zur reaktion von phosphor(arsen)-chalkogeniden mit phosphor(arsen)-triiodid

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Z. anorg. allg. Chem. 461, 87-90 (1980) J. A. Bartli, Leipzig Zur Reaktion von Phosphor(Arsen)-chalkogeniden mit Phosphor(Arsen)-triiodid Von R. BLACHWIK und U. RABE S i e gen, Laboratorium fur Anorganische Chemie der Gesamthochschule/Universit&t Siegen Inhal tsiibersic ht. Die spezifischen Warmen und Schmelzenthalpien der Tetraphosphortri- thio(se1eno)-diiodide wurden bestimmt. Dabei wurde /3-P4S,12 nach einem neuen Vedahren durch Reaktion von P4S3 mit PI, in Losung dargestellt. Die den Bildungsreaktionen der P,S,I,-Isomeren entsprechenden Reaktionen mit As4S, fiihren bei Anwendung von I, zum Abbau des Kiifigmolekiils, mit AsI, dagegen bildet sich As4S,. As,S, und As$, reagieren mit AsI, unter Bildung von AsSI, As,S, allerdings nur bei Zugabe von Schwefel. Reactions of Phosphorus(Arsenic)chalcogenides with Phosphorus(Arsenic)triiodide Abstract. The specific heats and enthalpies of melting of the tetraphosphorustrithio(se1eno)- diiodides have been determined. For the preparation of P-P4S3I2 a new method by reacting P4X3 with PI, in CS, solution was found. Experiments to prepare compounds of the type As,S,I, by the classical methods for the preparation of the resp. phosphorus compounds failed. The reaction of As$, with AsI, leads to the formation of A@,. The other sulphides of the As-S system As,S, and As$, react with AsI, to AsSI, however, in the reaction of As4S4 the addition of S is necessary. Einleitung WBhrend der systematischen Untersuchung von thermodynamischen Daten und Zustandsdiagrammen der Chalkogenide der funften Hauptgruppe [I] sollten die thermodynamischen Daten der verschiedenen Isomeren von VbVIb-Kafig- molekiilen miteinander verglichen werden. Die Isomeren LX- und ,6-P4S4 wurden erstmals von GRIFFIN, MINSHALL und SHELDRICK [a] durch Reakt'ion von 01- und /3-P4S,12 mib eineni GberschuIj von (Me,Sn),S erhalten. Von den Tetraphosphor- trithio-diiodiden ist das LX-P,S,I, seit langem bekannt [3, 41, ,6-P4S31,dagegen wurde erst kurzlich von PENNEY [5] bzw. HUNT [6] synthetisiert und in seiner Struktur aufgeklart. Die Struktur des a-P,S,I, wurde von WRIGHT und PENFOLD [7] ermittelt. P,Se, bildet mit I, nur eine Verbindung der Zusammensetzung P4Se,12 [S]. Ein Ziel der vorliegenden Arbeit war die Bestimmung der thermo- dynamischen DaCen der Tetraphosphor-trithio(se1eno)-diiodide, zum anderen sollte gepriift werden, ob As4S, mit Iod in ahnlicher Weise wie P4S3 reagiert.

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Z. anorg. allg. Chem. 461, 87-90 (1980) J. A. Bartli, Leipzig

Zur Reaktion von Phosphor(Arsen)-chalkogeniden mit Phosphor(Arsen)-triiodid

Von R. BLACHWIK und U. RABE

S i e gen, Laboratorium fur Anorganische Chemie der Gesamthochschule/Universit&t Siegen

Inha l tsiibersic ht. Die spezifischen Warmen und Schmelzenthalpien der Tetraphosphortri- thio(se1eno)-diiodide wurden bestimmt. Dabei wurde /3-P4S,12 nach einem neuen Vedahren durch Reaktion von P4S3 mit PI, in Losung dargestellt.

Die den Bildungsreaktionen der P,S,I,-Isomeren entsprechenden Reaktionen mit As4S, fiihren bei Anwendung von I, zum Abbau des Kiifigmolekiils, mit AsI, dagegen bildet sich As4S,.

As,S, und As$, reagieren mit AsI, unter Bildung von AsSI, As,S, allerdings nur bei Zugabe von Schwefel.

