vergleich von pflegeverlauf und sterblichkeit von pflegebedürftigen mit und ohne medizinische...

13
W. Seger 1  · N.-A. Sittaro 2  · R. Lohse 2  · J. Rabba 2 1  Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Niedersachsen (MDKN), Hannover 2  Hannover Rückversicherung, Hannover Vergleich von Pflegeverlauf  und Sterblichkeit von  Pflegebedürftigen mit  und ohne medizinische  Rehabilitation  Hannover Morbiditäts- und  Mortalitätspflegestudie Problemstellung und Zielsetzung Pflegebedürftigkeit stellt zunehmend eine medizinische, pflegerische, demographi- sche und finanzielle Herausforderung für die Gesellschaft in Deutschland dar [1]. Durch die Zunahme des Anteils älterer Personen in der Gesamtbevölkerung wird auch die Anzahl der überwiegend im hö- heren Alter pflegebedürftigen Menschen zunehmen. Gleichzeitig besteht beim Ver- sicherten ebenso wie bei seiner Pflegever- sicherung die Hoffnung, die Folgen von drohender oder bereits eingetretener Pfle- gebedürftigkeit durch rehabilitative Maß- nahmen zu verhindern, zu lindern oder zu beseitigen. Wird eine als notwendig und Erfolg versprechend erkannte Re- habilitation eingeleitet und durchgeführt, dann werden damit beim Pflegebedürf- tigen positive Weichenstellungen für das persönliche Schicksal erhofft. Zugleich erwartet die Pflegeversicherung bei posi- tivem Rehabilitationserfolg eine Minde- rung der Lasten für die Versichertenge- meinschaft. Mit Längsschnittstudien von Pflegepatienten auf der Datengrundlage von Pflegekassen können die Verläufe von Pflegebedürftigen mit und ohne Rehabili- tation empirisch ausgewertet werden. Die Träger der sozialen Pflegeversi- cherung sind die Pflegekassen. Bei jeder (gesetzlichen) Krankenkasse wurde eine Pflegekasse errichtet. 1 Die Pflegekassen wirken bei den zuständigen Leistungs- trägern darauf hin, dass frühzeitig Leis- tungen der Prävention, der Krankenbe- handlung und zur medizinischen Reha- bilitation eingeleitet werden, um den Ein- tritt von Pflegebedürftigkeit zu vermeiden bzw. nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit diese zu überwinden, zu mindern sowie eine Verschlimmerung zu verhindern (§5 SGB XI). Ausgehend von der Annahme, dass die Rehabilitation Pflegebedürftiger deren Lebenserwartung verlängert, wurden die Pflegeverläufe von nahezu 90.000 Pfle- gebedürftigen mit und ohne Rehabilita- tionsleistung verglichen. Ziel der Unter- suchung war eine Bestätigung oder Ver- werfung der Arbeitshypothese, dass zwi- schen der Rehabilitation und der Über- lebenszeit Pflegebedürftiger ein Zusam- menhang besteht. Darüber hinaus sollten mögliche Arbeitshypothesen für vertie- fende weitere Analysen generiert werden. Die versicherungs- und sozialmedizi- nische Bedeutung der Fragestellung ergibt 1   Vgl. SGB XI § 46 (1). sich aus dem direkten Zusammenhang zwischen den Gesamtaufwendungen für die Pflegeversorgung und der Lebens- erwartung. Wenn sich durch eine Rehabi- litationsmaßnahme die Lebenserwartung deutlich verlängert, dann werden voraus- sichtlich die direkten Kosten der Pflege- versicherung nicht sinken, sondern stei- gen. Dieser Fragestellung nachzugehen ist auch ethisch vertretbar, da zugleich eine Erhöhung der Lebensqualität nach Re- habilitation sowohl bei unverändert be- stehender Pflegestufe wie auch bei einem Wechsel in eine niedrigere Pflegestufe ein- treten kann. Zugleich besteht jedoch ein potenzieller Kosteneinsparungsfaktor für die individuellen als auch – je nach Versi- cherungsform – ggf. solidarischen Pflege- kosten durch Vermeidung oder Verzöge- rung einer Höherstufung im Pflegeverlauf. Die Pflegedatenbank der Deut- schen BKK hat hinreichend Arbeiter und Arbeitnehmer als Versicherte erfasst und bietet damit einen hohen Grad an Reprä- sentativität für die Berufsgruppen in der deutschen gesetzlichen Pflegeversiche- rung. Hinzu kommt, dass die Rehabilita- tionskriterien für die Pflegebedürftigen der Deutschen BKK mit denen aller ge- setzlichen Krankenkassen identisch sind. Die pflegeversicherungsbezogene Reprä- Z Gerontol Geriat 2013  DOI 10.1007/s00391-013-0521-9 Eingegangen: 13. November 2012 Überarbeitet: 6. Mai 2013 Angenommen: 7. Mai 2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 1 Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 2013| Originalien

Upload: n-a-sittaro

Post on 11-Dec-2016

219 views

Category:

Documents


4 download

TRANSCRIPT

Page 1: Vergleich von Pflegeverlauf und Sterblichkeit von Pflegebedürftigen mit und ohne medizinische Rehabilitation

W. Seger1 · N.-A. Sittaro2 · R. Lohse2 · J. Rabba2

1 Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Niedersachsen (MDKN), Hannover2 Hannover Rückversicherung, Hannover

Vergleich von Pflegeverlauf und Sterblichkeit von Pflegebedürftigen mit und ohne medizinische Rehabilitation Hannover Morbiditäts- und Mortalitätspflegestudie

Problemstellung und Zielsetzung

Pflegebedürftigkeit stellt zunehmend eine medizinische, pflegerische, demographi-sche und finanzielle Herausforderung für die Gesellschaft in Deutschland dar [1]. Durch die Zunahme des Anteils älterer Personen in der Gesamtbevölkerung wird auch die Anzahl der überwiegend im hö-heren Alter pflegebedürftigen Menschen zunehmen. Gleichzeitig besteht beim Ver-sicherten ebenso wie bei seiner Pflegever-sicherung die Hoffnung, die Folgen von drohender oder bereits eingetretener Pfle-gebedürftigkeit durch rehabilitative Maß-nahmen zu verhindern, zu lindern oder zu beseitigen. Wird eine als notwendig und Erfolg versprechend erkannte Re-habilitation eingeleitet und durchgeführt, dann werden damit beim Pflegebedürf-tigen positive Weichenstellungen für das persönliche Schicksal erhofft. Zugleich erwartet die Pflegeversicherung bei posi-tivem Rehabilitationserfolg eine Minde-rung der Lasten für die Versichertenge-meinschaft. Mit Längsschnittstudien von Pflegepatienten auf der Datengrundlage von Pflegekassen können die Verläufe von Pflegebedürftigen mit und ohne Rehabili-tation empirisch ausgewertet werden.

Die Träger der sozialen Pflegeversi-cherung sind die Pflegekassen. Bei jeder (gesetzlichen) Krankenkasse wurde eine Pflegekasse errichtet.1 Die Pflegekassen wirken bei den zuständigen Leistungs-trägern darauf hin, dass frühzeitig Leis-tungen der Prävention, der Krankenbe-handlung und zur medizinischen Reha-bilitation eingeleitet werden, um den Ein-tritt von Pflegebedürftigkeit zu vermeiden bzw. nach Eintritt der Pflegebedürftigkeit diese zu überwinden, zu mindern sowie eine Verschlimmerung zu verhindern (§5 SGB XI).

Ausgehend von der Annahme, dass die Rehabilitation Pflegebedürftiger deren Lebenserwartung verlängert, wurden die Pflegeverläufe von nahezu 90.000 Pfle-gebedürftigen mit und ohne Rehabilita-tionsleistung verglichen. Ziel der Unter-suchung war eine Bestätigung oder Ver-werfung der Arbeitshypothese, dass zwi-schen der Rehabilitation und der Über-lebenszeit Pflegebedürftiger ein Zusam-menhang besteht. Darüber hinaus sollten mögliche Arbeitshypothesen für vertie-fende weitere Analysen generiert werden.

