zur kristallstruktur von k4[sio4]

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Z. anorg. allg. Chem. 689 (1990) 129-138 J. A. Barth, Leipzig Zur Kristallstruktur von K4[Si04] [I] K. BERNET und R. HOPPE* G ie 13 en, Institut fiir Anorganische und Analytische Chemie der Justus-Liebig-Universitit Inhaltsiibersicht. Farblose, mit Cs,[SnO,] isotype Kristalle von K,[SiO,], entstehen beim Tempern inniger Gemenge von KO,,,, und SiOz [K:Si = 4,4:1,0; 700°C; 7 d] in fest verschlossenen Ni-Bombchen. Die Kristallstruktur wurde iiber Vierkreisdiffraktometerdaten [Siemens AED2, 1814 Io(hkl), Raumgruppe P2Jc mit a = 1037,0(3) pm, b = 639,2(1) pm, c = 1036,6(3) pm, , 9 = 112,83(2)", Z = 4, R = 8,0y0, R, = 4,5y0] aufgekliirt. Der Madelunganteil der Gitterenergie, MAPLE, sowie Effektive Koordinationszahlen, ECoN, diese iiber Mittlere Fiktive Ionenradien, MEFIR, berechnet, werden angegeben. Ein Isotypievergleich der beiden oben genannten Verbin- dungen erfolgt graphisch. Crystal Structure of K4[ SiOa] Abstra c t. Colourless crystals of K,[SiO,] which are isotypic with Cs,[SnO,] resulted by heating of well ground mixtures of KOo,,, and SiOz [K:Si = 4.4:l.O; 700°C; 7 d) in tightly closed Ni-tubes. The crystal structure was solved by fourcycle-diffractometer data [Siemens AEDB, 1814 I,,(hkl), space group P2Jc with a = 1037.0(3) pm, b = 639.2(1) pm, c = 1036.6(3) pm, /3 = 112.83(2)", Z = 4, R = 8.0y0, R, = 4.50/,1. The Madelung Part of Lattice Energy, MAPLE, and Effective Coordination Numbers, ECoN, calculated via Mean Fictive Ionic Radii, MEFIR, are given. The isotypism of the compounds mentioned above is compared graphically. 1. Einlcitung Unsere Kenntnisse uber Orthosilicate der Alkalimetalle sind heterogen. Fur Li,[SiO,] liegen nach einer ersten Strukturaufklarung [ 21 inzwischen neuere An- gaben vor [ 31. Wir selbst erhielten kiirzlich eine bislang unbekannte, trikline Modifikation, die mit Na,[SnO,] [4] isotyp ist [5]. Auch der Aufbau von Na,[SiO,] ist seit lgngerem bekannt [S]. Anders steht es mit den analogen Verbindungen der hoheren Alkalimetalle. Hier ist noch fraglich, ob man sie durch Erhitzen von SiO, mit den Carbonaten A,CO, (A = K, Rb, Cs) uberhaupt erhalt, wie fruher angenommen. Womoglich entstehen so allenfalls die Disilicate A,[Si,O,], aber selbst das bedarf der Uberpriifung. Einkristalle von K,[SiO,] wurden schon beschrieben 17, 81, jedoch blieb die Kristallstruktur bisher ungelost. Das hangt wohl mit einer Verzwilligung zusammen, die damals nicht erkannt wurde. Uber Rb,[SiO,] und Cs,[SiO,] ist noch nichts bekannt.

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Page 1: Zur Kristallstruktur von K4[SiO4]

Z. anorg. allg. Chem. 689 (1990) 129-138 J. A. Barth, Leipzig

Zur Kristallstruktur von K4[Si04] [I]

K. BERNET und R. HOPPE*

G ie 13 en, Institut fiir Anorganische und Analytische Chemie der Justus-Liebig-Universitit

Inhaltsi ibersicht. Farblose, mit Cs,[SnO,] isotype Kristalle von K,[SiO,], entstehen beim Tempern inniger Gemenge von KO,,,, und SiOz [K:Si = 4,4:1,0; 700°C; 7 d] in fest verschlossenen Ni-Bombchen. Die Kristallstruktur wurde iiber Vierkreisdiffraktometerdaten [Siemens AED2, 1814 Io(hkl), Raumgruppe P2Jc mit a = 1037,0(3) pm, b = 639,2(1) pm, c = 1036,6(3) pm, ,9 = 112,83(2)", Z = 4, R = 8,0y0, R, = 4,5y0] aufgekliirt. Der Madelunganteil der Gitterenergie, MAPLE, sowie Effektive Koordinationszahlen, ECoN, diese iiber Mittlere Fiktive Ionenradien, MEFIR, berechnet, werden angegeben. Ein Isotypievergleich der beiden oben genannten Verbin- dungen erfolgt graphisch.

