erinnerungen an ornithologen, die ich kannte

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J. Ornithol. 139, 325-348 (1998) © Deutsche Ornithologen-Gesellschaft/Blackwell Wissenschafts-Verlag, Berlin ISSN 0021-8375 Erinnerungen an Ornithologen, die ich kannte Eugeniusz Nowak Langenbergsweg 77, D-53179 Bonn Summary Reflections on Ornithologists whom I used to know Written version of a presentation which was held during the Annual General Meeting of the German Ornithologists Society in 1997 in Neubrandenburg, and which received much acclaim. The author relates the personal histories of some 15 outstanding ornithologists (most from Eastern and Western Europe) now deceased who lived around the middle of the twentieth century. The scientific achieve- ments of the people involved are barely touched upon; rather the tenoraccent of the presentation is an investigation of the impact of socio-political relationships on their scientific activities and the involvement of some of the scientists in politics. The author presents the facts not as accusations or indictments, but rather as a stimulus to the younger generation of scientists to consider the issues, in particular to think "What would I have done if I had lived there or at that time?" Key words: History of ornithology, biographies, politics and science Zusammenfassung Auf Anregung des ,,Journal"-Herausgebers hat der Autor seinen am 28. September 1997 vor der 130. DO-G-Jahresversammlung in Neubrandenburg gehaltenen Vortrag ffir die nachfolgende Vertffentli- chung niedergeschrieben. Er berichtet aus den Biographien mehrerer, zumeist ost- und westeuropSi- scher (bereits verstorbener) Ornithologen Mitte des 20. Jahrhunderts; sein Bemfihen gilt insbesondere der Untersuchung des Einflusses der politisch-gesellschaftlichen Verhfilmisse anf deren wissenschaft- liche T~itigkeit sowie der Verstrickungen einiger dieser Wissenschaftler in die Politik. Spezielles Interesse schenkt der Autor der Person Prof. Gtinther Niethammers, eines der erfolgreichsten Orni- thologen Deutschlands, zeitweise anch DO-G-Pr~sidenten, dessert Vergangenheit in jtingster Zeit mancherlei kritische Fragen anfgeworfen hat. Der Verfasser hat umfangreiches Informations- und Datenmaterial gesammelt und war bemttht, auf dieser Grundlage wahrheitsgerecht die Vorgfinge der damaligen Zeit zu rekonstruieren. Einleitung Mein Vortrag hatte einen besonderen Anlag: Ich war etwas besttirzt fiber die kurze, aber heftige Auseinandersetzung fiber einen im ,, Journal" abgedruckten Nachruf auf Prof. Ernst Sch~fer (Prinzinger 1993, vgl. aber auch z. B. Deichmann 1992 und Kthler 1989) w~.hrend der 126. Jahresversammlung der DO-G im Sep- tember 1993 in Meerane/Sachsen. Nur man- gelndes Wissen tiber die Verstrickungen von Wissenschaft und Politik konnte der Grund ffir die Kritik an einem so objektiv-zurfickhaltend verfagten Nachrnf sein. Die Geschichte Sch~i- fers ist dabei kein Einzelfall. Die politischen Umst~inde der jfingsten Vergangenheit haben in der Wissenschaft nicht nur NutznieBer oder so- gar T~iter erzeugt, anch Opfer sind bekannt; es hat sogar T~iter und Opfer in einer Person gege- ben. Wir befassen uns zumeist mit den For- schungsergebnissen unserer erfolgreichen Vor- gSnger, zu wenig jedoch mit dem Umfeld ihrer Forschungsarbeit. Die Polemik in Meerane hat reich dazu angeregt, gerade yon diesem (nicht- wissenschaftlichen) Bereich der T~tiigkeit meh- rerer 51terer Fachkollegen zu berichten. U.S. Copyright Clearance Center Code Statement: 0021-8375/98/13903-0325 $ 11.00/0

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Page 1: Erinnerungen an Ornithologen, die ich kannte

J. Ornithol. 139, 325-348 (1998) © Deutsche Ornithologen-Gesellschaft/Blackwell Wissenschafts-Verlag, Berlin ISSN 0021-8375

Erinnerungen an Ornithologen, die ich kannte

Eugeniusz Nowak

Langenbergsweg 77, D-53179 Bonn

Summary

Reflections on Ornithologists whom I used to know

Written version of a presentation which was held during the Annual General Meeting of the German Ornithologists Society in 1997 in Neubrandenburg, and which received much acclaim. The author relates the personal histories of some 15 outstanding ornithologists (most from Eastern and Western Europe) now deceased who lived around the middle of the twentieth century. The scientific achieve- ments of the people involved are barely touched upon; rather the tenoraccent of the presentation is an investigation of the impact of socio-political relationships on their scientific activities and the involvement of some of the scientists in politics. The author presents the facts not as accusations or indictments, but rather as a stimulus to the younger generation of scientists to consider the issues, in particular to think "What would I have done if I had lived there or at that time?"

Key words: History of ornithology, biographies, politics and science

Zusammenfassung

Auf Anregung des ,,Journal"-Herausgebers hat der Autor seinen am 28. September 1997 vor der 130. DO-G-Jahresversammlung in Neubrandenburg gehaltenen Vortrag ffir die nachfolgende Vertffentli- chung niedergeschrieben. Er berichtet aus den Biographien mehrerer, zumeist ost- und westeuropSi- scher (bereits verstorbener) Ornithologen Mitte des 20. Jahrhunderts; sein Bemfihen gilt insbesondere der Untersuchung des Einflusses der politisch-gesellschaftlichen Verhfilmisse anf deren wissenschaft- liche T~itigkeit sowie der Verstrickungen einiger dieser Wissenschaftler in die Politik. Spezielles Interesse schenkt der Autor der Person Prof. Gtinther Niethammers, eines der erfolgreichsten Orni- thologen Deutschlands, zeitweise anch DO-G-Pr~sidenten, dessert Vergangenheit in jtingster Zeit mancherlei kritische Fragen anfgeworfen hat. Der Verfasser hat umfangreiches Informations- und Datenmaterial gesammelt und war bemttht, auf dieser Grundlage wahrheitsgerecht die Vorgfinge der damaligen Zeit zu rekonstruieren.

Einleitung

Mein Vortrag hatte einen besonderen Anlag: Ich war etwas besttirzt fiber die kurze, aber heftige Auseinandersetzung fiber einen im ,, Journal" abgedruckten Nachruf auf Prof. Ernst Sch~fer (Prinzinger 1993, vgl. aber auch z. B. Deichmann 1992 und Kth le r 1989) w~.hrend der 126. Jahresversammlung der DO-G im Sep- tember 1993 in Meerane/Sachsen. Nur man- gelndes Wissen tiber die Verstrickungen von Wissenschaft und Politik konnte der Grund ffir die Kritik an einem so objektiv-zurfickhaltend

verfagten Nachrnf sein. Die Geschichte Sch~i- fers ist dabei kein Einzelfall. Die politischen Umst~inde der jfingsten Vergangenheit haben in der Wissenschaft nicht nur NutznieBer oder so- gar T~iter erzeugt, anch Opfer sind bekannt; es hat sogar T~iter und Opfer in einer Person gege- ben. Wir befassen uns zumeist mit den For- schungsergebnissen unserer erfolgreichen Vor- gSnger, zu wenig jedoch mit dem Umfeld ihrer Forschungsarbeit. Die Polemik in Meerane hat reich dazu angeregt, gerade yon diesem (nicht- wissenschaftlichen) Bereich der T~tiigkeit meh- rerer 51terer Fachkollegen zu berichten.

U.S. Copyright Clearance Center Code Statement: 0021-8375/98 /13903-0325 $ 11.00/0

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326 Journal f'tir Ornithologie 139, 1998

Abb. 1. Grab Prof. J. Thienemanns, des Begrtinders der Vogelwarte Rossitten auf dem Dorffriedhof in Rossitten/Rybatschij. Fig. 1. Grave of Prof. J. Thienemann, the founder of the Vogelwarte Rossitten at the cementary in Rossit- ten/Rybachy.

Ich will keinen der Verstorbenen richten, ge- schweige denn verurteilen. Ich halte es jedoch ftir richtig, auch fiber Bitteres oder Unangeneh- mes zu berichten, das allzu oft (auch in ausffihr- lichen Nachrufen) verdr~ingt, beschtnigt oder falsch dargestellt wird. Wir leben heute in einer Zeit, in der jtingere Koltegen sich nicht vorstel- len ktnnen, dab Politik auch eine so harmlose Wissenschaft wie die Ornithologie hart beein- flussen konnte. Das mug aber nicht immer und nicht iiberall so bleiben. Ich hoffe deshalb, dab meine Ausffihrungen Stoff zum Nachdenken liefern werden nach dem Motto:, ,Was h~itte ich getan, wenn ich damals oder dort gelebt h~itte?".

Die nachfolgenden Informationen stammen vomehmlich aus persOnlichen Erlebnissen und aus Gespr~ichen mit vielen Fachkollegen der letzten fast 50 Jahre. Ich hatte das Gltick, insbe- sondere in der Periode des ,,Kalten Krieges",

sowohl im Osten als auch im Westen zu sein und konnte mit vielen meiner Bekannten und Gespr~ichspartner nicht nur fiber ihre For- schungsarbeit ,,zensurfrei" sprechen. Zus~itz- lich stammen einige Informationen aus sp~ite- ren Nachforschnngen, publizierten Quellen und Archiven.

Ich will mit einem Stichwort beginnen, das in der Ornithologie bereits eine Legende darstellt: ,,Rossitten". Ftir mich hat diese Legende einen Doppelnamen: ,,Rossitten/Rybatschij". Das Doff auf der Kurischen Nehrung, in dem die DOG 1901 die berfihmte Vogelwarte gegrfindet hat, heil3t nach dem Kriege Rybatschij, und seit 1956 wird dort der Vogelzug wieder erforscht. Der Wiederbegrfinder dieser Forschungsst~tte, die heute ,,Biologische Station des Zoologi- schen Institutes der Russischen Akademie der Wissenschaften zu St, Petersburg" heiBt, ist Prof. Lew Osipowitsch Belopolskij (1907- 1990). Er hat damit die markanteste Brficke zwischen der deutschen und russischen Orni- thologie geschlagen (Nowak 1991 und Pa- jewskij 1992).

Prof. Belopolskij habe ich im August 1959 in Moskau wg_hrend der 2. All-Unions Ornitholo- gen-Konferenz kennengelernt. Er besuchte reich in meinem Zimmer in der Lomonosow- Universit~it, wir tranken Wodka, schlossen Brti- derschaft unde r erzS, hlte mir seine Lebensge- schichte. -

Lew Osipowitsch gehtrt der letzten Wissen- schaftlergeneration an, die noch an grogen geo- graphischen Entdeckungsexpeditionen teilge- nommen hat: 1932 war er Mitglied einer Expe- dition auf dem Eisbrechers ,,Sibiriakow", die zum ersten Mal die ,,ntrdliche Seeroute" von Archangelsk bis Wladiwostok in einer Naviga- tionsperiode bew~iltigte; 1933-1934 nahm er teil an der beriihmt gewordenen Expedition des Schiffes ,,Tscheluskin", die yon Murmansk aus die gleiche Strecke passieren sollte. Wie be- kannt, gelang dies nicht, in der Bering-Enge blieb das Schiff im Eis stecken, driftete bis in die Tschukschen-See, w o e s am 13. Februar 1934 von Eismassen zerquetscht wurde und sank. Die 103 Besatzungs- und der Expedi- tionsmitglieder lebten fast zwei Monate im Zeltlager auf dem Eis, bis der letzte Verun- glfickte am 13. April 1934 durch sowjetische

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E. Nowak. Erinnemngen an friihere Omithologen 327

Flugzeuge an Land gebracht wurde. T~iglich berichtete damns die Wettpresse ausftihrfich tiber die Katastropbe und die dramatische Ret- mngsaktion (das Ereignis wurde zur gr6fSten Werbekampagne fur die Sowjetunion, wohl noch erfolgreicher als die Olympiade 1936 fur das Dritte Reich). Belopolskij erhielt ffir seine Verdienste die h6chsten sowjetischen Orden, die auch Privilegien garantierten (z. B. Zusatz- pension und Schutz vor jeglicher Verhafmng). Im zweiten Weltkrieg wurde der Wissenschaft- let Marinekapit~n, jedoch mit enger Verbin- dung zu ornithologischer T~itigkeit: Er kom- mandierte eine Milit~expedition von drei Schiffen anf Nowaja Semlja, die Vogeleier der Lummen ftir Lazarette der sowjetischen Nord- flotte sammelte! Nach dem Kriege setzte er hier seine wissenschaftliche Arbeit fort, 1957 er- schien sein Buch tiber die ,,Okologie der in Kolonien brtitenden V6gel der Barents-See" (englische Ausgabe - 1961).

In der Augusmacht in Moskau erz~ihlte er mir auch fiber tragische Ereignisse der Nachkriegs- zeit: Anfang der 50er Jahre wurde sein Bruder verhaftet und nach einem Prozel3 wegen angeb- licher Spionage ftir England erschossen (tiber sein Schicksal hat die Familie erst Ende der 50er Jahre aus einem amtlichen Rehabilitie- mngsschreiben erfahren). Nach dem Prozel3 wurden auch die Eltern verhaftet und zu je 10 Jahren Arbeitslager verurteilt, danach, im MS_rz 1952, Lew Osipowitsch. Er erhielt ,,nut" 5 Jah- re (die dutch den Orden erworbene Immunit~it wurde ,,amtlich ausgesetzt": Zuerst wurde er h6flich gebeten, den Empfang einer schriftli- chert Aberkennung der Auszeichnung zu unter- schreiben und diese auszuh~indigen, danach wurde ibm in schroffem Ton der Haftbefehl vorgelegt). Erst nach Stalins Tod wurde Belo- polskij vorzeitig aus dem Lager befreit und rehabilitiert. Er war Zeuge der Massenentlas- sungen politischer HS£tlinge aus den sibiri- schen Lagem, lobte Nikita S. Chruschtschow und meinte, dab dieser bereits zu Lebzeiten ein Denkmal verdient babe; nach einer Pause ftigte er hinzu: ,,Und wenn es wirklich wahr ist, dab er Frieden anstrebt, mtil3te das Denkmal vergol- det werden!" Nach der Rehabilitierung hat sein letzter Arbeitgeber (das Zoologische Instimt der Akademie in Leningrad) Beloposkij wieder aufgenommen. Er wurde herzlich von Prof.