Die versicherungs- und sozialmedizi-nische Bedeutung der Fragestellung ergibt

1   Vgl. SGB XI § 46 (1).

sich aus dem direkten Zusammenhang zwischen den Gesamtaufwendungen für die Pflegeversorgung und der Lebens-erwartung. Wenn sich durch eine Rehabi-litationsmaßnahme die Lebenserwartung deutlich verlängert, dann werden voraus-sichtlich die direkten Kosten der Pflege-versicherung nicht sinken, sondern stei-gen. Dieser Fragestellung nachzugehen ist auch ethisch vertretbar, da zugleich eine Erhöhung der Lebensqualität nach Re-habilitation sowohl bei unverändert be-stehender Pflegestufe wie auch bei einem Wechsel in eine niedrigere Pflegestufe ein-treten kann. Zugleich besteht jedoch ein potenzieller Kosteneinsparungsfaktor für die individuellen als auch – je nach Versi-cherungsform – ggf. solidarischen Pflege-kosten durch Vermeidung oder Verzöge-rung einer Höherstufung im Pflegeverlauf.

Die Pflegedatenbank der Deut-schen BKK hat hinreichend Arbeiter und Arbeitnehmer als Versicherte erfasst und bietet damit einen hohen Grad an Reprä-sentativität für die Berufsgruppen in der deutschen gesetzlichen Pflegeversiche-rung. Hinzu kommt, dass die Rehabilita-tionskriterien für die Pflegebedürftigen der Deutschen BKK mit denen aller ge-setzlichen Krankenkassen identisch sind. Die pflegeversicherungsbezogene Reprä-

Z Gerontol Geriat 2013 DOI 10.1007/s00391-013-0521-9Eingegangen: 13. November 2012Überarbeitet: 6. Mai 2013Angenommen: 7. Mai 2013© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

1Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 2013  | 

Originalien

Page 2: Vergleich von Pflegeverlauf und Sterblichkeit von Pflegebedürftigen mit und ohne medizinische Rehabilitation

Tab. 1  Strukturdaten von Pflegebedürftigen mit deren Anteil an Rehabilitationsmaß-nahmen

Auswahlgröße Ausprägung Anteil Rehabilitation (%)

Gesamt   9,8

Geschlecht Männlich 9,3

Weiblich 10,0

Eintrittsalter Bis 49 Jahre 15,5

50–69 Jahre 14,2

Ab 70 Jahre 8,3

Erstversorgung Ambulant 11,0

Stationär 2,9

Ersteinstufung Stufe I 11,8%

Stufe II 7,0%

Stufe III 3,3%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Jahre nach Pf legebeginn

Ant

eile

Reaktivierte Pf legebedürftige Verstorbene

Mit Rehabilitation

Reaktivierte Pf legebedürftige Verstorbene

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Jahre nach Pf legebeginn

Ant

eile

Ohne Rehabilitation

Abb. 1 8 Pflegeverlauf über alle Altersgruppen mit Rehabilitation (n=8643) und ohne Rehabilitation (n=79.932)

sentativität der Pflegedaten der Deut-schen BKK wurde bereits an anderer Stel-le erörtert [6]. Zur Beurteilung möglicher geschlechts- und altersbedingter Einflüs-se wurden die monovariaten Betrachtun-gen multivariat ergänzt.

Auf der Datengrundlage der Deut-schen BKK werden die Pflegeverläufe re-habilitierter und nicht rehabilitierter Pfle-gebedürftiger mit einer Unterscheidung nach dem Alter, den Pflegestufen und den Versorgungsarten für die Endgrößen der Reaktivierung, des Verbleibs oder des Wechsels der Pflegekategorie sowie des Versterbens vorgestellt.

Methoden

Die in diesem Beitrag vorgestellten Ver-läufe der Pflegebedürftigen der sozialen Pflegeversicherung basieren auf Routine-daten der Deutschen BKK (DBKK), einer der zum Auswertungszeitpunkt größ-ten gesetzlichen Betriebskrankenkasse in Deutschland. Die Datenaufbereitung und

-auswertung erfolgte unter Beachtung der Datenschutz- und Datensicherheitsbe-stimmungen gemäß §75 SGB X in Verbin-dung mit §9 BDSF/§78a SGB X. Die Aus-wertungen umfassen pseudonymisierte Daten von 88.575 Pflegebedürftigen aus den Jahren 1995 bis 2007 mit einer durch-schnittlichen Beobachtungsdauer von 2,5 Jahren und insgesamt 221.625 Beob-achtungsjahren. Weitere detaillierte Aus-führungen finden sich bei Seger et al.[6, 7, 8].

Die Pflegedatenbank der Deut-schen BKK lässt erkennen, dass bei 9,8% der Pflegebedürftigen Rehabilitations-maßnahmen durchgeführt werden. Die Pflegebedürftigen mit geringerem Ein-trittsalter, ambulanter Versorgung und geringerer Pflegestufe weisen höhere An-teile an Rehabilitationsmaßnahmen auf. Weitere Grunddaten sind der . Tab. 1 zu entnehmen.

Die Berechnungen der Pflegeverläu-fe erfolgen für Pflegegruppen mit Unter-scheidungen nach Altersgruppe bei Pfle-gebeginn, der Ersteinstufung in eine Pfle-gestufe (I–III) und der ambulanten oder stationären Versorgungsart, jeweils ge-trennt für die Kohorten mit und ohne Re-habilitationsleistung. Als ambulante Ko-horte werden die Daten von Pflegebedürf-

2 |  Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 2013

Originalien

Page 3: Vergleich von Pflegeverlauf und Sterblichkeit von Pflegebedürftigen mit und ohne medizinische Rehabilitation

Zusammenfassung · Abstract

Z Gerontol Geriat 2013 · [jvn]:[afp]–[alp]   DOI 10.1007/s00391-013-0521-9© Springer-Verlag 2013

W. Seger · N.-A. Sittaro · R. Lohse · J. RabbaVergleich von Pflegeverlauf und Sterblichkeit von Pflegebedürftigen mit und ohne medizinische Rehabilitation . Hannover Morbiditäts- und Mortalitätspflegestudie

Zusammenfassung

Hintergrund und Fragestellung.  In dieser Arbeit werden Pflegeverlauf von gesetzlich Pflegebedürftigen nach Alter, Pflegestufen sowie Versorgungsart in Abhängigkeit von einer erfolgten oder nicht erfolgten Rehabili-tation gegenübergestellt. Ziel war der Erhalt von empirischen Kalkulationsgrundlagen zur Abschätzung der Auswirkungen von Rehabi-litationsmaßnahmen auf Pflegeverläufe für versicherungsmedizinische Zwecke.Methoden.  Mittels Sekundärdatenanaly-se wurden die Daten von 88.575 Pflegebe-dürftigen der Deutschen BKK über 10 Jah-re (durchschnittliche Beobachtung 2,5 Jah-re, 221.625 Beobachtungsjahre) ausgewer-tet. Endgrößen waren Reaktivierung, Verbleib oder Wechsel der Pflegekategorie sowie Mor-talität. Für die Bewertung der Einflussfakto-ren auf die Pflegeverläufe wurde eine Indika-torenmessgröße entwickelt.Ergebnisse.  Von der Gesamtheit der Pflege-bedürftigen mit Rehabilitation sind 10 Jah-re nach dem Pflegebeginn 30,7% in Pflege, 