Crystal Structure of K4[ SiOa] Abst ra c t. Colourless crystals of K,[SiO,] which are isotypic with Cs,[SnO,] resulted by heating

of well ground mixtures of KOo,,, and SiOz [K:Si = 4.4:l.O; 700°C; 7 d) in tightly closed Ni-tubes. The crystal structure was solved by fourcycle-diffractometer data [Siemens AEDB, 1814 I,,(hkl), space group P2Jc with a = 1037.0(3) pm, b = 639.2(1) pm, c = 1036.6(3) pm, /3 = 112.83(2)", Z = 4, R = 8.0y0, R, = 4.50/,1. The Madelung Part of Lattice Energy, MAPLE, and Effective Coordination Numbers, ECoN, calculated via Mean Fictive Ionic Radii, MEFIR, are given. The isotypism of the compounds mentioned above is compared graphically.

1. Einlcitung Unsere Kenntnisse uber Orthosilicate der Alkalimetalle sind heterogen. Fur

Li,[SiO,] liegen nach einer ersten Strukturaufklarung [ 21 inzwischen neuere An- gaben vor [ 31. Wir selbst erhielten kiirzlich eine bislang unbekannte, trikline Modifikation, die mit Na,[SnO,] [4] isotyp ist [5]. Auch der Aufbau von Na,[SiO,] ist seit lgngerem bekannt [S]. Anders steht es mit den analogen Verbindungen der hoheren Alkalimetalle. Hier ist noch fraglich, ob man sie durch Erhitzen von SiO, mit den Carbonaten A,CO, (A = K, Rb, Cs) uberhaupt erhalt, wie fruher angenommen.

Womoglich entstehen so allenfalls die Disilicate A,[Si,O,], aber selbst das bedarf der Uberpriifung. Einkristalle von K,[SiO,] wurden schon beschrieben 17, 81, jedoch blieb die Kristallstruktur bisher ungelost. Das hangt wohl mit einer Verzwilligung zusammen, die damals nicht erkannt wurde. Uber Rb,[SiO,] und Cs,[SiO,] ist noch nichts bekannt.

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130 Z. anorg. allg. Chem. 589 (1990)

Vor kurzem gelang die Synthese unverzwillingter Einkristalle von Cs[SnO,] [9]. Dadurch ent- stand dievermutung, bei Cs,[PbO,] [lo] musse es sich um eine andere Modifikation von Cs,[PbO], [ll] handeln. Gleichzcitig und unabhiingig wurdc dieser Verdacht von Prof. Dr. U. MULLER, Marburg, erhoben und durch Rechnungen mit unseren alten Fo/Fc-Werten erhiirtet. Ihm verdanken wir auch den Hinweis auf die uns entgangcne Verzwilligung bei ,,Cs,[PbO,]" und rnit indirekt die Anregung, fur K,[SiO,] die gleiche Art dcr Verzwilligung anzunehmen.

2. Darstellung der Proben und Einkristalle Eingesctzt wurde SiO, (Kieselsaure, Merck), getrocknet bei 400"C, 12 h im Vakuum, sowie durch

gezielte Oxidation von metallischem Kalium (Riedel de Hacn) mit Sauerstoff dargestelltes KO,,,, [la]. Innige Gemenge der Komponenten im Verhaltnis K:Si = 4,4: 1 (vor demverreiben) wurden in, unter Argon in Supremaxglas eingcsohmolzcncn, Ni-Bomben getempert (7OO0C, 7 d). Das Auf- und Abheizen des Ofens erfolgte rnit etwa 5OoC/d [l].

3. Eigenschaften

sie zersetzen sich allmahlich an Luft. Die Kristalle von K,[SiO,] sind plattchenformig, transparent und farblos ;

4. Rontgenographischc Untersuchungen Kristalle von K4[Si04] wurden unter (uber met. Na getrocknetem) Paraffin rnit Hilfe eines Pola-

risationsmikroskopes ausgesucht und unter Argon in Markrohrchen aus Lindcmannglas ( Q = 0,3mm) uberfuhrt. Die Auswertung von Drehkristall- (um [OOl], WeiOenberg- (hkO, h k l ) und Prazes- sions-Aufnahmen (Okl, l k l , h01, h l l ) ) , stets MoKa, wies, wie auch aus den fruhercn Arbeiten [7, t?] hcrvorging, auf eine orthorhombische Zclle rnit a = 1147,5, b = 639,2 und c = 1727,l pm hin. Jedoch konnten die auftretendcn Ausloschungsbedingungcn kciner orthorhombischen Raumgruppe zugeordnet werden.