Abb. 2. Dr. L. O. Belopolskij, der Wiederbegrtinder der Vogelzugforschung in Rybatschij/Rossitten (ca. 1960). Fig. 2. Dr. L. O. Belopolskij, re-founder of bird migration research in Rybachy/Rossitten (ca. 1960).

Ewgenij N. Pawlowskij, dem mfichtigen Direk- tor des Institutes, mit der Frage empfangen, was er nun tun m6chte? Gleichzeitig versicherte er: ,,Alles, was du willst und was machbar ist, steht dir often". Lew Osipowitsch brauchte jetzt Einsamkeit in freier Namr, er wollte ins Baltikum, auf die Kurische Nehrung, ihm schwebte die Fortsetzung der Vogelzugfor- schung vor, die bier von den Deutschen begon- hen wurde. Prof. Pawlowskij stimmte sofort zu.

Ich durfte im Mai 1968 seine Biologische Station in Rybatschij besuchen, es war ftir reich ein groges Erlebnis (Nowak 1969; einen Vor- trag fiber diesen Besuch habe ich u. a. vor der DO-G- Jahresversammlung in Bonn 1971 ge- halten). Das alte Hans der Vogelwarte ist zer- st6rt, die neue Station hat das ger~iumige Ge- b~iude des ehemaligen Kurhauses fibernom- men. Ober die erfolgreiche wissenschafttiche T~itigkeit der Station will ich hier nicht berich- ten (inzwischen reisen regelm~il3ig deutsche

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Wissenschaftler dorthin, vieles wurde publi- ziert), lediglich tiber eine Episode auf dem Friedhof, wou. a. Prof. Johannes Thienemann (Gebhardt 1964:361 und 1970: 191) ruht. Als wir vor dem Grab standen, sagte mir Belopol- skij: ,,Nach meiner Ankunft in Rybatschij habe ich festgestellt, dab es hier Grabpltinderungen gab, ich ordnete deshalb an, fiber Thienemanns Ruhest~itte eine tonnenschwere Zementschicht zu giegen, erst dann babe ich den Grabstein wiederaufgestellt. Mein Vorganger wird nicht mehr gest6rt."

An dem Geb~ude der Station wurden sp~iter zwei Marmortafeln angebracht: Die alte deut- sche und eine neue - in kyrillischer Schrift.

Lew Osipowitsch erzi~hlte mir auch fiber die Hintergrfinde der Wiederanfnahme der For- schungsarbeiten in Rybatschij. Den Vorschlag hatten deutsche Ornithologen ihren sowjefi- schen Fachkollegen w~hrend des XI Internafio- nalen Ornithologen Kongresses in Basel 1954 vorgetragen: Schtiz, Stresemann und Koehler sprachen darfiber mit Demenfiew, Iwanow und Rustamow. In den Nachkriegsjahren war eine solche Anfrage in der UdSSR eine polifische Angelegenheit, tiber die nut ,,die hohen Stel- len" entscheiden konnten. Doch die damals be- ginnende ,,Taupefiode" hatte die Lage vermin- deft: Die ,,hohen Stellen" tiberlief3en die Ent- scheidung dem Pr~isidium der Akademie der Wissenschaften. Als der geeignete Kandidat er- schien (ebenfalls eine Folge des,,Tauwetters"), erhielt er sofort den Auftrag zum Wiederaufbau der Forschungsstelle.

1967 tibemahm Dr. Viktor R. Dolnik aus Leningrad die Leitung der Station, Belopolskij erhielt den Lehrstuhl ftir Wirbelfiere an der neu- gegl~ndeten Universit~it in Kaliningrad/K6- nigsberg und wurde hier Professor (erst viele Jahre sp~ter wurde die Formulierung ,,neube- grtindete" in ,,wiedergegrfindete Universitfit" umgewandelt). 1977 ginger in den Ruhestand. 1986 erhielt Belopolskij ftir sein Lebenswerk einen Preis der Johann Wolfgang yon Goethe Sfiftung zu Basel (die Vergabe des Preises ver- z6gerte sich seit 1983, der damals 92j~lrige Alfred Toepfer, Begrfinder und President der Stiftung, rechtfertigte die Vertagung mit dem jungen Alter des 76j~xigen Kandidaten). Zu der feierlichen Preisvefleihung anf der Insel Mainau durfte der Laureat leider nicht kom-

men. Kurz danach besuchte jedoch Alfred To- epfer Leningrad, wo er Belopolskij im Palast der Akademie der Wissenschaften in einem fei- erlichen Akt den Preis, zusammen mit einem Scheck, pers6nlich fiberreichte. Dem Laureaten standen Tr~inen in den Augen. Die materielle Situation der Menschen in der Sowjemnion hat- te sich zu jener Zeit bereits stark verschlechtert, so gab er das Geld seiner Frau zur Verwendung ffir die ganze Familie. Dafiir durfte er seine gesamte Pension (auch eine ,,privilegierte" Pension war schon damals nicht viel wert) bis zum Lebensende ganz pers6nlich verbrauchen.

Ich denke, dab Lew Osipowitsch Belopolskij als Ehrenmitglied in unsere Gesellschaft h~itte aufgenommen werden mtissen. Wir haben dies vers~iumt!

Einen enormen Beitrag zur Kennmis der pal~i- arktischen V6gel hat ein anderer Russe, Prof. Georgij Petrowitsch Dementiew (1899- 1969), geleistet. Er war u. a. Initiator, Heraus- geber und Mitautor des 6bfindigen Werkes ,,Die V/3gel der Sowjetunion" (1951-1954; engl. Ausgabe 1966-1970). Stresemann sch~itz- te ihn sehr hoch. Dementiew war ein paarmal zu Besuch bei ihm in Berlin und ftihlte sich der ,,Stresemann-Schule" zugeh6rig; 1960 wtirdig- te er in der,,Ornitologija" das Lebenswerk sei- nes deutschen Meisters anl~iglich des 70. Ge- burtstages. Bereits 1933 trat Dementiew der DOG bei, 1955 wurde er Ehrenmitglied unserer Gesellschaft (nach seinem Tode hat ihm das ,,Journal" lediglich ffinf Zeilen gewidmet - s. Vol. 110/1969: 224). Dementiews pers6nlicher und wissenschaftlicher Lebensweg war unge- w6hnlich, nur wenig davon wurde aber in den gedruckten Ehrungen und Nachrufen festgehal- ten. In einem Nachruf (Redakzionnaja kolegija 1972) heigt es z. B.: ,,Sein Leben als Wissen- schaftler gestaltete sich nicht einfach" oder ,,verschiedene Umstfinde erlaubten ihm [zeit- weise] nicht, sich mit Wissenschaft zu befas- sen',. Was bedeutet das? Mir ist es gelungen, einiges zur Entschlfisselung dieser S~itze zu er- fahren.

Dementiew ist in Peterhof an der Finnischen Bucht in der Familie eines vielseitig gebildeten, gesch~itzten und gewig auch wohlhabenden Arztes zur Welt gekommen. Er beherrschte mehrere Sprachen, sein Franz/3sisch trug den

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Pariser Akzent, ein Hinweis darauf, dab im Hause eine franz6sische Erzieherin t~itig war, bzw. dab sich die Familie auf franz6sisch unter- hielt. Peterhof beherbergte eine der Prachtresi- denzen des russischen Zaren (Enffernung nach Petersburg lediglich 30 kin), der Herrscher war hier off mit seinem Hofstaat anwesend. Diese Glanzseite der Stadt interessierte jedoch den Sohn der Familie des gefragten Arztes nut we- nig. Die Natur der Finnischen Bucht, die Tan- sende wandernder und tiberwinternder V6gel sowie die Jagd batten den jungen Georgij ,,ver- hext"; am meisten faszinierten ihn die Greifv6- gel. Die Familie wtinschte jedoch, dab der Sohn Jura studierte, 1917 hat er sich also an der juristischen Fakult~it der Petrograder (so hieB damals St. Petersburg) Universit~it immatriku- liert. Nur das erste Jahr smdierte er ,,normal", danach kam eine Vielzahl revolutionsbedingter Ereignisse, die kaum zu entwirren sind (Einbe- rufung zum Milit~, Revolutionsunrnhen, Stu- dium, Arbeit, wohl auch Zwangsarbeit, erneut Studium, Gelegenheitsjobs, m6glicherweise auch Verhaftung u. a. m.). Das alles war aber nebens~ichlich, denn der junge Mann verfolgte die ganze Zeit zielstrebig zweierlei: Das Jura- studium abzuschlieBen und Vogelkunde zu stu- dieren. Erst nach vielen Jahren hatte er beides erreicht: Er hatte schon das Juradiplom, als er Ende der 20er Jahre eine Arbeitsstelle im Zoo- logischen Museum der Lomonosow-Universi- ~ t in Moskau erhielt; allerdings handelte es sich um eine Pr~iparatorenstelle! In die juristi- schen Dienste des Sowjetstaates konnte ein Mann seiner Herkunft und mit seinen Ansich- ten nicht tibernommen werden, was ihm nur recht war! Dementiew arbeitete als Pr/iparator hervorragend, vor allem abet vergr6Berte er die wissenschaffliche Vogelsammlung des Mu- seums enorm; er fand im Museum auch Kolle- gen, die seinen Arbeitseifer f6rderten bzw. sei- nen Wissenshorizont erweiterten, z. B. Dr. Ser- gei A. Buturlin, einen Wildbiologen, der oft auf Forschungsreisen nach Asien ging und wertvol- le B/ilge brachte oder Wasilij A. Watagin, einen bertihmten Tiermaler, Bildhauer und Dermo- plasten. Das Pr/~parieren bedeutete ftir Demen- tiew auch das Studium der Anatomie und Taxo- nomie der V6gel, insbesondere der Art- und Unterartsystematik und das Ordnen der Saturn- lung war gleichzeitig ein Studium der Verbrei-

Abb. 3. Prof. G. P. Dementiew aus Moskau (1956). Fig. 3. Prof. G. P. Dementiev of Moscow (1956).

tung der V6gel des riesigen Landes; die Erfor- schung der Systematik der Gerfalken war das erste Thema, das er aufgriff (schon als Student befaBte er sich mit der Falknerei). Bald aber weitete sich sein Arbeitshorizont: Seit 1934 er- schien in mehreren B~inden unter der Autoren- schaft Buturlin & Dementiew der,,VoIlst~indi- ge Bestimmungsschltissel der V6gel der UdSSR". Unter diesem bescheidenen Titel ver- birgt sich ein solides wissenschaftliches Werk tiber die V6gel des Ostens Europas und des Nordens Asiens, auch fiber ihre Systematik, eine Fortsetzung der Arbeit yon Ernst Hartert also. 1936 verlieh die Moskauer Universit~it dem ,,Praparator" den Titel des Doktors der biologischen Wissenschaften ohne Vorlage ei- ner Dissertation. Als das Museum reorganisiert wurde und eine Ornithologische Abteilung ent- stand, wurde Dementiew zu deren Leiter (Ku- stos) ernannt. Auch weitere wissenschaftliche Pubfikationen und Bticher hatte er inzwischen unter seinem Namen herausgegeben, u. a. 1940 den ffinften und letzten Band des ,,Bestim-

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mungsschlfissels" (Buturlin verstarb 1938) und alas Werk ,,Pticy" (V6gel) als Teil 6 des grol3en russischen Handbuches der Zoologie (in etwa vergleichbar mit Stresemanns ,,Aves"). Kurz danach, 1941, wurde er zurn Professor emannt.

In der Kriegszeit wurde die Moskauer Uni- versit~it nach Aschhabad in Turkmenien evaku- iert (Gladkov 1959); dem Fleig Dementiews und seiner Mitarbeiter ist es zu verdanken, dab diese Republik nach vier Jahren zu den omitho- logisch am besten erforschten Gebieten der So- wjetunion geh6rte. Verluste brachte der Krieg jedoch auch: Zwei junge Mitarbeiter Demen- tiews - W. M. Modestow und J. M. Kafta- nowskij - die er fox begnadete Nachfolger hielt, wurden in die Rote Armee eingezogen und fie- len an der Front. Das Manuskript seines Buches fiber den Gerfalken und die Falknerei, ausge- stattet mit Farbtafeln yon Watagin, ist w~hrend der K~impfe um Leningrad verschollen (er hat es sp~ter neugeschrieben und 1951 publiziert). Die omithologische Sammlung der Universit~it, die bereits verpackt am Bahnhof zwecks Eva- kuierung lag, verdankt ihre Rettung dem Kriegsglfick der Roten Armee, die den Angriff der Deutschen abwehrte.

