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Das importierte RisikoDas Wasserrisiko der Schweiz im Zeitalter der Globalisierung
• DAS IMPORTIERTE RISIKO – DAS WASSERRISIKO DER SCHWEIZ IM ZEITALTER DER GLOBALISIERUNG WWF.CH
Herausgeber WWF SchweizStand August 2016Hauptautor Monika Tobler (WWF Schweiz)Co-Autoren Katalina Engel
Andrea KraljevicMitwirkende Autoren Rune Leithe Oliver Männicke (WWF International) KatharinaSerafimova(WWFSchweiz) Philipp Wagnitz (WWF Deutschland)Grafik/Layout m3GmbH
Die Autoren danken folgenden Personen für ihre Beiträge und ihren Rat: StuartOrr,AlexisMorgan(WWFInternational),SimoneHueber,ChristophMeili,ValeriePassardi,ChristianSom,SimoneStammbach,JenniferZimmermann(WWFSchweiz),SandraBrühlmann, HannaCapeder(DEZA)
DervorliegendeBerichtwurdedurchdiefinanzielleUnterstützungderDirektionfürEntwicklungundZusammenarbeit(DEZA)ermöglicht.DiehierinausgedrücktenAnsichten,MeinungenundInterpretationenentsprechendenjenigenderAutoren.SiedeckensichnichtunbedingtmitdenoffiziellenoderinoffiziellenAnsichtenundStandpunktenderDEZA.
Das Material und die Schlussfolgerungen in der vorliegenden PublikationhabeninformativenCharakter,unddieAutorengebenkeineGarantiefürdieKorrektheitundVollständigkeitdesInhalts.JeglicheHaftungfürdieIntegrität,VertraulichkeitoderAktualitätdervorliegendenVeröffentlichungoderfürSchäden,diedurchdieVerwendung derinihrenthaltenenInformationenentstehen,istausdrücklichausgeschlossen.InkeinemFallhaftendiePartnerfürfinanzielleSchädenoderFolgeschädenimZusammenhangmitdervorliegendenPublikation.
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 3
Vorwort
VorwortWasser findet sich in der Schweiz mit mehr als 1500Seen,FlüssenundGewässernimÜberfluss.UnserLandgiltalsWasserschlossEuropas.TrotzdieserTatsacheistdieSchweiznichtgefeitvorWasserproblemen,nichtnurinZukunftaufgrunddesKlimawandels,sondernschonheute. Warum? Als Teil einer globalisierten Weltwirtschaft bezieht die Schweiz rund 50 Millionen TonnenGüter im Wert von 250 Milliarden Franken aus demAusland.Viele dieserGüter stammen aus «wassergestressten»Gebieten, die immermehrmitWassermangeloderWasserverschmutzungkämpfen.AusdiesernichtnachhaltigenNutzungvonWasserressourcenergebensicherheblicheRisikenfürMenschundNatur:DasfragileGleichgewichtvonWasserkreisläufengerätdurcheinanderundSüsswasser-ÖkosystemewerdeninihrerFunktionalitätzunehmendbeeinträchtigt.
DieKonsequenzen vonWasserrisikenwirken sichnichtnur im fernenAuslandaus.ZahlreicheSchweizerWirtschaftssektorenhängendirektoderindirektfürdieHerstellungihrerProduktevonWasserimAuslandab,wasfolgenaufihreFirmenperformancehat.Beispiel:DieSchweizimportiertjedesJahr126’000TonnenReisimWertvon90MillionenFranken.EinTeildavonstammtausIndien,einLandbetroffenvonStaunässedurchgrosseBewässerungsanlagen,vomAbsinkendesGrundwasserspiegelsodervonVersalzungderBöden.Dazukommt,dassIndienWassereinzugsgebietemitPakistan,BangladeschundNepalteiltunddamiteingrossesKonfliktpotenzialbesteht.ZusätzlicheUnsicherheitenbringtderKlimawandel,indessenFolgesichNiederschlagsmusterundTemperaturenverändern.FürSchweizerFirmenkanndiesbedeuten,dassPreiseinZukunftvolatilerwerdenodergardieVerfügbarkeitvonRessourcennicht immergewährleistetist.WiedieSchweizbeiLandwirtschaftsprodukten,Textilien,Gold,ErdölundweiterenRohstoffendurchWasserrisikenbetroffenist,zeigtdieserBerichtauf.
SowohlausökonomischenalsauchökologischenGründenhatdieSchweizeininhärentesInteresse,sichihrerWasserrisikenbewusstzuseinunddieseinGrenzenzuhalten.DabeisindFirmen,Investoren,dieRegierung,aberauchKonsumentinnenundKonsumentengefordert.EsgibtzahlreicheWege,dasWasserrisikozusenken,zumBeispielmit optimiertemWassermanagement, verbesserter Wassereffizienz und reduzierterWasserverschmutzung.DerWater-Stewardship-AnsatzerweitertdieseMöglichkeitenum zentrale Aspekte, indem er insbesondere die strategische Zusammenarbeit derverschiedenenbetroffenenAkteure inWassereinzugsgebieten fördert.Es lohnt sich.DernachhaltigeUmgangmitnatürlichenRessourcenisteineChancefürMenschundNatur,erfordertaberkonsequentesHandeln.
ThomasVellacott,CEOWWFSchweiz
Vorwort
4 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
Vorwort 3
Executive Summary 5
1 Globale Herausforderungen im Bereich Wasser
8
2 Die Wasserrisiken für die Schweiz 10
3 Methodologie 14
4 Rohstoffe – «Schwarz und Gold» 18
5 Chemikalien 33
6 Landwirtschaft 46
7 Textilien und Bekleidung 64
8 Detailhandel 72
9 Finanzdienstleistungen 75
10 Water Stewardship – vom Risiko zur Chance
81
11 Ihr Beitrag 86
Anhang 94
Referenzen 95
Inhalt
Länderbeispiele
Rohöl aus Nigeria 23
Goldabbau in Peru 26
Chemische Industrie in China 39
Reisproduktion in Indien 51
Rinder- und Sojaölkuchen-Produktion in Brasilien
57
Textilien und Bekleidung aus Bangladesch 68
ExecutiveSummary
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 5
Executive SummaryIm Vergleich zu anderen Ländern befindet sich die Schweiz in einer vorteilhaftenWassersituation: Sie verfügt über ausreichendWasser von guter Qualität und eineRegierung,dieverantwortlichdamitumgeht.Wirtschaftlich ist sie jedoch inhohemMassevonimportiertemWasserabhängig.DieMehrheitderImportgüterstammtausGegendenmitWassermangel, sinkenderWasserqualität, schwacher RegierungsführungsowieregulatorischenHerausforderungen,schlechterInfrastruktur,gefährdetenBevölkerungsgruppenoderanfälligenÖkosystemen.DieSchweizträgtdaherindirektzumAbsinkenderGrundwasserspiegeloderzurVerschmutzungdesWassersindiesenLändernbei.UmgekehrtbeeinflussendieWasserproblemeindiesenLänderndieWirtschaftderSchweiz.
Wasserrisiken können physischer oder regulatorischer Art oder reputationsbezogensein.SiekönnenverbundenseinmitdenBedingungenaneinemspezifischenOrt(Einzugsgebiet),dienurdurchgemeinsamesHandelnbeeinflussbarsind.OdersiesindmitderTätigkeit einesUnternehmensverknüpftundunterliegendamit seinemdirektenEinfluss. Unternehmen müssen ein Verständnis für ihre Wasserrisiken entwickelnundeinenachhaltigeVerringerungdieserRisikenanstreben,umihren langfristigengeschäftlichenErfolgzusichern.DazubrauchtesdieZusammenarbeitvonWirtschaft,Regierung,InvestorenundZivilgesellschaft.
Zentrale Erkenntnisse
FolgendesechsSektorenwurdenbasierendaufderenImportvolumenundWichtigkeitfürdieWirtschaftderSchweizidentifiziertundindiesemReportanalysiert:Rohstoffindustrie,chemischeIndustrie,Landwirtschaft,TextilienundBekleidung,FinanzdienstleistungenundDetailhandel.ZudenLändernmitdenhöchstenAusfuhrmengenindieSchweizundhohemWasserrisikofürmindestenseinenWirtschaftssektorzählen:• Rohstoffindustrie–Nigeria,Peru• ChemischeIndustrie–China• Landwirtschaft–Brasilien,Indien• Textilien&Bekleidung–Bangladesch
JenachSektorunterscheidensichdieWasserrisikendurchArt,IntensitätundbezüglichAbschnitt innerhalbderWertschöpfungskette, inder sieauftreten.DieWasserqualitätwirktsichnichtaufdieÖlförderungaus,aberReputationsrisikeninfolgevonÖlunfällenkönnenzueinemBoykottderÖlgesellschaftendurchdieEndverbraucherführen.DerBergbausektoriststarkvonWasserressourcenabhängigunddaherbeimAbbauvonRohstoffensowohlphysischenalsauchregulatorischenRisikenausgesetzt.Zusätzlich ist er bei sozialen Unruhen infolge von KonfliktenmitWasserverbraucheinem Reputationsrisiko unterworfen. Für die grossen industriellen Wasserverbraucher der chemischen Industrie besteht (in Staatenmit schwacherRegulierung)während der Verarbeitungsphase aufgrund von Umweltverschmutzungen oder inVerbindungmitderHerkunftvonRohstoffendasgrössteRisiko.DieLandwirtschaftistmitAbstandderweltweit grössteWasserverbraucher und anfällig für durchdenKlimawandelhervorgerufene,physischeRisiken.DieschnelleAusdehnungderLand
ExecutiveSummary
6 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
wirtschaftsflächen hat in grossen Teilen der Welt zur Zerstörung der Regenwäldergeführt, was sich auf denWasserhaushalt ganzer Regionen auswirkt. In derWertschöpfungskette des Sektors Textilien und Bekleidung findet bei der BaumwollproduktiondieintensivsteWassernutzungstatt.SieistdahergefährdetdurchphysischeWasserrisiken.DieTextilverarbeitungverschmutztWasserressourceninLändernmitschwachemregulatorischenRahmenundstelltsowohleinReputationsrisikoalsaucheinpotenziellesregulatorischesRisikodar.DieWasserrisikenfürdieSektorenDetailhandelundFinanzdienstleistungensindgrösstenteils indirekterArt,dasiemeist inVerbindungmitZulieferernundInvestitionenbestehen.
Water Stewardship
Viele Risiken entstehen nur, weil verschiedene Interessengruppen die gleiche Wasserquellenutzen.DaheristdasdenWasserrisikenzugrundeliegendeProblemoftnichtdieVerfügbarkeitoderderVerbrauchvonWasser,sonderndieRegierungsführung.Water StewardshipstellteineMöglichkeitfürUnternehmendar,zumverantwortungsvollenundnachhaltigenManagementvonSüsswasserressourcenineinemFlusseinzugsgebietbeizutragen.DieserschrittweiseAnsatzermöglichtUnternehmen,einBewusstseinzuWasserproblematikenzuentwickeln,dieWasserrisikenzuanalysierenunddiesedurchinterneundexterneMassnahmenzusenken.EinUnternehmenkannkaumsämtlicheWasserrisikenreduzieren,dieessichmitanderenVerbrauchernimgleichenEinzugsgebietodermitanderenUnternehmenentlangderLieferketteteilt.DieAktivitätenimRahmenvonWater Stewardship zielendarauf ab,Unternehmen zumgemeinsamenHandeln mit anderen Wasserverbrauchern, öffentlichen Behörden oder ZivilgesellschaftenineinembestimmtenFlusseinzugsgebietzubewegen.
Unternehmen,dieihreRisikengezieltdurchVerbesserungderSituationvorOrtreduzieren,werdenübereinenWettbewerbsvorteilverfügen.SiewerdeninderLagesein,UmfangundQualitätihrerProduktionzuerhalten,indemsieinlangfristigeKundenbeziehungenundvertrauensvolle,lokalePartnerschafteninvestieren.Daszunehmende öffentliche Bewusstsein für die Auswirkungen von Herstellungsverfahren auf dieUmweltgehteinhermitwachsendenErwartungenanRegierungenundUnternehmenbezüglich der Entwicklung nachhaltiger Managementstrategien und der gerechtenAufteilungvonWasserressourcen.Umdieszuerreichen,isteineZusammenarbeitvonWirtschaft,Regierungen,InvestorenundZivilgesellschaftnotwendig.
Ihr Beitrag
Unternehmen – bewusst mit Wasser umgehen!Wasserrisiken tragen letztendlich die Unternehmen. Sie können diese Risiken imRahmenihrerGeschäftstätigkeitenoderdurchStandardsinihrenLieferkettenminimieren.ZuihreninternenMassnahmen,umvorbildlicheWater Stewards zu werden, gehört, dass sie Risiken, Auswirkungen und Verantwortlichkeiten im Hinblick aufWasser identifizieren, unternehmensspezifische Water-StewardshipStrategien entwickelnundumsetzenundbranchenspezifischeLösungenanwenden.ExternkönnensichUnternehmenangemeinsamenMassnahmenfüreinnachhaltigesWassermanagementbeteiligen,TransparenzfördernundihreMassnahmenoffenlegen.
ExecutiveSummary
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 7
Investoren – bei riskanten Kunden nicht wegschauen!Der Finanzsektor ist breit gefächert und in vielen Bereichen steht die EntwicklunggeeigneterMassnahmenzumUmgangmitWasserrisikoanalysenundzurMinderungdieserRisikennochaus.ZudenfürInvestorenverfügbarenStrategiengehörendieEntwicklunginternerStandardsundRichtlinienfürdenEntscheidungsprozessinBezugaufWasserrisiken,diesystematischeBewertungvonInvestitionen,Kunden,Transaktionen und Portfolios hinsichtlichWasserrisiken, die Entwicklung branchenspezifischer, nachhaltiger Strategien zur Reduzierung von Wasserrisiken, der Ausschluss von Kunden,dieWasserrisikennichtinadäquaterWeiseangehenundmanagen,sowiedieaktiveUnterstützungvonUnternehmen inderenBemühenumdieReduzierungvonWasserrisiken.
Regierungen – anstossen und zusammenarbeiten!DieSchweizerRegierungträgtVerantwortungdafür,dieWasserrisikeninjenenStaatenzureduzieren,ausdenensieWareneinführt.SiekannzumvorbildlichenWater Stewardwerden,indemsieWater-Stewardship-ZieleindieHandlungsstrategienderrelevantenBundesämtereinbringt,verbindlicheundnachhaltigeWasserkriterienfürBeschaffungen in Ländernmit hohenWasserrisiken entwickelt und die Beteiligungaller relevanten Interessengruppen aus Wirtschaft, Zivilgesellschaft (einschliesslichder einheimischenBevölkerung)undNGOsanderUmsetzungvonPlänen zumManagementvonEinzugsgebieten sicherstellt.Weiterhin solltedieSchweizerRegierung gewährleisten, dass sie ihren internationalen Verpflichtungen hinsichtlich derNachhaltigenEntwicklungsziele(SDGs)unddesÜbereinkommensderVereintenNationenüberdiebiologischeVielfalt(CBD)nachkommt.
Konsumentinnen und Konsumenten – verlangt Verbesserungen!Es liegt in der Macht der Konsumentinnen und Konsumenten, von UnternehmenNachhaltigkeitunddamitWirkungeinzufordern.IndemsiesichüberdieHerkunftvonProduktenundderenWasserrisikeninformierenundMassnahmenvonRegierungundUnternehmenimBereichWater Stewardshipunterstützen,bringensieUnternehmendazu,vermehrtmitsozialverantwortungsvollenZulieferernzusammenzuarbeiten,innachhaltigeLösungenzuinvestierenundverantwortungsvollmitWasserumzugehen.
GlobaleHerausforderungenimBereichWasser
8 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
1 Globale Herausforderungen im Bereich Wasser
SüsswasserundSüsswasser-ÖkosystemesindfürdasLebenaufderErdevonbesondererBedeutung,sowohlfürdieNaturalsauchfürdenMenschen.Süsswasser-ÖkosystemeverfügenimVerhältniszuihrerFlächeübermehrArtenalsdieLandmassenoderdieMeere(MillenniumEcosystemAssessment,2005).SauberesundreichlichvorhandenesWasser ist fundamental fürdasmenschlicheWohlbefinden: zumTrinken, fürdieHygiene,inderLandwirtschaft,imTransportwesen,inderStromerzeugung,zurErholungundinvielenreligiösenZeremonien.
GleichzeitigwirktsichfastjedeTätigkeitdesMenschenaufdasSüsswasseraus:durchdiedirekteNutzungvonOberflächen-undGrundwasserfürdieBewässerung,inderIndustrieund inHaushalten;durchdieNutzungvonRegenwasser inderLandwirtschaft,bevordiesesWasserinunsereSeen,FlüsseundFeuchtgebietegelangt;durchmenschliche Eingriffe in die biologische, chemische und physikalischeQualität desSüsswassers; und durch die Zerstückelung vonLebensräumen infolge desBaus vonDämmenundKanälenfürdenHochwasserschutz,dieBewässerung,dieEnergieerzeugungoderdasErstellenvonTransportwegen.
DerMenschnutztbereits54%desweltweitverfügbarenblauenWassers(siehenachfolgendWasserfussabdruck imVergleich zuWater Stewardship). Laut Schätzungenwird diese Zahl bis 2025 auf 70% steigen (Postel et al., 1996). Zusätzlich sind dieSüsswasservorkommen ungleichmässig auf der Erde verteilt. Ungefähr 2,3MilliardenMenschen lebenderzeit invonWasserknappheitbetroffenenGebieten(Revengaetal.,2000).DieFAO(Welternährungsorganisation)schätzt,dass2025zweiDrittelderWeltbevölkerung invonWassermangelbetroffenenGebieten lebenwerden.1 Der KlimawandelwirdvoraussichtlichzurVerschärfungdesProblemsbeitragenundneueBelastungenschaffen,daruntereineSteigerungderHäufigkeitunddesAusmassesvonDürreperiodenundÜberflutungen(IPCC,2014).
Während die direkten Auswirkungen der Wassernutzung lokal oder regional auftreten, sinddieUrsachenoftglobal,daProdukteundDienstleistungeninternationalgehandeltwerden.Auffallendist,dassdielandwirtschaftlicheProduktion92%desglobalenWasserfussabdrucksdesMenschenausmacht,mit78%desweltweitenPflanzenbaus,abhängig von Niederschlag. In Entwicklungsländern werden geschätzte 90% derAbwässerunbehandeltdirektinFlüsseundBächeeingeleitet(MillenniumEcosystemAssessment,2005).EinGrossteildieserAbwässerstammtausProduktions-undFertigungsprozessenvonGütern,dienachEuropaexportiertwerden.
Während die direkten Auswirkungen der
Wasser nutzung lokal oder regional auftreten,
sind die Ursachen oft global, da Produkte
und Dienstleistungen international gehandelt
werden
1 http://www.fao.org/nr/water/topics_scarcity.html
GlobaleHerausforderungenimBereichWasser
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 9
2 http://www.un.org/sustainabledevelopment/water-and-sanitation/
Diese Entwicklungen haben erhebliche Auswirkungen sowohl auf den Menschen als auchaufdieNatur.DerFreshwater Living Planet Index des WWF (der Veränderungen in den Populationen von 714Arten verfolgt, darunter die von in Seen, Flüssen undFeuchtgebieten gemässigter und tropischerZonen lebendenFischen,Vögeln, Säugetieren,ReptilienundAmphibien)zeigtezwischen1970und2010einenRückgangderPopulationenvonSüsswasserartenum37%.DasisteinstärkererRückgangalsindenmarinenundterrestrischenÖkosystemen.IndentropischenZonenbetrugderRückgang76%–derstärksteRückgangvonallenBiombasiertenIndizes(WWF,2014).
DieWirtschaftistvondiesennegativenTrendsinimmerstärkeremMassebetroffen.DasWeltwirtschaftsforumschätzteinseinerimJahr2016erschienenenAusgabedesGlobalRisksReportWasseralsgrösstesRisikodernächstenzehnJahreeinhinsichtlichpotenziellerAuswirkungenaufdieGesellschaft.DieentscheidendeBedeutungdesWassersfürwirtschaftlichesWachstumundEntwicklung–obinderProduktionvonPrimärressourcen (wie Ernährungssystemen), in der Energiesicherheit oder in derFertigung–wirdimmermehrvonallenTeilenderGesellschaftanerkannt.Auchindennachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen 2 werden Wasser und seine BedeutungfürundAuswirkungenaufdieMenschheitalseinerderHauptschwerpunktegenannt.
DieWasserrisikenfürdieSchweiz
10 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
2 Die Wasserrisiken für die Schweiz
Die Schweiz befindet sich in einer sehr vorteilhaftenWassersituation. Im Vergleichmit anderenLändern reduzieren ausreichend vorhandenesWasser, guteWasserqualität, von der Regierung durchgesetzte, solide rechtliche Rahmenbedingungen sowiezurückliegendeundzukünftigeInvestitionen indieWasserstrukturendiemitWasserverbundenenRisikenfürdieProduktionundBereitstellungvonWarenundDienstleistungeninderSchweiz.
DieschweizerischeWirtschaftiststarkhandelsabhängig.2015importiertedieSchweiz52 Millionen Tonnen Waren wie Rohstoffe (Treibstoffe und Edelmetalle), Chemi-kalien, landwirtschaftliche Produkte und Rohmaterialien im Wert von CHF 244Milliarden.3 Die Mehrheit dieser Waren stammt aus Gebieten mit Wasserknapp-heit, sinkender Wasserqualität, schwacher Regierungsführung und regulatorischenProblemen, schlechter Infrastruktur, gefährdeten Bevölkerungsgruppen oder empfindlichen Ökosystemen. Zu den zehnwichtigstenHandelspartnern der Schweizzählen China und Indien, die sich beide ernsten Problemen hinsichtlich Wassergegenübersehen.4 Die Schweiz trägt so zu sinkendenGrundwasserspiegeln oder derWasserverschmutzung in diesen Ländern bei, einschliesslich den sich daraus erge-benden negativen Auswirkungen aufMensch undNatur. ImGegenzug beeinflussendie ernsten, im Zusammenhang mit Wasser in diesen Ländern bestehenden Heraus-forderungenundProblemedieschweizerischeWirtschaft.
Die meisten Branchen benötigenWasser für die Produktion. Daher hängt die LeistungsfähigkeiteinesUnternehmensoftdirektundindirektvonderWasserverfügbarkeitab.MitWasserverbundeneRisikenkönnendieProduktivitäteinesUnternehmensgefährden und, abhängig von Wahrscheinlichkeit und Ausmass, auch finanzielleAuswirkungenhaben.EinUnternehmen,daseinWerkineinemschlechtverwaltetenFlussgebietbetreibtoderRessourcenvondortbezieht,kannsicheinerReihevonmitWasserverbundenenRisikengegenübersehen,wieabsolutemWassermangel,steigenden Wasserkosten, strengeren Vorschriften, Reputationsschäden durch die realen oder wahrgenommenenAuswirkungen seiner geschäftlichenTätigkeiten aufLebensräumeund-gemeinschaften(WWF,2009).DerWater Disclosure Reportfür2015zeigt,dass50%derschweizerischenUnternehmen(diegeantwortethaben)imBerichtsjahrbereitsmitWasserinVerbindungstehende,schädlicheAuswirkungenaufihreGeschäftstätigkeiterfahrenhaben.5
Zu den zehn wichtigsten Handels- partnern der Schweiz
zählen China und Indien, die sich beide
ernsten Problemen hinsichtlich Wasser
gegenübersehen
3 SwissImpex,perApril2016
4 http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/06/05/blank/key/handelsbilanz.html
5 http://www.cdp.net
DieWasserrisikenfürdieSchweiz
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Die Wasserrisiken, denen die schweizerische Wirtschaft im Allgemeinen und dieschweizerischen Unternehmen im Besonderen ausgesetzt sind, sind dreigeteilt – inphysische Risiken, regulatorische Risiken und Reputationsrisiken (siehe Tabelle 1).DiesekönnenörtlicheroderunternehmerischerNatursein.WährendörtlicheRisikeninVerbindungmitdenBedingungenaneinembestimmtenStandortstehenundnurdurchgemeinsamesHandelnbeeinflusstwerdenkönnen,sinddieunternehmerischenRisikendirektdurchdieeinzelnenUnternehmenbeeinflussbar.
AusdiesenGründenmüssenUnternehmeneinVerständnisfürdiemitWasserverbundenenRisikenentwickelnundderendauerhafteMinimierunganstreben.DerVersuchdeseinfachenAussitzensdieserProblemeundRisikenwirdsichauflangeSichtnichtvorteilhaftfürdieUnternehmenauswirken.Unternehmen,diesichumeineReduzie
Physische Risiken Einzugsgebiet Wassermenge(Verfügbarkeit,Knappheit,Überflutung,Dürre),Qualität (Verunreinigung)undGesundheitdesÖkosystems(EmpfindlichkeitdesÖkosystems,Artenvielfalt)imFlussgebietunddiemöglichenAuswirkungenaufUnternehmen,GesellschaftundUmwelt.
Unternehmen ProblememitWassermengeund-qualitäthinsichtlichderLeistungeines UnternehmensunddessenLieferketten.
Regulatorische Risiken Einzugsgebiet StrengeundDurchsetzunggesetzlicherBestimmungenhinsichtlichWasserundFolgenderEinschränkungendurchöffentlicheInstitutionen.
PotenzialfürKonflikteoderpolitischeUneinigkeitbezüglichgrenzüberschreitenden Flussgebieten,odernationalepolitischeNotwendigkeiten,wieHandelsbeschränkungenfürLebensmittelmithohemWasserfussabdruck.
Unternehmen PotenzielleÄnderungenderPreisefürWasserversorgung,Abwassereinleitung,Wasserrechte,QualitätsstandardsundBetriebslizenzenfürbestimmteUnternehmenoderBranchen.DiesistbesondersinKrisenzeitenmöglich(bedingtdurchphysischeRisiken),wennRegulierungssystemeaufunvorhersehbareoderinkohärenteWeisegeändertoderaufgrundvonpolitischemKalkülodermangelnderIntegritätin widersprüchlicherWeiseangewandtwerden.
Reputationsrisiken Einzugsgebiet WahrnehmungenrundumWasserverbrauch,VerschmutzungsowieVerhaltens-weisen,diesichnegativaufdieUnternehmensmarkeunddamitaufKaufentscheidungenauswirkenkönnen.DieöffentlicheWahrnehmungkannsprunghaftändern, wennörtlicheGewässerundderöffentlicheZugangzuWasserbetroffensind.
Unternehmen WennEntscheidungendesUnternehmensschlechtumgesetzt,verstandenoder lokalenInteressengruppenunzureichendvermitteltwerden;undwennWahr-nehmungenundMarkehierunterleiden.
Tabelle 1 – Allgemeiner Überblick über die für Unternehmen bestehenden Wasserrisiken
DieWasserrisikenfürdieSchweiz
12 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
rungihrerRisikendurcheineVerbesserungderSituationvorOrtbemühen(wiedurchnachhaltigesManagement gemeinsam genutzterWasservorkommen, echtes gemeinsamesVorgehenmitlokalenInteressengruppenusw.),verschaffensichsoeinenWettbewerbsvorteil.SiewerdeninderLagesein,ihreInvestitionenlangfristigzusichern,ihrespezifischenStrategienzurRisikominimierungzuoptimierenundihrenRufundihröffentlichesAnsehenzustärken.LangfristigeBeziehungenmitKunden,erhöhtesVertrauen,kontinuierlicheArbeitsweise–wiestabileProduktionsmengenundQualität–gehörenzudenunmittelbarenVorteilenfürdieseUnternehmen.
Das öffentliche Bewusstsein hinsichtlich der Auswirkungen von Produktions- undFertigungsprozessenaufdieUmweltsteigt,ebensowiedieErwartungenanRegierungenundUnternehmenbezüglichderEntwicklungvonStrategienfüreinnachhaltigesManagement und die gerechte Aufteilung von Wasserressourcen. Um nachhaltigeErgebnissezuerreichen,istesnotwendig,dassalleAkteure–Unternehmen,RegierungenundZivilgesellschaft–zusammenarbeiten.DurchseineinternationalenHandels-undLieferkettenspieltderprivateSektor indiesemKontexteinezentraleRolleundmussaktivinderzeitigeundzukünftigeDiskussioneneingebundenwerden–nichtnurausEigeninteresseanderSicherungzukünftigerProduktionszahlen,sondernauchausderVerantwortungdiesesSektorsalseinerderwirtschaftlichenHauptakteureheraus.
IndenfolgendenAbschnittenwerdendiefürdiewichtigstenSektorenderSchweizerWirtschaftbestehendenWasserrisikenanalysiertundanhandspezifischerFallstudienverdeutlicht.EswerdenauchmöglicheWegezueinerVerringerungdieserRisikenaufgezeigt. Schliesslich erfolgt ein Handlungsaufruf an die verschiedenen Akteure:Unternehmen,InvestorenundVerbraucher.
Unternehmen, die sich um eine Reduzierung
ihrer Risiken durch eine Verbesserung
der Situation vor Ort bemühen, werden in
der Lage sein, ihre Investitionen lang-
fristig zu sichern und ihren Ruf und ihr
öffentliches Ansehen zu stärken
DieWasserrisikenfürdieSchweiz
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 13
Wasserfussabdruck im Vergleich zu Water Stewardship
Jedes Unternehmen hat einen sogenannten «Wasserfussabdruck», welcher sich ausderGesamtmengedesbeiderProduktioneinerWareverwendetenWassersergibt.ErberücksichtigtdieMengeanverbrauchtemundverschmutztemWasserwährendderverschiedenenStufenderLieferkette.Dabeiwirdwiefolgtunterschieden(WWFSwitzerland, 2012):
• Blauer Wasserfussabdruck: Menge des bei der Produktion einer Ware oderDienstleistungverwendetenOberflächen-undGrundwassers
• Grüner Wasserfussabdruck:MengedesbeimHerstellungsprozessverwendetenRegenwassers
• Grauer Wasserfussabdruck: Messgrösse für die SüsswasserverunreinigunginfolgederHerstellungeinesProduktsüberseinegesamteLieferkettehinweg
• Direkter Wasserverbrauch: Menge an Süsswasser, die ein Verbraucher beibestimmtenTätigkeiten(wieKochenoderWaschen)odereinUnternehmenimRahmeneineslokalstattfindendenFertigungsprozessesverbraucht
• Indirekter Wasserverbrauch:MengeanSüsswasser,diesichvirtuellinGüternbefindet,die inanderenRegionenhergestelltundvondort importiertwerden,wieNahrungsmittel,Papier,BaumwollkleidungoderimFallevonUnternehmenProdukteausdenfrühenStadienderLieferkette
Der Unterschied zwischenWasserfussabdruck undWasserrisiko ist wichtig, da dieMenge des verbrauchtenWassers nicht unbedingt ein erhöhtes Risiko anzeigt. EinRisikokannbeispielsweise auchentstehen,wenneinUnternehmengeringeWassermengenverbraucht,aberineinemGebietmitsehrunzuverlässigerWasserversorgung.OderdasUnternehmenistineinemGebietmitreichlichenWasservorkommenangesiedelt,aberdasRisikoisthochaufgrundschlechterRegierungsführung.KonzentriertsicheinUnternehmendarauf,seinenFussabdruckzuverkleinernundvernachlässigtdabeidieRisiken,wirdesvielleichteffizienter,aberverringertnichtseinWasserrisiko.
Methodologie
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3 MethodologieDieserReportbasiertaufeinerAnalysedervonSwiss-Impexam30.April20166 veröffentlichtenImportstatistikenfür2015sowieaufBerechnungenmitdemWater Risk Filter 7.FürdieUmrechnungallerFinanzangabeninSchweizerFrankenverwendendieAutorendieWechselkursevom1.Januar2016.
Berechnung der wichtigsten Importsektoren
DieSwiss-Impex-Datenwurdenden34verschiedenenBranchendesWater Risk Filter zugeordnet. Daraufhinwurden die auf der Basis des Importvolumens (Kilogramm)bestimmtenvierwichtigstenSektorenausgewählt.Dazuzählen–inderReihenfolgeder Bedeutung – Rohstoffe (Bergbau und fossile Brennstoffe), Chemikalien, ForstwirtschaftundPapierindustriesowieLandwirtschaft.DieDatenfürdenSektorLandwirtschaft wurden anschliessend 120 verschiedenenWarenkategorien zugeordnet, umdarauswiederumdieelf wichtigstenzubestimmen.ObwohlderSektorTextilienundBekleidungnichtzudenvierwichtigstenImportsektorenderSchweizzählt,wurdeerwegendesextremhohenEinflussesaufwichtigeWassereinzugsgebiete indenReportaufgenommen.FürjedenImportsektorundjedeslandwirtschaftlicheProduktwurdendiewichtigstenHerkunftsländerbestimmt.DasichdiewichtigstenzehnImportländerimSektorForstwirtschaftundPapierindustriealle inEuropabefindenundeingeringesWasserrisiko aufweisen, wurde dieser Sektor nicht in den Report aufgenommen.Dajedoch Teile des Sektors – besonders Zellstoff und Papier – ein hohesWasserrisikodarstellen,wurde eineBox für diesen speziellenAspekt hinzugefügt (siehe 5Chemikalien,Seite33).EinzelhandelundFinanzenwurdenwegen ihrerWichtigkeit fürdieschweizerischeWirtschaftebenfallsaufgenommen.
