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Vorlesung: Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 12.1.2006 1 Prinzipien des statistischen Testens Entscheidungsfindung Exakter Binomialtest als Beispiel Statistische Tests Nullhypothese Alternativhypothese Fehlentscheidungen

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Page 1: Vorlesung: Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin 12.1.2006 1 Prinzipien des statistischen Testens Entscheidungsfindung Exakter Binomialtest als

Vorlesung: Biometrie für Studierende der Veterinärmedizin

12.1.2006

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Prinzipien des statistischen Testens

• Entscheidungsfindung

• Exakter Binomialtest als Beispiel

• Statistische Tests– Nullhypothese– Alternativhypothese– Fehlentscheidungen

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Ausgangspunkt:

Forschungshypothese

Beispiele:

1. Klinische Studien:These: Neues Präparat größere therapeutische Wirkung als die herkömmlichen

2. Geburtshypothese:These: mehr Jungen- als Mädchengeburten

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Überprüfung solcher Fragestellungen anhand empirischer Forschung

Beachte:Fragestellungen

- Aussagen über Grundgesamtheit (GG)- formuliert über Parameter der GG- nicht vollständig überprüfbar, i.d.R. nur die Konsequenzen- zur empirischen Überprüfung Operationalisierung notwendig,

d.h. Festlegung beobachtbarer Variablen, die zur Erfassung der eigentlichen Fragestellung geeignet sind z.B. bessere Heilung bedingt durch neues Medikament, messbar über Veränderung bestimmter Laborparameter

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Dabei wichtig:Festlegung von

Zur empirischen Überprüfung notwendig:- Festlegung eines Prüfplans- Kontrolle von Störvariablen (Confounder)

zusätzliche Einflussgrößen auf abh. Variablen und mit interessierender Einflussgröße assoziiert

- Einhaltung des Prüfplans- Abweichungen notieren

Einflussvariable (unabhängig)Verabreichung des Medikaments

Zielvariablen (abhängig)Veränderung relevanter Laborparameter

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Von Interesse:

Ist beobachtetes Phänomen in Stichproben (Heilung unter Medikament) reines Zufallsprodukt oder mit großer Sicherheit aufMedikament zurückzuführen?

Dazu notwendig:Formale Entscheidungsregel

Statistischer Test

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Beispiel: Exakter Binomialtest

Vermutung: mehr Jungen- als Mädchengeburten

Studienplan: Zähle Geburten (keine Mehrlinge) getrennt nachGeschlecht innerhalb von 24 Stunden in

einemKrankenhaus 10 Geburten

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Überlegung:

• Jungen- und Mädchengeburten gleich wahrscheinlich

• Was ist bei 6 Jungen und 4 Mädchen?gleich wahrscheinlich?

• Jedes dieser Ereignisse möglich, auch wenn Anzahl in Wirklichkeit gleich Wahrscheinlichkeiten dafür aber gering mehr Jungen als Mädchen

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Formale Beschreibung

Damit:Aussagen über Verhältnis Jungen- und Mädchengeburtenformulierbar über :

)1P(X mit sonst 0

geborenwir Junge 1 X ii

Mädchen als Jungenmehr 21

Mädchen und Jungen viele gleich 21

statistisches Testproblem

Nullhypothese vs. Alternativhypothese

21

:H0 vs. (Forschungshypothese)21

:H1

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Zur Überprüfung des Testproblems:

Verdichtung der Info aus Stichprobe in Prüfgröße bzw. Teststatistik

Wichtig:

Anhand Teststatistik Entscheidung darüber, ob eher H0 oder H1 für Grundgesamtheit zutrifft, d.h. H0 und H1 Aussagen über GG undnicht über die Stichprobe

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1iiXY Jungender Anzahl :Prüfgröße

Hier:

Falls Y > c

für geeigneten „kritischen“ Wert c Entscheidung für H1!

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Aber:Wie ist c zu wählen?

Dazu:Annahme gerechtfertigt, dass Geburten unabhängig

)5.0,10n( Binomial~X0H

i

y 0 1 2 3 4 5

P(Y=y) 0.001 0.01 0.044 0.117 0.205 0.246

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B (10, 0.1)

0

0,05

0,1

0,15

0,2

0,25

0,3

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Skizze:

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Außerdem:

Unter H0 erwartet: 5 Jungengeburten d.h. Y > 5 spricht für H1

Aber wie groß müssen Werte sein, dass ihr Zustandekommen unter H0 extrem unwahrscheinlich ist?

Was ist „extrem unwahrscheinlich“? üblich: 0.01, 0.05, 0.1 Signifikanzniveau

Konstruktion des sogenannten Ablehnungsbereichs,der alle Werte enthält,- die für H1 sprechen- deren Wahrscheinlichkeit insgesamt

Simulation mit R

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Beispiel:

Ablehnungsbereich enthält alle y-Werte, also Anzahl vonJungengeburten, die- größer 5- zusammengenommen unter H0 eine Wahrscheinlichkeit von höchstens 0.1 besitzen

Da

)5.0,10( Bin~Y,1.0,5.0,10n0H

{8,9,10}C bereichAblehnungs

1.0117.0 rten)Jungengebu 7(P

055.0044.0 rten)Jungengebu 8(P

011.0 01.0 rten)Jungengebu 9(P

001.0 rten)Jungengebu 10(P

0

0

0

0

H

H

H

H

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Interpretation:

8, 9, 10 Jungengeburten sind unter der Annahme, dass Jungen-und Mädchengeburten gleich wahrscheinlich sind, nur mit einerWahrscheinlichkeit von höchstens 10% möglich

so klein, dass Schluss naheliegend: H1 gilt!