9,8% reaktiviert und 59,5% verstorben. Von den Pflegebedürftigen ohne Rehabilitation sind 10 Jahre nach dem Pflegebeginn da-gegen nur noch 9,2% in Pflege, 3,7% reak-tiviert und 87,1% verstorben. Die Pflegebe-dürftigen mit Rehabilitation weisen also hö-here Anteile an noch in Pflege befindlichen Pflegebedürftigen und Reaktivierten sowie geringere Anteile an Verstorbenen auf im Vergleich zu Pflegebedürftigen ohne Reha-bilitation. Dies gilt grundsätzlich für jedes Al-ter über alle Pflegestufen bei ambulanter wie stationärer Versorgung. Der Status der Pfle-gebedürftigen, gemessen mit den Anteilen von Reaktivierung, Pflege in Stufen I–III und Tod in den Pflegeverläufen, hängt wesentlich vom Pflegeeintrittsalter und der Ersteinstu-fung ab sowie von der Durchführung rehabi-litativer Maßnahmen.Schlussfolgerung.  Es besteht ein Zusam-menhang zwischen durchgeführten Rehabi-litationsmaßnahmen sowie Verminderung oder Beseitigung von Pflegebedürftigkeit bis 

hin zur vollständigen Reaktivierung. Über al-le Altersgruppen und alle Pflegestufen wei-sen Pflegebedürftige nach rehabilitativen Maßnahmen trotz eingetretener oder an-dauernder Pflegebedürftigkeit eine Lebens-verlängerung auf. Diese kann sich nicht nur bei ambulanter Betreuung, sondern auch bei Versorgung im Pflegeheim einstellen. Bei versicherungsmedizinischen Kalkulationen empfiehlt sich neben Beachtung des Pfle-geeintrittsalters, der Pflegestufe und einer Unterscheidung zwischen der Erst- und Fol-gejahressterblichkeit auch eine Unterschei-dung zwischen rehabilitierten und nicht re-habilitierten Pflegebedürftigen. Hypothesen für weitere Forschungsvorhaben werden for-muliert.

SchlüsselwörterMortalität · Pflegebedürftigkeit ·  Rehabilitation · Pflegeversicherung ·  Aktuarielle Berechnungen

Comparison of development and mortality under domestic or institutional care with and without medical rehabilitation. The Hannover morbidity and mortality long-term care study

AbstractBackground and objective.  Empirical da-ta, representative of the total population, are necessary for medico-actuarial risk calcu-lations. Our study compares mortalities of long-term care (LTC) patients who are cov-ered by statutory health insurance with re-gard to age and distribution of care levels when in home or institutional care with a special focus on whether rehabilitative care was performed.Methods.  The data of 88,575 LTC patients were analyzed longitudinally for 10 years, us-ing routine data analyses on the files of the German Federal Health Insurance fund (av-erage observation period 2.5 years, a total of 221,625 observation years). The numbers of LTC patients and their care levels while in home or institutional care were calculated, as were any changes to another care level or discontinuation of LTC benefits (as a result of the need for care falling below the eligibil-ity criteria for care leveI or to death) during 1–10 years after the onset of LTC, always with 

respect to whether rehabilitative care had taken place or not. For the evaluation of care factors an indicator was developed.Results.  Total mortality was found to de-cline and reactivation to increase consider-ably for LTC patients after rehabilitation, basi-cally irrespective of their age or care level and in home or institutional care settings as well. Ten years after the onset of care, 30.7% of the patients with rehabilitation were still in nurs-ing care, 9.8% were reactivated and 59.5% deceased. In contrast, only 9.2% were still in nursing care, 3.7% reactivated and 87.1% de-ceased without rehabilitation. These results are irrespective of age distribution, care lev-el, and residence in home or institutional care settings. The care status of patients, mea-sured by the percentage in reactivation, care level I–III, and death, substantially depends on age at onset and care level and in addi-tion on rehabilitative procedures. Hypotheses for further research are outlined.

Conclusion.  Rehabilitation has a clear-cut potential for life extension as well as reduc-ing or detaining long-term care if applied to (LTC) patients. The group of rehabilitat-ed LTC patients has a comparatively higher degree of reducing or resolving LTC up to a complete reactivation or prolonging of life in spite of care needed. A successful rehabilita-tive effect occurs over all age groups and all care levels during home care considerably as well as during institutional care to a lower ex-tent. Differentiation between the age at on-set of LTC, care level, and first year and follow-up mortalities is recommended as well as be-tween rehabilitated and nonrehabilitated care patients when undertaking medico-ac-tuarial calculations.

KeywordsMortality · Long-term care · Rehabilitation · Long-term care, insurance · Actuarial analysis

3Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 2013  | 

Page 4: Vergleich von Pflegeverlauf und Sterblichkeit von Pflegebedürftigen mit und ohne medizinische Rehabilitation

tigen mit ambulanter oder teilstationärer Tages- und Nachtpflege ausgewertet und als stationäre Kohorte die der vollstatio-nären Pflegebedürftigen. Die Pflegebe-dürftigen in Kurzzeitpflege werden nicht in die Auswertungen einbezogen. Zur Ko-horte der rehabilitierten Patienten werden Versicherte mit rehabilitativen Leistungen entsprechend der gesetzlichen Definition des SGB V für ambulante Rehabilitations-leistungen (§40 SGB V, [1]), für stationä-re Rehabilitationsleistungen und Leistun-gen der stationären Anschlussrehabilita-tion (§40 [2] SGB V) inklusive der geriat-rischen Anschlussrehabilitation wie auch der neurologischen Frührehabilitation (Phase C), soweit nicht im Akutkranken-haus durchgeführt, berücksichtigt. Am-bulante (§23, [2]) oder stationäre Vorsor-geleistungen (§23, [4]) werden ebenso we-nig eingeschlossen wie einzelne therapeu-

tische Maßnahmen, z. B. Logopädie und Krankengymnastik, die oft unter der Be-zeichnung der rehabilitativen Pflege oder einzelnen kurativen Leistungen mit reha-bilitativer Zielstellung firmieren. Bei der Unterscheidung nach Altersgruppen wer-den Alter bis 49 Jahre, 50–69 Jahre sowie ab 70 Jahre resp. 80 Jahre und älter ausge-wertet. Bei kürzeren Altersintervallen wä-re die Zahl der Pflegebedürftigen sonst zu gering.

Die Kohorte der Reaktivierten kann als Pflegeversicherte nach Ende der Pfle-geleistung identifiziert werden. Als reak-tiviert wird hier der Verlust oder die Ver-minderung der Pflegestufe bzw. Pflege-bedürftigkeit im Sinne des SGB XI durch spontane Besserung und als Resultat einer erfolgreichen Rehabilitation bzw. der ak-tivierenden Pflege verstanden. Die Daten werden zensiert zum Ende der Beobach-

tungsdauer oder der DBKK-Mitglied-schaft.

Die Härtefälle wurden in den folgen-den Auswertungen der Pflegestufe III zu-geordnet. In der ambulanten Versorgung beträgt der Anteil der Härtefälle an den Pflegebedürftigen der Pflegestufe III in-klusive Härtefälle bei den Männern 0,6% und bei den Frauen 0,9%. In der statio-nären Versorgung beträgt dieser Anteil bei den Männern 4,1% und bei den Frau-en 1,5%.

Bei den Auswertungen der Übergän-ge von Pflegebedürftigen werden Männer und Frauen zusammengefasst, um hinrei-chende Fallzahlen in den späteren Jahren des Pflegeverlaufs zu gewährleisten.

Die Unterschiede von Anteilswerten werden mit dem z-Test für den Vergleich von Anteilswerten getestet. Ein p-Wert <0,05 wird als signifikant gewertet. Es werden die 95%-Konfidenzintervalle der Anteilswerte angegeben. Die angegebenen Unterschiede von Anteilswerten werden in absoluten Prozentpunkten angegeben. Die Anteilswerte der Pflegegruppen wer-den in den Abbildungen ab Pflegebeginn monatlich mit der Kaplan-Meier-Metho-de kalkuliert. Die Sterblichkeiten werden mit den durchschnittlichen beobachteten Überlebensanteilen berechnet.

Bei einem Anteil der Pflegebedürfti-gen mit und ohne Rehabilitation ändern sich im Pflegeverlauf die Pflegebedingun-gen. Bei den Patienten fällt die Pflegebe-dürftigkeit nach SGB XI wieder weg (Re-aktivierung), sie versterben oder inner-halb des Pflegestatus ändert sich die an-fängliche Pflegestufe oder Versorgungsart.

Alle Prozentwerte sind Prozentpunk-te der jeweiligen Pflegegruppe bei Pfle-gebeginn. Die Vergleiche der Pflegever-läufe mit und ohne Rehabilitation erfol-gen für die Dauer von 10 Jahren nach Pfle-gebeginn, da für diesen Zeitraum hinrei-chend Werte für die Auswertungsgruppen vorliegen. Die Pflegebedürftigen sind die Personen mit einer Einstufung in eine der Pflegestufen I bis III.

