bismark_gedanken und erinnerungen

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Gedanken und Erinnerungen. Von Otto Fürſt von Bismarck. [Abbildung] Gedanken und Erinnerungen. Von Otto Fürſt von Bismarck. Erſter Band. [Abbildung] Stuttgart 1898. Verlag der J. G. Cotta'ſchen Buchhandlung Nachfolger. Alle Rechte, insbeſondere das Ueberſetzungsrecht, vorbehalten. Copyright 1898 by J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger. Druck von C. Grumbach in Leipzig. Vorwort des Herausgebers. Fürſt Bismarck begann die Aufzeichnungen ſeiner „Gedanken und Erinnerungen“ bald nachdem ihm durch die Entlaſſung aus ſeinen ruhmreich geführten Aemtern — wie er ſelbſt wiederholt geſagt hat —

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Gedanken und Erinnerungen.VonOtto Frt von Bismarck.

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Gedanken und Erinnerungen.VonOtto Frt von Bismarck.

Erter Band.[Abbildung]Stuttgart1898.Verlag der J. G. Cotta'chen BuchhandlungNachfolger.Alle Rechte, insbeondere das Ueberetzungsrecht, vorbehalten.

Copyright 1898 by J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger.Druck von C. Grumbach in Leipzig.

Vorwort des Herausgebers.

Frt Bismarck begann die Aufzeichnungen einer Gedanken undErinnerungen bald nachdem ihm durch die Entlaung aus einenruhmreich gefhrten Aemtern wie er elbt wiederholt geagt hat das Spalier entzogen war, an dem ich ein Leben bisher emporgerankthatte. Die erte Anregung gab ihm eine von einem Verlagsangebotebegleitete Anfrage des Cotta'chen Haues; chon am 6. Juli 1890 wurdezwichen dem Frten und dem Vertreter der Cotta'chen Buchhandlungein Abkommen getroffen, durch welches dieem Haue fr den Fall, dader Frt Erinnerungen aus einem Leben niederchriebe, das Verlagsrecht bertragen wurde. Lothar Bucher, der gechichtskundige Diplomat,der nach des Frten Entlaung Jahre lang mit kurzen Unterbrechungenin Friedrichsruh oder Varzin als tiller Hausgat weilte, hat das Verdient, da er den Frten Bismarck in einem Entchlue zur Niederchrift einer Erinnerungen und einer politichen Gedanken betrkte undihn in tglichen Geprchen bei dem begonnenen Werke fethielt. Bucherstenographiche Nachchriften nach dem Dictate des Frten bildetenden Grundtock zu der erten Ausarbeitung, mit der ich der Frt Jahrelang eifrig bechftigte, indem er die in Kapitel eingetheilten undytematich geordneten Aufzeichnungen immer von neuem durchah unddurch eigenhndige Nachtrge ergnzte. Um ihm diee Arbeit zu erleichtern, wurden die Gedanken und Erinnerungen chon im Jahre1893 als Manukript gedruckt mit allen Aenderungen, die der Frtan dem erten Entwurf angebracht hatte. Diees neue Manukripthat Frt Bismarck dann noch zwei- bis dreimal durchgearbeitet undorgfltiger Nachprfung unterzogen, in der ihn ein fat untrglichesGedchtni aufs bete unterttzte. Ganze Kapitel hat er noch in denletzten beiden Jahren in neue Formen umgegoen.Die zunehmenden Leiden des Alters und eine gewie Scheu vorder Mhe des Schreibens lieen die Arbeit zuweilen ins Stocken ge

Vorwort des Herausgebers.rathen, aber ein groer Theil it fertig geworden und bildet ein kotbaresErbe der deutchen Nation. Aus dieer reichflieenden Quelle werdenauch noch in knftigen Jahrhunderten unere Staatsmnner und Gechichtchreiber Belehrung chpfen, uner ganzes Volk aber wird ich noch bisin die fernten Zeiten, wie an den Werken einer Klaiker, an demBuche erbauen, das ein Bismarck ihm hinterlaen hat.Pflicht des Herausgebers, der hierin einem vom Frten Ottovon Bismarck elbt herrhrenden Auftrage nachkam, mute es ein,die eingetreuten Schrifttcke, die oft aus mangelhaften Drucken bernommen worden waren, nach den Urchriften richtig zu tellen, kleineIrrthmer in der Angabe von Daten oder der Schreibung von Namen,die der Mangel an amtlichem Material verchuldete, zu beern, inFunoten auf hnliche Aeuerungen des Frten in einen politichenReden aufmerkam zu machen und literariche Nachweie zu geben.Nirgends aber it der Text gendert oder gekrzt worden die Piettgebietet einem olchen Todten gegenber doppelte Zurckhaltung.Anmerkungen von der Hand des Frten ind durch Sternchen (),olche des Herausgebers durch Ziffern kenntlich gemacht.Chemnitz, 21. Oktober 1898.Hort Kohl

Vorwort des HerausgebersVErtes Kapitel:Bis zum Erten Vereinigten Landtage1-19I. Die politichen Anchauungen des Jnglings S. 1. Rckwirkungder Hambacher Feier und des Frankfurter Putches auf die deutchnationale Geinnung und den Liberalismus Bismarcks 2. Gedankendes Jnglings ber auswrtige Politik 2. Neigung zur diplomatichen Laufbahn 3. Ancillons Ideal eines Diplomaten 3. Mangelan geeignetem Material fr die Diplomatie im preuichen Landadelund Urache dieer Ercheinung 4. Die Auslnder in der damaligenpreuichen Diplomatie und im Heere 5. Peronen und Einrichtungen der damaligen preuichen Jutiz 6. Als Auscultator beimCriminal- und Stadtgericht 6. 7. Ich timme wie der CollegeTempelhof 7. Ein Shneveruch des Herrn Prtorius 7. Bedrfni einer Verordnung ber das Verfahren in Ehecheidungen 8. Bechftigung in der Abtheilung fr Bagatellprozee 8. Uebergang zurVerwaltung 8. Die rheinichen Regierungscollegien, Pernlichkeitenund Gechfte 9. Fortetzung des Referendariats bei der Regierungzu Potsdam 10. Abneigung gegen Zopf und Perrcke der damaligenBureaukratie 10. Ungerechtigkeit in der Beurtheilung der damaligenBureaukratie gegenber dem Bureaukratismus der heutigen Zeit 10.Der Landrath ont und jetzt 11. Grere Unparteilichkeit der frherenRegierungsbeamten, parteipolitiche Beeinfluung der Richter in unrerZeit 12. Verzicht auf die Beamtenlaufbahn, Eintritt in die Bewirthchaftung der pommerchen Gter 13.II. Bismarcks angeblichesJunkerthum 13. Die unumchrnkte Autoritt der alten preuichenKnigsmacht nicht das letzte Wort einer Ueberzeugung 14. BismarcksIdeal einer monarchichen Gewalt 15. Conflicte mit der Bureaukratie 16. BismarckcontraBismarck 16. Die Oppoition auf demErten Vereinigten Landtag 17. Conflict Bismarcks mit der Oppoition 17. Friedrich WilhelmIV. und Bismarck 18.

Zweites Kapitel:Das Jahr 18482053I. Erter Eindruck der Ereignie des 18. und 19. Mrz S. 20.Vertreibung der Tangermnder Deputirten durch die SchnhauerBauern 20. Ihre Bereitchaft zum Zuge nach Berlin 21. Bismarckin Potsdam: Unterredung mit Bodelchwingh, Mllendorf, Prittwitz 21. Bismarck bei der Prinzein von Preuen 22, beimPrinzen Friedrich Karl 23. Bismarck verucht in's Schlo zu Berlin zu gelangen, wird abgewieen 23. Bismarcks Brief an denKnig die erte Sympathiekundgebung 24. In den Straen vonBerlin 24. Unterredung mit Prittwitz und Mllendorf ber dieMglichkeit eines elbtndigen militrichen Handelns 25. Bismarckin Magdeburg mit Verhaftung bedroht 25. Bismarck mit einer Deputation Schnhauer Bauern in Potsdam 26. Anrede des Knigsan die Offiziere des Gardecorps 26. Schreiben Bismarcks an Generallieutenant v. Prittwitz 27. Mittheilungen zur Gechichte der Mrzbewegung aus Geprchen mit Polizeiprident v. Minutoli und General v. Prittwitz 29. 30. Frt Lichnowki 31.II. BismarcksErklrung gegen die Adree 31. Schreiben an eine MagdeburgerZeitung 32. Ein Zeitungsartikel: Aus der Altmark 34. Bismarckgegen den Antrag v. Vincke, betr. die Abdankung des Knigs undBerufung der Prinzein von Preuen zur Regentchaft 36. Begegnung mit dem Prinzen von Preuen bei deen Rckkehr aus England 37. Erte Begegnung mit dem Prinzen 38. Beim Prinzen inBabelsberg 38. Erte Beziehungen zur Prinzein von Preuen unddem Prinzen Friedrich Wilhelm 41.III. Schutzbedrftigkeit der deutchen Frten gegenber der Revolution, von Friedrich WilhelmIV.nicht im unitarichen Sinne ausgebeutet 40. Der Umzug vom21. Mrz 41. Wrde ein Sieg Friedrich WilhelmsIV. ber dieRevolution dauernde Erfolge auf national-deutchem Gebiete gehabthaben? 42. Erter Beuch in Sansouci 43. Geprch mit dem Knige 43. Rechtsauffaung des Knigs 45. Mgliche Hintergedankendes Knigs bei einem Verhalten gegenber der Nationalverammlung 46.Die Camarilla 46. Leopold und Ludwig v. Gerlach 47. Generalv. Rauch 48.IV. Auf der Suche nach einem neuen Miniterium 49.Uebernahme des Pridiums durch Graf Brandenburg 50. Otto v. Manteuffel wird von Bismarck bewogen, in das Miniterium Brandenburgeinzutreten 50. Die neuen Miniter vor der Nationalverammlung 50.Vorkehrungen zu ihrer Sicherung 51. Die militriche Beetzungder Wohnung des Grafen Kniephauen 51. Kritik des VerhaltensWrangels 52. Hintergedanken des Knigs bei Verlegung der Nationalverammlung 52.|0020| SeiteDrittes Kapitel: Erfurt, Olmtz, Dresden5477I. Der latente deutche Gedanke Friedrich WilhelmsIV. hat dieMierfolge der preuichen Politik nach 1848 verchuldet S. 54. DiePhraen von dem deutchen Berufe Preuens und von moralichenEroberungen 55. Die Dynatien und die Barrikade 55. Selbttuchung der Frankfurter Verammlung 56. Strke des dynatichenGefhls in Preuen 56. Die Ablehnung der Kaierkrone durch FriedrichWilhelmIV. 57. Bismarcks Urtheil ber die damalige Lage jetztund im Jahre 1849 57. Seine damalige Auffaung gegrndet aufFractionsbeurtheilung 58. Fractionsleben ont und jetzt 58. DasDreiknigsbndni 59. Gunt der Lage fr Preuen 59. Tuchungder leitenden Kreie in Preuen ber die realen Machtverhltnie 60.Bedenken Friedrich WilhelmsIV. 61.II. Die preuichen Truppenin Pfalz und Baden 62. Bismarcks Vertrauen auf Preuens militriche Kraft im Kampfe gegen die Revolution 63. Halbheit derdamaligen preuichen Politik 64. General v. Radowitz, der Garderobierder mittelalterlichen Phantaie des Knigs 64. Das Erfurter Parlament: Graf Brandenburg verucht Bismarck fr die Erfurter Politikzu gewinnen 66. Bismarck und Gagern 66. Die Familien Gagernund Auerswald 67. Kriegsminiter Stockhauen heit Bismarck abwiegeln 68. Preuens militriche Gebundenheit und ihre Urachen 70.Bismarcks Rede vom 3. December 1850 71. Leitender Gedanke derRede 74. Ruhigere Auffaung der deutchen Revolution in St. Petersburg im November 1850 74. Baron v. Budberg 75.III. GeringerErtrag der Dresdner Verhandlungen 76. Frt v. Schwarzenbergund Herr v. Manteuffel in Dresden 76. Grundirrthum der damaligen preuichen Politik 77.Viertes Kapitel:Diplomat7891Ernennung zum Legationsrath bei der Bundestags-Geandtchaft S. 78.Ernennung zum Bundesgeandten 80. Vertimmung des Herrnv. Rochow 80. Erte Studien ber das Ordensween, gemacht amGeneral v. Peucker 80. Bismarcks Gleichgltigkeit gegen Ordensdecorationen 81. Dermonsieur dcorin Paris und Petersburg 81.Das tanzlutige Frankfurt 82. Abneigung des Knigs WilhelmI.gegen tanzende Miniter 83. Sendung nach Wien auf die hoheSchule der Diplomatie 83. Einfhrungschreiben vom 5. Juni 1852 83.Aufnahme in Wien 85. Schwierigkeiten einer Zollgemeinchaft mitOeterreich 85. Klentzeche Verdchtigungen 87. Abneigung Bismarcks|0021| Seitegegen den Wiener Poten und den Miniterpoten 87. Schwierigkeiteneiner Minitertellung unter Friedrich WilhelmIV.88. Bismarck beiKnig GeorgV.von Hannover 88. Verlaenheit GeorgsV.90.Ein preuicher Conul als terreichicher Agent? 