chemische untersuchungen an schweineleber und den produkten der leberverarbeitung 3. mitt. Über die...
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Die Nahrung 32 (1988) 3.243-247
Sektion Nahrungsguterwirtschaft und Lebensmitteltechnologie der Humboldt-Universitat zu Berlin, DDR (Direktor : Prof. Dr. habil. G. WESTPHAL), Wissenschaftsbereich Biochemie und Reaktionskinetik
Chemische Untersuchungen an Schweineleber und den Produkten der Leberverarbeitung 3. Mitt. Uber die MAILLARD-Reaktion in Modell- und Leberwurstkonserven' . G. WESTPHAL. A. DOUMBOUYA und L. KROH
Die Lagerungsdauer industriell hergestellter Leberwurstkonserven zeigte sich wirkungsvoller auf die Abnahme des Glucose- und Gesamtkohlenhydratgehaltes als das jeweilige Sterilisationsregime. Zugesetzte Glucose und zugesetztes Casein wirkten in Modellkonserven im Sinne der MAILLARD-Reaktion effektiver als ihr Gemisch im Leberbrat.
Einleitung
Die Leberwurst gehort zu den beliebtesten Kochwurstarten unter den Fleischerzeugnissen. Sie enthalt auBer frischer undloder gefrorener Leber u. a. auch gekochtes Fleisch, Fett- gewebe, Backe, Bauch, Darme und Trockenmilchpulver; je nach der Menge dieser Zusatze liegt der Leberanteil zwischen 15% und 357,,. Bestimmende Faktoren der Qualitat der Leberprodukte bleiben dabei das Verhaltnis FleischlLeber oder Fett/Leber.
Es sind jedoch nur wenige Mitteilungen uber die spezifischen Faktoren bekannt, die die Qualitat dieser Wurstsorte beeinflussen. Bekannt ist allerdings, daB sich Produktzusammen- setzung, Herstellungsmethode und Kochtemperatur auf die Farbe, das Aroma, die Streich- fahigkeit erheblich auswirken und entscheidend fur den Gebrauchswert des Finalproduktes sind.
Das Ziel dieser Arbeit ist es, bei einer stark vereinfachten Rezeptur der Modellkonserven die Auswirkungen von Zucker und Milchproteinzusatz aufdie Veranderungen von Schweine- leberbrat beim Autoklavieren zu untersuchen und Vergleiche mit handelsublichen gelagerten Leberwurstkonserven anzustellen.
Material und Methoden
Etwa 2 kg Schweineleber aus schlachtwarmen, tierhygienisch kontrollierten Tierktjrpern wurden mit kaltem
Nach dreimaligem Zerkleinern zu einem breiigen Leberbrat mittels Kiichenfleischwolf wurde die gesamte Leitungswasser vom ausgestromten Blut gesaubert.
Menge in 4 Portionen L, C, M und G geteilt. ~ Portion L : Kontrollprobe, ausschliel3lich aus Leberbrat bestehend - Portion C : 3 (WjW) Casein unter starkem Riihren dem Brat zugemischt
2. Mitt. Nahrung 32 (1988) 3,237 Gewidmet zum 60. Geburtstag von Prof. Dr. H.-G. HENNING
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- Portion M:unter gleichen Bedingungen 3Y.h Cascin und 3 0, Glucose zugegeben Portion G : 3 9; Glucose im Leberbrat
Von den genannten Bratmengen wurden je 200 g in Dosen eingewogen und verschlossen (HandverschlieB- gerit fur Konserven, Eigenbau), anschlieIjend 90 min bei 110 “C autoklaviert (Autoklav vom Typ MLW. DDR). Nach dem Abkiihlen der Konserven unter flieDendem kaltem Leitungswasser wurden die lnhalte hinsichtlich der Kohlenhydrat-Gesarntrnenge, der Glucosemenge und der Intensitat der nichtenzymatischen Briununp untersucht. Zur Ermittlung des Gehalts an Gesarntkohlenhydrat eignete sich am besten die An- thronmethode [ l , 21; die Messung der Glucose [3] sowie der Braunungsintensitat [4] wurden schon erlautert.
Die in diesen Modellen ermittelten Ergebnisse waren mit denen handelsiiblicher ,,Leberwurst fein” vorn VEB Kiihlbetrieb Berlin (Tab. 1) zu vergleichen.