Reactions of Phosphorus(Arsenic)chalcogenides with Phosphorus(Arsenic)triiodide

Abstract. The specific heats and enthalpies of melting of the tetraphosphorustrithio(se1eno)- diiodides have been determined. For the preparation of P-P4S3I2 a new method by reacting P4X3 with PI, in CS, solution was found. Experiments to prepare compounds of the type As,S,I, by the classical methods for the preparation of the resp. phosphorus compounds failed. The reaction of As$, with AsI, leads to the formation of A@,. The other sulphides of the As-S system As,S, and As$, react with AsI, to AsSI, however, in the reaction of As4S4 the addition of S is necessary.

Einleitung

WBhrend der systematischen Untersuchung von thermodynamischen Daten und Zustandsdiagrammen der Chalkogenide der funften Hauptgruppe [I] sollten die thermodynamischen Daten der verschiedenen Isomeren von VbVIb-Kafig- molekiilen miteinander verglichen werden. Die Isomeren LX- und ,6-P4S4 wurden erstmals von GRIFFIN, MINSHALL und SHELDRICK [ a ] durch Reakt'ion von 01- und /3-P4S,12 mib eineni GberschuIj von (Me,Sn),S erhalten. Von den Tetraphosphor- trithio-diiodiden ist das LX-P,S,I, seit langem bekannt [3, 41, ,6-P4S31, dagegen wurde erst kurzlich von PENNEY [5] bzw. HUNT [6] synthetisiert und in seiner Struktur aufgeklart. Die Struktur des a-P,S,I, wurde von WRIGHT und PENFOLD [7] ermittelt. P,Se, bildet mit I, nur eine Verbindung der Zusammensetzung P4Se,12 [S]. Ein Ziel der vorliegenden Arbeit war die Bestimmung der thermo- dynamischen DaCen der Tetraphosphor-trithio(se1eno)-diiodide, zum anderen sollte gepriift werden, ob As4S, mit Iod in ahnlicher Weise wie P4S3 reagiert.

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Experimentelles Dars te l lung der Verbindungen

Die Darstellung der Ausgangsprodukte P,S,, P,Se, und As,S, [9] sowie OI-P,S,I, [5, 61 und P,Se,I, [S] ist an anderer Stelle bereits beschrieben worden. Abweicheiid vom letzten Verfahren 1aRt sich a-P,S,I, und P,Se,I, auch durch Reaktion der stochiometrischen Mengen P4X3 + I, in evakuierten und abgeschmol- zenen Quarzampullen durch Vorreaktioii bei 200 "C uiid anschliel3endes Erhitzen auf 350°C dsrstellen. Das Produkt wird mit wenig CS, extrahiert, nus dem bei Zimmertemperatur P,Se,I, bzw. bei - 25 "C ct-P,S,I, auskristalliaiereu. Die Dar- stellung des p-P,S,I, nach der von PENNEY uiid SHELDRICK gegebenen Vorschrift in groReren Ausbeuten ist schwierig, so daS zur Herstellung grol3erer Mengen fur die thermodynamischen Messungen ein neues Verf ahren eiitwickelt wurde :

5-6 g PI, werden durch Rcaktion der berechnetcn Mengen weillen Phosphors und Iods in ca. 60 mI CS2 hergestellt. Diesc Losung wird mit 1-1,6 g P,S, versetzt und kraftig geriihrt oder geschut- telt, bis sich alles Sulfid gelijst hat. Die anfangs tiefrot gefarbte Losung wird langsam hellrot, und nach etwa 30 Minuten entstchen die orangegelben Kristalle dcs /?-P,S,I,, die vollstiindige Kristallisation erfolgt bei -25°C. Das Produkt wird mit CS, gewaschen und im Vakuum getrocknet. Die Reaktion wurde auch mit P,Se, durchgefuhrt. Es bildete sieh die bereits bekmnte Modifikation dcs P,Se,I,. Die Methode liefcrt ausgezeichnet kristallisierte Produkte.

Fur den Ablauf der Reaktion scheint folgendcs Schema moglich: Die Bereitstellung des beniitigten Iods lauft uber das Gleichgewicht

2P1, + P,I, + I,. Das entstehende Iod wird vom P,S, bzw. P,Sc, unter Bildung des Thioiodids verbraucht.

Die BruttogIeiehung der Reaktion muate dann lauten:

2P1, + P,X, tj P,X,I, + PJ, (X = 8, Se).