Von Interesse sind neben den univaria-ten Auswertungen einzelner Faktoren (Al-ter, Pflegestufe und Versorgungsform) zur Kontrolle weiterer wesentlicher Einfluss-größen auch multivariate Auswertungen mit einer integrierten Auswertung aller relevanten Faktoren. Die hohe Anzahl an

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Jahre nach Pf legebeginn

Ant

eile

Mit Rehabilitation

Reaktivierte Pf legebedürftige Verstorbene

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Jahre nach Pf legebeginn

Ant

eile

Ohne Rehabilitation

Reaktivierte Pf legebedürftige Verstorbene

Abb. 2 8 Verlauf von Pflegebedürftigen mit Rehabilitation (n=812) und ohne Rehabilitation (n=4421), Pflegebeginn im Alter bis 49 Jahre

4 |  Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 2013

Originalien

Page 5: Vergleich von Pflegeverlauf und Sterblichkeit von Pflegebedürftigen mit und ohne medizinische Rehabilitation

4800 Verlaufsdaten kann praktikabel be-wertet werden mit einem integrativen Be-wertungsmaß der 60 Verlaufsanteile für die 96 Pflegeverläufe. Die Pflegebedürf-tigen können im Pflegeverlauf zwischen den Stadien der Pflegestufen und der Re-aktivierung sowie in den Tod wechseln. Als Maß für den Pflegestatus wird ein In-dikator (Werte in Klammern) definiert mit den Kategorien Reaktivierung (4), Pflegestufe I (3), Pflegestufe II (2), Pflege-stufe III (1) und Tod (0). Je höher die In-dikatorwerte sind, desto günstiger ist der Status des Pflegebedürftigen. Die ambu-lante oder stationäre Versorgungsform wird nicht einbezogen, da diese u. a. auch von Faktoren wie der sozialen oder finan-ziellen Möglichkeit einer häuslichen/ins-titutionellen pflegerischen Betreuung ab-hängen. Der Indikator der Pflegestadien wird berechnet als Summenprodukt der Werte und der Anteile pro Jahr, summiert

über die einzelnen Jahre und normiert mit der Anzahl der Jahre. Die Indexwerte liegen im Intervall zwischen 0 bei Verster-ben unmittelbar nach Pflegebeginn und 4 bei dauerhafter Reaktivierung unmittel-bar nach Pflegebeginn.

Ergebnisse

Univariate Auswertung der Pflegeverläufe

Alle AltersgruppenVon den Pflegebedürftigen mit Rehabi-litation sind 10 Jahre nach dem Pflege-beginn 30,7% in Pflege, 9,8% reaktiviert und 59,5% verstorben. Von den Pflegebe-dürftigen ohne Rehabilitation sind 10 Jah-re nach dem Pflegebeginn nur noch 9,2% in Pflege, 3,7% reaktiviert und 87,1% ver-storben (. Abb. 1)

Bei den Pflegebedürftigen mit Rehabi-litation zeigt sich 10 Jahre nach Pflegebe-ginn somit ein höherer Anteil an Reakti-vierten (6,1%; 95%-KI 5,6–6,6%; p<0,005) und Pflegebedürftigen, die sich weiterhin in Pflege befinden (21,5%; 95%-KI 20,7–22,3%; p<0,005). Darüber hinaus liegt eine wesentlich geringere Sterblichkeit (27,6%; 95%-KI 26,7–28,5%; p<0,005) bei Pflegebedürftigen mit Rehabilitation vor.

Besonders auffallend ist die fast drei-fache Erstjahressterblichkeit bei den Pfle-gebedürftigen ohne Rehabilitation mit 32,2% im Verhältnis zu Pflegebedürftigen mit Rehabilitation mit 12,3%.

Nach AltersgruppeIn den . Abb. 2, 3, 4 werden die Verläu-fe für die Pflegeeintrittsalter bis 49 Jahre, von 50 bis 69 Jahre und ab 70 Jahre dar-gestellt. Die Auswertungen werden für die Personen von 0 bis 49 Jahre in einer Gruppe erstellt, da für eine Auswertung von Kindern bis 19 Jahre und von Erwach-senen im Alter von 20 bis 49 Jahre eine zu geringe Anzahl an Rehabilitationsmaß-nahmen vorliegt.

Eine Auswertung nach Altersgruppen bei Pflegebeginn zeigt, dass mit ansteigen-dem Alter der Anteil der in Pflege befind-lichen Fälle sowie die Zahl erfolgreicher Reaktivierungen abnehmen und der An-teil der Todesfälle zunimmt.

Bei den Patienten ab 50 bis 69 Jahren mit Rehabilitation sind die Anteile der Pflegebedürftigen (19,8%; 95%-KI 15,9–23,9%; p<0,005) und Reaktivierungen (5,4%; 95%-KI 2,4–8,8%; p<0,005%) je-weils höher und der Anteil der Todesfäl-le (25,3%; 95%-KI 18,6–32,1%) niedriger.

Auch für die Altersgruppe bis 49 Jahre mit Rehabilitation sind die Anteile in Pfle-ge höher bzw. die der Todesfälle niedriger als ohne Rehabilitation. Eine Ausnahme bilden die Anteile an Reaktivierungen, die sich in vergleichbarer Größenordnung bewegen.

Eine Überprüfung der Auswertungen der altersspezifischen Pflegegruppen mit/ohne Rehabilitationsmaßnahmen nach den Verteilungen der Anteile der Pflege-stufen ergab 10–15% höhere (geringere) Anteile an Patienten mit Ersteinstufung in Pflegestufe I (II/III) in den altersspezi-fischen Auswertungsgruppen mit Rehabi-litationsmaßnahmen. Damit ist der posi-

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Jahre nach Pf legebeginn

Mit Rehabilitation

Ohne Rehabilitation

Ant

eile

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Jahre nach Pf legebeginn

Ant

eile

Reaktivierte Pf legebedürftige Verstorbene

Reaktivierte Pf legebedürftige Verstorbene

Abb. 3 8 Verlauf von Pflegebedürftigen mit Rehabilitation (n=2172) und ohne Rehabilitation (n=13.099), Pflegebeginn im Alter von 50 bis 69 Jahren

5Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 2013  | 

Page 6: Vergleich von Pflegeverlauf und Sterblichkeit von Pflegebedürftigen mit und ohne medizinische Rehabilitation

tive Effekt der Rehabilitationsmaßnah-men in diesen Auswertungen mit bedingt durch eine günstigere Verteilung der Pfle-gestufen.

Pro PflegestufeDie . Abb. 5, 6, 7 beinhalten die Anteile der Übergänge von Pflegebedürftigen im Pflegeverlauf in die Reaktivierung und den Tod für die Ersteinstufungen in die Pflegestufen I–III.

In den Pflegegruppen mit und oh-ne Rehabilitationsmaßnahmen nehmen 10 Jahre nach Pflege die Anteile der Pfle-gebedürftigen in Pflege und der Rehabi-litierten mit ansteigender Pflegestufe ab und die Anteile der Todesfälle zu. Dabei liegen bei den Pflegebedürftigen mit Re-habilitation die Anteile der Pflege und der Rehabilitation auf einem höheren Niveau und die Anteile der Todesfälle auf einem niedrigeren Niveau.

Eine Überprüfung der Auswertungen der pflegestufenspezifischen Pflegegrup-pen mit/ohne Rehabilitationsmaßnah-men nach den Verteilungen der Anteile der Altersgruppen ergab 15–20% höhe-re Anteile an Pflegebedürftigen mit Pfle-geeintrittsalter unter 80 Jahre in den pfle-gestufenspezifischen Auswertungsgrup-pen mit Rehabilitationsmaßnahmen. Da-mit ist der positive Effekte der Rehabili-tationsmaßnahmen in diesen Auswertun-gen bedingt durch eine günstigere Alters-verteilung.

