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Werkstatt WE DO LOVE BRAND EXPERIENCES VOLUME 05 Werkstatt Werkstatt

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Werkstatt

W E D O L O V E B R A N D E X P E R I E N C E S V O L U M E 0 5

WerkstattWerkstatt

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Liebe Leserin, lieber Leser,

Ihr Burkhardt MohnsGeschäftsführender Gesellschafter der Walbert-Schmitz GmbH & Co. KG

W . D O / E D I T O R I A L W . D O / E D I T O R I A L

love brandexperiences

das Thema der diesjährigen Ausgabe liegt uns aus zwei Gründen sehr am Herzen: Wir arbeiten nicht nur täglich in unseren hauseigenen Werkstätten mit voller Tatkraft, wir verstehen das Wort „Werkstatt“ auch als eine grund-sätzliche Haltung. In Werkstätten werden Produkte meist auf Bestellung gefertigt oder Dienstleistungen auf Nachfrage erbracht. Für uns ist die Werkstatt nicht nur ein Raum, in dem produziert und repariert wird, son-dern auch ein offenes System, in dem fachübergreifend gedacht, erfunden und experimentiert werden darf und in dem Innovation und Tradition Hand in Hand arbeiten.

Zur Werkstatt gehört natürlich auch der Begriff des Handwerks. Als gewerbliche Tätigkeit bezeichnet das Handwerk einen gesamten Berufsstand, der hierzulan-de eine der größten Wirtschafts- und Gesellschaftsgrup-pen ausmacht und unser öffentliches Leben sichtbar, schmeckbar und spürbar prägt. Und jeder, der ein Hobby mit seinen Händen ausübt, weiß um die

treibende Kraft, die eine gut laufende Arbeit oder ein fertiges, gelungenes Werk hat.

Daher hat sich unsere Redaktion auf die Suche nach Menschen begeben, die diese Kraft des Denkens, Tüftelns und Produzierens jeden Tag leben oder gelebt haben, und gefragt: Was bedeutet Werkstatt eigentlich heute und wo geht die Reise der Zünfte wohl hin?

Unter einem klassischen Werkstatt-Magazin stellen sich jene mit handwerklichem Background möglicherweise ein Möbelstück oder einen Raum vor, in dem stets griff-bereit und ordentlich bereitliegt, was auch immer gerade für die Arbeit benötigt wird. Ebenso facettenreich habenwir die redaktionellen Inhalte dieser Ausgabe augewählt. Wir freuen uns, Ihnen in diesem Jahr viele Einblicke in die Welt der Werkstätte – ob analog oder digital – eröffnen zu können, und wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre!

„Einen Vorsprung im Leben hat, wer anpackt, wo andere erst einmal reden.“

John F. Kennedy

Der Künstler Tomáš Libertínyschafft für sein Konzept „made by bees“ ganz besondere Werkstätten: Nach Monaten des Lernens über Bienen, ihre Kolonien und ihre Arbeits-weise lädt er Bienenschwärme ein, unter angenehmsten Arbeitsbedin-gungen für ihn zu gestalten und aus Wachs zu bauen. Zu den Ergebnissen zählt auch die mittlerweile legendäre Vasenedition „Honeycomb Vase“. Ein Exemplar dieser Serie ist im Museum of Modern Art in New York zu sehen. Das Projekt ist so erfolgreich, dasses immer weiter ausgebaut wird unddie statischen Möglichkeiten der Bienenbauten immer weiter aus-gereizt werden.

Noch bis November 2017 stellt Libertíny in Brüssel (Soloausstellung, Spazio Nobile) und im Textilmuseum Tilburg im Rahmen der Ausstellung „Earth Matters“ aus.Cover: Tomáš Libertíny: „Honeycomb Vase“

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Idee, Idee, Idee

TOSENDER GedankenflussZack: BLITZIDEE

Die Bauhaus-FrauenEin Essay

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W . D O / I N H A L T W . D O / I N H A L T

Bücher für die Sinne

Grenzen ausloten

Berresheims digitales Atelier

Werkstatt im KopfWerkstatt und Digitalisierung

Wie ein handgebautes Modell die szenografische Arbeit erleichtert

Garantiert handgemacht von Gerhard Steidl

Covestro auf der K 2016

Werkstätten der WeltEine Liebeserklärung an das Machen

Kunst in vielen Dimensionen

Kreativität? Ist Handwerk. Von Tradition und moderner Technik

Am lebenden Objekt

22

30

16

Digitale SpäneWohin mit unserem Datenmüll?

3606

26

Inhalt

46Einer für alle, alle für einenDas Ikarus und sein ungewöhnliches Konzept

54

Musikwerk statt Stille

52Ausblick W.DOWas erwartet Sie in der nächsten Ausgabe?

STRG

Z+

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60

4 5

Lieblingswerkzeuge Von der Liebe zwischen Mensch und Ding

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DIE STADT DER SCHMIEDE

In der Gegend rund um die heutige Stadt Hirosaki wurde bereits während der Heian-Zeit (794 bis 1192) Eisen produziert und verarbeitet. In der frühen Edo-Zeit (1603 bis 1868) gab es in der Stadt eine Burg und somit reichlich Bedarf an Schmiedekunst: Schwerter, Messer, Werkzeuge, Schmuckstücke – mehr als 100 Schmiedewerkstätten soll es damals hier gegeben haben, und noch heute heißt ein Stadtteil von Hirosaki „Stadt der Schmiede“. Go Yoshizawa, ein Messerschmied in der achten Generation aus Hirosaki, antwortet auf die Frage, was ihm Handwerk bedeutet: „Handwerk ist Fantasie.“

6 7W . D O / W E R K S T Ä T T E N D E R W E L T W . D O / W E R K S T Ä T T E N D E R W E L T

Herstellen, reparieren, experimentieren: Es fliegen Funken, Späne fallen, eine Schraube, so groß wie ein Staubkorn, wird in detailverliebter Arbeit eingesetzt, es duftet nach Rosen – das ist die Welt der Werkstät-ten. Wir tauchen ein in facettenreiche Erzählungen rund um die Drahtzieher dieser Mikrokosmen. Eine Liebeserklärung an das Machen.

Werkstättender Welt

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LINDENHOLZ, SCHUSTERNÄGEL, WOLLE – FERTIG IST DAS URMELJim Knopf und Frau Mahlzahn, Katze mit Hut und die Puddingbrumsel: Alle stammen sie aus der Werkstatt von Hannelore Marschall-Oehmichen. Sie war die Tochter der Puppenkisten-Gründer Rose und Walter Oehmichen und erschuf mit geschätzten 6.000 Puppen ein ganzes Marionettenuniversum für die Augsburger Puppenkiste, in dem sich noch heute viele Menschen sehr zu Hause fühlen.

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DER KAMERADOKTORGian Luigi Carminati kümmert sich in seiner kleinen Werkstatt in Mailand seit fast 60 Jahren um alte Kameras. Dazu braucht er nicht viel mehr als Leiden-schaft, Geduld und ein Schraubenzie-her-Set. Der Kurzfilm „Master of Camera“ von David Drills und Chiara Porro gewährt einen Einblick in eine geradezu poetisch anmutende Art zu arbeiten, zu leben und in eine ganz und gar analoge Werkstatt.

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DER MENSCH – DIE MIKROBAUSTELLEDie mikroinvasive Therapie stellt einen Meilenstein in der Chirurgie dar: Mithilfe von 3D-Naviga-tion und Robotik werden sehr feine Nadeln oder Sonden zielgenau an ihren Bestimmungsort im menschlichen Körper gebracht, um dort beispielsweise Tumoren zu behandeln oder Schmerz-medikamente zu verabreichen. Große Hautschnitte sind nicht notwendig, damit verringert sich das Infektionsrisiko um ein Vielfaches. Die Heilung geht rascher und unkomplizierter vonstatten und die Patienten dürfen dank der „Chirurgie ohne Messer“ schneller wieder nach Hause.

HOCH OBEN BEI DEN STERNENGUCKERNDas Stellarium Gornergrat in der Schweiz vereint Experten mit Forscherdrang und neugierige Sternengucker aus Leidenschaft, denn es ist Werkstatt für Wissenschaftler und Hotel für zahlende Gäste zugleich. Wer es nicht auf den Berg schafft, der schaut sich unter stellarium-gornergrat.ch die faszinierenden Bilder der All-Sky-Kamera an, die 24 Stunden am Tag Bilder des Himmels über dem Gornergrat liefert.

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SCHUHMACHER DER PFERDEMit mobiler Werkstatt arbeitet er am lebenden Objekt: Der Ausbildung zum Hufschmied ist in Deutschland die eines Kunstschmieds vorge-schaltet. Bevor man also überhaupt aufs Pferd und seine Anatomie zu sprechen kommt, lernt man zunächst ein ande-res Handwerk: kunstvoll mit dem Werkstoff Eisen umzugehen.

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COWBOYS KOCHEN ANDERS Küche ist nicht gleich Küche: In den Weiten South Dakotas braucht es nicht viel, und schon gar keinen Raum namens „Küche“, um nach einem Tag harter körperlicher Arbeit eine sättigende und wohltuende Mahlzeit zuzubereiten. Es reicht ein Feuer, eine Pfanne und ein Steak. Gekocht und gespeist wird unter freiem Himmel. Die Kunst des Kochens hat eben viele Kul-turen, Gesichter und Prinzipien, genau wie Orte, an denen dieses Handwerk ausgeübt wird.

DIE HAARKÜNSTLERINKunstvolle Perücken, feingliedriger Kopf-schmuck, wunderschöne Hutkreationen, und das alles aus echtem Haar. Marisol Suarez kreiert in ihrem Pariser Studio Kunst für Köpfe, nach der Modedesigner und Sammler geradezu verrückt sind.

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DIE SINNLICHE DUFTWERKSTATT

Spätestens seit dem Bestseller „Das Parfum“ von Patrick Süskind ist der Welt in Erinnerung gerufen worden, dass in Südfrankreich die Welthauptstadt der Düfte liegt. Nördlich von Cannes liegt die Stadt Grasse. Bis heute beherbergt die Stadt in der Provence 30 Parfüm-Manufakturen. Eine der ältesten ansässigen Duftwerkstätten ist die Parfümerie Galimard: Sie wurde 1747 von Jean de Galimard, einem Freund von Johann Wolfgang von Goethe, gegründet und belieferte seinerzeit die französischen Könige mit angemischten Düften.

Die Region rund um Grasse verspricht den Besuchernasen be-reits viel: Blumenfelder rund um die Stadt umranden die Häuser wie ein geografisches Blumengesteck. Zwar gibt es bei Weitem nicht mehr so viele Blumenfelder wie noch vor einigen Jahren, doch der Boden ist reich an Spurenelementen und Jasmin, Nachthyazinthe, Veilchen, Mimose und Lavendel erfreuen sich an 300 Sonnentagen im Jahr. Auch die Rose, die dem Klassiker Chanel N° 5 seine einzigartige Note verleiht, ist in der Sinnes-hochburg zu finden.

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Covestro schafft auf der K 2016 einen spektakulären Treffpunkt und lotet bei Planung und Umsetzung des Messestands die Grenzen des Machbaren aus – ganz getreu der Firmenphilosophie „Pushing Boundaries“.

Die Entstehung eines Messestands gleicht einer Werkstattsituation, das Projekt wird gemeinsam entwickelt und im Dialog geformt. Die Entstehung des Covestro-Stands für die K 2016 ist dafür ein besonders gutes Beispiel, denn für die Planung des Stands wurde eine gemeinsame Werkstatt benötigt. In den Probeaufbauhallen bei Walbert-Schmitz feilte man gemeinsam über mehrere Wochen an großen und kleinen Elementen.

Ein Gespräch mit Hans-Eberhard Stein, Covestro Brand & Live COM, und Clemens Leppen, projektverantwortlich bei Walbert-Schmitz.

W.DO: Herr Stein, was war die erste Idee zum Messestand, welche Vision gab es für den Covestro-Auftritt auf der K 2016?

Hans-Eberhard Stein: Wir haben neu firmiert, wir haben ein neues Erscheinungsbild, und das Logo dreidimensional zu bauen, das war die gestalterische Idee hinter dem Messestand. Wir haben einen Platz schaffen wollen, der Treffpunkt ist, an dem wir Menschen zusammenbringen, Austausch anregen und ermöglichen. Kolla-

boration – das ist der Weg gewesen, den wir gesucht haben, und das ist ein Schlagwort, mit dem wir immer wieder arbeiten. Und ein dritter, wichtiger Wunsch: nun endlich auch mit unseren eigenen Materialien einen Stand zu bauen.

Clemens Leppen: Das waren vor allem die Wände aus Makrolon®. Das Material sollte zu hochtransparenten, gebogenen Trennwän-den mit einer Bauhöhe von 6 m verarbeitet werden, die nur ein Mi-nimum an sichtbarer Konstruktion benötigen, damit das Material im Vordergrund steht.

H.-E. S.: Wir haben schon früher mit unseren Materialien gebaut, aber noch nicht in einer solchen Perfektion. Was wir da auf der K getan haben, war unser Firmenkonzept gelebt und gebaut: Pushing Boundaries. Werkstatt ist ein super Begriff dafür, wie wir in dieser Konstellation mit Walbert-Schmitz und Uniplan (verant-wortlich für den Entwurf und die Kreativbegleitung, Anm. d. Red.) arbeiten. Hier sprechen Fachleute mit Fachleuten.

Wie haben die Messebesucher und auch Ihre eigenen Kollegen auf den Stand reagiert?

H.-E. S.: Die Kollegen waren geflasht. Sie wussten, dass wir mit un-seren eigenen Materialien arbeiten würden, aber als sie dann den fertigen Messestand sahen, kamen sehr viele begeisterte Fragen: Wie habt ihr das gemacht? Wie funktioniert das? Und manchmal auch gar keine Fragen, weil sie vor Staunen keine stellen konnten. International bekommen wir noch heute Feedback zu diesem Mes-sestand. Auch daran liest man ab, welchen lang anhaltenden Wert man da gestalterisch für ein paar Tage geschaffen hat.

„Ein wichtiger Wunsch: Wir wollten bei diesem Messe-stand endlich auch mit unseren eigenen Materialien bauen.“

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Grenzenausloten

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1918 W . D O / C O V E S T R O

Der Probeaufbau der Makrolon®-Wände und die Wände auf dem fertigen Messestand. C. L.: Insgesamt waren 26 t an der Decke.H.-E. S.: Und die Messegesellschaft: „Ist überhaupt kein Problem, hängse dran. Ham Sie da noch welche von?“ –Pushing Boundaries eben (lacht).

Wie helfen digitale Technologien bei der Entwicklung eines Messestands?

H.-E. S.: Für die Makrolon®-Wände beispielsweise entwickelte Clemens Leppen ein Profil, von dem er glaubte, dass es die richtige Lösung für unser Problem ist, dann ließ er ein dreidimensionales Modell anfertigen, stellte sich das auf den Tisch und zwei Tage später war es auf meinem Tisch.