Berechnungen des Wasserrisikos
Für jede Kombination aus Land und Produkt wurde dasWasserrisikomittels demWWF Water Risk Filterberechnet,d.h.dievomProgrammangegebene,aufdasEinzugsgebietbezogeneEinschätzungdesWasserrisikos.DieErgebnissewurdenweiteraufdieLandesebeneaggregiert,umso für jedesLandminimale,maximaleundproFläche gewichtete Wasserrisikowerte8 zuerhalten.MitdemWWFWater Risk Filter werdenmittels 87 verschiedener Indikatoren diemitWasser verbundenen physika
6 http://www.swiss-impex.admin.ch
7 http://waterriskfilter.panda.org/
8 DerWWFWaterRiskFilterverwendetgewichteteMittelwerte,umRisikoindikatorenzueinerGesamtbewertung
desWasserisikoszusammenzuführen(d.h.alleIndikatorenundRisikotypenhabeneineeigeneGewichtung).Eine
StandardbewertungdurchdenWaterRiskFilterverwendetDatenmiteinerAuflösungaufTeileinzugsgebiets-
ebene(Fläche).FürdiesenReportwurdedasWasserrisikoaufLandesebenesummiertunterderVerwendungder
RisikostufenderGebietemultipliziertmitdemprozentualenAnteilderGebieteamgesamtenLand(d.h.gewichteter
Gebietsmittelwert).ZusätzlichzumgewichtetenGebietsmittelwertwurdenminimaleundmaximaleRisikostufen
innerhalbeinesLandesberechnet.BesondersbeigrossenLändernsindgrosseSchwankungenderRisikostufenzu
erwarten,daWasserproblemeoftlokalerArtsind.Minimal-undMaximalwertsowiedergewichteteGebietsmittel
wertfürdasWasserrisikowerdenalsAnzeichenfürdieRisikoverteilunginnerhalbeinesLandesgenutzt.
Methodologie
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 15
lischen, regulatorischen und Reputationsrisiken auf den Ebenen des Einzugsgebiets sowie der Anlage/Produkte eingeschätzt (siehe Abschnitt Water Risk Filterunten).DieRisikoeinstufungenreichenvon1(kein/geringesRisiko)bis5(sehrhohesRisiko).9Beiunterschiedlichen Risikoeinstufungen innerhalb eines Landes wurde dermaximaleWertfürdieKategorisierungverwendet.
Methodologische Einschränkungen
BeiallenvertretenenSektorenkönnenLänderzudenwichtigstenEinfuhrländerngehören,welchenichtUrsprungslandderbetreffendenWarenoderProduktesind.IndiesenFällenimportierteinLandWarenundführtdieseohneweitereVerarbeitungwiederaus.AusDeutschlanderfolgtbeispielsweiseindenSektorenTextilienundBekleidung,Rohstoffe,landwirtschaftlicheProdukteundchemischeIndustrieeinhohesMassanWiederausfuhrindieSchweiz.
EsbestehtdieMöglichkeit,dasseinzelneRisikoeinstufungenfüreinzelneLand-/Produktkombinationenzuhocheingeschätztwurden,dainFällenvonregionalvariablenRisikoeinstufungendermaximaleWertverwendetwurde.
Water Risk Filter
DerWaterRiskFiltervonWWF/DEGisteinkostenlosesOnline-WerkzeugundeinePlattform, die bei der Einschätzung des Wasserrisikos eines Unternehmens basierendauf IndikatorenhinsichtlichderUmgebung einesStandortes (Risikobezüglichdes Einzugsgebiets) sowie betrieblicher Aspekte (unternehmensbezogenes Risiko)Hilfestellung leistet.EsermöglichtUnternehmenundInvestoren,aufInformationenberuhende Entscheidungen zu treffen, um negative Folgen für das Unternehmen,umliegendeGemeindenundandereWasserverbraucherabzuwenden.DieErgebnissekönnenalsInformationsbasisfüreininternesWassermanagementdienenunddabeihelfen, ortsspezifischeMassnahmen zurMinimierung vonWasserrisiken zu entwickeln.DazuwirdderNutzervonderBewertungüberdieAuswahlanMassnahmenfürdieRisikoverminderunghinzuFallstudienundWasserprofilenvonLänderngeführt.Die Einschätzung erfolgtmittels einer örtlichen Evaluation, basierend auf globalenDatensätzenfüreinzugsgebietsbezogeneRisikensowieeinemFragebogenzubetrieblichenWasserrisikenderAnlagen(d.h.zuunternehmensbezogenemRisiko).
IneinerWelt,inderTransparenzunddieöffentlicheKenntnisvonVorgängenverstärktgefordertwerden,dientdiesesProgrammnichtnurderFörderungdesBewusstseinshinsichtlichrelevanterWasserprobleme,sondernhilftdemNutzerauchbeiderFeststellung von Risikobrennpunkten als Ausgangsbasis für die Entwicklung weitererSchritte,dereresbedarf,umeinguterWaterStewardzuwerden.
www.waterriskfilter.org
9 Kategorien:geringesRisiko=1–2,249;mittleresRisiko=2,25–3,49;hohesRisiko=3,5–5
Methodologie
16 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
Globale physische Wasserrisikokarte des WWF (2016), basierend auf Daten zu Wasser knappheit, Verschmutzung und dem Zustand von Öko- systemen. Detaillierte Informationen unter www.waterriskfilter.org
Methodologie
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 17
Rohstoffe–«SchwarzundGold»
18 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
4 Rohstoffe – «Schwarz und Gold»
ÖlundRohstoffesindsowohlfürvieleBranchenalsauchfürdieZivilisationalsGanzesvongrössterBedeutung.2014wurdenweltweitungefähr4,2MilliardenTonnenÖlverbraucht(BP,2015).DerAnteildesHandelsmitTreibstoffenundBergbauproduktenamweltweitenWarenhandellag2014bei20,5%(WTO,2015).ZusammengenommenstellenProduktion,Vertrieb,RaffinierungundVerkaufvonErdöldieIndustriebranchemitdemweltweitgrösstenDollarwertdar.FürbestimmteGüterwieRohölistdieSchweizdergrössteUmschlagplatz:EinDritteldesweltweitgehandeltenRohölswirdinGenfgekauftundverkauft,einschliesslichbiszu25ProzentdesÖlsausafrikanischenUnternehmeninStaatsbesitz(EDA,EFDundWBF,2013;AkademienderWissenschaftenSchweiz,2016).
2015führtedieSchweizmineralischeBrennstoffeundÖlimWertvonmehralsCHF8,5Milliardenein.10DieseEinfuhrenkommenhauptsächlichausDeutschland,Frankreich,denNiederlanden,NigeriaundItalien(sieheAnhangI).Vonden2015eingeführten2,9MillionenTonnenRohölkamenfast40%ausNigeria 11(sieheTabelle2).
10 SwissImpex,perApril2016,Tarifnummer27–mineralischeBrennstoffe,MineralöleundErzeugnisseihrer
Destillation;bituminöseStoffe;Mineralwachse
11 SwissImpex,perApril2016,Tarifnummer2709–ErdölundOelausbituminösenMineralien,roh
Einfuhrmenge(kg)
Einfuhrwert (CHF)
Anteil an gesamterEinfuhr
PhysischesRisiko
Regulatorisches Risiko
Reputations risiko
Nigeria 1’143’015’000 456’694’213 39%
Mexiko 510’490’000 203’822’607 17%
USA 355’069’000 134’585’458 12%
Kasachstan 247’251’385 104’982’863 8%
Libyen 175’789’723 81’200’819 6%
Tabelle 2 – Top 5 der Länder, aus denen die Schweiz Rohöl einführt, und deren Wasserrisiken (auf dem Einfuhrwert basierend)
Rohstoffe–«SchwarzundGold»
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 19
12 http://www.swissinfo.ch/eng/precious-goods_switzerland--the-world-s-gold-hub/33706126
13 SwissImpex,perApril2016,Tarifnummer7108–Gold,einschl.platiniertesGold,inRohformoderalsHalbzeug
oder Pulver
Einfuhrmenge(kg)
Einfuhrwert (CHF)
Anteil an gesamterEinfuhr
PhysischesRisiko
Regulatorisches Risiko
Reputations risiko
Grossbritannien 668’797 23’890’344’991 26%
Argentinien 388’461 1’133’686’077 15%
USA 212’686 6’835’943’248 8%
Peru 147’358 2’798’283’825 6%
Chile 147’183 480’658’573 6%
Türkei 122’489 4’485’845’720 5%
Deutschland 77’467 2’324’798’891 3%
Arabische Emirate 76’997 2’822’881’096 3%
Italien 61’465 2’129’037’613 2%
Usbekistan 49’999 1’797’918’841 2%
Tabelle 3 – Top 10 der Länder, aus denen die Schweiz Gold einführt, und deren Wasserrisiken (auf dem Einfuhrwert basierend)
GoldhatseitTausendenvonJahrenkulturelleBedeutungundbildetauchheutenochdieGrundlageunseresWährungssystems(Millar,2006).DieRaffinierungvonrund70%desweltweitenGoldeserfolgtinderSchweiz;vierdersechsweltgrösstenGoldraffinerienbefindensichinderSchweiz(Popescu,2014). 122015führtedieSchweizüber2500metrischeTonnenRohgoldeinund1920metrischeTonnenGoldwiederaus.13
DieRolledeswichtigstenGoldimporteursindieSchweiz,Grossbritannien,wirdindenmethodischenEinschränkungenbehandelt.DanebenbeziehtdieSchweizGoldhauptsächlichausSüdamerika,denUSA,EuropaundAsien(sieheTabelle3).
Die Raffinierung von rund 70 %
des weltweiten Goldes erfolgt in
der Schweiz
Rohstoffe–«SchwarzundGold»
20 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
Wasserrisiko des Sektors und Intensität der Wassernutzung
BergbauundErdölförderungkönnennichtverlagertwerden,dasieandenjeweiligenStandortderÖl-oderErzvorkommengebundensind.DadurchistdieserSektoranfälligfürÄnderungenbeiderörtlichenVerfügbarkeitundQualitätvonWassersowiefürkommunaleBedenkenhinsichtlichdesWasserverbrauchs(UNEPFI,2012).
DieRohstoffindustriehaterheblicheAuswirkungenaufdiesieumgebendenÖkosysteme(sieheTabelle4).DieMineraliengewinnungverbrauchtgrosseWassermengenundmindertoftderenQualität.DieTatsache,dassBergbauaktivitätenoftinGegendenmitbereits bestehendemWassermangel und Problemen hinsichtlich derWasserqualitätstattfinden, verschärft diese Auswirkungen noch (Miranda et al., 2010). Im letztenJahrzehnt ist derWasserverbrauch zu einemderwichtigstenPunkte inUmweltverträglichkeitsprüfungengeplanterBergbauarbeitengeworden(UNEPFI,2012).
Bergbauaktivitäten finden oft in Gegenden
mit bereits bestehen-dem Wassermangel
und Problemen hinsichtlich der
Wasserqualität statt
Tabelle 4 – Auswirkungen des Rohstoffsektors auf Wasser (UNEP FI, 2012) 14, 15
14 http://www.miningfacts.org/Environment/What-are-the-water-quality-concerns-at-mines/
15 https://www.earthworksaction.org/issues/detail/acid_mine_drainage#.VwzLMqThDIU
Öl DieErdölförderungverbrauchtgrosseWassermengenbeiBrunnenbau,StandorterschliessungundFracking.
InFällenderÜberschneidungvonÖlförderungundTrinkwasserversorgung,beimÖltransportüberlange,
schwerzuüberwachendePipelines,beiunkontrolliertenAustritten,Abwassereinleitungoderdurchunkon
ventionelleFördermethodenwieÖlsändebestehteinhohesRisikofürWasserverschmutzung.
DieErdölförderungproduziertgrosseMengenvonWassermitniedrigerQualität,auch«Produced Water»
genannt.TransportundEntsorgungdiesesstarkverschmutztenWasserssindTeilderDebatteumdieUm
weltauswirkungenderÖlförderung.
ÖlraffinerienbefindensichzurVereinfachungdesTransportsoftnaheanbefahrbarenFlüssen,Seenoder
Seehäfen.NiedrigeWasserständeerhöhendieKostenfürdenTransportvonÖl.
Erzabbau DerErzabbauerfolgtinvielenFällenunterhalbdesGrundwasserspiegels,wodurcheszuAuswirkungenauf
lokaleGewässerundÖkosystemekommenkann.
SaurerAbflussbeeinträchtigtdieWasserqualitätdurchdieVerringerungvonpH-WertenunddieErhöhung
derKonzentrationgiftigeroderSchwermetallewieKupfer,BleiundQuecksilberimGrubenwasser(saures
Grubenwasser).
AusgetretenesZyanidkannsicherheblichaufSüsswasserressourcenauswirken.
ImhandwerklichenBergbauverwendetes,flüssigesQuecksilberstelltinmanchenRegionenderWelteine
ernsteBedrohungfürdieWasserqualitätdar.
StillgelegteBergwerkekönnensichalslangfristigeBelastungenerweisen,dasieunbefristetabgepumptund
überwachtwerdenmüssen,umVerunreinigungenvonOberflächen-undGrundwasserzuverhindern.
Rohstoffe–«SchwarzundGold»
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 21
Die mineralgewinnende Industrie wird oft als strategische, nationale Industriebetrachtet und hat privilegierten Zugang zur Regierung. Die negativen AuswirkungendieserBrancheauflokaleWasserressourcenbergenjedochKonfliktpotenzialunderhöhensodenDruckaufWassernutzungsrechte,PreiseundBetriebslizenzen.StarkeÖlverschmutzungen,wiedienachdemUnfallaufderDeepwater-Horizon-Plattform2010imGolfvonMexiko,schädigendenRufderglobalenÖlindustrieundhabendieBranchegezwungen,ihreSicherheits-undUmweltrichtlinienzuüberdenken.InPeruund Argentinien verhinderte öffentlicherWiderstand gegen die erwarteten Auswirkungen auf lokaleWasserressourcen den Goldabbau (CERES, 2010). Dies trägt zurweiterenVerschlechterung des bereits schlechtenRufes vonBergbauaktivitäten bei,dieoftinVerbindungmitKorruptionoderderFinanzierungbewaffneterKonflikteineinigenTeilenderWeltgebrachtwerden(«Konfliktmineralien»)(EDA,EFDundWBF,2013). 16SieheTabelle5füreinenallgemeinenÜberblicküberdiefürdenRohstoffsektorbestehendenWasserrisiken.
16 http://www.sourceintelligence.com/what-are-conflict-minerals/
17 http://www.moneyweb.co.za/archive/sa-needs-1bn-to-make-toxic-mine-water-potable/
Fakten zu Wasser in der Rohstoffindustrie
• AbhängigvonderReifeeinesÖlfeldswerdenzwischen1und40LiterWasserfürdieFörderungvon1LiterÖlbenötigt(Schauwecker,2009).
• Durchschnittlichwerden716KubikmeterWasserfürdenAbbaueinerTonneGoldverbraucht(Mirandaetal.,2010).
• DieKostenfürdieBehandlungvonsauremGrubenwasserinSüdafrikabelaufensichaufgeschätzteCHF992,48Millionen(USD1Milliarde).17
• LautjüngstenSchätzungenbelaufensichdieKostendernochausstehendenSanierungenverlassenerKohlegrubenindenUSAaufCHF3,57Milliarden(USD3,6Milliarden)(Sanzillo&Schlissel,2016).
• EingeschätzterGesamtbetragvonCHF7,6Milliarden(USD7,7Milliarden)wurde2011fürdieWasserinfrastrukturderBergbauindustrieausgegeben(Toledano&Roorda,2014).
Rohstoffe–«SchwarzundGold»
22 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
Physische Risiken Einzugsgebiet BeiderVerfügbarkeitvonSüsswasser(Menge)fürZuliefererkannesdurchdensteigendenBedarfanderer,imEinzugsgebietansässigerVerbraucherzuEngpässenkommen–z.B.inabgelegenenGebieten,indenendieLandwirtschaftaufeine künstlicheBewässerungangewiesenist.Andere,imEinzugsgebietansässigeVerbraucherkönnenSüsswasserquellen verschmutzen(Qualität).SteigendeLuft-undWassertemperaturenführenzugrösseren,fürKühlungundBetriebbenötigtenWassermengen,währenddieVerdunstungderWasserquellenzunimmt.
Unternehmen HoheAbhängigkeitvongrossenSüsswassermengen.Abbau-undBohrarbeiten könnenbeiWassermangelnichtverlagertwerden.• Abbau-undBohrarbeitenfindenoftinabgelegenenGegenden(einschliesslichPlattformenaufhoherSee)mitbegrenztemZugangzuSüsswasserstatt.
• GrundwasserquellenkönnenbeimangelnderNeubildungversiegen.• IntensiveEntsalzungführtzuVerschmutzungen.• Ölsändesindbesonderswasserintensiv.BetriebsunterbrechungendurchWetterextremewiestarkeNiederschlägeoder ÜberflutungeninfolgedesKlimawandels.
Regulatorische Risiken Einzugsgebiet Grosse,multinationaleUnternehmensindoftbevorzugteZielefür(lokale) Regierungen.• LokaleUnternehmenerhaltenoftmalsehersteuerlicheoderregulatorischeVorzügealsgrössere,multinationaleUnternehmen.
Keine oder nur begrenzte Vorschriften oder keine oder nur begrenzte Durchsetzung durchlokaleRegierungenkönnensichaufdieWasserqualitätund-mengeauswirken.BeimBetriebingrenzüberschreitendenEinzugsgebietenkönnenUnterschiedebeiVorschriftenundDurchsetzungsichstromabwärtsstärkeraufWasserqualität und-mengeauswirken.
Unternehmen RegierungenreagierenzunehmendauföffentlicheForderungennachAblehnungneuerBergbau-/Ölförderprojekte.VerstärkterWettbewerbmitanderenWasserverbrauchernimEinzugsgebietkannzumEntzugvonWassernutzungsrechtenführen.NochstrengereVorschriftenundverstärktestaatlicheDurchsetzungkönnendieKostenfürSüsswassersowiefürdieAbwasserbehandlungund-einleitungerhöhen.• GesetzgeberkönntenUnternehmenzurVerwendunginnovativerHerstellungs-verfahrenzwingen,umdieAuswirkungenaufWasserzureduzieren.
• UnterBerücksichtigungderbenötigtenMengensinddieAuswirkungenmöglicherPreissteigerungenerheblich.
Reputationsrisiken Einzugsgebiet InFällenörtlichenWassermangelsodervonVerschmutzungdesEinzugsgebietesdurchAbwässerbestehenbesondersfürgrosse,multinationaleUnternehmenhoheReputationsrisiken.DiesistauchderFall,wenndasUnternehmenbeimUmgangmitWasser und Abwasser bewährte Verfahren einsetzt und die Wassernutzungsrechte ordnungsgemässerworbenwurden.Endnutzer(Verbraucher)übenDruckdahingehendaus,RoherzundRohölnicht voninrisikobehaftetenEinzugsgebietenbefindlichenAbbau-undFörderstandortenzukaufen.
Unternehmen ÖlverschmutzungenwirkensichbesondersnegativaufdasAnsehenaus.Interessengruppen(Regierungen,Gemeinschaften,NGOsundUnternehmenmitBlickaufdenFussabdruckihrereigenenLieferkette)sindzunehmendüberdiegrossenMengengiftigerAbwässerundGrubenwasserbesorgt,diesichnegativaufWasserressourcenundumgebendeÖkosystemeauswirkenkönnen.PotenzielleErschöpfungderSüsswasserquelle,wassichaufalleInteressengruppenimEinzugsgebietauswirkenkann.ReputationsverlustekönnensichdirektaufdieVerkäufevonÖlgesellschaftenauswirken,dadieseoftvertikalintegriertsindunddirektanEndkundenverkaufen.DirekteReputationsschädensindinderBergbauindustriebegrenzt,dadiemeistenUnternehmendortnichtdirektanEndkundenverkaufen.
Tabelle 5 – Allgemeiner Überblick über die für den Rohstoffsektor bestehenden Wasserrisiken
Rohstoffe–«SchwarzundGold»
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 23
Länderbeispiel: Rohöl aus Nigeria
Anteil an der weltweiten Produktion (BP, 2015) 2,7%
Anteil an den Einfuhren in die Schweiz 18 39,0%
Nigeria ist Afrikas grösster Ölproduzent, seine Wirtschaft ist hochgradig von derÖl-undGasförderungabhängig. 35%desBruttoinlandproduktswerden imÖl-undGassektor erwirtschaftet, dieErträge ausdenErdölexportenmachenüber90%dergesamten Exporterlöse aus.19 Zwischen 2011 und 2013 kauften Schweizer HandelsgesellschaftenRohöl imWertvonCHF36,7Milliarden(USD37Milliarden)vondernigerianischenRegierungundnationalenÖlgesellschaften.DieserBetrag entsprichtmehrals18%derstaatlichenEinnahmenNigerias(Gilliesetal.,2014).
WassersituationNigeriaserneuerbareWasserressourcenbelaufensichgeschätztaufjährlichinsgesamt286,2 Kubikkilometer. Die nutzbaren Oberflächenwasserressourcen liegen bei 96Kubikkilometer pro Jahr und die jährlich nutzbarenGrundwasserressourcen betragen rund 59,51 Kubikkilometer. Die Landwirtschaft war im Jahr 2000 der grössteWasserverbrauchermit5,5Kubikkilometern,oder69%derinsgesamtentnommenenWassermenge 20.
EinigeTeileNigeriassinddurchnichtnachhaltigesManagementderWasserressourcenvonWasserstressbetroffen.DasHadejiaNguruFeuchtgebietimNordostendesLandeshatsichbeispielsweiseinfolgevonDürrenundstromaufwärtsgelegenenDämmenummehralsdieHälfteverkleinert.InmanchenGebietenistderGrundwasserspiegeldurchdiezunehmendelandwirtschaftlicheBewässerungabgesunken. 21Fürdienächsten25Jahrewirdvorausgesagt,dassWasserderHauptgrundfürgrenzüberschreitendeKonflikte seinwird,daNigeria sichseinewichtigstenOberflächenwasserressourcen (dieFlüsseNigerundBenue)mitNiger,BeninundKamerun(undindirektmitMaliundGuinea)teilt(Gusikit&Lar,2014).
Die grosse Mehrzahl der nigerianischen Öl- und Gasvorkommen befinden sich imNigerdeltaundaufdemFestlandsockeldesLandes.DasNigerdeltabesteht aus verschiedenen Ökosystemen von Mangrovensümpfen, Süsswassersumpfgebieten undRegenwald. Es wird als eines der weltweit wichtigsten Feuchtgebiete und Meeresökosystemebetrachtet,istdasgrössteFeuchtgebietAfrikasundbeherbergteinehoheArtenvielfalt(UNDP,2012).
DieÖlförderungimNigerdeltafindetseitden1950erJahrenstattundbeeinflusstseitdemdieExistenzundGesundheitdereinheimischenBevölkerungnegativ(Linden&Palsson, 2013).Verschmutzungendurch«Produced Water»,Ölunfälle undundichte
18 SwissImpex,perApril2016
19 http://www.opec.org/opec_web/en/about_us/167.htm
20 Water Risk Filter: Nigeria
21 Ibid.
Das Nigerdelta wird als eines der weltweit
wichtigsten Feucht-gebiete und Meeres-
ökosysteme betrachtet und ist das grösste
Feuchtgebiet Afrikas
Rohstoffe–«SchwarzundGold»
24 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
PipelineshabenBächeundFlüsseverunreinigt,WälderzerstörtundzumVerlustvonArtenvielfaltgeführt;dieGegendwirdals«ökologischesÖdland»bezeichnet(Iteetal.,2013;Ogwuetal.,2015).
DieVerschmutzungdesNigerdeltasgefährdetdieExistenzvonüber30MillionenMenschen. 22Studienhabengezeigt,dassseitdemBeginnderÖlförderungimNigerdeltaeineVerschmutzungdurchmindestensneunbisdreizehnMillionenBarrelÖlerfolgte(Ogwuetal.,2015).DasÖldrangmehrereMetertiefindenBodeneinundhatsodasGrundwassergrossflächigverschmutzt.EineStudiefandbiszu7,4Milligramm/LiterÖlimWasserausBächenundFlüssenundbiszu42,20Milligramm/LiterErdölkohlenwasserstoffeinTrinkwasserbrunnen,wasinetwadem14’000-fachendesinNigeriageltendenGrenzwertes für Trinkwasser entspricht. Selbst wenn die Verschmutzungaufhörenwürde,könntedieErholungderbetroffenenMangroven-undFeuchtgebieteJahrzehntedauern(Linden&Palsson,2013).DieVerschmutzungdesOzeans,derWasserressourcenunddesBodensbedrohtdieExistenzdereinheimischenBevölkerung,hatFischbeständeverkleinertundzusozialenUnruhenundmassiverAbwanderungindieStadtgebietegeführt(Ogwuetal.,2015;Iteetal.,2013;Boeleetal.,2001).
Physische RisikenDadieÖlförderungnichtvonsauberenWasserressourcenabhängigist,bestehenfürdie nigerianische Erdölindustrie infolge vonWasserverschmutzungen nur indirekteRisiken.Umweltverschmutzungdurch«Produced Water»,ÖlundundichtePipelineswirdsichdirektfinanziellaufÖlgesellschaftenauswirken,fallsdiesedieUmweltkostentragenmüssen(siehenachfolgendunterRegulatorischeRisiken).23
Regulatorische RisikenInNigeriageltenmehrere,aufdieÖlförderungbezogeneUmweltschutzgesetze(Owolabi etal.,2014).ÖlgesellschaftenbeachtendieseGesetzejedochnicht invollemUmfangundgehenbeiNichtbeachtungscheinbarstraffreiaus.DasregulatorischeUmfeld inNigeria istunsicher;eskamwiederholt zuUnregelmässigkeitenbeidenEinnahmenausÖlverkäufen,undeineÖlgesellschaftgerietwegenihrerengenBeziehungenzudenSicherheitskräftenderRegierungindieKritik(z.B.Allen,2012;Cohen&Ibukun,2015;Klasa,2014;AlJazeera,2015).24 2010 wurde bekannt, dass Shell offenbar MitarbeiterinallenigerianischenMinisterieneingeschleusthatte(Smith,2010;Amies,2010).AngesichtsderWichtigkeitdesÖlsfürdienigerianischeWirtschaftsindvondendortigenBehördenbisaufweiteresnurgeringe,regulatorischeRisikenzuerwarten.
ImDezember2015beschlosseinniederländischesGerichtallerdings,dassShellfürdieÖlverschmutzungen imNigerdelta verantwortlich gemacht werden kann (Aljazeera,2015).ImselbenJahrstimmteShellineinemanderenFalleinerZahlunginHöhevonCHF80,8Millionen (£ 55Millionen) an vonÖlverschmutzungenbetroffeneEinzelpersonenundaneineGemeinschaftzu,umeinGerichtsverfahrenvordemLondonerHighCourtzuvermeiden(Vidal,2015).2011hatteShellbereitsnacheinerinLondoneingereichtenSammelklagedieVerantwortungfürzweiFällevonÖlverschmutzungenimOgonilandübernommen,waszuZahlungsforderungeninHöhevonHundertenMillionenDollarführte(Vidal,2011).DieseFällekönnenalswegweisendeGrundsatzent
Die Verschmutzung des Nigerdeltas
gefährdet die Existenz von über 30 Millionen
Menschen
22 http://www.peacepalacelibrary.nl/2013/02/shell-and-ogoni-people-soil-pollution-in-the-niger-delta/
23 UmweltkostenbesteheninZusammenhangmitdertatsächlichenoderpotenziellenVerschlechterungnatürlicher
VermögenswerteinfolgewirtschaftlicherTätigkeiten.https://stats.oecd.org/glossary/detail.asp?ID=819
24 https://milieudefensie.nl/english/shell/courtcase/our-courtcase-against-shell
Rohstoffe–«SchwarzundGold»
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 25
scheidungen hinsichtlich rechtlicher Schritte gegen Muttergesellschaften betrachtet werden,dieinLändernmitschwachem,regulatorischenRahmentätigsind.
Fällewiedieseunddie2011veröffentlichteUmweltprüfungvonOgonilanddurchdieUN(UNEP,2011)habenShellNigeriadazuveranlasst,dieVerfahrenzurUmweltsanierungzuprüfenunddieTransparenzzuverbessern(Vidal,2011b).
ReputationsrisikenFürinNigeriatätigeÖlgesellschaftenbestehenhoheReputationsrisiken.DieÖlindustriewarwiederholt inSkandaleundKonflikte inVerbindungmitKorruption,Bestechung,bewaffnetenAuseinandersetzungenundsozialerUngerechtigkeitinderRegionverwickeltundistdaherdendamiteinhergehendenRisikenausgesetzt(z.B.Mason&Blackden,2010;Klasa,2014;Cohen&Ibukun,2015).25Ölgesellschaftensindvertikalintegriert,wassieanfälligfürKlagenundBoykotteseitensderEndverbrauchermacht.
NebendemnegativenImageinfolgederVerschmutzungenimNigerdeltakönnenÖlgesellschaftensichauchKlagenlokalerGemeinschaftengegenübersehen.NachdemdieMenschengegendieVerschmutzungihresBodensundWassersprotestierten,wurdenÖlerschliessung und -förderung im Ogoniland im Nigerdelta 1993 auf den lokalen,öffentlichenDruckhineingestellt.DerKonfliktmachteinternationalSchlagzeilen,alsbeimilitärischenAktionenTausendeOgonigetötetundneun ihrerAnführerexekutiertwurden(Boeleetal.,2001;UNEP,2011).ObwohldieÖlförderungimOgonilandindenfrühen1990erJahreneingestelltwurde,verlaufennochimmergrossePipelinesdurchdieRegion,ausdenenfortgesetztÖlaustrittinfolgemangelnderWartungundvonVandalismus.26
25 Seealsoothersourcesaboveinthischapterorgoogle“Nigeriaoilscandal”foranimpressionoftherangeofissues
pervadingtheoilindustryinNigeria
26 http://www.unep.org/disastersandconflicts/CountryOperations/Nigeria/AboutOgoniland/Ogonilandsoilhistory/
tabid/54184/Default.aspx
Verschmutzungen durch
«Produced Water», Ölunfälle
und undichte Pipelines haben
Bäche und Flüsse verunreinigt,
Wälder zerstört und zum Verlust
von Artenvielfalt geführt
Rohstoffe–«SchwarzundGold»
26 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
Länderbeispiel: Goldabbau in Peru
Anteil am weltweiten Abbau (USGS, 2015) 5,2%
Anteil an den Einfuhren in die Schweiz 27 5,8%
DieSchweizstand2013amDollarwertgemessennachdenUSAundChinaaufPlatzdreivonPerusAusfuhrbestimmungsorten.28DieBergbauindustriespielteinebedeutendeRolleinPeru.AlsChancedesAntriebsderWirtschaftPeruserhältsieseitensderperuanischenRegierung starkenRückhaltundgrosseErleichterungen.2013erwirtschaftetederBergbausektor5%desBruttoinlandprodukts(EYPeru,2014).ImselbenJahrlagGoldmit18,9%AnteilandenGesamtausfuhrenganzvornbeidenExportgütern,gefolgtvonKupfererz,dasamDollarwertgemessenaufeinenAnteilvon17,8%kam.29 Weitere wichtige Exportgüter kommen ebenfalls aus dem Bergbaubereich,wieRohöl und raffiniertesÖl oder raffiniertesKupfer.Mit einemAnteil von4%andengeschätzten,weltweitenGoldreserven30warPeru2014weltweitdersechstgrössteGoldproduzent(USGS,2015).2014wurden48%des(legal)inPeruabgebautenGoldesindieSchweizexportiert.31
WassersituationDieAnden teilen Peru in drei natürlicheWassereinzugsgebiete:Das pazifischeEinzugsgebiet (279’000 Quadratkilometer mit 53 Flüssen), das atlantische Einzugsgebiet (959’000Quadratkilometermit 44 Flüssen) und das Titicacasee-Einzugsgebiet(47’000QuadratkilometermitneunFlüssen).32InPerusinddieWasserressourcenimAmazonasgebiet(atlantischesEinzugsgebiet)reichlichundinKüstennähe(pazifischesEinzugsgebiet)knapp.DiedortigenSüsswasserressourcenbetragennur1,8%derRessourcendesLandes,dabeisinddortgleichzeitigmehralsdieHälftederLandesbevölkerungunddiebedeutendstenWirtschaftsbereicheansässig(OECD,2015).