Auch die erhaltene Guinier-Simon-Aufnahme konnte nicht orthorhombisch indiziert werden. Die Transformation dieser Zelle mit der Matrix (-, 5 0 -, 5; 0 -1 0; -,5 0 ,5) fiihrt zu einer Elementarzelle mit. der Hlilfte des Volumens der Erstgenannten. Diese Aufstellung wird durch die aus dem Pulverdiagramm be- rechneten Gitterkonstanten bestatigt :

a = 1037,0(3) pm, b = 639,2(1) pm, c = 1036,6(3) pm, = 112,83(2)".

Die Zclle entspricht der Metrik von Cs,[SnO,] (P2,/c), jedoch weisen die Ausloschungsbedingungen hier auf die Raumgruppen P2,/m oder P2, hin. Die Verfeinerung endete hierfiir jedoch bei einem R-Wert von R = 2l,5%. MULLER fand bei seinen Rechnungen rnit unserem Datensatz an ,,Cs,€'bO;', da13 dort eine Verzwilligung nach (101) vorliegt, wodurch RefIexe ausgeloscht sind, bei denen sowohl h = 2n+1 als auch 1 = 2n+1 ist. Dieses Ausloschungsgesetz ergibt sich aus der Uberlagerung der beiden Zwillingsindividuen, wenn die Reflexe h01 mit 1 = 2n+l ausgcloscht sind. Fur ,,Cs,PbO," folgt daraus (mit OkO = 2n) die Raumgruppe P2,/c. Die Vermutung lag nahe, daIj auch bei K,[SiO,] eine solche Vcrzwilligung vorliegt.

In der Tat gelang es, mit Hilfe des Programms SFLS [13] unter Zugrunde- legung des Zwillingsgesetzes (0 0 -1, 0 1 0 , -1 0 0) bis zu R = S,O% bzw. R, = 4,5% zu verfeinern und das Verhaltnis der beiden an der Zwillingsbildung beteiligten Komponenten zu 1 : 0,78 zu bestimmen. Bez. weiterer Einzelheiten vgl. Tab. 1. Die Strukturverfeinerung erfolgte, da Isotypie mit Cs,[SnO,] vor-

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K. BERNET u. R. HOPPE, Kristallstruktur [von K&3i04j 131

liegt, mit dessen Punktlagen als Startwerten. Die verwendeten Streufaktoren wurden der Literatur [14] entnommen. Tab. 2 gibt die endgultigen Lageparameter und die Koeffizienten der ,,anisotropen" Temperaturfaktoren wieder. Tab. 3 zeigt die Auswertung einer Guinier-Simon-Aufnahme.

Tabelle 1 K,SiO,, Kristallographische und analytische Daten

Kristallsystem Raumgruppe Gitterkonstanten (pm) (Guinier-Simon-Daten)

Formeleinheiten pro Elementarzelle

Molvolumen 2 bin. Oxide (cm3/mol) rontgenographisch ( cm3/mol) Kristallform, -farbe linearer Absorptionskoeffizient Diffraktometer Strahlung, Monochromator Korrekturcn MeRbereich Abtastung Anzahl der gemessenen Reflexe symmetrieunabhangigen Reflexe nicht berucksiclitigten Reflexe freien Parameter Losungsverfahren

F(000)

Parameterverfeinerung

monoklin

a = 1037,0(3) P 2 J C

b = 639,2(1) = 112,83(2)O c = 1036,6(3) 4 456

103,O 95,4 pkttchenformig, farblos 27,8 (MoKa, em-l) Vierkreis, Siemens AED 2 Mo -Ka/Graphit Polarisations-, Lorentzfaktoroii 3" < 0 < 30" 0-scan 4123 1814

82 Isotypie Differenz-Fourier-Synthese ,,anisotrope" Temperaturfaktorcn "full matrix" least squares

-

8,0% 495%

5. Strukturbeschreibung Wegen der weitgehenden Isotypie mit Cs,[SnO,], die beiden Verbindungen

unterscheiden sich nur in der Koordination des Cs(3) bzw. K(3), eriibrigt sich eine ausfuhrliche Beschreibung des Aufbaus. Tab. 4 und Abb. 1 und 2 charakterisieren strukturelle Feinheiten.