H.-E. S.: Natürlich nutzen wir die neuen Techniken auch für andere Aspekte, wir sprechen die aktuelle Sprache und begeistern mit digitalen Techniken unsere Kollegen, zum Beispiel in Präsenta-tionen. Für meine Begeisterung brauche ich zwar vor allem das Reale, Dreidimensionale, aber das gehört natürlich dennoch alles zusammen.

Virtual-Reality-Anwendungen bieten vollkommen neue Möglich-keiten zum Beispiel in der Produktpräsentation und -vermittlung am Messestand, wie gehen Sie damit um?

H.-E. S.: Die VR-Brille ist für mich kein Messemedium. Wenn die Technik so weit ist, dass diese Art der Kommunikation als Massen-erlebnis möglich ist, zum Beispiel im Rahmen eines Doms, in dem wir uns alle befinden, in dem wir uns austauschen und in die Au-gen sehen können, dann wäre das Covestro, das ist Kollaboration. Und nicht: „Ich setz dir ne Brille auf und tschüss, geh in den weiten Raum hinein.“ Bei Messen brauche ich Treffpunkte, Kommunika-tionsinstrumente, und das sind meine Exponate. Ich brauche ein gemeinsames Erlebnis. Wie reagieren die Besucher auf das, was ich gerade präsentiere, habe ich sie richtig angesprochen, haben sie mich verstanden? Oder habe ich sie alleine losgeschickt? Da bin ich sehr Old School und sage: Nur wenn ich die Menschen verstehe, kann ich sie auch kommunikativ an die Hand nehmen.

Was macht die Zusammenarbeit zwischen Covestro und Wal-bert-Schmitz so besonders?

H.-E. S.: Zur Planung des Exponatbereichs ziehen Covestro und Walbert-Schmitz sich zu einem bestimmten Zeitpunkt gemeinsam zurück. Nicht alle Agenturen, mit denen wir in den vielen Jahren zusammengearbeitet haben, verstehen das. Ich habe ja den gleichen Wunsch wie die Agenturen, nach Reinheit des Entwurfs, nach Klarheit der Architektur, und trotzdem muss ich Storys mit den Exponaten erzählen. Und um diese Balance zu erreichen, da

C. L.: Wir haben ein Aluminiumprofil entwickelt, das uns auf der einen Seite die notwendige Stabilität gibt, auf der anderen Seite die Materialeigenschaften des Makrolon® ausreichend berücksichtigt. Eine dritte Funktion sollte die Möglichkeit der Kopplung der einzel-nen Wandelemente sein, möglichst ohne sichtbare Beschläge. Da von diesem Profil eine große Menge gefertigt werden sollte, haben wir vor der endgültigen Freigabe ein 1:1-Muster des Querschnitts als 3D-Druck angefertigt, um die einwandfreie Funktion beurteilen und testen zu können.

brauche ich Leute, die Erfahrung haben, mit mir Erfahrung haben. Ich habe sowohl Verantwortung für die Architektur als auch für die Exponate, die ihren Raum brauchen, damit ich Geschichten er-zählen kann, die die Leute begeistern. Architektur ist das eine, die Storys sind das andere, und diese Storys haben einen sehr hohen Wert für das Unternehmen. In den drei Jahren zwischen den Ks rei-sen die Geschichten in Form der Exponate umher, um einer großen Öffentlichkeit vorgestellt zu werden. Die K ist unser Rhythmus für die interne Entwicklung und der Motor für unseren Storypool.

C. L.: Die Workshops zum Bau und zur Präsentation der Exponate liefen für die K 2016 über mehrere Wochen; zu jedem Thema zwei, drei Tage mit entsprechenden Fachleuten von Covestro, die das Material gut kennen und erklären können. Das war dann wirklich eine gemeinsame Werkstatt, die hier eingerichtet wurde: in der Aufbauhalle, mit eigenem Besprechungsbereich und Blick auf die Produkte und Exponate, positioniert und inszeniert.

H.-E. S.: Besonders an der Zusammenarbeit ist auch, dass Walbert-Schmitz es nach all den Jahren immer noch schafft, mich zu über-raschen: Die Möbel für die Exponattische waren beim Aufbau auf der Messe so vorbereitet, dass man die Tischplatten ganz leicht entnehmen und nach dem Dekorieren nahtlos und unkompliziert wieder einsetzen konnte, ohne dass die empfindliche Oberfläche der Tische Schaden nahm. Ein extrem funktionales Detail und eine schöne Überraschung beim Aufbau, denn darüber haben wir vorher nie gesprochen.

Wann fällt Ihnen denn so was ein, Herr Leppen?

C. L.: Abends.

H.-E. S.: Das muss nach 22 Uhr gewesen sein, bis dahin habe ich ihn nicht in Ruhe gelassen (beide lachen).

„Der Probeaufbau lief über zwei Monate. Jeder Exponattisch entwickelte sich individuell.“

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Ein in vielen Jahren perfektioniertes Zusam-menspiel: Aus einer Skiz-ze von Hans-Eberhard Stein wird ein Exponat.

Was genau wurde in der Workshopphase entschieden, noch mal umgeworfen? Kommt man da auch noch mal ins Schwitzen?

C. L.: Nein, nie (lacht). Der Probeaufbau lief über zwei Monate. Jeder Exponattisch entwickelte sich individuell. Wir haben da ganz oft geschoben, sahen plötzlich, dass ein Exponat viel größer war als erwartet, das andere viel kleiner. Vieles haben wir auch tech-nisch noch angepasst, eine besondere Beleuchtung zum Beispiel. Das geht am allerbesten am Original und mit Zeit vorab, damit wir vor Ort keine Überraschungen erleben und dann dort reagieren müssen.

H.-E. S.: Bei den Makrolon®-Wänden zum Beispiel brachte der erste Probeaufbau uns zu einer viel einfacheren Lösung als ursprüng-lich geplant. Das ist eine Entwicklung: Man hat die Wand gebaut und nicht virtuell errechnet, sondern wusste, die funktioniert. Die wird nicht krumm, dieses Licht ist gut und so weiter. So kommen Perfektion und Klarheit in den Stand.

Besonders an der Zusammenarbeit zwischen Ihnen ist auch die Arbeit mit Skizzen. Haben Sie eine Lieblingsskizze beziehungs-weise ein Lieblingsobjekt, das aus einer Skizze entstanden ist? H.-E. S.: Es gibt detaillierte Skizzen und Skizzen mit mehr Interpre-tationsspielraum. Wir haben uns da Freiheiten auf beiden Seiten

erarbeitet. Die eine Freiheit ist, ich scribble etwas schnell mal an, und dann kommt etwas Tolles zurück. Die andere ist, dass die Mitarbeiter von Walbert-Schmitz ein Verständnis davon haben, wie weit sie von der Skizze abweichen dürfen, um das gewünschte Ergebnis zu liefern. Das haben wir in vielen Jahren perfektioniert.

C. L.: Bei der K gibt es natürlich schon Lieblingsskizzen und Lieb-lingsexponate, die aus den Skizzen entstehen. Mein Lieblings-exponat 2016 war das Auto.

H.-E. S.: Das Auto war eines der kompliziertesten Exponate, die wir je gehabt haben. Die Entwürfe dazu waren zunächst weit davon entfernt, gebaut werden zu können. Dann haben wir das so lange hin und her gespielt, bis es umsetzbar war und alle mit dem Ergeb-nis glücklich waren. Das Schöne an unseren Auftritten ist, dass wir solche Herausforderungen haben (Clemens Leppen nickt). Das stresst zwar unheimlich, aber letztendlich lohnt es sich und ist nachhaltig. Seit Kurzem wird zum Beispiel immer wieder ein Expo-nat angefragt und gezeigt, das schon neun Jahre alt ist. Ich kann da immer noch Freude entwickeln, wenn ich die alten Entwürfe heute ansehe.

„Das Auto war eines der kompliziertesten Exponate, die wir je gehabt haben.“

Aussteller / Projektleitung: Covestro Deutschland AG, Leverkusen Konzept / Design: Uniplan GmbH & Co. KG Messebau: Walbert-Schmitz GmbH & Co. KGAusführungsplanung & Bauleitung: smd + partner, Aachen Licht (Konzept & Ausführung): LK-AG, Essen

Die Leverkusener Firma Covestro zählt zu den weltweit führenden Herstel-lern von Hightech-Polymerwerkstoffen: Mit rund 15.600 Mitarbeitern an insgesamt 30 Standorten weltweit entwickelt das Unternehmen Produkte und Anwendungslösungen, die sich ebenso in Matratzen, Laptops und Smartphones wie in Autokomponenten, Stadiondächern, Textilien und medizinischen Produkten finden. www.covestro.com

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Idee, Idee, Idee

TOSENDER GedankenflussZack: BLITZIDEE

2322 W . D O / W I S S E N22 W . D O / W I S S E N22

Kreativität? Ist Handwerk.

Die Google-Suche nach „Kreativwerkstatt“ ergibt ungefähr 1.020.000 Ergebnisse, „Kreativität“ möchte man da lieber gar nicht erst googeln. Des-halb besser mal ganz altmodisch nachschlagen, zum Beispiel in Juli Gudehus’ wunderbarem „Le-sikon der visuellen Kommunikation“. Dort finden wir ein Zitat von Wolf Schneider, seines Zeichens strenger Wächter über die korrekte Anwendung der deutschen Sprache und Lehrmeister von Generatio-nen deutscher Journalisten. Zum Wort „Kreativität“ schreibt er: „Mode-, Bläh- und Zauberwort für das Talent, Ideen zu haben oder schöpferisch zu sein ... Oft ist „Phantasie“ eine gute Übersetzung. Häufig scheint auch „Produktivität“ gemeint zu sein.“ In dieselbe Kerbe schlägt der New Yorker Maler Chuck Close, wenn er trocken konstatiert: „Inspiration ist

etwas für Amateure. Der Rest von uns macht sich jeden Tag aufs Neue an die Arbeit.“ Aber, bitte, wie genau machen genial-kreative Köpfe sich an die Arbeit?

Hilft es, auf einen See zu schauen und auf die Idee zu warten? Und, falls ja, wie lange sollte man denn schauen? Oder ist der herausfordernde und mitunter aufreibende Anblick eines leeren weißen Blattes besser geeignet, die Ideen zum Sprudeln zu bringen? Ordnung oder besser kreatives Chaos?

Glaubt man erfahrenen Kreativen, benötigt man vor allem einen gut bestückten Werkzeugkoffer für den Kopf. Auf den nächsten Seiten legen wir Ihnen einige Werkzeuge bereit.

Kreativität ist eine Gabe und Ideen zaubert man nicht einfach so aus dem Hut – oder?Ein Blick hinein in kreative Köpfe: Gibt es erprobtes Handwerkszeug, das den eigenen Ideenreichtum zum Explodieren bringt?

Werkstattim Kopf

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Laterales Denken –Flex a different muscle

Eine der Lieblingsmethoden des New Yorker Designers Stefan Sagmeister: Wenn Sie beginnen, über ein Projekt nachzudenken, nehmen Sie als Ausgangspunkt irgendein Objekt. Beispiel: Sie sollen einen Tisch entwerfen.

Erste Aufgabe: Keinesfalls an Tische und Ihre Zielgruppe denken! Jetzt suchen Sie sich ein Objekt, am besten in dem Raum, in dem Sie sich gerade befinden, und denken darüber nach. Und los: Zum Beispiel ... eine Lampe. Lampen können hängen oder stehen, sie spenden Licht, mitunter stößt man sich den Kopf an ihnen, sie sorgen für Atmosphäre, Gemütlichkeit, Wärme; Gemütlichkeit am Tisch; könnten Sie vielleicht einen Tisch entwerfen, des-sen Oberfläche ein sanftes und warmes Licht abgibt und um den herum man sich deshalb gerne versammelt? Und niemand stößt sich beim Aufstehen mehr den Kopf an der Deckenlampe!

Eine schnelle und effektive Methode, um zu ungewöhnli-chen Lösungen zu finden.

Design Thinking –ist für alle da

Beim Design Thinking dürfen Sie hemmungslos an Ihre Problemstellung und Ihre Zielgruppe denken, denn hier stehen Nutzerwünsche sowie nutzerorientiertes Erfinden im Zentrum des Prozesses. Design Thinker schauen durch die Brille des Nutzers auf das Problem und begeben sich dadurch in die Rolle des Anwenders. Dabei wird in multidisziplinären Teams gearbeitet, um aus der Erfahrung und dem Know-how verschiedener Gruppen Innovationen entstehen zu lassen. Der Prozess folgt einer klar definierten Reihenfolge: verstehen > beobachten > definieren > Ideen finden > Prototypen entwickeln > testen.

Mit dieser Methode lassen sich sowohl Strategien gegen das Metzgereisterben in Deutschland wie auch vereinfachte amerikani-sche Steuerformulare und Solarenergieprojekte für Entwicklungsländer realisie-ren. Einen hervorragenden Überblick zur Methodik und darüber hinaus Angebote für Einzelpersonen, Organisati-onen und Firmen bietet die Seite des Hasso-Plattner-Ins-tituts in Potsdam: hpi-academy.de.

Progressive Abstraktion – Wo waren wir stehen geblieben?

Diese Methode beruht darauf, eine Problem- oder Fragestel-lung immer weiter zu abstra-hieren, um neue Aspekte in die Suche nach der Lösung einbeziehen zu können. Wir entfernen uns also Schritt für Schritt vom Problem, um neue Zusammenhänge zu erkennen und zum Kern der Fragestellung vorzudringen.

Ein Beispiel: Sie planen eine Kampagne für ein neues Automodell. Unabhängig von den Vorteilen des neuen Modells beginnen Sie zu-nächst mit der Abstraktion: Auto = Fahrzeug = Transport-mittel = Mobilität = Unabhän-gigkeit = Freiheit. Mit dieser Abstraktionskette erweitern Sie Ihre Systemgrenzen und können bisher unberücksich-tigte Lösungsansätze mit einbeziehen. Vorfixierungen werden umgangen und kon-ventionelle Vorstellungen in der Ideenfindung vermieden.

Die 635-Methode –Brainstorming im Kreis

Sechs Teilnehmer, drei Ideen, fünf Weitergaben – so funk-tioniert die 635-Methode. Jeder der sechs Teilnehmer erhält einen Bogen mit der formulierten Problemstel-lung und notiert darunter drei spontane Ideen. Danach reicht er seinen Bogen weiter zum Nachbarn, der drei neue, durch die bereits notierten Ansätze inspirierte oder wei-terentwickelte Ideen notiert, insgesamt werden die Bögen fünfmal weitergegeben. In kurzer Zeit und mit nachvoll-ziehbarer Struktur erhält ein Team so bis zu 90 Ansätze, die im nächsten Schritt aus-gewertet werden können.

Die 635-Methode ist unkom-pliziert und lässt sich auch mit ungeübten Teilnehmern gut durchführen, außerdem ist sie als Mikromethode im Design-Thinking-Prozess sehr beliebt.