Die Versuche zur Darstellung der Isorneren des As,S, uber die Tetraarsen- trithio-iodide schlugen fehl, da bei der Reaktion von As,S, init I, das Kiifjgmolekul zum AsI, abgebsub wird uiid keine As,S,I,-Molekule gebildet werden.

Die zur Darstellung des P,S,I, aus P,S, uiid PI, analoge Reaktion fuhrt.e je- doch zu einigen iieuen Ergebnissen :

a) Etwa 1 g As,S, wird mit etwa 10 g AsI, in einer Losung von etwa 100 ml Benzol oder Schwefel- kohlenstoff unter Riihrcn am RiickfluS gekocht. Die anfangs tiefrot gefarbte Losung hellt sich nach einiger Zeit auf. Das Losungsmittel wird am Rotationsverdampfer entfernt und der Ruckstand mit CS, extrahiert, um nicht umgesetztes AsI, zii entfernen.

b) 1 g Ae,S, wird in einer Schmelze von etwa 10 g AsI, gelost, und die Mischung wird zwei "age bei 200°C gehaltcn. Das Produkt wird durch ExOraktion mit CS, vom uberschiissigen AsI, befreit.

Bei beiden Darstellungen bleibt eiii Ruckstand, der in CS, und Benzol relativ schwer loslich ist. Umkristallisieren aus Schwefelkohlenstoff oder Benzol liefert ein gut kristallisiertes Produkt, das thermoanalytisch und rontgenographisch untersucht wurde. Die Ergebnisse zeigen, daS es sich um As,S, handelt. Zur ge- nauen Charakterisieruiig wurden Probcn von naturlich vorkommendem Realgar und durch Erschmelzen kunstlich hergestelltem As,S, mit dem Produkt verglichen.

Reaktion von Phosphor-(&sen)-chalkogeniden mit Phosphor(Arsen)-tziiodid 89

Die Rontgenmuster des Produktes sind mit dem der Tieftemperaturmodifikation des Asks, praktisch identisch, in einigen Fallen traten wenige zusatzliche Linien auf. Diese Linien lassen sich auch nicht dem von KUTOGLU [lo] beschriebenen Isomeren des Realgar, das durch Abschrecken einer Schmelze der Stochiometrie As,S, erhalten werden kann, zuordnen. Das Thermogramm des Produktes mit den zusatzlichen Reflexen zeigt drei Effekte ; bei 544 K - Umwandlungstempera- tur des Realgars, bei 561 K und 580 K - Schmelzpunkt des As,S,. Bei nochmali- gem Aufschmelzen findet sich nur noch der Schmelzpunkt, das einmal aufge- schmolzene Produkt ist nach dem Rontgendiagramm As,S, in der Hochtemperatur- modifikation. Dieses Verhalten laat vermuten, dalS in dem von uns erhaltene Pro- dukt in Spuren ein anderes As,S,-Isomeres enthalten ist, das eich beim Aufheizen in die tliermisch stabilere Realgarstruktur umwandelt. Trennungsversuche durch fraktionierte Kristallisation oder Extraktion blieben erfolglos. Es gelang auch nicht, durch Variation der Darstellungsbedingungen eine hohere Ausbeute des unbekannten Produktes zu erreichen. Uber die Molekulkonfiguration konnen des- halb keine Angaben gemacht werden.

Bei Versuchen, die anderen Sulfide des Arsens mit AsI, umzusetzen, ergab sich, daB beim Kochen einer Aufschwtimmung von As& in CS2 mit AsI, am RiickfliiB die Bildung von Ass1 erfolgt, das in diesem Falle allerdings mit nicht umgesetztem As& verunreinigt ist.

Reines ASXI erhielt man bei der Umsetzung von As,S, (1 g) mit Schwefel (1 g) und AsI, (5 g) in siedendem CS, (100 ml). Es eiitstand ein gclbbrauner in CX, und Benzol unloslicher Ruckstand (AsSI) mit einem Schmelzpunkt von 465 I(. Eine Reaktion von AsI, und Schwefel ohne Beteiligung des As,S, und die Reaktion von As,S, und AsI, ohne Schwefel zu Ass1 wurdeii durch entsprechende Reak- tionsversuche in Schwefelkohlenstoff ausgeschlossen.