90.Fnftes Kapitel:Wochenblattspartei. Krimkrieg92120I.Die Fraction Bethmann-Hollweg und der Prinz v. Preuen S. 92.Graf Karl v. d. Goltz 92. Graf Robert v. d. Goltz als Imprearioder Bethmann-Hollwegchen Fraction 93. Das Preuiche Wochenblatt 93. Rudolf v. Auerswald 94. Bismarck lehnt es ab, derWochenblattspartei beizutreten 94. Olmtz in den Empfindungen desPrinzen v. Preuen 95. Manteuffels Abneigung gegen einen Bruch mitOeterreich 96. Das preuich-terreichiche Schutz- und Trutzbndnivom 20. April 1854 97. Bismarck chlgt dem Knige vor, die Gelegenheit des ruich-wetmchtlichen Kriegs zu einer Hebung despreuichen Anehns in Europa zu benutzen durch eine Truppenauftellung in Oberchleien 97. Der Deutche Bund unter dem Druckeeiner terreichich-franzichen Allianz 98. Aeuerung des KnigsWilhelmI.von Wrttemberg 98. Liebeken, das is ehr chne, aberes is mich zu theuer 99.II.Auszge aus Briefen des Generalsv. Gerlach 100. Ein Brief des Cabinetsraths v. Niebuhr 103. WeitereAuszge aus Briefen Gerlachs 104. Manteuffels Abneigung gegeneine active anti-terreichiche Politik 108. Gewhnlicher Verlauf derCabinetskrien 109. Graf Alvensleben als Minitercandidat 109.III.Doppelpiel der Wochenblattspartei 110. Ihr politiches Programm 110 und deen Kritik 111. Ein geflchtes Memoire 111.Denkchrift Bunens ber die Neugetaltung der Karte von Europa 112.Unterredung des Prinzen von Preuen mit Bismarck ber PreuensStellung im Krimkriege, peciell zu Ruland 113. Was pricht gegeneinen Krieg Preuens gegen Ruland? 114. Der Depechen- undBriefdiebtahl 115. Selbtverrath Hinckeldeys 116.IV.Ein BriefBismarcks an Gerlach ber die Abdication Preuens von einer europichen Stellung 117.Sechtes Kapitel:Sansouci und Coblenz121127Der Prinz von Preuen unter dem Einflue einer Gemahlin S. 121.Hinneigung der Prinzein (und Kaierin) Auguta fr alles Franziche und Engliche 121. Ihre Abneigung gegen alles Ruiche 122.Herr v. Schleinitz 123. Frhtcksvortrge der Prinzein (und Kaierin) Auguta und ihre Einwirkungen 123. Gegnerchaft der Hfe|0022| von Sansouci und Coblenz 124. Knigin Eliabeth 124. Hinneigungder Prinzein (und Kaierin) Auguta zum Katholicismus 125. IhreDifferenzen mit dem Oberpridenten v. Kleit-Retzow 126. DerGeneraltab des Hofes von Sansouci 126. Gutav v. Alvenslebenals Vertreter des taatlichen Interees am Coblenzer Hofe 127.Siebentes Kapitel:Unterwegs zwichen Frankfurt u. Berlin128148I. Bismarck zur Territion Manteuffels entboten S.128. MarquisMoutier ucht Bismarck in wetmchtlichem Sinne zu beeinfluen 129.Goltz und Pourtals als gelegentliche Vertrauensmnner des Knigsgegen Manteuffel 129.II. Manteuffel im Streite mit der Kreuzzeitungspartei ber Rhino Quehl 130. Briefe Gerlachs in Sachendiees Streites 131. Manteuffel chmollt 137. Graf Albrecht v. Alvensleben als Schreckbild, Bismarck als Friedensbote 137. Bismarckbefreit Manteuffel von Quehl und den beim Depechendiebtahl benutzten Agenten 137. Auffaung Friedrich WilhelmsIV. von derStellung eines Miniters 138.III. Ein Schreiben Manteuffels undein Schreiben Friedrich WilhelmsIV. ber die Zuammenetzungder Erten Kammer 139. 140. Bismarck als kniglicher Vertrauensmann in den Verhandlungen mit der conervativen Partei der ZweitenKammer 140. Zorn des Knigs ber Bismarcks Sumen 141. EineInternirung im Schloe zu Charlottenburg 141. Umtimmung derconervativen Fraction durch Bismarck 142. Erte Kammer oderHerrenhaus? 143. Bismarcks Vorchlag fr die Bildung des Herrenhaues 144.IV. Widerpruch Manteuffels und der Camarilla gegeneine Ernennung Bismarcks zum Miniter 145. Bismarck und dieFhrer der conervativen Fraction 145. Bismarck als Redactor desKnigs 146. Kleine Ursachen, groe Wirkungen 148.Achtes Kapitel:Beuch in Paris149190I. Graf Hatzfeldt ladet Bismarck nach Paris ein S. 149. Umchlag inder Stimmung des Knigs 149. Knigin Victoria und Prinz Albertin Paris 149. Eingenommenheit des Prinzen Albert und der Kronprinzein Victoria gegen Bismarck 149. Geprch mit der Kronprinzein ber die Zukunft der Monarchie 150. Haltung der KniginVictoria 151. Ein Souper in Verailles, Bismarck als Tichkartenvertheiler 151. Plebejiche Sitten der franzichen Hofgeellchaft deszweiten Kaierreichs 153. Begegnung mit Kaier NapoleonIII. 154.Der Berliner Hof it vertimmt gegen Bismarck wegen einer ParierReie 154. Aeuerung dieer Vertimmung 154. Bismarcks Urtheilber NapoleonIII. 155. Aufnahme diees Urtheils durch Friedrich|0023| SeiteWilhelmIV. 155.II. Der Legitimittsbegriff 156. Mittheilungenaus der Correpondenz Bismarcks mit Gerlach ber die BeziehungenPreuens zu NapoleonIII. 156.Neuntes Kapitel:Reien. Regentchaft191-216I. Neue Annherung des Knigs S. 191. Herrn v. Bismarck wird dasFinanzminiterium angeboten 191. Napoleons Gedanke einer preuichfranzichen Intimitt zur Sicherung der preuichen Neutralitt frden Fall eines Krieges mit Oeterreich ber Italien 192. BismarcksAntwort auf Napoleons Vorchlag 194.II. Jagdausflug nach Dnemark und Schweden 195. Audienz bei Knig FriedrichVII. vonDnemark 195. Abneigung der Schleswig-Holteiner gegen Bildungeines neuen Kleintaates 195. Sturz in Schweden, Rckkehr nachBerlin, Reie zur Jagd nach Kurland 195. Erte Erkrankung desKnigs 196. Schlaganfall 196. Unterredung mit dem Prinzen vonPreuen 197. Bismarck rth dem Prinzen ab, einen Regierungsantritt mit einer Ablehnung der Verfaung zu erffnen 197. DesPrinzen Stellvertretung 198. Intrige gegen den Prinzen 198.Betellung des Prinzen zum Regenten 199. Manteuffels Entlaung 201.III. Unterredung mit dem Prinzen von Preuen wegen der Ernennungzum Geandten in Petersburg 202. Uedom und Frau 203. Epiode:das Entlaungsgeuch von 1869 204. Briefe des Knigs Wilhelman Bismarck 204. Beilegung der Differenz 210.IV. Unterredungmit dem Prinzen von Preuen (Fortetzung): das Miniterium derneuen Aera 210. Prinzein Auguta 211. Graf Schwerin 212.V. Bankier Levintein als terreichicher Agent 212 und als Vertrauensmann im Miniterium Manteuffel 212. Corruption im auswrtigen Miniterium 213.Zehntes Kapitel:Petersburg217-236I. Freundchaft des Kaiers NiolausI. fr Oeterreich 1849 und zu Olmtz S. 217. Mitrauen des Zaren gegen eine eignen Unterthanen 218.Nicolaus und Friedrich WillhelmIV. 218. Die damalige PetersburgerGeellchaft 219. Noch einmal dermonsieur dcorin Paris undSt. Petersburg 221. Petersburger Straenleben 222. Geellchaftlicher Ton der jngeren Generation 223. Ihre antideutche Stimmung fhlbar auf dem Gebiete der politichen Beziehungen 223. FrtGortchakow als Gnner und als Gegner Bismarcks 224. Urache derVertimmung Gortchakows 224. Hat Deutchland einen Krieg mitRuland nthig? 224.II. Gatlichkeit auf den kaierlichen Schlern 225.Ein grofrtlichesenfant terrible226. Unterchleife der Hofdienerchaft 226. Eine kaierliche Talgrechnung 226. Ruiche Beharr|0024| Seitelichkeit: der Poten aus der Zeit KatharinasII. 227.III. Einfluloigkeit Bismarcks auf die Entchlieungen in Berlin 227. DieGenauigkeit einer Berichte wird dem Regenten verdchtigt 228. GrafMnter als Inpicient Bismarcks in St. Petersburg 228. PoliticheSchachzge der ruichen Diplomatie 228. Verletzung des Briefgeheimnies ein monarchiches Recht 229. Oeterreichiche Praxis 229.Der einfache Potbrief an den preuichen Geandten in Wien oderPetersburg als Form der Ininuation einer unangenehmen Mittheilung an die terreichiche oder ruiche Regierung 229. Das Briefgeheimni in der Pot von Thurn und Taxis 229. MibruchlicheGewohnheiten der preuichen Geandtchaft in Wien bis zum Jahre1852 230. Oeterreichiche Gewaltthtigkeiten gegen untreue Beamtedes auswrtigen Dientes 231. Ruiches Mittel, unzufriedeneBeamte zufrieden zu machen 231.IV. Erinnerungen an den Beuchin Moskau 231. Briefwechel mit dem Frten Obolenki 232.V. Erkrankung und Behandlung der Krankheit durch einen ruichenArzt 234. Im Bade Nauheim 236. Langes Krankenlager anLungenentzndung in Hohendorf 236. Gedanken eines terbendenPreuen ber Vormundchaft 236.Elftes Kapitel:Zwichenzutand237269I. Bismarck wird dem Regenten zum Miniter des Auswrtigen vorgechlagen S. 237. Bismarck entwickelt ein Programm 237. Der Regent erklrt ich fr die Schleinitzche Auffaung 239. Die PrinzeinAuguta als Schutzengel des Herrn v. Schleinitz 239.II. R. v. Auerswald 240. Miniterkriis aus Anla der Huldigungsfrage 240. RoonsBrief vom 27. Juni 1861 240. Bismarcks Antwort 242. SeineReie nach Berlin 245. Verlauf der Kriis nach Roons Brief vom24. Juli 1861 246. Krnung WilhelmsI. 249. Geprch mit derKnigin Auguta ber die deutche Politik Preuens 249.III. Miniterielle Wechelreiterei 250. Prinz Hohenlohe-Ingelfingen als tellvertretender Miniterprident 250. Berufung Bismarcks von Petersburg nach Berlin, April 1862 250. Seine Ernennung nach Paris 251.Brief Bismarcks an Roon 251. Brief Roons an Bismarck 252.Antwort Bismarcks 254. Unterredung mit NapoleonIII., Vorchlageines preuich-franzichen Bndnies 256. Oeterreichs Antrge beiNapoleonIII. 257. Reie in Sdfrankreich, Briefwechel mit Roon 258.Berufungsdepeche vom 18. September 266. Audienz beim Kronprinzen 267. Audienz in Babelsberg 267. Ernennung Bismarckszum Staatsminiter und interimitichen Voritzenden des Staatsminiteriums 269|0025| SeiteZwlftes Kapitel:Rckblick auf die preuiche Politik270287Mangel an Selbtndigkeit und Energie in der auswrtigen und deutchen Politik Preuens eit der Zeit Friedrichs des Groen S. 270.Particulariticher Charakter der preuichen Politik 270. Betimmender Einflu der polnichen Frage 271. Die Reichenbacher Conventionund ihre Bedeutung 272. Die verumten Gelegenheiten in der Gechichte Preuens 273. Die Fehler der Vermittlung von 1805 273.Preuen als Vaallentaat Rulands unter NicolausI. 274. Preuen imVorchu gegen Ruland durch eine Haltung im Krimkriege und whrend des Polenauftandes von 1863 275. Urachen des Abhngigkeitsgefhles am Berliner Hofe 275. Ueberlegenheit Preuens gegenberRuland und Oeterreich auf dem Gebiete militricher Rtungen 275.Preuen antichambrirt in Paris, um als Gromacht zur Unterzeichnung zugelaen zu werden 276. Fehlerhaftigkeit der damaligenPolitik 277. Das Erbe Friedrichs des Groen unter den Hndeneiner Epigonen 278. Wer trgt in der aboluten Monarchie die taatliche Verantwortlichkeit? 278. Die Miniterverantwortlichkeit im Verfaungstaat 278. Wen trifft die Verantwortung fr die preuichePolitik unter Friedrich WilhelmIV.? 279. Warum Bismarck nichtMiniter Friedrich WilhelmsIV. werden mochte 280. Vorzug desreinen Abolutismus ohne Parlament vor dem durch gefgige Parlamente unterttzten 280. Der italieniche Krieg 281. Planloigkeitder damaligen preuichen Politik unter der dominirenden Herrchaftder Prinzein Auguta und des Herrn von Schleinitz 281. Quertreibereien gegen Bismarcks Leitung der auswrtigen Politik 283.Eien und Blut 283. Bismarck richtet den muthloen Knig auf durchdie Erinnerung an dasPorte-pedes preuichen Offiziers 284.Ernt der Situation 286.Dreizehntes Kapitel:Dynatien und Stmme288296Die Dynatien in ihrem Verhalten zur deutch-nationalen Frage S. 288.Preuens Stellung im Bunde 289. Der Traum einer dualitichenPolitik im Einvernehmen Oeterreichs und Preuens wird zertrtdurch Schwarzenbergs Depeche vom 7. December 1850: ein Wendepunkt in Bismarcks Anchauungen 289. Preuen als Gromacht 290.Deutcher Patriotismus bedarf der Vermittlung dynaticher Anhnglichkeit 290. Strke des Nationalgefhls bei andern Rationen 292.Deutcher Stammes-Particularismus 293. Die dynatiche Anhnglichkeit der Welfen 294. Fr Bismarck it das deutche Nationalgefhl dietrkere Kraft 294. Inwieweit haben dynatiche Intereen in Deutchland Berechtigung? 