche Belastungssituation im Femorotibialgelenk auch ohne

nachteiligen Folgen bleiben, sofern der Gelenkknorpel im lateralen Kompartiment eine höhere

Belastungstoleranz auswiese als im medialen. So tritt z.B. bei Valgusfehlstellung seltener eine

laterale unikompartimentale Gonarthrose auf. Andererseits gibt es keine Hinweise in der Literatur,

dass eine solche unterschiedliche strukturelle Beschaffenheit vorläge. Ein weiterer Einfluss könnte

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die unterschiedliche Kinematik medial und lateral im Femorotibialgelenk sein, die im Endeffekt zu

einer geringeren Belastung des lateralen Gelenkknorpels führt (FREEMAN u. PINSKEROVA

2005).

5.2.2 Auswirkung des Öffnens der Osteotomie und Innenbandrelease

Der durch das Öffnen ausgelöste Kontaktdruckanstieg im medialen Kompartiment war unabhängig

von der axialen Krafteinleitung zu beobachten. Das Präparat war hierfür so locker in der

Haltvorrichtung positioniert, dass ein Ausweichen des Femuranteils während des Öffnens nach

proximal möglich war und der mediale Druckanstieg nicht durch ein Hochdrücken des femuralen

Anteils an die Halterung ohne Ausweichmöglichkeit und rückwirkendender Anpressung an den

tibialen Anteil zu erklären war. Die zunehmende Innenbandspannung scheint am ehesten dafür in

Betracht zu kommen: zum einen, da die schrittweise Durchtrennung dieses Ligamentes einen

sofortigen Druckabfall zu Folge hatte, so dass ohne Krafteinleitung wieder nur ein minimaler

Kontaktdruck ( < 0,2 MPa) gemessen wurde, zum anderen, weil der erhöhte Kontaktdruck über die

Zeit erhalten blieb. Dies spricht dafür, dass dieser Effekt eher durch eine zugfeste Struktur, wie das

Kollateralband hervorgerufen wurde und nicht durch eine kurzfristige Alteration der

Präparateposition in der Haltevorrichtung. Diese Vorspannung ist wahrscheinlich ebenfalls die

Ursache für die Erhöhung des Gesamtkontaktdrucks beider Kompartimente in HTO-max. bei

intaktem Innenband.

5.2.2.1 Anteilige Verteilung der Kontaktkraft zwischen den Kompartimenten Der im Vergleich mit anderen Präparaten nicht so ausgeprägte Anstieg des medialen Anteils an der

Kontaktkraft durch die HTO bei Präparatnr. 6b könnte dadurch bedingt sein, dass bei diesem

Präparat schon mehrere Testabläufe (10) mit verschiedenen Belastungsachsen bei maximal

geöffneter HTO durchgeführt worden waren, die zu einer Dehnung des Innenbandes geführt haben

könnten. Nach sieben Testungen wurde daher auch der Öffnungsgrad der Osteotomie von

sieben mm auf 9 mm erhöht. Geht man von einer nicht maximalen Innenbandspannung aus, so ist

auch erklärlich warum der Abfall der Kontaktkraft durch das Innenbandrelease niedriger ausfiel.

Interessant war, dass, obwohl bei Präparatnr. 5 akzidentell das Innenband schon im ersten Schritt

(IBR-50) zu 75 % durchtrennt wurde, der Abfall der Kontaktkraft im zweiten Schritt (IBR-100)

mit 54 % wesentlich stärker war als bei IBR-50 mit 16 %. Umgekehrt führte eine erste

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Durchtrennung der posterioren Faseranteile im IBR-50 bei Präparatnr. 3 zu dem stärksten Abfall

durch das IBR-50. Dies könnte als ein Hinweis gewertet werden, dass die Hauptspannung von den

posterioren Faseranteilen des distalen oberflächlichen Schenkels des Innenbandes ausgeübt

werden.

Die anteilige Verteilung der Kontaktflächen zwischen den beiden Kompartimenten war im

Vergleich mit den anderen erfassten Parametern relativ geringen Veränderungen unterworfen. Ihre

Ausprägung schien weniger beeinflusst von der Wanderung des Belastungsachse, dem

Öffnungsgrad der Osteotomie oder einem erfolgten Innenbandrelease. Natürlich haben auch fokale

Druckspitzen einen geringeren Einfluss auf die Verteilung der Kontaktfläche, weil sich diese eben

durch eine lokale Erhöhung der Kontaktkraft ohne gleichzeitige Erweiterung der Kontaktfläche

auszeichnen.

5.2.2.2 Vergleich von mittlerem Kontaktdruck und Spitzenkontaktdruck Die Verteilung der Kontaktdruckminima und –maxima entsprach weitestgehend der Verteilung,

wie sie bei einer Abhängigkeit der Druckverteilung durch Verschiebung der Belastungsvektors zu

erwarten war. Besondere Beachtung verdient allerdings die Höhe der auftretenden Drücke bei

geöffneter Osteotomie und intaktem Innenband. Sowohl der mittlere als auch der

Spitzenkontaktdruck erreichten Maximalwerte. Diese verdeutlichen nochmals die ungünstige

Situation für das mediale Kompartiment, das eigentlich entlastet werden sollte und nun eine

Verschlechterung seiner Drucksituation erfuhr. Nach erfolgtem Innenbandrelease führte die

Korrektur zu erheblichen Verbesserungen der Belastungssituation für das mediale Kompartiment,

da sowohl mittlerer als auch Spitzenkontaktdruck sind erheblich reduziert wurden. Beim Vergleich

mit dem Zustand zeigt sich, dass der mittlere Kontaktdruck und der Spitzenkontaktdruck unterhalb

derjenigen in Neutralstellung lagen. Das Gleiche galt auch für die anteilige Verteilung der

Kontaktkraft.