6. Der Madelunganteil der Gitterenergie, MAPLE [15]

Es fallt auf, daB ein Vergleich der MAPLE-Werte der ternaren Verbindung mit der Summe der MAPLE-Werte der binaren Oxide trotz des befriedigenden R-Wertes eine nur mafiige Ubereinst,immung zeigt (siehe Tab. 5). Moglicherweise

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Tabelle 2 K,SiO,, Lageparameter (. 104) und ,,anisotrop" verfeinerte Temperaturfaktoren [pm2]. I n Klammern Standardabweichungen in Einheiten der letzten Stelle. Alle Teilchen besetzcn die dlgemeine Lage (413)

Atom x Y Z

7 680( 1) 4260(7) 8431(1) 0 648( 1) 6314(1) 2 192(3) 3019(3) 6449(3) 9 072(3)

8706(2) 1826(2) 113&(2)

1666(2) 9987(6)

8191(4)

0929(2)

5237(4)

7 343( 4)

0 106( 1 ) 7 951(1) 4184(1) 2007(1)

8466(3) 6'?68(3) 4892(3)

6 091(1)

5286(9)

Atom u,, 90(5)

210(4) 160(4) 191(4) 187(4) 203( 1 3 ) 171( 13) 211(13) 133(11)

u22

148(5) 326(5) 205(4) 299(5)

286(14) 240(14) 266(14) 230( 14)

25S(4)

u33

119(6) 197(5) 207(5) 189(5) 270(5) 190(15) 198(15) 192(14) 184(14)

U, 2

3(4)

20(3) 15(4)

- 19( 4) -28(4) -58(12) -GO( 12)

13( 12) 22(l l )

33(4)

57(4) h2(3) 45(3) S9(11)

90( 11)

106(4)

39(11)

68( 10)

1(4) 25(4) 4(3)

-14(4) -1P(4)

16( 11) 7(11)

- 29(10) 89( 11)

Der ,,misotrope" Temperaturfaktor ha t die Form exp[-2n2(U,ll~2a*2 + . . . + 2U12hka*b*)]

Tabelle 3 (CuKal, a, = 154,051 pm, Kalibrierung mit T-Quarz)a)

K,SiO,, Auswertung einer Guinier-Simon-Aufnahme

h k l 4 0, 4 0, sin2 0, . sin2 0, . I, I,

11 0 33,344 33,319 "1,02 0 1 1 33,347 33,319 21,02 20,99 0,7

0,3

20,99 0'7 } 0,5

0,5

1 0'4 1 597 } 10

72,98 73,18 095 } 4

2 0 0 37,704 37,120 25,98 26,OO 0 0 2 37,117 37,120 26,OO 26,00 1 2 0 58,891 68,810 64,59 64,41 1 2 1

2 1 - 3 60,803 60,836 68,75 68,82 4 2 2 0 2 62,327 62,322 72,15 72,14 5,0 5

0 1 3 62,711 62,781 73,02 73,18 0,9 1 2 1 64,067 64,078 76,13 76,17 10,o 10

3 1 - 2 60,793 60,835 68,73 68,82

3 1 0 62,694 62,781

1 ; 2 2 0 67,421 67,421 84,07 84,07 0 2 2 67,429 67,421 84,09 84,07 2 2 1 73,991 73,998 100,66 100,68 1 3 2 73,997 73,988 100,67 100,GS 1 ,I

1 1 - 4 76,572 76,545 104,85 104,77 6,s 10 4 1 -1 76,547 75,545 104,78 104,77 6,2 'I

") hTur beobachtete Reflex?, weitere Daten siehe [l]

Page 5: Zur Kristallstruktur von K4[SiO4]

K. BERNET u. R. HOPPE, Kristallstruktur von K,[SiO,] I. 33

TsbeIIe 4 K,SiO,, Motive der gegenseitigen Zuordnung, ECoN, MEFIR (Abstiinde in pm) ~~

O(1) O(2) (33) (44) ECoNa) MEFIR") C.N.