Die Walt-Disney- Methode – Sie sind drei

„... there were actually three different Walts: the dreamer, the realist, and the spoiler.“ Robert B. Dilts

Die Rollen dieser drei Walts nehmen Sie alleine oder Ihr Team ein. Nehmen Sie Platz auf drei Stühlen, die mit den Bezeichnungen „Träumer“, „Realist“, „Kritiker“ gekenn-zeichnet sind. Es beginnt der Träumer, der ungehemmt drauflosspinnen darf und Ideen und Visionen liefert. Der Realist bewertet die Ideen des Träumers prag-matisch und wohlgesinnt: Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, damit die Träume in Erfüllung gehen können? Der Kritiker schließ-lich ist dazu da, Stärken und Schwächen des Ergebnisses bis hierher klar zu benennen und auf Nachbesserung zu bestehen. Seine Aufgabe ist ausdrücklich nicht, die Idee zu beerdigen. Er übergibt sein Ergebnis wieder an den Träumer, der die Idee weiter-spinnt, danach ist wieder der Realist an der Reihe, dann der Kritiker und so weiter. Ein optimales Ergebnis liegt vor, wenn der Kritiker keine Schwachstellen mehr sieht, der Realist überzeugt ist, dass das Projekt gelingen kann, und der Träumer vom Ergebnis begeistert ist.

Kopfstandtechnik – Pessimisten vor

Die Kopfstandtechnik ist ein großer Spaß für die Pessimisten und Nörgler unter uns: Formulieren Sie dazu „Anti-Aufgaben“, zum Beispiel „Welcher Schachzug würde sich am schnellsten in sinkenden Umsätzen nie-derschlagen?“. „Finden wir einen Weg, unser Produkt für den Kunden so unattraktiv wie möglich zu gestalten?“ Den meisten Menschen fällt es leichter, negative Aspek-te und Entwicklungen zu benennen, als kreative Ideen zu entwickeln, deshalb führt diese Methode meist rasch zu Ergebnissen. Aus der „Anti-Aufgabe“ erwächst eine „Anti-Idee“. Kommen Sie jetzt zurück auf die Füße und formulieren Sie das Gegenteil Ihrer „Anti-Idee“, um Ihren Lösungsansatz zu erhalten.

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Gerhard Steidl macht Bücher. Das machen andere auch, aber so wie er macht es keiner. Der 66-jährige Göttinger, Gründer und Inhaber des Steidl Verlags, ist ein Besessener. Sein Anspruch: höchstmögli-che handwerkliche Qualität. Radikal. Jedes Buch wird eigens aus der Taufe gehoben, es gibt kein Standardprozedere. Für jedes Buch wird eigens das Format bestimmt, das Papier ausgewählt, die Sorte, die Stärke, die Haptik, ebenso das Leinen für den Einband und die Bindematerialien. Steidl legt Wert darauf, dass seine Bücher keine Industrieprodukte sind, sondern „Multiples“ – Ideen von Künstlern, die von Handwerkern umgesetzt werden. „Jedes Buch, auf dem ‚Steidl‘ steht“, sagt er, „beinhaltet für den Käufer die Garantie, dass es von mir persönlich in Göttingen, Düstere Straße 4, gedruckt wurde.“

Steidl ist nicht das in der Branche übliche Entwe-der-oder, nicht entweder Verleger oder Drucker. Für gewöhnlich sind beide Unternehmen säuberlich voneinander getrennt und die Chefs eint möglicher-weise das gemeinsame wirtschaftliche Interesse an einem Buchtitel, mehr aber selten. Das eine Un-

ternehmen schafft Inhalte und Formen, das zweite führt aus und produziert. Für Steidl sind diese bei-den Aufgaben untrennbar miteinander verbunden. Verlegen und Drucken sind ein Handwerk, das an einem Ort, in einer Werkstatt erledigt wird. Damit setzte Steidl sich erfolgreich über die seit Jahrhun-derten etablierte Trennung zwischen Kunst und Handwerk hinweg. Er ist Buchkunsthandwerker, Verleger und Drucker in einer Person: Als Verleger publiziert er seine Fotokünstler perfekt und teil-weise sogar in Gesamtausgaben. Dazu muss man sich den Fotografen denken, der er gerne geworden wäre, denn dadurch hilft er jetzt den Fotokünstlern, so gut zu werden, wie sie eigentlich sind, indem er sie perfekt präsentiert – denn was ist eine Kunst wert, die man nicht sehen kann?

Schon 1968, mit 18, machte Steidl sich als gelern-ter Siebdrucker selbstständig. Anfangs druckte er vor allem Plakate, 1972 erschien das erste Buch, „Befragung der Documenta“; es kamen politische Bücher hinzu, Literatur, immer mehr Fotobücher, und heute ist Steidl nicht nur der Verlag des 2015

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Bücher fürdie Sinne

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Steidl legt Wert darauf, dass seine Bücher keine Industrieproduktesind, sondern „Multiples“ – also Kunstobjekte in Buchform, dievon Handwerkern umgesetzt werden. „Jedes Buch, auf dem ‚Steidl‘steht“, sagt er, „beinhaltet für den Käufer die Garantie, dass es von mir persönlich in Göttingen, Düstere Straße 4, gedruckt wurde.“

verstorbenen Literatur-Nobelpreisträgers Günter Grass, sondern vor allem einer der renommiertes-ten Verlage für Fotokünstler weltweit. Martin Parr, Jeff Wall, Joel Sternfeld, Robert Frank, William Eggleston – die berühmtesten Fotografen stehen bei Steidl Schlange, damit er Bücher mit ihren Fotos druckt. Von manchen macht er einen catalogue rai-sonné, also eine Auswahl aus dem Werk; von dem Amerikaner Robert Frank druckt er gar das gesamte Lebenswerk. So was macht sonst niemand. Weil es sich nicht lohnt. Weil es gar nicht geht, eigentlich.

Dabei ist es keine Zauberei, was Steidl veranstal-tet; es ist nur das bedingungslose Streben nach handwerklicher Qualität, verbunden mit enormer Ausdauer und einem Hauch Wahnsinn. Der Verlag ist in einem alten Haus in der Göttinger Altstadt untergebracht; „Steidlville“, wie es scherzhaft genannt wird, ist ein verwinkeltes Universum, rät-selhaft, undurchschaubar für Fremde. Die Räume sind bis an die Decke zugestellt mit Regalen, an vielen Stellen ist es eng, aber alles folgt einer ge-heimen Ordnung. Und mittendrin, überall zugleich, immer im weißen Kittel des Handwerkers, aus dem Nichts auftauchend und wieder verschwindend, der Chef. Steidl verfügt über eine natürliche Autorität, die sich aus seinem Können und seiner Entschlos-senheit speist. Er wird, so hört man, kaum je laut;

es reichen Nuancen im Tonfall, ein Schweigen, eine hochgezogene Augenbraue, und jeder weiß, was verlangt ist.

Steidl macht Bücher mit allen Sinnen. „Riech mal“, sagt er, wenn er einem ein neues Buch in die Hand drückt. Nicht: „Schau mal!“, denn das tut man ja sowieso. Es gibt nur eine Druckmaschine, er will auch keine zweite, die läuft dafür praktisch Tag und Nacht. Während andere Verlage outsourcen, macht Steidl das Gegenteil – er holt alles ins Haus, damit er den gesamten Prozess des Büchermachens unter Kontrolle hat, Layout, Litho, Satz, Belichtung, Druck, Herstellung, einschließlich der Auswahl der Materialien. Sogar einen eigenen Koch hat er ange-stellt, damit die Künstler zum Mittagessen nicht mehr das Haus verlassen müssen; vorher gingen sie zum Essen in eine der umliegenden Kneipen, wo man sie dann manchmal Stunden später wieder loseisen musste. „Ich stelle mir unser Gebäude oft als U-Boot vor“, sagt Steidl, „sobald alle an Bord sind, tauchen wir ab, und bis zum Ende der Reise gibt es weder frische Luft noch Tageslicht.“

Und, was soll man sagen, es funktioniert. Offenbar brauchen Bücher keine frische Luft und kein Tages-licht, um zu gedeihen, sondern vor allem Liebe. Und solide Handwerkskunst.

Immer im weißen Laborkittel gekleidet, beginnt der Arbeitstag von Verleger Gerhard Steidl täglich um fünf Uhr in den Morgenstunden. Sein Verlagshaus in der Düsteren Straße in Göttingen ist nicht nur für international renommierte Foto-künstler der Gegenwart ein Zielort, auch Hollywoodstars suchen den Buchmann auf, um mit ihm zu arbeiten.

Über die Fendi-Publikation aus dem Hause Steidl, die in enger Zusammenarbeit mit Karl Lagerfeld entstand, schrieb das eng-lische Modemagazin Vogue: „One of the most beautiful fashion tomes in history has been created.“

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Berresheimsdigitales Atelier

Tim Berresheim ist einer der international führenden Protagonisten zeitgenössischer, digital generierter

Kunst. Er geht radikal vor, erforscht neue Technologien und erarbeitet Kunst in vielen Dimensionen.

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Der Raum ist gefüllt mit den Zeichen identitätsbildender Medien – denn spätestens seit dem Film „High Fidelity“ wissen wir, was im Leben wirklich zählt: Bücher und Musik. In dem Künstler-atelier kommt hinzu, was auf der Hand liegt: bildende Kunst in allen Dimensionen. Der großformatige Output von Berresheims Schaffen reiht sich neben den Ansätzen eines Kuriositätenkabi-netts ein: Neben einer karibischen Atlantikschildkröte steht ein roter Sonnenschirm aus der Ära „Ausflugslokal der 50er-Jahre“ und taucht den Arbeitsplatz des Künstlers in rotes Licht. Bis zu acht Mitarbeiter unterstützen ihn mittlerweile bei seinen Arbei-ten. Berresheim fing alleine an, regelte den Atelieralltag selbst, heute hat er Unterstützung für Administration und künstlerische Umsetzung. Drei seiner Kollegen sitzen an ihren Rechnern und Tablets inmitten eines großen Arbeitsraumes, den man tadellos als digitale Werkstatt kategorisieren kann. Die Musik verstummt. „Moment, ich muss noch kurz die Schallplatte umdrehen, dann können wir anfangen.“

W.DO: Tim, viele haben ein romantisches Bild vor Augen, wenn sie an Atelierarbeit denken. Ist dieses Bild heute vielleicht etwas einseitig? Wie sieht deine Arbeit in der digitalen Werkstatt aus?

Tim Berresheim: Mein Tag ist recht konzentriert und läuft in ge-ordneten Bahnen. Ich bringe meine Kinder zur Schule, fahre zum Atelier oder habe Außentermine. Viele organisatorische Aufgaben fallen jedoch mittlerweile an meinen Kollegen Tim Tigner, der nun die Kommunikation nach außen, die Pressearbeit, Adminis-tration und Produzentenverhandlungen übernimmt. Ich bin also derzeit damit beschäftigt, Aufgaben in unserem Team anders zu verteilen: Ich habe eben beispielsweise ein Modell entwickelt und lasse es von meiner Kollegin Luca in einer 3D-Arbeit umsetzen. Zeichnerische Elemente werden derzeit von Andi übernommen. Meine Aufgabe hier im Atelier wird zukünftig mehr im Bereich der Know-how-Ermittlung liegen. Denn alles, was ich mache, ist DIY und „Learning by Doing“. Es gibt schließlich keine Tutorials für meine Arbeit, das bedeutet, ich lerne an einem Arbeitstag viel und verfeinere alte Methoden. Man darf nicht vergessen: Es gibt viel Lästiges und viel Warten bei digitaler Arbeit. Ziel ist es, zusammen Wissen zu entwickeln, aber auch Wissen weiterzugeben – quasi im Stil einer Ausbildung. Das ist unser gemeinsamer Alltag. Nebenbei stellt sich für mich stetig die Frage: Wie ist eigentlich die Vorstel-lung, die man von einem Künstler hat, und der reale Künstlerall-tag im Jahre 2017? Das verändert sich schließlich auch stetig. Alles in allem ist es im Moment einfach aufregend zu sehen, wie viel Fahrt wir mit einem größeren Team aufnehmen können.

Wie beginnst du mit deiner Arbeit? Folgst du einer grund-legenden Methode?

Ich arbeite bei meinen Werken additiv, das heißt, es geht immer weiter, es kommt stets etwas hinzu. Ich denke über Fotografie, Malerei und Zeichnung nach und frage mich, wie man in unserer Zeit noch Unterschiede markieren kann. Jeder kann heute Bilder produzieren und eine Bildmasse in digitalen Medien erzeugen. Da ist meine Aufgabe zu zeigen, was die Kunst heute noch anbieten kann, um sich abzugren-zen und besser zu sein als das Angebot der anderen.

Außerdem beschäftige ich mich stets mit Kunstgeschichte und ihren Epochen: Man verliert sich schnell in einer Grenzenlosig-keit der Auswahl, und irgendwo muss man seinen Startpunkt finden. Für mich ist interessant, wie bildnerische Effekte beispielsweise in der Moderne kreiert wurden – ich prüfe dann für mich, wie ich damit im Jahre 2017 umgehen kann.

Als Ausgangspunkt bei einer neuen Arbeit läuft für mich zunächst alles über die Sprache. Ich baue mir ein sprachliches Gerüst und folge einer Problembeschreibung. Meistens stelle ich mir eine sehr spezielle, dezidierte Frage. Der Antwort auf diese Frage versuche ich dann mit diversen digitalen Tools, Program-men und selbst programmierten Schnittstellen auf die Spur zu kommen.

Das heißt, du arbeitest mit einem Satz, einem Wort oder mit ganzen Texten?

In der Regel reicht ein Wort, um mit der Arbeit zu beginnen. „Karto-grafierbarkeit“ beispielsweise ist ein Wort, das mich seit gut zehn Jahren beschäftigt. Oder auch „Plausibilität“ – zwei sehr zentrale Begriffe meiner Arbeit. Ich frage mich dann: Stimmt das noch mit einem neuen Modell, das ich versuche zu entwickeln, überein? Und wenn nein, warum passt es nicht mehr? Das ist der Punkt, an dem die visuelle Arbeit für mich beginnt.

Bildwelten, die sich mit einer eigens für Ausstellungen entwickelten Augmen-ted-Reality-App zum Leben erwecken lassen.

Er ist Künstler, Verleger, Musiker und erschafft in seiner Arbeit Computerbilder, Fotografien oder Siebdrucke bis hin zu ganzen Rauminstallationen.