Nach dem Kriege erhielt Dementiew 1947 die Leitung des Lehrstuhles far Wirbeltierzoo- logie an der Moskauer Universit~it, und 1952 wurde er ftir das Werk ,,V6gel der Sowjet- union" mit dem Stalin-Preis (sp~iter in Staats- preis umbenannt) ausgezeichnet. Er durfte nun auch ins Ausland reisen (z. B. zu den Intema- tionalen Ornithologenkongressen in Basel und Helsinki), ein Privileg, das nicht jedem Wissen- schaftler im Osten vefliehen wurde. Dr. Gott- fried Mauersberger erz~hlte mir Anfang der 60er Jahre eine Begebenheit, die erklaren k6nn- te, wer ihm zur Erlangung dieses Privilegs ver- holfen hat: Er wartete im Vorzimmer auf ein Gespr~ich mit Dementiew, der gerade einen l~in- geren Besuch eines befreundeten Amateurorni- thologen hatte; als dieser das Zimmer verlieg, erkannte Mauersberger in dem Gast Herrn An- drej A. Gromyko, den sowjetischen Auf3enmi- nister! (Am Rande noch eine Anmerkung tiber Hobbys hoher Pers6nlichkeiten: Der sowjeti- sche Marschall Georgij K. Schukow war ein passionierter Aquarianer; wfihrend seiner Dienstaufenthalte in Warsehau besuchte er im- mer das ,,Zoo-Gesch~ift Prof. Bernchard" an

der Nowy Swiat-StraBe, um dort Fische zu kau- fen, die es in Moskau nicht gab).

Wie viele andere sowjetische Wissenschaft- ler, mied auch Dementiew Gespr/ache zu politi- schen Themen. Es lohnt deshalb bier eine Aus- sage yon ihm wiederzugeben, die er gegentiber finnischen Fachkollegen 1958 (wLlarend des Omithologen-Kongresses) machte. Dementiew wurde in Finnland hofiert, was ihm wohl wegen der noch frischen Erinnerung an den sowje- tisch-finnischen Winterkrieg peinlich war. So erzLhlte er eines Tages seinen Gastgebem das folgende russische Volksmarchen: ,,In der grogen Taiga lebte ein alter, m~ichtiger Bar, der eines Tages auf die benachbarten Felder ging und dort einen kleinen Bauem traf. Die beiden kamen ins Gespr~ich, nach einiger Zeit entstand zwischen ihnen so etwas wie Freundschaft. Ftir den Bauem wurden in der Taiga Prize gesam- melt, der Bar bekam dagegen die Kr~iuter, die auf den Feldern des Bauem zu finden waren. Eines Sommers lagen die beiden auf einer Wie- se und genossen die warmen Sonnenstrahlen. Der Bauer schlief gerade, als der Bar sah, dab eine groge Mfieke auf seiner Backe sag. Er bob seine Pranke, um die Mficke zu t6ten, und zer- trfimmerte bei dieser Gelegenheit leider auch den Sch~idel des B a u e m . . . "

Im September 1969 reiste ich nach Sibirien und in die Mongolei. Ich machte Station in Irkutsk, wo ich in der Landwirtschaftlichen Akademie Prof. Wasilij Nikolajewitseh Skalon (1903- 1976) begegnete, einem Wissensehaftler rnit vielseitigen Interessen, einem hervorragenden Kenner Sibiriens, insbesondere der V6gel die- set Region. Der Name Skalon war mir schon frtiher, aus dem Geschichtsunterricht, bekannt: Ein General im Dienste des russischen Zaren, Georgij A. Skalon, war zu Beginn des Jahrhun- derts General-Gouverneur von Warschau; u. a. schlug erden Aufstand yon 1905 blutig nieder. Er war Wasilij Nikolajewitsch Skalons Ver- wandter!

Personen solcher Herkunft hatten nach der Oktoben'evolution in Rugland kaum die Chan- ce zu studieren, geschweige denn Professor zu werden. Da stellte sich die Frage, wie mein neuer Bekannter aus Irkutsk es gesehafft haben mochte? Er sagte mir dazu lediglich, dab er zu

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einem Nomaden geworden war, der die Kunst beherrschte, rechtzeitig vor dem Zugriff des NKWD zu fliehen (auch Schtilmark 1978). Erst viele Jahre sp~iter haben mir seine Kinder, An- drej und Barbara erzahlt, wie dies vonstatten ging.

Sein Vater, Nikalaj Wasiljewitsch Skalon, besag groge L~indereien im Gouvemement Orenburg, 1918 wurde er von Soldaten der 5. Roten Armee verhaftet und erschossen (NB: Einer der politischen Kommissare dieser Ar- mee war Jaroslav Ha~ek, der sp~iter weltbe- rfihmte tschechische Schriftsteller). Der 15jah- rige Wasilij Nikolajewitsch floh daraufhin mit seiner Mutter und den Geschwistem nach No- wonikolajewsk (jetzt Nowosibirsk). Er meldete sich zur ,,Weigen" Armee des General Kolt- schak, wurde aber als zu jung abgelehnt. An- fangs verdiente er Geld als Laufbursche und Pr~paratorgehilfe, spgter als einfacher Arbeiter, nebenbei erlangte er aber auch das Abitur. Fa- mili/ire ,,Seilschaften" erm6glichten es ihm, 1922 das Studium der Naturwissenschaften an der Universit~it Tomsk zu beginnen (zu seinen Lehrern gehtirten hier u. a. der deutschstammi- ge Prof. Hermann Johansen und der dSnische Dozent Hans Ch. Johansen). Aber schon 1924 wurde die Universit~t von ,,nicht-proletari- schen Elementen" ges~iubert. Skalon ,,fltichte- te" jetzt mit einer Museumsexpedition in das Altaigebirge, danach wurde er Pflanzenschutz- Beauftragter von Kolchosen in der sibirischen Provinz. 1926 gelang es ibm jedoch das Studi- um in Tomsk wieder aufzunebmen (die Wach- samkeit der Partei lieg nach) und es 1928 abzu- schfiel3en.

Bereits 1926 begann Skalon, die Ergebnisse seiner Forschungsarbeit und seine Beobachtun- gen aus diversen Regionen Sibiriens (fiber Wir- beltiere, Okologie, Ethnographie u. a. m.) zu publizieren; bis zu seinem Lebensende erschie- nen fast 500 gedmckte Arbeiten und mehr als 200 Zeitungsartikel (Gagina 1973). Die Zeit vom Studienabschlul3 bis zum Ausbruch des Krieges 1941 war ffir den jungen Wissenschaft- let eine lange Fluchtperiode: In diversen Eigen- schaften (als Teilnehmer von Expeditionen, Pest-Bekampfer, agrarischer Pflanzenschtitzer, Verwaltungsmitarbeiter yon Naturschutzgebie- ten) war er an der Angara, im Altai, in den Sajanen, in Jakutien, an der Ochotskischen Kti-

Abb. 4. Prof. W. N. Skalon aus Irkutsk (ca. t970). Fig. 4. Prov. V. N. Skalon of Irkutsk (ca. 1970).

ste, in Transbaikalien und in der Mongolei, in der Taimyr-Tundra (wertvolle omithologische Arbeiten ans Taimyr publizierte er in Frank- reich), an der Konda hinter dem Ural u. a. m. Nur einmal geriet er in ernste Gefahr: Im Jahre 1938 (Periode des NKWD-Terrors gegen die sibirische Intelligenz) wollte er seinen Urlaub in Irkutsk verbringen, wo er anf der Stral3e die Frau eines bereits verhafteten Professors traf; ,,Sie leben noch?" - fief sie erstaunt. Nachdem sie ihm die Lage in der Stadt geschildert hatte, verschwand Skalon mit Hilfe seiner Moskauer Freunde in der Taiga des Hintemrals. Seine Lebenskraft bfigte er jedoch nie ein: 1938 ver- lieh ihm die Moskauer UniversiN't auf Grand seines Gesamtwerkes (bis dahin ca. 90 publi- zierte Arbeiten) den Grad des Kandidaten der biologischen Wissenschaften.

1941 wurde Skalon in die Rote Armee einbe- rufen und mit einer ,,Anti-Pest"-Einheit in die Mongolei abkommandiert. Dort arbeitete er auch mit dem bekannten sowjetischen Mongo- lei-Erforscher A. G. Bannikow zusammen (Loba6ev 1989). Dieser wollte nach dem Krie-

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ge sofort nach Moskau zurtickkehren, da man nun dort Karriere machen konnte. Er war Mit- glied der Bolschewistischen Partei (sp~iter KPdSU) und politisch ,,stark", es war ihm also ein leichtes, den parteilosen Skalon, trotz ,,fal- scher Herkunft", zu seinem Nachfolger und In- haber des Lehrstuhls ffir Zoologie an der Uni- versit~it von Ulan-Bator zu kr6nen. So konnte dieser auch 1946 an der Moskauer Universit~t den Grad eines Doktors der Wissenschaften erlangen (Dissertation fiber die Biber Nordsibi- riens) und Professor werden. Seit 1947 wurde er jedoch ftir die politischen Instanzen der Mon- golei (die Macht lag hier in den H~inden der sowjetischen ,,Berater") unertr~iglich; einer Verhaftung zuvorkommend reiste er nach Ir- kutsk, wo er emeut Spezialist ffir Pestbek~imp- fung wurde. Seine ,,fixe Idee" war aber, eine wildbiologische Fakult~it an der Landwirt- schaftlichen Akademie der Stadt zu griinden. Es ist kaum zu glauben, aber endlich einmal hatte Skalon Glfick: Ein greiser Marschall der Roten Armee, M. P. Worobiew, Irkutsker Ab- geordneter im Obersten Sowjet und passionier- ter J~iger, setzte sich in einem Gespr~ich mit Marschall K. E. Woroschylow (Stalins treuem Helfer) ffir diesen Gedanken ein und hatte Er- folg ! Skalon zog, ,auf einem grauen Schimmel" als Professor und Inhaber des Lehrstuhls ftir Wildbiologie in die Akademie ein.

Der Rest seines Lebens verlief ,,normal". Er genol3 die poststalinistische ,,Freiheit". Seine wahre Lebensgeschichte konnte jedoch erst nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ver6ffentlicht werden (u. a. Schtilmark 1996).

Zum Abschlul3 nur noch eine Episode: Ska- lon war einer der ersten, die bereits in den 50er Jahren die Verschmutzung des Baikal-Sees durch den Ban eines Zellulosekombinats scharf verurteilten. Die Beh6rden stellten ihm darauf- hin ein Ultimatum: ,,Entweder du h6rst auf, oder wir schliegen die Fakulfiit und schicken deine Studenten nach Hause." Er mul3te sich ffir die Studenten entscheiden. Als Kritiker in Sa- chen Baikal hat er aber inzwischen viele Nach- folger. Auch in Deutschland.

Prof. Jurij Andrejewitsch Isakow (1912- 1988), Sohn einer Moskauer Lehrerfamilie, ein hervorragender Biogeograph und Okologe, hat

sich im omithologischen Bereich haupts~ichlich mit Wasserv6geln befagt. Er war der erste, der Anfang der 60er Jahre eine effektive Koopera- tion ,,mit dem Westen" (1WRB u. a. m.) und auch mit der von Prof. E. Rutschke geftihrten ,,Zentrale ftir Wasservogelforschung der DDR" aufgenommen und bis zu seinem frtihen Tod gepflegt hat. Ich war mit ihm mehrfach zusam- men, unser VerhNtnis wtirde ich als Freund- schaft bezeichnen, aber niemals hat Isakow mit mir tiber Politik gesprochen. Erst nach seinem Tode erfuhr ich den Grund daftir: Jurij Andre- jewitsch war schon als Gymnasiast Mitglied eines Zirkels junger Biologen im Moskauer Zoo und wurde Ende der 20er Jahre zusammen mit anderen Kollegen wegen ,,volksfeindli- chef" Auf~erungen yon der politischen Polizei OGPU verhaftet, vemrteilt und in ein Lager in Karelien gebracht. Lehrerkinder erfahren zu Hause meist mehr tiber Gesellschaft und Politik als anderswo und sind diskussionsfreudig - dies wurde ihm zum VerhSngnis. Im ,,Karlag" ver- brachte er einige Jahre, danach wurde er in den asiatischen Teil des Landes verbannt ohne das Recht, nach Moskau zurtickzukehren. Dieses Verbot wurde erst 1954, nach Stalins Tod, zu- rtickgenommen, einige Zeit danach erhielt Isa- kow eine Arbeitsstelle im Institut ffir Geogra- phie der Akademie der Wissenschaften in Mos- kau. Uber seine Haft und Verbannung hat er mit seinen Kollegen und Schtilern nie gesprochen, diese haben jedoch Teile seines tragischen Lei- densweges rekonstruiert. Inzwischen ist auch bekannt, wer Isakow angezeigt hatte: Es war ein drei Jahre jfingerer Kollege aus dem Zoo- Zirkel; er hat sp~iter in Moskau studiert und wurde Professor (sein Name ist jedoch in die- sem Zusammenhang noch nicht publiziert wor- den). Ich kannte ihn, fr~her glaubte ich, er sei ein sehr kluger, sachlicher und freundlicher Mensch.

Viele Jahre der Verbannung verbrachte Isa- kow in Hassan-Kuli in Turkmenien an der kas- pischen Sfidktiste (an der h'anischen Grenze). Bereits hier hatte er bewiesen, wie zielstrebig der Wille des jungen Amateurbiologen war, Wissenschaftler zu werden: Er ffihrte regel- m~13ige Untersuchungen der Wasserv6gel durch und konnte bereits 1940 ein Buch tiber die , ,0kologie der fiberwintemden Wasserv6- gel im Sfiden des Kaspischen Meeres" ver6f-

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E. Nowak • Erinnerungen an frtihere Ornithologen 333

fentlichen! Er verftigte anch fiber reiches Mate- rial fur andere Publikationen, als der Krieg be- gann und die Moskaner Universit~it, an der er nicht studieren konnte, ansgerechnet nach Turkmenien evakuiert wurde. Hier durfte er nun ein Fernstudium, wohl mit Kursen in Asch- habad, beginnen! Sein Biologiediplom wurde nach dem Kriege in Moskau ausgestellt. Mit diesem Dokument konnte Isakow wissen- schaftlicher Mitarbeiter des bertihmten Wolga- Delta Naturschutzgebietes nahe Astrachan und zuletzt des Darwin-Naturschutzgebietes nahe Rybinsk werden. In der Verbannung schrieb er auch einen Tell des Kapitels Anseriformes ftir Dementiews ,,VOgel der Sowjemnion" (eines der besten Kapitel des gesamten Werkes!) und zahlreiche andere Publikationen.