Neben den Belastungsänderungen im medialen Gelenksabschnitt müssen die Auswirkungen der

Korrektur auf das laterale Kompartiment beachtet werden. Denn eine Gefahr der

überkorrigierenden HTO besteht in einer Überlastung des lateralen Kompartimentes und einer

dadurch bedingten Verschlechterung des Knorpelstatus in diesem Teil des Kniegelenkes. Es kann

deshalb als besonders positiv gewertet werden, dass bei dieser Art der Korrektur mit Verlagerung

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der Belastungsachse auf 62 % der Tibiaplateaubreite sowohl der mittlere als auch der

Spitzenkontaktdruck in diesem Kompartiment abfielen.

Die Unterschiede in der Verteilung von mittlerem und Spitzenkontaktdruck wird durch die weitaus

häufiger vorkommenden lateralen als medialen Druckspitzen verursacht, z.B. Präpartnr.2, 4 und

6a. Da sich die Druckspitzen bei der Verteilung des Spitzenkontaktdrucks stärker auswirkten als

bei der des mittleren Kontaktdruckes, war auch der laterale Anteil beim Spitzenkontaktdruck

höher.

5.2.3 Einfluss von Arthrosen auf die Ergebnisse

Die in anderen Studien festgestellten höheren Unterschiede und Variabilitäten im Kontaktdruck

bei Kniegelenken mit chronisch-degenerativen Knorpelveränderungen HUBERTI u. HAYES

(1988); RIEGGER-KRUGH et al. (1998) konnten von uns in der Tendenz bestätigt werden.

Insbesondere waren es die eigenen Präparate mit auffälligeren Knorpelveränderungen, die

abweichende Druckspitzen auswiesen und so das Belastungsverteilungsmuster beeinflussten. Die

geringe Probenanzahl ließ einen Vergleich zwischen knorpelgeschädigten und nicht

knorpelgeschädigten Kniegelenken bezüglich der Druckverhältnisse nicht zu. Ebenso war es in

diesem Versuchaufbau nicht möglich, eine genaue anatomisch-topographische Zuordnung von

einzelnen Druckspitzen zu der Lokalisation von Knorpelläsionen vorzunehmen.

5.3 Vergleich mit vorhandenen Arbeiten

5.3.1 Auswirkungen der Fehlstellungen in der Frontalebene

Die Ergebnisse früherer Arbeiten beruhten noch auf indirekten Berechnungen aus

Röntgenbildauswertungen, ggf. unter der Verwendung von zusätzlicher Information aus

Ganganalysen durch Messungen der Bodenreaktionskräfte mittels Kraftmessplatten

(KETTELKAMP u. CHAO 1972; HARRINGTON 1983; HSU et al. 1990). Die ersten direkten

Messungen der übertragenen Kräfte und Kontaktdrücke im Gelenk erfolgten mit

Dehnungsmessstreifen (IZADPANAH u. KEONCH-FRAKNOY 1977; INABA et al. 1990), später

wurden drucksensitive Filme mit Farbpatronen eingesetzt (MCKELLOP et al. 1991; RIEGGER-

KRUGH et al. 1998) und schließlich, als neueste Entwicklung, wie in der eigenen Studie,

Druckmessfolien, die über eine elektromechanische Widerstandmessung arbeiteten (Tekscan-

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System) und bisher die höchste Messgenauigkeit und beste Wiederholbarkeit bieten (BAI et al.

2001).

In den bekannten Studien konnte gezeigt werden, dass eine Achsabweichung eine ungleiche

Verteilung der Belastung innerhalb der Kompartimente des Femorotibialgelenkes zur Folge hat.

Eine Varusfehlstellung führte dabei zu einer stärkeren Belastung des medialen und eine

Valgusfehlstellung zu einer stärkeren Belastung des lateralen Kompartimentes. Diese Ungleichheit

der Verteilung nahm mit der Größe der Abweichung, der Nähe zum Gelenk und der Höhe der

einwirkenden Belastung zu (IZADPANAH u. KEONCH-FRAKNOY 1977; MCKELLOP et al.

1991).

Ein Vergleich der Werte ist jedoch schwierig, da die Druckverhältnisse von sehr vielen Faktoren

beeinflusst werden und stark vom Versuchsaufbau abhängig sind (RIEGGER-KRUGH et al.

1998). Minimalanforderung für einen Vergleich sind ähnliche Belastungsbedingungen und gleiche

Gelenkstellung, z.B. vergleichbare simulierte Fehlstellungen in vollständiger Streckstellung. Die

eigenen gemessenen Werte für Kontaktdruck (mittlerer und Spitzendruck) bewegten sich in

vergleichbaren Größenordnungen. Ähnlich wie andere Studien konnte Belastungsbetonung des

lateralen Kompartimentes in der Neutralstellung sowie die auftretenden großen Variabilitäten

zwischen verschiedenen Präparaten und verschiedenen Einstellungen bestätigt werden. Die

Unterschiede zu unseren Ergebnissen sind vermutlich vor allem durch andere Druckmesstechniken

und einfacher gestaltete Haltevorrichtungen bedingt, die weiter von einer biologischen Simulation

entfernt waren.

Da es sich stets um ein Modell handelt, das die in-vivo Verhältnisse nur bedingt simulieren kann,

wird beständig an der Verbesserung der Möglichkeiten hinsichtlich von in-vivo Messungen

gearbeitet, wie dies beim Einsatz telemetrischer Hüftprothesen schon erfolgreich gezeigt werden

konnte (BERGMANN et al. 2001). Zurzeit liegen zwei Studien über intraoperative

Druckmessungen am Kniegelenk vor. Die eine erfolgte beim Einsatz einer Totalendoprothese

mittels telemetrischer Messprothese am liegenden Patienten in Allgemeinanästhesie und

anschließender Testung in Normalstellung und Varus- und Valgusstress, ausgeübt durch die

Manipulation des Operateurs (MORRIS et al. 2001). Die zweite Messung wurde während einer

diagnostischen Arthroskopie am nur lokalanästhesierten Patienten durchgeführt. Dabei wurden F-

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Scan Druckmessfolien des Tekscansystems in das mediale und laterale Kompartiment eingebracht

und die Kontaktdrücke im Zweibein- und Einbeinstand sowie nach Anbringen einer

Valgisierungsschiene gemessen (ANDERSON et al. 2003).