Tabelle I Herstellungsdatum der untersuchten Leber- wurstkonserven
Probe Produktions- Betrieb
Jahr Monat ____ -
I * I984 Juli FKB*** 2** 1984 Juli FKB 3** 1984 Mirz FKB 4” I984 Januar FKB 5** 1982 Februar Halko**** 6** 1981 Dezember FK Plauen
* Nicht sterilisiert * * Bei ca. 125 ‘C sterilisiert *** Fleischkombinat Berlin **** Fleischkombinat Halberstadt
Ergebnisse und Diskussion
Aus der nachfolgenden Tab. 2 geht allgemein hervor, daD sich die Proben L und C einer- seits und die Proben M und G andererseits, besonders nach der Proteinfillung, hinsichtlich des Kohlenhydratgehaltes kaum voneinander unterscheiden.
Tabelle 2 Kohlenhydratgehalt in den Modellkonserven
Probe -
Glucosegehalt [mmol/l] Gesamtkohlenhydrat [mmol/l]
____ _ _ ~ -
il b
sterilisiert nicht sterilisiert nicht sterilisiert sterilisiert sterilisiert
-~
L 39,81 37,ll 35,29 43.65 41,16 C 38.52 36,84 33,87 4433 39,27 M 51,62 47,84 45.83 53,78 51,47 G 52,49 49,86 46.49 52.85 50,OO
a = vor, b = nach EiweiOfillung
WESTPHAL,'DOUMBOUYA u. a. : Untersuchungen an Schweineleber. 3. Mitt. 2.15
Tabelle 3 Kohlenhydratgehalt in gelagerten Leberwurstkonserven
Probe Glucosegehalt [mmol/l] Gesamtkohlen- _.___
hydratgehalt a b [mmol/l]
I * 32,n 29,6 41,52 2** 29,5 21,3 39,34 3" 2n,2 24,9 33,13 4** 25.3 23,l 2n,8n 5** 23,O 20,n 25,43 6** 24,5 22,6 26,65
* und ** vgl. Tab. 1 a = vor, b = nach EiweiBfallung
Auffallig ist allerdings der EinfluD des Autoklavierens. Bezogen auf die damit verbun- dene Abnahme der Zuckerkonzentration ergibt sich eine ,,Aktivitatsreihe" L M C G. Erstaunlicherweise zeigten sich Casein und Glucose wirksamer als ihr Gemisch. Im letzten Fall reagieren die zugesetzten Komponenten offensichtlich direkt miteinander.
Die Ergebnisse der Tab. 3 beweisen, daD der Glucosegehalt von industriellen Leberwurst- konserven, wie erwartet, auch von der Lagerungszeit abhangt.
Setzt man fur die Produktion von Leberwurstkonserven den gleichen Hersteller und die gleichen ProzeDparameter voraus, ergabe dann eine Lagerung von einigen Monaten bis zu 3 Jahren einen grofieren Verlust der Glucosemenge ( 1 7- 19 "b) als die Sterilisationsteinpe- ratur von ca. 125 "'C. Das heiDt nach unserer Auffassung, daR die bei der Verarbeitung einge- leitete Wechselwirkung zwischen der Glucose und den Leberproteinen schrittweise fortge- setzt wird. In Ubereinstimmung mit fruheren Aussagen [3] werden zunlchst weniger als lo",, Kohlenhydrat (vgl. Proben 1 und 2 voni Juli 1984) fur die Umsetzung mit den Amino- komponenten verbraucht ; es schlieflen sich dann Folgereaktionen bis zur Aroma- und Pigmentbildung an. Danach wird ein weiterer Glucoseanteil ~ moglicherweise sterisch begunstigt durch die vorhergehende Reaktionsfolge - fur die ausgedehntere MAILLARD- Reaktion genutzt 141.