Sein wissenschaftlicher Werdegang in der Moskaner Periode wurde von seinen Kollegen ansftihrlich beschrieben (Kollektiv Inst. Geogr. 1989). Ich mOchte hier deshalb lediglich auf eine wenig bekannte Episode in Isakows Natur- schutzt:itigkeit eingehen. In diesem Bereich hat er mit einem einflugreichen Partner und Be- schtitzer ans dem,,Regierungs- und Parteiappa- rat" zusammengewirkt: Mit Boris N. Bogda- now, Direktor der Zentralen BehOrde ftir Namr- schutz und Jagdwesen im Unions-Landwirt- schaftsministerium in Moskan. Die beiden ver- standen sich ausgezeichnet, reisten auch zu- sammen ins Ausland. Mit dem Intemationalen Btiro ftir Wasservogelforschung (damals in Tour du Valat in Sfidfrankreich) und dem Nie- derl~indischen Auf3enministerium wurde ver- einbart, dab vom 25. bis 30. September 1968 in Leningrad eine Regierungkonferenz zur Verab- schiedung einer intemationalen Konvention zum Schutze der Feuchtgebiete stattfinden soll- te. Die Konferenz wurde fast zwei Jahre mit grOgter Sorgfalt vorbereitet (u. a. wurden alle Dokumente und Vortr~ige in drei Sprachen tibersetzt). Schon die zahlreichen Anmeldun- gen ktindigten einen Erfolg an, als am 20. Au- gust 1968 die Invasion der Tschechoslowakei dutch die Truppen des Warschauer Paktes be- gann! Die Niederl~indische Regierung und das 1WRB sagten ihre Teilnahme an der Konferenz ab, die Sowjets beschlossen jedoch, sie durch- zuftihren. Dutch die niederlSndische Absage verlor die Konferenz ihren offiziellen Regie- rungsstatus, die Verabschiedung der Konven-

Abb. 5. Prof. J. A. Isakow aus Moskau (1967). Fig. 5. Prof. Y. A. Isakov of Moscow (1967).

tion war also nicht mehr mOglich, die Organisa- toren hielten jedoch an dem wissenschaftlichen Programm lest in der Hoffnung, dab geniigend Teilnehmer kommen wtirden. Die Veranstal- tung hat anch mit begrenzter Beteiligung statt- gefunden, jedoch ohne Bogdanow, der kurze Zeit vorher, wSJlrend eines Vorbereitungsauf- enthaltes in der Schweiz, einen Herzinfarkt er- litten hatte. Eine Delegation ans der Tschecho- slowakei war aber zum Erstannen der,,Restteil- nehmer" anwesend, jedoch nicht die, die erwar- tet wurde. Der Leiter dieser Delegation, Herr R. BohaOek aus dem Landwirtschaftsministerium in Prag, erzShlte mir, dab er kaum Ahnung habe, worum es geht, well er auf persOnliche Inter- vention des sowjetischen Botschafters in Prag erst einige Stunden vor dem Abflug die Anord- nung zu der Dienstreise erhalten babe. Ich sprach auch mit dem verzweifelten Isakow, den die Absage des Westens nicht erreicht hatte (die sowjetische Postzensur hatte alle diese Briefe

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abgefangen). Als ich ihm die an reich gesandten Schreiben zeigte, sagte er kein Wort; erst jetzt hatte er verstanden, dab eine Stellungnahme wieder gef'ahrlich sein k6nnte.

Das waren lediglich einige wenige Schicksals- skizzen aus dem sowjetischen Bereich. Es gab dort aber weitere Zoologen, Okologen und Or- nithologen, auch solche die mit Deutschland wissenschaftliche Kontakte pflegten, deren Le- bensgeschichte und politische Verwicklungen nicht verloren gehen sollten, z. B. die des Mos- kauer Professors Andrej Grigorewitseh Ban- nikow (1915-1985). Auch er war bereits in jugendlichem Alter naturkundlich interessiert (Mitglied des Zirkels junger Biologen), ziel- strebig, sp~iter auch fachkompetent. In den Kriegsjatu'en war er in der Mongolei th'tig und hat dolt die Universit~it mitgegrfindet (Loba6ev 1989).

Abb. 6. Prof. A. G. Bannikow aus Moskau (ca. 1972). Fig. 6. Prof. A. G. Bannikov of Moscow (ca. 1972).

Diese Berichte aus der Sowjemnion klingen z. T. wie Abenteuergeschichten mit gutem Aus- gang. Grund: Hier ging es um Schicksale, die tats~ichlich gut endeten; enorme Charaktersfftr- ke und etwas Glfick waren der Schlttssel zum Erfolg. Es wfire aber falsch zu glauben, daB dies die Regel war, denn zu Stalins Lebzeiten ist man mit Wissenschaftlern, die durch ihr Ver- halten AnlaB zu der Annahme gaben, dab sie ,,Volksfeinde" seien, nicht zimperlich umge- gangen. Es gibt hierzu ein erschreckendes Bei- spiel aus der Tschechoslowakei.

Es geht um den jungen Ornithologen Veles- lav Vahl (1922-1950), den Autor eines Buches fiber die V6gel der Stadt Prag und yon etwa 25 weiteren ornithologischen Publikationen (Ve- solovsk~ 1991). Vahl entstammte einer wohlsi- mierten und gesch~itzten Prager Rechtsanwalt- familie und konnte sich seit seiner Kindheit naturkundlichen Beobachtungen widmen, mit 15 Jahren ver6ffentlichte er seine erste ornitho- logische Publikation. Auch die Besetzung der Tschechoslowakei durch die deutschen Trup- pen und der Kriegsausbruch unterbrachen seine ornithologische T~itigkeit nicht. Allerdings wurde er jetzt aktives Mitglied des Widerstan- des. Sein Vater und sein Onkel wurden wegen antideutscher Aktionen zum Tode verurteilt und 1942 hingerichtet. Einem Familienfreund (Zoologie Professor J. Komgtrek) gelang es je- doch, den Sohn im Prager Zoologischen Garten als Assistenten zu ,,verstecken". Im April 1945 nahm Veleslav Vahl am Prager Aufstand teil, nach der Befreiung des Landes wurde er das jfingste Mitglied des Tschechischen National- rates. Jetzt begann er, an der Prager Universit~it Jura und Naturkunde zu studieren. Doz. Walter Cemy, ein bekannter tschechischer Ornitholo- ge und DO-G Mitglied, war u. a. sein Lehrer. Abet die Machtergreifung dutch die Kommuni- sten im Jahre 1948 stttrzte den jungen Politiker und Naturkundler emeut in gr6gte Schwierig- keiten: Er agierte gegen die Alleinherrschaft der Kommunistischen Partei, was seine Verhaf- tung zur Folge hatte. In einem politischen Pro- zeg wurde er zum Tode verurteilt und am 16. Juni 1950 hingerichtet.

In seinem Testament hatte Vahl seine Frau angewiesen, 200.000 Kronen aus dem Fami- lienbesitz ffir die Bearbeitung eines Handbu-

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E. Nowak - Erinnerungen an friihere Omithologen 335

Abb. 7. V. Vahl aus Prag (ca. 1948). Fig. 7. V. Vahl of Prague (ca. 1948).

ches der V6gel der Tschechoslowakei zu stif- ten. Er wuf3te nicht, dab sie lange im Gefiingnis eingesperrt sein wtirde. Dennoch ging sein Wil- le nach tiber 40 Jahren in Erftillung: Seine heute in den USA lebende Frau hat die Entsch~idi- gungssumme, die ihr der Tschechische Staat ftir die Vollstreckung des ungerechten Urteiles ge- zahlt hat, der Tschechischen Ornithologischen Gesellschaft tibereignet. Der fachliche Teil von Vahls Testament ging aber schon frfiher in Er- ftillung: Dr. Cerny, sein Lehrer, war einer der Initiatoren der Herausgabe des hervorragenden vielb~indigen Werkes ,,Ptaci" (VOgel) in der Serie ,,Fauna der Tschechoslowakei". Ich kann leider Walter ~erny nicht mehr danach fragen (er verstarb 1975), vermute aber, dab er bei der Bearbeimng dieses Werkes oft an seinenjungen Schiller und dessen Testament gedacht hat.

Nun aber nach Deutschland, wo ich (in der DDR) in der zweiten H~ilfte der 50er Jahre auf

der Insel Hiddensee Prof. Hans Schildmacher (1907-1976) kennenlemte. Mein Freund, Dr. Gottfried Mauersberger, der ihn gut kannte, hat reich dem Leiter der Vogelwarte vorgestellt, was Vertrauen zwischen uns schuf. Gebhard (1980: 52-53) schrieb sp~iter tiber Schildma- chef: ,,Gedankenaustausch war ihm trotz stets wacher Lena- und Lehrf'mhigkeit nicht unbe- dingtes Bedilrfnis". Das stimmt, aber mit Aus- nahrnen. Mit mir sprach er mehrere Male sehr often, auch tiber politische und sogar tiber per- s6nliche Themen. Ich habe r~fich in seiner An- wesenheit einmal gewundert, dab er ein Buch aus der d~inischen Sprache ilbersetzt hatte (,,Wir beobachten Vtigel"). Das hat er mir l~i- chelnd erkl~rt: ,,Meine Freundin in der Studen- tenzeit war schwerh6rig, wir muBten immer sehr laut miteinander sprechen, deshalb haben wir d~inisch gelemt, urn den Inhalt unserer Lie- besgespr~iche vor den Kommilitonen zu verber- gen." Wenn wir fiber Politik sprachen, hatte ich den Eindruck dab er mir verborgene Gedal~ken mitteilte in der Hoffnung, dab ich sie, wenn die

Abb. 8. Prof. H. Schildmacher, Leiter der Vogelwar- te Hiddensee (ca. 1965). Fig. 8. Prof. H. Schildmacher, Director of the Vogel- warte Hiddensee (ca. 1965).

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Zeit reif sei, weitererz~ihlen wtirde. Das will ich jetzt auch ran.

Eins dieser Gespr~iche fand Mitte der 60er Jahren statt, nachdem die Vogelwarte Hidden- see 1964 eigene Vogelringe mat der Aufschrift ,,DDR" eingeftihrt hatte (bis dahin wurden Rin- ge der westdeutschen Vogelwarten verwendet). Schildmacher erzShlte mir eine Geschichte, die diesen ,,separatistischen" Schritt erklS_rt. Sie trug sich in der Schorfheide zu, wo ein sehr hoher Parteigenosse auf Jagd gegangen war und einen kapitalen Damhirsch erlegt hatte. Bei naherer Betrachtung entdeckte er im Ohr des Tieres eine Metallmarke mit einer Nummer und der Aufschrift ,,G6ttingen". Die Freude des Ge- nossen war groB, denn er glaubte nun, eine wissenschaftliche Entdeckung gemacht zu ha- ben (Damwild wandert auf weiten Strecken). Sein junger Begleiter, ein Wildbiologe, ver- neinte dies jedoch mit der Mitteilung, dag man in der DDR keine eigenen Ohrenmarken besitze und deshalb Marken aus G6ttingen in der Schorfheide benutze. Damit nicht genug: Auch ftir die Vogelberingung in der DDR wtirden jedes Jahr tausende westlicher Ringe verwandt! Dies war zuviel f'tir den Genossen. Von,,Oben" kam bald die Anordnung zur raschen Herstel- lung yon Ringen, die die Souver~init~it des zwei- ten deutschen Staates demonstrieren sollten.

Die zweite ErzNllung Schildmachers h~ingt mit seiner Funktion als Leiter des ,,Zentralen Fachausschusses ftir Ornithologie und Vogel- schutz" des Kulturbundes der DDR zusammen, die er von 1951 bis 1972 innehatte (Siefke 1977). Gleich zu Beginn dieser T~itigkeit hatte er an einem groBen Bankett der Kulturbund- funktionfire teilgenommen, wo nach einer poli- tischen Rede pl6tzlich laut gerufen wurde ,,es lebe der Genosse Stalin, der Vater aller Werk- t/itigen der Welt", worauf die Teilnehmer ihre Gl~iser hochhielten und Sekt tranken. Dies wollte er nicht mitmachen, aber die Menge um ihn herum trank bereits, er muBte also das glei- che tun. ,,Wissen sie, wie ich reich aus dieser Situation gerettet habe?" - fragte er mich l~i- chelnd. Ich wugte darauf keine Antwort. ,,Ich habe ein Bein hochgehalten - dann gilt der Toast nicht!"

Schildmacher konnte auch plaudem. W~ih- rend der Besichtigung des Hauses der Vogel- warte in Kloster auf Hiddensee erzShlte er mAr

u. a., dab das Geb~iude vor dem Kriege eine renommierte Ferienpension beherbergte, in der auch bertihmte Pers6nlichkeiten ihren Urlaub verbrachten. Noch vor 1933 erholten sich in diesem Haus auch Albert Einstein und Thomas Mann, der eine im Parterre der andere eine Etage h6her. Er wisse yon der Besitzerin der Pension, dab die beiden sich oft gezankt h~itten, und zwar wegen der Benutzung der Toilette, die ftir beide Parteien im Treppengang zwischen den Etagen lag.

Zurtick jedoch zu den zwei politisch gef'~b- ten Gespr~ichen mat Schildmacher. Sie erklO_ren nSmlich, warum er in der Regel so zurtickhal- tend und schweigsam war: Er hat ftir die DDR- Ornithologen und -Naturschfitzer viel Gutes ge- tan und hatte die Absicht, es auch weiterhin zu tun; um das machen zu dtirfen, muBte er seine wahren Ansichten verbergen. Und glauben Sie mar: Nicht nur die IMs des Ministeriums ftir Staatssicherheit waren ftir solche Menschen wie er gef~hrlich, sondern auch westliche Freunde, die oft leichtsinnige Schw~itzer waren!