Man sagt:

H0 kann zugunsten von H1 verworfen werden.

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Damit:Statistischer Test

liefert

objektive Entscheidung

aber Vorsicht!statistischer Test kann nur entscheiden, ob Ergebnis im statistischen Sinn signifikant, also statistisch bedeutend, aber nicht, ob auch unter substanzwissenschaftlichen Gesichtspunkt

„H0 beibehalten“bzw. „Beobachtungen liefern stat.nicht signifikantes Ergebnis“

„H0 ablehnen“bzw. „Beobachtungen liefern statistisch signifikantes Ergebnis“

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Also:Stat. Signifikanz nicht immer gleich biologischer RelevanzBewertung der Biologischen Relevanz eventuell unter Einbeziehungder Nebenkriterien (z.B. positive / negative Nebenwirkungen, Wohlbefinden des Patienten, Allgemeinzustand)

Abb. 1:Statistische Signifikanz und biologische Relevanz

Wichtig: Inhaltliche Interpretierbarkeit der Ergebnisse

Statistische Signifikanz

ja nein

Biologische Relevanz

ja + -

nein - +

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Beispiel:Biologisch relevante Blutdrucksenkung (BDS), wenn BDS > 10/5 mmHg bei Patienten mit leichtem bis mittelschwerem Bluthochdruck.Blutdruck vorher Blutdruck nachher(„Baseline“) („nach Gabe der Mittels“)

Y0 Y1

Biolog. Relevanz Stat. Signifikanz

ja ja

ja nein

nein ja

nein nein 010

010

010

010

H von Ablehnung-Nicht und 10/5 YY

H von Ablehnung und 10/5 YY

H von Ablehnung-Nicht und 10/5 YY

H von Ablehnung und 10/5 YY

011

010

:H

:H

mmHg 5/10

wenn Relevant, ischlogbio

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Außerdem möglich:Fehlentscheidungen

Test entscheidet- mehr Jungen- als Mädchengeburten, obwohl tatsächlich gleich

viele- gleich viele Jungen- und Mädchengeburten, obwohl tatsächlich

mehr Jungen,

d.h.

- H0 wird verworfen, obwohl H0 wahr Fehler 1. Art (-Fehler)

- H0 wird beibehalten, obwohl H1 wahr Fehler 2. Art (-Fehler)

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Damit sind folgende Ausgänge eines Tests möglich:

Abb. 2:

Hypothese

wahr nicht wahr

Test

lehnt abFehler 1. Art

(-Fehler)richtig

lehnt nicht ab richtigFehler 2. Art

(-Fehler)

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Beachte:stat. Test med. Testbei beiden Fehlentscheidungen möglich

Testproblem bei med. Test (Diagnose)

H0: Patient gesund vs. H1: Patient krank

Ziel:med. Test mit großer Genauigkeit bei Einstufung von• gesundem Patienten als gesund

hohe Spezifität geringe Wahrscheinlichkeit für Fehler 1. Art

• krankem Patienten als krank hohe Sensitivität geringe Wahrscheinlichkeit für Fehler 2. Art

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Merke:

• Konstruktion statistischer Tests so, dass Kontrolle über Wahrscheinlichkeit für Fehler 1. Art durch kleine vorgegebene obere Schranke Signifikanzniveau Sicherheitswahrscheinlichkeit 1 -

• keine Kontrolle über Wahrscheinlichkeit für Fehler 2. Art Suche nach bestem Test: unter allen Tests zum Niveau für vorliegendes Testproblem derjenige mit geringster Wahrscheinlichkeit für Fehler 2. Art

• Fallzahl-Bestimmung durch Festlegung der „Power“ des Tests bei einem bestimmten Wirkunterschied unter Berücksichtigung der Streuung des Hauptzielkriteriums. Power: Funktion, die abhängt vom wahren Wirkunterschied (|1-0| im BDS-Beispiel) und der Streuung.

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Damit:

• Nullhypothese höchstens mit Wahrscheinlichkeit fälschlicherweise verworfen

• Wahrscheinlichkeit für den Fehler 2. Art nicht vorgegeben abhängig von gewählter Alternative, je näher wahrer Parameter an (nicht wahrem) Wert aus H0, desto größer Wahrscheinlichkeit für Fehler 2. Art

Ungleichbehandlung beider Fehlerarten Grund für Formulierung eigentlicher Forschungsfrage als

statistische Alternative: Entscheidung für H1 durch statistisch abgesichert!

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Zur Veranschaulichung:

Steht Angeklagter vor Gericht, so lautetH0: „Angeklagter ist unschuldig“undH1: „Angeklagter ist schuldig“

H0 und H1 so formuliert, da Gericht Schuld des Angeklagtenbeweisen muss, nicht Angeklagter Unschuld

Fehler 1. Art: Unschuldiger wird verurteiltFehler 2. Art: Schuldiger wird nicht verurteilt

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Beachte:

Wichtig für Auswahl eines „besten“ statistischen Tests:

Verteilungsmodell

hängt ab

vom Skalenniveau und Wertebereichder Ausprägungen der interessierenden Größe