Vergleicht man die Angaben der Tab. 4 mit denen der 4. Spalte in Tab. 2, stellt man fest, dafl nach 3-monatiger Lagerung der starkste Glucoseabbau erfolgt. wenn dem Leberbrat gleichzeitig Glucose und Casein zugesetzt werden. Die Zuganglichkeit der Caseinmolekule fur die Glucose scheint sich offensichtlich erst nach einer gewissen Zeit der Strukturum- orientierung der Zucker- und Proteinmolekiile einzustellen. Die Angaben der Tab. 2 und 3 verdeutlichen die Abnahmen des Gesamtkohlenhydratgehaltes in Modell- und industriellen
Tabelle 4 Glucosegehalt von Modellkonserven nach 3 Monaten Lagerung
Probe L C M G
Glucosegehalt [mmol/l] 33,35 30,2n 39,96 4 ~ 9 2 -
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Konserven bei der Sterilisation bzw. Lagerung. In Tab. 3 weicht die Konserve 6 vom De- zember 1981 von der envarteten Reihe ab; das unterstreicht wiederum die Bedeutung von Faktoren wie Rezeptur und ProzeDfuhrung.
Die nichtenzymatische Braunung
Die Braunungsmessung in den handelsublichen Leberwurstkonserven weist darauf hin, daIj die MAILLARD-Reaktion im Gut nach 2-3 Jahren weit fortgeschritten ist (Tab. 5 ) . Durch die Erhohung der Rostzeit von Fleisch wurde z. B. eine Zunahme der Bildung von hochmolekularen braunen Melanoidinen festgestellt [6]. Eine Behandlung uber 2 h ver- ursachte allerdings scheinbar eine starke Abnahme der Melanoidinausbeute, da sich die Bildung wasserunloslicher Polymerprodukte verstarkte. Diese Feststellung von OBRETENOV u. a. [6] kann man prinzipiell auf gelagerte Fleischerzeugnisse ubertragen.
Tabelle 5 Braunungsintensitat E in gelagerten Leberwurstkonserven ,bei 430 nm
Herstellungsdatum Juli 1984 Marz 1984 Jan. 1984 Feb. 1982 Dez. 1981
Ed30 nm 0,138 0,166 0,173 0,268 0,265
Tabelle 6 Briiunungsintensitat E in sterilisierten Modellkon- serven bei 430 nm
Konserve L C M G
E430 nm 0,125 0,136 0,148 0,157
In Modellkonserven erhohte sich die Braunungsintensitat in der Reihe L - C - M - G (Tab. 6). Die Zusatze bewirken also eine Verstarkung der MAILLARD-Reaktion im Leber- brat. Wahrend der Proteinzusatz (C) das Produktflavour verbessert [7], aktiviert das Auto- klavieren die Wechselwirkungen der beiden Partner in der Konserve M. Beim Glucosezusatz (G) sollte der Beitrag der Karamelisierung neben der wichtigeren MAILLARD-Reaktion im Produkt beriicksichtigt werden.
Summary
G. WESTPHAL, A. DOUMBOUYA and L. KROH: Chemical investigations into pig liver and products of liver processing. Part 3. On the MAILLARD-reaction in model and liver sausage preserves
The storage life of industrial-made tinned liver sausage has more effect on the decrease in glucose and total carbohydrate content than the corresponding sterilisation program. The addition of glucose and casein shows greater effect as respects the MAILLARD-reaction on tinned model than on minced liver.
WESTPHAL/DOUMBOUYA u. a. : Untersuchungen an Schweineleher. 3. Mitt. 241
Literatur
[ I ] ROE, J. H., und E. DAILEY, Analyt. Biochem. 15, 245-250 (1966). [2] HAMM, R., und R. H. DALRYMPLE, J. Food Technol. 8, 439-444 (1973). [3] WESTPHAL, G., A. DOUMBOUYA, und L. KROH, Nahrung 32, 231-235 (1988). [4] WESTPHAL, G., A. DOUMBOUYA, und L. KROH, Nahrung 32. 237-242 (1988). [5] WESTPHAL, G., L. KROH, und C. BOCHOW, Nahrung 28, K9-Kll (1984). [6] OBRETENOV, T., M. KUNITSCHEVA und S. IVANOVA, Nahrung 27. 889-896 (1983). (71 WALKER, H. W., J. G. SEBRANEK und C.-Y. CHYR, J. Food Sci. 45, 1136-1138 (1980).
Prof. Dr. habil. G. WESTPHAL, A. DOUMBOUYA und Dr. sc. L. KROH, Sektion Nahrungsgiiterwirtschaft und Lebensmitteltechnologie der Humboldt-Universitat zu Berlin, Bereich Biochemie und Reaktionskinetik. Invalidenstr. 42, Berlin. DDR-1040
Eingegangen 31. 1. 1986