Abb. 9. Prof. E. Stresemann aus Berlin (ca. 1957). Fig. 9. Prod. E. Stresemann of Berlin (ca. 1957).

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E. Nowak • Erinnerungen an frtihere Ornithologen 337

Obwohl mancherlei Fakten aus den Lebensl~iu- fen von Wissenschaftlern zurtickgehalten wur- den und werden, wird dartiber bei verschiede- hen Anl~issen gesprochen. Wenn aber tiberpriif- bare Informationen fehlen, werden auch Halb- wahrheiten oder sogar Unwahrheiten kolpor- tiert. Mir pers6nlich passierte letzteres zu An- fang der 60er Jahre. Ich arbeitete damals auf Einladung von Prof. Erwin Stresemann (1889-1972) in der Vogelsammlung des Mu- seums ftir Naturkunde in Berlin, als dieser mich eines nachmittags zu sich rief und mir F rau Dr. Maria Koepke (1924--1971), die bei ihm zu Besuch war, vorstellte. Sie war als junge Biolo- gin aus Deutschland nach Peru ausgewandert (noch unter dem Geburtsnamen v. Mikulicz- Radecka), heiratete dort den ebenfalls aus Deutschland stammenden Biologen, Dr. Hans Wilhelm Koepke, und widmete sich voll ihrer 6kologischen, insbesondere jedoch ornitholo- gischen Forschungsarbeit. Seit 1953 leitete sie die vogel- und s~ugetierkundliche Abteilung des Naturhistorischen Museums in Lima. 1968 beschlol3 die Familie (inzwischen mit der 1954 geborenen Tochter Juliane), eine Forschungs- station mitten im Urwald des Amazonasgebie- tes aufzubauen und dort einige Jahre zu leben und zu forschen. Der Plan wurde realisiert, die Arbeit im Urwald machte die Koepkes welt bekannt und beriihmt. Frau Koepke geh6rte seit 1951 der DO-G an, am 7. Oktober 1971 wurde sie zum korrespondierenden Mitglied unserer Gesellschaft ernannt. Am 24. Dezember 1971 geschah die Katastrophe: Das Linienflugzeug, mit dem sie und ihre Tochter aus Lima nach Pucallpa (nahe ihrer Forschungsstation) flog, sttirzte im Urwald ab. Zehn Tage lang blieb es mit allen 92 Passagieren verschollen, bis die Weltpresse meldete, dab ein Insasse der Ma- schine tiberlebt und nach einem langen Marsch durch den Urwald eine menschliche Siedlung erreicht babe: Es war die 17j~arige Juliane Ko- epke. Ftir die anderen Passagiere kamjede Hil- fe zu sp~it (Niethammer 1974 und Gebhardt 1974: 46--47).

Nun aber zu meiner Begegnung mit dieser ungew6hnlichen Frau in Stresemanns Arbeits- zimmer: Sie wollte wissen, ob die Vogelb~ilge aus Peru, die polnische Forscher im vorigen Jahrhundert gesammelt und nach Warschau ge- bracht hatten, im dortigen Zoologischen Institut

Abb. 10. Frau Dr. M. Koepke aus Peru (ca. 1966) Fig. 10. Mrs. Dr. M. Koepke from Peru (ca. 1966).

(frtiher Museum) noch vorhanden seien. Ich wul3te, daB fast die ganze Sammlung erhalten und lediglich ein Tell der Typen-B~ilge (etwa die Furnariiden) im Kriege vernicbtet worden war. Wie und warum sie vernichtet wurden, hatte mir gerade einige Wochen zuvor Prof. W|adys~aw Rydzewski (1911-1980) erz5111t. Er war seit 1933 Mitarbeiter des Museums in Warscbau (Leiter der Vogelberingungszentra- le), bis er als Teilnehmer des niedergeschlage- nen Warschaner Aufstandes Ende 1944 nach Deutschland verschleppt wurde, nach dem Kriege nach England emigrierte und erst 1960 nach Polen ZUl~ckkehrte, um ehle Professur in Wroctaw (Breslau) anzunehmen (Tomiatoj6 1980 und Feliksiak 1987: 464-465). Seine Schilderung (die sich sp~iter z. T. als eine Un- wahrheit erwies) wiederholte ich Frau Dr. Koepke: In der Kriegszeit sei im Zoologischen Museum in Warschau Dr. Gtinther Niethammer in Uniform erschienen und habe die Herausga- be der Typen-Kollektion aus der ornithologi- schen Sammlung verlangt. Mitarbeiter des Mu- seums antworteten ihm, dab gerade die Typen,

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die gesondert aufbewahrt wurden, bei den Bombenangriffen im September 1939 ver- brannt seien (was nicht stimmte). Nach Abreise des Besuchers wurde Andrzej Dunajewski (1908--1944), der ehemalige Kustos der Vogel- sammlung (Gebhardt 1964:79 und Szczepski 1964) zu Rate gezogen, und es wurde beschlos- sen, die Typen-Sammlung aus dem Museum auszulagern, um sie vor einer Beschlagnahme zu schtitzen. Dunajewski nahm sofort zwei Kartons mit etwa 150-180 BRlgen der kleineren Vogelarten zu sich nach Hause (der Rest war zu grog). Er wohnte in der Warschauer Altstadt, die im August 1944 w~_hrend der Kriegshand- lungen gegen die AufstSndischen vollstS.ndig zerst6rt wurde und verbrannte. In den Trtim- mern fanden anch Dunajewski, seine Fran und seine Tochter den Tod, nat'tirlich wurden auch die B~ilge vernichtet. Ich riet jedoch Fran Dr. Koepke, Warschau zu besuchen, da der aller- gr6gte Tell der Peru-Sammlung gut erhatten und zug~inglich sei. Dazu hatte sie keine Zeit,

Abb. 12, Dr. A. Dunajewski aus Warschau (ca. 1938). Fig; 12. Dr. A. Dunajewski of Warsaw (ca. 1938).

denn sie flog am n~ichsten Tag nach Bonn, um im Museum Koenig zu arbeiten.

Abb, 11. Prof. W. Rydzewski aus Wtoctaw/Breslau (ca. 1961). Fig. l l . Prof. W. Rydzewski of Wlodaw (ca. 1961).

Prof. Giinther Niethammer (1908-1974), Kustos der Ornithologischen Abteilung des Bonner Museums, war mit Fran Dr. Koepke befreundet, sie berichtete ihm nach ihrer An- kunft in Bonn tiber meine Auskunft, war jedoch tiber seine Reaktion erstannt: Dieser war n~n- lich in der Kriegszeit niemals in Warschan ge- wesen und hatte auch niemals versucbt, Vogel- b~ilge ans dem Warschaner Zoologischen Mu- seum herauszuholen! Wit kannten uns schon damals pers6nlich, Niethammer war abet so erschtittert tiber meinen Bericht, dab er an reich nicht schreiben konnte; er bat stattdessen mei- nen guten Freund, Dr. Wilfried Przygodda aus Essen, bei mir um eine Erl~iuterung dieser An- schuldigung anzufragen. Ich ging mit der glei- chen Bitte zu Rydzewski, der mir jedoch nur eine kurze Auskunft gab: ,,Wenn es nicht Niet-

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E. Nowak • Erinnerungen an frtihere Ornithologen 339

hammer war, dann war es eben ein anderer deutscher Nazi-Ornithologe im Uniform."

Jetzt war ich erschfittert, da meine gewollte Ehrlichkeit sich nun in eine Intrige umgewan- delt hatte! Als erstes entschuldigte ich reich brieflich bei Niethammer und kfindigte eine sp~itere Kl~'ung der Affare an; ich dementierte auch meinen Bericht dort, wo ich ihn erzghlt hatte (Stresemann war mir ein Jahr lang gram, aber Niethammer hat mir verziehen). Vor mei- nem n~ichsten Besuch in Bonn mugte ich aber die Wahrheit fiber Niethammer kennen, um un- sere Aussprache auf der Grundlage von fiber- pNfbaren Fakten zu ffihren. Deutsche Kollegen schilderten mir den jungen Niethammer als pa- triotisch gesinnt, politisch jedoch wenig inter- essiert und kanm engagiert. Vor allem wurde mir fiber seine Fachkompetenz, Intelligenz und seinen Arbeitsfleig berichtet (,,arbeitswfitig"), was auch seine Publikationen belegen. Menschlich wurde er als ,,~iugerst anst~indig" bezeichnet. Prof. Wilhelm Meise berichtete mir z. B., dab er 1936 seine Stelle im Museum ffir Tierkunde in Dresden verlieren sollte, da der neue Direktor, Dr. Kummerl6we, Niethammer besch~iftigen wollte (Meise hatte drei Kinder); als Niethammer dies erfuhr, verzichtete er so- fort und ausdr~cklich auf dieses verlockende Angebot. Uber seine Nazi-Vergangenheit er- zghlte man mir jedoch Widerspfichliches und Unergiebiges. Ich kannte damals nur das Vor- wort aus dem 3. Band der ,,Vogelkunde" und wugte, dab Niethammer nach dem Kriege in einem Krakauer Geffingnis inhaftiert war.

Die Akte des Gerichtsverfahrens k6nnte also die ben6tigten Informationen enthalten; ich schrieb deshalb diverse Dienststellen in Krakan und Warschau an.

Auch Niethammer ergriff die Initiative und versuchte, den uniformierten Warschau-Besu- cher ausfindig zu machen. Der Verdacht fiel auf seinen Freund, Dr. Hans Kumerloeve, der zwar best~itigte, dag er sich in der fraglichen Zeit in Warschau aufgehalten hatte, ,,er h~itte aber nie- mals die Herausgabe der betreffenden Vogel- b~ilge aus dem Naturkundemuseum verlangt. Er write nur deshalb nach Warschau gekommen, um zu sehen, ob alles getan w/ire, um die B~ilge vor den Kriegseinwirkungen zu schfitzen" (Brief Przygoddas vom 25.11. 1962). Der Vor- fall konnte nicht mehr gekl~rt werden. Dab es

Abb. 13. Dr. G. Niethammer aus Bonn (1946). Fig. 13. Dr. G. Niethammer of Bonn (1946).

aber eine solche Initiative gegeben hatte, best~i- tigte mir Stresemann: Er erhielt in den Kriegs- jahren auf amtlichem Weg e das Angebot, die ganze Vogelsammlung aus Warschau nach Berlin zu fibernehmen, lehnte jedoch ab. Stre- semann kannte Dunajewski - den Warschauer Kustos - pers6nlich, und sch~itzte ihn sehr (Du- najewski hatte 1936 in Berlin seine Studie fiber die Gattung Sirra bearbeitet; wfihrend seines Aufenthaltes in Berlin lemte er auch die Fatal- lie Niethammer kennen).

Inzwischen hatte meine Suchaktion Erfolg: In einem Warschauer Archiv (Hauptkommis- sion zur Untersuchung der Hitlerschen Verbre- chen in Polen), wurde Niethammers Gerichts- akte gefunden! Niethammer hat dem polni- schen Vernehmungsrichter seine Lebensge- schichte mfindlich und schriftlich mitgeteilt. Aktenkundig ist u. a. ein von ihm verfaBtes und unterzeichnetes Dokument mit dem Titel ,,Be- richt von Dr. Gfinther Niethammer fiber sein Leben w~ihrend des Krieges und sein Verhgltnis zur NSDAP" (146 Schreibmaschinenzeilen), das ich als sehr ehrlich, aber auch als ~iugert naiv bezeichnen wfirde. Auf Grund der Ge-

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richtsakte und anderer Archival ien will ich hier den fraglichen Abschni t t aus Nie thammers Le- bensgeschichte nacherz~ahlen: • 1. 11. 1933: Eintritt in das Nationalsozialistische

Kraftfahrer-Korps (NSKK - sporttechnischer Ver- band), jedoch wurde seine Mitgliedschaft 1936 we- gen Nichtbeteiligung an den Aktivit~iten dieser Or- ganisation gestrichen.

• 1937: Anstellung als Kustos im Zoologischen Mu- seum und Reichsinstitut (A. Koenig) in Bonn und Eintritt in die NSDAP, ,,was mein n~ichster Vorge- setzter, Herr Dr. A. von Jordans (jetzt Direktor des Museums in Bonn) nicht nnr billigte, sondern aus Rticksicht auf eine gedeihliche Entwicklung der musealen Arbeit ftir gerechtfertigt hielt" (schrieb Nietammer 1946 in seiner Erkl~ung ftir den Ver- nehmungsrichter). Und weiter: ,,In der Partei habe ich keiuerlei Stellung, auch nicht vertretungsweise, innegehabt; ich hatte nicht einmal eine Mitglieds- karte." Erg~inzendes enthSlt Niethammers NSDAP- Karteiblatt im Bundesarchiv Berlin (frtiher: US Document Center): Aufnahmeantrag - 25. 11. 1937, Aufnahme rtickwirkend am 1.5. 1937, Partei Nr. - 5613683.

• 1939 und Anfang 1940: Freiwillige Meldung zur Lnftwaffe, der Antrag wurde jedoch wegen zu ho- hen Alters abgelehnt (Niethammer besag einen Flugschein ftir Sportflugzeuge).

• 1.4. 1940: Obersiedlung nach Wien; hier: Abtei- lungsleiter im Naturhistorischen Museum (in ei- nem spfiteren Nachruf heigt es, dag dies ,,auf Be- treiben von H. Kumerloeve" erfolgte).

• 1940: Erneuter Versuch des Eintritts in die Wehr- macht - ohne Erfolg; daraufhin Eintritt in die Waf- fen-SS (Bnndesarchiv Berlin: Aufgenommen im Mai 1940 unter der Nr. 450730).

• Ende September 1940: Stellungsbefehl zu einer Waffen-SS-Einheit in Oranienburg und sofortige Versetzung zu einer SS-Einheit im okkupierten Po- len, in die Stadt Ogwi~cim, zu deutsch-Auschwitz. Hier: Kurze milit~ische Grundausbildung.