5.3.2 Ausmaß der Korrektur

Die Umstellung mit Korrektur auf den Fujisawa-Point wurde gewählt, weil dies das

weitverbreitetste Korrekturausmaß darstellt. Als wesentliche Nachteile dieser Studie von

FUJISAWA et al. (1979) sind anzusehen, dass sie zu einem Zeitpunkt durchgeführt wurde, als die

Entwicklung der Kniegelenksarthroskopie noch am Anfang stand und dass sie eine sehr geringe

Fallzahl beinhaltete (< 12 Kniegelenke pro Gruppe). Hinzukommt, dass die Bewertung nur anhand

des postoperativen Zustandes erfolgte, ohne Berücksichtigung der präoperativen Achsabweichung.

Eine klinische Bewertung der Ergebnisse fehlte ebenfalls.

Die einzige bekannte experimentelle Studie bezüglich der Korrektur einer Fehlstellung in der

Frontalebene beschäftigte sich mit der closing wedge HTO Technik. Eine entsprechende Arbeit

zur opening wedge Technik ist bisher nicht bekannt. In der Studie von RIEGGER-KRUGH et al.

(1998) zur closing wedge Technik war nur ein Korrekturgrad (die Entfernung eines 5° Keils) und

dessen Effekt auf die Druckverhältnisse im Femorotibialgelenk Gegenstand der Untersuchung.

Dazu wurde ein statischer biomechanischer Test am Kniegelenkspräparat mit Messung der

Kontaktdrücke und -flächen mittels drucksensitiver Filme (Fuji Film) durchgeführt. Obwohl durch

diese Art der Korrektur eine Annäherung an die Druckverhältnisse wie in der Neutralstellung

erreicht werden konnte, betrachten die Autoren aufgrund ihrer Ergebnisse eine 5° closed-wedge

Osteotomie zur Druckreduktion im medialen Kompartiment als nicht ausreichend. RIEGGER-

KRUGH et al. (1998) vermuten als Ursache eine zu geringe Keilgröße, weil sich bei der

Entfernung eines 10° Keils zwar nicht der mediale, aber zumindest der laterale Kontaktdruck

verändert hatte. Allerdings entsprach aus klinischer Erfahrung ein 5° Keil dem notwendigen

minimalen Korrekturausmaß. Bei diesem Versuchaufbau ist kritisch anzumerken, dass nicht

angegeben wurde, ob und aus welchen Achsenverhältnissen heraus die Korrektur durchgeführt

wurde. Anscheinend wurde bei nicht veränderter Einstellung lediglich ein lateraler Keil entfernt.

Des weiteren schien die Haltevorrichtung nicht optimal für eine Anpassung an verschieden

anatomisch gestaltete Kniegelenke gewesen zu sein, wodurch eine Simulation realer Verhältnisse

nur schwerlich erzielt worden sein mag. Die Autoren räumen dies auch ein und berichten bei der

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Korrektur um 10° von angespannten Kollateralbändern und vermuten, dass diese zu Kompression

und daher auch dem Ausbleiben der medialen Entlastung gekommen war. Ein weiterer Kritikpunkt

ist, dass die Korrektur von 5° in keiner Weise zu vorhandenem oder simuliertem Varus, im Sinne

eines angemessenen Korrekturausmaßes, abgestimmt wurde. Damit war die aus der Entfernung

eines 5° Keils resultierende Korrektur uneinheitlich. Die Lage der Belastungsachse nach Korrektur

fand keinerlei Beachtung. Die Ergebnisse der eigenen Studie legen jedoch nahe, dass durch diese

die Verteilung der Druckverhältnisse maßgeblich beeinflusst wird. Der in dieser Studie

ausgebliebene Korrekturerfolg könnte daher mehr durch die Schwächen im Versuchsaufbau

bedingt sein, als durch eine Wirkungslosigkeit der Operationsmethode.

AGNESKIRCHNER et al. 2004b konnten zeigen, dass die Möglichkeit, die intraartikulären

Druckverhältnisse im Kniegelenk durch eine HTO zu beeinflussen, zumindest für die

Sagittalebene besteht. In ihrer dynamischen biomechanischen Studie am Kniekinemator mit

intraartikulärer Messung über K-Scan Druckmessfolien (Tekscansystem) demonstrierten sie, dass

eine Erhöhung des Tibial slopes mittels durch eine Tibiakopfosteotomie zu einer Druckerhöhung

im posterior Teil und umgekehrt eine Erniedrigung des Slopes zu einer Druckerhöhung im

anterioren Teil des Femorotibialgelenkes führte.

5.3.3 Innenbandrelease

LOBENHOFFER et al. 2004 empfehlen ein sogenanntes Innenbandrelease parallel zur

Achsenkorrektur durchzuführen, um der artifiziellen Erhöhung der Innenbandspannung

entgegenzuwirken. Sie befürchten, dass eine Überspannung des Innenbandes zu einer Erhöhung

des Gelenkdruckes im medialen Kompartiment führt und so dem eigentlich Therapieziel, nämlich

der Entlastung des medialen Kompartimentes, entgegensteht. Unterstützt wird diese Hypothese

durch die Beobachtung, dass nach interligamentären open-wedge HTO bislang asymptomatische

Gelenkkompartimente symptomatisch werden können (HANKEMEIER et al. 2004).

Bei diesem empfohlenen Innenbandrelease werden vorsichtig die oberflächlichen lange Fasern des

distalen Schenkels des Innenbandes von Ansatz abgelöst, bis ein ungehindertes Öffnen der

Osteotomie möglich ist. Die Stabilität des Kniegelenkes wird dadurch nicht beeinträchtigt, weil die

gelenknah inserierenden tiefen Anteile des Bandapparates oberhalb der Osteotomie intakt gelassen

werden. Des weiteren überbrückt das Implantat an dieser Stelle, wo das Release durchgeführt

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wurde und gibt Halt bis eine Regeneration der Bandstrukturen eingetreten ist. Klinisch ist eine

nachfolgende Instabilität im Kniegelenk bisher nicht berichtet worden. Die im Experiment

auftretende Instabilität wird als Folge dessen betrachtet, dass die übrigen posteromedial-

stabilisierenden Strukturen in der Vorbereitung abpräpariert worden sind.