294. Kmpfe Bismarcks mit dem preuichenParticularismus 295. Die unbechrnkte Staatsouvernett der Dyna|0026| Seitetien eine revolutionre Errungenchaft auf Koten der Nation undihrer Einheit 295. Unnatrliche Zerreiung des deutchen Volkes durchdynatiche Grenzen 295.Vierzehntes Kapitel:Conflicts-Miniterium297305I. Karl v. Bodelchwingh S. 297. Graf Itzenplitz 298. v. Jagow 298.v. Selchow 299. Graf Fr. zu Eulenburg 299. v. Roon 300. v. Mhler 301.Graf zur Lippe 302.II. Schreiben des Knigs an v. Vincke-Olbendorf 303.Fnfzehntes Kapitel:Die Alvenslebenche Convention306315Polonismus und Abolutismus im Streite miteinander am ruichenHofe S. 306. Ruich-polniche Verbrderungsbetrebungen 307. AlexanderII. ber die Unicherheit des polnichen Beitzes 308. AlexanderII. fordert Bismarck auf in ruiche Diente berzutreten 309. Nutzender ruichen Freundchaft fr die deutchen Einheitsbetrebungen 309.Haltung Oeterreichs whrend des polnichen Auftandes 310. NapoleonsIII. Haltung in der polnichen Frage 312. Schwierigkeit derpolnichen Frage fr Preuen 313. Bedeutung der Alvenslebenchen Militrconvention 314. Gortchakows Stellung zur polnichenFrage 314. Erte Begegnung mit Herrn Hintzpeter 315.Sechzehntes Kapitel:Danziger Epiode316330I. Bismarck und Kaier Friedrich S. 316. Erla der Preverordnung 317.Die Danziger Rede des Kronprinzen 317. Seine Bechwerdechrift unddie Antwort des Knigs 317. Bismarck hlt den Knig von extremenSchritten gegen den Sohn zurck 318. Die Indiscretionen derTimes 319. Vermuthungen ber die Urheber dieer Verffentlichung 320.II. Unterredung mit dem Kronprinzen in Gatein 322.Neuer Protet des Kronprinzen 322. Spannung zwichen dem Knigund dem Kronprinzen 322. Ausprache Bismarcks mit dem Kronprinzen 323. Denkchrift des Kronprinzen und die daran anchlieendeCorrepondenz des Knigs mit Bismarck 324.Siebzehntes Kapitel:Der Frankfurter Frtentag331350I. Graf Rechberg S. 331. Wie Bismarck Rechbergs Vertrauen gewann 332. Veruch, zu einer geammtdeutchen Union auf der Baisdes Dualismus zu gelangen 333. Wahrcheinliche Wirkung einer olchenGetaltung 333. Welche Wirkung wrde die Begrndung der terreichichen Vorherrchaft gehabt haben? 334. Das Einvernehmen Preuensund Oeterreichs die Vorausetzung gegen englich-europiches Eingreifen in der dnichen Frage 334. Errterung der preuich-terreichichen Beziehungen zwichen Bismarck und Graf Karolyi 335. Gering|0027| chtzung Preuens in Wien 336. Unterchiede im Charakter FriedrichWilhelmsIV. und WilhelmsI. 336. Ueberchtzung der abchwchendenWirkung des Conflicts auf Preuens uere Politik und militricheLeitungsfhigkeit 336. Der Glaube an die militriche UeberlegenheitOeterreichs 337.II. Abneigung Oeterreichs gegen einen friedlichenDualismus 338. Einladung zum Frankfurter Frtentag 339. KaierFranz Joeph in Gatein 339. Erter Eindruck der Einladung aufden Knig 339. Bismarck gegen den Beuch des Frtentags 340.Knig Johann von Sachen in Baden 340. Wirkung des preuichenFernbleibens auf die deutchen Mitteltaaten 341. Rechberg nhertich Preuen 342.III. Tod. FriedrichsVII. von Dnemark 342.Glnzender Anfang der dualitichen Politik 343. Gefhrdung desZuammengehns mit Oeterreich durch militriche Einfle 343. Culmination und Wendepunkt des Veruchs eines freundlichen Dualismus 344. Unterredung der beiden Monarchen und ihrer Miniter inSchnbrunn 344.IV. Rechbergs Stellung erchttert 346. Verhandlungen ber eine zuknftige Aufnahme Oeterreichs in den Zollverein 346.Bismarck it fr einpactum de contrahendoaus politichen Erwgungen, aber Gegner einer Zolleinigung 346. Durchkreuzung derBismarckchen Politik durch Bodelchwingh, Itzenplitz und Delbrck 347.Rechberg wird entlaen und durch Graf Mensdorff eretzt 347. Auszge aus Briefen von Thile, Abeken, Goltz 347.V. Unicherheitund Wandelbarkeit der terreichichen Freundchaft 349.Achtzehntes Kapitel:Knig LudwigII. von Baiern_ 351-376Am Mnchner Hofe S. 351. Kronprinz Ludwig 351. Zur Charakteritikdes Knigs LudwigII. 352. Mittheilungen aus der Correpondenzdes Knigs Ludwig mit Bismarck 353.

|0028|Ertes Kapitel.Bis zum Erten Vereinigten Landtage.I.Als normales Product unres taatlichen Unterrichts verlieich Otern 1832 die Schule als Pantheit, und wenn nichtals Republikaner, doch mit der Ueberzeugung, da dieRepublik die vernnftigte Staatsform ei, und mit Nachdenken berdie Urachen, welche Millionen von Menchen betimmen knnten,Einemdauernd zu gehorchen, whrend ich von Erwachenen manchebittre oder geringchtzige Kritik ber die Herrcher hren konnte.Dazu hatte ich von der turnerichen Vorchule mit Jahn'chen Traditionen (Plamann), in der ich vom echten bis zum zwlften Jahregelebt, deutch-nationale Eindrcke mitgebracht. Diee blieben imStadium theoreticher Betrachtungen und waren nicht tark genug,um angeborne preuich-monarchiche Gefhle auszutilgen. Meinegechichtlichen Sympathien blieben auf Seiten der Autoritt. Harmodius und Aritogiton owohl wie Brutus waren fr mein kindliches Rechtsgefhl Verbrecher und Tell ein Rebell und Mrder.Jeder deutche Frt, der vor dem 30jhrigen Kriege dem Kaierwidertrebte, rgerte mich, vom Groen Kurfrten an aber warich parteiich genug, antikaierlich zu urtheilen und natrlich zufinden, da der iebenjhrige Krieg ich vorbereitete. Doch bliebmein deutches Nationalgefhl o tark, da ich im Anfang derUniverittszeit zuncht zur Burchenchaft in Beziehung gerieth,Otto Frt von Bismarck, Gedanken und Erinnerungen.I. 1|0029|Ertes Kapitel: Bis zum Erten Vereinigten Landtage.welche die Pflege des nationalen Gefhls als ihren Zweck bezeichnete.Aber bei pernlicher Bekanntchaft mit ihren Mitgliedern mifielenmir ihre Weigerung, Satisfaction zu geben, und ihr Mangel anuerlicher Erziehung und an Formen der guten Geellchaft, beinherer Bekanntchaft auch die Extravaganz ihrer politichen Auffaungen, die auf einem Mangel an Bildung und an Kenntni dervorhandenen, hitorich gewordenen Lebensverhltnie beruhte, vondenen ich bei meinen iebzehn Jahren mehr zu beobachten Gelegenheitgehabt hatte als die meiten jener durchchnittlich ltern Studenten.Ich hatte den Eindruck einer Verbindung von Utopie und Mangelan Erziehung. Gleichwohl bewahrte ich innerlich meine nationalenEmpfindungen und den Glauben, da die Entwicklung der nchtenZukunft uns zur deutchen Einheit fhren werde; ich ging mitmeinem amerikanichen Freunde Coffin die Wette darauf ein, dadiees Ziel in zwanzig Jahren erreicht ein werde.In mein ertes Semeter fiel die Hambacher Feier (27.Mai 1832),deren Fetgeang mir in der Erinnerung geblieben it, in mein drittesder Frankfurter Putch (3. April 1833). Diee Ercheinungen tieenmich ab, meiner preuichen Schulung widertrebten tumultuaricheEingriffe in die taatliche Ordnung; ich kam nach Berlin mit wenigerliberaler Geinnung zurck, als ich es verlaen hatte, eine Reaction,die ich wieder abchwchte, nachdem ich mit dem taatlichen Rderwerke in unmittelbare Beziehung getreten war. Was ich etwa berauswrtige Politik dachte, mit der das Publikum ich damals wenigbechftigte, war im Sinne der Freiheitskriege, vom preuichenOffiziertandpunkt geehn. Beim Blick auf die Landkarte rgertemich der franziche Beitz von Straburg, und der Beuch vonHeidelberg, Speier und der Pfalz timmte mich rachchtig undkriegslutig. In der Zeit vor 1848 war fr einen Kammergerichts-Auscultator und Regirungs-Referendar, dem jede Beziehung zu miniteriellen und hhern amtlichen Kreien fehlte, kaum eine Ausicht zueiner Betheiligung an der preuichen Politik vorhanden, o lange ernicht den einfrmigen Weg zurckgelegt hatte, der durch die Stufen|0030|Jnglingsanchauungen. Die preuiche Diplomatie.der brokratichen Laufbahn nach Jahrzehnten dahin fhren konnte,an den hhern Stellen bemerkt und herangezogen zu werden. Alsmutergltige Vordermnner auf dieem Wege wurden mir imFamilienkreie damals Mnner wie Pommer-Eche und Delbrck vorgehalten, und als einzuchlagende Richtung die Arbeit an und in demZollvereine empfohlen. Ich hatte, o lange ich in dem damaligenAlter an eine Beamtenlaufbahn erntlich dachte, die diplomatiche imAuge, auch nachdem ich von Seiten des Miniters Ancillon bei meinerMeldung dazu wenig Ermuthigung gefunden hatte. Derelbe bezeichnete nicht mir, aber hohen Kreien gegenber als Muterbilddeen, was unrer Diplomatie fehle, den Frten Felix Lichnowki,obchon man htte vermuthen ollen, da diee Pernlichkeit, wieie ich damals in Berlin zur Anchauung brachte, der anerkennendenWrdigung eines der evangelichen Geitlichkeit enttammendenMiniters nicht grade nahe tnde.Der Miniter hatte den Eindruck, da die Kategorie unreshausbacknen preuichen Landadels fr unre Diplomatie den ihmwnchenswerthen Eratz nicht lieferte und die Mngel, welche eran der Gewandheit des Peronalbetandes diees Dientzweigesfand, zu decken nicht geeignet war. Dieer Eindruck war nicht ganzohne Berechtigung. Ich habe als Miniter tets ein landsmannchaftliches Wohlwollen fr eingeborne preuiche Diplomaten gehabt, aber im dientlichen Pflichtgefhle nur elten diee Vorliebebethtigen knnen, in der Regel nur dann, wenn die Betheiligtenaus einer militrichen Stellung in die diplomatiche bergingen.Bei den rein preuichen Civil-Diplomaten, welche der Wirkungmilitricher Diciplin garnicht oder unzureichend unterlegen hatten,habe ich in der Regel eine zu tarke Neigung zur Kritik, zum Beerwien, zur Oppoition und zu pernlichen Empfindlichkeiten gefunden, vertrkt durch die Unzufriedenheit, welche das Gleichheitsgefhl des alten preuichen Edelmanns empfindet, wenn ein Standesgenoe ihm ber den Kopf wcht oder auerhalb der militrichenVerhltnie ein Vorgeetzter wird. In der Armee ind diee Kreie|0031|Ertes Kapitel: Bis zum Erten Vereinigten Landtage.eit Jahrhunderten daran gewhnt, da das gechieht, und gebenden Bodenatz ihrer Vertimmung gegen frhere Vorgeetzte an ihreptern Untergebenen weiter, obald ie elbt in hhere Stellengelangt ind. In der Diplomatie kommt dazu, da diejenigenunter den Apiranten, welche Vermgen oder die zufllige Kenntnifremder Sprachen, namentlich der franzichen, beitzen, chon darineinen Grund zur Bevorzugung ehn und deshalb der obern Leitungnoch anpruchsvoller und zur Kritik geneigter gegenbertreten alsAndre. Sprachkenntnie, wie auch Oberkellner ie beitzen, bildetenbei uns leicht die Unterlage des eignen Glaubens an den Berufzur Diplomatie, namentlich o lange unre geandchaftlichen Berichte, beonders diead Regem, franzich ein muten, wie esdie nicht immer befolgte, aber bis ich Miniter wurde amtlich inKraft tehende Vorchrift war. Ich habe manche unter unernltern Geandten gekannt, die, ohne Vertndni fr Politik, lediglichdurch Sicherheit im Franzichen in die hchten Stellen aufrckten;und auch ie agten in ihren Berichten doch nur das, was iefranzich gelufig zur Verfgung hatten. Ich habe noch 1862von Petersburg franzich amtlich zu berichten gehabt, und dieGeandten, welche auch ihre Privatbriefe an den Miniter franzichchrieben, empfahlen ich dadurch als beonders berufen zur Diplomatie, auch wenn ie politich als urtheilslos bekannt waren.Auerdem kann ich Ancillon nicht Unrecht geben, wenn ervon den meiten Apiranten aus unerm Landadel den Eindruckhatte, da ie ich aus dem engen Geichtskreie ihrer damaligenBerliner, man knnte agen provinziellen Anchauungen chwer loslen lieen, und da es ihnen nicht leicht gelingen wrde, denpecifichpreuichenBrokraten in der Diplomatie mit demFirni deseuropichenzu bertnchen. Die Wirkung dieerWahrnehmungen zeigt ich deutlich, wenn man die Ranglite unrerDiplomaten aus damaliger Zeit durchgeht; man wird ertaunt ein,o wenig geborne Preuen darin zu finden. Die Eigenchaft, derSohn eines in Berlin accreditirten fremden Geandten zu ein,|0032|Bechaffenheit der preuichen Diplomatie.gab an ich einen Vorzug. Die an den kleinen Hfen erwachenen,in den preuichen Dient bernommnen Diplomaten hatten nichtelten den Vortheil grrerassurancein hfichen Kreien undeines grern Mangels an Bldigkeit vor den eingebornen. EinBeipieldieerRichtung war namentlich Herr von Schleinitz.Dann finden ich in der Lite Mitglieder tandesherrlicher Huer,bei denen die Abtammung die Begabung eretzte. Aus der Zeit,als ich nach Frankfurt ernannt wurde, it mir auer mir, dem Freiherrn Karl von Werther, Canitz und dem franzich verheirathetenGrafen Max Hatzfeldt kaum der Chef einer anehnlichen Miionpreuicher Abtammung erinnerlich. Auslndiche Namen tandenhher im Kure: Braier, Perponcher, Savigny, Oriola. Manetzte bei ihnen grere Gelufigkeit im Franzichen voraus, undie waren weiter her, dazu trat der Mangel an Bereitwilligkeitzur Uebernahme eigner Verantwortlichkeit bei fehlender Deckungdurch zweifelloe Intruction, hnlich wie im Militr 1806 bei deralten Schule aus Friedericianicher Zeit. Wir zchteten chon damals das Offiziersmaterial bis zum Regiments-Commandeur in einerVollkommenheit wie kein andrer Staat, aber darber hinaus wardas eingeborne preuiche Blut nicht mehr fruchtbar an Begabungen wie zur Zeit Friedrichs des Groen elbt. Unre erfolgreichten Feldherrn, Blcher, Gneienau, Moltke, Goeben, warenkeine preuichen Urproducte, ebenowenig im Civildiente Stein,Hardenberg, Motz und Grolman. Es it, als ob unre Staatsmnner wie die Bume in den Baumchulen zu voller Wurzelbildung der Veretzung bedrften.Ancillon rieth mir, zuncht das Examen als Regirungs-Aeor zu machen und dann auf dem Umwege durch die Zollvereinsgechfte Eintritt in diedeutcheDiplomatie Preuens zuuchen; einen Beruf fr die europiche erwartete er alo bei einemSprlinge des einheimichen Landadels nicht. Ich nahm mir eineAndeutung zu Herzen und beabichtigte, zuncht das Examen alsRegirungs-Aeor zu machen.