Tim Berresheim studierte von 1998 bis 2000 an der Hochschule für bildende Künste Braunschweig (bei Johannes Brus) und anschließend von 2000 bis 2002 an der Kunstakademie Düssel-dorf (bei Albert Oehlen). Er ist ein bil-dender Künstler, der seit 2002 mithilfe des Computers Tafelbilder produziert. Auf den Bildern, die als Fotografien,Siebdrucke oder Computerprints realisiert werden, sind Szenerien dar-gestellt, die sich im dreidimensionalen, illusionistischen Raum abspielen. Im Zuge der Arbeit mit CGI (Computer Generated Imagery) und DGI (Daylight Generated Images) entstehen –das gilt sowohl für die figurativen als auch für die abstrakt anmutenden Werke – plausible, das heißt physikali-schen Gesetzmäßigkeiten unterliegen-de bühnenhafte Bildwelten.

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Im Atelier von Tim Berresheim herrscht eine konzentrierte Arbeitsstimmung –

olfaktorisch angereichert durch den dichten Duft aus Räucherstäbchen, betritt man in seinem Aachener Atelier

einen Raum zum Ausprobieren.

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„Insgesamt ver-suche ich in meiner Arbeit immer zu prüfen: Wo kann ich ausbrechen?“

Gibt es in künstlerischer Arbeit eigentlich Fehler, die man machen kann? Oder sind es mehr Richtungen, denen man folgt?

Das ist eine Frage des Überprüfens. Dabei geht es um das Über-prüfen am Bild selbst. Wir sprechen hier von den klassischen „Tugenden“, wenn man so will: Bildaufbau, Farbgestaltung, Dy-namik, Skalierung, das Verhältnis von der Fläche zur Linie und so weiter. Das sind Dinge, die überprüfbar sind – und natürlich

kann man hier Fehler machen. Dann stellt man nach kurzer Über-legung fest: Oh, doch nicht so geil.

Meine Arbeitsweise ist sehr tech-niklastig. Daher beschäftigt mich in meiner Arbeit auch noch ein drit-ter Begriff: die Erwartungstreue.

Wenn ein Maler mit einem großen Pinsel auf der Leinwand arbei-tet, dann ist dieser Vorgang für den Maler begrenzt kalkulierbar. Diese Spritzer und Fehler – wenn man so möchte – passieren dem Computer nicht. Das ist ein eklatanter Unterschied.Wenn ich also in meiner Arbeit diese Spuren integrieren möchte, muss ich sie bereits erwarten. Das heißt, in meinem bildneri-schen Versuchsaufbau muss ich so programmieren, dass eben das passiert. Diese Fehler muss ich dem Computer sagen, die passieren ihm nicht von selbst.Das ist in meiner Bildgenese ein riesengroßer Unterschied zu anderen Arbeiten – auch wenn er sich nur marginal anhört. Dem Betrachter fallen diese Dinge dann intuitiv auf.

Und wie wählst du im Schaffensprozess deine digitalen Werkzeuge aus? Beispielsweise ein Visualisierungspro-gramm für Wetterphänomene?

Das ist viel Recherchearbeit. Tatsächlich sichte ich ständig einen umfangreichen RSS-Feed, den ich mir über die Jahre zusammen-gestellt habe. Morgens werden mir dann 68 Webseiten, die für mich interessant sind, angezeigt. Die arbeite ich durch und schaue, welche neuen Entwicklungen es gibt. Gibt es Schnitt-stellen, die für mich interessant sind, kann ich mir die Software leisten? Kann die Software ein Problem lösen, das ich in meiner Arbeit habe, oder erweitert sie das Problem vielleicht nur? Das alles muss sortiert werden. Den Überblick hat man sich jedoch recht schnell verschafft: Es gibt ja nur fünf bis sechs große 3D-Schmieden und einige Renderer, die dazugekommen sind. Die Herausforderung ist für mich zu schauen, passt das in meine Arbeitsweise und finde ich einen Weg, die neuen Programme mit

den alten zu verbinden. Neue Programme werden ja entwickelt für Designer, für die Werbe- oder Spieleindustrie. Da hat niemand einen Künstler als User im Kopf. Es geht also aus Sicht der Ent-wickler um Probleme, die ich überhaupt nicht habe. Insgesamt versuche ich in meiner Arbeit immer zu prüfen: Wo kann ich ausbrechen? Auch bei Programmen.

Im Moment arbeitest du an einer Rauminstallation, einem Bühnenbild. Kannst du uns schon etwas darüber verraten?

Ja, das stimmt. Wir erarbeiten zurzeit für Carhartt einige Bestandteile zum Open Source Festival in Düsseldorf. Auf der Galopprennbahn wird es ein Bühnenkonzept von uns geben. Hier setze ich auch wieder bei der Bildgenese an: Interessant ist die Skalierbarkeit. Ich kann mich beispielsweise an einem 1,50 x 1,80-m-Bild auslassen und ein Tafelbild entwickeln. Aber die Dimension, in 12 x 10 m zu arbeiten, gibt dem Ganzen einen Ursprungsdrall, der auch schon früher in meiner Arbeit zu finden war. Ich möchte stets das maximal Mögliche: Wie kann ich die Software maximal nutzen, was kann der Computer maximal leis-ten, wie kann ich maximale Auflösung generieren oder, bezogen auf die Skalierbarkeit, welche maximale Narrationsdichte kann ich erzeugen? Wir haben von Carhartt eine Carte blanche bekommen. Nach meiner Ausstellung im Düsseldorfer Kunstverein kam das Unternehmen auf mich zu und jetzt entwickeln wir eine narrative Ikonografie zum Thema „easy-come, easy-go“ – passend zum Thema Geld gewinnen und Geld verlieren auf Rennbahnen. Unter anderem haben wir zeichnerisch Geld- und Wettscheine für das Festival entwickelt. Für das Stage-Design haben wir ein Setting gestaltet, das für alle Musiker gleich ist: Hiermit müssen dann alle zurechtkommen. Das ist ein Moment, in dem sich Kunst von Design klar abgrenzt.

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Wenn einem Künstler bei großer Pinselbewegung auf einer Leinwand Farbspritzer auf einer Linie entweichen, sind das unerwartete Konsequenzen, die man aus der Malerei kennt. Diese Fehler oder – um es in der Haltung von Tim Berresheim zu sagen – diese Erwartungstreue bezieht der Aachener Künstler in seiner Arbeit planerisch von Beginn an mit ein. Bei „Tarnen Taeuschen (tl;dr)“ aus dem Jahr 2012 schuf er auf 230 x 190 cm eine Bildwelt, die physikalischen Konsequenzen folgt: In einer digital definierten Röhre ließ er viele Millionen gelbe, digitale Wasserpartikel fließen. Je schneller er die Partikel durch die Kurven schickte, desto mehr Bahn-Ausreißer waren zu erwarten. So schaffte der Künstler es, mit einem Programm zur Wettervisualisierung eine künstlerische Geste zu erzeugen.

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DigitaleSpäneGut 40 Billionen Spam-E-Mails werden weltweit in jedem Jahr verschickt – eine 40 mit zwölf Nullen! Allein das Versenden dieser Nachrichten verbraucht so viel Strom wie zwei Millionen US-amerikanische Haus-halte pro Jahr. Das dabei erzeugte CO2 entspricht der Produktionsmenge von drei Millionen Pkw. Und die Ver-stopfer von Postfächern weltweit sind nicht nur fragwürdige Anbieter von bedingungslosen Sofortkrediten oder Potenzmittelchen.

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Vor allem aber ganze Ordnerwüsten voller uralter Bilder, voller Dokumente, die wir zu löschen ver-gessen haben. Oder voller Videos, die neulich in der WhatsApp-Gruppe die Runde machten. Was heutzu-tage technisch an Medienübertragungen möglich ist, lässt viele vergessen, dass die entsprechenden Medien inzwischen riesige Datengebilde sind. Seinem Gegenüber ungefragt die Speicherkarte mit einem über 20 MB großen Filmchen in HD zu füllen, ist eine digitale Unhöflichkeit.

Nicht schlimm, mag mancher sagen. Es ist ja noch Platz auf der Platte. Oder in der Wolke. Wobei dieser Ort nicht so romantisch ist, wie er klingt. 632 Milli-arden Kilowatt Stunde Strom fraßen die hinter dem Cloud-Computing stehenden Serverfarmen schon im Jahr 2008. Bis ins Jahr 2020 wird sich dieser Verbrauch mehr als verdreifacht haben.

Und damit nicht genug: Datenmüll bindet Kräfte, verlangsamt Prozesse und ist obendrein noch ein Sicherheitsrisiko. Längst beschäftigen sich System-theoretiker mit einem Thema, das für die Arbeitswelt rasend schnell an Relevanz gewinnt: Datenmüllma-nagement. Wie lässt sich was maximal effizient und in Einklang mit der gesetzlichen Aufbewahrungs-pflicht aufräumen? Wie lässt sich der frei gewordene Raum künftig möglichst sinnvoll nutzen? Solche Fragen treiben die Experten neben der Ermittlung einer individuellen Kosten-Nutzen-Rechnung für jedes Unternehmen um. Denn Datenmüllbeseitigung rechnet sich nicht unbedingt für jede Firma. Mittel- bis langfristig scheint es dennoch denkbar, Daten-müll als eine Art Rohstoff zu verwenden. Im Bereich der quelloffenen Programmierung wird das im Kleinen schon heute praktiziert. Hier kann jeder Codeschnip-sel zu gemeinsamen Projekten beitragen. Manche dieser Schnipsel haben in anderen Projekten nicht funktioniert und werden im aktuellen quasi recycelt.

Schon weitere Kreise zieht das sogenannte Data-Mining, bei dem riesige Datenmengen analysiert und statistisch ausgewertet werden. Je nach Fragestel-lung geht es darum, Querverbindungen oder bislang unbekannte Zusammenhänge zu entdecken. So können nicht mehr benötigte Textberge dazu ver-wendet werden, ein passendes Tool zur Erkennung von Plagiaten zu entwickeln. Auch im Bankenwesen dient das Data-Mining der Identifizierung von Betrug. Derweil lernen Unternehmen ihre Kunden über einge-hende Datenanalysen besser kennen und können passendere Werbemaßnahmen entwickeln.

Es sind erste Schritte hin zu einer Welt, in der nicht mehr verwendete Dateien nicht zwingend zum Wegwerfprodukt werden. Spammails entwickeln in dieser Hinsicht sogar vielfältiges Potenzial. Im Rahmen des Data-Mining helfen sie den Entwicklern von Spamfiltern bei der Schärfung ihrer Instrumente. Gleichzeitig nehmen sich immer mehr Künstler ihrer an, formulieren sie zu Gedichten um oder bauen Col-lagen mit ihnen. Manche übersetzen Spam gleich in eine andere Kunstform – wie etwa der australische Grafiker Elliott Burford, der kryptische Spam-Betreff-zeilen mit mehr als nur einem Augenzwinkern in kolorierte Skizzen verwandelt. Oder wie der Klangkünstler Anders Lang, der Lesungen mit den absurdesten Texten seiner seit 2006 stetig wach-senden Spamsammlung hält. Und plötzlich ist der Digital Waste schön.

Täglich machen in Unternehmen Dutzende Mails die Runde, mit jeweils Dutzenden Adressaten in CC. Viel-fach wandern sie ungelesen direkt in den Papierkorb. Laut einer Erhebung verplempert jeder Büroange-stellte rund zwei Arbeitstage im Jahr allein damit, den an ihn gesandten Spam zu entsorgen. Dass sich Wissenschaftler mit der Ermittlung solcher Zahlen beschäftigen, zeigt die Bedeutung, die wertlosen Daten mittlerweile zugeschrieben wird. Datenmüll ist ein Wirtschaftsfaktor, ein Energiefresser und auf in-direktem Wege auch Umweltverschmutzung. Es gibt sogar wissenschaftliche Arbeiten, die die negativen Auswirkungen von Digital Waste auf das Wissens-management darlegen.Keine Frage, wo gehobelt wird, da fallen Späne. Was für analoge Werkstätten gilt, hat natürlich auch im Digitalen Bestand. Und wir haben mittlerweile fast alle mindestens eine digitale Werkstatt voller Späne auf dem Schreibtisch oder in der Hosentasche. Alle unsere Computer und Smart Devices sind gleichzei-tig auch Digitalmüllhalden, die riesige Mengen nicht mehr benötigter Dateien bergen. Installationsrück-stände finden sich dort – oder vorinstallierte Apps, die nie benötigt wurden.

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DAS BAUHAUS IST NICHT BUNT – ES IST FARBIGViele Dinge sehen aus, wie sie aussehen, weil der Einfluss des Weimarer Bauhauses bis heute gegenwärtig ist. Geraden, rechte Winkel, keinerlei Verzierung – heute vielleicht banale Formsprache, aber damals revolutionierte das Bauhaus den Blick auf die Aufgaben einer neuen Produktgestaltung: Funktio-nal, schön und für alle gut zugänglich sollte sie sein. Produkte, die serienmäßig hergestellt werden können, die in ihrer Beschaffenheit vereinfacht und normiert werden sollten.Der zweite Leiter des Bauhauses, Hannes Meyer, radikalisierte diese Idee 1928 und verlangte mehr Reduktion, damit Design für alle Menschen – auch für Ärmere – zugänglich war, und postulierte seine Parole „Volksbedarf statt Luxusbedarf!“.

Sessel 635 Red and Blue, Entwurf von Gerrit Thomas Rietveld (1918) ; Hersteller und Cassina (1973), Be-zugsquelle: cassina.com

DieBauhaus-FrauenDie Nachbarn sind im Urlaub, ich soll die Katze füttern. Auf der Suche nach dem gestreiften Tier flaniere ich durch die Zimmer der fremden Wohnung und bin fasziniert von der Einrichtung: In jedem Raum machen sich Designklassiker breit und stehlen dem übrigen Interieur selbstbewusst die Show. Ein Heim mit musealem Flair. Diese gegenständliche Design-prominenz in der Wohnung hat einiges an Kulturge-schichte auf dem Buckel – vorwiegend männlicher Macher.

Leise sind die Möbel nicht. Im Gegenteil, mitteil-sam sagen sie zu mir: „Mein Macher heißt Werner Wagenfeld oder Gerrit Rietveld, ich bin im Bauhaus entstanden, ich heiße ‚Wassily Chair‘ und bin durch die Avantgarde der Moderne entstanden.“ Manche Objekte sind beseelte Gegenstände oder werden es, sobald wir mehr über ihre Entstehung erfahren. Dann ist der bunte Läufer in der Diele nicht mehr

nur ein farbiges dekoratives Textil, das den Schmutz der Straßen für uns bündelt, sondern ein Objekt, das 1926 von Anni Albers in der Weberwerkstatt des Bauhauses entworfen wurde, in einer Zeit, als Design, Manufaktur und Qualität neu definiert wurden – und in der die Bauhaus-Frauen sich gegen Kollegen und Lehrer behaupten mussten.

Ich suche weiter in der Küche. In der Ecke steht der Weißenhof-Stuhl von Mies van der Rohe. Der Frei-schwinger von 1927 – eine weitere gestalterische Ikone mit dem 25-mm-Stahlrohr – würde heute ganz anders aussehen, als wir ihn kennen, wäre er nicht mit einem Geflecht aus Eisengarngurten von Lilly Reich bezogen worden.