2009 wurde das aktuelle Wasserhaushaltsgesetz verabschiedet, das einen dezentralisierten Ansatz verfolgt und ein integriertes Management derWasserressourcenfördert.Dieswarnötig,umdiestrukturellenÄnderungeninPeruzureflektieren,diesichalsFolgederDezentralisierungsprozessederspäten1980erJahreundderdrastischenÄnderungenhinsichtlichArtundUmfangdesWasserverbrauchsinPeruseitden1990erJahrennachdemAufstiegwasserverbrauchenderIndustriezweige,einschliesslichderRohstoffindustrie,ergaben(Budds&Hinojosa-Valencia,2012).
EinGrossteilvonPerusMineralreservenbefindetsichimHochlandandertrockenen,pazifischen Flanke, wo die Existenz der Landbevölkerung auf der Landwirtschaftbasiertund20%alsextremarmgelten(IFAD,2013).DerAnteilderLandwirtschaft
27 SwissImpex,perApril2016
28 http://atlas.media.mit.edu/en/profile/country/per/
29 Ibid.
30 http://www.minem.gob.pe/_detallenoticia.php?idSector=3&idTitular=5862
31 http://atlas.media.mit.edu/en/visualize/tree_map/hs92/export/per/show/7108/2013/
32 WaterRiskFilter:Peru
Rohstoffe–«SchwarzundGold»
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 27
amWasserverbrauch inPeru liegtbei80%.33GleichzeitighatderBergbauboomseitdenfrühen1990erJahrenzueinemstarkangestiegenenBedarfanWasserzurNutzungbeiAbbauundVerarbeitungvonMineraliengeführt(Buryetal.,2013;Bebbington&Williams,2008).
DerKleinbergbauvonGold(artisanal and small-scale gold miningASGM),einhöchstunzureichendregulierterTeilbereichederperuanischenBergbauindustrie,stellteinesubstanzielle Bedrohung derWasserressourcenPerus dar.Durch die intensiveNutzungvonQuecksilber, vorallem inderRegionMadredeDios imAmazonasbecken,steht ASGM in Verbindung mit erheblichen Schädigungen der Umwelt sowie Wasserverschmutzungen (Webster, 2012). In diesem Gebiet hat ASGM seit 2000 starkzugenommenundzuerheblichenpolitischenundsozialenKontroversengeführt.DieVerunreinigung des Wassers mit Quecksilber wirkt sich auf flussabwärts gelegeneGemeinschaftenaus,dienichtsmitdenBergbautätigkeitenzutunhaben(Diringeretal.,2015).
Physische RisikenWassermangel ist zu einem derHauptrisiken für neue und schon bestehende Bergbautätigkeiten geworden. Bergbauunternehmen sind zur Nutzung von Meerwasserund Entsalzungsanlagen gezwungen (Toledano & Roorda, 2014). Da fast 100% derindustriellenBergbautätigkeiteninPeruaufbewohntemLandstattfinden(Alforteetal.,2014),gibteseinenheftigenWettbewerbumdieWassernutzung.GleichzeitigmitdieserschnellenundwasserintensivenWirtschaftsentwicklungtritteinRückgangderflussaufwärtsgelegenenGletscherauf(Buryetal.,2013).
FüreinengrossenTeilderFlusseinzugsgebieteindenküstennahenRegionenundimAndenhochlandPerusbestehenMineralkonzessionen:2009bestandenKonzessionenfür30%odermehrderLandflächederEinzugsgebiete,ausdenendieStädteLima,Trujillo,ChiclayoundIcaSüsswassererhalten.Biszu64%derFlächederEinzugsgebieteinCajamarcasindbetroffen(Bebbington&Bury,2009).2011unterlagenmehrals75%derOberflächevonsiebenEinzugsgebietenindenProvinzenArequipa,MoqueguaundPunoMineralkonzessionen(Cubaetal.,2014).
DieVerschmutzungendurchdasAbleitenvonsauremGrubenwasser(Acid Mine Drai-nageAMD) trägt zudenBedenkenhinsichtlichderWasserversorgungbei.AMD istteuerundaufwändigundbelastetBergbauunternehmennochlangenachderEinstellungdesAbbaubetriebs.DasAMD-ProblembestehtanStandorten,andenendasabgebauteMaterial,wiezumBeispielGold,reichanSulfidmineralien ist.KommendiesemitWasser und Luft in Kontakt, entsteht Schwefelsäure, die aus dem umgebendenGesteinschädlicheMetalleundHalbmetalle(wieArsen)herauslöstunddurchderenEinleitungdasWasservergiftet(Sumi&Gestring,2013).NachSchätzungengelangenjährlichmehrals13MilliardenKubikmeterAbwässerausdemBergbau-undMetallurgiesektorinPerusGewässer(Bebbington&Williams,2008).ImJuli2008erklärtePerudenNotstandfüreineMinenaheLima,dabefürchtetwurde,dassderDammzurAblagerungvonBergwerksabraumArsen,BleiundKadmiumindieHauptwasserversorgungderHauptstadtfreisetzenkönnte(Bebbington&Williams,2008).
Peru erklärte den Not stand für eine
Mine nahe Lima, da befürchtet wurde,
dass der Damm zur Ablagerung von
Berg werksabraum Arsen, Blei und
Kadmium in die Hauptwasser versorgung
freisetzen könnte
33 WaterRiskFilter:Peru
Rohstoffe–«SchwarzundGold»
28 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
Regulatorische RisikenEine2013vomGold CouncildurchgeführteUmfrageergab,dassGemeinschafts-undUmweltprobleme sowiederErhalt einerBetriebslizenz als die grösstenHindernisseder weltweiten Goldbranche gesehenwurden (GlobeScan, 2013). Das 1992mit demZielderGewinnungausländischerInvestorenfürdiesenSektorverabschiedeteBerg-baugesetz istmiteinigenseit2000erlassenen,gegenläufigenGesetzenkonfrontiert,derenFokusaufeinernachhaltigenEntwicklungliegt(KPMG,2013).MassiveProtesteinfolge industrieller Umweltverschmutzungen durch Minen haben die peruanischeRegierung zu einer strengeren Durchsetzung von Umweltschutzvorschriften veranlasst.ZudendurchgeführtenMassnahmenzählenauchdie2013erfolgteVerdoppelungderBussgelderfürdieUmweltverschmutzendeUnternehmenunddieBeseitigungvonGesetzeslücken,dieesUnternehmenerlaubten,dieZahlungvonBussgeldernjahrelangzuumgehen(KPMG,2013;Reuters,2013).DieStrafzahlungenreichten2013von2MillionenPEN(CHF574’274)bis30MillionenPEN(CHF8,6Millionen)(KPMG,2013).
Diemeisten zum ASGM zählenden Bergwerke werdenmomentan illegal betrieben,dadieVerfahrenfüreinenoffizielllaufendenBetriebkompliziert,teuerundfürvielehandwerklicheBergbaubetriebeunzugänglichsind(Elbein,2015).2012unterzeichnetedieRegierunginfolgesteigenderBesorgnisüberzunehmendeUmweltzerstörungundsozialeKonflikteeineAnordnung,welcheinoffiziellesASGMsowiedessenFinanzierungalskriminelleinstuft(Elbein,2015).NachderBeschlagnahmeeinerTonneillegalabgebauten Goldes zwischen 2013 und 2014 eröffneten die peruanischen Behörden25StrafverfahrenauchgegeninternationaleUnternehmen,einschliesslichSchweizerRaffinerien,dieimVerdachteinerBeteiligunganillegalemGoldhandelstehen(Castillaetal.,2015).
SozialeMobilisierungundProtestehabensichaufdieExpansionderBrancheausgewirkt.Dazu zählen auchdieVerzögerungenbeiZeitplänen fürdieEntwicklung vonProjekten,derZwangzurNeuplanungvonBergbauprojektenoderdieEinführungvonAusgleichsregelungen,undineinigenFällendieVerwehrungdesZugangsvonUnternehmenzudenMineralienvorkommen(Himley,2014).Seit2010habensozialeKonfliktezurAussetzungvonBergbauprojektenimWertvonCHF21,3Milliarden(USD21,5Milliarden)aufunbestimmteZeitgeführt,waseinemVerlustvonCHF14,8Milliarden(USD14,9Milliarden)anerwartetenAusfuhrerlösen fürPeruentspricht (Schneider,2016).2014wurden, zumeist infolge sozialerKonflikte,wenigerals2%allerAbbaurechtedesLandesaktivgenutzt(Alforteetal.,2014).
NachfolgendsindeinigeBeispielesozialerKonflikte inVerbindungmitdemBergbauundWasserproblemenaufgeführt,diesichaufBetriebslizenzenfürBergbauunternehmenausgewirkthaben: • InCajamarcabeinhaltetendiePläne fürNewmontsGold-undKupfermineCongamiteinemWertvonCHF4,76Milliarden(USD4,8Milliarden)dieTrockenlegungvon vier Seen, um optimale Bedingungen für das Unternehmen zu schaffen. DieVerschmutzungen durch die Bergbautätigkeit hatten schon erhebliche nachteiligeAuswirkungen auf die Umwelt. Proteste gegen dieMine schlugen in gewalttätigeZusammenstössemitmindestens30Totenum.DieRegierungriefwegensozialerKonfliktezweimaldenAusnahmezustandaus,und2011 führtendieProtestezum
Die peruanischen Behörden eröffneten 25
Strafverfahren, auch gegen inter nationale
Unter nehmen, ein-schliesslich Schweizer
Raffinerien, die im Verdacht einer
Beteiligung an illegalem Goldhandel stehen
Rohstoffe–«SchwarzundGold»
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 29
Rücktritt des Premierministers. Der Betrieb wurde Anfang 2012 gestoppt, undnachlanganhaltendenweiterenProtestenliessdasUnternehmendiePlänefürdieEntwicklungderCongamine2016fallen(Alforteetal.,2014;Sampat,2016).DieserFallistfürdieSchweizbesondersbedeutsam,daNewmontbis2015AnteileanderSchweizerRaffinerieValcambibesassundauchunterderneuenEigentümerstrukturBeziehungeninderRaffineriebranchepflegt(Newmont,2015).
• 2012gabdiezunehmendeZahlderKonzessionenfürdenAbbauvonGold,Kupferund Silber den lokalen Gemeinschaften in Llusco (Cuzco) Anlass zur Besorgnishinsichtlich der Auswirkungen auf deren landwirtschaftliche Tätigkeiten und des ZugangszuWasser.MiteinemneunTageandauerndenGeneralstreikinderganzenStadtwurdedagegenprotestiert.LokaleBehördendrohtenmitderÜbernahmederBergbaueinrichtungen, falls die Unternehmen nicht abzögen. Nach einem ausgedehntenRechtsstreitfordertedieRegierungeineneueUmweltverträglichkeitsprüfungfürzweiMinenundsetztedieBetriebslizenzfüreineweitereMinedauerhaftaus(Alforteetal.,2014).
• In Pulán, Cajamarca, wurde der Betrieb einer Gold- und Silbermine seit 2004bereitsmehrfachunterbrochen,alsBuenaventuradenBetriebwegenProtestenmitderForderungnacheinerumfassenderenUmweltverträglichkeitsprüfungfürrundein Jahr einstellte. 2008wurdenahezu3000LandarbeiternderZugang zu einervon den beteiligten Unternehmen veranstalteten, öffentlichen Sitzung verwehrt.DiesführtezumehrerenProtesten,währenddenenZufahrtsstrassenblockiertundderAbbruchdesProjektsgefordertwurden.ZweiJahre später fordertedie lokaleRegierungdieDurchführung verschiedenerNaturschutzmassnahmen vomUnter
Die andine Bevölkerung in
Peru setzte die Umgebung eines
Damms in Brand. Der Damm
wurde durch das Conga Projekt
von Newmont Mining gebaut.
Tausende von Gegnern umkreis-
ten einen See hoch in den Anden
und gelobten, das Unternehmen
daran zu hindern, diesen
trockenzulegen, um die teuerste
Mine Perus zu realisieren
Rohstoffe–«SchwarzundGold»
30 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
nehmen,darunterdenSchutzderQuellgebietedesEinzugsgebiets.2012führtedieAufgabederMinasConga(sieheoben)zustarkemDruck,denBetriebeinzustellen.ImSeptember2013fandalsAusdruckdesProtestsgegendenMangelangezieltenMassnahmen hinsichtlich der Quellgebiete des Einzugsgebiets ein umfangreicherStreikinderRegionstatt(Alforteetal.,2014).
ReputationsrisikenDiezuweilenschwerwiegenden,sozial-ökologischenKonflikteinVerbindungmitdemGoldabbauingrossemwieauchkleinemMassstabkönnenReputationsrisikenfürBerg-bauunternehmen,dievonihnenbeliefertenUnternehmenundInvestorendarstellen.ReputationsrisikenfürBergbauunternehmensindbegrenzteralsdiefürdieÖlindustrie,dahierderVerkaufdirektandieEndverbrauchernurseltenerfolgt.EsgabjedochFälle, in denen sich negative Schlagzeilen nachteilig aufmetallverarbeitendeUnternehmenauswirkten.FastdieHälfteder2013 imRahmeneinerStudie fürdenGold CouncilbefragtenInteressengruppengaban,dass«ausKriegs-oderKonfliktgebietenstammendesGoldsichaufdenRufdergesamtenBrancheauswirkt»(GlobeScan,2013).
In den peruanischen Anden, wo Existenzen hauptsächlich auf Landwirtschaft und Viehzucht beruhen, resultiert die steigende Besorgnis über die zukünftigeWasserversorgunginzahlreichenundauchgewalttätigeKonfliktenzwischenBergleutenundlokalenGemeinschaften(Bebbington&Williams,2008;Himley,2014).DieverarmteBevölkerung in ländlichen oder abgelegenenGegenden bekommt die AuswirkungendesBergbausamstärkstenzuspüren.DieAusgrenzungdiesesTeilsderGesellschaftundanhaltendewirtschaftlicheUngleichheit trotzökonomischenWachstumsinfolgesteigenderErträgedurchdenAbbauvonBodenschätzenverschärfendiebestehendenKonfliktenochweiter(Vasquez,2010).ImMärz2016registriertedasBürodesperuanischenOmbudsmanns208sozialeKonflikte,vondenen79%sozioökonomischerArtwaren.63,7%davonstandeninZusammenhangmitBergbautätigkeiten.34
DieNameneinigergrosserGoldabbauunternehmensindbereitsinVerbindungmitFällenvonUmweltverschmutzungenundMenschenrechtsverletzungen,und–amauffälligsten–mitWasserproblemennegativbehaftet.2012protestiertenUmweltschutz-undMenschenrechtsgruppenaufgrunddesangeschlagenenRufesdesBergbaugigantenRioTintogegendenVertrag,derdasUnternehmenzumLieferantenderolympischenGoldmedaillenfür2012machte(Boyd,2014).2005/2006,nachfalschenAnschuldigungenineinemUN-BerichthinsichtlichdesKaufesillegalenGoldesausderDemokratischenRepublikKongo,erlitteineimTessinangesiedelteGoldraffinerieschweregeschäftlicheEinbussen,dadieserBerichtvieleGeschäftspartnerdazuveranlasste,sichvondiesemUnternehmenzudistanzieren (EDA,EFDandWBF,2013).DieSchweizerGoldraffinerienPAMPundMetalorsorgten2012mitdemKaufillegalenGoldesausderRegionMadredeDiosinPerufürSchlagzeilen,einerRegion,indersowohlsozialeKonfliktealsauchUmweltschädengravierendsind(Wells,2013;Castilla,2013).
34 http://www.defensoria.gob.pe/conflictos-sociales/objetos/paginas/6/48reporte-mensual-de-conflictos-
sociales-n-145-marzo.pdf
Rohstoffe–«SchwarzundGold»
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 31
Goldabbau im Kontext eines Flusseinzugsgebiets – Perus Río Santa
IndenRíoSantafliesstWasser aus einem insgesamt 12’200Quadratkilometer grossenEinzugsgebiet. Er ist der zweitgrösste Fluss an der peruanischen Pazifikküste.Diezentralen,umdasWasserdesRíoSantakonkurrierendenwirtschaftlichenTätigkeitensindLandwirtschaftundBergbau,hinzukommenWasserkraftwerkesowiediestädtischeNutzung.MillionenMenschen sind vomWasser desRío Santa abhängig,um ihrenEnergiebedarf zu decken.Ausserdem ist der Fluss dieHauptwasserquellefürChimbote,diedrittgrössteStadtPerus.DiezunehmendeKonkurrenzumWasserschafft Unstimmigkeiten zwischen Wirtschaftszweigen, Behörden sowie den fluss-auf- und -abwärts gelegenen Verbrauchern im Einzugsgebiet und fördert so lokaleundregionaleKonflikte(Lynch,2012).Ausserdemhabensichindenletzten30JahrendiedenFlussspeisendenGletscherumrund15%verkleinert(Buryetal.,2013).DiezahlreichenKonflikte zwischen Interessensvertretern imOberlaufund imUnterlaufwerdensichdurchdenKlimawandel,indessenFolgedieGletscherweiterabschmelzen,voraussichtlichnochverschärfen.
Der Bergbau ist zu einem bedeutenden Wasserverbraucher im Río Santa-Einzugsgebiet geworden.2008verbrauchteBarricksPierina Goldmine circa zehn Millionen Kubikmeter Süsswasser (Bury et al., 2013).Der Bergbau hat sich besonders auf dieWasserqualitätfürdieflussabwärtslebendeBevölkerungausgewirkt.Seit1981zeigenWasseruntersuchungen, dass die in Peru geltenden Grenzwerte für Wasserqualitäthinsichtlich bestimmter Substanzen – darunter giftige Metalle wie Arsen, Eisen,Blei,ManganundZink–häufigüberschrittenwurden(ebd.).ZusätzlichsetztsichdieVersickerungausBergbaurückständenunvermindertfort.AuchdieVersauerungvonFlüssen und der Rückgang der Vegetation imNationalparkHuascarán, der sich imEinzugsgebietdesRíoSantabefindet,wirddemBergbauangelastet(Buryetal.,2013).DieBehördenverhängennurzögerlichSanktionen,welchedieFinanzergebnissediesesSektorsbeeinträchtigenkönnten.DieswirktsichwiederumaufländlicheGemeindenaus,dievongemeinsamgenutztemWasserfürdenHausgebrauchsowiefürPflanzen-undViehbeständeabhängigsind(Lynch,2012).
InHöhenlagenüber3300MeternüberMeerundnahedesOberlaufesdesRíoSantadrehen sich diemeisten Streitfälle umVerschmutzungen durchMinen. 2010 führtederEntscheidzurErteilungeinerGenehmigungfürdieMineralienerschliessungnaheder imOberlaufdesRíoSanta gelegenenLagunaConococha zumassivenProtestendurchinderPflanzen-undTierproduktiontätigeGemeinschaften,städtischeWasserverbraucherundNaturschützer(Lynch,2012).LokaleFührungskräftewarntenvordenpotenziellenAuswirkungenderVerschmutzungenausdemBergbauaufdieAgrarwirtschaftimgesamtenEinzugsgebiet.DervonPolizeigewaltundVandalismusbegleiteteStreikdauertean,bisdieRegierungdieGenehmigungzurSondierungaussetzte.
Rohstoffe–«SchwarzundGold»
32 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
AmOberlaufdesEinzugsgebietsnutzen70%derBauern20%derimRíoSanta-EinzugsgebietbewässertenFläche,währendimUnterlauf80%derbewässertenGebietevonlediglich30%derBauerngenutztwerden(USAID,2011).AnderKüsteüberwiegengrosse, exportierende Agrarunternehmen, amOberlauf des Einzugsgebiets sind vorallemKleinbauern tätig.WährendLandbesitzer indenTiefebenenAnrecht auf einefestgelegte,jährlichzugeteilteWassermengehaben,sindNutzervonBewässerungsanlagenimHochlandberechtigt,einenprozentualenAnteilderverfügbarenWassermengezunutzen.IndermöglicherweisedurchGletscherschwundbegünstigtenDürreperiodeheisstdies,dassWasserausdenHochländernzudenBauernimtiefergelegenenEinzugsgebietumgeleitetwerdenmüsste,waszueinerverstärktenGefährdungderNahrungsmittelproduzentenimHochlandsowiederstädtischenWasserverbraucherführtundausserdemmöglicherweisedenBergbaugefährdet(Lynch,2012).
Chemikalien
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 33
5 Chemikalien2014wurdenweltweit (nicht-pharmazeutische)Chemikalien imWertvonCHF2224Milliarden ( 2054Milliarden)exportiert,waseinemAnteilvon11,1%desweltweitenWarenhandelsund16,8%desweltweitenHandelsmit Industriegütern (WTO,2015)entspricht.2014wardieSchweizderweltweitviertgrössteExporteurvonChemikaliennachderEuropäischenUnion,denVereinigtenStaatenundChinamiteinerAusfuhrvon(nicht-pharmazeutischen)ChemikalienimWertvonrundCHF89Millionen( 82Millionen)(WTO,2015).DieSchweizerUnternehmenIneos und Syngentagehörenzuden40grösstenChemikalienherstellernweltweit(Tullo,2014).
Chemikalienkommenbeipraktischallen,vomMenschenhergestelltenErzeugnissenzumEinsatz –mehr als 96% aller Industriegüter sind von der chemischen Industrieabhängig.35DerChemikaliensektorumfasstBasischemikalien(Petrochemikalien,Derivate sowie anorganische Chemikalien), Spezialchemikalien (Hilfsmittel für dieIndustrie,FarbenundLacke,Pflanzenschutzmittel,FarbstoffeundPigmente)undVerbraucherchemikalien(Seife,Reinigungsmittel,Bleichmittel,ProduktezurHaar-undHautpflege,ätherischeÖle,Parfumusw.).DieMehrheitderZehntausenden,weltweitvonderchemischenIndustriehergestelltenSubstanzenwirdvonanderenChemieunternehmen oder Industriezweigen (z.B. Metall-, Glas-, Elektroindustrie) verwendet(OECD,2001).InderSchweizwerdenungefähr20’000verschiedeneArtenvonChemikalienhergestelltundinHaushalten,imGartenbau,inderLandwirtschaftundderindustriellenProduktioneingesetzt.36
Länder mit den grössten Einfuhren in die Schweiz und ihre Wasserrisiken
DerGrossteil der Chemieimporte in die Schweiz stammt aus anderen europäischenStaatenunddenUSA(sieheTabelle6).DieswiderspiegeltjedochlediglichdieTatsache, dass es sich um Produkte in der Verarbeitungsphase derWertschöpfungskettehandelt oderumvonUnternehmengehandelteRohstoffe, die ein-unddannwiederausgeführtwerden(siehemethodischeEinschränkungen).EuropaverfügtüberrelativwenigBodenschätzeundstütztsichdaherweitgehendaufimportierteRohstoffefürdieHerstellungchemischerProdukte.WährendsichderVertreiberjedenMomentändernkönnte,wirddasHerkunftslandseineRohstoffvorkommenweiterabbauen,bisdieseerschöpftsind.BasierendaufDatenausdemJahr2015führtediechemischeIndustriederSchweizüber1,1MillionenTonnenorganischeRohstoffe37und739’485Tonnenanorganische Rohstoffe (Mineralien)38ein.Tabelle6zeigtdieRisikenderLändermitdengrösstenEinfuhrenvonChemikalienindieSchweiz,Tabelle7listetdiewichtigsten,anorganischenChemieimporteindieSchweizauf.
35 http://www.americanchemistry.com/chemistry-industry-facts
36 http://www.bafu.admin.ch/chemikalien/15208/index.html?lang=en
37 SwissImpex,perApril2016,Tarifnummer29–organischechemischeErzeugnisse
38 SwissImpex,perApril2016,Tarifnummer28–anorganischechemischeErzeugnisse;anorganischeoderorganische
VerbindungenvonEdelmetallen,radioaktivenElementen,SeltenerdmetallenoderIsotopen
2014 war die Schweiz der weltweit viert-grösste Exporteur
von Chemikalien
Chemikalien
34 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
Einfuhrmenge(kg)
Einfuhrwert (CHF)
Anteil an gesamterEinfuhr
PhysischesRisiko
Regulatorisches Risiko
Reputations risiko
Deutschland 684’440’141 1’405’548’556 37%
Frankreich 408’879’226 402’674’276 22%
Niederlande 162’985’420 202’665’371 9%
China 93’522’811 767’027’716 5%
Belgien 87’609’468 189’722’626 5%
USA 84’013’862 480’827’464 5%
Italien 69’823’022 332’009’519 4%
Österreich 38’969’895 98’538’480 2%
Grossbritannien 36’781’357 1’468’145’751 2%
Indien 28’501’515 389’670’042 2%
Tabelle 6 – Top 10 der Länder, aus denen die Schweiz Chemikalien einführt, und deren Wasserrisiken (auf dem Einfuhrwert basierend)
Chemikalien
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 35
Eingeführte anorganische ChemikalienEinfuhrmenge
(kg)Einfuhrwert
(CHF)Anteil an
gesamterEinfuhr
Natriumhydroxid[Aetznatron];Kaliumhydroxid[Aetzkali]; PeroxidedesNatriumsoderdesKaliums
165’221’329 38’252’023 22%
Chloride,ChloridoxideundChloridhydroxide;BromideundBromidoxide; Jodide und Jodidoxide
65’758’214 24’625’241 9%
Carbonate;Peroxocarbonate[Percarbonate];handelsüblichesAmmoniumcarbonat,Ammoniumcarbamatenthaltend
56’718’858 25’984’164 8%
Säuren,anorganisch,undanorganischeSauerstoffverbindungenderNichtmetalle39 54’844’667 40’674’606 7%
Sulfate;Alaune;Peroxosulfate[Persulfate] 51’469’305 17’859’932 7%
SalzederanorganischenSäurenoderPeroxosäuren,einschl.Aluminosilicate, auchchemischnichteinheitlich40
39’932’379 11’595’862 5%
Wasserstoff,EdelgaseundanderenichtmetallischeElemente 36’119’050 31’567’618 5%
Fluor,Chlor,BromundJod 34’451’249 5’703’730 5%
Korund,künstlich,auchchemischnichteinheitlich;Aluminiumoxid; Aluminiumhydroxid
33’795’013 30’277’084 5%
Chlorwasserstoff[Salzsäure];Chloroschwefelsäure 28’835’318 3’479’121 4%
Tabelle 7 – Top 10 der von der Schweiz eingeführten, anorganischen Chemikalien
39 Ausg.Chlorwasserstoff[Salzsäure],Chloroschwefelsäure,Schwefelsäure,Oleum,Salpetersäure,Nitriersäuren,
Diphosphorpentoxid,Phosphorsäure,Polyphosphorsäuren,BoroxideundBorsäuren
40 Ausg.SalzederSäurenderMetalloxideoderMetallperoxidesowieAzide
Chemikalien
36 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
Physische Risiken Einzugsgebiet BeiderVerfügbarkeitvonSüsswasser(Menge)kannesdurchdensteigendenBedarfanderer,imEinzugsgebietansässigerVerbraucherzuEngpässenkommen.Andere,imEinzugsgebietansässigeVerbraucherkönnenSüsswasserquellen verschmutzen(Qualität).SteigendeLuft-undWassertemperaturenführenzugrösseren,fürKühlungundBetriebbenötigtenWassermengen,währenddieVerdunstungderWasserquellenzunimmt.
Unternehmen UnterbrücheoderVerminderungeninderWasserversorgungbeschränkendie industrielle Nutzung zur Produktion, Materialverarbeitung, Reinigung und besonderszurKühlung,welchedasmeisteWasserverbraucht.DadieFertigungsstandortederBrancheinweitereRegionenderWeltmitWasser-knappheitvordringen,einschliesslichdemNahenOsten,IndienundChina,wirdsichdasProblemdesWassermangelsverschärfen.StarkverschmutztesWasserkanneineWasseraufbereitungvorOrtbetrieblicherforderlichmachen.
Regulatorische Risiken Einzugsgebiet Grosse,multinationaleUnternehmensindoftbevorzugteZielefür(lokale) Regierungen.• LokaleUnternehmenerhaltenoftmalsehersteuerlicheoderregulatorischeVorzügealsgrössere,multinationaleUnternehmen.
Keine oder nur begrenzte Vorschriften oder keine oder nur begrenzte Durchsetzung durchlokaleRegierungenkönnensichaufdieWasserqualitätund-mengeauswirken.BeimBetriebingrenzüberschreitendenEinzugsgebietenkönnensichlandesspezifischeUnterschiedebeiVorschriftenundDurchsetzungstromabwärtsstärkeraufWasserqualitätund-mengeauswirken.Infolge von Veränderungen hinsichtlich Wassernutzungsrechten, Preisen und AnforderungenandieAbwasserbehandlungkönnenfürUnternehmenhöhereKostenentstehenodersielaufenGefahr,ihreBetriebslizenzzuverlieren.BesondersinFällen,indenensichdiechemischeIndustriehinzuGebietenmithohemphysischemundökonomischemWassermangelverlagert,könnteninWettbewerbmitlokalenGemeinschaftenstehendeUnternehmenihreBetriebslizenzverlieren.
Unternehmen NochstrengereVorschriftenundverstärktestaatlicheDurchsetzungkönnendieKostenfürSüsswassersowiefürdieAbwasserbehandlungund-einleitungerhöhen.• GesetzgeberkönntenUnternehmenzurVerwendunginnovativerHerstellungsverfahrenzwingen,umdieAuswirkungenaufWasserzureduzieren.
• UnterBerücksichtigungderbenötigtenMengensinddieAuswirkungenmöglicherPreissteigerungenerheblich.
DieUnternehmenmüssenzahlreicheinternationale,regionaleundnationaleAnforderungenerfüllen.• DieWasserrahmenrichtliniederEU41 hat die schrittweise Einstellung der Nutzung 33wichtigerChemikalienfürdieVerbesserungderWasserqualitätindenwichtigstenFlusseinzugsgebietenzumZiel.DieEU-GesetzgebungREACH42 legt der IndustriegrössereVerantwortungbeimManagementderRisikenfürUmweltundGesundheitauf.
Tabelle 8 – Allgemeiner Überblick über die für den Sektor der chemischen Industrie bestehenden Wasserrisiken (CERES, 2010; PWC, 2011)
41 DieWasserrahmenrichtliniebildetdengesetzlichenRahmenfürSchutzundReinigungvonWasserinEuropaund
sichertdessenlangfristige,nachhaltigeNutzung.WeitereAngabenunter:http://ec.europa.eu/environment/water/
water-framework/index_en.html
42 REACHisteineVerordnungderEuropäischenUnionfürdenbesserenSchutzdermenschlichenGesundheitundder
UmweltvordurchChemikalienverursachtenRisikenbeigleichzeitigerVerbesserungderWettbewerbsfähigkeitder
chemischenIndustrieinderEU.SiefördertalternativeMethodenzurGefährlichkeitsprüfungvonStoffen,umdie
AnzahlvonTierversuchenzureduzieren.WeitereAngabenunter:http://echa.europa.eu/regulations/reach
Chemikalien
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 37
43 http://www.britannica.com/event/Bhopal-disaster
Reputationsrisiken Einzugsgebiet InFällenörtlichenWassermangelsodervonVerschmutzungdesEinzugsgebietesdurchAbwässeristbesondersdasAnsehengrosser,multinationalerUnternehmenindenlokalenGemeinschaftengefährdet.EsbestehtDruckseitensderEndverbraucher(Konsumenten)zurMeidungvon ProduktenausproblembelastetenEinzugsgebieten.
Unternehmen BeiUnfällen,StörfällenoderAuswirkungenvonProduktenaufWasserressourcenunddieUmweltsindReputationsrisikenbesondershoch(z.B.ExplosiondesWerksvonUnionCarbide1984inBhopal,Indien43).BeiRegierungen,Gemeinschaften,NGOsundFirmenkundenmitBlickaufdenFussabdruckihrereigenenLieferkettebestehteinezunehmendeBesorgniswegendergrossenMengeanChemieabfällenunddenpotenziellennegativenAuswirkungenaufWasserressourcenunddieumgebendenÖkosysteme.KonfliktemitlokalenGemeinschaftenhinsichtlichdesZugangszuWasserbedrohendieBetriebslizenzenderUnternehmenwieauchdasAnsehenderMarken.AuswirkungenvonAbwasseraufdieWasserqualitätmitFolgenfürflussabwärtsgelegeneNutzerundaquatischeÖkosysteme.