|0033|Ertes Kapitel: Bis zum Erten Vereinigten Landtage.Die Peronen und Einrichtungen unrer Jutiz, in der ichzuncht bechftigt war, gaben meiner jugendlichen Auffaung mehrStoff zur Kritik als zur Anerkennung. Die praktiche Ausbildungdes Auscultators begann damit, da man auf dem Criminalgerichtdas Protokoll zu fhren hatte, wozu ich von dem Rathe, dem ichzugewieen war, Herrn von Brauchitch, ber die Gebhr herangezogen wurde, weil ich damals ber den Durchchnitt chnell undlesbar chrieb. Von den Unteruchungen, wie die Criminalprozee bei dem damals geltenden Inquiitionsverfahren genanntwurden, hat mir eine den nachhaltigten Eindruck hinterlaen, welcheeine in Berlin weit verzweigte Verbindung zum Zweck der unnatrlichen Later betraf. Die Klubeinrichtungen der Betheiligten, dieStammbcher, die gleichmachende Wirkung des gemeinchaftlichenBetreibens des Verbotenen durch alle Stnde hindurch allesdas bewies chon 1835 eine Demoraliation, welche hinter denErgebnien des Prozees gegen die Heinze'chen Eheleute (October1891) nicht zurcktand. Die Verzweigungen dieer Geellchaftreichten bis in hohe Kreie hinauf. Es wurde dem Einflue desFrten Wittgentein zugechrieben, da die Akten von dem Jutizminiterium eingefordert und, wenigtens whrend meiner Thtigkeitan dem Criminalgerichte, nicht zurckgegeben wurden.Nachdem ich vier Monate protokollirt hatte, wurde ich zu demStadtgerichte, vor das die Civilachen gehrten, veretzt und ausder mechanichen Bechftigung des Schreibens unter Dictat pltzlichzu einer elbtndigen erhoben, der gegenber meine Unerfahrenheitund mein Gefhl mir die Stellung erchwerten. Das erte Stadium,in welchem der juritiche Neuling damals zu einer elbtndigenThtigkeit berufen wurde, waren nmlich die Ehecheidungen.Offenbar als das Unwichtigte betrachtet, waren ie dem unfhigtenRathe, Namens Prtorius, bertragen, und unter ihm der Bearbeitung der ganz grnen Auscultatoren berlaen worden, diedamit incorpore viliihre erten Experimente in der Richterrollezu machen hatten, allerdings unter nomineller Verantwortlichkeit|0034|Als Auscultator beim Criminal- und Stadtgericht.des Herrn Prtorius, der jedoch ihren Verhandlungen nicht beiwohnte. Zur Charakteriirung diees Herrn wurde uns jungenLeuten erzhlt, da er in den Sitzungen, wenn behufs der Abtimmung aus einem leichten Schlummer geweckt, zu agen pflegte:Ich timme wie der College Tempelhof, und gelegentlich daraufaufmerkam gemacht werden mute, da Herr Tempelhof nicht anweend ei.Ich trug ihm einmal meine Verlegenheit vor, da ich, wenigeMonate ber 20 Jahre alt, mit einem aufgeregten Ehepaare denShneveruch vornehmen olle, der fr meine Auffaung einengewien kirchlichen und ittlichen Nimbus hatte, dem ich mich inmeiner Seelentimmung nicht adquat fhlte. Ich fand Prtoriusin der verdrielichen Stimmung eines zur Unzeit geweckten, lternHerrn, der auerdem die Abneigung mancher alten Brokratengegen einen jungen Edelmann hegte. Er agte mit geringchtzigemLcheln: Es it verdrielich, Herr Referendarius, wenn man ichauch nicht ein bischen zu helfen wei; ich werde Ihnen zeigen, wieman das macht. Ich kehrte mit ihm in das Terminszimmerzurck. Der Fall lag o, da der Mann gechieden ein wollte,die Frau nicht, der Mann ie des Ehebruchs bechuldigte, die Fraumit thrnenreichen Declamationen ihre Unchuld betheuerte und trotzaller Mihandlung von Seiten des Mannes bei ihm bleiben wollte.Mit einem lispelnden Zungenanchlage prach Prtorius die Fraualo an: Aber Frau, ei ie doch nicht o dumm; was hat iedenn davon? Wenn ie nach Haue kommt, chlgt ihr der Manndie Jacke voll, bis ie es nicht mehr aushalten kann. Sage iedoch einfach Ja, dann it ie mit dem Sufer kurzer Hand auseinander. Darauf die Frau weinend und chreiend: Ich bineine ehrliche Frau, kann die Schande nicht auf mich nehmen, willnicht gechieden ein. Nach mehrfacher Replik und Duplik in dieerTonart wandte ich Prtorius zu mir mit den Worten: Da ienicht Vernunft annehmen will, o chreiben Sie, Herr Referendarius,und dictirte mir die Worte, die ich wegen des tiefen Eindrucks,|0035|Ertes Kapitel: Bis zum Erten Vereinigten Landtage.welchen ie mir machten, noch heut auswendig wei: Nachdem derShneveruch angetellt und die dafr dem Gebiete der Moral undReligion entnommnen Grnde erfolglos geblieben waren, wurdewie folgt weiter verhandelt. Mein Vorgeetzter erhob ich undagte: Nun merken Sie ich, wie man das macht, und laenSie mich knftig mit dergleichen in Ruhe. Ich begleitete ihn zurThre und etzte die Verhandlung fort. Die Station der Ehecheidungen dauerte, o viel ich mich erinnere, vier bis echs Wochen,ein Shneveruch kam mir nicht wieder vor. Es war ein gewiesBedrfni vorhanden fr dieVerordnungber das Verfahrenin Ehecheidungen, auf welche Friedrich WilhelmIV. ich bechrnkenmute, nachdem ein Veruch, einGeetzber Aenderung desmateriellen Eherechts zu Stande zu bringen, an dem Widertandedes Staatsraths gecheitert war. Dabei mag erwhnt werden,da durch jene Verordnung zuert in den Provinzen des Allgemeinen Landrechts der Staatsanwalt eingefhrt worden it, alsdefensor matrimoniiund zur Verhtung von Colluionen derParteien.Anprechender war das folgende Stadium der Bagatellprozee,wo der ungechulte junge Jurit wenigtens eine Uebung im Aufnehmen von Klagen und Vernehmen von Zeugen gewann, wo manihn im Ganzen aber doch mehr als Hlfsarbeiter ausnutzte, alsmit Belehrung frderte. Das Local und die Procedur hattenetwas von dem unruhigen Verkehre an einem Eienbahnchalter.Der Raum, wo der leitende Rath und die drei oder vier Auscultatoren mit dem Rcken gegen das Publikum aen, war vonhlzernen Gittern umgeben, und die dadurch gebildete viereckigeBucht war von der wechelnden und mehr oder weniger lrmendenMenge der Parteien rings umfluthet.Mein Eindruck von Intitutionen und Peronen wurde nichtweentlich modificirt, nachdem ich zur Verwaltung bergegangenwar. Um den Umweg zur Diplomatie abzukrzen, wandte ichmich einer rheinichen Regirung, der Aachner, zu, deren Curus|0036|Ehecheidungen. Bagatellprozee. Rheiniche Regirungscollegien.ich in zwei Jahren abmachen lie, whrend bei den altlndichenwenigtens drei erforderlich waren1).Ich kann mir denken, da bei Beetzung der rheinichen Regirungscollegien 1816 hnlich verfahren worden war, wie 1871bei der Organiation von Ela-Lothringen. Die Behrden, welcheeinen Theil ihres Peronals abzugeben hatten, werden nicht auf dastaatliche Bedrfni gehrt haben, fr die chwierige Aufgabe derAimilirung einer neu erworbenen Bevlkerung den beten Fuvorzuetzen, ondern diejenigen Mitglieder gewhlt haben, derenAbgang von ihren Vorgeetzten oder von ihnen elbt gewnchtwurde; in den Collegien fanden ich frhere Prfektur-Sekretre undandre Rete der franzichen Verwaltung. Die Pernlichkeitenentprachen nicht alle dem unberechtigten Ideale, das mir in demAlter von 21 Jahren vorchwebte, und noch weniger that diesder Inhalt der laufenden Gechfte. Ich erinnere mich, da ichbei vielen Meinungsverchiedenheiten zwichen Beamten und Regirten oder innerhalb jeder dieer beiden Kategorien, Meinungsverchiedenheiten, deren polemiche Vertretung jahrelang die Akten anchwellen machte, gewhnlich unter dem Eindrucke tand, ja, okann man es auch machen, und da Fragen, deren Entcheidungin dem einen oder dem andern Sinne das verbrauchte Papier nichtwerth war, eine Gechftslat erzeugten, die ein einzelner Prfektmit dem vierten Theile der aufgewandten Arbeitskraft htte erledigen knnen. Nichtsdetoweniger war, abgeehn von den ubalternen Beamten, das tgliche Arbeitspenum ein geringes undbeonders fr die Abtheilungs-Dirigenten eine reine Sinecure. Ichverlie Aachen mit einer, abgeehn von dem begabten PridentenGrafen Arnim-Boitzenburg, geringen Meinung von unrer Brokratie im Einzelnen und in der Geammtheit. Im Einzelnenwurde meine Meinung gntiger durch meine demnchtige Erfah1)Vgl. die Akten des Aachner Aufenthalts in Bismarck-JahrbuchIII,die Probearbeiten zum Referendariats-Examen in Bismarck-JahrbuchII.|0037|Ertes Kapitel: Bis zum Erten Vereinigten Landtage.rung bei der Regirung in Potsdam, zu der ich mich im Jahre1837 veretzen lie, weil dort abweichend von den andern Provinzen die indirecten Steuern zum Reort der Regirung gehrtenund grade diee wichtig waren, wenn ich die Zollpolitik zur Baismeiner Zukunft nehmen wollte.Die Mitglieder des Collegiums machten mir einen wrdigernEindruck als die Aachner, aber doch in ihrer Geammtheit denEindruck von Zopf und Perrcke, in welche Kategorie meine jugendliche Ueberhebung auch den vterlich-wrdigen Oberpridenten vonBaewitz tellte, whrend der Aachner Regirungsprident GrafArnim zwar die generelle Staatsperrcke, aber doch keinen geitigenZopf trug. Als ich dann aus dem Staatsdiente in das Landleben berging, brachte ich in die Berhrungen, welche ich alsGutsbeitzer mit den Behrden hatte, eine nach meinem heutigenUrtheil zu geringe Meinung von dem Werthe unrer Brokratie,eine vielleicht zu groe Neigung zur Kritik mit. Ich erinneremich, da ich als tellvertretender Landrath ber den Plan, dieWahl der Landrthe abzuchaffen, gutachtlich zu berichten hatte undmich o ausprach, die Brokratie inke in der Achtung vom Landrath aufwrts; ie habe dieelbe nur in der Peron des Landrathsbewahrt, der einen Januskopf trage, ein Geicht in der Brokratie,eins im Lande habe.Die Neigung zu befremdendem Eingreifen in die verchiedentenLebensverhltnie war unter dem damaligen vterlichen Regimentevielleicht grer als heut, aber die Organe zum Eingreifen warenweniger zahlreich und tanden an Bildung und Erziehung hher alsein Theil der heutigen. Die Beamten der Kniglichen hochlblichenRegirung waren ehrliche, tudirte und gut erzogne Beamte, aberihre wohlwollende Thtigkeit fand nicht immer Anerkennung, weilie ich ohne locale Sachkunde auf Details zerplitterte, in Betreffderen die Anichten des gelehrten Stadtbewohners am grnenTiche nicht immer der Kritik des buerlichen geunden Menchenvertandes berlegen waren. Die Mitglieder der Regirungs|0038|Brokratismus ont und jetzt.Collegien hatten damalsmulta, nichtmultumzu thun, und derMangel an hhern