5.4 Bedeutung der Versuchsergebnisse

5.4.1 Bedeutung der Lage der Belastungsachse

Die eigenen Resultate weisen darauf hin, dass die Verteilung von Kontaktkraft und Kontaktdruck

zwar primär von der Lage des Belastungsvektor im Verhältnis zum Tibiaplateau abhing, dass

jedoch der individuelle Knorpel- und Gelenkstatus letztlich die konkrete Belastungsverteilung

bestimmte und den erstgenannten Effekt überlagerte.

5.4.2 Bedeutung der HTO

Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass die alleinige Korrektur der Achse, auch mit Überkorrektur

nach Fujisawa ohne ein gleichzeitiges Innenbandrelease zu keiner Druckentlastung im medialen

Kompartiment führte. Im Gegenteil überschriet der entstandene mittlere und Spitzenkontaktdruck

noch die Werte der in der Ausgangssituation vorliegenden mittelschweren Varusfehlstellung.

5.4.3 Bedeutung des Innenbandrelease

Nachdem nun im Experiment eindrucksvoll gezeigt werden konnte, welch immanente Bedeutung

dem Innenbandrelease für die Dekompression des medialen Kompartimentes bei der HTO

zukommt, stellt sich die Frage, warum die Technik des Innenbandreleases bisher noch keine

Verbreitung gefunden hat. Einerseits könnte dies damit zusammenhängen, dass die Durchführung

der open-wedge HTO in dieser Form noch nicht soweit verbreitet ist. Daneben spielt dieser Aspekt

bei der populären closed-wedge Technik keine Rolle, da, solange das proximale Tibio-

fibulargelenk nicht miteinbezogen wird, keine intraligamentäre Osteotomie vorliegt. Dies mag die

Ursache dafür sein, dass dem Innenband bei Umstellung auf die öffnende Methode bisher nicht

genügend Beachtung geschenkt wurde.

Als Grund, warum trotz der Unterlassung eines Releases in praxi nicht alle HTOs Komplikationen

hervorrufen, kann in der intrinsischen Elastizität und Anpassungsfähigkeit des Bandstrukturen mit

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der Zeit begründet sein. Die erhöhte Spannung führt mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer

Dehnung der betroffen Strukturen bis die Spannung absinkt. Wie lange der Adaptationszeitraum

ist und ob es nicht dennoch zu suboptimaler Dekompression im Vergleich zu der Situation mit

Release kommt, kann abschließend nicht beantwortet werden. Dennoch sollte stets angestrebt

werden, jegliche Alteration der physiologischen Verhältnisse auf das Sorgsamste zu vermeiden,

bis deren Unbedenklichkeit einwandfrei erwiesen ist.

5.4.4 Bewertung der erzielten Korrektur

Die Kombination von Umstellung der Belastungsachse auf 62 % der Tibiaplateaubreite von

medial und die vollständige Durchtrennung des oberflächlichen distalen Anteils des Innenbandes

führte zu Druckverhältnissen im Femorotibialgelenk, die sich nicht signifikant von denen in der

Neutralstellung unterscheiden. Da davon auszugehen ist, dass bei diesem Achsenverhältnis die

Belastungssituation und die Biomechanik für das Kniegelenk am günstigen sind, stellt eine solche

Korrektur nicht nur eine wesentliche Verbesserung zur Ausgangssituation der Varusfehlstellung

dar, sondern es besteht auch Grund zur der Annahme, dass auf diese Weise einer fortschreitenden

Verschlechterung des Knorpelstatus entgegengewirkt werden kann. Ergebnisse aus klinischen

Langzeitstudien, die dies bestätigen könnten, liegen zurzeit jedoch noch nicht vor.

5.5 Schlussbetrachtungen

Jede modellhafte Untersuchung biologisch-funktioneller Strukturen bringt eine Reihe von

Simplifikationen mit sich, die die Aussagekraft und Übertragbarkeit beeinflussen. Davon bildet

auch die eigene biomechanische Studie keine Ausnahme, obwohl sie eine positive

Weiterentwicklung auf dem Wege zu einer physiologischen Simulation des Verhältnisse im

Bewegungsapparat darstellt. Zum einen entspricht die Verwendung der Tekscan-Systems zur

Druckmessung dem neusten Stand der Technik (mit höchster Genauigkeit und geringer

Beeinflussung). Zum anderen erlaubt die Entwicklung der verwendeten Haltevorrichtung eine

physiologische Krafteinleitung und Positionierung des Kniegelenkes in-vitro, sowie unabhängig

von den anatomischen Gegebenheiten die Simulation verschiedener Achsenverhältnisse. Als

wesentliche Einschränkung bleibt jedoch die Übertragbarkeit von Ergebnissen aus einer statischen

Testung auf die Situation in der täglichen Dynamik. Dennoch stellen die Ergebnisse dieser Studie

eine gute Grundlage für zukünftige klinische relevante Empfehlungen dar bezüglich der

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Operationstechnik der medial öffnenden valgisierenden Tibiakopfosteotomie in der Therapie der

unikompartimentalen Gonarthrose mit Varusfehlstellung.

Für die Zukunft sind vor allem die Ergebnisse von Langzeitstudien der open-wedge HTO von

besonderem Interesse. Daneben sollten auch Untersuchungen physiologischer und pathologischer

dynamischer Druckverhältnisse erfolgen, wie sie z.B. durch die in-vivo Druckmessungen in der

Bewegung möglich sind, um die Auswirkungen von Fehlstellung und Korrektur besser einschätzen

zu können.