Chemikalien
38 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
Wasserrisiko des Sektors und Intensität der Wassernutzung
DiechemischeIndustrieistalseinerderHauptwasserverbraucherbekannt,wobeidergrössteAnteil aufKühlwasser entfällt.Wasserwird ausserdem zur Produktion undReinigungchemischerProdukteundzurDampferzeugung,Reinigung,beisicherheitsrelevanten Einrichtungen (z.B. Sprühflutanlagen) undWiederverwertungsverfahreneingesetzt.
WährenddieVerschmutzunginderVerarbeitungsphaseeinesdergrösstenRisikenfürdiechemischeIndustriedarstellt,trifftdiesnuraufLändermitlockerenodergarnichtvorhandenenVorschriftenzu(sieheTabelle8füreinenallgemeinenÜberblicküberdiefürdenSektorderchemischenIndustriebestehendenWasserrisiken).InLändernmiteinemschwachenKontrollrahmen,indenenverunreinigtesund/odererhitztesWasser,dasbeiderChemikalienherstellunggenutztwurde, indieWassersystemeeingeleitetwird, bestehen für Unternehmen regulatorische Risiken sowie Reputationsrisiken.Ansonsten stellt die (organische oder anorganische) Rohstoffbasis der chemischenIndustriedasgrössteRisikodar.DasWasserrisikobeiderExtraktionvonÖlundSalzensowieinderSchwefelproduktionistbesondershoch.
Auswirkungen der chemischen Industrie auf Wasser
• ImVergleichzuallensonstigenverarbeitendenIndustrienwardiechemischeIndustrie1995inOECD-StaatendergrössteWasserverbraucher(43%)(OECD,2001;Buccini,2004).
• Clariant,einesdergrösstenSchweizerChemieunternehmen,entwickelteeinAdvan-ced Denim genanntes Produkt, das bei der Produktion von Jeansstoffen weniger chemischeFarbstoffeundWasserbenötigt.WürdedieseTechnologiebeinur25%derweltweitenJeansproduktioneingesetzt,würdedies–gemässeigenerAussage– «jährlich62MillionenKubikmeterWassersparen–oderdenjährlichenWasserverbrauchvonüber1,7MillionenMenschen–undproJahrwürdenbiszu8,3MillionenKubikmeterAbwassernichtanfallenoderbehandeltwerdenmüssen»44.
• 1986hüllteeinBrandbeimChemieunternehmenSandozinBaseldieRegionineineRauchwolke,diemit1350TonnenPestizidenundAgrochemikalienverunreinigtwar.DieTausendenKubikmeterWasser,diezurLöschungdesBrandesgenutztwurden,brachtendasRückhaltebeckendesWerkeszumÜberlaufen.DiesführtezurEinleitungvon30TonnenChemikalienindenRhein,dersichrotverfärbte.FloraundFaunaimFlusswurdenzerstörtundindenfolgendenTagenwurdenHundertevonTonnentoterFischeundsonstigerLebewesenimFlussgefunden.BodenundGrundwasserwurdenebenfallsverunreinigt(Mir,2011).
44 http://www.advanceddenim.clariant.com/index.php/eco-efficiency/resource-savings.html
Chemikalien
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 39
45 SwissImpex,perApril2016,Tarifnummer28–anorganischechemischeErzeugnisse;anorganischeoderorganische
VerbindungenvonEdelmetallen,radioaktivenElementen,SeltenerdmetallenoderIsotopenundTarifnummer29–
organischechemischeErzeugnisse
46 http://chinawaterrisk.org/big-picture/china-water-crisis/
47 WaterRiskFilter:China
48 http://chinawaterrisk.org/wp-content/uploads/2011/10/ChinaWaterRisk-Economy-Runs-on-Water.pdf
49 http://chinawaterrisk.org/opinions/no-chemicals-please/
Länderbeispiel: Chemische Industrie in China
Anteil an der weltweiten Produktion (CEFIC, 2016) 34,4%
Anteil an Importen in die Schweiz 45 5,0%
Mit Verkaufszahlen, welche jene anderer Länder beiWeitem überstiegen (CHF 1,19TrillionenimVergleichzuCHF506,6MilliardenimFallederUSA,demzweitgrösstenHersteller),warChina2014derweltweitgrössteChemikalienhersteller(CEFIC,2016).MiteinemAnteilvon10%anChinasBruttoinlandproduktistdiechemischeIndustriederdrittgrössteIndustriesektordesLandes(KPMG,2011).DiegeplanteÜbernahmeder schweizerischen Syngenta-Gruppe,einemProduzentenvonPestizidenundSaatgutundzweitgrösstemChemikalienherstellerinderSchweiz,durchChemChinawürdeden Chemikaliensektor grundsätzlich verändern. Die zusammengelegten UnternehmenwürdentatsächlichwahrscheinlichhöhereEinnahmenerzielenals ihrKonkurrent Monsanto(BloombergNews,2016).
WassersituationObwohl 20% der Weltbevölkerung in China leben, verfügt das Land nur über 7%der Süsswasserreserven des Planeten.46 China kann in neun grosse Gruppen vonFlusseinzugsgebietenunterteiltwerden.Esbefindensich jedochca.80%dererneuerbaren Oberflächenwasserressourcen im Süden des Landes. Zum Ausgleich dieserungleichmässigenVerteilungwirdeinriesigesWasserbauprojektvorangetrieben,daseineUmleitungvonWasservomSüdenindenNordenanstrebt.DieshättepotenziellschwereAuswirkungenaufdieUmweltimSüdenzurFolge.
In China bestehen die folgenden hauptsächlichen Wasserprobleme: ÜberbeanspruchungdesGrundwassersundabsinkendeGrundwasserspiegel(insbesondereimNorden);Verschmutzung–70%derFlüsseundSeeninChinasinderheblichverschmutzt,dasGrundwasservon50%derchinesischenStädteistverunreinigtundüber30%derLandfläche China ist von sauremRegen betroffen (Carmody, 2010); sowie schwererWasserstress–44,7%desLandes sind vonWasserstressbetroffen.47 Chinas Ministerium für Wasserressourcen sagt voraus, dass die Wasserversorgung 2030 denBedarf nichtmehr decken kann, sofernChina nicht einschneidendeVeränderungenvornimmt.48
Physische RisikenÜber45’000ArtensynthetischerChemikalienwerden inChinaproduziert, genutzt,undindieGewässerdesLandeseingeleitet.4920%desindenStadtgebietenalsTrinkwasserverwendetenGrundwasserssindverunreinigt,manchmalauchmitkrebserregendenChemikalien(Gleick,2008).
Über 45‘000 Arten synthetischer
Chemikalien werden in China produziert,
genutzt, und in die Gewässer des Landes
eingeleitet
Chemikalien
40 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
90%desoberflächennahenGrundwassersinChinasindverschmutztund37%geltenalssostarkverunreinigt,dasseineBehandlungzurNutzungalsTrinkwasserunmöglich ist.Jährlicherkrankengeschätzte 190MillionenChinesendurchverunreinigtesWasser,60’000sterbenandenFolgen.DieWeltbankschätzt,dassdieseErkrankungenderRegierungjährlichKosteninHöhevonCHF22,8Milliarden–oder1%vonChinasBruttoinlandprodukt–verursachen(Anderson,2015).
Die 2030 Water Resources Group – bestehend aus einem Konsortium multinationalerUnternehmen, derWeltbankgruppeundMcKinsey– schätzt, dass es 2030 zueinemDefizitvon201MilliardenKubikmeterWasserkommenwird(basierendaufderAnnahme,dassProduktivitätundEffizienzunverändertaufdemStandvon2005bleiben).Obwohl die Landwirtschaft ChinasWasserressourcen insgesamt am stärkstennutzt,istderdortigeAnstiegdesWasserverbrauchsum0,6%weitwenigerbelastendalsdervon2005bis2030um2,9%steigendeVerbrauchdesIndustriesektors(2030WaterResourcesGroup,2009).
Regulatorische RisikenDie Regulierungslandschaft unterscheidet sich in Chinas verschiedenen Regionen, dahermüssenUnternehmenbesonderesAugenmerkauflokaleundnationaleVorschriftenlegen.DieVerantwortlichkeitenfürWasserressourcen,DatenundInformationen,Bau von Infrastruktur, Umweltschutz, landwirtschaftliche Entwicklung, TransportundweiterewasserbezogeneAktivitätensindzwischenmiteinanderkonkurrierendenoderinKonfliktstehendenBehördenaufgeteilt(PWC,2008).
ChinasGesetzzurVerhinderungundKontrollevonWasserverschmutzungenvon1984(2008überarbeitet)unddas2002eingeführteWater Law schufen einen gesetzlichen RahmenzurVermeidungundKontrollederVerschmutzungvonSüsswasserundfürdieNutzungvonWasserressourcen.EinigeBestimmungendieserGesetzeerlaubenhärtereStrafen fürVerschmutzungsverursacher,einGenehmigungssystemfürEinleitungen,SammelklagenvonBürgerngegenVerschmutzungsverursacher, verbesserteNormensowieerhöhteTransparenzundStrafenimFalleunzulänglichergesetzlicherDurchsetzung.50ImBemühenumdieReduzierungsichüberschneidenderVerantwortlichkeitenvonBehördenundimRahmendervonvielenalsHinwendungzueinemverstärktenUmweltschutzgesehenenMassnahmenschufdieRegierungfünf«Super-Ministerien»,zudenenauchdasMinisteriumfürUmweltschutzgehört.51
ObwohlChinainletzterZeitzahlreicheUmweltschutzgesetzeund-vorschriftenerlassenhat, bleibt eine effektiveUm-undDurchsetzungproblematisch.DieEinhaltungliegtBerichtenzufolgebeinur10%undnur30%derverurteiltenUnternehmenzahlentatsächlichihreStrafeandieZentralregierung.52WährendesbisherfürUnternehmeninChinaprofitablerwar,StrafenfürVerschmutzungenzuzahlenanstattVorsorgemassnahmenzutreffen,habendieletztenÄnderungenderGesetzezurVerhinderungundKontrollevonWasserverschmutzungendieStrafzahlungenfürVerschmutzungsverursacherangehobenundesistkeineObergrenzefürbesondersschwereFällefestgelegt.53
50 http://chinawaterrisk.org/regulations/overview/
51 Ibid.
52 http://chinawaterrisk.org/regulations/enforcement/
53 http://chinawaterrisk.org/regulations/enforcement/pollution-fines/
Die letzten Änderungen in der Gesetzgebung
haben die Strafzahlun-gen für Verursacher
von Wasserverschmut-zungen angehoben und es ist keine Obergrenze für besonders schwere
Fälle festgelegt
Chemikalien
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 41
54 http://chinawaterrisk.org/resources/analysis-reviews/water-treaties-a-question-of-rights/
55 http://chinawaterrisk.org/resources/analysis-reviews/2012-review-5-trends-for-2013/
56 https://www.theguardian.com/world/2013/sep/04/china-poisoned-fish-river
ChinaverfügtüberrelativwenigeinternationaleWasserabkommenmitseinenNachbarn,darunterbesondersdie südlich, stromabwärts gelegenenNachbarn,wasmöglicherweise durch die sehr geringe Abhängigkeit von externen Wasserressourcen zu erklärenist.54
ReputationsrisikenAls Folge vonwachsenden internenMeinungsverschiedenheiten undKonflikten umWasserzuteilung wie auch Wasserqualität sehen sich sowohl die zentrale als auch die regionalen Regierungen steigendem Druck hinsichtlich der Bekämpfung von Wasserproblemen gegenüber. Die chinesischen Bürger verfügen über ein wachsendesBewusstseinfürUmweltprobleme.AuchderAktivismusgegenWasserverschmutzungnimmtzu.2012kameszugeschätzten187’000Umweltprotesten,wasdurchschnittlich500Protestentäglichentspricht.55
2005 wurde der Fluss Songhua infolge einer Explosion in einem Chemiewerk inder Stadt Jilin mit 100 Tonnen benzolbasierter Schadstoffe verschmutzt. Anwohnerberichteten,dass sichLeitungswasser rot oder gelb verfärbte (Brice, 2008).DieWasserversorgungvonnahezu4MillionenMenschen inHarbin,derHauptstadtderProvinzHeilongjiang,wurdeunterbrochen(Gleick,2008).TrotzderBemühungenderRegierungmitPlänen zumBau vonüber 200«Wasserschutzprojekten» entlangdesSonghua und der Schliessung einiger Handels- und Industrieunternehmen, um dieschlimmstenVerschmutzungen zu beenden, erleidet Chinaweiterhin ChemieunfälleundschwereVerschmutzungen.
Die Behörden haben
rund 100’000 Kilogramm tote
Fische abgeschöpft, welche
gemäss ihrer Angabe durch
Ammonium aus einem Chemie-
werk vergiftet wurden 56
40% der mehr als 40’000 Betriebe in den
untersuchten petroche-mischen, chemischen
und pharmazeutischen Industriezweigen
stellen eine ernste Bedrohung der öffentli-
chen Gesundheit dar
Chemikalien
42 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
Erstmalig erklärte die chinesische Regierung offiziell die Existenz sogenannter«Krebsdörfer»,diesichoftinderUmgebungvonFabrikanlagenbefinden.DieseDörfererhalten ihr Trink, Wasch und Kochwasser57ausFlüssen,diemitgiftigenChemikalienbelastet sind.DasUmweltministeriumschätzte,dass40%dermehrals40’000Betriebe in den untersuchten petrochemischen, chemischen und pharmazeutischenIndustriezweigeneineernsteBedrohungderöffentlichenGesundheitdarstellen(Jing,2013).DieseamtlicheErklärungwurde jedochschnellals falschbezeichnetunddasMinisteriumgerügt;dieBehördenreagierenstattdessenmit«Dementi,EinschüchterungundSchweigen»(Kaiman,2013).EinEinwohnereinesbetroffenen«Krebsdorfes»sagtehierzu(Kaiman2013):«Ganzegal,wieoftwirdarübersprechen,siewerdenunsnichtentschädigen.Also sprechenwirnichtmehrdarüber.»TrotzderVersuchevonRegierungsbeamten,MeldungenüberUnfälleinderchemischenIndustrieundderenAuswirkungen von den Nachrichten fernzuhalten, berichten internationale Nachrichtenagenturendarüber.DieskannirgendwannzuReputationsrisikenfürUnternehmenführen.
57 http://www.greenpeace.org/eastasia/campaigns/toxics/problems/water-pollution/
Chemikalien
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 43
Zellstoff und Papier
DiePapier-undZellstoffindustrieistverantwortlichfürmehrals40%desweltweitenHandelsmitIndustriehölzern.58 Die Verarbeitung von Papier und Zellstoff stellt auch einen der primärenMärkte für Basischemikaliendar(OECD,2001).DasbeiderHerstellungvonPapierausZellstoffmeistgenutzteVerfahrenistdasKraftverfahren(Sulfat).DerGrossteilderKraftzellstoffproduktionwirdmittels der Elemental-Chlorine-Free-Technologie (elementarchlorfrei,ECF)gebleicht–einemVerfahren,dasaufdieVerwendungvonChlordioxidangewiesenist.DieECF-Technologie hat einen Weltmarktanteil von über90%.59
Diese Branche ist der grösste Einzelwasserverbrau-cher für industrielle Tätigkeiten in Industrieländern 60 mit einem Bedarf von durchschnittlich 54 Kubikmetern Wasser pro Tonne Endprodukt 61. Innahezu jedemSchritt der industriellen Produktion von Zellstoff und Papier wird Wasser verwendet, was zu grossen Mengen vonAbwässernundRestschlämmenführt.Ausdenoftin der Nähe von Flüssen und Seen oder an der Küstegelegenen Papierfabriken können grosse Mengen vonSchadstoffen in Gewässer eingeleitet werden, was sichnegativ auf die aquatischen Ökosysteme und auf dieGesundheit der nahe der Papierfabrik lebendenBevölkerungauswirkt.DadieNachfragenachpapierbasiertenProduktensteigt,müssendieUmweltauswirkungenderinderenProduktionverwendetenChemikaliengenauergeprüftwerden.DiesgiltbesondersfürdasBleichenvonZellstoff.
Physical risks 62 Für den Betrieb der Papier- und Zellstoffindustrie beste-hen physische Risiken quantitativer und qualitativer Art. In diesem Sektor besteht naturgemäss ein Bedarf an grossen Mengen von Süsswasser. Der Grossteil die-ses Wassers wird als Betriebswasser verwendet, wird also bei der Produktion nicht verbraucht, aber stark mit Schadstoffen belastet (einschliesslich Temperatur), was sich ohne geeignete Behandlung vor der Einleitung in Gewässer negativ auf die Umwelt auswirkt. Der Betrieb
erfordert zudem dauerhaften und zuverlässigen Zugriff auf grosse Wassermengen mit einer bestimmten Quali-tät, um eine wirtschaftliche Produktion zu gewährleis-ten. Stärkere Wasserverschmutzung würde zu Kosten für die Wasserbehandlung führen. Physische Risiken können natürlicher Art sein oder durch andere Inter-essengruppen im Einzugsgebiet ausgelöst werden (z.B. Verschmutzung; flussaufwärts erfolgende, übermässi-ge Wasserentnahme).
Während beim Total-Chlorine-Free-Bleichverfahren (TCF, Bleichen des Zellstoffs ohne Chlor) Sauerstoff,Ozon und/oder Wasserstoffperoxid verwendet werden, kommt bei der EFC-Technologie das schädliche Chlordioxid zum Einsatz. Gelangen gefährliche, chlorierteVerbindungen oder sonstige Nebenprodukte der Zellstoffverarbeitung in Gewässer, können sie zur Verunreinigung desWassers und zuUmweltschäden führen.DasichdieseVerbindungeninOrganismenanreichern,gelangen sie in dieNahrungskette und können sich sogesundheitsschädigendauswirken.63
Durch die Ansammlung von Chlorverbindungen inIndustriefiltersystemen istes fürmitdemECF-VerfahrenarbeitendePapierfabrikenschwieriger,Systememitgeschlossenen Kreisläufen zu erstellen, in denen eine Wiederverwertung des Abwassers aus dem Bleichvorgang erfolgt 64, und somit der Verbrauch von Wasseraus natürlichen Wassersystemen gesenkt würde. Diesbedeutet,dassPapierfabrikennurinbegrenztemMasseVerbesserungenderEffizienzihrerWassernutzungvornehmenkönnen.DaskannimLaufederZeitzuerhöhtenBetriebskosten führen–nicht nur hinsichtlich desWasserverbrauchs, sondern auch beim Verbrauch vonEnergieundChemikalien.
Regulatorische Risiken Durch die potenziell hohen Auswirkungen auf Wasser-menge und -qualität gelten für die Papier- und Zellstoffin-dustrie zahlreiche Gesetze und Vorschriften, die jedoch in verschiedenen Staaten deutlich voneinander abweichen
58 http://www.worldwildlife.org/industries/pulp-and-paper
59 Ibid.
60 Ibid.
61 www.waterworld.com/articles/iww/print/volume-12/issue-3/feature-editorial/water-treatment-in-the-pulp-and-paper-industry.html
62 DerkursiveTextindenAbschnitten«Physische,RegulatorischeundReputationsrisiken»stammtausACE&WWF,2015
63 www.ejnet.org/dioxin/
64 http://www.energy.ca.gov/process/pubs/LP_CLOSED_CYCLE_FINAL.PDF
Chemikalien
44 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
können. Darüber hinaus hängt die Wirkung dieser Geset-ze und Vorschriften vom Ausmass ihrer Umsetzung und Durchsetzung ab. Änderungen bei Genehmigungen für die Wassernutzung, Wasserpreisen und zulässigen Wer-ten für Schadstoffe im Abwasser wirken sich besonders stark auf die Betriebskosten aus. Konstante Verbesserun-gen der Wassereffizienz und der Abwasserbehandlung sind nötig, um dem gesetzlichen Rahmen zu entsprechen. Bei Unternehmen können Probleme mit der Erfüllung der durch lokale oder regionale Regierungen auferlegten gesetzlichen Vorgaben auftreten. Regulatorische Risiken sind bei klaren gesetzlichen Rahmenbedingungen niedri-ger, wenn das Unternehmen nicht plötzlich und oft ver-ändernden, gesetzlichen Vorschriften unterliegt.
Regulatorische Risiken Die unzureichende Erfüllung von Vorgaben durch ein Unternehmen und/oder bestimmte Teile des Betriebs oder eine daraus resultierende breite Medienbericht-erstattung können sich negativ auf die Akzeptanz des Unternehmens und seine Produkte von Seiten der Inte-ressengruppen im Einzugsgebiet (lokale Bevölkerung, NGOs, andere Industriezweige, Regierungen) auswir-ken. Die Betriebslizenz kann sogar über den Standort hinaus auf Unternehmens- und Branchenebene infrage gestellt werden. Die Aneignung von Kenntnissen über die Auswirkungen des eigenen Betriebs und der Bran-che auf die Umwelt sowie deren Offenlegung werden als wichtige Signale dafür gesehen, dass ein Unternehmen zu Verbesserungen und zum Lernen aus Fehlern willens ist, aber auch, um diesbezügliche Erkenntnisse und Erfolge aufzuzeigen. Ein schlechter Ruf kann sich auch auf die Attraktivität der Branche für zukünftige Ange-stellte auswirken.
EinigeeinflussreicheNGOs(wieGreenpeaceundAmnesty International) betreiben gezielte Detox-Kampagnenin Bezug auf Betriebswasser (siehe ReputationsrisikenKapitel7TextilienundBekleidung).UnternehmenwerdenstärkerhinsichtlichderGefährlichkeitihrerAbfälleüberprüft und dazu aufgefordert, über die ErfüllungderStandardanforderungenhinauszugehen.Angesichtsdieser Bemühungen um eine Vermeidung gefährlicherChemikalienistesunwahrscheinlich,dassForderungennacheinerBeendigung«schmutziger»Produktionnachlassen.
Im Fokus – Chile 2014warChilederviertgrössteExporteurvonZellstofffür die Papierproduktion und von Holzzellstoff (nachBrasilien, Kanada und den USA).65 Für den Zeitraum2010 bis 2025 wird erwartet, dass die lateinamerikanischen Exporte die weltweite Hauptquelle von Holzzellstoff werden, wobei ein Grossteil nachWesteuropaausgeführtwird(sieheAbbildung13inWBCSD&Pöyry,2012).LautWWFverlagernvieleinternationalePapier-und Zellstoffunternehmen ihre Produktion infolgeniedrigerer Produktionskosten und der Nähe zu PlantagenmitschnellnachwachsendemZellstoffholzindenSüden.66
Auswirkungen einer Papierfabrik auf Lateinamerikas erstes Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung2004 wurden aus der Celulosa-Arauco-y-ConstituciónPapierfabrik (CelcoArauco) in Valdivia Abwässer in den Fluss Cruces eingeleitet. Die Papierfabrik wurde nahe (32 Kilometer) des Naturschutzgebiets Carlos Anwandter gebaut, Lateinamerikas erstem durchRamsaraufgenommenenFeuchtgebietvoninternationalerBedeutung.DieEinleitungverursachteUmweltschädenimFlussundimFeuchtgebiet,einschliesslicheinerstarken Dezimierung einer der grössten BrutkolonienvonSchwarzhalsschwänensowieanderenWasservögelnundWassertiereninSüdamerika(WWF,2005).Esfolgten Rechtsstreitigkeiten, die zur zeitweiligen Schliessung der Papierfabrik führten. Sie wurde mit neuen Einschränkungen hinsichtlich ihrer Umweltgenehmigungwiedergeöffnet.NachdemderchilenischeStateDefenceCouncil Anklage gegen CelcoArauco erhob, befand das ZivilgerichtvonValdiviadasUnternehmenfürschuldiganderUmweltkatastropheimNaturschutzgebietCarlosAnwandter und ordnete 2013, neun Jahre nach demVorkommnis,Massnahmen zur Risikominderung an.67 Celco-Araucohatentschieden,gegendiesesUrteilnichtinBerufungzugehen.
Die Umweltschäden im Naturschutzgebiet CarlosAnwandter verursachten enorme öffentliche Kontroversen in Chile, die sogar zu einer Bürgerbewegung – Acción por los Cisnes(AktionfürdieSchwäne)–führten, welche eine Schlüsselrolle bei der ThematisierungdesProblemsaufregionalerundnationalerEbenespielte
65 http://faostat3.fao.org/browse/F/FO/E
66 http://wwf.panda.org/about_our_earth/deforestation/forest_sector_transformation/pulp_and_paper/
67 http://www.lanacion.cl/condenan-a-celco-por-dano-ambiental-al-santuario-del-rio-cruces/noticias/2013-07-27/180317.html
Chemikalien
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 45
Tausende Schwarzhalsschwäne verendeten im Naturschutzgebiet Carols Anwandter nach starken Verschmutzungen durch Celco-Arauco
im Jahre 2005
(WWF, 2005). Die am Rande des Naturschutzgebietsangesiedelte,einheimischeMapuche-GemeinschaftvonTralcao sah ihre Lebensgrundlage bedroht durch den Zusammenbruch einer Initiative für Agrartourismus,denVerlustvonzurBewässerunggenutztemWasserunddurch negative Auswirkungen auf die Märkte für ihrelandwirtschaftlichenProdukte(WWF,2005).
ObwohlCelco-AraucomiteinerReihevonGenehmigungen arbeitete, die nicht den vor elf Jahren erlassenen Umweltschutzrichtlinienentsprachen,erkanntedieFirmanachundnachdieNotwendigkeit, ihreSozial-undUmweltverträglichkeit in ihrem Geschäftsmodell zuberücksichtigen.WährendCelco-Arauco sichweiterhin
um die Beseitigung der entstandenen sozialen- undUmweltschädenimNaturschutzgebietundseinerUmgebung sowie um die Wiederherstellung des Vertrauensder Zivilgesellschaft bemüht, muss das UnternehmenderBevölkerunggegenüberauchzeigen,dassessichdieserHerausforderungernsthaftannimmt.68
Im Januar 2016 leitete die chilenischeUmweltbehördewegen elf angeblicher Verstösse gegen Umweltschutzvorschriften erneut ein Verfahren gegen Celcos Planta Valdivia-Papierfabrikein,indessenRahmeneszurVerhängungvonBussgelderninHöhevonbiszuCHF29,3Millionen (USD 29,5 Millionen) und einemmöglichenEntzugderBetriebslizenzkommenkann(Reuters,2016).
68 https://verdeseo.cl/2013/10/03/celco-y-el-desastre-del-rio-cruces-un-giro-inesperado/
Landwirtschaft
46 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
6 Landwirtschaft2014 betrug der Anteil landwirtschaftlicher Produkte am weltweiten Warenhandel9,5%;dieSchweizimportiertelandwirtschaftlicheProdukteimWertvonCHF13,851Milliardenoder 5,1%der gesamtenWarenimporteder SchweizerWirtschaft (WTO,2015).DerSelbstversorgungsgradderSchweiz(definiertalsdasVerhältnisvonInlands-produktionzumInlandsverbrauch)lag2013bei50,2%.69
Fürdiewichtigsten landwirtschaftlichen Importrohstoffe sind inTabelle970 jeweils diefünfStaatenmitdengrösstenEinfuhrmengensowiediezugehörigenWasserrisikenaufgeführt.DiephysischenRisikenstellendiegrössteBedrohungfürdieindieSchweizeingeführtenlandwirtschaftlichenRohstoffedar,gefolgtvondenReputationsrisiken.NebenderEUalswichtigstemHandelspartnersindBrasilien,Ecuador,KolumbienundSüdafrikaweiterebedeutendeHandelspartnerderSchweiz.
Wasserrisiko des Sektors und Intensität der Wassernutzung
Rund70%desweltweitgenutztenOberflächen-undGrundwassersentfallenaufdieLandwirtschaft,währendindenamwenigstenentwickeltenLändern94%desverwendetenWassers fürdieLandwirtschaftbestimmt ist (UN,2012;FAO,2011).AusdemjüngstenBerichtGrundsätze der Vereinten Nationen für verantwortungsbewusstes Investment (UNPRI)zuWasserrisikeninLieferkettenfürAgrarerzeugnissegehthervor,dass«landwirtschaftlicheProduktedenhöchstenWasserverbrauchinstarkundakutvonWasserstressbetroffenenRegionenverursachen»(PRI,2014).DerzeitfindeteinDritteldergesamtenNahrungsmittelproduktioninstarkodersehrstarkvonWasserstressbetroffenenGebietenstatt(Roberts&Barton,2015).
Konkurrenz um Wasserressourcen, schwache Regierungsführung, veraltete oderungeeignete Infrastruktur, Wasserverschmutzung sowie Klimawandel und Wetterschwankungen sind die hauptsächlichen Wasserrisikotreiber, die sich auf die WassersicherheitdesLebensmittelsektorsauswirken(Roberts&Barton,2015).Innerhalbder Konkurrenz um Wasserressourcen besteht in Zusammenhang mit dem hohenBewässerungsbedarf ein besonders ausgeprägtes Risiko für diesen Sektor, dessenVerschärfungdurcheinenverstärktenWettbewerbinfolgevonUrbanisierung,IndustrialisierungundAuswirkungendesKlimawandelszuerwartenist.DerKlimawandelwirkt sich sehr wahrscheinlich durch Veränderungen im saisonalen Auftreten vonNiederschlägenundabschmelzendemPackeissowiedurchhäufigeresVorkommenundgrösseresAusmassvonÜberflutungenundDürrenaufdieWasserversorgungunddieLandwirtschaftaus.71DiesesProblemwirdsichverschärfen,daeinGrossteildesweltweiten Ackerlands in semiaridenGebieten liegt, derenweitere Austrocknung durchdenKlimawandelzuerwartenist.
69 http://www.agrarbericht.ch/de/markt/marktentwicklungen/selbstversorgungsgrad
70 SwissImpex,perApril2016
71 http://www.oecd.org/agriculture/wateruseinagriculture.htm
Rund 70 % des weltweit genutzten Oberflächen-
und Grundwassers entfallen auf die Land-
wirtschaft, während in den am wenigsten
entwickelten Ländern 94 % des verwendeten Wassers für die Land-
wirtschaft bestimmt ist
Landwirtschaft
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 47
Obwohl die Bewässerungslandwirtschaft durchschnittlich doppelt so hohe Erträge erzielt wie die regenabhängige Landwirtschaft, bleibt letztere doch das weltweit vorherrschende System (Metabolic, 2016). Zwischen 15 und 35% der Wassernutzungin der Landwirtschaft werden als nicht nachhaltig eingeschätzt; zusätzlich werden60% des jährlich in der Landwirtschaft verbrauchtenWassers verschwendet.72 Die Landwirtschaft ist einer der Hauptverursacher von Wasserverschmutzung, wobeidiegrösstenProblemeauftretenbeisichinOberflächenwasserundKüstengewässernansammelnden,überschüssigenNährstoffmengen, steigendenNitratkonzentrationenimGrundwassersowiePestizideninGrund-undOberflächenwasser(Metabolic,2016;FAO,2011).Gleichzeitig istdieserSektorvonguterWasserqualitätabhängig,umdieVerunreinigungderAnbaukulturenzuvermeiden(sieheTabelle10füreinenallgemeinenÜberblicküberdiefürdieLandwirtschaftbestehendenWasserrisiken).
InZusammenhangmitder landwirtschaftlichenProduktionbestehendeWasserrisiken sind für inderSchweizproduzierteGüter vergleichsweiseniedrig, dadasLandüber umfangreicheWasserressourcen und relativ gut entwickelte Systeme zu derenManagement verfügt. Für Schweizer Hersteller und Einzelhändler können jedocherhebliche Wasserrisiken innerhalb ihrer Lieferketten bestehen, wenn landwirtschaftlicheRohstoffeausRegionenmitWasserproblemeneingeführtwerden.BekannteBeispielesinddiestarkvonWasserabhängigenLebensmittel-undGetränkesektoren,dieWasserbeiderProduktionundbeimEndproduktsowohlalsdirekteZutatalsauchfürdieVerarbeitungvonRohstoffenbenötigen.