• 16.10. 1940- 15.10. 1941: Mitglied der Waffen- SS-Wachmannschaft im Konzentrationslager Au- schwitz. Faktische Dieustaustibung, zumeist am Haupttor des Lagers, nur etwa 6 oder 7 Wochen.

• Ende M~z 1941: Antrag auf Zuteilung anderer Dienstpflichten, dem stattgegeben wurde: Der Kommandant des K.L. Auschwitz, SS-Sturmbann- ftihrer Rudolf H6g, erlaubte es Niethammer, eine wissenschaftliche Untersuchung der Vogelfauna der Umgebung von Auschwitz durchzuftihren und Vogelb~lge ftir Schulen zu prgparieren.

• Ende 1941: Auf Intervention yon Prof. Fritz v. Wettstein, Direktor des Kaiser-Wilhelm Institutes f. Biologie in Berlin-Dahlem, wurde Niethammer aus Auschwitz zum O.K.W., Abt. Wissenschaft

abkommandiert und arbeitete als Zoologe bis zum 31.8. 1942 im besetzten Griechenland.

• Mai 1942: In den Annalen des Naturhistorischen Museums in Wien, Baud 52: 164-199, Tafeln XI- XII (Herausgeber: H. Kummerl6we) erscheint Niethammers Arbeit ,,Beobachtungen tiber die Vo- gelwelt von Auschwitz (Ost-Oberschlesien)"; spa- ter wurden noch kleinere Beitr~tge aus diesem Raum publiziert: Berichte des Vereins Schlesischer Ornithologen 1942, Band 27:30-34 und Annalen Museum Wien 1943: Band 53: 337-339.

• September - Oktober 1942: Erneuter, kurzer Auf- enthalt in Auschwitz und offizielle Versetzung zum Sonderkommando ,,K" [Kaukasus] des SS-Sturm- bannfiihrers Dr. Sch/ifers.

• Mitte 1944: Einen Sonderdruck der Arbeit ,,Uber die Vogelwelt Kretas", publiziert in Wien, bat Niet- hammer,,einem englischen Kollegen, der in Kreta gewesen war und sich in deutscher Kriegsgefan- geuschaft im Lager Eichst~itt (Franken) befand (Leutnant Buxton)" tibersandt. ,,Uber Leutnant Buxton und das Rote Kreuz gelangte meine Arbeit anch nach England und wurde dort in einer ornitho- log. Zeitschrift referiert" (schrieb Niethammer 1946).

• Mai 1944: Aufl6snng des S S-Sonderkommando ,,K" (da der Kaukasus l~ngst in sowjetischer Hand war) und Versetzung Niethammers als Zoologe zum Hy- giene-Institut der Waffen-SS in Berlin (Aufenthalte in Bulgarien und Triest his Anfang 1945).

• 22.4. - 8.5. 1945: Teilnahme an Kampfhandlungen in Sachsen als Infanterist in der 269. Division des Heeres (Wehrmacht).

• Mai 1945: Niethammer geriet nicht in Gefangen- schaft, er kehrte mit dem Fahrrad nach Bonn zu- rfick.

Weitere Lebensetappen dokument ier t die War- schauer Akte wie folgt:

• Februar 1946: Niethammer folgte dem 6ffentlichen Aufruf der Okkupationsbeh6rden sowie dem Rat Prof. v. Jordans und meldete sich freiwillig (als ehemaliger Angeh6riger der Waffen SS-Mann- schaft in Auschwitz) bei der britischen 320. Field Security Section in Bonn.

• 11.2. 1946: Einliefemng in ein Internierungslager (Inter Civilian Internment Camp) unter der Nr. 410448, zuerst nach Recklinghausen (4. ICIC), sp~i- ter nach Neuengamme (6. ICIC).

• 22. 11. 1946: Auslieferuug auf dem Schiffswege tiber Liibeck nach Polen.

• 1946/47: Untersuchnngshaft im Montelupich-Ge- f'~ingnis in Krakau.

• 11.11. 1947: Fertigstellung der Anklageschrift ge- gem eine Gmppe yon SS-Bewachern des Konzen- trations!agers Auschwitz. Niethammer betrifft u. a.

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E. Nowak - Erinnemngen an frfihere Ornithologen 341

folgendes: Schuldig der Mitgliedschaft bei der Waffen-SS - ,,ist t~itowiert"; Wachdienst mit gela- denem Gewehr im Konzentrationslager und da- durch Beihilfe zu begangenen Verbrechen; bei An- kunft in Auschwitz war ihm bewugt, was hier ge- schah.

• 4. 3. 1948: Urteil des Bezirksgerichtes in Krakau. Betr. Niethammer: 8 Jahre Gef'~ngnis, Verlust der 6ffentlichen und bfirgerlichen Rechte ebenfalls ffir 8 Jahre (die Mindeststrafen in diesem Prozeg betru- gen 5 Jahre, die H6chststrafe 10 Jahre).

Eine sehr harte Strafe (zumindest aus heutiger Sicht)! Natiirlich folgten jetzt Antr~ige auf Strafmildemng und anf Begnadigung. Fran Niethammer (alleine mit 4 Kindern in Bonn) schlug vor, Dr. Dunajewski als Entlastungszeu- gen zu befragen und bat den Pr~isidenten Polens um Gnade. Niethammer selbst bat den Staats- anwalt, einen AuschwitzhSYtling namens Grembocki zu suchen, der far ihn V6gel pr~ipa- riert habe und gewig nur Gutes aussagen werde (das Gericht ist dieser Bitte nicht gefolgt; ich habe aber nach dem Schicksal dieses Mannes gefahndet: Sein Name war Jan Gr~backi, Jahr- gang 1908, F6rster, politischer HMtling mit der Auschwitznummer 136, sp~iter inhaftiert im K. L. Neuengamme unter der Nr. 18434, wo sich seine Spur Ende 1944 verliert). Nun nahm sich Niethammer in Krakau einen Anwalt, der eine Revision des Urteils beim H6chsten Ge- richt der Republik Polen in Warschan beantrag- te.

• Herbst 1948: Die Revision des Urteils gegen Niet- hammer wurde zugelassen, kurz danach hob das H6chste Gericht in einer Sitzung in Krakau das Urteil auf und ordnete eine erneute Verhandlung an. In der Begrtindung heigt es, dag das Bezirksgericht in Krakau die mildemden Umst~nde nicht bzw. zu wenig berficksichtigt habe. Insbesondere wurde auf die Tatsache hingewiesen, dag Nietbammer, nach- dem er die volle Wahrheit fiber Auschwitz pers6n- lich erfahren hatte, sofort und mit Nachdruck einen anderen Dienst beantragte und dies tats~chlich auch erreichte.

• 7. 12. 1948: Zweites Urteil des Bezirksgerichtes in Krakau: 3 Jahre Haft unter Anrechnung der Unter- suchungshaft ab dem 29. September 1946, Verlust der 6ffentlichen und bfirgerlichen Rechte ffir 3 Jah- re, Beschlagnahme des Eigentums.

• Herbst 1949: fJberftihrung in das Mokot6w-Ge- f~ngnis in Warschau.

• 10.-12. November 1949: Ausweisung aus Polen in einem Eisenbahntransport.

• 14. November 1949: Arlkunft in Hannover. Mit diesem Datum beginnt auch Niethammers zweite, sehr aktive wissenschaftliche Arbeitsperiode.

Viele Jahre spfiter trank ich Kaffee mit Niet- hammers im Garten des Museum Koenig in Bonn, wir sprachen uns aus und kamen uns nSJaer. Frau Niethammer (die anch gut polnisch sprach) berichtete fiber ihre schwere Zeit in den Nachkriegsjahren. Sie lobte viele, die sich da- mals far ihren Mann eingesetzt hatten, war aber verbittert tiber das Verhalten englischer Fach- kollegen, die auf ihre Briefe gar nicht geant- wortet h~itten. Sie konnte nicht ahnen, dab es ganz anders war: Aus der Akte ist ersichtlich, dab alle deutschen Stellungnahmen vom Ge- richt nicht berficksichtigt wurden und dab gera- de die Englfinder Urheber das Revisionsverfah- rens waren! Sie wandten sich zwar nicht an das polnische Gericht und stellten Niethammer auch keine Zeugnisse aus. Dagegen interve- nierten sie bei dem Generalverteidiger der bri- tischen Armee (Judge Advocate General) und dieser wandte sich mit der Bitte um Auskunft in der Sache Niethammer an die Kommission der Vereinten Nationen zur Uutersuchung von Kriegsverbrechen (UNWCC) in London, die aus Vertretern aller alliielten Nationen bestand. Der polnische Delegierte in dieser Kommis- sion, Oberst Dr. M. Muszkat, wurde anfgefor- dert, Auskunft fiber die individuellen Schuld- vorwfirfe gegen Niethammer zu erteilen. Auch britische Behi3rden in Deutschland wurden ein- geschaltet: Dem Chef der Polnischen Milit'fir- mission in Bad Salzuflen, KapiNn R. Spa- sowski, wurde die Absicht mitgeteilt, sich von dem britischen Beschlug der Auslieferung Niethammers nach Polen zu distanzieren, falls keine befriedigende Antwort komme (am Ran- de: Der gleiche Spasowski war sp~iter Botschaf- ter Polens in den USA und bat Ende 1981 um politisches Asyl). Mit einer gewissen Verspfi- tung wurde die erbetene Antwort in Form des zweiten Gerichtsurteiles erteilt. Damit gaben sich die Briten zufrieden.

Aber noch ein Mann hat in der Sache Niet- hammer eine wichtige Rolle gespielt: Dr. Wtodzimierz Marcinkowski ans Krakau, der Gef'~ngnisarzt (er war auch Psychologe und pu- blizierte seine Erfahrungen mit den deutschen H~iftlingen in einer Krakauer Zeitung). W~ih-

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rend der Gerichtsverhandlung war er Nietham- mers Entlastungszeuge, seine Aussage wurde wie folgt protokolliert: ,,Aus den Gespr/ichen, die ich mit ihm gef~hrt habe, gelangte ich zu der [lberzeugung, dab er ein guter Mensch und ein gewissenhafter Wissenschaftler sei, der sich ftir alle deutschen Grausamkeiten als Deutscher, nicht aber als Mensch schuldig ftihlte. Er er- z/ihlte mir, dab er wShrend seines Aufenthaltes in Auschwitz - wo er einige Zeit Wachmann war - anstatt die Polen zu qu/ilen, zahlreiche Untersuchungen der Feuchtgebiete durchftihrte und V6gel pr/ipariert hatte. Ich m6chte noch betonen, dab das Verhalten des Angeklagten im Gef~ngnis gegentiber den anderen deutschen [und] polnischen Mith/iftlingen ausgesprochen gut und korrekt war. Auf meine Frage an den Angeklagten, ob er wisse, was Auschwitz war, antwortete er - im Gegensatz zu anderen Deut- schen [HS.ftlingen] - dab es ansreichte, einen Moment dort zu verweilen, um dieses groge Verbrechen zu begreifen." Niethammer erz/ihl- te mir sp/iter, dab Marcinkowski ihn wShrend der Haft zum Gef/ingnis-Apotheker emannt hatte, was ihm nattirlich half, die in der Regel sehr harten Haftbedingungen (Arbeit in einer Kohlenzeche in Jaworzno) zu ~berstehen. Bis in die 60er Jahre pflegten die beiden M/inner Freundschaft und brieflichen Kontakt. Auf Anfrage des Gerichtes hat auch Prof. J. Soko- towski, Zoologe und Omithologe aus der Uni- versit/it Posen, ein positives Gutachten erstellt (als Zeuge wurde er aber nicht zugelassen).

Ende der 60er Jahre lemte ich noch einen Mann kennen, der mir Interessantes tiber Niet- hammers Auschwitz-Publikation erzShlte: Dr. Andrzej Zaorski, Arzt aus Warschau. Er wurde Anfang 1945 als Mitglied einer Arzte-Gruppe des Polnischen Roten Kreuzes eiligst nach Ogwi~cim (Auschwitz) geschickt, um dort die H/iftlinge zu retten, die noch lebend im,,Lager- krankenhaus", dem sog. Krankenban, lagen (Bellert 1977: 263-271). Er erz/ihlte Grausa- mes. U. a. besichtigte er aber anch das ganze Lager und fand im Dienstzimmer des Komman- danten, in seinem bereits ge6ffneten Panzer- schrank, den Sonderdruck der Arbeit ,,Uber die Vogelwelt von Auschwitz" mit handschriftli- cher Widmung des Autors an Rudolf H6g. Die- ser Fund hat ihn erschtittert. (Anmerkung: Die bei der Befreiung des Lagers dutch die Rote

Armee vorgefundenen Akten wurden z. T. in die Sowjetunion gebracht und befinden sich wahrscheinlich im KGB Archiv in Moskau).

An dieser Stelle mtissen drei Fragen gestellt werden: (1) Warum Niethammer sich hartnSk- kig um die Aufnahme in die Armee, am Ende sogar in die Waffen-SS, bemtiht hat, (2) welche Karriere er in der Waffen-SS gemacht hat und (3) wie seine Dankbarkeit gegeniiber Rudolf H6g zu verstehen ist (war es Ausdruck seiner Wertsch/itzung ftir den Auschwitz-Komman- danten oder der Erleichterung nach der gelun- genen Befreiung vom KZ-Aufseher-Dienst?).