5.6 Bedeutung der Ergebnisse in Hinblick auf die Verhältnisse beim Hund

Schon früh wurden die Möglichkeiten und die Notwendigkeit der vergleichenden orthopädischen

Forschung erkannt (RUTT u. VON SCHMOLLER 1967). Dennoch ist es im Allgemeinen sehr

schwierig, die Aussagekraft der an einem bestimmten Modell gewonnen Erkenntnisse für ein

anderes zu beurteilen, da dazu eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen sind, die entweder

nicht hinreichend bekannt sind oder deren Wechselwirkung sich nur teilweise abschätzen lassen.

Im Folgenden wird deshalb diskutiert, ob sich die grundlegenden Prinzipien des experimentellen

Teiles am humanen Kniepräparat auf die Situation beim Hund übertragen lassen und ob die

valgisierende öffnende Tibiakopfosteotomie eine therapeutische Option zur Korrektur des

Varusknie beim Hund darstellen könnte.

5.6.1 Beurteilung der Übertragbarkeit

Eine Übertragung ist eher möglich, wenn die morphologisch-anatomischen sowie die funktionell-

biomechanischen Ähnlichkeiten groß sind. Die Morphologie ist insofern von Bedeutung, als dass

diese großen Einfluss auf die Kinetik und Kinematik nimmt. Eine stake Ähnlichkeit von caninen

und humanen Kniegelenk wird in der Literatur häufig zitiert (DYE 1994; WILSON 1994;

SOLOMONOW u. KROGSGAARD 2001; SHAHAR u. BANKS-SILLS 2004), weshalb der

Hund auch weite Verbreitung in der tierexperimentellen vergleichenden orthopädischen Forschung

gefunden hat (SHAHAR u. BANKS-SILLS 2002).

5.6.1.1 Vergleich der Kinematik Das Kniegelenk des Hundes ist in seiner evolutionären Entwicklung den gleichen Prinzipen

gefolgt wie das humane Kniegelenk (DYE 2003). Es ist ebenso ein zusammengesetztes Gelenk mit

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5 DISKUSSION ________________________________________________________________________________

94

den artikulierenden Anteilen Femur, Tibia und Patella, die so die funktionellen Untereinheiten

Femorotibialgelenk und Patellofemoralgelenk bilden. Es sind ebenso zwei Menisken mit

ähnlichem Aufbau vorhanden. Die in der Gelenkführung dominierenden Bänder, kraniales und

kaudales Kreuzband sowie mediales und laterales Kollateralband, weisen eine vergleichbare

Bandgeometrie und Funktion auf (FURMAN et al. 1976; ARNOCZKY u. MARSHALL 1977;

VASSEUR u. ARNOCZKY 1981). Daher ist anzunehmen, dass am Kniegelenk des Hundes

grundsätzlich die gleichen funktionellen Parameter wie beim Mensch wirken und so die

Kinematik des Gelenkes bestimmen. Dieses sind die Oberflächengeometrie der artikulierenden

Knochenenden, die Länge und Insertionspunkte der Kreuz- und Kollateralbänder sowie Geometrie

und Verankerungspunkte der Menisken (WAIBL et al. 1997; PLITZ 2000).

Funktionell bestätigt wird dies dadurch, dass auch beim Hund eine Beugung des Kniegelenkes

nach dem Modell der überschlagenden Viergelenkkette erfolgt, das charakteristische Roll-Gleiten

gezeigt wird mit Transfer der Kontaktflächen und scheinbar wandernde Flexionsachse und dass

die Schlussrotation vorhanden ist (ARNOCZKY u. MARSHALL 1977; ARNOCZKY et al. 1977;

VASSEUR u. ARNOCZKY 1981; DYE 2003). Der Bewegungsumfang ist vergleichbar mit dem

beim Menschen, d.h. von der Position der vollen Extension sind bis 140° aktive Beugung und

Rotationen zwischen 5-15° in Abhängigkeit von der Beugung möglich. Während Ab- und

Adduktion in der Normalbewegung nicht von Bedeutung sind. (ARNOCZKY u. MARSHALL

1977; NEWTON 1985b).

5.6.1.2 Vergleich der Kinetik Für die Beurteilung im Stand gilt, dass die Einleitung der Gewichtskraft in die untere Extremität

ebenfalls über den Hüftkopf und durch Anteversion des Femurhalses auch mit Versatz in zwei

Ebenen geschieht. Es folgen, wie beim Menschen, in der Sagittalebene ausgerichtet Oberschenkel,

Kniegelenk, Unterschenkel, Sprunggelenk und Zehe. Unterschiedlich sind die Standwinkel mit

Beugung in Hüft-, Knie- und Sprunggelenk. Diese betreffen jedoch die Sagittalebene und nicht die

Frontalebene. Eine Traglinie kann analog bestimmt werden (LORZIER 2004b). Eine

grundsätzliche Ähnlichkeit im kinetischen Verhalten im Kniegelenk für Hund und Mensch konnte

auch in mehreren Studien, u.a. zur Rolle des Meniskus bei der Belastungsübertragung oder der

Kontaktdrücke im Femoropatellargelenk gezeigt werden (KRAUSE et al. 1976; CHAN et al.

2000).

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5 DISKUSSION ________________________________________________________________________________

95

Aufgrund dieser prinzipiell gleichen Konstruktion in der Frontalebene ist von einem qualitativ

ähnlichen Verhalten von Belastungsachse und Druckverteilung im Femorotibialgelenk wie beim

Mensch auszugehen. Allerdings ist es nicht möglich, eine Aussage über qualitative Effekte zu

machen, da zu viele Faktoren zu berücksichtigen wären. Hier könnten eine andere Beschaffenheit

und Größe der Gelenkkontaktflächen in Beugung im Vergleich zur Streckung eine Rolle spielen,

weil Ausgleichsmöglichkeiten durch weitere Gelenke mit gebeugten Standwinkeln vorliegen.