72 http://wwf.panda.org/what_we_do/footprint/agriculture/impacts/water_use/
73 http://waterfootprint.org/en/resources/interactive-tools/product-gallery/
Durchschnittlicher Wasserfussabdruck für einige der wichtigsten, landwirtschaftlichen Einfuhrgüter der Schweiz 73:
• Kaffee(geröstet):18’900Liter/Kilogrammoder130Literfür1TasseKaffee• Schokolade:17’196Liter/Kilogrammoder1700Literfür100GrammSchokolade• Rindfleisch:15’415Liter/Kilogramm• Reis:2497Liter/Kilogramm• Bananen:790Liter/Kilogrammoder160Literfür1Banane• Orangen:560Liter/Kilogrammoder80Literfür1Orange• Kartoffeln:287Liter/Kilogramm• Tomaten:214Liter/Kilogrammoder50Literfür1Tomate
Landwirtschaft
48 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
Rohstoff
Einfuhr-menge
(kg)Einfuhrwert
(CHF) Land
Anteil an gesamter Einfuhr
Physisches Risiko
Regulato- risches Risiko
Reputations-risiko
Weizen und Mengkorn 397’284’830 125’132’150 Deutschland 31%
Frankreich 29%
Österreich 16%
Kanada 15%
Tschech.Republik 2%
Sojabohnen sowie Ölkuchenundandere,festeRückstände
287’073’105 157’192’376 Brasilien 58%
Russland 16%
Niederlande 8%
Italien 7%
China 3%
Kaffee 159’339’432 752’515’999 Brasilien 28%
Kolumbien 16%
Vietnam 9%
Indien 8%
Costa Rica 6%
Reis 126’200’077 90’228’532 Brasilien 43%
Italien 19%
Thailand 13%
Indien 12%
Spanien 2%
Bananen 88’618 ’697 103’097’062 Panama 41%
Kolumbien 19%
Peru 13%
Ecuador 12%
Dom.Republik 8%
Orangen 69’219’278 68’800’394 Spanien 60%
Italien 27%
Südafrika 9%
Portugal 1%
Ägypten 1%
Tabelle 9 – Die für die Schweiz wichtigsten landwirtschaftlichen Importgüter aus den fünf grössten Einfuhrländern und deren zugehörige Wasserrisiken
Landwirtschaft
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 49
Rohstoff
Einfuhr-menge
(kg)Einfuhrwert
(CHF) Land
Anteil an gesamter Einfuhr
Physisches Risiko
Regulato- risches Risiko
Reputations-risiko
Kakaobohnen 44’087’475 143’257’874 Ghana 50%
Ecuador 25%
Elfenbeinküste 13%
Madagaskar 4%
Venezuela 2%
Tomaten 39’063’663 77’443’816 Spanien 44%
Italien 18%
Marokko 17%
Niederlande 13%
Belgien 4%
Trauben 38’629’551 83’572’501 Italien 63%
Südafrika 9%
Türkei 7%
Frankreich 7%
Spanien 3%
Kartoffeln 37’810’327 15’231’608 Deutschland 31%
Niederlande 27%
Israel 18%
Frankreich 14%
Belgien 5%
Rindfleisch 25’983’234 196’952’645 Deutschland 44%
Österreich 12%
Irland 8%
Uruguay 8%
Brasilien 4%
Landwirtschaft
50 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
Physische Risiken Einzugsgebiet BeiderVerfügbarkeitvonSüsswasser(Menge)kannesdurchdensteigendenBedarfanderer,imEinzugsgebietansässigerVerbraucherzuEngpässenkommen.Andere,imEinzugsgebietansässigeVerbraucherkönnenSüsswasserquellen verschmutzen(Qualität).SteigendeLuft-undWassertemperaturenführenaufgrundzunehmender Verdunstungzugrösseren,fürdieBewässerungbenötigtenWassermengen.
Unternehmen HoheAbhängigkeitvongrossenSüsswassermengenfürdendirektenVerbrauch.• TrinkwasseristeinunersetzlicherHauptbestandteilderGetränkeproduktion. WassermangeloderverunreinigtesWasserkönnenzurSchliessungoder VerlagerungvonProduktions-undAbfüllanlagenführen.
DergrössteWasserverbraucherfolgtimPflanzenbauundinderTierhaltung (Zulieferer).• VeränderteNiederschlagsmusterundinfolgedesKlimawandelsauftretende,schwereÜberflutungenoderDürreperiodenkönnensichnegativaufMengeundQualitätvonErnteerträgenauswirkenunddenWasserbedarffürPflanzenundNutztiereerhöhen.
Regulatorische Risiken Einzugsgebiet Keine oder nur begrenzte Vorschriften oder keine oder nur begrenzte Durchsetzung durchlokaleRegierungenkönnensichaufdieWasserqualitätund-mengeimEinzugsgebietauswirken.• NeuverteilungvonWassernutzungsrechten,fallsdieRegierungmehrWasserverkauft,alsverfügbarist.
BeimBetriebingrenzüberschreitendenEinzugsgebietenkönnenUnterschiedebeiVorschriftenundDurchsetzungsichstromabwärtsstärkeraufWasserqualität und-mengeauswirken.Grosse,multinationaleUnternehmensindoftbevorzugteZielefür(lokale) Regierungen.• LokaleUnternehmenerhaltenoftmalsehersteuerlicheoderregulatorischeVorzügealsgrössere,multinationaleUnternehmen.
Unternehmen VerstärkterWettbewerbmitanderenWasserverbrauchernimEinzugsgebietkannzumEntzugvonWassernutzungsrechtenführen.StrengereVorschriftenundverstärktestaatlicheDurchsetzungkönnendieKostenfürSüsswassersowiefürdieAbwasserbehandlungund-einleitungerhöhen.• GesetzgeberkönnenUnternehmenzurVerwendunginnovativerHerstellungs-verfahrenzwingen,umdieAuswirkungenaufWasserzureduzieren.
• UnterBerücksichtigungderbenötigtenMengenkönnensichmöglichePreis-steigerungen oder Änderungen in der Preisstruktur erheblich auswirken, insbesondereaufZuliefererlandwirtschaftlicherProdukte.
Reputationsrisiken Einzugsgebiet EinRückgangdeswirtschaftlichen,sozialenundphysischenWohlergehensderVerbraucheraufgrundmangelndenZugangszusauberemWasserkannsichaufdasWachstumderlokalenMärkteauswirken.• GetränkeherstellersindoftvertikalintegriertundverkaufendirektanEnd-verbraucherauflokalenMärkten.
DasAnsehengrosser,multinationalerUnternehmenistbesondersanfälliggegenüberUnruheninlokalenGemeinschaften.
Unternehmen VerbraucherentwickelneinverstärktesBewusstseinfürdieAuswirkungenderLebensmittel-undGetränkeproduktionaufdielokaleUmweltundBevölkerung.AbwässerausderLandwirtschaftsowieausderLebensmittel-/FleischverarbeitungkönnensichnegativauflokaleWasserressourcenundÖkosystemeauswirkenundsinddaherpotenziellschädlichfürdenRufvonMarkenundUnternehmen.
Tabelle 10 – Allgemeiner Überblick über die für die Landwirtschaft bestehenden Wasserrisiken
Landwirtschaft
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 51
Länderbeispiel: Reisproduktion in Indien
Anteil an der weltweiten Produktion (Government of India, 2015)
21,38%
Anteil an Einfuhren in die Schweiz 74 12,12%
NachChinaistIndienderzweitgrössteReisproduzent.752012produzierteIndien157,8MillionenTonnen(Roh)reisauf42’410’000HektarenLand,was14%derLandmasseIndiensentspricht(GovernmentofIndia,2015).ReisistIndienswichtigstesExportgut– dieAusfuhrlag2013beiinsgesamtüber11,3MillionenTonnenimWertvonCHF8,14Milliarden (USD 8,2 Milliarden).76 Trotz der weltweit grössten, für den Reisanbaugenutzten Fläche sind die Erträge in Indien (3,61 Tonnen/Hektar) im Vergleich zuanderen,wichtigenReisproduzenten(China–6,89Tonnen/Hektar;Indonesien,drittgrössterProduzent–4,77Tonnen/Hektar)sehrgering.77
AufmehralseinemVierteldesKulturlandswird inIndienReis invierunterschiedlichen Systemen angebaut: bewässerte Anbaugebiete, nicht bewässertes Hochland,nichtbewässertesTiefland,undhochwassergefährdeteGebiete.782011bis2012kamen58,7%desinIndienangebautenReisesausbewässertenAnbaugebieten(GovernmentofIndia,2015).2013bis2014kamendiegrösstenMengenausdendreiBundesstaatenWestbengalen (15,31MillionenTonnen, 14,37%der inländischenProduktion),UttarPradesh (14,63MillionenTonnen, 13,7%der inländischenProduktion), undAndhraPradesh(13,03MillionenTonnen,12,23%derinländischenProduktion)(GovernmentofIndia,2015).
Der Reisanbau in Indien erfolgt mehrheitlich (84%) während des Wintermonsuns(oder Kharif ), ein kleiner Teil wird während der Rabi-/SommersaisonmittelsBewässerung(9%)79angebaut.2013bis2014betrugendieKharif-Erträge2326Kilogramm/HektarundRabi-Erträge3273Kilogramm/Hektar(GovernmentofIndia,2015).
IndenEinzugsgebietendesGangesunddesMahanadibesitzendieöstlichenBundesstaaten den intensivsten Reisanbau, welcher hauptsächlich durch Regenwasser gespeist ist.ImNordostenwirdReisohnekünstlicheBewässerungimEinzugsgebietdesBrahmaputra angebaut. In der nördlichen Regionwird aufgrund kalterWinter nur eineAussaat jährlichmittels künstlicherBewässerung angebaut. IndenwestlichenBundesstaatenGujarat,Maharashtra undRajasthan erfolgt derReisanbaumehrheitlichdurchRegenwasser,gespeist indenZeiträumenJuni-AugustbisOktober-Dezember.ImSüdenfindetderAnbauhauptsächlichindenFlussdeltasvonGodavari,Krishna,undCauveryunterBewässerung sowie indennicht zuDeltasgehörendenRegionenTamilNaduundAndhraPradeshohneBewässerungstatt.80
74 SwissImpex,perApril2016,Tarifnummer1006–Reis,Tarifnummer1008.9024–Wildreis[Zizaniaaquatica],
zurmenschlichenErnährung,ausserhalbdesZollkontingents
75 www.faostat.fao.org
76 Ibid.
77 Basierendauf2015«HarvestedArea»,«Yield–paddy»,und«Production–paddy»,http://ricestat.irri.org:8080/
wrsv3/entrypoint.htm
78 http://farmer.gov.in/imagedefault/pestanddiseasescrops/rice.pdf
79 Ibid.
80 Ibid.
Landwirtschaft
52 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
81 WaterRiskFilter:India
82 Ibid.
Wassersituation Die zwei wichtigsten Wasserquellen Indiens sind Regenwasser und SchmelzwasserausdemHimalaja.Ungefähr80%derindenFlüssenIndiensgeführtenWassermenge fliesst in den vier bis fünfMonaten der Saison des Südwestmonsuns ab.81 Vor den sommerlichenRegenfällentritt invielenGebietenlokalschwererWassermangelauf,bevordieseGebietedannwährenddesMonsunsüberflutetwerden.AufgrundvonklimatischenundsozialenFaktorenschwankendieVerfügbarkeitundNutzungvonWasserressourcen inganz Indien stark.ObwohldiemeistenFlüssean ihrenOberläufenüberguteWasserqualitätverfügen,verursachenderWasserverbrauchinStädten,dieLandwirtschaftunddieIndustriesowiederMangelanKläranlagenindenmittlerenundUnterläufendermeistenFlüsseeinestarkeAbnahmederOberflächenwasserqualität.DieVerschmutzungendurchGemeinden, IndustrieundLandwirtschaftwirkensichebenfallsaufdasGrundwasseraus.82Nahezu80%derunbehandelten,städtischenAbwässergelangeninFlüsse(WWFIndia,2013).AusserdemdringtSalzwasserinfolgederÜbernutzungdesGrundwassers indasküstennaheGrundwassersystemeinundbeeinträchtigtErnteerträgesowiedenBetriebvonBauernhöfenundderAgrarindustrie.
NachzweiaufeinanderfolgendenJahrenmitwenigergiebigenMonsunregenfällensiehtsichIndienmitseinerpotenziellschwerstenWasserkrisekonfrontiert.ImApril2016warenmindestens 330MillionenMenschen von einer schwerenDürre betroffen, inderenFolge91Wasserreservoirsnurnochübergerade29%ihresgesamtenFassungsvermögensverfügten(BBC,2016).
Wasser istzumgrösstenHindernis füreinenumfangreicherenReisanbauzurAbdeckungdessteigendenBedarfssowiederzukünftigenErnährungssicherheitinIndiengeworden.DieErnährungssicherheitistgefährdet,solangedieRegierungdieProduktionnichtumzweiMillionenTonnenjährlichanhebt(Jishnuetal.,2010).
Im April 2016 waren mindestens 330
Millionen Menschen von einer schweren
Dürre betroffen
Indiens Hauptanbaugebiet für Reis und das Flusseinzugsgebiet des Ganges
DieRegionmitdergrösstenReisproduktioninIndien,Westbengalen,istderamtiefstengelegeneFlussanliegerimEinzugsgebietdesGanges(74’732Quadratkilometer)undmitgeringeremAnteil auch indenEinzugsgebietenderFlüsseBrahmaputra (11’860Quadratkilometer) undSubarnarekha (2160Quadratkilometer). Insgesamt erstrecktsichdasländerübergreifendeEinzugsgebietdesGangesübereineMillionQuadratkilometerunddamitübermehralseinDrittelIndiens.
Die wichtigsten physischen Risiken für das Teileinzugsgebiet des Ganges sind Verschmutzung,Überflutungund eine für die konkurrierendenBedürfnisse vonTrinkwasserversorgung, Landwirtschaft und Industrie unzureichende Wassermenge
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DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 53
ausserhalbderMonsunsaison.Zusätzlichzuden1,3MilliardenLiternanAbwässern,die täglich direkt in den Fluss gelangen, verschmutzen nochweitere 260MillionenLiter grösstenteils unbehandelter Industrieabwässer, Einträge durch jährlich mehrals sechsMillionenTonnen ausgebrachte chemischeDüngemittel und9000TonnenangewendetePestizide,sowieTausendeTierkadaverdenGanges.83Geschätzte32’000LeichenwerdenjährlichentlangdesGangesverbranntund200TonnenhalbverbranntenMenschenfleischesgelangeninIndiensheiligstenFluss(Mallet,2015).84
Der WWF hat die folgenden, ernsten Bedrohungen für den Ganges identifiziert:«An sämtlichen Zuflüssen des Ganges befinden sich Staudämme, welche rund 60 % des Stromdurchflusses grossen Bewässerungsanlagen zuführen. Ein Plan zur Ver-bindung 37 grosser Flüsse würde weitere enorme Wassermengen vom Ganges (und Brahmaputra) ableiten, um den Wasserbedarf in der Landwirtschaft in den von Dür-ren bedrohten, im Süden und Osten gelegenen Bundesstaaten zu decken. Zusätzlich subventionieren Regierungen entlang des Ganges massiv die Elektrizität für Rohr-brunnenpumpen, planen die Ausweitung der Nutzung von Oberflächenwasser zur Bewässerung und untersagen die Umleitung jeglichen Oberflächenwassers.
Die Überbeanspruchung durch die landwirtschaftliche Nutzung des Ganges hat zum Rückgang der Oberflächengewässer geführt. Dies bedingt eine höhere Abhängigkeit vom Grundwasser, den Verlust von auf Wasser basierenden Existenzgrundlagen und die Zerstörung des Lebensraums von 109 Fischarten sowie weiterer aquatischer und amphibischer Tierarten.
Sinkende Wasserspiegel haben indirekt zum Rückgang organischer Substanzen im Boden geführt und die landwirtschaftliche Produktivität verringert. Schliesslich hat sich die Übernutzung des Grundwassers erheblich auf die Wasserqualität ausgewirkt. Unzureichende Grundwasserneubildung behindert die natürliche Reinigung von Arsen, das bei Luftkontakt wasserlöslich wird und die Gesundheit von 75 Millionen Menschen bedroht.
Der Klimawandel wird die durch die Wassernutzung verursachten Probleme ver-schärfen. Geschätzte 30 bis 40 % des Wassers im Ganges stammen von Gletschern im Himalaja, was besonders in der Trockenzeit vor den Monsunregenfällen kritisch ist.» 85
InRahmeneinerStudiezuReisanbauundKlimawandel fandendieAutorenheraus,dass der Reisanbau im oberen Einzugsgebiet des Ganges stark von Niederschlagsschwankungen abhängt und anfällig gegenüber geringen Niederschlagsmengen ist,wogegendieReisproduktionimunterenEinzugsgebietdesGangesstärkervonÜberflutungenbeeinflusstwird(Weltbank,2013).EinerStudiezudenAuswirkungendesKlimawandels auf die Reisproduktion imEinzugsgebiet des Ganges zufolgewerdensich dieErträge imZeitraumvon2011 bis 2040umminus 5,9%bis minus 43,2%imoberenEinzugsgebietundumplus1,2%bisplus22,6%imunterenEinzugsgebietverändern(Mishraetal.,2013).
83 http://wwf.panda.org/about_our_earth/about_freshwater/rivers/irbm/cases/ganges_river_case_study/
84 http://www.india-wris.nrsc.gov.in/wrpinfo/index.php?title=Ganga
85 http://wwf.panda.org/about_our_earth/about_freshwater/freshwater_problems/river_decline/10_rivers_risk/gan
ges/ganges_threats/
Landwirtschaft
54 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
86 http://data.worldbank.org/indicator/ER.H2O.INTR.PC
87 Siehehttp://indiawatertool.in/fürNachfrage-undVerfügbarkeitsprognosenfür2025
88 http://irri.org/news/hot-topics/rice-and-climate-change
Physische RisikenIndienbefindet sich in einemZustandvonWasserstress,welcher als jährlicheWasserzufuhr vonweniger als 1700Kubikmeter pro Person definiert ist. 2014 betrugenIndienserneuerbareFrischwasserressourcen1116KubikmeterproPerson.86 Es ist zu erwarten,dassdieproKopfverfügbareWassermengeinIndiennochvor2025aufunter1000Kubikmetersinkt87(UNEPFI,2009).Schätzungenzufolgewerden8,4MillionenHektaren zusätzlich zur Regenzeit bewässerte Reisanbaufläche im nördlichen undinZentralindiensowie2MillionenHektareninZentralindienbis2025«physischemWassermangel»unterliegen(Tuong&Bouman,2003).
DerKlimawandelwirdalsdie grössteBedrohung für IndiensWirtschaft angesehen(Krishnan & Beniwal, 2015). Er wird sich durch Änderungen von Temperatur undNiederschlagsmengendirektaufdieErträgedesnichtbewässertenReisanbaussowiedurchTemperaturänderungendirektundüberdieVerfügbarkeitvonWasserindirektaufdieErträgedesbewässertenReisanbausauswirken(Nelsonetal.,2009).ErheblichreduzierteReiserträgesindschonnacheinerWocheohneRegenindenimHochlandgelegenenReisanbaugebietenodernachzweiWochenohneRegenindenimTieflandgelegenenReisanbaugebietenzubeobachten.InJahrenmitschwerenDürreperiodenlagderdurchschnittlicheRückgangderErträgeinnichtbewässerten,dürreanfälligenRegionenbei17bis40%.88JeeinGradCelciusAnstieginderDurchschnittstemperaturkommtesgeschätztzu7%AbnahmeindenReisanbauerträgen(Africareetal,2010).SchätzungenzufolgewirdderKlimawandelzuPreissteigerungenbeiReisumzusätzliche32bis37%führen(Nelsonetal.,2009).
Einträge durch jährlich mehr
als 6 Millionen Tonnen
ausgebrachte chemische
Düngemittel und 9000 Tonnen
angewendete Pestizide
verschmutzen den Ganges
Landwirtschaft
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 55
Für den bewässertenReisanbau sind eine hohe Pflanzendichte sowie eine intensiveNutzungvonAgrochemikalien,EnergieundWassercharakteristisch.InIndienerfolgen90,41%derWasserentnahmendurchdieLandwirtschaft,70%davonsindfürdenReisanbaubestimmt.89,90DieBewässerungslandwirtschaftinganzIndienistanfälligfür fallendeGrundwasserspiegel sowie fürdie sinkendeQualitätdieserRessourcen.AlsErgebnisunzuverlässigerundrückgängigerVerfügbarkeitvonOberflächenwasserpumpenBauernundStadtbewohnerunkontrolliertGrundwasserab–mehrals60%desWassersinderBewässerungslandwirtschaftund85%derTrinkwasserversorgungberuhenaufGrundwasserentnahmen(Weltbank,2012).
Unsachgemässe Bewässerungsanlagen führen zu mangelnder Entwässerung, waswiederumProblememitStaunässe,ErschöpfungvonGrundwasserressourcen,VersalzungundAlkalitätbedingt(Tran,1997).Staunässe(dieÜbersättigungdesBodensmitWasser) hat besonders in grossenBewässerungsanlagen zurUnproduktivität grossflächigerGebieteinganzIndiengeführt(Panigrahi,etal,2015).DieVersalzungwirddurchdasEindringenvonSalzwasserausdemMeerinküstennahenGebieten,durchdieAufwärtsbewegungdesSalzwassers imBoden sowiedurchSalzablagerungenanderOberflächeinfolgeschnellerVerdampfungdesWassersverursacht(Tran,1997).
DerReisanbauimHochlandkannbeikurzerBrachezeitzurEntwaldungundBoden-erosionbeitragen,dadieBrachezeitalsZeitraumzurErholungdesBodensundWiederherstellungseinerProduktivitätdient(Tran,1997).VerkürzteBrachezeitentragenzusinkenderFruchtbarkeitdesBodensundsteigenderBodenerosionbei,diewiederumzusinkenderlandwirtschaftlicherProduktivitätführen.DieseProblemebedingendasweitereVordringenaufWaldgebieteundeinezunehmendeKultivierungvonGrenzertragsflächen(CGIARScienceCouncil,2006).
Regulatorische RisikenInIndiensindNutzung,VerwaltungundBesitzvonWasseroftehermitLand-oderBewässerungsstrukturenalsmitderRessourceselbstverbunden.Diesbegründetdienur unzulängliche Festlegung vonWassereigentumsrechten. Als Folge sind RechtsstreitigkeitenumWasseroftkomplexundteuer(UNEPFI,2009).
IndiensLandwirtschaftwirdvonKlein-undKleinstbauernmitallgemeinniedrigemMechanisierungsgraddominiert–80%derindischenBauernbesitzenwenigeralseinHektarLand(Africareetal.,2010).DieEffizienzderBewässerungsanlagenistallgemeingering,dadieWartungderAnlagenunzureichendistunddieRegierungsbehördennichtüberausreichendeRessourcenoderKapazitätenverfügen,umdersteigendenZahlderKleinbauerninIndiengerechtzuwerden.DaherhatdieRegierungdieBauernmittelsParticipatory Irrigation Management (PIM), Water Users’ Associations (WUA)undjüngstüberdie2012erstellteNational Water Policy in die Verteilung und VerwaltungvonBewässerungsanlagenintegriert.Ab2014übernahmen25vonIndiens28BundesstaatendenPIM-AnsatzgänzlichoderteilweisedurchdieBildungvonWUA(Sinha, 2014).DieErgebnisse sind gemischt:ErwartungsgemässwarendieFälle, indenendieUmsetzungübereinTop-Down-Verfahrenerfolgte,wenigerfolgreich(Sinha,2014).91
89 http://www.sri-india.net/
90 http://www.fao.org/nr/water/aquastat/maps/World-Map.WithA.Twith_eng.htm
91 FüreinenumfassendenBericht,warumWUAinIndiengelingenoderscheitern,siehe
http://wrmin.nic.in/writereaddata/PIM11.pdf
Landwirtschaft
56 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
ZurVerbesserungderNahrungssicherheit in IndienwurdenMitteder 1960er JahreRichtlinien erstelltmit dem Ziel, einen garantiertenMindestpreis und Einfuhrsubventionen(fürDüngemittel,Saatgut,Wasser,ElektrizitätundMaschinen)fürBauernsowieLebensmittelsubventionenfürArmezuschaffen(Mohanty,2015).DieseRichtlinien sindnoch immer inKraft.Besonders inTrockengebietenmit unzuverlässigerWasserversorgung subventioniert die Regierung elektrische Pumpen für BauernerheblichundgreifthinsichtlichentnommenerGrundwassermengennichtregulierendein(Shiaoetal.,2015).
IndienteiltsichmehreregrenzüberschreitendeFlüssemitPakistan,BangladeschundNepal. Übereinkünfte zu Wassernutzungsrechten können für Spannungen sorgen,besonders wenn die komplizierten politischen Beziehungen zwischen Indien undseinen Nachbarstaaten schon die kleinstenWasserfragen problematisch erscheinenlassen. Für das Einzugsgebiet des Ganges besteht nicht ein einzelner, umfassenderVertrag, sondern eine Reihe bilateraler Vereinbarungen; es besteht auch kein klardefinierterMechanismuszurBeilegungvonKonflikten.DieMinisterpräsidentinvonWestbengalen,demBundesstaatmitderhöchstenReisproduktion in Indien,hatdieEinwilligungzurVereinbarungüberdiegleichberechtigteNutzungdesFlussesTeestamitBangladeschverweigertmitderBegründung,eingrossesAnbaugebietfürRohreisinihremBundesstaatwürdedadurchgestört(Jayaram,2013).
ReputationsrisikenTrotzdesIndus-WasserabkommenswirdeinlanganhaltenderWasserkonfliktzwischenIndienundPakistanfortgeführt.RechtsgerichteteHindugruppeninIndienhabendieRegierung aufgerufen, die Wasserzufuhr nach Pakistan zu stoppen oder das Land zu überfluten.WährenddessenrufenradikaleIslamisteninPakistanzumWasser-Jihad gegenIndienauf.92SolltederzwischenstaatlicheWasserkonfliktentsprechendeskalieren,könntederinternationaleMarktbeimKaufvonReisausdieserRegionzurückhaltendagierenoderdiesenkomplettvermeiden,umnichtinvolviertzusein.
AlsFolgederProtestevonBauerngegeneinesichverschlechterndeVersorgungssituationstrichdasUnternehmenCoca-ColaeineExpansionimWertvonCHF23,8Millionen(USD24Millionen)inUttarPradeshundnanntealsGrundVerzögerungenbeiderErteilungvonGenehmigungenzurWasserentnahme(Chaudhary,2015).Dieszeigt,dassfürUnternehmenbeieinemBetriebinvonWasserstressbetroffenenRegioneninIndienzunehmendeReputationsrisikenbestehen.
92 http://thediplomat.com/2014/11/interview-the-india-pakistan-water-dispute/
Für das Einzugsgebiet des Ganges besteht nicht ein einzelner,
umfassender Vertrag, sondern eine Reihe bilateraler Verein-
barungen; es besteht auch kein klar defi-
nierter Mechanismus zur Beilegung von
Konflikten
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DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 57
Länderbeispiel: Rinder- und Sojaölkuchen-Produktion in Brasilien
Rinder Soja und Sojaölkuchen
Anteil an der weltweiten Produktion 16.40%(USDAFAS,2016) 21.00%94
Anteil an Einfuhren in die Schweiz 4.44%93 58.49%95
2015warBrasilienderzweitgrössteProduzentvonRind-undKalbfleischsowiedrittgrössterExporteur(USDAFAS,2016).DerGrossteil(82,56%)der2015produzierten9’425’000TonnenRindfleischwurde imInlandverbraucht (USDAFAS,2016).Ende2012nahmenBrasiliens211,3MillionenRindereineFlächevon172MillionenHektareninAnspruch(dasentsprichtungefährderkombiniertenFlächederSchweiz,Deutschlands,Italiens,ÖsterreichsundSpaniens)oder70%derlandwirtschaftlichenNutzflächeBrasiliens(Heinrich-Böll-StiftungundFriendsofEarthEurope,2014).BasierendaufderStückzahlsinddieimZentrumundWestenBrasiliensgelegenenBundesstaatenMatoGrosso(13,5%),Goiás(10,1%),MatoGrossodoSul(9,9%),derBundesstaatMinasGeraisimSüdosten(11,2%)sowiedasnördlichgelegenePará(9,4%)BrasiliensgrössteRindfleischproduzenten.96FürdenZeitraum2014bis2024prognostiziertdasbrasilianischeLandwirtschaftsministeriumeinenAnstiegderRindfleischproduktionvon 1,9%undderExportevon3,4% (BrazilMinistryofAgriculture,Livestock, andFoodSupply,2014).
2015wurden in Brasilien über 97Millionen Tonnen Sojabohnen auf 32,1MillionenHektaren Land geerntet, deren Anbau hauptsächlich nicht bewässert erfolgt.97 Der imwestlichenZentrumBrasiliensgelegeneBundesstaatMatoGrosso(27,8%)unddiesüdlichenBundesstaatenParaná(17,2%)undRioGrandedoSul(16%)sindführendbeiderProduktionvonSojabohnen.98FürdenZeitraum2014bis2024prognostiziertdasbrasilianischeLandwirtschaftsministeriumeinenAnstiegderProduktionvon36,9%undderExportevon44%(BrazilMinistryofAgriculture,Livestock,andFoodSupply,2014).UnterdengrösstenÖlsamenproduzentenverfügtBrasilienüberdasgrösstePotenzialzurAusweitungderProduktion,diesbesondersindennördlichenBundesstaatenMaranhão,Tocantins,PiauíundBahia(OECD&FAO,2015).
93 SwissImpex,perApril2016,Tarifnummer0201–FleischvonRindern,frischodergekühlt,Tarifnummer0202–
FleischvonRindern,gefroren,Tarifnummer0206.10–geniessbareSchlachtnebenerzeugnissevonRindern,frisch
odergekühlt,Tarifnummer0206.21–ZungenvonRindern,geniessbar,gefroren,Tarifnummer0206.22–Lebernvon
Rindern,geniessbar,gefroren,Tarifnummer0206.29–geniessbareSchlachtnebenerzeugnissevonRindern,gefroren
(ausg.ZungenundLebern)
94 BasierendaufeigenenBerechnungen,FAOStatDaten
95 SwissImpex,perApril2016,Tarifnummer1201–Sojabohnen,auchgeschrotet,Tarifnummer2304–Ölkuchenund
anderefesteRückständeausderGewinnungvonSojaöl,auchgemahlenoderinFormvonPellets
96 http://www.ibge.gov.br/english/estatistica/economia/ppm/2014/default.shtm
97 http://www.ibge.gov.br/english/estatistica/indicadores/agropecuaria/lspa/defaulttab.shtm
98 ftp://ftp.ibge.gov.br/Producao_Agricola/Levantamento_Sistematico_da_Producao_Agricola_[mensal]/Comenta
rios/lspa_201603comentarios.pdf
Landwirtschaft
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99 http://www.ers.usda.gov/media/295642/wrs013f_1_.pdf
Auswirkungen auf die Umwelt in Mato Grosso – Brasiliens grösstem Vieh- und Sojaproduzenten
InMatoGrossoverursachtdieUmwandlungdesAmazonas-RegenwaldsundderCerrado-Savanne die grössten Umweltkosten durch die landwirtschaftliche Expansion(Pacheco,2012).Seit1996hatsichdieFlächedesKulturlandsumeinDrittelvergrössert.DiesfandzumgrösstenTeilinderCerradostatt,vonwo70%derlandwirtschaftlichenProduktionBrasilienskommen(Economist,2010).
Von den ursprünglich 200Millionen Hektaren der Cerrado in Brasilien wurde dieHälfte für die Landwirtschaft nutzbar gemacht und der Rest ist stark fragmentiert(WWFInternational,2015).ObwohldieEntwaldungsrateimAmazonasgebietindenletztenJahrenrückläufigwar,kames2015imVergleichzumVorjahrzueinerSteigerungum63%.EinigeUmweltschützer sindderMeinung,dassdiesaufdaskürzlichüberarbeitete,nationaleForstschutzgesetzzurückzuführenist,dasdieBestimmungenfürprivateLandbesitzerhinsichtlichderPflegevonWaldbeständenlockerteunddieBussgelderfürillegaleRodungdurchKleinbauernabschaffte.SalazarverweistaufdiejüngsteKonjunkturabschwächung,welchedieBauerndazubringt,sichmehraufdenprofitablerenExportvonSojaundRindernzukonzentrieren(Salazar,2016).
DieRodungdesAmazonas-RegenwaldsundderCerrado-SavanneführtzuBodenerosionundwenigerergiebigenFlusseinzugsgebieten,zuVeränderungenamregionalenKlimamuster,sieisteinHauptverursachervonTreibhausgasemissionensowiefürdenVerlustvonArtenvielfaltunderhöhtdasRisikovonBrändenundanderenextremenEreignissen(Willaartsetal,2011).AusderCerradostammenmehrals70%desWassers der drei grössten hydrologischenGebiete – Tocantins/Araguaia, São FranciscoundParaná-Paraguay(LaPlata)–undteilweiseauchdesAmazonas(WWFUK,2011).