Aufgaben brachte es mit ich, da ie keinausreichendes Quantum wichtiger Gechfte fanden und in ihremPflichteifer ich ber das Bedrfni der Regirten hinaus zu thunmachten, in die Neigung zur Reglementirerei, zu dem, was derSchweizer Befehlerle nennt, geriethen. Man hatte, um einenvergleichenden Blick auf die Gegenwart zu werfen, gehofft, dadie Staatsbehrden durch die Einfhrung der heutigen localenSelbtverwaltung an Gechften und an Beamten wrden entbrdet werden; aber im Gegentheile, die Zahl der Beamten undihre Gechftslat ind durch Correpondenzen und Frictionen mitden Organen der Selbtverwaltung von dem Provinzialrathe bis zuder lndlichen Gemeindeverwaltung erheblich geteigert worden. Esmu frher oder pter der wunde Punkt eintreten, wo wir vonder Lat der Schreiberei und beonders der ubalternen Brokratieerdrckt werden.Daneben it der brokratiche Druck auf das Privatlebendurch die Art der Ausfhrung der Selbtverwaltung vertrktworden und greift in die lndlichen Gemeinden chrfer als frherein. Vorher bildete der der Bevlkerung ebeno nahe als dem Staatetehende Landrath den Abchlu der taatlichen Brokratie nachunten; unter ihm tanden locale Verwaltungen, die wohl der Controlle,aber nicht in gleichem Mae wie heut der Diciplinargewalt derBezirks- oder Miniterial-Brokratie unterlagen. Die lndliche Bevlkerung erfreut ich heut vermge der ihr gewhrten Selbtregirung nicht etwa einer hnlichen Autonomie wie eit lange dieder Stdte, ondern ie hat in Getalt des Amtsvortehers einenVortand erhalten, der durch Befehle von oben, vom Landratheunter Androhung von Ordnungstrafen diciplinarich angehaltenwird, im Sinne der taatlichen Hierarchie eine Mitbrger in einemBezirke mit Liten, Meldungen und Zumuthungen zu beltigen.Die regirtecontribuens plebshat in der landrthlichen Intanzungechickten Eingriffen gegenber nicht mehr die Garantie, welche|0039|Ertes Kapitel: Bis zum Erten Vereinigten Landtage.frher in dem Verhltni lag, da die Kreiseingeeenen, dieLandrthe wurden, dies in ihrem Kreie lebenslnglich zu bleibenin der Regel entchloen waren und die Leiden und Freuden desKreies mitfhlten. Heut it der Landrathspoten die unterte Stufeder hhern Verwaltungslaufbahn, geucht von jungen Aeoren,die den berechtigten Ehrgeiz haben, Carrire zu machen; dazu bedrfen ie der miniteriellen Gunt mehr als des Wohlwollens derKreisbevlkerung und uchen ertre durch hervorragenden Eifer undAnpannung der Amtsvorteher der angeblichen Selbtverwaltungbei Durchfhrung auch minderwerthiger brokraticher Veruche zugewinnen. Darin liegt zum groen Theil der Anla zur Ueberlatung ihrer Untergebenen in der localen Selbtverwaltung. DieSelbtverwaltung it alo Verchrfung der Brokratie, Vermehrung der Beamten, ihrer Macht und ihrer Einmichung insPrivatleben.Es liegt in der menchlichen Natur, da man von jederEinrichtung die Dornen trker empfindet als die Roen, und dadie ertern gegen das zur Zeit Betehende vertimmen. Die altenRegirungsbeamten zeigten ich, wenn ie mit der regirten Bevlkerung in unmittelbare Berhrung traten, pedantich und durchihre Bechftigung am grnen Tiche den Verhltnien des praktichen Lebens entfremdet, hinterlieen aber den Eindruck, da ieehrlich und gewienhaft bemht waren, gerecht zu ein. Daelbelt ich von den Organen der heutigen Selbtverwaltung in Landtrichen, wo die Parteien einander chrfer gegenbertehn, nicht inallen Stufen vorausetzen; das Wohlwollen fr politiche Freunde,die Stimmung bezglich des Gegners werden leicht ein Hinderniunparteiicher Handhabung der Einrichtungen. Nach meinen Erfahrungen aus jener und der ptern Zeit mchte ich brigensden Vorzug der Unparteilichkeit im Vergleiche zwichen richterlichenund adminitrativen Entcheidungen nicht den ertern allein einrumen, wenigtens nicht durchgngig. Ich habe im Gegentheilden Eindruck behalten, da Richter an den kleinen und localen|0040|Der Landrath ont und jetzt. Parteiween und Richter.Gerichten den tarken Parteitrmungen leichter und hingebenderunterliegen als Verwaltungsbeamte; und es it auch kein pychologicher Grund dafr erfindlich, da bei gleicher Bildung dieletzterna priorifr weniger gerecht und gewienhaft in ihrenamtlichen Entcheidungen gehalten werden ollten als die ertern.Wohl aber nehme ich an, da die amtlichen Entchlieungen anEhrlichkeit und Angemeenheit dadurch nicht gewinnen, da iecollegialich gefat werden; abgeehn davon, da Arithmetik undZufall bei dem Majorittsvotum an die Stelle logicher Begrndung treten, geht das Gefhl pernlicher Verantwortlichkeit, inwelcher die weentliche Brgchaft fr die Gewienhaftigkeit derEntcheidung liegt, ofort verloren, wenn diee durch anonymeMajoritten erfolgt.Der Gechftsgang in beiden Collegien, in Potsdam wie inAachen, war fr meine Strebamkeit nicht ermuthigend geween.Ich fand die mir zugewieene Bechftigung kleinlich und langweilig, und meine Arbeiten auf dem Gebiete der Mahlteuerprozeeund der Beitragspflicht zum Bau des Dammes in Rotzis beiWuterhauen haben mir kein Heimweh nach meiner damaligen Thtigkeit hinterlaen. Dem Ehrgeiz der Beamtenlaufbahn entagend,erfllte ich gerne den Wunch meiner Eltern, in die fetgefahrneBewirthchaftung unrer pommerchen Gter einzutreten. Auf demLande dachte ich zu leben und zu terben, nachdem ich Erfolge inder Landwirthchaft erreicht haben wrde, vielleicht auch im Kriege,wenn es einen gbe. Soweit mir auf dem Lande Ehrgeiz verblieb,war es der des Landwehr-Lieutenants.II.Die in meiner Kindheit empfangenen Eindrcke waren wenigdazu angethan, mich zu verjunkern. In der nach Petalozzi'chen undJahn'chen Grundtzen eingerichteten Plamann'chen Erziehungs|0041|Ertes Kapitel: Bis zum Erten Vereinigten Landtage.antalt war das von vor meinem Namen ein Nachtheil fr meinkindliches Behagen im Verkehre mit Mitchlern und Lehrern. Auchauf dem Gymnaium zum grauen Kloter habe ich einzelnen Lehrerngegenber unter dem Adelshae zu leiden gehabt, der ich in einemgroen Theile des gebildeten Brgerthums als Reminicenz ausden Zeiten vor 1806 erhalten hatte. Aber elbt die aggreiveTendenz, die in brgerlichen Kreien unter Umtnden zum Vorchein kam, hat mich niemals zu einem Vortoe in entgegengeetzterRichtung veranlat. Mein Vater war vom aritokratichen Vorurtheile frei, und ein inneres Gleichheitsgefhl war, wenn berhaupt, nur durch die Offizierseindrcke einer Jugend, keineswegs aberdurch Ueberchtzung des Geburtstandes modificirt. Meine Mutterwar die Tochter des in den damaligen Hofkreien fr liberalgeltenden Cabinetsraths Friedrichs des Groen, Friedrich WilhelmsII. undIII. aus der Leipziger Profeorenfamilie Mencken,welche in ihren letzten, mir vorhergehenden Generationen nachPreuen in den auswrtigen und den Hofdient gerathen war.Der Freiherr vom Stein hat meinen Grovater Mencken als einenehrlichen, tark liberalen Beamten bezeichnet. Unter dieen Umtnden waren die Auffaungen, die ich mit der Muttermilch einog, eher liberal als reactionr, und meine Mutter wrde, wennie meine miniterielle Thtigkeit erlebt htte, mit der Richtungderelben kaum einvertanden geween ein, wenn ie auch an denuern Erfolgen meiner amtlichen Laufbahn groe Freude empfundenhaben wrde. Sie war in brokratichen und Hofkreien gro geworden; Friedrich WilhelmIV. prach von ihr als Mienchen imAndenken an Kinderpiele. Ich darf es darnach fr eine ungerechteEinchtzung meiner Auffaung in jngern Jahren erklren, wennmir die Vorurtheile meines Standes angeheftet werden und behauptet wird, da Erinnerung an Bevorrechtigung des Adels derAusgangspunkt meiner innern Politik geween wre.Auch die unumchrnkte Autoritt der alten preuichen Knigsmacht war und it nicht das letzte Wort meiner Ueberzeugung.|0042|Junkerthum. Vortheile und Nachtheile des Abolutismus.Fr letztre war allerdings auf dem Erten Vereinigten Landtagediee Autoritt des Monarchen taatsrechtlich vorhanden, aber mitdem Wunche und dem Zukunftsgedanken, da die unumchrnkteMacht des Knigs elber ohne Uebertrzung das Ma ihrer Bechrnkung zu betimmen habe. Der Abolutismus bedarf in erterLinie Unparteilichkeit, Ehrlichkeit, Pflichttreue, Arbeitskraft undinnere Demuth des Regirenden; ind ie vorhanden, o werdendoch mnnliche oder weibliche Gntlinge, im beten Falle dielegitime Frau, die eigne Eitelkeit und Empfnglichkeit frSchmeicheleien dem Staate die Frchte des Kniglichen Wohlwollens verkrzen, da der Monarch nicht allwiend it und nichtfr alle Zweige einer Aufgabe gleiches Vertndni haben kann.Ich bin chon 1847 dafr geween, da die Mglichkeit ffentlicherKritik der Regirung im Parlamente und in der Pree ertrebtwerde, um den Monarchen vor der Gefahr zu behten, da Weiber,Hflinge, Streber und Phantaten ihm Scheuklappen anlegten, dieihn hinderten, eine monarchichen Aufgaben zu berehn undMigriffe zu vermeiden oder zu corrigiren. Diee meine Auffaunghat ich um o chrfer ausgeprgt, je nachdem ich mit den Hofkreien mehr vertraut wurde und gegen ihre Strmungen undgegen die Oppoition des Reortpatriotismus das Staatsintereezu vertreten hatte. Letztres allein hat mich geleitet, und es iteine Verleumdung, wenn elbt wohlwollende Publiziten mich bechuldigen, da ich je fr ein Adelsregiment eingetreten ei. DieGeburt hat mir niemals als Eratz fr Mangel an Tchtigkeitgegolten; wenn ich fr den Grundbeitz eingetreten bin, o habeich das nicht im Interee beitzender Standesgenoen gethan,ondern weil ich im Verfall der Landwirthchaft eine der grtenGefahren fr unern taatlichen Betand ehe. Mir hat immerals Ideal eine monarchiche Gewalt vorgechwebt, welche durch eineunabhngige, nach meiner Meinung tndiche oder berufsgenoenchaftliche Landesvertretung oweit controllirt wre, da Monarchoder Parlament den betehenden geetzlichen Rechtszutand nicht|0043|Ertes Kapitel: Bis zum Erten Vereinigten Landtage.eineitig, ondern nurcommuni consensundern knnen, beiOeffentlichkeit und ffentlicher Kritik aller taatlichen Vorgngedurch Pree und Landtag.Die Ueberzeugung, da der uncontrollirte Abolutismus, wieer durch LouisXIV. zuert in Scene geetzt wurde, die richtigteRegirungsform fr deutche Unterthanen ei, verliert auch der,welcher ie hat, durch Specialtudien in den Hofgechichten unddurch kritiche Beobachtungen, wie ich ie am Hofe des von mirpernlich geliebten und verehrten Knigs Friedrich WilhelmsIV.zur Zeit Manteuffel's antellen konnte. Der Knig war glubiger,gottberufener Abolutit, und die Miniter nach Brandenburg in derRegel zufrieden, wenn ie durch Knigliche Unterchrift gedecktwaren, auch wenn ie pernlich den Inhalt des Unterchriebenennicht htten verantworten mgen. Ich erlebte damals, da ein hoherund abolutitich geinnter Hofbeamter in meiner und mehrereiner Collegen Gegenwart auf die Nachricht von dem NeufchtelerAuftand der Royaliten in einer gewien Verblffung agte: Dasit ein Royalismus, den man heut zu Tage doch nur noch ehrfern vom Hofe erlebt. Sarkasmen lagen ont nicht in der Gewohnheit diees alten Herrn.Wahrnehmungen, welche ich auf dem Lande ber Betechlichkeit und Chicane von Bezirksfeldwebeln und ubalternen Beamtenmachte, und kleine Conflicte, in welche ich als Kreisdeputirter undStellvertreter des Landraths mit der Regirung in Stettin gerieth,teigerten meine Abneigung gegen die Herrchaft der Brokratie.Von dieen Conflicten mag der eine erwhnt ein. Whrend ichden beurlaubten Landrath vertrat, erhielt ich von der Regirungden Auftrag, den Patron von Klz, der ich elbt war, zur Uebernahme gewier Laten zu bewegen. Ich lie den Auftrag liegen,um ihn dem Landrathe bei einer Rckkehr zu bergeben, wurdewiederholt excitirt, und eine Ordnungstrafe von einem Thalerwurde