Zudem ist nicht zu erwarten, dass für alle Hunderassen die physiologische mechanische Beinachse

gleich verläuft. Allerdings sind keine Rassen bekannt, bei denen das Problem der

unikompartimentalen Gonarthrose in Verbindung mit Varus- oder Valgusfehlstellung eine Rolle

spielt. Dass jedoch die Varusfehlstellung einen Einfluss auf die Belastungsübertragung im caninen

Kniegelenk hat, konnten ANDERSON et al. (1993) in einer biomechanischen Studie am Präparat

zeigen, als sie einen belastenden Effekt durch die Varusrotation nach medialer Meniskektomie

nachwiesen.

5.6.1.3 Fazit Die Abhängigkeit der Belastungsverteilung in der Frontalebene im Femorotibialgelenk des Hundes

ist aufgrund der morphologischen und funktionellen Ähnlichkeit, unterstützt durch Daten aus

vergleichenden experimentellen Studien, als wahrscheinlich anzusehen. Mit gleicher Ableitung ist

daher von einer Beeinflussbarkeit der Druckverteilung beim Hundeknigelenk durch eine HTO in

qualitativer Hinsicht auszugehen. Um quantitative Aussagen treffen zu können, wäre jedoch eine

Wiederholung dieses Versuchs unter gleichen Bedingungen am caninen Kniegelenk nötig.

5.6.2 Klinische Relevanz der Methode

Trotz der anatomischen Ähnlichkeit von Hund und Mensch gibt es einige Beobachtungen, die

einer direkten Übertragung der HTO Methode widersprechen. Die klinische Erfahrung bescheinigt

dem Hund ein gutes Kompensationsvermögen, ein gewisses Maß an Angulation, Rotation oder

auch Längendefizit funktionell ausgleichen zu können, aufgrund seiner Fähigkeit, die Belastung

auf vier Gliedmaßen zu verteilen und die Gelenkwinkel anzupassen (KASA u. KASA 1982;

ANSON 1991; PIERMATTEI u. FLO 1997). Zudem finden sich in der Literatur auch keine

Hinweise zu einer medialen unikompartimentalen Gonarthrose mit Varusfehlstellung. Deshalb

erfolgen auch keine operativen Korrekturmaßnahmen. Möglicherweise werden jedoch aufgrund

einer erschwerten Frühdiagnostik solche Krankheitsfälle nicht erkannt.

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5 DISKUSSION ________________________________________________________________________________

96

Dennoch führte ein wachsendes Verständnis für die Bedeutung einer physiologischen

Biomechanik für die Gelenkgesundheit zur Entwicklung von die Biomechanik korrigierenden

Operationsverfahren (WARZEE et al. 2001; WHEELER et al. 2003; LORZIER 2004a, b).

Angulationen in der Frontalebene werden kritischer beurteilt als in der Sagittalebene, weil sich die

unteren Gelenke, im Gegensatz zu Schulter- und Hüftgelenk, nur in kraniokaudaler Richtung

bewegen können (MARCELLIN-LITTLE 1999b). Verschiedene Fehlstellungen können sich in

ihrer Wirkung verstärken, wie z.B. die Innenrotation der Tibia und ein Varusknie, oder aber

abmildern, wie etwa sich ein proximaler tibialer Valgus und ein distaler femoraler Varus in Bezug

auf die innenrotierende Wirkung, aber nicht den lateralen Thrust abschwächen können (LORZIER

2004a). Einen maßgeblichen Einfluss auf die Bewertung der Fehlstellung haben allerdings Größe,

Alter und Gewicht des Patienten, die Fitness und das Aktivitätslevel, sowie der neurologische

Status oder vorausgegangene Traumata, die im Einzelfall berücksichtig werden sollten (LORZIER

2004a).

5.6.3 Praktische Anwendbarkeit der Methode

Aufgrund der vorhandenen anatomisch-morphologischen Ähnlichkeit sollte die praktische

Durchführung, wie z.B. die Anwendung der Schnitttechnik möglich sein, weil Osteotomien zu

den üblichen chirurgischen Verfahren gehören. Ebenso sollte das übliche in einer fortschrittlichen,

chirurgischen orientierten Kleintierpraxis vorhanden chirurgische Instrumentariums verwendbar

sein, d.h. kein spezielles Instrumentarium sollte benötigt werden. Die Frage nach dem geeigneten

Korrekturausmaß kann die vorhandene Studie natürlich nicht beantworten Sie hat nach den

Prinzipien der Fehlstellungskorrektur beim Hund zu erfolgen. Allerdings besteht kein Grund zu

der Annahme, dass die intraligamentäre Osteotomie mit der einhergehend erhöhten Bandspannung

beim Hund nicht gleichermaßen zur einer Erhöhung des Kontaktdruckes im medialen

Kompartiment des Femorotibialgelenkes führen sollte. Daher wäre die Durchführung eines

„Innenbandreleases“, in einer modifizierten, der speziellen funktionellen Anatomie angepassten

Art und Weise, zu empfehlen.

Wie alle Operationen birgt auch die Korrekturosteotomie gewisse Risiken. Zu den häufigsten

Komplikationen gehören die unvollständige Korrektur oder Überkorrekturen, das

Implantatversagen, die verzögerte Heilung oder Nonunion, Infektionen, vorübergehende oder

bleibende Denervation, die Luxation oder die Einschränkungen des Bewegungsumfanges der

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5 DISKUSSION ________________________________________________________________________________

97

benachbarten Gelenke (MARCELLIN-LITTLE 1999a, b; MILLIS u. JACKSON 2003). Allerdings

gibt es keine Gründe anzunehmen, dass diese Art der Korrekturosteotomie ein höheres Risiko

darstellen sollte als andere Methoden. Das Problem der Primärstabilität bei Anwendung der open-

wedge Technik in der humanen Orthopädie sollte wegen des wesentlich geringeren Köpergewichts

des Hundepatienten von geringerer Bedeutung sein. Auch halten die modernen in der Kleintier-

orthopädie verwendeten winkelstabilen Implantate diesen Beanspruchungen Stand, selbst bei

aktiven, nicht-vollständig zu immobilisierenden Kleintierpatienten.