DieCerradowurdeerstsolandwirtschaftlichproduktiv,nachdemWissenschaftlerherausfanden,dassdieVerwendungvon3bis8TonnenKalkproHektardenSäuregehaltreduziertundfreiesAluminiumimBodenneutralisiert.AlsFolgenehmenjedochdieorganischenSubstanzen indiesen tropischenundsubtropischenBödenschnellerab(Brown,2005).ZusätzlichzurVieh-undSojaproduktionkonkurrierenderAnbauvonMais,Weizen,Reis,Baumwolle,FrüchtenvonBäumenundSträuchern(hauptsächlichKaffeeundOrangen),ZuckerrohrundNutzpflanzen (z.B.Hülsenfrüchte,KnollengewächseundGemüsepflanzen)umdieverfügbaren,landwirtschaftlichenRessourcen.99
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DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 59
BeimAuspressenvonSojabohnenkönnencirca20%Ölgewonnenwerden,währenddie übrigen 80% Rückstände hauptsächlich als Tierfutter verwendet werden. 2014exportierteBrasilienSojaölkuchenundandere,festeRückständeimWertvonmehralsCHF6,95Millionen.10047%derSojaölkuchenwerdenimInlandverbraucht(Pacheco,2012).
DieRegionenimmittlerenWestenundSüdenBrasiliensverfügenüberhöhereNiederschläge,bessereBödenundeinehöherentwickelteInfrastruktur(OECD&FAO,2015).ImNordostenundimEinzugsgebietdesAmazonasmangeltesangleichmässigenNiederschlägenundgutenBöden;niedrigePreisesorgendennochfüreinenAnsturmaufverfügbaresLand.DaderBodenimtropischenRegenwaldnichtsehrertragreichist,könnengerodeteGebietenurvorübergehendalsWeidelandgenutztwerden.DanachübernehmenSojabauerndieabgenutztenRinderweidenunddieViehzüchterbewegensichweiter indiebewaldetenGebiete.DieViehzüchterverkaufen ihrLandzuhohenPreisenandieSojabauern,nurumindieRodungweitererGebieteanandererStellezuinvestieren(WWF,2014b).SchliesslichsindRodungundBrandrodungbilligerundprofitableralsdieNeubepflanzungbrachliegenderFelder(Tollefson,2015).
Wassersituation Die reichlichenWasservorkommen Brasiliens – 12% der weltweiten Ressourcen anOberflächenwasserbefindensichinBrasilien–sindungleichmässigaufdieverschiedenenRegionenverteilt.101DasEinzugsgebietdesAmazonaserstrecktsichüber48%derFlächedesLandesundstellt68%derbrasilianischenSüsswasserressourcen,währendnur12%derBevölkerungdortleben.Dagegenbefindensich3%derWasserressourcendes Landes imNordosten, einerRegionmitwiederkehrenden, schwerenDürreperioden,MisserntenundLebensmittelengpässen für28%derbrasilianischenBevölkerung.DiebegrenztenWasserressourcendesNordostensstelleneingrossesHindernisfürdieLandwirtschaftdar,allerdingswerdengrosse,staatlicheBewässerungsanlagengebaut.VondenzwölfhydrographischenGebietenBrasiliensbildendasEinzugsgebietdesAmazonasunddieTocantins-Araguaia-EinzugsgebieteimNorden56%dergesamtenEinzugsgebietsflächeBrasiliens.InBrasilienerfolgen54,59%allerWasserentnahmendurchdieLandwirtschaft.102
InGebieten, indenendasOberflächenwasser knapp ist, intensiv genutztwird, oderwo dessen Nutzung infolge von starken Wasserverschmutzungen problematisch ist(wieinZentral-undSüdbrasilien),erfolgteineumfangreicheGrundwassernutzung.103 72% desWasserverbrauchs in Brasilien dienen Bewässerungszwecken (Glickhouse,2015). Besonders imNordosten verursacht ineffektiveBewässerungVersalzung undEntwässerungsprobleme,diewiederumdiedortigelandwirtschaftlicheProduktivitätbeeinträchtigen.104
100 http://wits.worldbank.org/CountrySnapshot/en/BRA/textview
101 WaterRiskFilter:Brazil
102 http://www.fao.org/nr/water/aquastat/maps/World-Map.WithA.Twith_eng.htm
103 WaterRiskFilter:Brazil
104 Ibid.
Landwirtschaft
60 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
Die Verbindung zwischen Abholzung und Wasser
EinerStudiedesWWFzum«ZustanddesAmazonas»(StateoftheAmazon)zufolgekanngrossflächigeAbholzung zugeringerenNiederschlagsmengen,ÄnderungendersaisonalenNiederschlägeundRückgangvonabfliessendemWasser inTrockenzeitenführen,waswiederumunberechenbareDurchflussmengenbedingenkann,«die durch erhöhte Abflussmengen, früher eintretende, jährliche Hochwasser und Veränderun-gen der Flussmorphologie (z.B. Einschnitte, Verringerung der Durchlässigkeit des Flussbettes und Versandung) charakterisiert sind. Änderungen an der Bodenbede-ckung in höher gelegenen Gebieten und in den Uferzonen begünstigen Erosion, Ober-flächenabfluss und den Eintrag von Sedimenten und Schadstoffen in angrenzende Süsswasservorkommen. In tropischen Agrarlandschaften werden diese hydrolo-gischen Veränderungen verstärkt durch eine Bodenbewirtschaftung, welche Böden verdichtet, grosse Mengen an Düngemitteln und Pestiziden verwendet und zur all-gemeinen Verschlechterung der Wasserqualität beiträgt.»(Macedo&Castello,2015)
Die Abholzung als Folge von Ackerbau und Viehzucht reduziert die landeinwärts verwertbare Niederschlagsmenge (Brown, 2005). Intakte Lebensräume im Gebiet vonAmazonas und Cerrado erleben umfangreiche Regenfälle durch ein Verhältnis voneinemViertelAbflussindenAtlantischenOzeanzudreiViertelnVerdunstungindieAtmosphäre,diesentwederdirektoderdurchTranspiration,diesichdannweiterlandeinwärtswiederinNiederschlagverwandelt.InabgeholztenGebietenistdasVerhältniszwischenAbflussundVerdunstungumgekehrt,nureinViertelverdunstetundwirdinsLandesinneregetragen.DurchdieRodungvonWäldernwirdderMechanismuszurRückgewinnungvonWassergeschwächt,durchdenWasserindielandwirtschaftlichgenutztenGebieteimsüdlichzentralenBrasiliengelangt(Brown,2005).
Brasilienswichtigste,inZusammenhangmitWasserbestehendeUmweltproblemesinddieWasserverschmutzunginGrossstädtenund,infolgeunsachgemässenBergbaus,diezunehmendeSchädigungvonFeuchtgebietensowieschwereÖlunfälle.AbwässersindeinHauptgrundfürdieWasserverschmutzunginBrasilien,diesichaufLebensqualität,GesundheitundwirtschaftlicheEntwicklungingrossenBallungsräumenundbesondersaufarmeBevölkerungsschichtenindenSlumsdergrösstenbrasilianischenStädteauswirkt.105DieAbholzungwirktsichebenfallsaufdasGleichgewichtzwischenWasserimBodenundinderAtmosphäreaus,waszuVeränderungenvonNiederschlagsmengenundWassermengeninFlüssenführt.
2014warBrasilienvonderschwerstenDürreseitmindestens80Jahrenbetroffen,wassicherheblichaufdieWirtschaftsleistungauswirkte.InfolgedieserDürreschrumpftedieSojaproduktionum17%unddiePreisefürRindfleischstiegenum22%(Glickhouse,2015). Für fast sechsMillionenMenschen in insgesamt 142, über elf BundesstaatenBrasiliensverteiltenStädtenwurdedasWasserrationiert,dadiedurchschnittlichenFüllständederReservoirsindensüdöstlichundzentral-westlichgelegenenRegionenauf41%sanken(RT,2014).
105 WaterRiskFilter:Brazil
Für fast sechs Millionen Menschen
in insgesamt 142, über elf Bundesstaaten
Brasiliens verteilten Städten wurde 2014 das
Wasser rationiert
Landwirtschaft
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 61
Physische RisikenDen indirekten Wasserfussabdruck von Viehfutter sowie den direkten WasserfussabdruckvonverbrauchtemTrink-undBrauchwassereingeschlossen,liegtderdurchschnittlicheWasserfussabdruckderbrasilianischenViehwirtschaft bei 19’488Liter/Kilogramm(Mekonnen&Hoekstra,2010).106
DieVerschmutzung vonWasser durchNitrate undPhosphor ausDung undDüngemitteln sowie durch Pestizide, die zurErhaltung oderVerbesserung vonWeidelandoder zur Steigerung der Produktion von Futtergetreide eingesetzt werden, ist ein grosses Problemder Viehwirtschaft.Unbehandelte Abwässer aus Schlachthöfen könnenSüsswasserressourcenverunreinigenundsichnegativaufdieöffentlicheGesundheitauswirken (WWF-EPO, 2006), während die Eutrophierung vonWassersystemen zugrossflächigemAlgenbefall führenkann,derschädlichfüraquatischeLebensformenist(WWF-EPO,2006).
DieKombinationaushöhererAbsorptionvonRegenwasseraufSojafeldern (imVergleichzumWaldimÜbergangsbereichzwischenRegenwaldundSavanne)undschnelleremAbfluss infolge vonBodenverdichtung reduziertdie in tiefereBodenschichtenunddasGrundwassereinsickerndeWassermenge(WWF,2014b).MangelndeBodenbedeckungundunzureichenderSchutzvorWindbeimSojaanbauführenzuErosionundunfruchtbarenBöden,waswiederumdieintensivereNutzungvonDüngemittelnbedingt (WWF, 2006). Die umfangreiche Anwendung künstlicher Düngemittel undPestizidekanndasGrund-undOberflächenwasserverschmutzenundsodieBeständeeinheimischerPflanzen-undTierartenebensowiediemenschlicheGesundheitbedrohen.DiesgiltbesondersfürLandarbeiterundeinheimischeBevölkerungsgruppen.
DiezukünftigeProduktionmussdieErnährungeinerwachsendenBevölkerungsicherstellen sowie eine fleischlastigereEssgewohnheit abdecken,waswiederumdenFuttermittelbedarf erhöht.EinRückgangderNiederschläge (ob infolge vonAbholzung,KlimawandelodertrockenenJahrendurchLaNiñausw.)beihauptsächlichemRegenfeldbau wird eine noch grössere Abhängigkeit von Bewässerungsanlagen nach sichziehen.ZudenderzeitlimitierendenFaktorenzählendasFehleneinesklardefinierten,nationalenBewässerungsplans,derMangelanWasserinfrastruktur,VerfügbarkeitvonEnergiesowiezugänglichenfinanziellenMittelnfürdieBewässerung(Sentelhasetal.,2015).
Regulatorische RisikenGemäss brasilianischem Wasserrecht sind Wasserressourcen gemeinsam und aufdezentraleWeisedurchdieRegierung,VerbraucherundGemeindenzuverwalten,umeinemehrfacheVerwendungzuermöglichen.ImHinblickaufViehbeständeistgesetzlich festgelegt, dass beiWassermangel der Bedarf vonMensch undViehproduktionVorrangvoranderenBedürfnissen–wiefürBewässerung107, Industrie, WasserstrassenundWasserkraftwerke–hat(Doreauetal,2013).
106 DaswesentlichsteElementdiesesWasserfussabdrucksistdasdenTierenverabreichteFutter.Infolgedessenund
abhängigvondenUnterschiedenzwischendenjeweilsangewandtendreiProduktionssystemen(Weiden,gemischt,
industriell)weichendieFussabdrückeverschiedenerLändervomglobalenDurchschnittab.
107 Randbemerkung:DerzeitwerdenimSojaanbauBrasiliensnur0,05%desKulturlandsbewässert(Sentelhasetal,
2015)
Landwirtschaft
62 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
Obwohl inBrasilienmehrereGesetzezumSchutzvonWaldbeständenexistieren, istdasfürprivateLandwirtschaftsbetriebegeltendeForstgesetz(ForestCode)daswichtigste. Im Rahmen dieses Gesetzes und seiner Durchsetzung sind Landbesitzer imAmazonasgebietverpflichtet,80%derWaldbeständezuerhalten.LandbesitzerinCerrado-RegioneninnerhalbdesrechtlichalsAmazonas-BiomeingestuftenGebiets(derBundesstaatMatoGrossoundTeilevonMaranhãoundTocantins)hingegenmüssen,zusätzlichzuallenpermanentgeschütztenBereichenmitnatürlicherVegetation,35%desLandeserhalten.InanderenCerrado-RegionengiltdieZahlvon20%,zusätzlichzuallenpermanentgeschütztenBereichen(WWF,2014b).HinsichtlichvonLand imStaatsbesitzexistierteinumfangreichesNetzwerkgeschützterBereicheimAmazonasgebietundkleinere,geschützteBereicheinderCerrado.
Obwohl inBrasilienmehrereGesetzezumSchutzvonWaldbeständenexistieren, istdasfürprivateLandwirtschaftsbetriebegeltendeForstgesetz(Forest Code) das wichtigste. Im Rahmen dieses Gesetzes und seiner Durchsetzung sind Landbesitzer imAmazonasgebietverpflichtet,80%derWaldbeständezuerhalten.LandbesitzerinCerrado-RegioneninnerhalbdesrechtlichalsAmazonas-BiomeingestuftenGebiets(derBundesstaatMatoGrossoundTeilevonMaranhãoundTocantins)hingegenmüssen,zusätzlichzuallenpermanentgeschütztenBereichenmitnatürlicherVegetation,35%desLandeserhalten.InanderenCerrado-RegionengiltdieZahlvon20%,zusätzlichzuallenpermanentgeschütztenBereichen(WWF,2014b).HinsichtlichvonLand imStaatsbesitzexistierteinumfangreichesNetzwerkgeschützterBereicheimAmazonasgebietundkleinere,geschützteBereicheinderCerrado.
Änderungen an der Boden-
bedeckung in höher gelegenen
Gebieten und in den Uferzonen
begünstigen Erosion,
Oberflächenabfluss und den
Eintrag von Sedimenten und
Schadstoffen in angrenzende
Süsswasservorkommen
Landwirtschaft
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 63
ImBemühenumwettbewerbsfähigereSojaexportebautBrasilienneueFernstrassenundHäfen,dieSojaanbaugebietemitinländischenundinternationalenMärktenverbinden.DieschwacheRegierungsführunginGrenzregionenwirdjedochvoraussichtlich besonders entlang neu gebauter Fernstrassen zu weiterer Abholzung beitragen (WWF,2014b),wodurchwiederumdieQualitätundMengedesverfügbarenWassersbeeinträchtigtwerden(sieheobenimAbschnitt«Die Verbindung zwischen Abholzung und Wasser»).
ReputationsrisikenAls Ergebnis der von Greenpeace international geführten Kampagnen gegen denKauf von aus gerodeten Gebieten in der Amazonasregion stammenden SojabohnenundRindfleisch sahensichdiegrösstenSojaexporteureundSchlachthöfeBrasiliensgezwungen,einMoratoriumhinsichtlichdesKaufesvonSojabohnenundRindfleischausillegalabgeholztenGebietenauszusprechen.DasausdemJahre2006stammendeundjährlicherneuerte,brasilianischeMoratorium,dasdenVerkaufvonSojaausgerodetenAnbaugebieten inderAmazonasregionverhindert,wurdeam9.Mai2016aufunbestimmteZeit–oderbisesnichtmehrgebrauchtwird–verlängert.108 Es wurden mehrFällevonVerletzungendesForest CodedurchSojabauernalsdesMoratoriumsfestgestellt,waseinehöhereBereitschaft zurVerletzunggesetzlicherBestimmungenalsVorgabendesPrivatsektors zeigt.109DerErfolgdesMoratoriumsgegenSojaundRindfleischausdenAmazonasgebietenmachtedeutlich,dassGross-undDetailhändlerinVerbindungmitAbholzungengrossenReputationsrisikenausgesetztsind.AuchfürdenFalleinerweiterenweltweitenKampagnezumThemadesEinflussesdergrösstenSoja-undViehproduzentenBrasiliensaufdieWasserversorgungdesLandesistmiteinerschnellenundeffektivenReaktiondesMarkteszurechnen.
WasserkonflikteentsteheninRegionenmithoherBevölkerungsdichteundIndustrialisierung,woderWasserbedarfdieVerfügbarkeitübersteigt.KonflikteinZusammenhangmitWasserverbrauchinderViehwirtschafttratenschoninvielenbrasilianischenRegionenmitumfangreicherViehwirtschaftundSojaanbauauf(imnördlichenMatoGrosso, imsüdlichenGoiasundMatoGrossodoSul, indenKüstengebietenimNordosten,RioGrandedoSulundjüngstindervomAmazonas-BiomumfasstenRegion).InmanchenFlusseinzugsgebietenistderprozentualeAnteildesWasserverbrauchsinderViehwirtschaftrelativhoch:32%imEinzugsgebietdesAmazonas,18%imnordwestlichenEinzugsgebietund 16% imTocantins-Araguaia-Einzugsgebiet (Doreauetal,2013).
Die grössten Soja-exporteure und
Schlachthöfe Brasiliens sahen sich gezwungen,
ein Moratorium hin - sichtlich des Kaufes
von Soja bohnen und Rindfleisch aus
illegal abgeholzten Gebieten
auszusprechen
108 http://www.greenpeace.org/usa/news/brazilian-soy-moratorium-renewed-indefinitely/
109 http://imazon.org.br/imprensa/study-shows-brazils-soy-moratorium-still-needed-to-preserve-amazon/?lang=en#
updateOnce
TextilienundBekleidung
64 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
7 Textilien und Bekleidung2014wurdenweltweitTextilienundKleider 110imWertvonCHF791Milliardenexportiert.DasentsprichteinemAnteilvon4,3%amweltweitenWarenhandelund6,5%desweltweitenHandelsmitIndustrieerzeugnissen(WTO,2015).LautWelthandelsorganisationbetrugdasdurchschnittlichejährlicheWachstumderAusfuhrenvonTextilienundBekleidung fürdas2010endendeJahrzehntweltweit5,5%. InVietnam,China,Bangladesch,derTürkeiundIndienwardasWachstumwährenddiesesZeitraumsamstärksten(WTO,2012).
Länder mit den grössten Einfuhren in die Schweiz und ihre Wasserrisiken
Hinsichtlich Menge und Wert ist China der grösste Exporteur von Textilien undBekleidungindieSchweiz,gefolgtvonDeutschland,Bangladesch,Italien,derTürkeiundIndien(sieheTabelle11). 111AufdieRolleDeutschlandsindieserStatistikwirdimAbschnittMethodologische Einschränkungen eingegangen. Aus der Schweiz erfolgtebenfallseineWiederausfuhrvonTextilienundBekleidung,vorallemnachItalienundDeutschland.
Wasserrisiko des Sektors und Intensität der Wassernutzung
DieRisikeninBezugaufWassersindbeiderProduktionvonTextilienundBekleidungerheblich(Tabelle12zeigteinenallgemeinenÜberblicküberdieWasserrisikenfürdenTextil- undBekleidungssektor). Es bestehen engeVerbindungen zur Landwirtschaft(Naturfasern,hauptsächlichBaumwollproduktion)undzurpetrochemischenIndustrie(Kunstfasern,z.B.Polyester).BeideBranchenverbrauchenundverschmutzengrosseWassermengen(sieheKapitel5Chemikalienund6Landwirtschaft).
InderWertschöpfungskettedesSektorsTextilienundBekleidungistdieBaumwollproduktiondasSegmentmitdemintensivstenWasserverbrauchunddergrösstenAnfälligkeitfürklimabedingtephysischeWasserrisiken.DieAuswirkungennichtnachhaltigerBaumwollproduktionwerdenbesondersdramatischamRückgangdesAralseessichtbar.Dieserhatsichindenvergangen50JahrenalsdirekteFolgedesWasserverbrauchsfürdie intensiveBaumwollproduktionum90%verkleinert (Varis,2014;EJF,2012).IneinerStudiewurdeberechnet,dassdieKonsumentinnenundKonsumentenindenEU-25-StaatendurchdenKaufvonBaumwollproduktenausUsbekistanindirekt20%derAustrocknungdesAralseesverursachten(Chapagainetal.,2006).BeiderNass
110 HinweiszurTerminologie:«Bekleidung»umfasstKleidungundSchuhe,während«Kleider»nurfürKleiderohne
Schuhestehen.
111 SwissImpex,perApril2016,Tarifnummer58–Spezialgewebe;getufteteSpinnstofferzeugnisse;Spitzen;Tapis-
serien;Posamentierwaren;Stickereien,Tarifnummer60–GewirkeoderGestricke,Tarifnummer61–Bekleidung
undBekleidungszubehör,gewirktodergestrickt,Tarifnummer62–BekleidungundBekleidungszubehör,weder
gewirktnochgestrickt,Tarifnummer63–anderekonfektionierteSpinnstoffwaren;Warenzusammenstellungen;
AltwarenundLumpen,Tarifnummer64–Schuhe,GamaschenundähnlicheWaren;Teiledavon,Tarifnummer65–
Kopfbedeckungen und Teile davon
TextilienundBekleidung
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 65
Einfuhrmenge(kg)
Einfuhrwert (CHF)
Anteil an gesamterEinfuhr
PhysischesRisiko
Regulatorisches Risiko
Reputations risiko
China 55’428’019 1’966’438’308 30%
Deutschland 20’884’616 778’376’666 11%
Bangladesch 15’184’677 341’789’893 8%
Italien 12’292’999 1’049’105’891 7%
Türkei 11’948’423 416’946’266 7%
Indien 8’768’475 292’178’286 5%
Vietnam 6’992’423 310’635’370 4%
Frankreich 4’289’901 196’821’491 2%
Portugal 4’137’671 151’914’858 2%
Pakistan 4’049’412 67’699’728 2%
Tabelle 11 – Top 10 der Länder, aus denen die Schweiz Textilien und Bekleidung einführt, und deren Wasserrisiken (auf der Einfuhrmenge basierend)
behandlungvonTextilien,wiedemFärben,werdenebenfalls grosseWassermengenverbraucht.
DieTextilindustrieistnachderLandwirtschaftderweltweitzweitgrössteVerursachervonWasserverschmutzung. Jährlich entstehen inTextilfabrikenMillionenLiter vonAbwässern,diegiftigeChemikalienwieFormaldehydundChlorsowieSchwermetallewieBleiundQuecksilberenthalten.VieledieserChemikalienkönnennichtherausgefiltertoderentferntwerdenundschadensowohlderUmweltalsauchdermenschlichenGesundheit.112
DieAuswirkungenvonWasserrisikenaufdenErfolgeinesTextilunternehmenslassensichamBeispieldervermindertenGewinnevonH&Maufzeigen,alsinfolgevonÜberflutungen in grossenBaumwollanbaugebieten inPakistan,AustralienundChina imJahr2011EngpässebeiderVerfügbarkeitvonBaumwolleentstandenunddasUnternehmen stark gestiegene Baumwollpreise aufgefangen musste (Ward, 2011; White, 2011).DieDürreperiodeinKalifornien2015zwangBaumwollfarmerebenfallszurEinschränkung ihrerProduktion,wassichwiederumauf lokaleKleidungsherstellerwieAmericanApparel,AgaveDenimoderGuessauswirkte(Daniels,2015).
AufgrunddeswachsendenBewusstseinsundDruckesdurchdieÖffentlichkeitwerdendieUmweltauflagen inLändernwieChinaund Indien strenger.Daherbestehen fürdiesenSektorbeträchtlicheregulatorischeRisiken.
112 http://www.sustainablecommunication.org/eco360/what-is-eco360s-causes/water-pollution
TextilienundBekleidung
66 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
Eckdaten
• WasserfussabdruckvonBaumwollgewebeaus(Chapagainetal.,2006): –Indien–22’500Liter/Kilogramm(*IndienproduziertBaumwolleunter BedingungenmithohenVerlustmengendurchVerdunstung,unzureichendenNiederschlägenundteilweiserBewässerung,waszurelativgeringenBaum-wollerträgenführt)
–Pakistan–9600Liter/Kilogramm –Usbekistan–9200Liter/Kilogramm –China–6000Liter/Kilogramm• 24%desweltweitenVerkaufsvonInsektizidenund11%desweltweitenVerkaufsvonPestizidensteheninZusammenhangmitherkömmlichemBaumwollanbau.113
• DieWeltbankschätzt,dass20%derindustriellenWasserverschmutzungenaufdasFärbenundsonstigesBehandelnvonTextilienzurückzuführensind.114
• AufBaumwollfarmen,dieimRahmendervomWWFinitiiertenBetterCottonInitiativeproduzieren,wurdederWasserverbrauchumbiszu23%undderEinsatzvonPestizidensogarumbiszu55%reduziert.TropfbewässerungkanndenWasserverbrauchbeimBaumwollanbauumbiszu60%verringern(CottonConnect,2014).115
• EineUntersuchungaufBaumwollfarmeninIndienzeigte,dassdergraueWasserfussabdruck(verschmutztesWasser,sieheauch2DieWasserrisikenfürdieSchweiz:Wasserfussabdruckvs. Water Stewardship)herkömmlicherBaumwolle5,5-malhöherwaralsdergraueWasserfussabdruckbiologischerBaumwolle (Franke&Mathews,2013).
113 http://wwf.panda.org/about_our_earth/about_freshwater/freshwater_problems/thirsty_crops/cotton/
114 http://www.sustainablecommunication.org/eco360/what-is-eco360s-causes/water-pollution
115 http://bettercotton.org/wp-content/uploads/2015/02/BCI-A5-leaf let-web2015.pdf
TextilienundBekleidung
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 67
Physische Risiken Einzugsgebiet BeiderVerfügbarkeitvonSüsswasserkannesdurchdensteigendenBedarfanderer,imEinzugsgebietansässigerVerbraucherzuEngpässenkommen.• GrosserWasserbedarfführtzurErschöpfungvonOberflächen-und/oderGrundwasserreserven.
• DieTextilindustriekonzentriertsichoftaufwenigegeographischeRegionen.DasEinzugsgebietistoftsoverschmutzt,dassdasWasservorderNutzungnur unzureichendgereinigtwird.InBaumwollanbaugebietentrittoftBodenerosionauf.
Unternehmen HoheAbhängigkeitvongrossenSüsswassermengen,besondersbeilandwirtschaftlichenundpetrochemischenZulieferernsowiebeiderNassbehandlungvonTextilien(FärbenundBleichen).GrosseMengenoftstarkverschmutztenAbwassersfliessendirektundunbehandeltab.• GrosseMengenvonPestizidenundInsektizidenwerdenfürlandwirtschaftlicheGütergenutzt,besondersfürBaumwolle.
• FürdieVerarbeitungderlandwirtschaftlichenErzeugnisse,dieProduktionregenerierterundsynthetischerFasernsowiebeiderNassbehandlungvonTextilienwerdengrosseMengenvonChemikalienbenötigt.
Regulatorische Risiken Einzugsgebiet StrengeVorschriftensindnötig,umnegativeAuswirkungenaufdieKonkurrenz-fähigkeitzuvermeiden.• Keine oder nur begrenzte Vorschriften oder keine oder nur begrenzte Durch setzung durchlokaleRegierungenkönnensichaufdieWasserqualitätund-mengeimEinzugsgebietauswirken.
• BeimBetriebingrenzüberschreitendenEinzugsgebietenkönnensichlandes- spezifischeUnterschiedebeiVorschriftenundDurchsetzungstromabwärtsstärkeraufWasserqualitätund-mengeauswirken.
Unternehmen DenBehördensinddieimRahmenderTextilverarbeitunghervorgerufenenUmwelt-undGesundheitsproblemebekannt,diegesetzlichenVorschriftensindoftstreng.• DieDurchsetzungerfolgtoftnurbegrenzt,aberZunahmensindzuerwarten.• VieleUnternehmenwurdenvonlokalenRegierungenzurAufgabeihrerGeschäftstätigkeitgezwungen.
• ObwohlWassermangelund-verschmutzungenhäufigauftreten,sindVorschriftenfürdieAgrarproduktionoftwenigerstreng.
Reputationsrisiken Einzugsgebiet Aufgrund der Konzentration auf wenige geographische Regionen in der TextilindustrieistderRufjedesUnternehmensimgleichenEinzugsgebietgefährdet,fallsdasEinzugsgebietbedrohtist.
Unternehmen DerlokalenBevölkerungsinddienegativenAuswirkungendieserBrancheauf ÖkosystemeunddieöffentlicheGesundheitbewusst.• Süsswasserressourcenwerdenoftverschmutztoderübernutzt,waszueinem MangelansauberemTrinkwasserführt.
• AufkommendeGesundheitsproblemekönnennichtignoriertwerden.• EinheimischegehenVerstössenmanchmalnach.KonsumentinnenundKonsumentensowieNGOsachtenverstärktaufWasserrisiken.• DerFokusliegthauptsächlichaufbekannteninternationalenMarken.Diese MarkenlegenweitereRichtlinienundNormenfest,dieZuliefererbefolgenmüssen.
Tabelle 12 – Allgemeiner Überblick über die für den Sektor Textilien und Bekleidung bestehenden Wasserrisiken
TextilienundBekleidung
68 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
Länderbeispiel: Textilien und Bekleidung aus Bangladesch
Textilien Kleidung
Anteil an der weltweiten Produktion (WTO, 2015) >0,8% 5,1%
Anteil an der Einfuhr in die Schweiz 116 8,28%117
2014warBangladeschnachChinaundderEUderweltweitdrittgrössteExporteurvonKleidung(WTO,2015).DerBekleidungssektor(ready-made-garment,RMG)sorgtfürmehrals81%derExporteinnahmenundbeschäftigt4,2MillionenMenschen118 (Akter, 2015).WährendderletztensechsJahrewuchsderTextilien-undKleidungssektorjährlichumdurchschnittlich13,9%;2015formuliertenIndustrieverbändeeinExportzielvonCHF49,6Milliarden(USD50Milliarden)bis2021(Leahey,2015).
Water SituationBangladesch liegt imweltgrösstenMündungsdeltaderFlüsseGanges,Brahmaputra,undMeghna(GBM).Nur7%desgesamtenGBM-EinzugsgebietsliegeninBangladesch.DiemeistenFlüsseinBangladeschsindNeben-oderZuflüssedesGBM-Systems.DerWasserhaushaltdesGBM-FlusssystemsistdurchgrosseUnterschiedezwischenMonsunüberschwemmungen und tiefenWasserständenwährend der Trockenzeit gekennzeichnet.RegelmässigeundverheerendeÜberflutungenkönnenbiszu60%desLandesbetreffen;WassermangelwährendderTrockenzeitisteineweitere,grosseHerausforderung.119 Der Klimawandel verändert Häufigkeit und Intensität der Monsune undverursachtausserdemeinerapideSchneeschmelzeimHimalaja,derQuellevonzweiderdreigrösstenFlüsseinBangladesch.DieswirdinZukunftauchSüsswassermangelnachsichziehen,daIndienundChinaindenflussaufwärtsgelegenenAbschnittenverstärktStaudämmebauen,umdamitaufihreeigenenWasser-undEnergieengpässezureagieren. 120
In Bangladesch besteht das Problem der Verunreinigung des Grundwassers durchnatürlichvorkommendesArsen,wasbesonders imBallungsraumumDhakaund imNordwestendesLandeszurBelastungvonTrinkwasserundzupermanenterErschöpfung des Grundwassers führt. 121, 122 Die Region um Dhaka ist ausserdem vonWassermangelaufgrunddesUngleichgewichts zwischenWasserbedarfundverfügbaremWasserbetroffen,wodurchKonfliktezwischenWasserverbrauchernentstehen(Akteretal.,2012).
116 SwissImpex,perApril2016
117 KombinierterAnteilTextilienundBekleidung
118 http://www.garmentsmerchandising.com/readymade-garments-industry-of-bangladesh/
119 http://chinawaterrisk.org/opinions/sinking-reputations-lessons-from-bangladesh/
120 Ibid.
121 Ibid.
122 WaterRiskFilter:Bangladesh
TextilienundBekleidung
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 69
Physische RisikenDie Textil und Kleidungsbranchen tragen besonders in den grossen IndustriegebietenderHauptstadtDhakainhohemMassezudenUmständenbei,dievonExpertenals Bangladeschs «Wasserverschmutzungskatastrophe» bezeichnetwerden (Yardley,2013).Dieüber1700AnlagenzumWaschen,FärbenundzurEndbearbeitungverbrauchenjährlich1500MilliardenLiterGrundwasser,leitenAbwässernindieUmweltundbeeinträchtigendasLebenvonmehrals zwölfMillionenMenschen inDhaka (Weltbank,2014).JederderviergrossenFlüsseinderNähederHauptstadtistdurchunbehandelteIndustrieabwässererheblichgeschädigt.DerBereichderNassbehandlunginderTextilindustrieistdabeieinerderHauptschuldigen,dahierverbrauchteFarbstoffeund Chemikalien direkt ins Oberflächenwasser eingeleitet werden.123Zusätzlich zur VerschmutzungderTrinkwasserressourcenderStadtüberflutengiftigeAbwässerdieReisfelderundvernichtenFischbestände(Yardley,2013).