Pro VersorgungsartDie . Abb. 8  und 9 enthalten die An-teile der Übergänge von Pflegebedürfti-gen im Pflegeverlauf in die Reaktivierung und den Tod für die Erstversorgung in der ambulanten oder stationären Pflege. Auf-grund der geringeren Anzahl von Pflege-bedürftigen mit Rehabilitation und sta-

tionärer Erstversorgung liegt deren Beob-achtungsende 9 Jahre nach Pflegebeginn.

In der Patientengruppe mit Rehabilita-tion liegen 9 Jahre nach Pflegebeginn bei ambulanter Erstversorgung die Antei-le der Pflege (14,1%; 95%-KI 10,7–17,4%; p<0,005) und Reaktivierungen (7,6%; 95%-KI 6,1–9,0%; p<0,005) höher und die der Todesfälle (21,6%; 95%-KI 18,1–25,1%; p<0,005) niedriger als bei stationä-rer Erstversorgung.

In der Pflegegruppe ohne Rehabilita-tion zeigt sich 10 Jahre nach Pflegebeginn ein ähnlicher Trend mit 3,3% mehr Pfle-gefällen, 2,6% mehr Reaktivierungen und 5,9% weniger Todesfälle bei ambulanter Erstversorgung im Vergleich zur stationä-ren Erstversorgung.

Auffallend ist, dass bei stationärer Erst-versorgung es seltener zum Übergang in die ambulante Pflege kommt als umge-kehrt.

Eine Überprüfung der Auswertungen der versorgungsspezifischen Pflegegrup-pen mit/ohne Rehabilitationsmaßnah-men nach den Verteilungen der Anteile der Altersgruppen und Pflegestufen er-gab 17% (11%) höhere Anteile an Pflege-bedürftigen mit Pflegeeintrittsalter unter 80 Jahre, über alle Pflegestufen, der am-bulant (stationär) versorgten Pflegepa-tienten mit Rehabilitationsmaßnahmen. Damit ist der positive Effekt der Rehabili-tationsmaßnahmen in diesen Auswertun-gen bedingt durch eine günstigere Alters-verteilung.

Multivariate indikatorengestützte Auswertung der Pflegeverläufe

Eine Auswertung der Pflegegruppen für alle Kombinationen aus Altersgruppe, Pflegestufe, Rehabilitationsmaßnahme, Versorgungsform und Geschlecht ergab, dass das Pflegeeintrittsalter und die Pfle-gestufe die wesentlichen Einflussfaktoren auf den Pflegeverlauf sind. Daher werden die univariaten Auswertungen nach Alter, Pflegestufe und Versorgungsform über-prüft nach den Verteilungen von Alter und/oder Pflegestufe. Im Anschluss wer-den die Methodik und Ergebnisse einer multivariaten Auswertung der Pflegever-läufe mit einer Indikatorgröße des Pfle-gestatus beschrieben. Die Faktoren Ge-schlecht (2-mal), Alter (4-mal), Pflegestu-

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10Jahre nach P�egebeginn

Mit Rehabilitation

Ohne Rehabilitation

Ant

eile

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10Jahre nach P�egebeginn

Ant

eile

Reaktivierte Pf legebedürftige Verstorbene

Reaktivierte Pf legebedürftige Verstorbene

Abb. 4 8 Verlauf von Pflegebedürftigen mit Rehabilitation (n=5659) und ohne Rehabilitation (n=62.412), Pflegebeginn im Alter ab 70 Jahre

6 |  Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 2013

Originalien

Page 7: Vergleich von Pflegeverlauf und Sterblichkeit von Pflegebedürftigen mit und ohne medizinische Rehabilitation

fe (3-mal), Versorgungsform (2-mal) und Rehabilitationsmaßnahmen (2-mal) sind die Einflussgrößen auf die Pflegeverläufe in der vorliegenden Pflegestudie.

Die 96 Pflegeverläufe dieser Faktor-kombinationen (Produkt der Anzahl Fak-torausprägungen, in Klammern angege-ben) werden jeweils durch 60 monatliche Anteile der Pflegepatienten in 5 Pflegesta-dien (Pflegestufen I–III, Reaktivierung, Tod) in den 5 Jahren nach Pflegebeginn gebildet. Dieser Zeitraum wurde gewählt, da für die meisten Pflegeverläufe Daten bis 5 Jahre nach Pflegebeginn vorliegen.

Die . Tab. 2  und 3 beinhalten die durchschnittlichen Indikatorwerte der Patientengruppen mit den Auswahlfak-toren Pflegestufe, Rehabilitationsmaß-nahme und Versorgungsform in den Zei-len sowie Altersgruppe und Geschlecht in den Spalten sowie die jeweiligen Patien-tenzahlen. Es werden Indexwerte angege-

ben für die Pflegegruppen mit Verlaufs-daten in den 5 Jahren nach Pflegebeginn. Die Abnahme des Indikators der Pflege-stadien ist am höchsten bei zunehmen-dem Eintrittsalter oder zunehmender Ersteinstufung. Bei Patienten ohne Reha-bilitationsmaßnahmen sinkt der Indika-tor noch mittelmäßig. Bei Pflegepatienten mit stationärer Versorgung oder männli-chem Geschlecht ist die Abnahme des In-dikators nur noch gering.

Diskussion

Die Pflegeverläufe über alle Altersgrup-pen (. Abb. 1) sowie je Altersgruppe (. Abb. 2, 3, 4) zeigen, dass bei pflegebe-dürftigen Patienten die an einer Rehabi-litation teilgenommen haben, die Antei-le der Pflegekohorte und Reaktivierun-gen jeweils höher und der Anteil der Ver-storbenen niedriger sind. Besonders be-

eindruckend ist die bis zu dreifach höhe-re Erstjahressterblichkeit in der Kohorte der Patienten ohne Rehabilitation.

Hieraus den Schluss zu ziehen, dass die Teilnahme an einer Rehabilitationsmaß-nahme per se und in jedem Einzelfall zu einem längeren Überleben nach eingetre-tener Pflegebedürftigkeit führt, ist jedoch nicht zulässig. Wie im Rahmen anderer Auswertungen der Hannover Morbiditäts- und Mortalitätspflegestudie gezeigt wer-den konnte [6, 7, 8], wird die Sterblichkeit von Pflegebedürftigen durch verschiede-ne sich wechselseitig beeinflussende Fak-toren verursacht. Dazu zählenF  höheres Alter, F  zunehmende Zahl von Verrichtungen

mit Hilfebedarf, F  zunehmender Hilfebedarf bei Ver-

richtungen, die die Funktionsfähig-keit der unteren Extremität betreffen,

F  zunehmender Zeitbedarf zur Erfül-lung des Hilfebedarfs,

F  zunehmende Bettlägerigkeit und Mo-bilitätseinschränkung,

F  pflegebegründende Diagnosen mit einem hohen Sterbepotenzial im ers-ten Jahr nach Pflegebeginn, z. B. wie bei Neubildungen.

Diese und andere sich wechselseitig be-einflussenden Faktoren dürften auch den Rehabilitationserfolg beeinflussen. Darü-ber hinaus werden Rehabilitationsmaß-nahmen am Ende eines in Pflegebedürf-tigkeit mündenden oder diese verstärken-den Klinikaufenthaltes für die Anschluss-rehabilitation oder nach gestelltem Pflege-antrag für die indikationsspezifische oder geriatrische stationäre Rehabilitation erst nach Prüfung der Rehabilitationsbedürf-tigkeit, -fähigkeit- und -prognose emp-fohlen. In diesen Prüfvorgang fließen u. a. auch die oben aufgeführten und ver-mutlich weitere bekannte und unbekann-te Faktoren ein [2, 3]. Eine Rehabilitation wird insbesondere dann nicht empfohlen [2], wenn:F  keine Möglichkeiten zur Verbesse-

rung der Aktivitäten und der Teilhabe durch medizinische Rehabilitation er-kennbar sind,

F  schwerwiegende Einschränkungen der Rehabilitationsfähigkeit bestehen,

F  der Pflegebedürftige eine Rehabilita-tion ablehnt,

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10Jahre nach Pf legebeginn

Ant

eile

Reaktivierte Pf lege Stufe I Pf lege Stufe II

Pf lege Stufe III Verstorbene

Mit Rehabilitation

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Jahre nach Pf legebeginn

Ant

eile

Ohne Rehabilitation

Reaktivierte Pf lege Stufe I Pf lege Stufe II

Pf lege Stufe III Verstorbene

Abb. 5 8 Verlauf von Pflegebedürftigen mit Rehabilitation (n=6669) und ohne Rehabilitation (n=49.806), Pflegebeginn in Stufe I

7Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 2013  | 

Page 8: Vergleich von Pflegeverlauf und Sterblichkeit von Pflegebedürftigen mit und ohne medizinische Rehabilitation

Tab.