Si 1/1 l/l 1/1 1/1 4,o 23,5 4 (163) (164) (1 64) (163)

K(1) 1/1 1/1+1/1 1/1+1/1 - 5,O 134,8 5

K(2) 1/1 1/1 1/1 1/1+ 1/1 4 3 128,4 4+1

K(3) l/l+l/l 1/1 131 1/1+1/1+1/1 6,8 145J 6+1

(268) (278, 281) (275, 275)

(267) (270) (308) (262, 265)

(285,313) (294) (349) (266,282, 292)

(256) (271) (258, 264) K(4) 1/1 1/1 1/1+1/1 - 4,o 1 2 1 3 4

ECoNh) 5,7 6,1 5 8 5,s ME FIR^) 1 3 9 , ~ 142,6 141,7 137,l

C.N. 6 6 6+1 6

") nur 02- als Nachbarn beriicksichtigt b, nur Kationen als Nachbarn beriicksichtigt Startwerte der Ionenradien: Standardwert R(02-) = 140 pm; daraus iiber die nach dem ECoN- Konzept gewichteten Abstandsmittel d(Kation + 0): R(Si4+) 23,5 pm; R(K1f) 134,s pm; R(K2+) 128,3 pm; R(K3+) 145,7 pm; R(K4+) 121,8 pm. Die Ubereinstimmung der Startwerte mit den MEFIR-Werten ist hervorragend.

Tabelle 5 K,SiO,, der Madelunganteil der Gitterenergie, MAPLE (Werte in kcal/mol)

Teilchen MAPLE MAPLE Differenz (terniir) (biniir) A

2254,s 104,4 120,5 108,l 11 5,8 556,4 556,2 558,2 550,7

2228,2 104,9 104,9 104,9 104,9 709,9") 709,9") 390,1b) 390,1b)

+26,6 - 0,5

+15,6 +3,2

+lo99 -153,5 -153,7 +1G8,3 +160,6

2 4925 4848 +7T = +1,6%

") = aus SiOp (T-Qunrz) b, = aus K,O

hangt das mit der Verzwilligung des Kristalls, also damit zusammen, da13 die Genauigkeit der hier vorgelegten Strukturbeschreibung noch immer unzureichend ist .

Page 6: Zur Kristallstruktur von K4[SiO4]

a

e

d 285

Abb. 1 Schlegel-Projektionen der C.P. in K,[SiO,]. Eingetragen sind: terminal die Abstande vom nicht eingezeichneten Zentralteilchen, angular die KantenlPnge, hier d( 0 -O) , und der zugeliorige ,,Valenzwinkel" am Zentralteilchen. Abstande in pm, alle Werte auf ganze Zahlen gerundert. C.P. a) urn Si b) urn K( l ) c) urn K(2) d) um K(3) e) urn K(4)

Page 7: Zur Kristallstruktur von K4[SiO4]

K. BERNET u. R. HOPPE, Kristallstruktur von K4[Si04] 135

Abb. 2 Schlegel-Diagramme der C.P. in K,[SiO,]. Eingetragen sind alle benachbarten Kationen. Die Darstellung der Art der Verkniipfung der C.P. erfolgt durch entsprechende Eintragung des Symbols : terminal = Eckenverkniipfung, angular = Kantenverkniipfung, facial = Fliichenverkniipfung. C.P. a) urn Si b) urn K( l ) c) urn K(2) d) urn K(3) e) um K(4)

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7. Zur Ladungsverteilung fur K4[Si04]

Ein neues Konzept zur Ladungsverteilung, dalJ sich an die Berechnung Effek- tiver Koordinationszahlen anlehnt, wurde kiirzlich vorgestellt [ 161, da das Kon- zept ,,Bond Length Bond Strength" [17] im Falle kationreicher Oxide der Alkali- metalle oft schlecht mit den erwarteten Werten ubereinstimmt.

Die Ergebnisse dieses Konzeptes von K,[SiO,] gibt Tab. 6. Sie zeigt, daB unser Konzept, im Gegensatz zu ,,Bond-Length-Bond-Strength", praktisch die erwar- teten Werte der als Oxidationsstufen vorgegebenen Ladungen ergibt .