Über87%derWasserversorgungvonDhaka sindGrundwasserentnahmen (Khan&Ahmad,2014).DerhoheWasserverbrauchdurchdieTextil-undKleidungsbranchenträgt zur Übernutzung des Grundwassers bei. Jüngste Untersuchungen haben einebesorgniserregendeAbsenkungdesGrundwasserspiegelsvonfastdreiMeternproJahrfestgestellt(Weltbank,2014).LautSchätzungenverbrauchtdieTextilindustriefastsovielGrundwasserwiediezwölfMillionenEinwohnerderHauptstadt(Weltbank,2014).ZunehmenderWassermangelunddarausresultierendeKonfliktestellenkonkretephysischeRisikenfürdieTextil-undBekleidungsbranchendar.
123 http://citiscope.org/story/2015/textile-plants-are-dhakas-water-problem-and-also-its-solution#sthash.Ovm254og.
dpuf
Die über 1700 Anlagen zum
Waschen, Färben und zur
Endbearbeitung verbrauchen
jährlich 1500 Milliarden
Liter Grundwasser, leiten
Abwässern in die Umwelt und
beeinträchtigen das Leben
von mehr als zwölf Millionen
Menschen in Dhaka
TextilienundBekleidung
70 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
Regulatorische RisikenObwohldieWeltbank2014deninBangladeschbestehendengesetzlichenundregulatorischenRahmenfürdasUmweltmanagementalsakzeptabeleinstufte,befandsieihnalsunzureichend,umdiewachsendenBesorgnisseüberdieindustriellenVerschmutzungen anzugehen.Mit der Textil- und Bekleidungsbranche als Rückgrat derWirtschaftdesLandeserweistessichalsschwierig,denUmweltschutzunddieBedürfnissedieserwertvollenundpolitischeinflussreichenBranchezuvereinen(Weltbank,2014;Yardley,2013).
Nach den tragischenUnfällen in Textilfabriken in Bangladesch in den Jahren 2012und2013drohtedieEUmitSanktionen,fallsdieArbeitsbedingungenfürdielokalenArbeiternichtverbessertwürden (Spiegel&Wilson,2013).Obwohlesnie zudiesenSanktionenkam,empfindenEinfuhrländerwiedieSchweizdendurchdieUmweltzuzahlendenPreisallenfallsalszuhochundverhängendaher–besondersauföffentlichenDruckhin–inZukunftHandelsbeschränkungen(sieheReputationsrisiken).
Reputationsrisiken Für den Textil- und Bekleidungssektor bestehen erhebliche Reputationsrisiken. DieBranchestehtinBangladeschuntergenaueröffentlicherBeobachtung,seitimNovember2012beimBrandineinerTextilfabrik117MenschenundbeidemverheerendenEinsturzeinerBekleidungsfabrikinSavarimApril20131129MenschenumsLebenkamenundimZugederAufarbeitungderUnglückeeinigeschwerwiegendebehördlicheFehleroffenbartwurden.UmReputationsschädenzuvermeidenistesleiderbeiMarkenunternehmeninderTextilbrancheüblich,dieZuliefererzuwechseln,sobaldeineQuelledasZieleingehenderPrüfungenwird.DieseZuliefererstehenvielleichtnichtiminternationalenBlickpunkt,arbeitenjedochunterfürMenschenundUmweltgefährlichenBedingungen.Positivistzuvermerken,dassdieUnglücksfälleeinigeBranchenvertreterbekannterMarkensowielokaleHerstellerdazuveranlassten,gemeinsamaneinerVerbesserungderArbeitsbedingungenundderGebäudesicherheitvonTextilfabrikeninBangladeschzuarbeiten(Curran&Nadvi,2015;Nieuwenkamp,2014).
DurchInitiativenwiedieDetox-KampagnevonGreenpeaceverpflichtetensichweltweitführendeModemarken, gefährlicheChemikalienbei derHerstellung ihrerProduktenichtmehrzunutzen.Solche InitiativensindeinwichtigerAuslöser füreinenParadigmenwechselinderTextilindustrie.Esbleibtabzuwarten,obdieseVeränderungenerfolgen,bevoreineUmweltkatastrophedieumfangreicheUmweltproblematikdieserBrancheindeninternationalenBlickpunktrückt(sieheZellstoffundPapieraufSeite43füreinweiteresBeispielbezüglichderReputationsrisikenbeiderNutzunggefährlicherChemikalien).MitdemderzeitigenZustandderWasserressourcenBangladeschs,denFolgen fürdiemenschlicheGesundheit sowiederBeteiligungderTextilbrancheandiesenProblemenistesnureineFragederZeit,bisdiese imZentrumweltweiteröffentlicherAufmerksamkeitstehen.
Bei einem verheeren-den Einsturz einer
Bekleidungsfabrik in Savar im April 2013
kamen 1129 Menschen ums Leben
Einleitung Detailhandel und Finanzdienstleistungen
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 71
Indirekte Wasserrisiken
BeidenWasserrisikenfürdieSektorenDetailhandelundFinanzdienstleistungenhandeltessichmeistumindirekteRisiken,dadieseofteherinZusammenhangmitZulieferern(imSektorDetailhandelbesondersmitderLandwirtschaft)undInvestitionenund/oder in den Ländern bestehen, in denen diese Investitionen getätigt werden (SektorFinanzdienstleistungen),alsmitdirektenBetriebsabläufenverbundensind.DetailhändlersindseltenEigentümerderFarmenundVerarbeitungsanlagen,vondenensiebeliefertwerden.Dies gilt auch imFalle desAnlagenportfolios einer Bank.ObwohlalleWirtschaftssektoren imBereichderFinanzdienstleistungenvertretensind, sindWasserrisikenbeimanchenSektoreneinfachererkennbar.
Abhängig von Zulieferer oder Investition kann eine einfache Verlagerung hin zu anderenAnbieternnichtinFragekommen.DaherbedürfendieBeziehungenzwischendemDetailhandelssektorundseinenZulieferernsowiezwischendemBereichderFinanzdienstleistungenundseinenInvestitionenneuerWegezurVerminderungvonRisiken.
Einleitung Detailhandel und Finanzdienstleistungen
Detailhandel
72 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
8 DetailhandelDieDetailhandelsindustrieerfuhrimZugederGlobalisierungeinenWandel.Wasseristnichtlängernurvonlokalem,sondernvonglobalemInteresse.GrosseWassermengenfliessenindieProduktionvonDetailhandelsgütern.TatsächlichübersteigtdiezurProduktionvonAlltagsgegenständenwieeinemGlasOrangensaft (200LiterWasserfür 2 Deziliter Orangensaft) oder einem neuen Baumwoll-T-Shirt (2500 LiterWasser) benötigteWassermenge den täglichen pro-Kopf-Verbrauch der Schweiz von 142Litern 124,125beiWeitem.OftkommtdasbeiderHerstellungdieserGüterverbrauchte,sogenannte«virtuelleWasser»ausGegendenmitWassermangel.DaherbetreffendiesichhinsichtlichdesWasserverbrauchsimDetailhandelabzeichnendenFragennichtdieinternen,sonderndieexternenWasserressourcen(WWFSwitzerland,2012).
Wasserrisiken des Sektors und Intensität der Wassernutzung
DerWasserfussabdruckderSchweiz–dieGesamtmengeanWasser,diezurBereitstellungsämtlicherWarenundDienstleistungen,dievonderBevölkerungeinesLandeskonsumiertwerden,benötigtwird–liegtbeielfMillionenKubikmeterproJahroder30MilliardenLiterproTag.DasentsprichteinemjährlichenFussabdruckvondurchschnittlich 1500KubikmeterproJahrundEinwohner,der somitüberdemglobalenDurchschnittvon1385KubikmeterproJahrundEinwohnerliegt.Nochwichtigerist,dass82%dieserZahlausexternenWasserquellenstammen(WWFSwitzerland,2012).Diesistjedochnichtüberraschend,dadieSchweizaufderListederweltweitgrösstenImporteure 126aufPlatz18liegt,währendsiegemessenanderGrössederBevölkerungnurden97.Platzbelegt127.
DieindirekteExpositionderSchweizgegenüberWasserrisikendurchZuliefererkannsehr hoch sein, besonders bei Nahrungsmitteln und Bekleidung (vgl. BeschreibungderSektorenindenKapiteln6Landwirtschaftund7TextilienundBekleidungsowieTabelle13füreinenallgemeinenÜberblicküberdiefürdenDetailhandelssektorbestehendenWasserrisiken).LandwirtschaftlicheProduktesindbesonderswasserabhängigdurch die Bewässerung, Säuberung, Verarbeitung, Stromerzeugung und den Transport.DerWasserverbrauch eines Zulieferers (wie in der Landwirtschaft) kann sich,besonders in Fällen einer Ansiedelung in gefährdeten Einzugsgebieten, ernsthaft auf dieallgemeineWasserverfügbarkeitauswirken.
Gemäss einer 2010 von CDP durchgeführten Studie konnten wenige Detailhändlerangeben,welcheihrerbetrieblichenVorgängeinGebietenmitangespannterWassersituationablaufen(CDP,2010).MancheDetailhändlerbetrachtendiewasserbezogenenProbleme ihrer Zulieferer nicht als ihr eigenen. Andere dagegen haben gute BeziehungenzuzuverlässigenZulieferernaufgebaut,dieProduktevonguterQualitätundMengesowiezuangemessenenPreisenliefern.FallsesbeiZulieferernaufgrundvonWasserrisiken – zum Beispiel hervorgerufen durch nur in unzureichendenMengen
124 http://waterfootprint.org/en/resources/interactive-tools/product-gallery/
125 http://www.bafu.admin.ch/umwelt/indikatoren/08605/12306/index.html?lang=en
126 http://atlas.media.mit.edu/en/profile/country/che/
127 http://esa.un.org/unpd/wpp/
Detailhandel
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 73
verfügbares, sauberes Süsswasser, strengereVorschriften oder durchKonflikte zwischen Gemeinschaften – zu Verzögerungen kommt, wechseln Detailhändler oft dieZulieferer.
Hinsichtlich bestimmter Güter (tropische Früchte, Gemüse im Winter, Baumwolleusw.)stellteineeinfacheVerlagerungderLieferkettenkeinenachhaltigeOptionmehrdar.BegrenztverfügbaresLand,ansteigendeBevölkerungszahlen,sichänderndeglobaleKonsumgewohnheitenundderKlimawandelwerdenerheblicheAuswirkungenaufdieVerfügbarkeit,Menge,QualitätundletztendlichdenPreisdieserGüterhaben.DerWettbewerb zwischen nationalen und internationalen Detailhändlern wird sich besondershinsichtlichderinGegendenmitWassermangelhergestelltenGüterverschärfen.AusserdemsteigtdasBewusstseinderKonsumentinnenundKonsumentenbezüglichdermitdenProdukten,diesiekaufen,verbundenensozialenundökologischenAuswirkungen,einschliesslichWasser.EinstärkerwerdenderTrendimDetailhandelistdieEinführungverschiedenerLabelsundZertifikate.
FüreinennachhaltigenUmgangmitWasserrisikenseitensderZuliefererundErzeugermüssen Detailhändler beginnen, ihre produktbezogenen Risiken auf der Ebene derLandwirtschaftsbetriebe,FabrikenundFlusseinzugsgebietezuanalysieren.AbhängigvondenjeweiligenGüternmüssensieWegefinden,dieBemühungenihrerZuliefererund Erzeuger um eine nachhaltige Entwicklung von Wasserressourcen über einenbestimmtenBetriebodereineFabrikhinauszuunterstützen.Esistentscheidend,dassausRegionenmitWassermangelkommendeProduktenichtvermiedenwerden.DieseGebietesindoftverarmtundeinMeidendieserProduktewürdedieSituationnurnochverschlimmern.DurcheinverantwortungsvollesManagementderWasserrisikenkanndie Gefährdung lokaler Wasserressourcen verringert werden. Das Meistern dieserHerausforderungliegtinderVerantwortungderschweizerischenDetailhändler(WWFSwitzerland,2012).
Der Detailhandel ist innerhalb
seiner Wertschöpfungsketten
von direkten und indirekten
Wasserrisiken betroffen.
Im Lebensmittelsektor bestehen
diese Risiken vor allem in der
landwirtschaftlichen Produktion
Detailhandel
74 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
Physische Risiken Einzugsgebiet Relativgeringaufgrunddesniedrigen,direktenVerbrauchsundderMöglichkeitdesWechselszuanderenAnbieternimFallevonLieferunterbrechungen.• BeiderVerfügbarkeitvonSüsswasser(Menge)fürZuliefererkannesdurchdensteigendenBedarfanderer,imEinzugsgebietansässigerVerbraucherzuEngpässenkommen.
• Andere,imEinzugsgebietansässigeVerbraucherkönntenSüsswasserquellen verschmutzen(Qualität).
Unternehmen IndirekterWasserverbrauch,daherbegrenztesRisiko.WasserknappheitoderVerschmutzungvonWasserquellenkönnenzuUnterbrechungenbeiZulieferernfürdenDetailhandelführen.• DerindirekteWasserverbrauch,besondersdurchAgrarlieferanten,isterheblich.• ÄnderungenvonNiederschlagsmustern,schwereDürreperiodensowieÜberflutungeninfolgedesKlimawandelskönnenzuUnterbrechungenseitensderLieferantenführen,daderstärksteWasserverbrauchinderTier-undPflanzenproduktionstattfindetundTrinkwassereinnichtzuersetzenderBestandteilvonGetränkeproduktenist.
Regulatorische Risiken Einzugsgebiet EinigepotenzielleRisikenfürZulieferer,diesichaufdiewettbewerblicheSituationdesDetailhändlersauswirkenkönnen:• Keine oder beschränkte Regulierung oder keine oder beschränkte Durchsetzung durchlokaleRegierungenkönnenWassermengeund-qualitätimEinzugsgebietbeeinflussen.
• BeiderTätigkeitineinemmultinationalenEinzugsgebietkönnensichländerspezifischeUnterschiedebeiRegulierungundDurchsetzungflussabwärtserheblichaufWassermengeund-qualitätauswirken.
Unternehmen Essindbegrenzte,direkteRisikenzuerwarten.FürZuliefererkönnendieRisikenjedocherheblichsein.• VerstärkterWettbewerbmitanderenWasserverbrauchernimEinzugsgebietkannzumEntzugvonWassernutzungsrechtenführen.
• StrengereVorschriftenundverstärktestaatlicheDurchsetzungkönnendieKostenfürSüsswassersowiefürdieAbwasserbehandlungund-einleitungerhöhen,waszuPreissteigerungenführenwürde.
Reputationsrisiken Einzugsgebiet DerVerkaufvonProdukten,diegrosseWassermengenbenötigenundinrisikobehaftetenEinzugsgebietenhergestelltwerden,kannzurSchädigungdesRufesführen.Ökonomische,sozialeundphysischeBeeinträchtigungenderKundendurcheingeschränktenZugangzusauberemWasserkönnensichaufdieMarktchancenderdortansässigenDetailhändlerauswirken.
Unternehmen FürDetailhändlerkommenReputationsrisikenbesondersdannzumTragen,wennsichKonsumentinnenundKonsumentenderAuswirkungenihrerKäufeaufdieUmweltundauflokalansässigeBevölkerungenstärkerbewusstwerden.• SituationsabhängigkönnenKonsumentinnenundKonsumentensichdafürentscheiden,bestimmteProduktebeieinemAnbieternichtzukaufenodergarnichtbeidiesemAnbieterzukaufen.
PotenzielleGründefürSchädigungenvonMarkeundRufsind:• Landwirtschaftliche und sonstige Abwässer, die sich negativ auf lokale WasserquellenundÖkosystemeauswirkenkönnen.
• HoherWasserverbrauchinGegendenmitvonTrinkwassermangelbetroffenerBevölkerung.
Tabelle 13 – Allgemeiner Überblick über die für den Detailhandelssektor bestehenden Wasserrisiken
Finanzdienstleistungen
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 75
9 FinanzdienstleistungenWährendder letzten20Jahre ist derFinanzsektor inderSchweiz imVergleich zurschweizerischen Wirtschaft überdurchschnittlich stark gewachsen. Während dasBruttoinlandprodukt(BIP)umdas1,6-facheanstieg,kamesfastzueinerVerdoppelungdesAnteilsdesFinanzsektorsamBIP.2014trugderSektorderFinanzdienstleistungeninderSchweiz10,2%oderCHF66MilliardenzumBIPderSchweizbei(FDF,2015).DieserSektorumfassteinegrosseBandbreiteverschiedenerOrganisationenundStrukturenmitstarkvoneinanderabweichendenGeschäftsmodellen,vonHandels-hinzuInvestmentbanken,voninstitutionellenInvestorenbiszuVersicherungsgesellschaftenundderVersicherungswirtschaftsowieeineganzeReihevonZwischenhändlern.InderSchweiz–einFinanzzentrumvonglobalerBedeutung–spieltdieAnlagen-undVermögensverwaltung eine bedeutende Rolle. Der Versicherungssektor der SchweizwächstvielschnelleralsderBankensektor,beidetragenabergleichvielzumBIPbei(SIF,2015).
Viele Bereiche der «Realwirtschaft» sindmit dem Finanzdienstleistungssektor verbundenundwerden von ihmbeeinflusst, so dass dieWasserrisikendieserBereichein allen sie betreffenden Investitionen und Finanzierungsportfolios enthalten sind.DahermüssenStrategienzurVerminderungderWasserrisikenandiemassgeblichen,nachgelagerten Geschäftsmodelle der jeweiligen Finanzinstitute angepasst werden.Die InteraktionzwischendenFinanzinstitutenunddenUnternehmenausderRealwirtschaftistvongrosserBedeutungfürdieFestlegungdergeeignetenKriterien,denUmgangmitInformationserfordernissenundletztlichfürdieSenkungderWasserrisiken.Sektor-undunternehmensspezifischeWasserrisikenwirkensichunterschiedlichauf die Finanzinstitute aus – von Geschäftsrisiken, welche die WahrscheinlichkeiteinesZahlungsausfallserhöhen,überdieGefahrvonWertminderungenvonInvestitionenundVermögenswertenbishinzuneuenGeschäftsmöglichkeiten.128
WasserstellteinsignifikanteresRisikodaralsbeispielsweisedie inZusammenhangmit demKlimawandel bestehendenRisiken, obwohlnatürlichbeide zusammenhängen.MitWasserverbundeneGefahrenkönnensichvieldirekterauswirkenundsindwegensteigendemWasserbedarfaufgrundderwachsendenWeltbevölkerung,steigendenWasserbedarfs,denunvorhersehbarenFolgendesKlimawandels,derfortschreitendenUrbanisierung und einem sich veränderndenVerbrauchsverhaltens schwerervorauszusagenalszuvor.Esistzuerwarten,dassdieAuswirkungendesKlimawandelszurErhöhungderWasserrisikenbeitragen.
Das erklärt,warumFinanzdienstleisterdieWasserrisikenalsdienächstenaufkommendenHerausforderungennebendenmit demKlimawandel einhergehendenRisikenansehenundbeginnen,AugenmerkaufdieWasserrisikenunddiegegenseitigenAbhängigkeitenihrerKlientenzulegen.WerdendieseRisikenreal,sowerdenderenAuswirkungen sehr wahrscheinlich auch direkte Folgen für Portfolios, Finanzierungs-undInvestitionstätigkeitensowiedieGeschäftsentwicklungderFinanzdienstleistungsunternehmenhaben.NebenderwachsendenWahrnehmungvonWasserals
128 AufderMeinungvonFinanzexpertendesWWFbasierendeErgebnisse/Einschätzungen
Finanzdienstleister sehen Wasserrisiken
als die nächsten aufkommenden
Herausforderungen
Finanzdienstleistungen
76 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
129 AufInterviewsmitSchweizerBankmanagernundAnlagenverwalternbasierendeErgebnisse/Einschätzungen
massgebliches,zukünftigesRisikoistderRufderFirmaeinweitererAntriebfürdieFinanzinstitute hin zu einem besseren Verständnis des Problems.129 Aufgrund des zunehmendenBewusstseins seitensderÖffentlichkeitwieauchderAktionäre steigtdas Reputationsrisiko eines Finanzinstitutes, falls ein Kunde über unzureichendesManagementderWasserrisikenverfügt.IndenletztenJahrenstiegbesondersindenUSAdieZahldervonInvestoreneingereichtenumwelt-undsozialpolitischenResolutionenstarkan(CDP,2013).
DaFinanzinstituteeinwichtigerWegbereiterwirtschaftlicherEntwicklungsind,könnensieebenfallsalsWegbereitereinernachhaltigenEntwicklungdienen.SiekönnendurchBerücksichtigungvonAspektenwienachhaltigemWassermanagement, effizientemWasserverbrauch,alternativenWegenderWasserversorgung,MinimierungderWasserverschmutzung undWiederverwendung vonWasserressourcen – immer vordemHintergrundderspezifischenGegebenheitendesjeweiligenFlusseinzugsgebiets– positiveVeränderungenbewirken.
Sektorale Wasserrisiken
FinanzinstitutesindinZusammenhangmitihrenInvestitionensowieFinanzierungs-undVersicherungsportfoliosdenRisikenvonsaisonalenDürrenundÜberflutungen,schlechter Wasserqualität und Änderungen der wasserbezogenen Vorschriften ausgesetzt (sieheTabelle 15 füreineallgemeineÜbersichtüberdieWasserrisiken fürdenFinanzdienstleistungssektor).VersicherungsunternehmenmüssensichderBelastbarkeitihrerKundenhinsichtlichderWasserrisikensowiederenManagementstrategienbewusstsein,dasiealsVersichererundInvestorengleichzeitigbetroffenseinkönnen.
DieStrategienzumVerständnis,zurErfassungundzurMessungpotenziellerundtatsächlicherWasserrisikenfürFinanzinstitutekönnensehrunterschiedlichseinundrei
Finanzinstitute können
durch Berücksichtigung
von Aspekten wie nachhal-
tiges Wassermanagement,
effizienter Wasserverbrauch,
alternative Wege der
Wasserversorgung,
Minimierung der Wasser-
verschmutzung und
Wiederverwendung von
Wasserressourcen positive
Veränderungen bewirken
Finanzdienstleistungen
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 77
chenvonaktiverAbsicherunggegenwasserbezogeneAuswirkungenübereinbesseresVerständnisderFirmenbiszumEngagementfürundderZusammenarbeitmitUnternehmen,umdiesebelastbarzumachenodereineUmstellungihrerGeschäftsmodellehinsichtlich der Gründe und Auswirkungen vonWasserrisiken zu bewirken. EinigeEntwicklungsbanken haben gute Fortschritte bei der Reduzierung der Wasserrisiken in ihrenPortfoliosgemacht,indemsieihreKundenentsprechendtechnischunterstützten(UNEPFI&UNEPGPA,2006).FüröffentlicheundprivateEntscheidungsträgeristdieEntwicklungundUmsetzung vonVerminderungsstrategienundneuerTechnologienzunehmendüblich,umdenzukünftigenHerausforderungendessteigendenWasserbedarfsundderAuswirkungendesKlimawandelszubegegnen(Weltwirtschaftsforum,2016).
DieExpositiongegenüberWasserrisikenhängtstarkvomjeweiligenGeschäftsmodellderAkteureimFinanzsektorab.GemässdenverschiedenenGeschäftsmodellenmüssen diese Akteure ein eigenes Verständnis dafür entwickeln, woWasserrisiken vonBedeutungfürihrPortfoliound/oderihreUnternehmensleistungsindundwiedieseambestenindenProzessderEntscheidungsfindungeinzubringensind(vgl.Tabelle14füreineAuswahlderwichtigstenRisiken).
In den letzten Jahren ist sich der Finanzdienstleistungssektor bestehender Wasserrisiken und des Bedarfs an geeigneten Minderungsstrategien zunehmend bewusstgeworden. Hinsichtlich einer besseren Integration der Wasserrisiken in ihren EntscheidungsprozessbleibtderZugriffaufverlässlicheDatenzurExpositiongegenüberWasserrisiken eineHerausforderung für die Finanzinstitute. Ähnlichwie bei durchdenKlimawandelbedingtenRisikenerfordernWasserrisikeneinsektorübergreifendesDenken.AllerdingsistdieFinanzbranchegewöhnlichinbranchenspezifischenStrukturenorganisiert.FüreingenauesVerständnisderWasserrisikenwerdendetaillierteregions-undeinzugsgebietsbasierteAngabenbenötigt,diefürdasjeweiligeUnternehmenrelevantsind.LeideristdieVerfügbarkeitderInformationenbegrenztund/oderteuer.
Initiativen wie die Equator Principles und die UN Principles for Responsible Invest-menthabenzueinemgesteigertenBewusstseinfürsowiederSchwerpunktsetzungaufWasserrisiken beigetragen.Eineweitere Initiative ist dasCDP Water Program, das zumehrTransparenz hinsichtlich der fürUnternehmen bestehendenWasserrisikenbeigetragenhat.VorKurzemwurdebekanntgegeben,dasseineGruppeglobalerBanken,darunterdieUBSSchweiz,mitderNatural Capital DeclarationunddemEmer-ging-Markets-Dialog der deutschenRegierung zumThemaGreen Finance arbeitet, umdiewirtschaftlichenAuswirkungenvonDürreperiodenindieStresstest-Szenariender Banken zu integrieren. ImRahmen derNatural Capital Declaration wurde an einem Instrument für die Analyse der Kreditaufschläge für Unternehmensanleihengearbeitet,durchwelchesWasserstressfaktoreninBonitätsprüfungenvonAnleiheausstellernimBereichderGetränkeindustriesowiebeiBergbau-undEnergieversorgungsunternehmenaufgenommenwerdensollen.Esistzubeobachten,dassInformationenzuWasserrisiken einfacher zugänglich werden für reguläre Börsenfachmänner. Einvon Bloomberg LP veröffentlichtes Instrument zur Bewertung vonWasserrisiken130
ermöglichtesdenAnalysten,dieWasserrisikenfürKupfer-undGoldminenmitindieUnternehmensbewertungaufzunehmen.
Informationen zu Wasserrisiken werden
für reguläre Börsenfachmänner
einfacher zugänglich
130 https://www.bloomberg.com/bcause/new-tool-integrates-water-risk-considerations-in-equity-valuation-process
Finanzdienstleistungen
78 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
Tabelle 14 – Auswahl der wichtigsten Bereiche im Finanzdienstleistungssektor und Beispiele zugehöriger Wasserrisiken 131
Finanzdienstleistungs- sektor
Bedeutung der Wasser-risiken basierend auf
Beispiele der für Wasser- risiken bedeutsamen Prozesse
Trends und Beobachtungen
Handels-und Universalbanken
Geldverleihdirektan Kunden/Unternehmen
Ausfall und Kreditrisiko, falls Unternehmen/DebitorenvonWasserrisiken betroffen sind (z.B.GewinnausfälleinfolgederBedrohungderLandwirtschaftdurchWassermangel).
ImVergleichzuinländischenBankeninderSchweizbestehtfürglobaleBankeneinehöhereWahrscheinlichkeitderExpositiongegenüberWasserrisiken.Daherhaben globaleBankenFortschrittebeiderEinschätzungvonWasserrisikenimRahmenihrerVerfahrenzurBeurteilungvonUmweltrisikenaufTransaktionsbasisgemacht.DieMehrzahlderBankenhatjedochnichtmiteinersystematischenAnalysevonWasserrisiken auf Transaktions oder Portfoliobasisbegonnen(WWF/KPMG,2012;KPMG,2015).
Investmentbanken undUnternehmens-finanzierung
HilfestellungfürUnternehmenbeiderGeldbeschaffungvonanderenFirmeninFormvonBonds(Schulden)oder Aktien (Kapital)
WasserrisikenfürdenWaren-handel(z.B.Palmöl,Getreide)wirkensichdirektaufdieGeschäftstätigkeitwieaufzukünftigePreisederWarenmärkteaus(sieheauchKapitel6Landwirtschaft).Dieskann sich auf die Fähigkeit zur Zinszahlung oder Schuldentilgung auswirken.
InletzterZeithabenBankenmitderEntwicklungvon«Wasserstress-Test-verfahren»begonnen,umeinVerständnisfürihreExpositiongegenüberWasser-risikenaufPortfoliobasiszuentwickeln.
Entwicklungsbanken und andere,staatlichgeförderteUnternehmen
StaatlichgeförderteOrganisationen(z.B.Weltbank)investieren in und gewähren KreditefürUnternehmenund Infrastruktur in Entwicklungsländern
Ähnlich wie bei Privatkunden undUniversalbanken,abermitnochgrösseremReputationsrisikohinsichtlich nachhaltiger Finanzierung.
StaatlicheBankenundandere,staatlichgeförderteUnternehmen,diegegenüberReputationsrisikenbesondersempfindlichsind,übernehmeneineführendeRollebeiderBewertungundIntegrationvonWasserrisiken.
Anlage und Vermögensverwaltung
AngeboteinesKonglomeratsvon Finanzdienstleisungen ausmehralseinemSektor;zumeistVerwaltungvonDrittmitteln
Der Wert von Investitionen in der Vermögensverwaltung(KaufvonBeteiligungen,Immobilienusw.)kann sich durch in Verbindung mitdenVermögensgegenständenstehenden Wasserrisiken deutlich verringern.
ImBereichdernachhaltigenInvestitionentätige,führendeVermögensverwalteranalysierendieExpositionvonUnternehmengegenüberWasserrisikenimRahmenihrernachhaltigenInvestitionen.Kürzlichhabeneinige auch begonnen, ihre eigene ExpositiongegenüberWasserrisikenaufderPortfolioebenezuanalysieren.DerMarktanteilder nachhaltigen Investitionen ist noch immergering(Ende2014wurdeca.1%desinderSchweizverwaltetenVermögensaufnachhaltigeWeiseinvestiert(FNG,2015)).BewertungundIntegrationvonWasserrisikenindenMainstream-InvestmentprozessbefindensichnochinihrerAnfangsphase.
131 WWFMarktkenntnisseundInterviewsmitFachleuten
Finanzdienstleistungen
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 79
Finanzdienstleistungs- sektor
Bedeutung der Wasser-risiken basierend auf
Beispiele der für Wasser- risiken bedeutsamen Prozesse
Trends und Beobachtungen
Investoren und Anlageneigentümer
Institutionelle Investoren wie Rentenfonds investieren imNamenihrerLeistungsempfängerundgemässihrerTreuepflicht.Mancheinstitutionellen Investoren, wie Lebensversicherungen, Rentenfonds, Stiftungen oderKirchen,verfügenübereher langfristige Anlagehorizonte.
Der Wert von Investitionen in der Vermögensverwaltung(KaufvonBeteiligungen,Immobilienusw.)kann sich durch in Verbindung mitdenVermögensgegenständenstehenden Wasserrisiken deutlich verringern.Investorentrageneinhohes Reputationsrisiko, da sich dierealenoderwahrgenommenenEinflüssederbetrieblichenTätigkeiteinesUnternehmensaufGemeinschaftenundökologischeLebensräumenegativaufdasAnsehendesinvestierendenUnternehmensauswirkenkönnen.
Vermögensverwalterbeschreibeneinezunehmende,vonbestimmtenethischenInvestorenvornehmlichausSkandinavienkommendeForderungnachTransparenzhinsichtlichderExpositiongegenüberWasserrisiken.ImVergleichzuandereneuropäischen Ländern waren institutionelleAnlegerinderSchweizzögerlicherbeinachhaltigenInvestitionen;auchdieWasserrisiken sind noch kein Schwerpunkt aufderAgenda.
Versicherungsunternehmen
Angebot der Abdeckung ausgewählter Risiken und ÜbertragungdieserRisikeninandererFormaufdieKapitalmärkte
EineUnterschätzungderinfolgevonhydrologischenVeränderungenimEinzugsgebiet,Regulierungund Reputation entstehenden Wasserrisiken kann zu zusätzlichenRisikenfürKundenundeinemAnstiegderVersicherungsansprücheführen.
MitdemRisikomanagementalsSchlüsselfunktionihresGeschäftsmodellswurdenVersicherungs-undRückversicherungsunternehmenschonfrühzeitighinsichtlichderBewertungvonWasserrisikenimVersicherungsgeschäftaktiv.AllerdingssehensieSüsswasserknappheitauchalsMöglichkeitfürihrgeschäftlichesWachstum.IndemMasse,wieUnternehmeneinstärkeresBewusstseinfürpotenzielleProblemebeider Wasserversorgung entwickeln, werden siesichauchumVersicherungsschutzgegenBetriebsausfällebemühen.