Die wiederholten Versuche, Soldat zu wer- den, sind aus milit~ischer Sicht kaum nach- vollziehbar, da die Kriegshandlungen gegen Polen, Frankreich, D/inemark etc. sehr schnell beendet waren und mit der Sowjetunion noch immer eine Periode bester Freundschaft herrschte; Niethammer begrtindete sie 1946 da- mit, dab seine,,vier/ilteren Briider Reserve-Of- fiziere waren und schon am ersten Kriegstage einrfickten". Hier dr/ingt sich vielmehr der Ver- dacht anf, dab sich Niethammer in Uniform mehr Chancen f~ir interessante wissenschaftli- che Expeditionen erhoffte. Das Beispiel Prof. Sch/ifers (er leitete eine Expedition nach Tibet unter der Schirmherrschaft des SS-Reichsftih- rers Heinrich Himmler) war ja verlockend. Dr. Kummerl6we, Niethammers Freund und Museumsdirektor (siehe unten), forderte in sei- nen programmatischen Schriften eine Verst'~- kung der Expeditionst/~tigkeit der Museen (und die 1942 seinerseits von Wien aus organisierte Expedition auf den Peloponnes und nach Ka'eta, an der auch Niethammer teilnahm, wurde u. a. im Auftrage des Oberkommandos der Wehr- macht durchgeftihrt). Es ist deshalb wahr- scheinlich, dab Niethammer diesen Schritt aus Opportunismus tat, vielleicht auf Anraten oder unter Druck von Kollegen, die dem damaligen System mehr als er ergeben waxen. Es istjedoch egal, ob es um Opportunismus, Familiensolida- fit/it oder ,,Patriotismus" ging: Es war ein fal- scher Schritt, da ein inteliigenter Mensch be- reits damns h/itte ahnen mtissen, um was ftir einen Krieg es sich handelte!

Niethammer gibt in seiner Schrift an, dab er bei der SS (augerhalb des 6w6chigen aktiven Wachdienstes im K. L.) ausschlieglich wissen- schaftlichen Arbeitsdienst geleistet habe und

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deshalb lediglich den ,,Fachrang" SS-Unter- sturmftihrer (F) im Dezember 1942 und SS- Obersturmftihrer (F) am 1.5. 1944 erhielt, bei der Waffen-SS aber stets den niedrigsten Rang eines SS-Sturmmannes trug. Zweimal wurde ihm nahegelegt, sich als AnwO_rter ffir die Funk- tion eines Waffen-SS-Ftihrers zu melden unter der Bedingung, dab er aus der Kirche austrete, dies lehnte er jedoch ab. Seine SS-Ffihrer- stammkarte (Bundesarchiv Berlin) enthMt kei- ne anderslautenden Vermerke und die 12 Spal- ten betr. Auszeichnungen und Ehmngen enthal- ten, bis auf zwei Sportabzeichen in Bronze, keine Eintragungen.

Nun zu der dritten Frage: H6g hat im polni- schen Untersuchungsgef~ingnis ein Buch fiber sich selbst und seine T~itigkeit in Auschwitz verfaBt (Hoess 1956 und H6g 1958); er be- schreibt auch mehrere belanglose Episoden, ohne Niethammer zu erw/ihnen. Ich nehme an, dab er ihn schtitzen wollte (ohne zu wissen, dab sich Niethammer selbst angezeigt hatte und be- reits in Haft war). Es gibt aber einen glaubwttr- digen Beleg daffir, dab Niethammer erst in Po- len verstand, was Waffen-SS bedeuten konnte und sich deshalb aus eigener Initiative von die- sere Dienst zu befreien suchte: 1941 oder 1942 besuchte Niethammer den ornithologisch ver- sierten, damals deutschen Arzt Dr. Otto Natorp in Myslowitz/Mystowice (nur etwa 30 km von Auschwitz entfemt), und beichtete ihm often seine pers6nliche Situation. Die noch heute le- bende Tochter des Gastgebers, Frau Ilse Natorp (Marquartstein) hat mir darfiber berichtet und hinzugeftigt, daB der Gast so verzweifelt war, dab er die erste halbe Stunde nach der Ankunft keinen Satz sagen konnte: ,,Nichts gesprochen, kein Wort" (Tonbandaufnahme des Gesprgches auch im Privatarchiv Dr. K. Schulze-Hagen). Bedauerlicherweise hat Niethammer tiber die- sen Abschnitt seiner Vergangenheit nichts pu- bliziert, obwohl es dazu Gelegenheit gab: 1956 erschien im ,,Journal" sein Nachruf auf Otto Natorp, in dem auch die Besuche in Myslowitz erw~ihnt sind, leider ohne Angabe von Datum und Inhalt der Gespr~iche. Gewig neigte Niet- hammer (was menschlich ist) zur Verdr~ingung des Themas. Ich denke jedoch, dab damals ein extemer Faktor am stS.rksten gewirkt hat: In dem aufbltihenden, selbstbewul3ten Westdeutschland war das Wort Auschwitz nicht gesellschaftsf~i-

hig, kaum ein Mensch wollte es h6ren, ge- schweige denn lesen! Der Auschwitz-Dienst bedeutete aber ffir Niethammer eine politisch- weltanschauliche Wende. Die Dankesworte an Rudolf H0B sind deshalb als Ausdruck der per- s6nlichen Erleichterung zu deuten, wohl auch als Versuch, Treue vorzut~iuschen, um ,g, hnli- ches in Zukunft zu vermeiden. Diesmal also eine Mischung aus Opportunismus und Furcht.

Die Vergangenheit hat jedoch Niethammer in der Nachkriegszeit nicbt nur immer wieder ge- qu~ilt (er sprach mit mir darfiber), sie hat ihn auch eingeholt: Sein aus wissenschaftficher Sicht berechtigter Wunsch, einmal die Leitung des Museum Koenig zu iibemehmen, konnte nicht erftillt werden. 1967 wurde er zwar zum Pr/isidenten der DO-G gew~l t , dies hatte je- doch auch Proteste, sogar Austritte zur Folge. In der sehr umfangreichen Auschwitz-Literatur ist Niethammer (meines Wissens) nur einmal erw~hnt: Langbein (1972:471) schildert seinen Fall; leider ist diese Beschreibung ltickenhaft und z. T. falsch, wodurch auch die verurteilen- den SchluBfolgerungen nicht ganz richtig sind. Deutsche Wissenschaftler aus Niethammers Generation haben ihn dagegen ,,geschtitzt", z. B. schreibt Gebhardt (1974: 65): ,,Nachdem er im Oktober 1940 zum Wehrdienst eingezo- gen worden war, kehrte er erst im November 1949 aus polnischer Gefangenschaft zurtick". Ein anderer Autor, der es am besten h~itte wis- sen mtissen (Kumerloeve 1974), publizierte das gleiche. Paradoxerweise ist es in der Bundesre- publik bis heute juristisch korrekt, die polnische Gef~ingniszeit als Gefangenschaft zu bezeich- nen!

Ich denke, daB man dies alles einmal ausspre- chen maBte, um Niethammer - soweit m6glich - wirklich zu entlasten.

In Niethammers Geschichte ist einige Male der Name Dr. Hans Kummerl6we alias K u m e r - l o e v e ( 1 9 0 3 - 1 9 9 5 ) gefallen; dieser hatte etwa im Jahre 1947, aus genealogischen Erw~igun- gen, seinen Nachnamen ge~der t (wiederholt sagte er: ,,Ich habe keinen Kummer und bin auch kein L6we"). Kiirzlich ist auf ihn ein Nachrnf erschienen, in dem es heil3t, dab er bereits ,,zu Lebzeiten zu einer Legende" ge- wordeu sei, und es wird auf die Vielfalt seiner

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Abb. 14. Dr. H. Kummerl6we alias Kumerloeve ans Mtinchen (ca. 1978). Fig. 14. Dr. H. Kummerl6we alias Kumerloeve of Munich (ca. 1978).

wissenschaftlichen Arbeiten und Verdienste hingewiesen (Nanmann 1997). Der DOG ist Kummerl6we 1923 beigetreten, damals Stu- dent in Leipzig, sp~iter Gelegenheitswissen- schaftler und Lehrer, der auch Ornithologisches publizierte (1935 schrieb er: ,,es sind bisher etwa 52 ldeinere und grofSe [Publikationen er- schienen], 7-8 befinden sich in Vorbereitung"; an einer anderen Stelle gibt er ,,35 gr6gere und kleinere Arbeiten" an). In einem Fragebogen aus dem Jahre 1935 bezeichnet er seinen Beruf als ,,Zoologe und Forschungsreisender" und seine damalige Besch~iftigung als ,,Studiendi- rektor und Schriftsteller". Sein Doktorvater, Prof. Johannes Meisenheimer, lehnte es ab, Kummerl6we als Assistenten einzustellen (Quelle: Bundesarchiv Berlin), aber wS_hrend des Dritten Reiches machte dieser eine rasante Karriere: Mit 32 Jahren wurde er Direktor des Staatlichen Museums ftir Tier- und V~31kerkun- de in Dresden und bereits drei Jahre sp~iter vertraute man ihm den Posten des Ersten Direk- tots der Wissenschaftlichen Museen [aller Mu- seen!] in Wien an.

Meine Generation kennt Kumerloeve vor al- lem ans zahlreichen DO-G-Jahresversammlun- gen und Internationalen Ornithologen Kongres- sen, stets strahlend in der Mitte der gesellschaft- lichen Ereignisse der Tagungen stehend; ich kann mich noch gut an den Empfang anl~l ich des XVIII IOC im August 1982 in der Bundes- deutschen Botschaft in Moskau erinnern, an dem auch eine Gruppe linientreuer sowjetischer Wissenschaftler teilnahm und wo Kumerloeve, nach der Begrfif~ung dutch einen Diplomaten (der ausgerechnet Marks hiel3), praktisch die Rolle des Gastgebers fibernahm. Angesichts des kurz zuvor eingeftihrten Kriegszustandes in Polen erinnerte die Stimmung fatal an das Jahr 1940!

Das sind abet alles AuBerlichkeiten, Konkre- teres fiber ,,die andere Seite" seines frfiheren Lebens war aus dem Bundesarchiv Berlin (Be- st~inde des US Document Center und des MfStS), von ~ilteren Wissenschaftlern, die Kummerl/Swe kannten und erlebt haben, sowie aus seinen Publikationen zu erfahren (Texte in G~inseffigchen sind Zitate).

• Seit 1919/20: ,,In der v61kisch-antisemitischen Be- wegung"; ,,SA in frtiherer Karnpfzeit".

• 1925: Mitgliedschaft in der NSDAP-Leipzig mit der ,,Kreismitgliedsnummer 100", nachtr~iglich vom Gau Sachsen anerkannt.

• November 1925: ,,Mitbegrtinder der nat. soz. Stu- dentengruppe in Leipzig, der ersten in Deutschland tiberhaupt."

• Juni 1926: ,,Teilnahme am ersten Reichsparteitag [der NSDAP] in Weimar."

• 8.7. 1926: NSDAP-Mitglied in Mtinehen mit der ,,Reichsmitgliedsnummer 40157".

• 1.4. 1934: Ernennung zum Beamten (,,Stellenan- wSrter, Petrischule in Leipzig").

• 16. 6. 1934: ,,Studiendirektor an der Helmholz- schule in Leipzig (Bes. Gruppe 7b mit 400 RM Stellenzulage)".

• Postkarte vom 16. 12. 1934 an die Redaktion einer Parteizeitung: ,,bin Inhaber des goldenen Reichs- und des silbernen Gau-Ehrenzeichens der Alten Garde."

• Seit 1935: Begutachter des Hanptamtes ftir Erzie- hung der Reichsleitung der NSDAP und des NS- Lehrerbundes (Beurteilung des Amtes f~ir Erzie- hung der NSDAP-Gauleitung Sachsen: ,,Sehr gut geeignet").

• 11.12. 1935: Ernennung ,,Ira Namen des Reiches" zum Direktor des Staatlichen Museums ftir Tier- und V61kerkunde in Dresden";,,gez. Adolf Hitler".

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E. Nowak • Erinnerungen an friihere Ornithologen 345

• Ab Sommersemester 1937: Zus~tzlich ,,Leiter des Zoologischen Institutes der Technischen Hoch- schule Dresden. Abhaltung von Vorlesungen und tdbungen."

• Mai 1938: Teilnahme am IX IOC in Rouen. Prof. Wilhelm Meise berichtete mir hierzu: Kummerl6- we kam zum feieflichen Bankett mit dem goldenen Reichsehrenzeichen der NSDAP auf tier Brust. Stresemalm (Delegationsleiter) lief auf ihn zu und zischte: ,,Nehmen sie das Ding sofort ab!" Kum- merl6we tat es . . .

• 14. 8. 1940: Ernennung ,,Im Namen des Deutschen Volkes" zum Ersten Direktor der wissenschaftli- chen Museen in Wien ,,in der Reichsbesoldungs- gruppe A la"; ,,gez. Adolf Hitler" (kommissari- sche Wahrnehmung der Stelle bereits seit 1. 6. 1939).

• 1936-1944: Unter Kummerl6wes Leitung erfolgte eine ,,Nazifizierung" der Ausstellungen des Tier- kunde-Museums in Dresden und der wissenschaft- lichen Museen in Wien. Andere politische Aktivi- t~ten aus dieser Zeit sind weniger bekannt.

Sein ,,wissenschafllich-politisches" Credo ver- 6ffentlichte Kummerl6we in zwei 15_ngeren Pu- blikationen 1939 und 1940 (NB: die erstere ist aus den rueisten deutschen Bibliotheken dutch einen unbekannten T~iter entfernt oder z. T. tiberldebt worden). Darin kommen die wieder- holte Bezugnahme auf Adolf Hitler oder die Partei sowie die Verwendung von Begriffen wie ,,Schutz unseres Blutes", ,,v61kisches Ver- antwortungsbewuBtsein",,,Lebenskampfunse- res Volkes" u. a. ru. vor. Auf n~e re Einzelhei- ten, die ,,aus diesen Aufgaben und Zielsetzun- gen abzuleiten sind" verzichtete der Autor be- wuBt, ,,da sich noch vieles iru ProzeB der Pla- nung, des Abw~igens und Reifens, vielleicht auch des G~irens befindet" (1940: XXXVI). Es war ffir ihn selbstverst~ndlich, dab eine siegrei- che ,,Oberwindung des uns von England aufge- zwungenen Krieges als hOchste Prfifung unse- rer Weltanschanung" (1940: XXXVIII) k0ru- men wird. Seine ganze Arbeit galt ,,unsereru ewigen Grol3deutschland" (1940: XXXIX). An einer anderen Stelle (ein Formular aus deru Jahre 1940) ist seine ,,Glaubensrichtung" ver- zeichnet: , ,f~her (bis M~z 1937) evangelisch- lutheranisch, seitderu gottgl~iubig".