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Im nächsten Raum hängen Bilder an der Wand – natürlich: Petersburger Hängung. Neben drei Katzen-bildern, die die Existenz des Tieres bestätigen, ergän-zen Portraitfotografien die Sammlung. Die Augen folgen mir durch das Zimmer. Bei näherem Hinsehen erkenne ich sie: Mir blicken Marcel Breuer, Wassily Kandinsky und Margarete Heymann-Loebenstein-Marks, Anni Albers und Friedl Dicker entgegen. Keine Familiengalerie, aber eine Ansammlung vertrauter Avantgardisten des letzten Jahrhunderts mit unterschiedlichsten Biografien.

Margarete Heymann – enteignete Avantgarde

Margarete trägt Krawatte, Hemd und Kurzhaarfrisur. Ein Bild nach ihrer Zeit am Bauhaus, aus der Berliner Großstadtszene, auf dem sie sich androgyn, stark als selbstbewusste Jungunternehmerin inszeniert. Heymanns Gebrauchskeramik „Haël“ aus den 20er-Jahren wurde international populär und ihre Arbeiten sind noch heute als Greta-Pottery bekannt – im Gegensatz zu ihrer Schöpferin. Die prominente Platzierung im kollektiven Designgedächtnis der Gegenwart scheint ihren männlichen Kollegen vor-behalten zu sein – schade eigentlich. Denn nachdem sie unter anderem an Kursen von Johannes Itten und Paul Klee teilgenommen hatte, nahm sie die künst-lerischen Impulse mit und gründete 1923 mit ihrem Mann Gustav Loebenstein und seinem Bruder Daniel die „Haël-Werkstätten für künstlerische Keramik“. Das Trio feierte internationale Erfolge.

In Weimar formulierte Gropius eine Neuheit in der Ausbil-dung: die Zusammenführung der städtischen Kunstge-werbeschule und der Weimarer Hochschule für bildende Künste. Seine neue Vision, angelehnt an die englische Arts-and-Crafts-Bewegung, glich einer künstlerischen Revolution, denn durch die Verbindung des Schönen mit dem Nützlichen präzisierte sich die Ausbildung zum Designstudium.

Gropius verkündete in seinem Programm: „Als Lehrling aufgenommen wird jede unbescholtene Person ohne Rücksicht auf Alter und Geschlecht, deren Begabung und Vorbildung vom Meisterrat als ausreichend erachtet wird.“ Ein Versprechen, das wohl dem Zeitgeist zum Opfer fiel, denn die meisten Werkstätten waren lange Zeit Män-nerdomänen. Zwar brach die dicke, autoritäre Prüde-rie-Schicht der Kaiserzeit auf, und hervor kam ein neues Zeitgefühl, in dem sich junge sinnliche Wilde hervortaten. Trotzdem flammten in einigen männlichen Köpfen Bedro-hungsszenarien auf: Viele Bauhaus-Meister fürchteten, weibliche Studierende würden den männlichen wertvolle Werkstattplätze wegnehmen. 1919 schrieben sich exakt 84 weibliche und 79 männliche Studierende am Bauhaus in Weimar ein. Dieses Verhältnis veranlasste Walter Gropi-us dazu, „keine unnötigen Experimente“ mehr zu machen, denn die große Anzahl von Frauen würde dem Ansehen der Schule schaden. Er forderte eine „scharfe Aussonde-rung gleich nach der Aufnahme“. Gropius versuchte, Frau-en in einer Art Frauenwerkstatt, der Weberei, auf das ihnen angeblich traditionell zugedachte Handwerk zu reduzie-ren. Mit der ungeheuren Innovationskraft, die schließlich in dieser Werkstatt entstand, rechnete er nicht und wurde später eines Besseren belehrt, denn die Frauenwerk-stätten – ob Metall-, Textil- oder Keramikwerkstatt – sta-chen durch Produktionsvielfalt und großes Engagement hervor.

Anfang in Weimar und Ende in Berlin

Die Stadt von Goethe, die Stadt der Gründung einer ganzen Republik, aber auch die Stadt einer der wichtigsten Kunstschulen des 20. Jahrhunderts: Gegründet wurde das Staatliche Bauhaus zu Weimar 1919 von Walter Gropius, einem damals 36-jährigen Architekten. Als erster Leiter des Bauhauses formte er, zusammen mit seinen späteren Nachfolgern Hannes Meyer und Ludwig Mies van der Rohe, einen Ort, der wegweisend sein sollte.

Das Bauhaus als Ort der Ausbildung wechselte vor dem Zweiten Weltkrieg zweimal den Standort: Nach Weimar kam Dessau und schließlich die Niederlas-sung in Berlin-Lankwitz. Diese konnte jedoch nur bis 1933 standhalten. Zu dieser Zeit wurde die Insti-tution durch Repressalien der Nationalsozialisten zur Selbstauflösung gezwungen. Das faschistische Terrorregime war gegen den Dessauer Modernismus und brachte die Schule durch Hausdurchsuchungen, Versiegelung der Räume und Verhaftung von Studen-ten zur Aufgabe.

Einige jüdische Bauhaus-Architekten emigrierten er-folgreich in den Jahren nach 1933 nach Tel Aviv, wo in der Folge mehr als 4.000 Gebäude im Geiste des Bau-hauses entstanden. Die sogenannte Weiße Stadt hat seit 2003 den Status eines UNESCO-Weltkulturerbes.

Sessel F51, Entwurf von Walter Gropius; Hersteller und Bezugsquelle: tecta.de

Bauhaus-Wiege, Entwurf von Peter Keler; Hersteller und Bezugsquelle: tecta.de

Sessel D51, Entwurf von Walter Gropius; Hersteller und Bezugsquelle: tecta.de

Teppich Child’s Room Rug, Entwurf von Anni Albers; Hersteller und Bezugsquelle: christopherfarr.com

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1931 schließlich eröffnet sie in Wien ihr eigenes Atelier und ist zugleich politisch aktiv. Sie tritt der kommunistischen Partei bei, engagiert sich gegen Faschismus, doch die zunehmende Umfärbung der städtisch-politischen Stimmung im roten Wien gipfelt im dunkelsten Braun. Friedl Dicker kämpft auf dreifa-che Weise gegen ein System an, das sie als Jüdin, als Kommunistin und als avantgardistische Künstlerin nicht akzeptieren wird. Die Überlieferungen ihrer Ar-beit während der Zeit in Theresienstadt wurden nach der Befreiung des Lagers in zwei Koffern gefunden.

Anni Albers – Abstraktion par ex cel lence

Trotz der widrigen Umstände schafften es weitere Frauen, sich hervorzutun: Anni Albers beispielsweise –dort in der Galerie sehe ich sie direkt neben Friedl Dicker – war Künstlerin, Textilkünstlerin, Weberin und Grafikerin, Kunstsammlerin und Hochschullehrerin. Sie schrieb Bücher, hielt Vorträge und machte Karrie-re – als Bauhaus-Frau, als Designerin.

1931 übernahm sie als Nachfolgerin von Gunta Stölzl die Leitung der Weberei am Bauhaus und unterrichteteim Bauhaus Dessau. Zusammen mit ihrem Mann, dem Künstler Josef Albers, emigrierte sie – vertrie-ben ebenfalls durch die Nationalsozialisten – 1933 nach Amerika. Damit exportierte sie einen bedeu-tenden Teil der Schulphilosophie in die USA und an das Black Mountain College in North Carolina – den berühmten Akademikerpool für große Köpfe dieser Zeit. Hier lehrte sie Weberei und war als selbststän-dige Künstlerin tätig.

Anni Albers, die Weben in ihrer Anfangszeit am Bauhaus zunächst für „weibisch“ hielt, erkannte bald, dass die Weberei zu ihrer lebensfüllenden Aufgabe werden sollte. In ihrer Diplomarbeit, die sie 1929/30 fertigstellte, entwickelte sie einen Spann-stoff, „ein lichtreflektierendes, schalldämpfendes und leicht zu reinigendes Material aus Baumwolle und Cellophan für die Fenster einer Aula“.

Aus dem zur Heimat gewordenen Exil reisten sie und ihr Mann oft nach Südamerika. Beide vereinte künst-lerisch vor allem eins: eine lebenslange Beschäfti-gung mit der Abstraktion. In diesen Ursprungsländern der grafischen Einfachheit studierte Anni Albers die traditionellen Webmuster und -techniken. Dort vorn auf dem Wohnzimmertisch sehe ich, nebst ein paar Katzenhaaren, das Buch „On Weaving“ – ihre theore-tische und praktische Auseinandersetzung mit der Webkunst aus dem Jahr 1965.

Ich trete wieder in die Diele, auf dem Albers-Läu-fer rekelt sich etwas Getigertes. Richtig, da war noch was: eine Gegenwart. Hier werden Katzen gefüttert, Möbel gekauft und Woh-nungen eingerichtet mit Gegenständen, die mehr erzählen, als man zunächst ahnt.

Selbst nachdem Gustav und Daniel bei einem Ver-kehrsunfall ums Leben gekommen waren, führte Margarete Loebenstein das Unternehmen allein und erfolgreich weiter, überstand die Wirtschaftskrise, bis schließlich zur Machtübergabe an die Nationalsozia-listen 1933: Nun war sie – nicht aus wirtschaftlichen Gründen – gezwungen, den Betrieb zum Dumping-preis von 45.000 Reichsmark (etwa 132.800 Euro) zu verkaufen. Nach öffentlicher Denunzierung und ihrer drohenden Inhaftierung durch die Gestapo wurden ihre Arbeiten in einer eigens eingerichteten„Schreckenskammer“ der Nazis als „entartete Kunst“ ausgestellt, die „Grauen beim Betrachter erzeugt“ – Margarete begann mit der erfolgreichen Planung ihrer Ausreise ins Exil. Sie floh schließlich im Dezember 1936 nach England.

Friedl Dicker – Pädagogik in Theresienstadt

Friedl Dicker gehörte wohl zu den begabtesten Per-sönlichkeiten mit künstlerischem Eigensinn und zu den wichtigsten Vertreterinnen des frühen Weimarer Bauhauses. Mit ihren vielfältigen Begabungen kommt sie der heutigen Vorstellung einer interdisziplinär

arbeitenden und denkenden Desi-gnerin am nächsten. Sie arbeitete am Bauhaus und in eigenen freien Werkstätten an Grafiken, Plastiken, Bucheinbänden, Lederarbeiten, Schmuck, Theaterkostümen, Bühnenbildern, Innen-einrichtungen, Entwürfen für Häuser, für Wohn- und Arbeits-räume, an Verwandlungsmöbeln und Spielzeug.

Ihre außerge-wöhnliche pädago-gisch-therapeu-tische Begabung zeigte sich unter grässlichen Um-ständen während ihrer Internie-rung im Ghetto Theresienstadt. In undenkbarem Maße schaffte sie es bis zu ihrer Ermordung in Auschwitz im Oktober 1944, den ebenfalls internierten Kindern mit ihrem illegalen Mal- und Zei-chenunterricht eine kurze Flucht in kindlich-kreative Fantasiewel-ten zu bieten. Über die Designerin selbst wird geschrieben, dass sie „offenbar aus einer großen imaginativen Fülle geschöpft hat“, dass sie „anregend, von Einfällen überspru-delnd“ und mit „Leichtigkeit und Improvisationstalent ausgestattet war“. Selbst Itten beschrieb sie in den von ihm und Gropius ausgestellten Zeugnissen als künstlerisch außergewöhnlichen Menschen mit wertvoller und selbstständiger Persönlichkeit: „Ich empfehle sie aufs Beste den Behörden.“

Zwischen 1920 und 1924 entwirft und gestaltet Friedl Dicker Bühnenbilder und Kostüme für Theater in Berlin und Dresden und arbeitet mit Bert Brecht zusammen. In der Architektur folgt sie „unorthodoxen Formprinzipien“ und sticht durch den Einsatz ihrer Materialsinnlichkeit hervor – ihre Bauhaus-Herkunft ist unübersehbar.

Über die Designerin selbst wird geschrieben, dass sie „offenbar aus einer großen imagina-tiven Fülle geschöpft hat“.

Teppich Red Meander, Entwurf von Anni Albers; Hersteller und Bezugsquelle: christopherfarr.com

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Mocca-Service der Haël-Werkstätten, Entwurf von Margarete Heymann-Marks; (c) Estate of Margarete Marks. All rights reserved/VG Bild-Kunst, Bonn 2017

Tischleuchte Wagenfeld WA 24, Entwurf von Wilhelm Wagenfeld; Hersteller und Bezugsquelle: tecnolumen.de

Tisch Schröder (1922-23), Entwurf von Gerrit Thomas Rietveld; Hersteller Cassina (1982), und Bezugsquelle: cassina.com

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Werkstatt und Digitalisierung

Hört man das Wort „Werkstatt“, steigt einem sofort der Geruch von frisch verarbeitetem Holz in die Nase. Sägespäne bedecken den Werkstattbo-den, während geschickte Hände konzentriert mit Werkzeugen beispielsweise Schränke und Stühle oder ganze Wohnungseinrichtungen schaffen.

Geschätzt und respektiert, existiert das Handwerk seit Jahrhunderten als nicht wegzudenkender Wirtschaftszweig. Doch auch hier gilt: keine Entwicklung ohne neue Einflüsse und einschneidende Veränderungen.

Industrie 4.0 ist als Schlagwort in aller Munde. Doch was genau verbirgt sich dahinter? Zunächst einmal eine starke, treibende Kraft: die Digitali-sierung, die sich nach der Dampfmaschine, dem Fließband, der Elektronik und der IT anschickt, unsere Arbeitswelt ein weiteres Mal von Grund auf umzukrempeln. Eine vierte industrielle Revolution. Mit dieser Entwick-lung werden alle vorherigen Schritte auf intelligente und effiziente Weise verzahnt, die Produktion wird mit modernster Informations- und Kommu-nikationstechnik verknüpft, um die Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbs-fähigkeit eines Unternehmens zu steigern. Daraus entstehen beispiels-weise „Smart Factories“, intelligente Fabriken, die auf digital vernetzten Systemen basieren. In der Verbindung aus Werkstatt und Digitalisierung liegt also eine vielversprechende Zukunft – wenn man weiß, wie.

Die voll automatisierteSmart Factory – längstkeine Zukunftsmusik mehr.

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Tüfteln im großen Stil

Die Vahle Group ist ein international tätiges deutsches Familienunternehmen, spezialisiert auf intelligente Energie- und Datenübertragungssysteme für mobile Industrieanwendungen. Mit der Entwicklung von Stromschienen groß geworden, entwickelt das Unternehmen heute nicht mehr nur Hardware sondern ganze Systemlösungen, deren normierte Schnittstellen Industrie 4.0 erst möglich machen. Beispielsweise für Krantechnik, Logistik in Häfen, aber auch für Vergnü-gungsparks. Oft gibt es keine Lösungen von der Stange, sie entstehen nach Maß in der Werkstatt. Es wird geplant, gezeichnet, gelötet und die benötigte Software individuell entwickelt. Immer wieder setzt man sich dazu intensiv mit den Prozessen beim Kunden auseinander und entwickelt Lösung für Anforderun-gen – die mitunter so komplex sind, dass

wir Menschen sie nur noch mithilfe der digitalen Anwendungen überblicken können.