Rückversicherer Restrukturierung von PolicenfürprimärenVersicherungsschutzfürdieVermarktunganandereInvestoren oder Versicherungsunternehmen,wasdemErstversichererdieReduzierung seiner Risiken gestattet und ihn vor sehr hohenVerlustenschützt
VersicherungsansprüchebestehendurchBetriebsausfälleinfolgevonNaturkatastrophenwieDürreundÜberflutungoderdurchgesetzlicheÄnderungen.Hausrat-undSachversicherungen (Wasser und Brandschäden)undHaftung/Entschädigung(Ansprücheaufgrund reduzierter Wasserqualität/-mengedurchVerschmutzungoderÜbernutzung)sindteilweisebetroffen.
Finanzdienstleistungen
80 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
Physische Risiken Einzugsgebiet DiemeistenFinanzinstituteundVersicherungsunternehmenscheinendieBedeutungderKenntnisderSüsswassersituation,inderihreKundenoderZuliefererarbeiten,nochimmerzuignorieren.• BeiderVerfügbarkeitvonSüsswasser(Menge)kannesdurchdensteigendenBedarfanderer,imEinzugsgebietansässigerVerbraucherzuEngpässenkommen.Andere,imEinzugsgebietansässigeVerbraucherkönntenSüsswasserquellenverschmutzen(Qualität).
Unternehmen UnterschätzungderWasserrisikenfürVermögenswerte,Debitoren,WarenlieferantenundKunden,mitderFolgefinanziellerRisiken,• infolgemangelndenVerständnissesderWasserrisiken,• infolgemangelnderInformationenoderVerfahrenzurBewertungderWasserrisi
ken und• aufgrundderfürjedenKundenundZuliefererverschiedenenIndustrie-undEinzugsgebietskontextesowieunterschiedlicheWasserrisiken.
Regulatorische Risiken Einzugsgebiet Keine oder nur begrenzte Vorschriften oder keine oder nur begrenzte Durchsetzung durchlokaleRegierungenkönnensichaufdieWasserqualitätund-mengeimEinzugsgebietauswirkenundsodiefinanziellenRisikenerhöhen.• Z.B.fallsRegierungenmehrWasserverkaufen,alsvorhandenist;fallsimgleichenEinzugsgebiet,aberinverschiedenenLänderngrosseUnterschiedehinsichtlichGesetzgebungundDurchsetzungbestehen;oderfallsdieDurchsetzungnurunzureichenderfolgt.
Unternehmen StrengereVorschriftenundverstärktestaatlicheDurchsetzungkönnendieKostenfürSüsswassersowiefürdieAbwasserbehandlungund-einleitungerhöhenundbeeinflussensodasGesamtergebnisderVermögenswerte,DebitorenundWarenlieferanten.• Vorschriften,dieUnternehmenzumEinsatzinnovativerFertigungstechnologienzumZweckederVerringerungderAuswirkungenaufdasWasserzwingen.
• PotenziellePreissteigerungenoderÄnderungendesPreisgefüges.
DerGesetzgeberkönnteVersicherungsunternehmenzurAbdeckungweitererWasserrisikenzwingen.• DieskannzugrösserenUnsicherheitenundmöglichenVersicherungsansprüchenführen,diesichwiederumaufdiePreiseundsogardiePräsenzinbestimmtenStaatenauswirkenkönnen.
Reputationsrisiken Einzugsgebiet Vermögenswerte,DebitorenoderWarenlieferantenkönnensichingeographischenRegionen(Einzugsgebieten)mithohenWasserrisikennegativaufdasAnsehenauswirken.• DieseMöglichkeitbestehtauch,wenneinespezifischeInvestitionhocheffizientarbeitetundkeinWasserverschmutzt.
Unternehmen Vermögenswerte,DebitorenoderWarenlieferantenkönnensichinBranchenmithohenWasserrisikennegativaufdasAnsehenauswirken.• ImAllgemeinenwerdensichdieÖffentlichkeitundKundenvonVersicherungsunternehmenderAuswirkungenaufdielokaleUmweltundBevölkerungstärkerbewusst.
EsbestehtdasRisikoeinerlediglichteilweisenAbdeckungvonAnsprüchendurchdieVersicherungsunternehmen,währenddieÖffentlichkeiteineAbdeckunginvollemUmfangerwartet.• Sicherstellung des Verstehens ihrer wasserbezogenen Versicherungspolicen durch dieKunden.
Tabelle 15 – Allgemeiner Überblick über die Wasserrisiken für den Finanzdienstleistungssektor.
WaterStewardship–vomRisikozurChance
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 81
10 Water Stewardship – vom Risiko zur Chance
Wie indenvorhergehendenKapitelndargestellt,könnenWasserrisikenvonLandzuLand und von Sektor zu Sektor unterschiedlich sein. Die Beseitigung bestimmter,für gewöhnlichdirektmitderProduktion inZusammenhang stehenderRisikenwieWasserverbrauchoder-verschmutzungkannrelativeinfachdurchdiejeweiligenproduzierendenUnternehmenselbsterfolgen.AbhängigvonderoperativenAusrichtungundLieferketteeinesUnternehmenskanndiesesgegebenenfallsnurindirektvondenRisikenbetroffensein.EinVertriebshändlerträgtdasRisikoseinergesamtenLieferkette,egalobessichumKaffeeausVietnam,OrangenausSüdafrikaoderT-ShirtsausChinahandelt.
Viele Risiken entstehen erst aus der Nutzung der gleichen Wasserquelle durch verschiedeneInteressengruppen.SoistoftnichtdieVerfügbarkeitoderNutzungvonWasserdie eigentlicheUrsacheeinesWasserrisikos, sonderndas regulatorischeSystem.SolangeeinkomplettesEinzugsgebietnichtaufnachhaltigeWeiseverwaltetwird,wirddie verbesserte Effizienz eines einzelnen Unternehmens durch einen erhöhten VerbraucheinesKonkurrentenodereinerangrenzendenGemeindeüberdeckt.DasmachtWasser zur am stärksten gemeinsam genutzten Ressource – und zur gemeinsamenVerantwortungaller(WWF,2013).
AusdiesenGründenkönnenWasserrisikennichtvoneinerInteressengruppealleinevermindertwerden.DiesbedarfdesgemeinsamenHandelnsvorOrtundimgesamtenEinzugsgebiet.DazugehörtgewöhnlicheinbestimmtesMassanZusammenarbeitmitanderenInteressengruppenundderRegierung,wasmanchmaleinschwierigerProzessseinkann(Lloyd’s,2010).WaterStewardshipkanndabeihelfen,diesenProzesszuvereinfachen,zufördernundgemeinsamesHandelnvorOrtundimgesamtenEinzugsgebietauchtatsächlichRealitätwerdenzulassen.
Water Stewardship
Water StewardshipgehtübereineeffizienteWassernutzunghinaus.Esbedeutet,zurverantwortungsvollen und nachhaltigen Verwaltung von Süsswasserreserven beizutragenundgemeinsameRisikenineinembestimmtenEinzugsgebietzubeseitigen.Indiesem Sinne sollte ein nachhaltiges, unternehmerisches Engagement nicht einfachnurSachedersozialenVerantwortungeinesUnternehmens(Coprorate Social Respon-sibilityCSR)oderderÖffentlichkeitsarbeit sein.Esgibt einenentscheidendenwirtschaftlichen Faktor in der wasserbezogenen Nachhaltigkeitsstrategie: den Zugang zu sauberemWasser,umProduktionundRentabilitätzusichern.FürUnternehmen istes wichtig zu verstehen, dass es unwahrscheinlich ist, dass sie die zugrunde liegenden WasserrisikenbeseitigenoderdiepotenziellenMöglichkeitenzuihremVorteilnutzenkönnen, falls ihreBemühungen imBereichWasser nur von einemCSR-Standpunkt
Water Stewardship bedeutet, zur ver-
antwortungsvollen und nachhaltigen
Verwaltung von Süsswasserreserven
beizutragen und gemeinsame Risiken
in einem bestimmten Einzugsgebiet zu
beseitigen
WaterStewardship–vomRisikozurChance
82 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
132 http://www.allianceforwaterstewardship.org/about-aws.html#what-is-water-stewardship
Die Alliance for Water Stewardship definiert Water Stewardship als:
«Eine sozial gerechte, umweltverträgliche und wirtschaftlich sinnvolle Nutzung des Wassers, basierend auf einem Prozess, an dem alle Interessengruppen beteiligt sind und der standort- und einzugsgebietsbasierte Massnahmen umfasst. Gute Water Ste-wards kennen den eigenen Wasserverbrauch, den Kontext des Einzugsgebiets sowie gemeinsame Risiken hinsichtlich Wasserwirtschaft, Wasserhaushalt und Wasserqua-lität und im Zusammenhang mit weiteren wichtigen wasserbezogenen Fragestellun-gen; sie engagieren sich in sinnvollen, einzeln und gemeinschaftlich durchgeführten Massnahmen zum Nutzen von Mensch und Natur.» 132
Hinweise:• Eine sozialgerechteWassernutzunganerkenntund implementiertdasMenschenrechtaufWasserundHygiene,umsomenschlichesWohlbefindenundGerechtigkeitzusichern.
• Eine umweltverträgliche Wassernutzung erhält oder verbessert die ArtenvielfaltsowiedieökologischenundhydrologischenProzesseimEinzugsgebiet.
• Diewirtschaftlich sinnvolleWassernutzung trägt zunachhaltigemund langfristigemWachstumundzurEntwicklungderWirtschaftsowiezurArmutsbekämpfungderWasserverbraucher, lokaler Gemeinschaften und der Gesellschaft als Ganzesbei.
• InterneMassnahmen:amStandortundinVerantwortlichkeitderStandortleitung.• ExterneMassnahmen: in Zusammenarbeitmit im Einzugsgebiet ansässigen ParteienundunterEinbeziehungvonMassnahmeninnerhalbderLieferketteunddesgesamtenEinzugsgebiets.
• Water StewardshiphatdieUnterstützungunddenBeitragzumintegriertenManagementderWasserressourcendurchalleAkteurezumZiel.
auserfolgen.UnternehmenundInvestoren,dievomreinenVerständnisderinihremPortfolio enthaltenenWasserrisiken zur Umsetzung vonManagementstrategien fürdieseRisikenübergehen,senkenihreRisikoexposition.UmeinguterWater Steward zuwerden,mussmansichvonAd-hoc-undphilanthropischenInitiativenwegundhinzurbewusstenWahrnehmungvonWasserals strategischemundunternehmensrelevantemFaktorhinentwickeln,welcherfürGewinneundlangfristigeWachstumsmöglichkeitenentscheidendist.
WaterStewardship–vomRisikozurChance
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 83
Abbildung 1 – Die ersten fünf Schritte des WWF-Konzepts Water Stewardship
Ausm
assderNachhaltigkeitimWassereinzugsgebiet
Gemeinsame Massnahmen
Einflussnahme auf Regierungsführung
Fortschritte in Water Stewardship
Interne Massnahmen
Kenntnis der Auswirkungen
Wasserbewusstsein
DiefolgendenSchritte(Abbildung1)helfenbeiderDefinitiondesWWF-KonzeptsdesWater Stewardship.DieseSchrittedieneneinembesserenVerständnisderverschiedenen wasserbezogenen Massnahmen, die von Unternehmen durchgeführt werdenkönnen.Siesind jedochkeineumfassendeBeschreibungder für jedesUnternehmenrelevanten Massnahmen. Trotz der einfachen Definition verbergen sich hinter deneinzelnenSchrittenvieleDetails.ZwischendenSchrittenkommteszuÜberlagerungen, daher sollten sie nicht als ein starr vorgeschriebener und in sich abgeschlossener, sonderneheralseinfliessender,sichwiederholenderProzessangesehenwerden.DielokaleNaturdesWassers gibtdiePrioritäten fürmancheUnternehmenebenso vor,wiederdurchWirtschaftssektorundGeographiebestimmteRisikograd(WWF,2013).
WaterStewardship–vomRisikozurChance
84 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
Die ersten drei Schritte in Abbildung 1 unterscheiden sich wesentlich von den nächsten beiden. Wasserbewusstsein, Kenntnis der Auswirkungen und interne Massnahmenliegen imdirektenEinflussbereicheinesUnternehmens.Siebetreffenunternehmensintern entstehende Effekte auf Wasserressourcen, effiziente Wassernutzung sowiePrivatgüter.DieSchrittevierundfünfdagegen–gemeinsameMassnahmenundEinflussnahmeaufdieRegierungsführung–liegenausserhalbdesdirektenEinflussesundbetreffendieAuswirkungDritter aufdasUnternehmen,dieZuteilungvonRessourcensowieGemeinschaftsgüter.AndiesemPunktbewegtsichdasUnternehmenvomManagementzuStewardship–wosichRegeln,Massnahmen,Blickfeld,Engagement,Kontrolle undKomplexität erheblich ändern–undwoherkömmlicheVorstellungenvon Unternehmensnachhaltigkeit die grösste Infragestellung durch die Ressourceerfahren.
Einflussnahme auf Regierungsführung • Fürsprache,EinflussnahmeoderLobbying,Partnerschaften,finanzielleUnterstüt
zung, Erleichterungen oder institutionelle Stärkung auf lokaler, Einzugsgebiets, regionalerodernationalerEbene.
Gemeinsame Massnahmen• ZusammenarbeitmitInteressengruppenaufverschiedenenEbenen(globaleForenbis zu lokalenGruppen).DieskanndieTeilnahmeanöffentlichenForen zurDiskussion von wasserwirtschaftlichen Problemen, die Unterstützung von ProjektenzumGewässerschutz,PartnerschaftenzurZusammenlegungvontechnischen,personellenundfinanziellenRessourcenmitdemZieldesGewässerschutzessowiedieTeilnahmeangemeinsamenMassnahmenzurVerbesserungderWasserwirtschaftbeinhalten.
Gemeinsame Mass nahmen und
Einflussnahme auf die Regierungs-
führung entwickeln das Unternehmen
vom Management zu Stewardship
WaterStewardship–vomRisikozurChance
DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 85
Interne Massnahmen• UmsetzungeinerStrategiemitZielenundAktivitäten:DurchführungvonProjektenzur effizienten Wassernutzung; Einbindung von Angestellten, Verbrauchern undMarketing-Abteilungen,umChancenundRisikenanzusprechen;VerbesserungderBerichterstattungzuWassermengenund-qualität;VermeidungvonVerschmutzung.
• EinbindungvonZulieferernundEinschätzungvonOptionenwiealternativeQuellen,ProduktinnovationenoderverbessertesWassermanagementbeiderRohstoffgewinnung.
Kenntnis der Auswirkungen • VerständnisdesWasserfussabdruckseinesUnternehmens:direkte(Betriebsabläufe) undindirekte(Lieferkette)Wasserabhängigkeiten.
• AnalysevonWasserrisiken(wiemitdemWWFWater Risk Filter) und Einschätzung der Auswirkungen auf dieWasserressourcen. Die Risiken sollten die physischen(z.B.Quantität,Qualität), regulatorischen (z.B.Gesetzgebung,Durchsetzung)undReputationsrisiken (z.B. mediale Aufmerksamkeit, Konflikte zwischen Gemeinschaften)abdecken.
Wasserbewusstsein• Umfassendes Verständnis der weltweiten Herausforderungen im BereichWasser,derAbhängigkeitdesUnternehmensvonSüsswasserundseinerExpositiongegenüberWasserrisiken.
• Selbstverpflichtung vomVorstand überWerksleiter undZulieferer bis hin zu denAngestellten.
• VerständnisfürdiePositiondesUnternehmensinderWahrnehmungDritter,einschliesslichInteressengruppenimEinzugsgebiet,PresseundVerbraucher.
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86 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
11 Ihr Beitrag
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DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 87
Der WWF ist der Ansicht, dass jetzt der perfekte Zeitpunkt für Unternehmen gekommen ist, Trends zu antizipieren und nach langfristigen, klugen Wasserstrategien zu suchen, die sich positiv auf mehr als nur die Bilanzen auswirken.
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88 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
WasserrisikenwerdeninZukunftweltweitzunehmen.SteigendeBevölkerungszahlen,sich änderndes Konsumverhalten und der Klimawandel werden sich direkt auf dieQualität und Verfügbarkeit von Wasser auswirken. Water Stewardship ermöglichtInteressengruppen das Vermindern von Risiken, welche diese Gruppen zuvor nichtangehenkonnten.DasKonzeptistallerdingsnochrelativneuundbietetvieleEntwicklungsmöglichkeiten.
DerWWFwar vonAnfang an aktiv amKonzeptWater Stewardship beteiligt – obdurch lokaleProjekteoder internationalenDiskurs–undhat sowohlmehralsauchweniger erfolgreiche Herangehensweisen erlebt. Der WWF ist überzeugt, dass diekommendenHerausforderungennurgemeistertwerdenkönnen,wennalleParteienamDialogteilnehmen,funktionierendeVerfahrenanwendenundneueMethodenentwickeln,undzusammenarbeiten.AbhängigvomUmfangderAufgabenwirdesVorreiterundNachfolgergeben.Ganzgleich,aufwelcheWeisesicheinUnternehmeneinbringt,jederEinsatzzählt.
Unternehmen – bewusst mit Wasser umgehen!
Wasserrisiken werden letztendlich von Unternehmen getragen. Gleichzeitig könnenUnternehmendieseRisiken imRahmen ihrerGeschäftstätigkeitenoderdurchFestlegung von Standards in ihren Lieferkettenminimieren. Viele Unternehmen habendenWertvonWasseralsstrategischeRessourcefürihrengeschäftlichenErfolgbereitserkanntunddamitbegonnen,entsprechendeStrategienfüreineverantwortungsvolleundnachhaltigeNutzungdesWasserszuentwickelnundumzusetzen.
Wie Schweizer Unternehmen vorbildliche Water Stewards werden können:
Identifizierung von Risiken, Auswirkungen und Verantwortlichkeiten, die in Zusammenhang mit Wasser bestehen. Die für die Schweizer Unternehmen bestehenden Wasserrisiken sind vor allem externer Natur. Daher ist derersteSchrittzurRisikominderungdasVerstehendergesamtenLieferkettesowieder konkreten Risiken. Ein Risikomanagement ohne umfassende Kenntnis derHerkunft eines Erzeugnisses und seiner Verarbeitung ist schwierig, wenn nichtunmöglich.
Über Wassermanagement hinausgehen. Unternehmen müssen sich mitWissenschaftlern, NGOs, Regierungsbehörden und anderen Interessengruppenzusammenschliessen,umunternehmensspezifischeWater-StewardshipStrategienzuentwickelnundumzusetzen.DurchdieNutzungdesgesamtenWissenslokalerRegierungenundderZivilgesellschaftkönnenUnternehmendieRisikenvielumfassender einschätzen. Auch Investitionen in langfristige LieferbeziehungenkönnenUnternehmenbeiderReduzierungvonWasserrisikenhelfen.SowerdendieLieferpartner zu einernachhaltigenProduktionbefähigtund– sofernmöglich–zuInvestitioneninmodernsteTechnologien(z.B.TCF-TechnologiefürdenBereichZellstoffundPapier)oderzertifiziertzuwerden.
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DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 89
133 http://www.allianceforwaterstewardship.org/about-aws.html#what-is-water-stewardship
134 https://www.cdp.net
Gemeinsames Handeln mit regionalen und lokalen Interessengruppen ingefährdeten Einzugsgebieten mit dem Ziel eines nachhaltigen Wassermanagements.DiesbeinhaltetdirekteKommunikationmitlokalenNahrungsmittel-undTextilherstellern sowiemitDetailhändlernmit demZiel derEntwicklungnachhaltiger Beschaffungslösungen. Auch könnten der Rohstoffsektor und BergbauunternehmengemeinsamdieAuswirkungenauflokaleWasserressourcenunddieWasserqualität reduzieren (z.B.FlüssigkeitsaustrittebeiMinenundentlangvonRohrleitungen,AustrittgiftigerAbwässer).UnternehmenmüssenihreBemühungenunddenEinsatzbewährterVerfahrenkombinierenmit jenenvonGleichgesinnten, welche ihre Werte und Visionen teilen, und sie an internen Vorgängen beteiligen.
Umsetzung vorhandener, sektorspezifischer Lösungen. IneinigenBranchenerfolgtebereitseineEntwicklungsektorspezifischerRichtlinienzuWater Ste-wardship, wie die IPIECA Water Management Frameworks Standards (IPIECA, 2013)fürÖl-undGasunternehmenoderdasWater Stewardship Framework des International Council on Mining & Metals (ICMM,2014). ImBereichderLandwirtschaftmüssenLösungensichsowohlamjeweiligenStandortalsauchandenErzeugnissenorientieren.EsbestehtbereitseineAnzahlvonRichtlinienhinsichtlich bestimmterKombinationen vonErzeugnissen/Standorten (WWFGermany,2015).
Mut zu Innovationen. Entwicklungneuer,branchenspezifischerLösungen(z.B.Richtlinien,Instrumente),wonochkeinebestehenundWeiterentwicklungexistierenderNormen.UnternehmensolltendabeiNormenberücksichtigen,diespezielleAnleitung hinsichtlich Water Stewardship bieten,wieAWS.133
Förderung von Transparenz und Offenlegung eigener Massnahmen durch Organisationen wie CDP.134 Der Wissensaustausch mit anderen Interessengruppen,wieindigenenGemeinschaften,NGOsundRegierungenhinsichtlichlokalerWasserproblemehilftbeimSchutzvonWasserressourcen.
Sicherstellung der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, auch durch Zulieferer.UnternehmenmüssensichfüreinestarkeRegierungsführungsowiefüreinekonsistente,vorhersehbareGesetzgebungeinsetzten.
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90 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
Investoren und Finanzinstitute – nicht wegschauen bei riskanten Kunden!
FürInvestorenundandereFinanzinstituteistesvongrosserWichtigkeit,füreinzelneTransaktionen,KundenoderInvestitionensowiefürihrgesamtesPortfoliobestehendeWasserrisikeneinzuschätzen,zumanagenundzuverringern.WieinKapitel3Methodologiebeschrieben,istderFinanzsektorsehrbreitgefächertundinvielenBereichenstehtdieEntwicklunggeeigneterMassnahmenzumUmgangmitWasserrisikoanalysenundzurMinderungdieserRisikennochaus.ZudiesenStrategiengehörendieEinschätzungdereigenenWasserrisiken,dieAufnahmevonWasserrisikenindieVerfahrenzurRisikobewertung,dieFestlegunggeeigneterMassnahmenzurIntegrationvonRisikenalseineGrundlagedesEntscheidungsprozessessowiedieDefinitionvonStrategienmitdenKundenfürderenEngagement.PortfoliogesellschaftenoderKundenzuveranlassen,WasserrisikenundmitihneneinhergehendeAuswirkungenzuverringern,istvongrosserWichtigkeitzurSicherungderfinanziellenLeistungsfähigkeitdieserAnlagen-undKreditportfoliosundsonstiger,damitverbundenerFinanzdienstleistungen.DieskönnteauchUnternehmenzueinemverantwortungsvollerenVerhaltenveranlassen.
Wie Investoren und Finanzinstitute vorbildliche Water Stewards werden können:
Entwicklung von Normen und Richtlinien für die Analyse von Wasser-risiken und deren AuswirkungenindeninternenEntscheidungsprozessen.
Systematische Einschätzung von Investitionen, Kunden, Transaktio-nen und Portfolios hinsichtlichWasserrisiken.
Entwicklung und Vereinbarung standardisierter Offenlegung von Wasserrisiken auf verschiedenen Ebenen (Unternehmen/Vermögensgegenstand,Finanzprodukt,Portfolio).
Offenlegung bestehender Wasserrisiken undöffentlichePräsentationderMassnahmenzurRisikoreduzierung.
Zusammenarbeit mit Unternehmensleitungen zur Sicherstellung von ManagementrichtlinienfürWasserrisiken.
Aufnahme von Wasserrisiken in den Entscheidungsprozess, wie zumBeispielRahmenbedingungen für sozialeundUmweltrisiken imVersicherungs-oderKreditgeschäftoderbeidenInvestitionsprozesseninderVermögensverwaltung.
Entwicklung branchenspezifischer, nachhaltiger Strategien zur Ver-minderung von Wasserrisiken für dieArbeitmit risikobehaftetenKundenund/oderInvestitionensowietechnischeHilfestellungfürdiese.DasZielisteineReduktionderRisikenfürlokale,strategischeInteressengruppen.
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DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 91
135 http://www.equator-principles.com/
136 http://www.unepfi.org/
Engagement in Initiativen wie den Equator Principles 135,demPlanderUNEPFinancial Initiative 136 fürWater Stewardship oder dem CDP-WasserprogrammundfürdieEntwicklungbranchenspezifischerVerfahrensregeln.
Ausschluss von Kunden, die den Wasserrisiken nicht auf geeignete Weise begegnenbzw.diesenichtmanagen,trotzaktiverundregelmässigerBemühungenfüreinEngagementinihrenPortfolios.
Proaktive Unterstützung von Unternehmen, die sichumeineReduktionvonWasserrisikenbemühen(Water StewardshipaufdemMarktbelohnen).
Regierungen – anstossen und zusammenarbeiten!
Obwohl imBereichderWasserwirtschaftundbeimanchenWasserschutzrichtliniennoch Raum für Verbesserungen besteht, haben das aktuelle Schweizer Gewässerschutzgesetz und die entsprechenden Verordnungen einen konkreten und verlässlichen RahmengeschaffenfürdieRenaturierungvonFlüssen,denWasserbauunddieSanierungvonWasserkraftwerken.DasProblemderhohenWasserrisiken fürdieLänderundEinzugsgebiete,derenRessourcenfürdieHerstellungdervielen,inderSchweizkonsumiertenProdukteausdemAuslandgenutztwerden,bleibthiervonjedochunberührt.VeralteteoderunzureichenddurchgesetzteRegelnfürdieöffentlicheOrdnungin diesen Ländern zusammen mit schwach ausgebildeten wasserwirtschaftlichenInstitutionentragenoftzurErhöhungderWasserrisikenfürallebei.DaherträgtdieSchweizerRegierungeinebesondereVerantwortungfürdieReduzierungderWasserrisikenbesondersindenStaaten,ausdenendieSchweizWareneinführt.
Wie die Schweizer Regierung ein vorbildlicher Water Steward werden kann:
Aufbau eines umfassenden Verständnisses internationaler Wasser-risiken, diefürdieSchweizerWirtschaftbestehen.
Einführung von Zielvorgaben für Water Stewardship in die Strategien der relevanten Behörden, um eine verantwortungsvolle und effiziente NutzungnatürlicherWasserressourcendurchdieSchweizerWirtschaftzusichern.
Entwicklung verbindlicher, nachhaltiger, wasserbezogener Kriteri-en für die Beschaffung aus Ländernmit hohenWasserrisiken. Dieser ProzessumfasstdieArbeitmitUnternehmenunddieAufforderungzurOffenlegungihrerLieferketten.DasHervorhebenpotenziellproblematischerZuliefererkommtletztendlichauchdenUnternehmenzugute.
Einführung derselben Kriterien im öffentlichen Beschaffungswesen.
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92 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
Sicherstellung des Einbezuges aller relevanten Interessengruppen aus Wirtschaft,Zivilgesellschaft(einschliesslichdereinheimischenBevölkerung)undNGOsbeiderUmsetzungvonPlänenzumManagementdesEinzugsgebietes.DieEinbindungvontraditionellemWisseninManagementlösungensichertdieaktiveBeteiligungderlokalenInteressengruppenundeinenlangfristigenErfolg.
Zusammenarbeit in den Kerngeschäften hinsichtlichgemeinsamerRisikenundMassnahmenbezüglichderfürdieSchweizerWirtschaftwichtigengefährdetenEinzugsgebiete.
Arbeit mit Regierungen (auch über dieEntwicklungshilfe hinaus) in ausgewähltenLändernundEinzugsgebieten,diefürHandelundKonsumderSchweizvon Bedeutung undmit hohenWasserrisiken belastet sind, sowie Entwicklungeines tieferen Verständnisses der wirtschaftlichen Wichtigkeit von Wasser in lokalenEinzugsgebieten.UnterstützungderEntwicklungundUmsetzung sinnvollerPlänezumManagementderEinzugsgebietetragenzurSicherungderwirtschaftlichunerlässlichenWasserressourcenbei.
Erfüllung der internationalen Verpflichtungen der Schweiz im Rah-men der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung (SDG), einschliesslichderZielvorgabeninVerbindungmitderReduzierungvonWasserrisiken137:
•VerfügbarkeitundnachhaltigeBewirtschaftungvonWasserundSanitärversorgungfürallegewährleisten(Ziel6)
•NachhaltigeKonsum-undProduktionsmustersicherstellen(Ziel12) •Landökosystemeschützen,wiederherstellenundihrenachhaltigeNutzungför
dern,Wäldernachhaltigbewirtschaften,Wüstenbildungbekämpfen,BodendegradationbeendenundumkehrenunddemVerlustderbiologischenVielfalteinEndesetzen(Ziel15)
Erfüllung der internationalen Verpflichtungen der Schweiz als Mit-glied des UN-Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD) undSicherstellungderErfüllungderAichiTargetshinsichtlichWasserrisikenbis2020 138:
•NachhaltigkeitbeiProduktionundVerbrauch(Ziel4) •NachhaltigesManagement indenBereichenLand-undForstwirtschaft sowie
Aquakulturen(Ziel7) •Verschmutzung(Ziel8) •Ökosystemdienstleistungen(Ziel14) •WiderstandsfähigkeitvonÖkosystemen(Ziel15)
137 https://sustainabledevelopment.un.org/sdgs
138 http://www.unepfi.org/
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DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 93
Konsumentinnen und Konsumenten – verlangt Verbesserungen!
DieGlobalisierunghatesKonsumentinnenundKonsumentenwesentlicherschwert,die Umweltverträglichkeit von Produkten einzuschätzen. Jedoch liegt es in ihrerMacht, vonUnternehmenNachhaltigkeitunddamitWirkungeinzufordern.Sie sindinderPosition,UnternehmenzurZusammenarbeitmit sozial verantwortungsvollenZulieferern,zur Investition innachhaltigeLösungenundzumverantwortungsvollenUmgangmitWasserressourcenzubewegen.VerbrauchermüssenaufdieNachhaltigkeitdervonihnengekauftenProdukteachtenundUnternehmenzuverantwortungsvollemHandelnzwingen.
Wie Verbraucher vorbildliche Water Stewards werden können:
Kauf von bewährten Qualitätserzeugnissen.ProduktehoherQualitätsindlängerhaltbarundderKaufvonwenigerProduktenwirktsichletztlichamstärkstenaufdenGewässerschutzaus.
Kauf von umweltverträglich hergestellten Erzeugnissen(z.B.zertifizierte Güter wie Bio-Produkte bei Nahrungsmitteln oder FSC für Produkte aus derPapier-undForstwirtschaft).
Verzehr von Nahrungsmitteln mit hohem Gehalt an pflanzlichen Pro-teinen (z.B.Hülsenfrüchte,Nüsse,BohnenundSojaanstellevonFleisch,Wurst,MilchproduktenundEiern).
Wählen von saisonal und lokal produzierten Früchten und Gemüsen, die keinezusätzlicheBewässerungbenötigen.
Sich über die Herkunft von ProduktenundderenzugehörigeWasserrisikeninformieren.VondenUnternehmendieOffenlegungihrerLieferkettenfordern.
Forderung nach Transparenz seitens der Unternehmen über verschiedeneKanäle(einschliesslichanderVerkaufsstelle)undeinÜberdenkennichtnachhaltigerAnschaffungen.
Forderung an die Unternehmen nach Beschaffung von ausschliesslich nachhaltigen GüternanstelledesAbwälzensderEntscheidungüberdieNachhaltigkeiteinesProduktsaufdieKunden.
Unterstützen von Massnahmen der Regierung und von Unternehmen hinsichtlich Water StewardshipalsBürger.
Anhang I
94 DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung
Anhang I
Tabelle I – Top 10 der Länder, aus denen die Schweiz Treibstoffe einführt, und deren Wasserrisiken (auf dem Einfuhrwert basierend). Die Rollen Deutschlands, Frankreichs oder der Niederlande bei Ölimporten werden in den methodischen Einschränkungen behandelt
Einfuhrmenge(kg)
Einfuhrwert (CHF)
Anteil an gesamterEinfuhr
PhysischesRisiko
Regulatorisches Risiko
Reputationsrisiko
Deutschland 6’018’217’492 3’444’395’615 44%
Frankreich 1’311’934’288 1’838’806’054 10%
Niederlande 1’238’565’437 608’977’827 9%
Nigeria 1’143’015’000 456’694’213 8%
Italien 1’006’901’107 579’391’202 7%
Belgien 928’592’971 502’608’833 7%
Mexiko 510’490’049 203’823’227 4%
USA 359’540’215 139’535’895 3%
Kasachstan 247’251’385 104’982’863 2%
Österreich 203’312’116 339’264’861 1%
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DasimportierteRisiko–DasWasserrisikoderSchweizimZeitalterderGlobalisierung 95
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