Somit reagieren sowohl AS$,, As,S, als auch As,X, in Losung mit AsI,. Mit As,S, bildet sich As,S, in der Tieftemperaturmodifikation. Der Reaktionsinecha- nismus diirfte daher dem bei der Bildung der Tetraphosphor-trithio-diiodide ent- sprechen, nur dapim Falle des Arsens die intermediar gebildeten Iodide weiter reagieren und sich unter den von uns gewiihlten Bedingungen nicht isolieren las- sen. Aus der in Schichtenstruktur kristallisierenden Verbindung As,S, entsteht AsSI, letzteres wurde bisher nur thermisch aus dem As,S, und AsI, dargestellt. Die Kafigverbindung As,S, liefert bei zusatzlicher Zugabe von Schwefel ebenfalls AsSI.

Der Umsatz von As$, mit Iod fuhrt dagegen zum vollstandigen Abbau des Kafigs. Die Synthese des As,S,I, ist also auf diesem Wege nicht nioglich.

Therrnodynarnisehe Untersuehungen Die thermodynamischen Daten der Phosphorthio(selei1o)iodide wurden mit

dem Du Pont 990 Thermalanalyzer bestimmt, die in Tab. 1 wiedergegebenen Da- ten entspreclien den Mittelwerten aus mehreren Messungen. Die Schmelzpunkte, Schmelzenthalpien und -entropien sind in Tab. 2 aufgefiihrf. Im Gegensatz zu

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den Isoineren der Phosphorsulfide, in denen die Strukturunterschiede keinen Ein- fluB auf die thermodynamischen Daten hatten, zeigeii a- und /3-P,S31, deutliche Unterschiede in den spezifischen Wiirmen.

Tabelle 1 Schmelzpunkte, -enthalpien und -entropien der Phosphorchalkogenoiodide

TIn AH, A S , K kJ mol-1 J K-l mol-1

P,Se31, 425 21,l 49,6 n-P,S31z 389 20,4 52,4 P-P4S312 379 21,l 5.57

Tabelle 2 Spezifische Warmen der Phosphorchalkogenoiodide

PISesIe a-P,SJ, P-P&Ia TIK Cp/(J/g-Atom. K) T/K Cp/(J/g-Atom. K) T/K Cp/(J/g-Atom. K)

313 323 332 342 352 361 371 381 390 400 410 414 418 422 426 430

20,57 21,21 21,14 21,47 21,89 22,03 22,26 22,17 22,71 22,43 23,56 24,95 27,58 33,06 50,Ol

115,07

313 323 332 342 352 301 371 381 385 387 389 390 392

23,67 23,85 23,72 23,60 23,82 24,05

26,09 30,50 34,40 4138 53,72 74.57

24,a4

313 323 332 342 352 361 371 375 379 383

25,58 25,73 26,51 27,12 28,49 30,21 34,3G 39,04 51,25 78,35

Die Fehler der angegebenen Temperaturen liegen bei &4K, die der Enthalpien bei f5%, die spezifischen Warmen sind mit einem Fehler zwischen 3 und 4% behaftet.

Wir dsnken dem Fonds der Chemie fur die Unterstiitzung.

Literatur [l] R. BLACHNIK u. A. HOPPE, Z. anorg. allg. Chem., 457, 91 (1979) (und darin zitierte Arbeiten). [a] A. M. GRIFFIN, P. C. MINSHALL u. G. M. SHELDRICK, J. Chem. SOC., Chem. Commun. 1976, 809. [3] L. OUVRARD, C. R. Scad. Sci. 115, 1301 (1892). [4] M. BAUDLER, H. W. VALPERTZ u. K. KIPKER, Chem. Ber. 100, 1766 (1967). [5] G. J. PENNEP u. G. M. SHELDRICK, J. Chem. SOC. A 1971, 1100. [GI G. W. HUNT u. A. W. CORDES, Inorg. Chem. 10, 1935 (1971). [7] D. A. WRICIIT u. B. R. PENFOLD, Acta Crystallogr. 12, 455 (1959). [8] G. J. PENNEY u. G. M. SHELDRICE, Acta Crystallogr. B 26, 2092 (1970). [9] Dissertation A. HOPPE, GH Siegen 1978.

[lo] A. KUTOGLU, Z. anorg. sllg. Chem. 4 9 , 176 (1976).

Bei der Redaktion eingegttngen am 17. April 1979.

Bnschr. d. Verf.: Prof. Dr. R. BLACHNIK und Dr. U. RABE, Gesamthochschule Siegen, Fachbereieh 8/Anorg. Chemie, Adolf-Reichwein-Str. 2, D-5900 Siegen