2 

Dur

chsc

hnitt

liche

 Indi

kato

ren 

der P

flege

stad

ien 

in 5

 Jahr

en n

ach 

Pfle

gebe

ginn

Pfle

ge-

stuf

eRe

ha-

bilit

a-ti

ons-

leis

tung

Vers

or-

gung

Ters

grup

pe (J

ahre

), M

änne

r und

 Fra

uen

Alte

rsgr

uppe

 (Jah

re), 

Män

ner

Alte

rsgr

uppe

 (Jah

re), 

Frau

en

Bis 4

950

–64

65–7

9A

b 80

Ges

amt

Bis 4

950

–64

65–7

9A

b 80

Ges

amt

Bis 4

950

–64

65–7

9A

b 80

Ges

amt

Stuf

e I

Mit 

Reha

Ambu

-la

nt2,

82,

21,

81,

31,

82,

82,

01,

6 

1,8

2,7

2,3

1,9

1,4

1,8

Stat

io-

när

 2,

2 

 1,

6 

  

  

  

  

1,5

Ohn

e Re

haAm

bu-

lant

2,7

1,5

1,1

0,9

1,1

2,7

1,3

0,9

0,7

1,1

2,6

1,6

1,2

1,0

1,2

Stat

io-

när

2,6

1,5

1,0

0,7

0,8

2,6

1,5

0,8

 0,

9 

1,7

1,0

0,7

0,8

Stuf

e II

Mit 

Reha

Ambu

-la

nt2,

11,

51,

10,

81,

32,

11,

51,

10,

71,

4 

1,6

1,1

0,8

1,2

Stat

io-

när

  

  

0,9

  

  

  

  

 0,

9

Ohn

e Re

haAm

bu-

lant

1,8

0,6

0,5

0,4

0,5

1,9

0,6

0,4

0,3

0,5

1,8

0,6

0,5

0,4

0,6

Stat

io-

när

 0,

80,

60,

40,

5 

0,7

 0,

20,

4 

 0,

60,

40,

5

Stuf

e III

Mit 

Reha

Ambu

-la

nt1,

10,

90,

6 

0,8

1,0

1,1

  

0,9

1,0

 0,

7 

0,8

Stat

io-

när

  

  

0,6

  

  

  

  

 0,

3

Ohn

e Re

haAm

bu-

lant

1,0

0,2

0,1

0,1

0,2

1,1

0,2

 0,

10,

20,

80,

30,

20,

10,

2

Stat

io-

när

0,8

0,4

0,3

 0,

2 

0,3

0,2

 0,

20,

9 

0,3

 0,

3

8 |  Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 2013

Originalien

Page 9: Vergleich von Pflegeverlauf und Sterblichkeit von Pflegebedürftigen mit und ohne medizinische Rehabilitation

Tab.

3 

Patie

nten

anza

hl

Pfle

ge-

stuf

eRe

ha-

bilit

a-ti

ons-

leis

tung

Vers

or-

gung

Alte

r bei

 Pfle

gebe

ginn

 (Jah

re), 

Män

ner u

nd F

raue

nA

lter b

ei P

flege

begi

nn (J

ahre

), M

änne

rA

lter b

ei P

flege

begi

nn (J

ahre

), Fr

auen

Bis 4

950

–64

65–7

9A

b 80

Ges

amt

Bis 4

950

–64

65–7

9A

b 80

Ges

amt

Bis 4

950

–64

65–7

9A

b 80

Ges

amt

Stuf

e I

Mit 

Reha

Ambu

-la

nt24

440

915

8591

231

0814

016

441

615

285

110

724

711

8576

022

63

Stat

io-

när

013

3954

100

06

100

240

030

4883

Ohn

e Re

haAm

bu-

lant

2529

3535

17.2

0021

.557

44.8

2113

5316

2254

4347

3613

.154

1176

1913

11.7

5716

.821

31.6

67

Stat

io-

när

105

356

2018

4149

6628

7420

258

268

215

4031

154

1436

3467

5088

Stuf

e II

Mit 

Reha

Ambu

-la

nt90

164

434

197

876

5878

165

4834

434

8727

014

953

2

Stat

io-

när

00

3734

810

013

623

00

2628

58

Ohn

e Re

haAm

bu-

lant

1283

2070

7611

7410

18.3

7465

598

931

8722

3670

6762

810

8144

2451

7411

.307

Stat

io-

när

8825

717

9930

0151

4547

146

510

554

1257

4111

112

8924

4738

88

Stuf

e III

Mit 

Reha

Ambu

-la

nt30

3246

1812

521

1820

861

1118

2611

65

Stat

io-

när

00

125

220

00

00

00

75

15

Ohn

e Re

haAm

bu-

lant

516

1003

2569

1470

5558

278

527

1267

534

2606

238

476

1302

936

2952

Stat

io-

när

8715

561

171

715

7047

7917

716

046

340

7643

455

711

07

9Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 2013  | 

Page 10: Vergleich von Pflegeverlauf und Sterblichkeit von Pflegebedürftigen mit und ohne medizinische Rehabilitation

F  andere Maßnahmen wie die Fortfüh-rung laufender kurativer Versorgung und ambulanter Heilmitteltherapien ausreichend erscheinen.

Diese gutachtlichen Feststellungen konn-ten jedoch für diese Auswertung nicht berücksichtigt werden, da hier nur Leis-tungs(routine)daten der Pflegekassen aus-gewertet wurden. Es kann jedoch auch oh-ne deren genaue Kenntnis gefolgert wer-den, dass in Summe das jetzige System der Identifizierung von Pflegebedürftigen mit einer positiven Prognose bereits im akuts-tationären Bereich oder im Rahmen der Pflegebegutachtung bei Betreuung durch ambulante oder stationäre Pflegeeinrich-tungen im Ergebnis der Anwendung bis-heriger Kriterien so wirksam ist, dass die nach den jetzigen Kriterien einer Reha-bilitation zugeführten Patienten eine gu-te Chance für eine Minderung der Pflege-

bedürftigkeit oder ein längeres Überleben trotz Pflegebedürftigkeit erhalten.

Die Pflegeverläufe nach Pflegestu-fen (. Abb. 5, 6, 7) zeigen, dass die Zahl der Reaktivierungen der Kohorten mit Rehabilitation in allen Pflegestufen hö-her ist als ohne Rehabilitation. Trotz Ab-nahme der Zahl an Rehabilitationsmaß-nahmen mit der Zunahme der Pflege-stufe (Stufe I 11,8%, Stufe II 7% und Stu-fe III 3,3%, . Tab. 1) zeigen die Pflege-verläufe aber auch, dass Jahre nach Be-ginn der Pflegebedürftigkeit und trotz Erreichens der höchsten Pflegestufe III rehabilitative Maßnahmen zu einer Re-aktivierung bzw. Minderung des Pflege-bedarfes beitragen können. Dies mag für all diejenigen ein Hoffnungsschimmer sein, die eine eingetretene Pflegebedürf-tigkeit fälschlicherweise mit dem Eintre-ten eines Zustands mit zwangsläufig ste-tiger Verstärkung der Pflegebedürftigkeit

gleichgesetzt haben. Die deutlich höhe-ren Anteile der Pflegebedürftigen in den jeweiligen Pflegestufen I bis III 10 Jahre nach Pflegebeginn (. Abb. 5, 6, 7) zei-gen eindrucksvoll, dass die rehabilitier-ten Pflegebedürftigen deutlich länger in der jeweiligen Pflegestufe verbleiben als die nicht rehabilitierten bzw. diejenigen Pflegebedürftigen, bei denen durch den behandelnden Arzt oder den Gutachter im Auftrag der Pflegeversicherung bei der Pflegeeinstufung oder späteren Be-gutachtungen kein Rehabilitationspoten-zial gesehen wurde.