Dennoch: An der Maschine selbst und am Umgang mit ihr ändert sich häufig gar nicht so viel: Früher bewegte der Arbeiter eine Kurbel, nun drückt er auf einen Knopf. Die Pro-zesse, die dann ablaufen und für die die Entwickler der Vahle Group die richtigen Schnittstellen schaffen, sind allerdings gänzlich andere. Früher brauchte ein Maschinenbauer kein IT-Know-how. Heute ist das eine Grundvoraussetzung, damit die Maschinen computergesteu-ert werden und Schnittstellen Daten an andere Abteilungen im Unternehmen übertragen können. Längst haben sich

Früher bewegte der Arbeiter eine

Kurbel, heute drückt er auf einen Knopf. die Ausbildungsberufe und Studiengänge

an diese Anforderungen angepasst, und auch die Personalstrukturen im Unter-nehmen sind in neue Bahnen gelenkt. Aus Mechanikern werden Mechatroniker und aus Ingenieuren Digital Engineers.

Sie sorgen mit ihrem kombinierten Know-how aus Technik und IT dafür, dass die Kommunikation zwischen den Kom-ponenten niemals hakt. Doch auch die komplizierteste Lösung benötigt bei der Vahle Group Detailarbeit: Der Lötkolben wird aufgeheizt, die Hand fährt über das Eisen, Stromschleifen werden verlötet und Platinen angeschlossen. Denn auch

was einmal Teil eines großen digitalen Ganzen werden soll, erfordert immer wieder: das gute alte Handwerk!

Und wo geht es auch für die Handwer-ker und IT-Spezialisten der Vahle Group nicht weiter? Will man die schnellste Achterbahn der Welt bauen, kann man die Stromübertragung optimieren, die Reaktionsfähigkeit der Systeme ver-bessern, Materialien ersetzen und eine perfekte digitale Schnittstelle schaffen – und dennoch stößt man hier immer wieder an physikalische Grenzen, die sich nicht aushebeln lassen.

Der Physik ein Schnippchen schlagen

Wo eine Achterbahn physikalisch nicht schneller werden kann, kann der Sinnesrausch digital gesteigert werden. Der Studiengang „Virtual Design“ an der Hochschule Kaiserslautern unter Professor Thomas Wagner erweitert den Kitzel einer Achterbahnfahrt durch eine spezielle Virtual-Reality-Anwendung. Im Europa-Park in Rust bei Freiburg lässt sich das auf zwei realen Achterbahnanla-gen schon erleben, VR-Brille auf und los. Die präzise Synchronisierung des VR-Films mit der Bewegung der Achterbahn ist dabei eine wichtige Voraussetzung für eine Fahrt ohne unbehagliche Schwin-delgefühle und behebt das Problem der VR-Seekrankheit, die durch die fehlende reale Bewegung entstehen kann. Das Unternehmen VR Coaster, das diese Anwendungen umsetzt, hat sich inzwi-schen weltweit als exklusiver Anbieter von „Augmented Thrill Rides“ etabliert und es deutet sich ein großer Wandel an, wie wir künftig Freizeitparks, Jahrmärkte oder auch allgemeinen Personentrans-port und Reisen erleben werden.

Lösungen nach Maß benötigen auch Verkehrsunternehmen, sowohl in der Organisation und Logistik als auch in der Fahrzeugtechnik.

Auch die gute alte Achterbahn ist heute mit ausgefeilter digita-ler Technik ausgestattet.

Noch mehr Thrill: Mit der VR-Brille wird der Nervenkitzel über die Grenzen der Physik hinausgeführt.

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Alte Schule trifft neue Möglichkeiten

Klassisches Handwerk und Zukunftstechnologie gehen Hand in Hand. „Die Herausforderung besteht darin, sich durch die Digitalisierung nicht abschaffen zu lassen, sondern sie in die Abläufe zu integrieren und zu nutzen“, sagt Frank Hüpers, Geschäftsführer der Handwerkskammer München und Oberbayern. Denkt man an Köche und Konditoren, Gärtner und Friseure, Maskenbildner und Goldschmiede, könnte man meinen, dass solche Handwerksberufe eher nicht von der Digitalisierung betroffen sind. Doch auch hier wird sich mit der immer weiter steigenden Zugäng-lichkeit der Technologien in Zukunft viel tun. So kann uns schon jetzt beispielsweise der Friseur über eine App den optimalen Schnitt aufs Haupt zaubern, bevor die Haare definitiv ab sind. Für wesentliche Arbeitsschritte allerdings werden die Geschicklichkeit der Hände, das Fachwissen und die Erfahrung unentbehrlich bleiben. Es gilt: Je kreativer ein Betrieb die digitalen Möglichkeiten einsetzt und in standardisierbaren oder ganz indi-viduellen Arbeitsabläufen zu nutzen weiß, desto eher wird er seinen Platz verteidigen und sich und seine Handwerkskunst behaupten können. Gute Arbeit bleibt schlichtweg gute Arbeit. Egal ob sie von einem Menschen, einer Maschine oder beiden gemeinsam geleistet wird.

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Was von Hand Tage dauern würde, erledigt der Roboter der Firma Kuka in wenigen Stunden.

Zurück zum duftenden Holz: der Tischler

Mit Cleverness und Innovationsgeist geht das Handwerk den Weg in die Zukunft, zu der die Digitalisierung eindeutig dazugehört. Die Tischlerei Eigenstetter lebt es vor. Martin Eigenstetter arbeitet seit 2011 im Unter-nehmen seines Vaters, Firmengründer Axel Eigenstetter. Von Haus aus ist Eigenstetter Maschinenbauer und Wirtschaftsingenieur. Geprägt durch sein Studium, ist er stets auf der Suche nach neuen Wegen, um Tradition und Innovation erfolgreich zu verknüpfen. So entwickelte er zusammen mit dem Team der Tischlerei als einer der ersten Holzverarbeiter bundes-weit einen Roboter, der nicht nur zum Handling, sondern zur tatsächlichen Bearbeitung der Werkstücke eingesetzt wird und auch die Erledigung komplizierter Aufträge erlaubt. Was zielsicher und geradlinig klingt, war natürlich auch mit Hindernissen verbunden, denn die Implementierung ei-ner völlig neuen Software und die Anpassung an neue Gegebenheiten und die veränderten Abläufe forderten das gesamte rund 20-köpfige Team. Doch die Entschlossenheit, Altbewährtes mit Digitalem zu vereinen, zahlt sich aus: Seit 2014 ist der Roboter in Betrieb und seine Schöpfer wurden dafür prompt mit dem Innovationspreis Handwerk ausgezeichnet.

„Die Herausforderung besteht darin, sich durch die Digitalisierung nicht abschaffen zu lassen, sondern sie zu nutzen.“

Der Roboter kann nicht nur Großes leisten, er übernimmt auch feinste Detailarbeiten.

Axel Eigenstetter gründete die Tischlerei 1986 und führt sie nun gemeinsam mit seinem Sohn Martin und dem 20-köpfigen Team in die Zukunft.

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Experiment wird zur Hymne

Was wäre die Musikwelt ohne Kraftwerk? Man kann unmöglich über Musikwerk-stätten sprechen, ohne diese Düssel-dorfer Pioniere zu nennen. Sie haben Musikstile wie Synth-Pop, Electro-Funk, Detroit-Techno und entscheidend die Anfänge des Hip-Hops geprägt: 1970 be-gannen Ralf Hütter und Florian Schneider mit ihrem avantgardistischen Projekt und erfanden in ihrer Werkstatt Klänge, die zu-vor noch nie gehört wurden. Nicht nur die ikonischen Melodien sorgen dafür, dass Kraftwerk in Standardwerken über Musik-theorie immer ihren Platz haben werden. Denn auch die Wiedergabe vor Publikum haben sie neu definiert: Symbiotisch ge-hen sie auf der Bühne mit ihren Konsolen um und werden eins – die Mensch-Maschine eben. Doch wer einmal live da-bei war, weiß: Die kühle Distanz bricht in 120 Minuten Performance manchmal auf und man erkennt menschliche Züge in den Gesichtern der großen Musikikonen.

Musikwerkstatt Stille

Im Prinzip kann jeder Gegenstand, der Töne oder auch nur Geräusche hervor-bringt, als Musikinstrument verstanden werden. Kollektiver Konsens ist meist jedoch, dass ein Instrument ist, was zu diesem Zweck hergestellt oder verän-dert wurde – und das sehen wir anders.Musik ist Musik ist Musik. Trotzdem lässt sich über Musik sehr gut streiten. Wenn man jedoch keine dadaistische Toneinlage veröffentlichen möchte, sollte man wissen, was man da tut. Auf die Spitze getrieben haben es diese vier internationalen Musikergruppen und Instrumentenhersteller: Sie haben in ihren Musikwerkstätten erdacht und ge-baut, was uns überrascht und akustisch verzückt.

Vom Probenraum über den Instrumenten-bauer bis zur visionären Klangschmiede: Wir haben uns auf die Suche gemacht und akustische Werkstätten gefunden, die Ohren vor Begeisterung klingeln lassen.

Klang ohne Instrument

Aus einer schwedischen Werkstatt kommt etwas, das zunächst wie eine Illusion wirkt, der perfekte Zaubertrick. Bei genau-erem Lauschen hört man jedoch, dass die Macher von „Freedrum“ eine internatio-nale Kinderfantasie zum Leben erweckt haben: Die Luftgitarre existiert! Jedoch ohne Gitarre. Vielmehr geht es um das Luftschlagzeug. Jeder rhythmusaffine Musikfreund kann – ganz ohne Proben-raum und ohne Instrument – Schlagzeug spielen, wo und wann es ihm beliebt. Die Holzsticks kommen der regulären Haptik sehr nahe und den Rest erledigt die inte-grierte Technologie: Bis zu 14 Stunden kann man nun an der Bushaltestelle sitzen und mit Kopfhörern seine Sets durchspielen. Dann schmerzen die Ober-schenkel in Zukunft auch wieder weniger.

Lautes Gemüse

„It’s quite liberating. [...] It also leaves behind a residue of curiosity about other everyday objects“, schrieb der britische „Guardian“ über dieses österreichische Orchester. Schnibbeln für die Gäste hat für die Wiener Musikcombo eine völlig andere Bedeutung, als man zunächst vermuten würde: Schnibbeln für die Sinne trifft es wohl eher. Denn das Vegetable Orchestra produziert Musik auf selbst gebauten Instrumenten – aus Gemüse. Dabei werden die musikalischen Grenzen stets verschoben und neu gedacht: Das experimentelle Klanguniversum des 1998 gegründeten Gemüseorchesters reicht von zeitgenössischer Musik bis zu beatorientierten House-Tracks, experimen-teller Electronic, Free Jazz, Noise, Dub und Clicks ’n’ Cuts.

Die Bandmaschine

Man kann das Holz fast riechen, blickt man auf die Musikmaschine, die der Musiker Martin Molin gebaut hat. 2.000 Murmeln und 3.000 verschiedene Teile erzeugen Klänge, die eine komplette Band ersetzen. Von endloser Detailverliebtheit und einem künstlerischen Erfinderreich-tum geprägt, den man vielleicht von Dani-el Düsentrieb gewohnt ist, schließt man dieses organisch wirkende Ding schnell ins musikalische Herz. Denn die Maschine wirft liebliche Klänge in den Raum, die auf handgemachten Kausalitäten beruhen: Töne mehrerer Instrumente sind mitei-nander verknüpft und werden mit einer Handkurbel – ähnlich einer Drehorgel – freigesetzt. Die silbernen Murmeln werden in Gang gesetzt und so verschiedene Schläuche und Zahnräder miteinander verbunden. Andere Hebel lassen weitere Murmeln fallen, die jeweils eine Sperrung lösen, sodass ein multiakustischer Sound entsteht.

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Eine Küche als Experimentierwerkstatt auf höchstem Niveau: Das Restaurant Ikarusin Salzburg bietet Monat für Monat einem neuen Gastkoch eine Bühne. Eine Heraus-forderung für das Team rund um Patron Eckart Witzigmann und Executive Chef Martin Klein.

Einer für alle, alle für einen

In Restaurantküchen rund um den Globus finden sich bunteste Teams zusammen: Vom Azubi bis zum Profi, von der Kaltmam-sell bis zum Küchenchef reicht das Spek-trum der Zuständigkeiten. Es gibt Groß-küchenteams mit 100 Mitgliedern und Miniteams, die zu zweit einen Restaurant- oder Cafébetrieb stemmen. Und mögen die Teammitglieder auch noch so verschieden sein, eines haben sie alle gemeinsam: In der Küche, in ihrer gemeinsamen Werkstatt, müssen sie sich blind aufeinander verlas-sen können und ein perfekt funktionieren-des Team bilden. Wenn alles rundläuft, läuft eine Restaurantküche taktrein wie ein Uhr-werk, jeder Handgriff sitzt. Wenn es gerade nicht gut läuft, kann es mitunter hektisch werden, auch laut – und heiß sowieso.

Einer ganz besonderen Teamaufgabe stellen sich die Köche im Salzburger Restaurant Ikarus jeden Monat aufs Neue: Das Team lädt einen Gastkoch dazu ein, ein Menü zu kreieren. Mit diesem Menü –zubereitet vom Ikarus-Team – präsentiert sich der Gastkoch einen Monat lang den neugierigen und hungrigen Gästen.

So entsteht ein Kaleidoskop kulinarischer Erlebnisse aus aller Herren Länder. Ob traditionelle Küche, Fusions- oder Mole-kularküche – wichtig sind die handwerk-liche Spitzenqualität der Speisen und Experimentierfreude und Offenheit auf allen Seiten. Denn für das Team des Ikarus bedeutet das Konzept, sich jeden Monat auf einen anderen Koch, einen anderen Stil, einen anderen Geschmack, neue Schwerpunkte einzulassen. Und für den Gastkoch bedeutet es, seine kreative Leistung, sein Menü in fremde Hände zu geben. Einer für alle, alle für einen.

Ein Gespräch mit Martin Klein über die kleinen und großen Herausforderungen, die dieses besondere Konzept mit sich bringt.

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W.DO: Herr Klein, jeden Monat ist bei Ihnen ein neuer Koch der Chef – oder besser gesagt, der Regisseur, denn er gibt das Menü und die Inszenierung vor. Wie entscheiden Sie, welcher Gastkoch eingeladen wird?

Martin Klein: Es werden nur die besten und ange-sagtesten Köche der Welt eingeladen. Meine Auf-gabe ist es, eine internationale Liste zu erstellen, bei der ich moderne und klassische ebenso wie molekulare und nordische Küche präsentiere.