Kummerl6we war sehr eitel, nicht nur hin- sichtlich der Zahl seiner Publikationen. In Fe- bruar 1934 ftihrte er Korrespondenz mit der NSDAP-Kreisparteileitung in Leipzig u. a. we-

gen seiner Unifol_-m: ,,Wie steht es ferner mit der neuen Parteiuniform, die doch vonder Polit. Leitung verliehen wird? Schliel31ich ist doch ruein 'Fall ' wie auch Beruf als Forschungsrei- sender eine groBe Ausnahrue und es erscheint mir ebenso ungerecht wie unhaltbar, wenn ich als alter Nafionalsozialist trotz rueines Ehren- zeichens keine Uniform tragen daft, w~ihrend 'Jahrgang 1933' als Blockwart usw. dieses Recht als selbstverstiindlich hat."

Nach deru Kriege siedelte sich Kurumerl6we in Osnab~ck an, wo er Kontakte zuru dortigen Naturwissenschaftlichen Museum pflegte und Vorstandsmitglied des 6rtlichen Naturwissen- schafflichen Vereins war (er verwaltete die Bibliothek des Vereins).

Aus dieser Zeit sind zwei Episoden bekannt. Die erste: 1945 bzw. 1946 begegnete ihru Prof. Tadeusz Jaczewski aus Warschau auf der Stral3e (die beiden kannten sich von frfiher) und zeigte ihn bei den bfitischen Sicherheitsbeh6r- den als eine wichtige Nazi-Pers6nlichkeit an. Jaczewski war als Soldat des Warschaner Auf- standes nach Deutschland verschleppt worden und wurde hier nach der Befreiung Verbin- dungsoffizier der Polnischen Repatfiierungs- mission (zust~indig ftir die Rtickfiihrung polni- schen Eigentums) zu den britischen Okk~pa- fionsbeh6rden (Feliksiak 1987: 220-221). Kummerl6we wurde sofort nach der Anzeige verh6rt, nach einigen Tagen wru'de Jaczewski jedoch mitgeteilt, dab er zwar ideologisch stark belastet sei, aber keine Taten begangen habe, die nach britischeru Okkupationsrecht strafbar wfiren. Jaczewski (ich war einige Zeit sein As- sistent an der Warschauer Universit/~t) erzfihlte mir dies, als ich bereits DO-G Mitglied war und Kuruerloeve pers6nlich kannte.

Die zweite Episode: Im Jahre 1947 berufihte sich Kummerl6we, yon Hem1 Walter v. Sanden (damals Glticksburg und Hfide) und yon Prof. Otto Koehler (Freiburg in Br.) einen ,,ideologi- schen Persilschein" zu erhalten. Die beiden korrespondierten darfiber miteinander, am Ende lehnten sie jedoch dieses Ansinnen ab (Briefe iru Archiv des OstpreuBen-Museums in Ltineburg).

Danach war er (schon unter deru Namen Ku- ruerloeve) u. a. Vogelwart anf der einsamen Insel Amruru yon Mai bis Oktober 1948. Nach der Grfindung der Bundesrepublik wurde Ku-

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merloeve nicht in den 6ffentlichen Dienst tiber- nommen (angeblicher Grund: Seine Besol- dungsgruppe im Grogdeutschem Reich war so hoch wie in keinem bundesdeutschen Museum, eine Abstufung liel3 aber das Beamtenrecht nicht zu); die Bundesrepublik zahlte ihm eine Beamtenpension, er trug stets den Titel ,,Dr., Museumsdirektor z. Wv." oder ,,i. R:". Seine zahlreichen Forschungsreisen als Privatwissen- schaftler wurden yon diversen Institutionen, vornehmlich yon der Deutschen Forschungsge- meinschaft finanziert. Er hat das Wissen tiber die V/Sgel und Sfiugetiere des ,,europ~iischen Stidostraumes und des Vorderen Orients" dutch ein paar hundert Publikationen bereichert; ei- genartig war, dab er in der Nachkriegszeit Dub zende kurzer Beitr~ige zerstreut in fast allen europgischen und mehreren augereurop~iischen ornithologischen Zeitschriften ver6ffentlichte. Im Jahre 1964 zog Kumerloeve ans Osnabrtick nach Mtinchen-Graefelfing. 1970 wurde er zum ,,Ehrenamtlichen wissenschaftlichen Mitarbei- ter des Zoologischen Institutes und Museum A. Koenig in Bonn" ernannt (gesetzliche Grundla- ge nicht vorhanden, Vorteile: Arbeitsplatz wSh- rend der Aufenthalte in Bonn sowie kostenfrei- es G~istezimmer im Museum).

Hier noch eine Anmerkung zu Niethammer: Er hat im 3. Band seiner ,,Vogelkunde" (1942: III-VI) ein Vorwort ver6ffentlicht, das viele junge K~iufer des kfirzlich erschienenen Re- prints erschrocken hat. Ich habe dieses Vorwort und auch das des 1. Bandes (1937: V-VII) erneut gelesen und festgestellt, dab die gravie- renden inhaltlichen Unterschiede dieser beiden Publikationen kaum ans der Feder ein und des- selben Mannes stammen k/Snnen. Ich erkenne in dem sp~iteren Text deutlich Aussagen, die Kummerl6we 1939, insbesondere 1940 publi- zierte. Dies ist jedoch nur eine Vermutung.

Das Unglaubliche land ich aber in der, ,War- schauer Akte" Niethammers (s. o.). Als dieser Anfang 1948 im Krakauer Gef~ingnis endlich seine Anklageschrift zu lesen bekam und er- kannte, in welcher Situation er sich befand, schrieb er folgendes (handschriftlich) an den Staatsanwalt: ,,In der Anklage vom 11. XI. 1947, VIII K 989/47 heigt es, ich h~itte die Angabe gemacht, dab ich mich freiwillig zur Waffen-SS gemeldet h~itte. Dies ist ein Miss- verst~indnis, das ich folgendermagen kl~iren

m6chte: bei der Waffen-SS wurde ich ohne mein Wissen gemeldet durch meinen Vorge- setzten, den Direktor des Museums in Wien. Ich selbst habe mich bei der Luftwaffe, nicht aber bei der SS gemeldet."

Die Legende des Dr. Kummed6we alias Ku- merloeve ist keine gute! Sie liefert Stoff zum Nachdenken tiber die so unterschiedlichen Fol- gen seiner ungesfihnten moralischen Schuld und der juristisch bewerteten Schuld Nietham- mers sowie fiber den Wert konjunktureller Freundschaften!

Hier noch ein Sprung in die Gegenwart: An- gesichts der beh6rdlichen Behandlung von DDR-Wissenschaftlern, denen zu groge N ~ e zum SED-Regime vorgeworfen wird und die deshalb rigoros vom 6ffentlichen Dienst in der Wissenschaft ferngehalten oder abgestuft wer- den, wRre es wichtig, zumindest jetzt einen ob- jektiven und tatsachengerechten Bericht fiber das langjS, hrige DO-G Mitglied Kummerl6we und anch tiber andere Fachleute ans der Periode der vorletzten deutschen Diktatur im,,Journal" zu ver~Sffentlichen.

Nochmals aber zurtick nach Auschwitz: Niet- hammer war nicht der einzige Ornithologe im Konzentrationslager, ich kannte einen weite- ren, der dort mehr als vier Jahre verbrachte, jedoch auf der,,anderen Seite". Es war ein Pole aus Krakau, Wtadystaw Siwek (1907-1984), einer der besten Vogelmaler Europas, u. a. Mit- autor des Buches ,,Ptaki Europy" (V6gel Euro- pas), fttr das er 96 hervorragende Farbtafeln mit etwa 1500 Vogelabbildungen schuf. Wir nann- ten ihn ,,den polnischen Peterson".

Bereits vor dem Kriege war Siwek ein ver- sierter Amateurornithologe, er besaB eine um- fangreiche Sammlung yon Vogelskizzen, die er in freier Natur gezeichnet hatte. Seine ersten Vogelbilder waren vornehmlich p r a i s e Feder- zeichnungen. Neben seiner Erwerbstfitigkeit studierte er an der Krakauer Kunstakademie.

Am 14. Januar 1940 wurde Siwek yon der Gestapo unter dem Verdacht der Vorbereitung des Widerstandes verhaftet und in das Montelu- pich-Gef~ingnis in Krakan (wo sp~iter anch Niethanuner einsaB) eingeliefert. Am 8. Okto- bet 1940 brachte man ihn in das frisch gegrtin- dete Konzentrationslager Auschwitz, wo er die

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Nr. 5826 erhielt. Als Kunstmaler wurde er der Malerkolonne der Bauleimng zugeteilt, was beinahe lebensrettend war. Neben der Zwangs- arbeit hatte er hier auch die MSglichkeit, ,,Schwarzarbeit" zu leisten: Auf Wunsch von H~iftlingskollegen malte er kleine Aquarellpor- traits, die sp~iter ftir viele Familien zum letzten Bild des Verhafteten wurden. Seine ktinstleri- schen FO_higkeiten wurden rasch auch bei der Lagermannschaft bekannt, zu seinen Kunden z~l te u. a. sein SS-Vorgesetzter, der in Mtin- chen Kunst studierte: Da er keine Zeit ftir die Erstellung von Prtifungsarbeiten hatte, mugte Siwek ,, seine" Bilder malen; und das bedeutete bereits den Garantieschein ftirs Leben, denn der ,,Student" (nach der Erinnerung von Siweks Witwe hieg er Englert) brauchte auch in den nachfolgenden Semestern Bilder, die vonder gleichen Hand gemalt sein mugten! In Anwe- senheit Siweks pinselte er auf einem Bild seine Unterschrift mit der Bemerkung: ,,dein Leben und dein Name geh6ren dir nicht, wenn ich wollte, k6nnte ich dich erschiegen." Einfache SS-Wachm~inner hatten weniger anspruchsvol- le Wtinsche: Sie brachten Pagfotos junger Frau- en (SS-Bewacherinnen aus dem benachbarten Frauenlager), die Siwek in diversen Stellungen nackt malen mugte. Wenn das Bild gelungen war, gab es Essen aus der SS-Kantine. Ende Oktober 1944 wurde Siwek nach Sachsenhau- sen gebracht und hier erst am 2. Mai 1945 befreit. Bis Juui 1947 war er noch in Kranken- h~iusem in Edmundsthal und Wentorf bei Ham- burg, und kehrte von dort als Invalide (60% Arbeitsunf~ihigkeit) nach Polen zurtick. In sei- ner Heimat arbeitete er zuerst im Auschwitz- Museum, wo er u. a. etwa 50 Bilder und Gra- phiken zu Lagerthemen schuf (sie wurden auch im Ausland, u. a. in Berlin-West ausgestellt).

Im Jahre 1953 verliel3 Siwek endgfiltig Ogwi~cim und widmete sich voll der natur- kundlichen Kunst: Er illustrierte biologische Schulbticher, wissenschaftliche Werke, Enzy- klop~idien, malte groge Schultafeln sowie Bil- der ftir Naturschutz-Kalender und Broschfiren. Seine Vogelskizzen-Sammlung war bereits sehr umfangreich, als er in den Jahren 1969- 1974 (zus~itzlich anhand von Fotos und Mu- seumsb~ilgen) sein Lebenswerk vollendete - mit den 96 Farbtafeln aller europ~ischen Vogel- arten. (Siehe auch Nowak 1984.)

Abb. 15. W. Siwekin seinerWohnunginWarschau (ca. 1978). Fig. 15. W. Siwek in his appartmentinWarsaw (ca. 1978).

Siwek erz~ihlte mir viel von Auschwitz und best~itigte, dab es in der SS-Mannschaft auch Personen gab, die heimlich den Hfiftlingen hal- fen (er nannte auch Namen und Wohnorte, lei- der habe ich diese damals nicht notiert). Er selbst wollte w~arend der Krakauer Prozesse zugunsten eines solchen SS-Mannes aussagen, das Gericht lief3 ihn jedoch nicht als Zeugen zu. Aber denken Sie bitte nicht, dag alle SS-Leute in Auschwitz Ornithologen oder Kunstsmden- ten waren. Die allermeisten, und die Lager- mannschaft zShlte einige tausend Mann, haben ,,ihre Pflicht" ordnungsgemS.g erftfllt.

Dank Mein besonderer Dank gilt vielen Mitarbeitern von Archiven sowie anderen (ira Text ebenfalls genannten) Personen, die z. T. mit viel Zeitaufwand Dokumente und Informationen beigesteuert haben. Ftir kritische Durchsicht des Textent- wurfes und wertvolle Ratschl~ige danke ich den Herren Prof. B. Haubitz, Prof. E. Rutschke, R. Schlenker, Dr. Schulze- Hagen und meiner Frau, Dr. S. Nowak-Stalmann. Fotogra-

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fien wurden mir dankenswerterweise von folgenden Perso- nen zur Verfiigung gestellt: U. Querner (Abb. l), Frau Prof. M. M. Belopolskaja (2), Frau Dr. E. Lebedewa (3), Frau Prof. T. N. Gagina (4), J. Fiebig (5), Frau Dr. J. DiUer (10), Prof. A. Dyrcz (11), Prof. M. Luniak (12) und Frau J. Siwek (15). Die restlichen Abbildungen stammen aus dem Archiv des Autors. Ein herzlicher Dank gilt meiner Frau fiir die Redigierung des Textes.

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Angenommen: 12. Mai I998