mir durch Potvorchu auferlegt. Ich etzte nun ein Protokollauf, in welchem ich ertens als tellvertretender Landrath, zweitens|0044|Conflicte mit der Brokratie. Oppoition des Erten Verein. Landtags.als Patron von Klz als erchienen aufgefhrt war. Comparentmachte in einer Eigenchaftad1 ich die vorgechriebene Vorhaltung; entwickelte dagegen in derad2 die Grnde, aus denener die Zumuthung ablehnen me; worauf das Protokoll von ihmdoppelt genehmigt und unterchrieben wurde. Die Regirung vertand Scherz und lie mir die Ordnungstrafe zurckzahlen. Inandern Fllen kam es zu unangenehmeren Schraubereien. Ichwurde zur Kritik geneigt, alo liberal in dem Sinne, in welchemman das Wort damals in Kreien von Gutsbeitzern anwandte zurBezeichnung der Unzufriedenheit mit der Brokratie, die ihrereits in der Mehrzahl ihrer Glieder liberaler als ich war, aber inandrem Sinne.Aus meiner tndich-liberalen Stimmung, fr die ich inPommern kaum Vertndni und Theilnahme, in Schnhauen aberdie Zutimmung von Kreisgenoen wie Graf Wartensleben-Karow,Schiertdt-Dahlen und Andern fand, denelben Elementen, diezum Theil zu den pter unter der neuen Aera gerichtlich verurtheilten Kirchen-Patronen gehrten, aus dieer Stimmung wurdeich wieder entgleit durch die mir unympathiche Art der Oppoitiondes Erten Vereinigten Landtags, zu dem ich ert fr die letztenechs Wochen der Seion wegen Erkrankung des Abgeordnetenvon Brauchitch als deen Stellvertreter einberufen wurde. DieReden der Otpreuen Saucken-Tarputchen, Alfred Auerswald, dieSentimentalitt von Beckerath, der rheinich-franziche Liberalismusvon Heydt und Mevien und die polternde Heftigkeit der Vinckechen Reden waren mir widerlich, und auch wenn ich die Verhandlungen heut lee, o machen ie mir den Eindruck von importirterPhraen-Schablone. Ich hatte das Gefhl, da der Knig aufdem richtigen Wege ei und den Anpruch darauf habe, da manihm Zeit lae und ihn in einer eignen Entwicklung chone.Ich gerieth mit der Oppoition in Conflict, als ich das erteMal zu lngerer Ausfhrung das Wort nahm, am 17. Mai 1847,Otto Frt von Bismarck, Gedanken und Erinnerungen.I. 2|0045|Ertes Kapitel: Bis zum Erten Vereinigten Landtage.indem ich die Legende bekmpfte, da die Preuen 1813 in denKrieg gegangen wren, um eine Verfaung zu erlangen, und meinernaturwchigen Entrtung darber Ausdruck gab, da die Fremdherrchaft an ich kein gengender Grund zum Kampfe geween einolle1). Mir chien es unwrdig, da die Nation dafr, da ieich elbtbefreit habe, dem Knige eine in Verfaungsparagraphenzahlbare Rechnung berreichen wolle. Meine Ausfhrung rief einenSturm hervor. Ich blieb auf der Tribne, bltterte in einerdort liegenden Zeitung und brachte, nachdem der Lrm ich ausgetobt hatte, meine Rede zu Ende.Bei den Hoffetlichkeiten, die whrend des Vereinigten Landtags tattfanden, wurde ich von dem Knige und der Prinzeinvon Preuen in augenflliger Weie gemieden, jedoch aus verchiedenen Grnden, von der letztern, weil ich weder liberal nochpopulr war, von dem ertern aus einem Grunde, der mir ertpter klar wurde. Wem er bei Empfang der Mitglieder vermied,mit mir zu prechen, wenn er im Cercle, nachdem er der Reihenach jeden angeredet hatte, abbrach, obald er an mich kam, umkehrte oder quer durch den Saal abchwenkte: o glaubte ich annehmen zu men, da meine Haltung als royaliticher Heiporndie Grenzen berchritt, die er ich geteckt hatte. Da diee Auslegung unrichtig, erkannte ich ert einige Monate pter, als ichauf meiner Hochzeitsreie Venedig berhrte. Der Knig, der michim Theater erkannt hatte, befahl mich folgenden Tags zur Audienzund zur Tafel, mir o unerwartet, da mein leichtes Reiegepckund die Unfhigkeit der Schneider des Ortes mir nicht die Mglichkeit gewhrten, in correctem Anzuge zu ercheinen. Mein Empfangwar ein o wohlwollender und die Unterhaltung auch auf politichem Gebiete derart, da ich eine aufmunternde Billigung meinerHaltung im Landtage daraus entnehmen konnte. Der Knig befahlmir, mich im Laufe des Winters bei ihm zu melden, was gechah.1)Politiche Reden, Cotta'che AusgabeI9.|0046|Gegen die Adree. Friedrich WilhelmIV. und Bismarck.Bei dieer Gelegenheit und bei kleinern Diners im Schloe berzeugte ich mich, da ich bei beiden allerhchten Herrchaften involler Gnade tand, und da der Knig, wenn er zur Zeit derLandtagsitzungen vermieden hatte, ffentlich mit mir zu reden,damit nicht eine Kritik meines politichen Verhaltens geben, ondernnur eine Billigung den Andern zur Zeit nicht zeigen wollte.

|0047|Zweites Kapitel.Das Jahr1848.I.Die erte Kunde von den Ereignien des 18. und 19. Mrz1848 erhielt ich im Haue meines Gutsnachbarn, des Grafen vonWartensleben auf Karow, zu dem ich Berliner Damen geflchtethatten. Fr die politiche Tragweite der Vorgnge war ich imerten Augenblick nicht o empfnglich wie fr die Erbitterung berdie Ermordung unrer Soldaten in den Straen. Politich, dachteich, wrde der Knig bald Herr der Sache werden, wenn er nurfrei wre; ich ah die nchte Aufgabe in der Befreiung des Knigs,der in der Gewalt der Auftndichen ein ollte.Am 20. meldeten mir die Bauern in Schnhauen, es eienDeputirte aus dem dreiviertel Meilen entfernten Tangermnde angekommen, mit der Aufforderung, wie in der genannten Stadtgechehn war, auf dem Thurme die chwarz-roth-goldne Fahne aufzuziehn, und mit der Drohung, im Weigerungsfalle mit Vertrkungwiederzukommen. Ich fragte die Bauern, ob ie ich wehren wollten:ie antworteten mit einem eintimmigen und lebhaften Ja, undich empfahl ihnen, die Stdter aus dem Dorfe zu treiben, wasunter eifriger Betheiligung der Weiber beorgt wurde. Ich liedann eine in der Kirche vorhandene weie Fahne mit chwarzemKreuz, in Form des eiernen, auf dem Thurme aufziehn und ermittelte, was an Gewehren und Schiebedarf im Dorfe vorhanden|0048|Der 18. und 19. Mrz. Die Schnhauer Bauern.war, wobei etwa fnfzig buerliche Jagdgewehre zum Vorcheinkamen. Ich elbt bea mit Einrechnung der alterthmlichen einigezwanzig und lie Pulver durch reitende Boten von Jerichow undRathenow holen.Dann fuhr ich mit meiner Frau auf umliegende Drfer undfand die Bauern eifrig bereit, dem Knige nach Berlin zu Hlfezu ziehn, beonders begeitert einen alten Deichchulzen Kraue inNeuermark, der in meines Vaters Regiment Carabiniers Wachtmeiter geween war. Nur mein nchter Nachbar ympathiirte mitder Berliner Bewegung, warf mir vor, eine Brandfackel in dasLand zu chleudern, und erklrte, wenn die Bauern ich wirklichzum Abmarch anchicken ollten, o werde er auftreten und abwiegeln. Ich erwiderte: Sie kennen mich als einen ruhigenMann, aber wenn Sie das thun, o chiee ich Sie nieder. Das werden Sie nicht, meinte er. Ich gebe mein Ehrenwortdarauf, veretzte ich, und Sie wien, da ich das halte, alolaen Sie das.Ich fuhr zuncht allein nach Potsdam, wo ich am BahnhofeHerrn von Bodelchwingh ah, der bis zum 19. Miniter des Innerngeween war. Es war ihm offenbar unerwncht, im Geprchmit mir, dem Reactionr, geehn zu werden; er erwiderte meineBegrung mit den Worten: Ne me parlez pas. Lespaysans se lvent chez nous, erwiderte ich. Pour le Roi? Oui. Dieer Seiltnzer, agte er, die Hnde auf die thrnenden Augen drckend. In der Stadt fand ich auf der Plantage ander Garnionkirche ein Bivouak der Garde-Infanterie; ich prachmit den Leuten und fand Erbitterung ber den befohlenen Rckzugund Verlangen nach neuem Kampfe. Auf dem Rckwege lngsdes Kanals folgten mir pionartige Civiliten, welche Verkehr mitder Truppe geucht hatten und drohende Reden gegen mich fhrten.Ich hatte vier Schu in der Tache, bedurfte ihrer aber nicht. Ichtieg bei meinem Freunde Roon ab, der als Mentor des PrinzenFriedrich Karl einige Zimmer in dem Stadtchloe bewohnte,|0049|Zweites Kapitel: Das Jahr 1848.und beuchte im Deutchen Haue den General von Mllendorf, noch teif von den Mihandlungen, die er erlitten, als ermit den Auftndichen unterhandelte, und General von Prittwitz,der in Berlin commandirt hatte. Ich childerte ihnen die Stimmung des Landvolks; ie gaben mir dagegen Einzelheiten ber dieVorgnge bis zum 19. Morgens. Was ie zu berichten hattenund was an ptern Nachrichten aus Berlin hergelangt war,konnte mich nur in dem Glauben betrken, da der Knig nichtfrei ei.Prittwitz, der lter als ich war und ruhiger urtheilte, agte:Schicken Sie uns keine Bauern, wir brauchen ie nicht, habenSoldaten genug; chicken Sie uns lieber Kartoffeln und Korn,vielleicht auch Geld, denn ich wei nicht, ob fr die Verpflegungund Lhnung der Truppen ausreichend georgt werden wird. WennZuzug kme, wrde ich aus Berlin den Befehl erhalten und ausfhren men, denelben zurckzuchlagen. So holen Sie denKnig heraus! agte ich. Er erwiderte: Das wrde keine groeSchwierigkeit haben; ich bin tark genug, Berlin zu nehmen, aberdann haben wir wieder Gefecht; was knnen wir thun, nachdemder Knig uns befohlen hat, die Rolle des Beiegten anzunehmen?Ohne Befehl kann ich nicht angreifen.Bei dieem Zutand der Dinge kam ich auf den Gedanken,einen Befehl zum Handeln, der von dem unfreien Knige nicht zuerwarten war, von einer andern Seite zu bechaffen, und uchtezu dem Prinzen von Preuen zu gelangen. An die Prinzeinverwieen, deren Einwilligung dazu nthig ei, lie ich mich beiihr melden, um den Aufenthalt ihres Gemals zu erfahren (der,wie ich pter erfuhr, auf der Pfaueninel war). Sie empfingmich in einem Dienerzimmer im Entreol, auf einem fichtenenStuhle itzend, verweigerte die erbetene Auskunft und erklrte inlebhafter Erregung, da es ihre Pflicht ei, die Rechte ihres Sohneszu wahren. Was ie agte, beruhte auf der Vorausetzung, dader Knig und ihr Gemal ich nicht halten knnten, und lie auf|0050|In Potsdam und Berlin.den Gedanken chlieen, whrend der Minderjhrigkeit ihres Sohnesdie Regentchaft zu fhren. Um fr dieen Zweck die Mitwirkungder Rechten in den Kammern zu gewinnen, ind mir formelleErffnungen durch Georg von Vincke gemacht worden. Da ichzum Prinzen von Preuen nicht gelangen konnte, machte icheinen Veruch mit dem Prinzen Friedrich Karl, tellte ihm vor,wie nthig es ei, da das Knigshaus Fhlung mit der Armeebehalte, und wenn Se. Majett unfrei ei, auch ohne Befehl desKnigs fr die Sache deelben handle. Er erwiderte in lebhafterGemthsbewegung, o ehr ihm mein Gedanke zuage, o fhle erich doch zu jung, ihn auszufhren, und knne dem Beipiel derStudenten, die ich in die Politik michten, nicht folgen, er eiauch nicht lter als die. Ich entchlo mich dann zu dem Veruche, zu dem Knige zu gelangen.Prinz Karl gab mir im Potsdamer Schloe als Legitimationund Pa das nachtehende offene Schreiben:Ueberbringer mir wohlbekannt hat den Auftrag, ich beiSr. Majett meinem Allergndigten BruderpernlichnachHchtdeen Geundheit zu erkundigen und mir Nachricht zu bringen,aus welchem Grunde mir eit 30 Stunden auf meine wiederholteneigenh. Anfragen ob ich nicht nach Berlin kommen drfekeineAntwort ward.Potsdam 21. Maerz 1848 Carl Prinz v. Preuen.1 Uhr N. M.Ich fuhr nach Berlin. Vom Vereinigten Landtage her vielenLeuten von Anehn bekannt, hatte ich fr ratham gehalten, meinenBart abzucheeren und einen breiten Hut mit bunter Kokarde aufzuetzen. Wegen der gehofften Audienz war ich im Frack. AmAusgange des Bahnhofes war eine Schel mit einer Aufforderungzu Spenden fr die Barrikadenkmpfer aufgetellt, daneben ein baumlanger Brgerwehrmann mit der Muskete auf der Schulter. EinVetter von mir, mit dem ich beim Austeigen zuammengetroffen|0051|Zweites Kapitel: Das Jahr 1848.war, zog die Bre. Du wirt doch fr die Mrder nichts geben,agte ich, und auf einen warnenden Blick, den er mir zuwarf,und Dich vor dem