Wie beginnt Ihre Arbeit mit einem neuen Gastkoch?

Alles fängt mit meinem Besuch beim Gastkoch an. Dort erarbeite ich die verschiedenen Kochstile und Techniken. Auf meiner Heimreise gibt es meist schon das erste Telefonmeeting mit den wichtigsten Säulen der Mannschaft, den Küchenchefs und Souschefs. Im Anschluss daran werden die Aufgaben entsprechend verteilt. Am schwierigsten ist jedoch die Produktbe-schaffung.

Gab es mal eine Zutat auf der Wunschliste eines Gastkochs, deren Beschaffung Sie vor ernsthafte Probleme gestellt hat?

Leider haben wir dieses Problem viel zu oft, aber selbstverständlich sind wir immer bemüht, alle gewünschten Zutaten rechtzeitig nach Salzburg zu bekommen. Im September hoffen wir unsere Gäste mit mexikanischen Ameiseneiern verwöhnen zu können.

Welche besonderen Gerätschaften benötigen die Köche? Welche sind Ihnen vielleicht besonders in Erinnerung geblieben, weil sie so außergewöhnlich waren?

Wir hatten schon alle möglichen Gerätschaften bei uns, spontan fallen mir ein Gefriertrockner, ein Rota-tionsverdampfer, ein Heißluftföhn, ein Kompressor sowie eine Spritzpistole ein. Wie Sie sehen, stellen wir uns alle jeden Monat auf die außergewöhnlichsten Sachen ein.

Ihr Team besteht aus Profis, und dennoch: War das Team bei einem Gastkoch besonders nervös?

Die Herausforderung ist jeden Monat die gleiche. Oberste Priorität ist es, die Gäste und unseren Gast-koch zufriedenzustellen. Eine gewisse Nervosität

ist natürlich immer da, gerade wenn solche Koch-größen wie Sergio Herman oder Paul Bocuses Execu-tive Chef zu uns kommen.

Das Konzept stellt in Sachen Flexibilität und Anpas-sungsfähigkeit hohe Anforderungen an Ihr Team. Ist Ihnen aus den letzten Jahren ein Moment in Erinnerung, in dem Sie besonders stolz auf Ihr Team und Ihre gemeinsame Arbeit waren?

Das Team besteht aus ausgewählten Mitarbeitern, die immer bereit sind, noch mehr zu geben. Auf so ein Team kann man immer stolz sein. Gerade letzten Monat hat Daniel Boulud eine sehr nette Ansprache gehalten und das gesamte Team für seine Professio-nalität und die ausgesprochen gute Zusammenarbeit gelobt. Das macht einen schon stolz.

Der Premierentag: Ist der Gastkoch dann in der Regel im Ikarus oder erlebt er den ersten Service nicht mit?

Gastkoch im Juli 2017: Daniel Boulud, dessen New Yorker Restaurant „DANI-EL“ die New York Times zu den zehn besten Restaurants weltweit zählt. Hier verarbeitet er gemeinsam mit Martin Klein schottischen Lachs für sein Menü in Salzburg.

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Die Gastköche sind am Ersten des jeweiligen Monats seit 13 Jahren immer anwesend. Das ist Grundvoraus-setzung für das Konzept. Jeder Gastkoch bekommt den Premierenabend voll mit. Wie erleben Sie und Ihr Team den Premierentag?

Es ist definitiv der härteste Tag des Monats, weil wir natürlich noch keine Routine mit dem Menü haben. Zudem sind an diesem Tag Presse, Fernsehen und unser Patron Eckart Witzigmann sowie der Gastkoch anwesend, da ist der Druck zusätzlich noch mal größer.

Und gab es in den letzten Jahren einen Gastkoch, der Sie besonders beeindruckt hat?

Das war zuletzt eine Gruppe: Im Juli 2016 haben wir zu „75 Jahre Eckart Witzigmann“ gleich sechs Gastköche statt nur einen eingeladen. Harald Wohl-fahrt, Hans Haas, Karlheinz Hauser, Bobby Bräuer,

Marc Haeberlin und Roland Trettl, allesamt frühere Schüler und langjährige Weggefährten von Eckart Witzigmann, haben gemeinsam ein Geburtstagsme-nü für unseren Patron kreiert. Da war es besonders toll zu sehen, wie diese sechs Spitzenköche in der Gruppe miteinander und mit dem Team harmoniert und so eine tolle Zusammenarbeit geleistet haben. Das war richtiges Teamwork! Dieser Monat war für uns auch Anlass dazu, heuer einen „Best of Wien“- und im nächsten Jahr einen „Best of Niederlan-de“-Monat zu machen.

Die Küche als Werkstatt: Was ist Ihr Lieblingswerk-zeug in der Küche und weshalb?

Ein frisch geschliffenes Messer. Mit einem guten Messer klappt jede Vorbereitung besser. Ich freue mich immer über ein sauber filetiertes Stück Fisch-filet.

Flugzeughangar, neu gedacht: Der Hangar-7 am Salzburg Airport be-herbergt neben dem Ikarus auch eine Sammlung historischer Flugzeuge der Flying Bulls und Formel1 Boliden.

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LieblingswerkzeugeKleine Einblicke in sechs Beziehungen zwischen Mensch und Ding.

Hymne auf das Falzbein

Josephine Friedrich,Psychologiestudentin

Mein Lieblingswerkzeug ist ein Falzbein aus Bambus. Buchbinder ziehen damit tiefe und gerade Knicke. Ich benutze es, um Brief-umschläge zu basteln. Ich verschicke gerne Karten in besonders gestalteten Umschlägen. Wenn ich die Faltlinien des Papiers mit einem Falzbein ziehe, sind sie hinterher so scharf umgeknickt, dass ich die Kanten des Umschlags problemlos mit einem Prittstift verkleben kann. Als ich noch kein Falzbein hatte, habe ich zum Kantenziehen ein Lineal oder meinen Daumennagel genommen. Dabei hat der Kleber nie richtig gehalten, weil das Papier immer wieder in seine ungefaltete Form zurückwollte. Ich glaube, dass das Falzbein ein unterschätztes Werkzeug ist, viele kennen es nicht einmal oder meinen, ein Messer tut es auch. Aber ein Falzbe-in kann es besser.

Alles auf Anfang

Armin Rohrwick,Verlagsgrafiker

Mein Lieblingswerkzeug ist der Tastenbefehl „Strg Z“ auf meinem Rechner. Damit kann man den letzten Befehl wieder rückgängig machen, zum Beispiel wenn man in Photoshop die Farbe falsch gewählt oder im Layoutprogramm versehentlich den Text einer ganzen Seite gelöscht hat: Ich drücke einfach „Strg Z“ und alles ist so schön und ordentlich wie vorher – als wäre der Fehler nie geschehen. Tolle Sache! Wie schön es doch wäre, wenn man auch im richtigen Leben seine Fehler so leicht korrigieren könnte.

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EIne Frage des Stils

Uli Hager,Gärtnerin und Gartenplanerin

Bunte Bleistifte in Pink, Orange oder Grün inspirieren mich. Ich nehme den Bleistift für alles, was ich mit der Hand notiere: für Ver-anstaltungsplanung ebenso wie für eine schnelle Skizze für eine Beetbepflanzung, Einträge ins Gartentagebuch oder um mir fran-zösische Vokabeln zu merken. Damit ich radieren kann, bekommt jeder Bleistift ein Mützchen mit einem Radiergummi aufgesetzt. Ich habe ein ganzes Vorratsbündel an Stiften, obwohl ich nur selten einen verliere. Früher habe ich Kugelschreiber benutzt, aber das ist lange her. Bleistifte haben eindeutig mehr Stil.

Lob des Lötkolbens

Georg Helmes,Fotograf und EDV-Dozent

Der Lötkolben ist mein Basic-Werkzeug – man bekommt ihn überall, er kostet nicht viel und man kann wahnsinnig viel damit machen: Ich habe damit schon Schaltungen gebaut, Platinen geätzt und Gehäuse zusammengebaut. Kürzlich war der Kopfhörer meiner Nichte kaputt, da habe ich den aufgemacht, gelötet und schon funk-tionierte er wieder. Gelötete Verbindungen halten viel besser als ge-klebte. Außerdem mag ich Kolophonium, das ist ein Baumharz, das man fürs Weichlöten als Fließmittel braucht. Der Geruch ist für mich besonders intensiv und angenehm. Beim vertieften Arbeiten sollte man aber nie vergessen, vorsichtig mit dem Lötkolben umzugehen: Er wird sehr, sehr heiß.

Das Schlüsselwerkzeug

Jonas Bohm,Medizinstudent

Mein wichtigstes Werkzeug ist ein achtteiliges Schraubenzieher-Set in winzigen Größen, von 0,3 bis 3 mm. Ohne Schraubenzieher be-komme ich kein Uhrwerk auf, bei mechanischen Uhren ist nämlich alles geschraubt. Ich brauche sie auch, um die Lager zu ölen, indem ich einen hauchdünnen Tropfen auf die Spitze des Schraubenzie-hers gebe und auf das Lager tropfen lasse, und um die Zahnräder wieder in Position zu bringen. Ich suche auf Flohmärkten nach alten mechanischen Armbanduhren und Weckern und repariere sie. Was ich als Hobbyuhrmacher wissen muss, habe ich mir alles selbst beigebracht. Das Schraubenzieher-Set habe ich bei einem Versand für Uhrmacherbedarf bestellt.

Eine Maschine mit Charakter

Caroline Hanke,Schauspielerin am Theater

Ich schalte meine Kaffeemaschine ein und lausche zehn Minuten auf das Summen, Brummen und Gurgeln, wenn sie langsam hochfährt und sich aufheizt. Es ist eine Bezzera 10, eine Siebträgermaschine aus Italien. Ich mag die Technik zum Anfassen – an dieser Ma-schine ist alles analog und bis auf den Wassertank ist nichts aus Plastik. Und sie ist zwar leicht zu bedienen, aber schwer zu meistern. Man braucht Baristaqualitä-ten, um mit ihr eine tolle Crema zu zaubern: Die richtige Menge Kaffee in den Siebträger mahlen, nicht zu viel, nicht zu wenig. Mit dem Tamper das Pulver andrücken, sachte, nicht zu fest. Den Siebträger einspannen – und sich schließlich an der dickflüssigen Crema freuen, die herausfließt. Es ist eine Maschine mit Charakter und einem gewissen Eigensinn. Das verbindet uns.

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Mit dem Bühnenbild bekommt ein Theaterstück seinen Rahmen und seine räumliche Struktur. Der Moment, in dem Christina Mrosek ihr Modell auf den Tisch stellt, ist der Moment, in dem das Konzept für das gesamte Team konkret wird. Denn jetzt wird aus einer leeren Bühne plötzlich ein bespielbarer Rahmen, aus einem Text plötzlich eine räumlich erlebbare Geschichte, in der sich die Schauspieler bewegen und die Inszenierung ihren Lauf nehmen kann.

Die Bühne im Kleinformat hat dabei ganz erstaun-liche Fähigkeiten und dient als Werkstatt für das gesamte Team: Das Konzept der Inszenierung wird sichtbar, Architektur und die Anforderungen an die Konstruktion lassen sich praktisch durchspielen. Sie ermöglicht sozusagen Kulissenschieberei am lebenden Objekt.

Regie und Dramaturgie spielen und arbeiten damit, Ideen entstehen, werden diskutiert und probiert, beschlossen oder verworfen. Werkstatt und Technik definieren Machbares und Unmögliches, finden praktische Lösungen für visionäre Ideen und prü-fen Sicherheitsaspekte. Die Theaterleitung schließ-lich stellt die Kostenfrage, kalkuliert, debattiert und

trifft die für das Budget richtige Entscheidung in Absprache mit dem Inszenierungsteam.

Ob das Modell aus diesen Runden ein wenig „ge-rupft“ hervorgeht? Manches Mal schon, und man-ches Mal wächst es in diesem Prozess inhaltlich und künstlerisch, wird noch runder und noch reifer.

Wenn die Bühnenbildnerin ihr Modell baut, ist sie Künstlerin und Handwerkerin zugleich. Sie vereint Kreativität, Intuition und technisches Hinter-grundwissen miteinander, bringt ein Gespür für die Szenerie, für Farben und Materialien mit. Nicht zuletzt hat sie Lust auf Basteleien und ist eine geschickte und geduldige Handwerkerin. Das dabei entstehende Modell verdeutlicht das Vorhaben für alle Beteiligten, denn es steht auf dem Tisch: zum Anfassen, zum Spielen, zum Prüfen.

Die Bühnenbildnerin Christina Mrosek umschreibt ihre Arbeitsweise mit diesem zentralen Werkzeug so: „Modellbauen bedeutet für mich Denken. Durch das haptische Erleben des Modells und somit des ‚Raum-werdens‘ des Textes wird alles immer klarer. Diese Haptik ist für mich unschlagbar. In meinem Kopf sah es vielleicht ganz anders aus, und im Modell wird es

Am lebenden ObjektDas wichtigste Werkzeug für die Entwicklung eines szenografischen Konzepts ist das Bühnenbildmodell. Die Bühnenbildnerin Christina Mrosek erklärt anhand der Inszenierung „Wir schweben wieder“, warum.

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konkret und ich kann meine Vorstellung überprüfen. Kürzlich habe ich nach langer Zeit mal wieder ein Mo-dell aus Ton gebaut. Ich wollte eine dicke Sau auf die Bühne stellen, die begehbar und drehbar ist. Da war das Modellbauen eine ganz besondere Freude, da ich quasi mit dem Material verschmolzen bin. Und dann kneten sich die Gedanken in das Material ein. Für die Inszenierung ‚Wir schweben wieder‘ im Rahmen der Langen Nacht der Autoren von Charlotte Roos in der Regie von Cilli Drexel am Deutschen Theater Berlin 2012 war es mir besonders wichtig, dass die einzel-nen Lebenswelten der Figuren nebeneinanderstehen konnten. Inhaltlich lebt jede Figur vereinzelt in ihrer Realitätsblase und die Schicksale werden parallel erzählt, das sollte das Bühnenbild widerspiegeln“,

so Mrosek. „Ich wollte die Innenansicht der Lebens-welt herzeigen und den voyeuristischen Blick der Zuschauer verstärken, indem ich die Außenwände der Wohnungen entfernt und so die Figuren völlig ausgestellt habe.“

Das Modell ist die Vorwegnahme des Resultats, das miniaturisierte Ergebnis von Ideen und Plänen, quasi das Versprechen auf das zu Erwartende. Es lässt sich nicht nur überprüfen, wie etwa Sichtlinien der Räume verlaufen und wie groß genau bestimmte Elemente am besten sein sollten, auch die detaillierte Ausfor-mulierung und Gestaltung der Räume kann hier in Miniaturform probiert werden.