Z. anorg. allg. Chem. 589 (1990)

Tabelle 6 Ladungsverteilung fur K,[SiO,], Die Partialladung, z. B. +0,999 [Si-O(l)] und -1,004 [O(l)-Si], die Summe Q(Kation) urid Q(Anion) sowie die ,,Bindungsst&rke" (V) nach dem ,,Bond-Length-Bond-Strength-Konzept" werden aufgelistet

01 0 2 0 3 0 4 ZQ(Kation)") Vh)

Si +0,999

K1 +0,233

-1,004

-0,234

K2 +0,230 -0,232

K3 +0,255 -0,257

K4 +0,283 - 0,285

+1,036 -0,989

+0,382 -0,365

+0,223 -0,213

+0,149 -0,142

+0,210 -0,201

+0,995 -0,982

+0,407 -0.401

+0,062 -0,061

+0,015 -0,014

+0,522 - 0,515

+0,973 +4,00 3,87 - 1,024

+1,02 0,94

+0,470 +0,98 1,04 -0,494

+0,557 +0,98 036 -0,586

+ 1,01 1,07

ZQ(Anion) --2,01 -1,91 -1,97 - 2 , l l UQ == 0,24Xc) C T ~ = 1,39Xc)

Kation $[if] ECoN'

K1 2,747 4,950 K2 2,678 4,441 K3 2,830 5,427 K 4 2,614 3,926

a) Charge Distribution in Solids-Konzept. b, Bond-Length-Bond-Strength-Konzept c, uQ und uv sind die Standardabweichungen der Gesamtladung in bezug auf die envarteten Oxida- tionsstufen.

Si 1,636 3,999

8. Isotypievergleich mit C S ~ [ SnOa]

Zunachst wird ein Faktor fi gemaB Der Vergleich entsprechender Koordinationspolyeder (C.P.) erfolgt graphisch .

di(Mi-0) 1

di(Mi-O),x f. = -

Page 9: Zur Kristallstruktur von K4[SiO4]

K. BERNET u. R. HGPPE, Kristallstruktur von K,[SiOJ 137

berechnet, wobei di die nach dem ECoN-Konzept gewichteten Abstandsmittel [18] im CP des betrachteten Zentralteilchens i der Verbindungen I bzw. I1 sind. Mit diesem Faktor werden die Abstande im CP der Verbindung I1 gemaB

multipliziert . fi * di(iUi-O)II = d*/,Mi-O),,

0 . 5

0.0

Oh

1 . 5 $

K,510, ECON ISi)

02 01

cs,SnO, ECoNlSnl - 4 . 0

K,S10, 0, ECoNIKlI - 5 . 0

- 9 3 02 o*

> 295 :Lo5 315 325 [pml

02

03 03 OZ

Cs,SnO, 01

ECoNlCsIl = 5 . 0

cs,sno, ECaN(Cs31 - 5 . 0 I

04

Abb. 3 Graphische Gegeniiberstellung der Koordinationssphiiren kristallographisch aquivalenter Kationen der isotypen Verbindungen K,[SiO,] und Cs.,[SnO,].

Page 10: Zur Kristallstruktur von K4[SiO4]

138 Z. anorg. dlg. Chem. 589 (1990)

In Abb. 3 werden diese Abstabde d*(M,-O),, sowie d,(M,-0), gegen die Einzelbeitrage der Liganden zu ECoN ( A ECoN) aufgetragen, wodurch ein direkter Vergleich moglich ist. Danach liegt eine gute Ubereinstimmung der Primarstruk- tur der betrachteten Verbindungen vor.

9. SehluBbemerkung

Quotienten gemaB Berechnet man mittlere Abstande nach dem ECoN-Konzept und bildet

so sieht man, da13 diese nicht so gut ubereinstimmen wie z. B. bei dem Vergleich von Rb,ZnO, und Na,BeO, mit d(Zn-O),,o/d(Rb-O),,,, = 0,6806 und d(Be-O)B,o/d(Na-O)Na,O = 0,6845 [19]. Aber sie sind doch so ahnlich, daB man die Isotypie als plausibel einstufen darf.

Mit der Synthese weiterer Silicate der Alkalimetalle sind wir beschaftgit.

Die Sammlung der Vierkreisdiffraktometerdaten erfolgte durcli Herrn Dr. M. SERAPIN. Die Rechnungen wurden am Hochschulrechenzentrum der Justus-Liebig-Universitat GieBen durch- gefiihrt. Wie danken dem Fonds der Chemie fur die liebenswiirdige Unterstiitzung mit Sachmitteln.

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Bei der Redaktion eingegangen am 1. MMlrz 1990.

Anschr. d. Verf.: DiplXhem. K. BERNET, Prof. Dr. Dr. h. c. R. HOPPE, Inst. f. Anorg. 11. Analyt.

1989.

Chemie d. Univ., Heinrich-Buff-Ring 58, D-6300 GieBen