Kuhfu nicht frchten? Ich hatte in demPoten chon den mir befreundeten Kammergerichtsrath Meier erkannt, der ich auf den Kuhfu zornig umwandte und dannausrief: I Jotte doch, Bismarck! wie ehn Sie aus! SchneSchweinerei hier!Die Brgerwache im Schloe fragte mich, was ich dort wolle.Auf meine Antwort, ich htte einen Brief des Prinzen Karl anden Knig abzugeben, agte der Poten, mich mit mitrauichenBlicken betrachtend, das knne nicht ein; der Prinz befinde icheben beim Knige. Ertrer mute alo noch vor mir von Potsdam abgereit ein. Die Wache verlangte den Brief zu ehn, denich htte; ich zeigte ihn, da er offen und der Inhalt unverfnglichwar, und man lie mich gehn, aber nicht in's Schlo. Im GathofMeinhard, parterre, lag ein mir bekannter Arzt im Fenter, zudem ich eintrat. Dort chrieb ich dem Knige, was ich ihm zuagen beabichtigt hatte. Ich ging mit dem Briefe zum FrtenBoguslaw Radziwill, der freien Verkehr hatte und ihn dem Knigebergeben konnte. Es tand darin u. A., die Revolution bechrnkeich auf die groen Stdte, und der Knig ei Herr im Lande, obalder Berlin verlae. Der Knig antwortete nicht, hat mir aberpter geagt, er habe den auf chlechtem Papier chlecht gechriebenen Brief als das erte Zeichen von Sympathie, das er damalserhalten, orgfltig aufbewahrt.Auf meinen Gngen durch die Straen, um die Spuren desKampfes anzuehn, raunte ein Unbekannter mir zu: Wien Sie,da Sie verfolgt werden? Ein andrer Unbekannter flterte mirunter den Linden zu: Kommen Sie mit; ich folgte ihm in dieKleine Mauertrae, wo er agte: Reien Sie ab, oder Sie werdenverhaftet. Kennen Sie mich? fragte ich. Ja, antwortete er, Sieind Herr von Bismarck. Von welcher Seite mir die Gefahr drohenollte, von welcher die Warnung kam, habe ich nie erfahren. Der|0052|In den Straen von Berlin. Prittwitz und Mllendorf.Unbekannte verlie mich chnell. Ein Straenjunge rief mir nach:Kiek, det is och en Franzos, eine Aeuerung, an die ich durchmanche ptere Ermittlung erinnert worden bin. Mein allein unrairter langer Kinnbart, der Schlapphut und Frack hatten demJungen einen exotichen Eindruck gemacht. Die Straen warenleer, kein Wagen ichtbar; zu Fu nur einige Trupps in Bluenund mit Fahnen, deren einer in der Friedrichtrae einen lorbeerbekrnzten Barrikadenhelden zu irgend welcher Ovation geleitete.Nicht wegen der Warnung, ondern weil ich in Berlin keinenBoden fr eine Thtigkeit fand, kehrte ich an demelben Tage nachPotsdam zurck und beprach mit den beiden Generalen Mllendorfund Prittwitz noch einmal die Mglichkeit eines elbtndigenHandelns. Wie ollen wir das anfangen? agte Prittwitz. Ichklimperte auf dem geffneten Klavier, neben dem ich a, denInfanteriemarch zum Angriff. Mllendorf fiel mir in Thrnenund vor Wundchmerzen teif um den Hals und rief: Wenn Sie unsdas beorgen knnten! Kann ich nicht, erwiderte ich; aber wennSie es ohne Befehl thun, was kann Ihnen denn gechehn? DasLand wird Ihnen danken und der Knig chlielich auch. Prittwitz:Knnen Sie mir Gewiheit chaffen, ob Wrangel und Hedemannmitgehn werden? wir knnen zur Inubordination nicht noch Zwitin die Armee bringen. Ich verprach das zu ermitteln, elbt nachMagdeburg zu gehn und einen Vertrauten nach Stettin zu chicken,um die beiden commandirenden Generale zu ondiren. Von Stettinkam der Becheid des Generals von Wrangel: Was Prittwitz thut,thue ich auch. Ich elbt war in Magdeburg weniger glcklich.Ich gelangte zuncht nur an den Adjutanten des Generals von Hedemann, einen jungen Major, dem ich mich erffnete und der mireine Sympathie ausdrckte. Nach kurzer Zeit aber kam er zu mirin den Gathof und bat mich, ofort abzureien, um mir eineUnannehmlichkeit und dem alten General eine Lcherlichkeit zuerparen; derelbe beabichtige, mich als Hochverrther fetnehmenzu laen. Der damalige Oberprident von Bonin, die hchte|0053|Zweites Kapitel: Das Jahr 1848.politiche Autoritt der Provinz, hatte eine Proclamation erlaendes Inhalts: In Berlin it eine Revolution ausgebrochen; ichwerde eine Stellung ber den Parteien nehmen. Diee Sttzedes Thrones war pter Miniter und Inhaber hoher und einflureicher Aemter. General Hedemann gehrte dem HumboldtchenKreie an.Nach Schnhauen zurckgekehrt, uchte ich den Bauern begreiflich zu machen, da der bewaffnete Zug nach Berlin nicht thunlichei, gerieth aber dadurch in den Verdacht, in Berlin von demrevolutionren Schwindel angeteckt zu ein. Ich machte ihnendaher den Vorchlag, der angenommen wurde, da Deputirte ausSchnhauen und andern Drfern mit mir nach Potsdam reienollten, um elbt zu ehn, und den General von Prittwitz, vielleicht den Prinzen von Preuen zu prechen. Als wir am 25. denBahnhof von Potsdam erreichten, war der Knig eben dort eingetroffen und von einer groen Menchenmenge in wohlwollenderStimmung empfangen worden. Ich agte meinen buerlichen Begleitern: Da it der Knig, ich werde Euch ihm vortellen, prechtmit ihm. Das lehnten ie aber ngtlich ab und verzogen ichchnell in die hinterten Reihen. Ich begrte den Knig ehrfurchtsvoll, er dankte, ohne mich zu erkennen, und fuhr nach demSchloe. Ich folgte ihm und hrte dort die Anrede, welche er imMarmoraale an die Offiziere des Gardecorps richtete*). Bei denWorten: Ich bin niemals freier und ichrer geween als unterdem Schutze meiner Brger erhob ich ein Murren und Auftoenvon Sbelcheiden, wie es ein Knig von Preuen in Mitteneiner Offiziere nie gehrt haben wird und hoffentlich nie wiederhren wird1).*)Die meiner Erinnerung und ich unter einander widerprechendenBerichte der Allgemeinen Preuichen, der Voichen und der Schleichen Zeitungliegen mir vor. (Wolff, Berliner Revolutions-Chronik BandI424.)1)Sie findet ich nach den Aufzeichnungen eines Offiziers in Gerlach'sDenkwrdigkeitenI148 f.|0054|Die Schnhauer in Potsdam. Schreiben an Prittwitz.Mit verwundetem Gefhl kehrte ich nach Schnhauen zurck.Die Erinnerung an das Geprch, welches ich in Potsdammit dem General-Lieutenant von Prittwitz gehabt hatte, veranlatemich, im Mai folgendes, von meinen Freunden in der SchnhauerGegend mitunterzeichnetes Schreiben an ihn zu richten:Jeder, dem ein preuiches Herz in der Brut chlgt, hatgewi gleich uns Unterzeichneten mit Entrtung die Angriffe derPree geleen, welchen in den erten Wochen nach dem 19. Mrzdie Kniglichen Truppen zum Lohn dafr ausgeetzt waren, daie ihre Pflicht im Kampfe treu erfllt und auf ihrem befohlenenRckzuge ein unbertroffenes Beipiel militricher Diciplin undSelbtverleugnung gegeben hatten. Wenn die Pree eit einiger Zeiteine chicklichere Haltung beobachtet, o liegt der Grund davon beider dieelbe beherrchenden Partei weniger in einer ihr eithergewordenen richtigen Erkenntni des Sachverhltnies, als darin,da die chnelle Bewegung der neuern Ereignie den Eindruck derltern in den Hintergrund drngt, und man ich das Anehngiebt, den Truppen wegen ihrer neueten Thaten*)die frhernverzeihn zu wollen. Sogar bei dem Landvolk, welches die ertenNachrichten von den Berliner Ereignien mit kaum zu zgelnderErbitterung aufnahm, fangen die Enttellungen an Conitenz zugewinnen, welche von allen Seiten und ohne irgend erheblichenWiderpruch, theils durch die Pree, theils durch die bei Gelegenheit der Wahlen das Volk bearbeitenden Emire verbreitet wordenind, o da die wohlgeinnten Leute unter dem Landvolk bereitsglauben, es knne doch nicht ohne allen Grund ein, da derBerliner Straenkampf von den Truppen, mit oder ohne Wienund Willen des vielverleumdeten Thronerben, vorbedachter Weieherbeigefhrt ei, um dem Volke die Conceionen, welche der Kniggemacht hatte, zu entreien. An eine Vorbereitung auf der andernSeite, an eine ytematiche Bearbeitung des Volkes, will kaum*)Am 23. April hatten ie Schleswig beetzt.|0055|Zweites Kapitel: Das Jahr 1848.einer mehr glauben. Wir frchten, da diee Lge, wenigtens imBewutein der untern Volkschichten, auf lange Zeit hin zuGechichte werde, wenn ihr nicht durch ausfhrliche, mit Beweienbelegte Dartellungen des wahren Hergangs der Sache entgegengetreten wird, und zwar obald als mglich, da bei dem aueraller Berechnung liegenden Lauf der Zeit heut und morgenneue Ereignie eintreten knnten, welche die Aufmerkamkeit desPublikums durch ihre Wichtigkeit dergetalt in Anpruch nhmen, daErklrungen ber die Vergangenheit keinen Anklang mehr fnden.Es wrde unrer Meinung nach von dem erheblichten Einflu auf die politichen Anichten der Bevlkerung ein, wenn ieber die unlautere Quelle der Berliner Bewegung einigermaenaufgeklrt werden knnte, owie darber, da der Kampf der Mrzhelden zur Erreichung desvorgechtztenZweckes, nmlich derVertheidigung der von Sr. Majett verprochenen contitutionellenIntitutionen, ein unnthiger war. Ew. Excellenz als Befehlshaberder ruhmwrdigen Truppen, welche bei jenen Ereignien thtigwaren, ind unres Erachtens vorzugsweie berufen und im Stande,die Wahrheit ber dieelben auf berzeugende Weie ans Licht zubringen. Die Ueberzeugung, wie wichtig dies fr uner Vaterlandein und wie ehr der Ruhm der Armee dabei gewinnen wrde,mu uns zur Entchuldigung dienen, wenn wir Ew. Excellenz odringend als ehrerbietig bitten, eine, inoweit die dientlichen Rckichten es getatten, genaue und mit Beweistcken verehene Dartellung der Berliner Ereignie vom militrichen Standpunkt obald als mglich der Oeffentlichkeit bergeben zu laen1).Der General von Prittwitz it auf diee Anregung nicht eingegangen. Ert am 18. Mrz 1891 hat der General-Lieutenant z. D.von Meyerinck in dem Beiheft des Militr-Wochenblatts eineDartellung zu dem von mir bezeichneten Zwecke geliefert, leidero pt, da grade die wichtigten Zeugen, namentlich die Flgel1)Bismarck-JahrbuchVI8 ff.|0056|Mittheilungen aus Geprchen mit Minutoli, Prittwitz.adjutanten Edwin von Manteuffel und Graf Oriola, inzwichenvertorben waren.Als Beitrag zu der Gechichte der Mrztage eien hier Geprche aufgezeichnet, welche ich einige Wochen danach mit Peronenhatte, die mich, den ie als Vertrauensmann der Conervativen betrachteten, aufuchten, die einen, um ich ber ihr Verhalten vorund an dem 18. Mrz rechtfertigend auszuprechen, die andern,um mir die gemachten Wahrnehmungen mitzutheilen. Der Polizeiprident von Minutoli beklagte ich dabei, da ihm der Vorwurfgemacht werde, er habe den Auftand vorausgeehn und nichtszur Verhinderung deelben gethan, und betritt, da irgend welcheauffallende Symptome zu einer Kenntni gekommen wren. Aufmeine Entgegnung, mir ei in Genthin von Augenzeugen geagtworden, da whrend der Tage vor dem 18. Mrz fremdlndichausehende Mnner, meitens polnich prechend, einige offen Waffenmit ich fhrend, die andern mit chweren Gepcktcken, in derRichtung nach Berlin pairt wren, erzhlte Minutoli, der Minitervon Bodelchwingh habe ihn Mitte Mrz kommen laen und Beorgni ber die herrchende Ghrung geuert; darauf habe erdenelben in eine Verammlung vor den Zelten gefhrt. NachdemBodelchwingh die dort gehaltenen Reden angehrt, habe er geagt: Die Leute prechen ja ganz vertndig, ich danke Ihnen, Siehaben mich vor einer Thorheit bewahrt. Bedenklich fr die Beurtheilung Minutoli's war eine Popularitt in den nchten Tagennach dem Straenkampfe. Sie war fr einen Polizeipridentenals Ergebni eines Aufruhrs unnatrlich.Auch der General von Prittwitz, der die Truppen um dasSchlo befehligt hatte, uchte mich auf und erzhlte mir, mitihrem Abzuge ei es o zugegangen: Nachdem ihm die Proclamation An meine lieben Berliner bekannt geworden, habe erdas Gefecht abgebrochen, aber den Schloplatz, das Zeughaus unddie einmndenden Straen zum Schutze des Schloes beetzt gehalten. Da ei Bodelchwingh an ihn mit der Forderung