Grenzen hat dennoch jedes Modell. „Das Schweben der Plattformen haben wir dann realistisch doch erst am Original überprüfen können“, bestätigt Mrosek, denn manche Probleme lassen sich nicht am Modell, sondern erst später im Planungs- und Bauprozess lösen. Dann übernimmt wieder das „echte“ Leben – und die Werkstatt im Großformat.

In der Inszenierung wurden die Plattformen am Ende des Stücks in den Bühnenhimmel gefahren.

Das Modell im Maßstab 1:50 ist eine anschau-liche Hilfestellung während der gesamten Umsetzungsphase des Projekts.

Christina Mrosek ist freie Bühnen- und Kostümbildnerin aus Berlin. Seit 2007 ist sie im deutschsprachigen Raum für Theater und Opern tätig, wie beispielsweise am Theater Oberhausen, am Deutschen Theater Berlin, Theater Basel, ETA Hoffmann Theater Bamberg. Ihr Studium zur Bühnenbildnerin ab-solvierte Christina Mro-sek in den Niederlanden sowie in Hamburg (HFBK). Zugleich strebt sie als szenografische Ausstellungsdesignerin und pädagogische Kunstvermittlerin auch den ästhetischen Um-gang mit theaterfernen Räumen an. 2013 war sie Stipendiatin des 49. Internationalen Forums des Berliner Theater-treffens.

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Schön verrücktes DIYNach dem erfolgreichen ersten „Do It Yourself“-Band zum Möbeldesign legt Christopher Stuart nun 30 wei-tere originelle Designideen vor. Sie reichen von Tisch und Bett über Regale, Stühle und Lampen bis hin zu Garten- und Outdoormöbeln. Christopher Stuart, Do It Yourself Möbel 2, € 26,90www.haupt.ch

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Der 3D-Druck-Führerschein Die Kölner Stadtbibliothek bietet jedem mit einem gültigen Stadtbibliotheksausweis die Lizenz zum 3D-Drucken. In einem Workshop erlernt man das nötige Know-how für die eigene, selbstständige Nutzung des 3D-Druckers MakerBot Replicator 2. www.stadtbibliothekkoeln.blog

WerkstattentdeckenCoworking, -living, -shopping und Co.Seit ein paar Jahren sprießen sie wie Nar-zissen aus dem Boden: Coworkingspaces. „BETT – Raum für Designkomparative“ist ein solches Projekt. Im idyllischen Berlin-Schöneweide, in einer alten Brau-erei, wird gewohnt, gearbeitet und neben Hofsitzkino, Design- und Wochenmärkten ist der Ort ein offenes Netzwerktreffen für alle Interessierten.www.bett-designkomparative.de

Ein Team – viele Kompetenzen„out for space“ ist ein interdisziplinäres Team aus Designern, Handwerkern und Technikern – mitten im Allgäu. In dieser Werkstatt denkt man nachhaltig und innovativ: Traditionelles Handwerk wird mit modernen Techniken kombiniert und natürliche Materialien werden mit neuen Technologien hergestellt. Entwi-ckelt wurde zuletzt ein Verfahren, das den natürlichen Werkstoff Rattan optisch und funktionell erweitert (karuun®). Für diese Materialalternative bedankt sich nicht zuletzt der Regenwald. www.outforspace.com

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Repair-Cafés erobern die StädteDamit ist kein kostenloser Reparatur-service gemeint, sondern ein gemein-schaftliches Reparieren defekter Alltags-gegenstände. Hier kann jeder etwas, und dieses Können wird als Ware getauscht. In angenehmer Atmosphäre reicht die „Patientenspanne“ von elektrischen und mechanischen Geräten bis hin zu Textil-ien und Co. So wird Müll vermieden und Ressourcen werden geschont. www.reparatur-initiativen.de

Hier sprühen die Funken!Wer einmal in einer Schwertschmiede dabei sein möchte und lernen will, welches Klingenmaterial genutzt wird und wie auf möglichst traditionelle Weise geschmiedet wird, dem sei ein Schnuppertag bei den Damen und Herren von „Schmiedeglut“ empfohlen.www.schmiedeglut.de

Berühmte Werkstätte in WienDie wohl berühmteste „Productivgenossenschaft von Kunsthandwerkern“ der Ge-schichte stammt aus Wien und eben hier lohnt es, im Museum für angewandte Kunst (MAK) die Sammlung der Wiener Werkstätte (1903–1932) zu bestaunen. Regelmä-ßig werden zur Sammlung Ausstellungen veranstaltet. Einen der Höhepunkte der MAK-Sammlung stellt Gustav Klimts neunteilige Werkzeichnung zum Mosaikfries (um 1910) im Speisezimmer des von Josef Hoffmann entworfenen Palais Stoclet in Brüs-sel dar, zu sehen in der permanenten Schausammlung des Museums. www.mak.at

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Kurzschluss

Berufe kommen und gehen. Wir nutzen die Gelegenheit, um einigen Handwerksberufen „au revoir“ zu sagen – wenn auch mit jahrzehntelanger Verspätung. Nach Medienrevolution und Jahrhunderten gesellschaftlichen Wandels sagen wir also: Tschüss, Schriftsetzer und Harz-scharrer, „goodbye“, ihr Fassbinder, Schattenrissschneider und Kupferstecher. Vielleicht sieht man sich ja noch mal!

Verzeihung,wer sind Sie?

Thomas Edison hatte bereits in seiner Kindheit Hörprobleme und war sein Leben lang schwer-hörig. Vielleicht ein Grund, warum er den Warn-hinweisen der Erwachsenen selten nachkam? Mit zwölf Jahren verdiente er sich sein Taschen-geld für seine chemischen Experimente durch den Handel mit Gemüse, Süßigkeiten und Zeitungen im Zug zwischen Detroit und Port Huron, seiner Werkstatt auf Rädern: Im Packwa-gen dieses Zuges experimentierte er, bis ihn der Schaffner nach einem Phosphorbrand mitsamt seinen Chemikalien hinauswarf.

Kleiner Erfinder-geist auf Schienen

„Wenn ich groß bin, dann will ich Urbanist werden“ – kein Wunsch, der Eltern die Schuhe ausziehen muss: Zwar wird hier nicht aus-, aber weitergebildet. Der gemeinnützige Verein „Die Urbanisten“ ist Impulsgeber, Initiator und Beteiligungsplattform und folgt dem Ruf der Generation Y (und älterer Jahrgänge) nach „Mehr“: mehr Nachhaltigkeit, mehr Nachdenken, mehr Schonen. Die Aktionsfelder des Vereins aus Dortmund sind Upcycling – also Aufwerten und Veredeln von Wegwerfprodukten –,Urban Gardening, Netzwerkprojekte für die Nachbarschaften und das Schaffen von Kulturräumen neben bereits etablierten Institutionen. Also: Warum nicht Urbanist werden?

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2017 war es so weit: Aus Johannesburg kam die Meldung, dass es im urzeit-lichen Afrika die älteste Werkstatt der Welt gegeben hat. In der am Indischen Ozean gelegenen Blombos-Höhle mischten Menschen vor 100.000 Jahren Ockertinkturen an. Natürlich hat man schon damals auf Nachhaltigkeit ge-achtet: Die Tinktur wurde in den Schalen von Meeresschnecken aufbewahrt. Und die Farbe? Schnell und einfach für den Hausgebrauch: Etwas Kohle, etwas Quarz, Fett aus Seehundknochen, Wasser und Urin – et voilà, die Höhlen- und Körperbemalung kann losgehen.

Woher bekam der Höhlenmensch Farbe?

HautmalereiDas ist wirklich „Old School“ – Körperverzierung gab es bereits vor 5.000 Jahren: Die Gletschermumie Ötzi trug bei ihrem Fund Zeichen, die mit Nadeln oder durch kleine Einschnitte unter die Haut gebracht worden waren. Seitdem ist viel passiert auf der Haut der Menschheit. Tätowierungen erfreuen sich heute großer Beliebtheit – nachdem sie ihrem Rowdyimage der 1950er-Jahre oder dem berüchtigten Steißbeinornament der 1990er-Jahre ent-wachsen sind. Die Hautkunst ist Kunstform und anspruchsvolles Handwerk gleichermaßen. Tätowiermaschinen wiegen bis zu 250 g.Man kann sich vorstellen, dass graziles Zeichnen mit einem Werkzeug, dessen Gewicht dem eines Hammers entspricht, gelernt sein will.

Ob Opinel, Leatherman oder das populäre Schweizer Taschenmesser von Victorinox: Sie alle sind heute aus modernen Rucksäcken nicht mehr wegzudenken. Die Schweizer hatten eigentlich in den 1880er-Jah-ren ein klappbares Soldatenmesser im Sinn: Es sollte beim Essen oder beim Zerlegen der Gewehre helfen. Entmilitarisiert und kinderleicht zu bedienen, ist das Messer heute bester Freund von Wanderstock-schnitzern und Großstadthelden gleichermaßen.

Die Hosen-taschen-werkstatt

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W.DO IdentitätAusblick

W . D O / A U S B L I C K

Sie ist wie der Fingerabdruck eines Menschen – oder eines Unter-nehmens: Identität. In der nächsten Ausgabe beschäftigen wir uns mit dem Thema, das für Mensch und Marke gleichermaßen substan-ziell ist.

Die Frage nach der Identität ist Gegenstand der Philosophie, der Politik, der Kulturwissenschaft.Was tut jeder Einzelne, um seine Identität sichtbar zu machen? Symbole vergangener Jugendbe-wegungen beispielsweise erfahren immer eine modische Renaissance. Zeigt dieses Identitätsrecy-cling, dass Identitätsmerkmale beliebig sind? Wir sprechen über doppelte Staatsbürgerschaften, über Markenprofile und Corporate Identities. Wie wichtig ist Identitätsstiftung in der Pädagogik und was sagen Kinder dazu? Identitäten können verwechselt, gelöscht und geändert werden: im Karteiordner der Geheimdienste beispielsweise. Was tut Identität für jeden Einzelen von uns? Was bedeutet Identität heute und wie entsteht sie eigentlich?

Freuen Sie sich mit uns auf die nächste W.DO!

W . D O / I M P R E S S U M

W.DO Ausgabe 5/2017

BildnachweiseTitelbild & Editorial„made by bees“ series (2008) © Tomáš Libertíny / Foto: Raoul Kramer (S. 1),Unbearable Lightness © Tomáš Libertíny (S. 2)Werkstätten der WeltJapanese Craftsman © Anthony Wood (S. 6, 7), Puppenproduktion © Christine Meile (S. 8), The Master Of Camera © David Drills (S. 9), Sternwarte © GaudenzDanuser.com (S. 10), Robotic Surgery © Master Video / Adobe Stock (S. 11), Hufschmied © CC0 Public Domain / pixabay (S. 12), Haarkünstlerin © Gabriel De La Chapelle. Wigs: Studio Marisol (S. 12), Cowboy © James Caldwell / Alamy Stock Foto (S. 13), Scooping Roses In Grasse © Michael Freeman (S. 14, 15)Grenzen ausloten© Covestro AG (S. 16–21)Werkstatt im Kopf© Illustration: wesentlich. (S. 22–25)Bücher für die SinneGerhard Steidl © Jake Verzosa (S. 26), Fendi Publikation © FENDI by Karl Lagerfeld / Steidl GmbH & Co. OHG (S. 28), Gerhard Steidl © Koto Bolofo / Steidl GmbH & Co. OHG (S. 28)Berresheims digitales Atelier© Tim Berresheim (S. 30–35)Digitale Späne© Illustration: wesentlich. (S. 36–39)Die Bauhaus-FrauenOtti Berger © VG Bild-Kunst Bonn / Bauhaus-Archiv Berlin (S. 40), Paul Klee © wikimedia CC (S. 40), Katze © Christian Ruiz (S. 41), Gertrud Grunow © Bauhaus-Archiv Berlin (S. 41), Weberinnen auf Bauhaustreppe © Estate of T. Lux Feininger / Bauhaus-Archiv Berlin (S. 41), Walter Gropius © wikimedia CC BY-SA 3.0 de (S. 41), Anni Albers © Phyllis Umbehr / Galerie Kicken Berlin / VG Bild-Kunst, Bonn 2017 (S. 41), Friedl Dicker-Brandeis © wikimedia CC (S. 41), Marcel Breuer © wikimedia CC BY-SA 3.0 (S. 41), Wassily Kandinsky © wikimedia CC (S. 41), Katzen © wesentlich. (S. 41), Entartete Kunst © picture alliance / dpa (S. 41), Sessel © Red and Blue chair, Gerrit Thomas Rietveld, 1918 prod.Cassina 1973 (S. 41), Bauhausgebäude © Bauhaus-Archiv Berlin (S. 43), Benita Koch-Otte © Bauhaus-Archiv Berlin (S. 43), Friedl Dicker-Brandeis © Alexandra Hildebrandt / Bauhaus-Archiv Berlin (S. 44), Skizze © Georg Schrom (S. 44), Anni Albers © Phyllis Umbehr / Galerie Kicken Berlin / VG Bild-Kunst, Bonn 2017 (S. 45), Tisch © Schroeder table, Gerrit Thomas Rietveld , 1922-23 prod.Cassina 1982 (S. 45)Werkstatt und DigitalisierungSmart Factory © Vahle Group (S. 46, 47), Achterbahn © Philartphace / istock (S. 48), Edinburgh Straßenbahn © versevend / istock (S. 48), Pegasus Coastiality © Europa-Park GmbH & Co Mack KG (S. 49), Axel Eigenstetter © Tischlerei Eigenstetter (S. 50), Fräsen Voronoi Mineralwerkstoff © Tischlerei Eigenstetter (S. 50), Fräsen Roboter © Tischlerei Eigenstetter (S. 51)Musikwerk statt StilleFoto Kraftwerk Autobahn K20 PHOTOGRAPHY + worldwide © by PETER BOETTCHER (S. 52, 53), Sticks © Freedrum.rocks (S. 53), The Vegetable Orchestra © Zoe Fotografie / vegetableorchestra.org (S. 53), Wintergatan Marble Machine © Samuel Westergren (S. 53)Einer für alle, alle für einen© Ikarus Restaurant (S. 54–57)Lieblingswerkzeuge© Illustration: wesentlich. (S. 58, 59)Am lebenden Objekt© Arno Declair (S. 60, 61)Werkstatt entdeckenBETT Designkomparative © Peter Rudolph (S. 62), Do It Yourself Möbel 2 © Haupt Verlag AG (S. 62), 3D-Drucker © Stadtbibliothek Köln (S. 62), Wiener Werkstätte © MAK / Wien (S. 62, 63), Schwertschmiede © Schmiedeglut (S. 63), out for space © www.outforspace.com (S. 62, 63), Repair Café © Ilvy Njiokiktjien/Stichting Repair Café International (S. 63)Kurzschluss© Illustration: wesentlich. (S. 64, 65)Ausblick© Illustration: wesentlich. (S. 66, 67)

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HerausgeberWalbert-Schmitz GmbH & Co. KGGut-Knapp-Straße 6–14, 52080 Aachen

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