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6 ZUSAMMENFASSUNG ________________________________________________________________________________

98

6 ZUSAMMENFASSUNG Christiane D. Wrann: Der Einfluss von Korrekturwinkel und Innenbandrelease bei der medial öffnenden

valgisierenden Tibiakopfosteotomie auf die femorotibialen Druckverhältnisse

– eine biomechanische Studie mit Vergleich der Verhältnisse bei Hund und Mensch.

Die medial öffnende valgisierende hohen Tibiakopfosteotomie (HTO) ist eine

Behandlungsmöglichkeit der medialen unikompartimentalen Gonarthrose mit Varusfehlstellung

beim Menschen. Allerdings fehlen Studien, die den Effekt der Belastungsverschiebung auf den

femorotibialen Gelenkkontaktdruck durch Verlagerung der Tragachse quantifiziert haben. Die

Bestimmung des Korrekturausmaßes in der Klink basiert weitestgehend auf persönlichen

Erfahrungen und den Ergebnissen einiger publizierter klinischer Studien. Weiterhin ist die Rolle

des Innenbandes in dieser Technik nicht geklärt. Ziel dieser Studie war daher die Bestimmung des

Effektes der Achskorrektur und eines Releases des Innenbandes auf die femorotibiale

Kontaktdruckverteilung, um zukünftig eine präzisere Indikationsstellung, Planung und

Durchführung dieser Operation zu ermöglichen. Des weiteren sollte die Übertragbarkeit der am

humanen Kniemodell gewonnenen Ergebnisse, die klinische Relevanz und die praktische

Anwendbarkeit dieser Operationsmethode für die Kleintierorthopädie diskutiert werden

Dafür wurden sieben humane Kniepräparate in physiologischer Streckstellung bei einer axialen

Krafteinleitung bis 1000 N in einer Materialprüfmaschine (Minibionix® 858, MTS Systems Co.,

Minneapolis) getestet. Zunächst wurden über eine spezielle Haltevorrichtung verschiedene

Achsenfehlstellungen der unteren Extremität simuliert durch Variation der Ausrichtung von

distalen Femur und proximaler Tibia sowie dem Off-Set der Krafteinleitung über den Femurkopf.

Dann wurde eine HTO in der öffnenden Technik nach LOBENHOFFER et al. (2002) durchgeführt

mit Korrektur auf den Fujisawa-Point (FUJISAWA et al. 1979). Schließlich wurde der distale

oberflächliche Anteil des Innenbandes von anterior nach posterior in zwei Schritten durchtrennt.

Dabei wurden kontinuierlich über in das Femorotibialgelenk verbrachte Druckmessfolien (K-Scan

4000, Tekscan®, Boston, USA) getrennt für das mediale und laterale Kompartiment die

Kontaktkraft [N], die Kontaktfläche [mm²] sowie der Kontaktdruck [MPa] in ihrer anatomisch-

topographischen Verteilung im zeitlichen Verlauf gemessen.

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6 ZUSAMMENFASSUNG ________________________________________________________________________________

99

Bei nicht geöffneter HTO zeigte sich die Kontaktkraftverteilung zwischen den Kompartimenten

des Femorotibialgelenk abhängig von der Lage der Tragachse im Verhältnis zum Tibiaplateau. Je

weiter lateral die Tragachse das Tibiaplateau schnitt, desto niedriger war der medial gemessene

Anteil an der Kontaktkraft. Die Öffnung der HTO führte zu einer erhöhten Anspannung des

Innenbandes, so dass selbst ohne axiale Krafteinleitung ein hoher Kontaktdruck im medialen

Kompartiment gemessen werden konnte. Nach Krafteinleitung war der mediale Anteil der

Kontaktkraft im Mittel höher als der laterale (71,4 % vs. 28,6 %), obwohl die Tragachse auf 62 %

der Tibiaplateaubreite von medial gemessen eingestellt worden war, d.h. durch das laterale

Kompartiment verlief. Im Vergleich ergab sich ein umgekehrtes Verhältnis der Kontaktkraft bei

gleicher Position der Traglinie und nicht geöffneter HTO mit 34,6 % medial zu 65,4 % lateral. So

wurde im Vergleich zur ursprünglich simulierten Varusfehlstellung keine Reduktion von

Kontaktkraft oder Kontaktdruck im medialen Kompartiment erreicht. Vielmehr war der Anstieg an

Kontaktdruck im medialen Kompartimentes nach Öffnung der HTO und intaktem Innenband -

verglichen mit der Neutralstellung - deutlich größer als der Anstieg an Kontaktdruck durch

Verlagerung der Traglinie von der Neutralstellung in eine mittelschwere (180 % vs. 120 %

Anstieg). Die schrittweise Durchtrennung des oberflächlichen distalen Anteils des Innenbandes

führte zu einer fortschreitenden Abnahme des Kontaktdrucks im medialen Kompartiment, sowohl

mit als auch ohne Krafteinleitung. Unter Belastung sanken Kontaktkraft und Kontaktdruck nach

jedem Schritt der Durchtrennung signifikant ab (p<0,05) und erreichten schließlich Werte ähnlich

wie in der Neutralstellung.

Damit konnte gezeigt werden, dass die Durchführung der medial öffnenden HTO zur einer

wirksamen Dekompression des medialen Kompartimentes führt, allerdings nur bei einem

gleichzeitigen vollständigen Release des distalen oberflächlichen Anteils des Innenbandes. Die

eigenen Ergebnisse legen nahe, dass in der klinischen Anwendung eine Korrektur der Traglinie auf

62 % der Tibiaplateaubreite von medial aus gemessen als ausreichend anzusehen ist. Aus dieser

der Situation beim Mensch kann für den Hund gefolgert werden, dass die medial öffnende hohe

valgisierende Tibiakopfosteotomie - nach entsprechenden Anpassungen in der Operationstechnik

an die spezielle anatomische Situation - eine therapeutische Möglichkeit der Korrektur einer

Varusfehlstellung des Hundes darstellen könnte. Zukünftig könnte damit einer mit Fehlstellung

einhergehenden Arthropathia deformans entgegengewirkt werden.