heran|0057|Zweites Kapitel: Das Jahr 1848.getreten: Der Schloplatz mu gerumt werden. Das it unmglich, habe er geantwortet, damit gebe ich den Knig preis.Darauf Bodelchwingh: Der Knig hat in einer Proclamationbefohlen, da alle ,ffentlichen Pltze*)gerumt werden ollen;it der Schloplatz ein ffentlicher Platz oder nicht? Noch bin ichMiniter, und ich habe es wohl auswendig gelernt, was ich als olcherzu thun habe. Ich fordere Sie auf, den Schloplatz zu rumen.Was, o chlo Prittwitz eine Mittheilung, was htte ich darauf anders thun ollen, als abmarchiren? Ich wrde, antworteteich, es fr das Zweckmigte gehalten haben, einem Unteroffizierzu befehlen: ,Nehmen Sie dieen Civiliten in Verwahrung. Prittwitz erwiderte: Wenn man vom Rathhaue kommt, it man immerklger. Sie urtheilen als Politiker; ich handelte auschlielich alsSoldat auf Weiung des auf eine unterchriebene allerhchte Proclamation ich ttzenden dirigirenden Miniters. Von andrer Seitehabe ich gehrt, Prittwitz habe diee eine letzte im Freien tattfindende Unterredung mit Bodelchwingh damit abgebrochen, daer blauroth vor Zorn den Degen in die Scheide getoen und dieAufforderung gemurmelt habe, die Gtz von Berlichingen demReichscommiar durch das Fenter zuruft. Dann habe er einPferd links gedreht und ei durch die Schlofreiheit chweigend undim Schritt abgeritten. Durch einen vom Schloe geendeten Offiziernach dem Verbleib der Truppen gefragt, habe er biig geantwortet:Die ind mir durch die Finger gegangen, wo Alle mitreden**).Von Offizieren aus der nchten Umgebung Sr. Majett habeich Folgendes gehrt. Sie uchten den Knig auf, der momentannicht zu finden war, weil er aus natrlichen Grnden ich zurckgezogen hatte. Als er wieder zum Vorchein kam und gefragt wurde:Haben Ew. Majett befohlen, da die Truppen abmarchiren?*)Die Proclamation agt: alle Straen und Pltze.**)Das Schreiben des Pators von Bodelchwingh vom 8. November 1891(Kreuzzeitung vom 18. November 1891, Nr. 539) und die Denkwrdigkeiten ausdem Leben Leopolds von Gerlach ind mir bekannt.|0058|Geprch mit Prittwitz. Frt Lichnowki. Adredebatte.erwiderte der Knig: Nein, Sie ind aber chon auf dem Abmarch, agte der Adjutant und fhrte den Knig an ein Fenter.Der Schloplatz war chwarz von Civiliten, hinter denen noch dieletzten Bajonette der abziehenden Soldaten zu ehn waren. Dashabe ich nicht befohlen, das kann nicht ein, rief der Knig ausund hatte den Ausdruck der Betrzung und Entrtung.Ueber den Frten Lichnowki wurde mir erzhlt, da er abwechelnd oben im Schloe einchchternde Nachrichten ber Schwcheder Truppen, Mangel an Lebensmitteln und Munition verbreitetund unten auf dem Platze den Auftndichen deutch und polnichzugeredet habe auszuhalten, oben habe man den Muth verloren.II.In der kurzen Seion des Zweiten Vereinigten Landtags agteich am 2. April1):Ich bin einer der wenigen, welche gegen die Adree timmenwerden, und ich habe um das Wort nur deshalb gebeten, um dieeAbtimmung zu motiviren und Ihnen zu erklren, da ich dieAdree, inoweit ie ein Programm der Zukunft it, ohne Weitresacceptire, aber aus dem alleinigen Grunde, weil ich mir nichtanders helfen kann. Nicht freiwillig, ondern durch den Drangder Umtnde getrieben, thue ich es; denn ich habe meine Anichteit den echs Monaten nicht gewechelt; ich glaube, da diesMiniterium das einzige it, welches uns aus der gegenwrtigenLage einem geordneten und geetzmigen Zutande zufhren kann,und aus dieem Grunde werde ich demelben meine geringe Unterttzung berall widmen, wo es mir mglich it. Was mich aberveranlat, gegen die Adree zu timmen, ind die Aeuerungen vonFreude und Dank fr das, was in den letzten Tagen gechehn it.Die Vergangenheit it begraben, und ich bedaure es chmerzlicher1)Politiche Reden Bd.IS. 45 f.|0059|Zweites Kapitel: Das Jahr 1848.als Viele von Ihnen, da keine menchliche Macht im Stande it,ie wieder zu erwecken, nachdem die Krone elbt die Erde auf ihrenSarg geworfen hat. Aber wenn ich dies, durch die Gewalt derUmtnde gezwungen, acceptire, o kann ich doch nicht aus meinerWirkamkeit auf dem Vereinigten Landtage mit der Lge cheiden,da ich fr das danken und mich freuen oll ber das, was ichmindetens fr einen irrthmlichen Weg halten mu. Wenn eswirklich gelingt, auf dem neuen Wege, der jetzt eingechlagen it,eineiniges deutches Vaterland, einen glcklichen oder auchnur geetzmig geordneten Zutand zu erlangen, dann wird derAugenblick gekommen ein, wo ich dem Urheber der neuen Ordnungder Dinge meinen Dank ausprechen kann, jetzt aber it es mirnicht mglich.Ich wollte mehr agen, war aber durch innere Bewegung indie Unmglichkeit veretzt, weiter zu prechen, und verfiel in einenWeinkrampf, der mich zwang, die Tribne zu verlaen.Wenige Tage zuvor hatte mir ein Angriff einer MagdeburgerZeitung Anla gegeben, an die Redaction das nachtehende Schreibenzu richten, in welchem ich eine der Errungenchaften, das trmichgeforderte und durch die Aufhebung der Cenur gewhrte Rechtder freien Meinungsuerung, auch fr mich in Anpruch nahm,nicht ahnend, da mir daelbe 42 Jahre pter1)wrde betrittenwerden.Eure Wohlgeborenhaben in die heutige Nummer Ihrer Zeitung einen ,Aus der Altmark datirten Artikel aufgenommen, der einzelne Pernlichkeitenverdchtigt, indirect auch mich, und ich telle daher Ihrem Gerechtigkeitsgefhl anheim, ob Sie nachtehende Erwiderung aufnehmenwollen. Ich bin zwar nicht der in jenem Artikel bezeichnete Herr,welcher von Potsdam nach Stendal gekommen ein oll, aber ich1)Durch den Erla Caprivi's vom 23. Mai 1890.|0060|Schreiben an eine Magdeburger Zeitung.habe ebenfalls in der vorigen Woche den mir benachbarten Gemeinden erklrt, da ich den Knig in Berlin nicht fr frei hielte,und dieelben zur Abendung einer Deputation an die geeigneteStelle aufgefordert, ohne da ich mir deshalb die elbtchtigenMotive, welche Ihr Correpondent anfhrt, unterchieben laenmchte. Es it 1) ehr erklrlich, da jemand, dem alle mit derPeron des Knigs nach dem Abzug der Truppen vorgegangenenEreignie bekannt waren, die Meinung faen konnte, der Knigei nicht Herr, zu thun und zu laen, was er wollte; 2) halteich jeden Brger eines freien Staates fr berechtigt, eine Meinung gegen eine Mitbrger elbt dann zu uern, wenn ie deraugenblicklichen ffentlichen Meinung widerpricht: ja nach denneuten Vorgngen mchte es chwer ein, jemand das Rechtzu betreiten, eine politichen Anichten durch Volksaufregung zuunterttzen; 3) wenn alle Handlungen Sr. Majett in denletzten 14 Tagen durchaus freiwillig geween ind, was weder IhrCorrepondent noch ich mit Sicherheit wien knnen, was httendann die Berliner erkmpft? Dann wre der Kampf am 18. und19. mindetens ein berfliger und zweckloer geween und allesBlutvergieen ohne Veranlaung und ohne Erfolg; 4) glaubeich die Geinnung der groen Mehrzahl der Ritterchaft dahinausprechen zu knnen, da in einer Zeit, wo es ich um dasociale und politiche Fortbetehn Preuens handelt, wo Deutchlandvon Spaltungen in mehr als einer Richtung bedroht it, wir wederZeit noch Neigung haben, unre Krfte an reactionre Veruche,oder an Vertheidigung der unbedeutenden uns bisher verbliebenengutsherrlichen Rechte zu vergeuden, ondern gern bereit ind, dieeauf Wrdigere zu bertragen, indem wir diees als untergeordneteFrage, die Hertellung rechtlicher Ordnung in Deutchland, die Erhaltung der Ehre und Unverletzlichkeit unres Vaterlandes aberals die fr jetzt alleinige Aufgabe eines jeden betrachten, deenBlick auf unre politiche Lage nicht durch Parteianichten getrbt it.Otto Frt von Bismarck, Gedanken und Erinnerungen.I. 3|0061|Zweites Kapitel: Das Jahr 1848.Gegen die Verffentlichung meines Namens habe ich, fallsSie Vortehendes aufnehmen wollen, nichts einzuwenden. Genehmigen Sie die Vericherung der grten Hochachtung, mit der ich binSchnhauen bei Jerichow, 30. Mrz 1848Eurer WohlgeborenergebenterBismarck.Ich bemerke dazu, da ich mich von Jugend auf ohne vunterchrieben und meine heutige Unterzeichnung v. B. ert ausWiderpruch gegen die Antrge auf Abchaffung des Adels 1848angenommen habe.Der nachtehende Artikel, deen Concept in meiner Handchriftich erhalten hat, it, wie der Inhalt ergiebt, in der Zeit zwichendem Zweiten Vereinigten Landtage und den Wahlen zur Nationalverammlung gechrieben. In welcher Zeitung er erchienen it,hat ich nicht ermitteln laen1).Aus der Altmark.Ein Theil unrer Mitbrger, welcher ich unter dem Sytemder tndichen Sonderung einer tarken Vertretung erfreute, nmlich die Bewohner der Stdte, fangen an zu fhlen, da bei demneuen Wahlmodus, nach welchem in fat allen Kreien die tdticheBevlkerung mit einer der Zahl nach ehr berwiegenden lndlichenzu concurriren haben wird, ihre Intereen gegen die der groenMaen der Landbewohner werden zurcktehn men. Wir lebenin der Zeit der materiellen Intereen, und nach Fettellung derneuen Verfaung, nach Beruhigung der jetzigen Ghrung, wirdich der Kampf der Parteien darum drehn, ob die Staatslatengleichmig nach dem Vermgen getragen, oder ob ie berwiegenddem immer teuerbereiten Grund und Boden aufgelegt werdenollen, der die bequemte und icherte Erhebung getattet und von1)Bismarck-JahrbuchVI10 ff.|0062|Ein Zeitungsartikel.deen Umfang nie etwas verheimlicht werden kann. Es it natrlich, da die Stdter dahin treben, den Steuererheber von derFabrikindutrie, von dem tdtichen Huerwerth, von dem Rentierund Capitaliten o fern als mglich zu halten, und ihn lieber aufAcker und Wieen und deren Producte anzuweien. Ein Anfangit damit gemacht, da in den bisher mahlteuerpflichtigen Stdtendie unterten Stufen von der neuen directen Steuer frei bleiben,whrend ie auf dem Lande nach wie vor Klaenteuer zahlen.Wir hren ferner von Maregeln zur Unterttzung der Indutrieauf Koten der Staatskaen, aber wir hren nicht davon, daman dem Landmanne zu Hlfe kommen wolle, der wegen derkriegerichen Ausichten auf der Seeeite eine Producte nicht verwerthen kann, aber der durch Kndigung von Capitalien in dieergeldarmen Zeit einen Hof zu verkaufen genthigt wird. Ebenohren wir mit Bezug auf indirecte Beteuerung mehr von demSchutzzollytem zu Gunten inlndicher Fabrication und Gewerbeprechen, als von dem fr die ackerbautreibende Bevlkerung nthigenfreien Handel. Es it wie geagt natrlich, da ein Theil dertdtichen Bevlkerung mit Rckicht auf die beregten Streitpunktekein Mittel cheut, bei den bevortehenden Wahlen das eigneInteree zur Geltung zu bringen und die Vertretung der Landbewohner zu chwchen. Ein ehr wirkamer Hebel zu letzteremZweck liegt in den Betrebungen, der lndlichen Bevlkerung diejenigen ihrer Mitglieder zu verdchtigen, deren Bildung undIntelligenz ie befhigen knnte, die Intereen des Grund undBodens auf der Nationalverammlung mit Erfolg zu vertreten;man bemht ich daher, eine Mitimmung gegen die Rittergutsbeitzer kntlich zu befrdern, indem man meint, wenn man dieeKlae unchdlich macht, o men die Landbewohner entwederAdvokaten oder andre Stdter whlen, die nach den lndlichenIntereen nicht viel fragen, oder es kommen meit chlichte Landleute, und die denkt man durch die Beredamkeit und kluge Politikder Parteifhrer in der Nationalverammlung chon unvermerkt|0063|Zweites Kapitel: Das Jahr 1848.zu leiten. Man ucht daher die bisherige Ritterchaft als olcheLeute zu bezeichnen, die den alten Zutand erhalten und zurckfhren wollen, whrend die Rittergutsbeitzer wie jeder andrevernnftige Mench ich elbt agen, da es uninnig und unmglich wre, den Strom der Zeit aufhalten oder zurckdmmen zuwollen. Man ucht ferner auf den Drfern die Vortellung zuwecken und zu betrken, da jetzt die Zeit gekommen ei, ich vonal