Eine Differenzierung der Pflegever-läufe der Kohorten mit und ohne Reha-bilitation nach ambulanter oder stationä-rer Erstversorgung (. Abb. 8, 9) zeigt den vergleichsweise positiveren Überlebens-verlauf der Rehabilitationskohorte in bei-den Versorgungsformen, weist aber auch gleichzeitig darauf hin, dass auch mit Er-reichen einer stationären pflegerischen Versorgung in einem Pflegeheim durch-aus noch ein Reaktivierungspotenzial be-steht, das durch rehabilitative Maßnah-men gehoben werden kann. Der Vergleich zeigt weiterhin, dass die Rehabilitation bei stationärer Versorgung deutlich seltener (2,9%) stattfindet als bei ambulanter Ver-sorgung (11%). Dies ist in Übereinstim-mung mit den Daten des GEK-Pflegere-portes von 2008 [5]. Dies mag darauf zu-rückzuführen sein, dass die Kohorte der stationären Pflegebedürftigen ganz ande-re Erkrankungen aufweist oder Erkran-kungen mit der Rehabilitation schwer zu-gänglichen Krankheitsfolgen. Es könnte aber auch ein Hinweis darauf sein, dass bei Pflegebedürftigen in Pflegeheimen seitens der Therapeuten zu selten an re-habilitative Maßnahmen gedacht wird oder eine entsprechende Infrastruktur (noch) nicht vorhanden ist. So gibt es be-reits erste – aber noch zu wenige – Erfolg versprechende Modelle einer in Pflegehei-men durchgeführten mobilen Rehabilita-tion. Der . Abb. 9 kann darüber hinaus entnommen werden, dass trotz stationä-rer Erstversorgung gerade in den ersten Jahren nach Pflegebeginn ein Wechsel in die ambulante Versorgung erfolgen kann. Demgegenüber ist, abgesehen vom ersten Halbjahr des Pflegeeintritts, in der ambu-lanten Versorgung anschließend ein im Laufe der folgenden Pflegejahre nahezu

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10Jahre nach P�egebeginn

Mit Rehabilitation

Ohne Rehabilitation

Ant

eile

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10Jahre nach P�egebeginn

Ant

eile

Reaktivierte Pf lege Stufe I Pf lege Stufe II

Pf lege Stufe III Verstorbene

Reaktivierte Pf lege Stufe I Pf lege Stufe II

Pf lege Stufe III Verstorbene

Abb. 6 8 Verlauf von Pflegebedürftigen mit Rehabilitation (n=1735) und ohne Rehabilitation (n=23.083), Pflegebeginn in Stufe II

10 |  Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 2013

Originalien

Page 11: Vergleich von Pflegeverlauf und Sterblichkeit von Pflegebedürftigen mit und ohne medizinische Rehabilitation

konstanter Wechsel in die stationäre Ver-sorgung zu beobachten (. Abb. 8).

Die Daten weisen darauf hin, dass auch nach Eintritt von Pflegebedürftig-keit die gezielte Suche nach und Nutzung von vorhandenen Rehabilitationspoten-zialen Pflegeverläufe – ohne Einschrän-kung seitens der Pflegestufe – wahr-scheinlich grundsätzlich richtunggebend beeinflussen kann. Die Teilnahme auch älterer und alter pflegebedürftiger Men-schen an Rehabilitationsmaßnahmen [9] erfährt durch die Ergebnisse dieser Stu-die Unterstützung. Die Ergebnisse wei-sen ebenfalls darauf hin, dass durch die jetzigen Formen des Rehabilitationszu-gangs (z. B. Einleitung einer Rehabilita-tionsmaßnahme nach Klinikaufenthalt oder Begutachtung) dem Ziel der Minde-rung von Pflegebedürftigkeit zumindest teilweise entsprochen wird. Diese Erfol-ge machen Mut, im ambulanten wie auch

stationären Setting in allen Altern beim Pflegebedürftigen nach Erfolg verspre-chenden Rehabilitationspotenzialen und

–maßnahmen zu suchen.Offen bleibt allerdings, welchen Anteil

genau die Rehabilitationsmaßnahmen im Vergleich zur ebenfalls im Pflegeverlauf stattfindenden ambulanten oder stationä-ren kurativen, pflegerischen oder sozialen Versorgung einnehmen und ob sich dieser Anteil noch erhöhen lässt. Je länger der bei einer Längsschnittanalyse betrachtete Zeitraum, umso zahlreicher können wei-tere Einflussfaktoren ihre Bedeutung ent-falten. Grundsätzlich könnte zwar hypo-thetisch unterstellt werden, dass im Be-reich der kurativen oder sozialen Versor-gung kein Unterschied zwischen rehabili-tierten und nichtrehabilitierten Pflegebe-dürftigen gemacht wird. Jedoch wird eine positive Rehabilitationsprognose eher mit einer prognostisch ebenfalls günstigeren

kurativen Beurteilung einhergehen. Es wird daher davon abgeraten, kausale oder gar individuelle Zusammenhangsbetrach-tungen aus dieser Studie zu ziehen. Wenn also ein Zusammenhang zwischen Re-habilitation und Lebenserwartung ange-nommen werden kann, dann muss ein-schränkend hinzugefügt werden: Reha-bilitation im Kontext der sonstigen kura-tiven, pflegerischen und sozialen Versor-gung − eine Einschränkung die natürlich auch umgekehrt für die Beurteilung von Analysen der ambulanten, stationären, pflegerischen und sozialen Versorgung gilt. Dem Dilemma, möglichst homoge-ne Vergleichsgruppen zu betrachten, steht auch diese Studie gegenüber.

Bei aktuariellen Berechnungen sollten nicht nur die Kosten einer Rehabilitation Pflegebedürftiger, sondern auch deren Erfolge im Hinblick auf Lebensverlänge-rung in der Pflege Berücksichtigung fin-den. Aus aktuarieller Sicht ging es insbe-sondere darum zu ermitteln, ob bei pfle-gebedürftigen Personen im Zusammen-hang mit oder ohne Rehabilitation unter-schiedliche Überlebenswahrscheinlich-keiten existieren und damit auch vonei-nander abweichende Versicherungskos-ten resultieren könnten. Da die Ergeb-nisse unter Beachtung der multivariaten Analyse (. Tab. 2) bei Pflegebedürfti-gen den Zusammenhang einer Rehabili-tation mit der resultierenden Überlebens-zeit auch unter Berücksichtigung der ge-nannten Einflussfaktoren wahrscheinlich erscheinen lassen, empfehlen die Autoren neben der kalkulatorischen Berücksich-tigung des Pflegeeintrittsalters und der Pflegeersteinstufung auch die vorsorgli-che Berücksichtigung einer durchgeführ-ten oder geplanten Rehabilitation bei der Prämienkalkulation in der privaten Pfle-geversicherung.