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7 SUMMARY ________________________________________________________________________________

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7 SUMMARY Christiane D. Wrann

Influence of correction angle and release of the medial collateral ligament in the opening

wedge high tibial osteotomy on the contact pressure of the tibiofemoral joint

- a biomechanical study with comparison of the situation in dogs and humans.

The valgus opening-wedge high tibial osteotomy (HTO) is a an option for the treatment of varus

osteoarthritis of the knee in humans. But to date there have been no investigations quantifying the

load-transfer effect of shifting the weight-bearing line (WBL) on tibiofemoral joint contact

pressure. The amount of correction applied clinically is therefore largely based on personal

experience and the outcomes reported in the few published clinical studies. Furthermore, the role

of the medial collateral ligament (MCL) in this technique has also not been elucidated. The

objective of this study was thus to quantify the effect of the axis of correction as well as the release

of the MCL on tibiofemoral pressure distribution with the aim of permitting more exact planning

of the HTO procedure. Furthermore should be discussed the transfer of the experimental results of

the human model, the clinical relevance and feasibility of this operation technique in small animal

surgery.

Seven fresh frozen human knee specimens were tested in full extension under static conditions in a

materials testing system (Minibionix® 858, MTS Systems Co., Minneapolis) under an axial load

of 1000 N: first in different simulated alignments of the lower leg using a specially designed and

constructed fixture, then with valgus opening-wedge HTO and axis correction according to

FUJISAWA et al. (1979) and finally after the dissection of distal superficial part of the MCL in

two steps from anterior to posterior. A pressure sensitive film (K-Scan 4000, Tekscan®, Boston,

USA) was inserted into the medial and lateral tibiofemoral joint which allowed separate

simultaneous recording of pressure parameters (contact force [N], contact area [mm²], contact

pressure [MPa]) in both compartments with anatomical-topographical allocation.

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7 SUMMARY ________________________________________________________________________________

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With non-opened HTO, the distribution of the contact force (CF) between the compartments of the

tibiofemoral joint was dependent on the position of the WBL with respect to the tibial plateau. The

more lateral the WBL intersected the tibial plateau, the lower was the medial component of the

contact force which was observed. Opening of the HTO resulted in an increased tension of the

MCL, such that some contact pressure (CP) in the medial compartment was measured even in the

absence of any axial loading. Upon the application of axial loading, the medial component of CF

was much higher than the lateral (71.4 % vs. 28.6 %), although the WBL was set at 62 % of the

tibial plateau width measured from medial. In comparison, with the WBL in the same position

without opened HTO, the relationship was almost reversed with 34.6 % vs. 65.4 % medial to

lateral CF. Thus, in comparison to the originally simulated medium severe varus malalignment, no

reduction of CF or CP in the medial compartment was achieved by that. Instead, the increase of CP

in the medial compartment after opening of the HTO and intact MCL compared to neutral

alignment was larger than the increase achieved by shifting the WBL of varus alignment from

neutral alignment (180 % vs. 120 % increase). Successive dissection of the superficial MCL

resulted in a progressive decrease of the contact pressure in the medial compartment which was

observed with and without axial loading. With axial loading, the contact force and contact pressure

in the medial compartment decreased significantly after each step of dissection (p<0.05) to a level

that was then similar to neutral alignment.

In conclusion, valgus opening wedge HTO for decompression of the medial compartment can lead

to effective medial compartment joint decompression, however, only in conjunction with complete

release of the superficial medial collateral ligament. The results of this study suggest that in the

clinical situation a correction of the weight-bearing axis to 62 % of the width of the tibial plateau

measured from the medial margin leads to a satisfactory decompression of the medial

compartment. From the situation in humans can be concluded for the dog that valgus opening

wedge HTO – after necessary adaptations of this operation technique to the special anatomical

situation – could provide a treatment option for correction of varus malalignment in dogs. In future

this method could be used for the prevention of with malalignments associated osteoarthritis.

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8 LITERATURVERZEICHNIS ________________________________________________________________________________

102

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9 DANKSAGUNG ________________________________________________________________________________

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9 DANKSAGUNG Mein besonderer Dank gilt Prof. Dr. P. Lobenhoffer für die Überlassung dieses interessanten

Themas und die jederzeit gewährte Unterstützung und Prof. Dr. M. Fehr für die gute fachliche

Beratung und Hilfestellung bei der Fertigstellung dieser Arbeit.

Ganz herzlich möchte ich mich bei Dr. J. Agneskirchner für die hervorragende wissenschaftliche

Betreuung „vor Ort“, seinen Einsatz und das entgegengebrachte Vertrauen bedanken, die diese

Arbeit so erfreulich gemacht haben.

Bei dem Leiter des Labors für Biomechanik und Biomaterialien, Dr. C. Hurschler, möchte ich

mich für die ausgezeichneten Arbeitsbedingen, den fachlichen Rat in allen Fragen der

Biomechanik sowie des Entwurfes der speziellen Haltevorrichtung bedanken.

Bei meiner ersten Mentorin Prof. Dr. R. N. Collins, Cornell University, dafür dass sie mich die

Grundlagen des wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens gelehrt hat („It is not magic, it is

science“).

Bei den Forschungswerkstätten der MHH, und insbesondere bei Herr Breyvogel, für die

Konstruktion der speziellen Haltevorrichtung und die schnelle Soforthilfe bei technischen

Problemen.

Bei „meiner“ Tierärztin Dr. Becker für ihre außerordentliche Begleitung, fachlich und

freundschaftlich, durch Studium, Doktorarbeit und darüber hinaus.

Bei meinen Arbeitskollegen und den Bibliothekenteams der TiHo und der MHH für die vielen

netten Kleinigkeiten und Hilfeleistungen, die das Arbeiten so erleichtert haben.

Mein größter Dank gilt meinen Eltern, die durch ihren Glauben an mich und ihre uneingeschränkte

Unterstützung ganz wesentlich zu der Verwirklichung der Dissertation beigetragen haben.

E ao Daniel, muito obrigada por tudo.