Limitationen und Chancen

Für die Studie wurden nicht die Art der Erkrankung, das Ausmaß der krankheits-bezogenen Beeinträchtigungen sowie die person- bzw. umweltbezogenen Kontext-faktoren im Individualfall berücksichtigt, obwohl zunächst angedacht. Die der Pfle-gekasse in den Routinedaten vorliegenden Angaben über die Krankheitsursache al-leine sind für eine sachgerechte, der Re-

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10Jahre nach P�egebeginn

Mit Rehabilitation

Ant

eile

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10Jahre nach P�egebeginn

Ohne Rehabilitation

Ant

eile

Reaktivierte Pf lege Stufe I Pf lege Stufe II

Pf lege Stufe III Verstorbene

Reaktivierte Pf lege Stufe I Pf lege Stufe II

Pf lege Stufe III Verstorbene

Abb. 7 8 Verlauf von Pflegebedürftigen mit Rehabilitation (n=239) und ohne Rehabilitation (n=7043), Pflegebeginn in Stufe III

11Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 2013  | 

Page 12: Vergleich von Pflegeverlauf und Sterblichkeit von Pflegebedürftigen mit und ohne medizinische Rehabilitation

habilitationsdefinition und deren –kri-terien folgenden Beurteilung nicht aus-reichend aussagekräftig, selbst wenn es zunächst gelänge, krankheitenhomoge-ne Vergleichsgruppen zu bilden. Es wä-ren darüber hinaus nicht nur die ver-lässliche Angaben über das Ausmaß der Schädigungen (z. B. Krankheitsstadium oder medizinische Befunde zu den Funk-tionsstörungen) notwendig, sondern auch über die resultierenden Beeinträchtigun-gen und Kontextfaktoren, beispielsweise auch die soziodemographischen und so-zialen Besonderheiten. Dies ist das Kern-problem einer Sekundärdatenanalyse. Die notwenigen Daten liegen den Pflegekas-sen nicht oder nicht in der notwendigen Vollständigkeit und Verlässlichkeit regu-lär vor.

Auch wurde nicht analysiert, ob im Falle unterschiedlicher Überlebenszei-

ten mit und ohne Rehabilitation diese durch die Organisationsform der Rehabi-litationszuweisung oder Art, Dauer oder Umfang der Rehabilitationsmaßnahme selbst bedingt sind. Hierfür wäre bei der Vielzahl möglicher Einflussfaktoren wie beispielsweise Art und Umfang der am-bulanten oder stationären kurativen Ver-sorgung oder der pflegerischen Versor-gung während des Pflegeverlaufes ein an-deres krankheiten-, pflege- und personen-bezogenes Design erforderlich.

Soweit in einigen Bundesländern Re-habilitationsmaßnahmen im Rahmen sta-tionärer Krankenhausbehandlungen nach §39 SGB V erbracht werden, sind diese nicht in die Analyse einbezogen, da sie abrechnungstechnisch als pauschalierte Krankenhausentgelte i. R. des DRG-Sys-tems erfasst werden. Eine Aussage über die Teilgruppe der nach §39 erbrachten

Rehabilitationsmaßnahmen im Zusam-menhang mit der Überlebenszeit Pflege-bedürftiger ist daher nicht möglich.

Zum Beleg, ob der beobachtete Zusam-menhang zwischen Rehabilitation und Lebenserwartung auch mit einer Kausa-lität einhergeht, sind weitergehende Ana-lysen mit homogenen Vergleichsgruppen unter Einbezug der Schädigungsart und Krankheitsfolgen sowie der person- und umweltbezogenen Kontextfaktoren nun-mehr geboten, um den Zusammenhang der spezifischen Wirkung rehabilitativer Maßnahmen nach deren Art, Umfang und Dauer auf die Überlebenszeit Pflege-bedürftiger näher zu analysieren.

Aus Sicht der Ergebnisse der Studie las-sen sich in Verbindung mit den eingehen-den Erfahrungen sowie den fachlichen Überzeugungen und Kenntnissen der Autoren über die Gesundheitsversorgung in Deutschland folgende Arbeitshypothe-sen zu Pflegeversorgung, Pflegeverläufen, Versicherung und Klinik für weitergehen-de Analysen formulieren:F  Zielgerichtete Rehabilitation kann

trotz eingetretener Pflegebedürftig-keit als Ergänzung zur ambulanten oder stationären kurativen, pflegeri-schen wie auch sozialen Versorgung lebensverlängernd wirken.

F  Der Anteil der reaktivierten Pflege-bedürftigen ist in Verbindung zu den rehabilitativen Maßnahmen so hoch, dass hieraus eine Beeinflussung der aktuariellen Rechnungsgrundlagen erfolgen kann,

F  Zielgerichtete Rehabilitation kann Pflegebedürftigkeit vermindern oder beseitigen und damit die Pflegestufe beeinflussen.

F  Rehabilitationserfolge können bei pflegebedürftigen Patienten über alle Altersgruppen und alle Pflegestufen eintreten.

F  Auch alte und pflegebedürftige Pa-tienten können von Rehabilitations-maßnahmen profitieren,

F  Rehabilitationserfolge können sich nicht nur bei ambulanter Betreuung, sondern auch bei Versorgung im Pfle-geheim einstellen, insbesondere in den ersten Jahren nach Pflegebeginn,

F  Rehabilitation muss auch ein Thema für Pflegeheime sein.

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Jahre nach P�egebeginn

Mit Rehabilitation

Ohne Rehabilitation

Ant

eile

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10Jahre nach P�egebeginn

Ant

eile

Reaktivierte Ambulante P�ege Stationäre P�ege Verstorbene

Reaktivierte Ambulante P�ege Stationäre P�ege Verstorbene

Abb. 8 8 Verlauf von Pflegebedürftigen mit Rehabilitation (n=8242) und ohne Rehabilitation (n=66.686), ambulante Erstversorgung

12 |  Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 2013

Originalien

Page 13: Vergleich von Pflegeverlauf und Sterblichkeit von Pflegebedürftigen mit und ohne medizinische Rehabilitation

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. W. SegerMedizinischer Dienst der Krankenversicherung Niedersachsen (MDKN)Hildesheimer Str. 202–206,  30519 [email protected]

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt.  W. Seger gibt an, dass kein Inter-essenkonflikt besteht.   Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen und Tieren.

Literatur

  1.  Dangel B, Kolleck B, Korporal J (Hrsg) (2005) Re-habilitation Pflegebedürftiger – Konzept -Umset-zung – Ergebnisse. Urban & Fischer, München

  2.  Hagen T, Gansweid B (2009) Medizinische Reha-bilitation. In: Gaertner T, Gansweid B, Gerber H, Schwegler F, Mittelstaedt G von (Hrsg) Die Pflege-versicherung, 2. Aufl. de Gruyter, Berlin, S 123–128

  3.  MDS (2011) Begutachtungs-Richtlinie Vorsorge und Rehabilitation, Medizinischer Dienst der Spit-zenverbände der Krankenkassen e. V., aktualisierte Fassung, Essen

  4.  MDS (2009) Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem XI. Buch des Sozialgesetzbuches, Medizini-scher Dienst des Spitzenverbandes Bund der Kran-kenkassen, Essen

  5.  Rothgang H, Borchert L, Müller R, Unger R (2008) GEK Pflegereport 2008. Schwäbisch Gmünd, S 231

  6.  Seger W, Sittaro N-A, Lohse R, Rabba J (2011) Ver-gleich der Sterblichkeit ambulanter und stationä-rer Pflegepatienten im Langzeitverlauf – Hannover Morbiditäts- und Mortalitäts-Pflegestudie. Dtsch Med Wochenschr 1465–1471

  7.  Seger W, Sittaro N-A, Lohse R et al (2008) Han-nover Morbiditäts- und Mortalitäts-Pflegestudie (HMMPS): Langzeitverläufe, Pflegestufenübergän-ge und Reaktivierungen in der gesetzlichen Pfle-geversicherung. Blätter DGVFM, Springer, S 29–43

  8.  Sittaro N-A, Seger W, Lohse R, Rabba J (2009) Han-nover Morbidity and Mortality Long-Term Care Study (HMMPS): German Social Long-Term Care Insurance – 10 year follow-up of care level and survival. J Assoc Insurance Med Japan 107(2):99–108

  9.  Statistisches Bundesamt, Deutsches Zentrum für Altersfragen und Robert Koch Institut (Hrsg) in Ge-sundheitsberichterstattung des Bundes (2008) Ge-sundheit und Krankheit im Alter, Berlin

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9Jahre nach Pf legebeginn

Mit Rehabilitation

Ohne Rehabilitation

Ant

eile

Reaktivierte Ambulante Pf lege Stationäre Pf lege Verstorbene

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10Jahre nach Pf legebeginn

Ant

eile

Reaktivierte Ambulante Pf lege Stationäre Pf lege Verstorbene

Abb. 9 8 Verlauf von Pflegebedürftigen mit Rehabilitation (n=401) und ohne Rehabilitation (n=13.246), stationäre Erstversorgung

13Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 2013  |