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© Institut für Handelsforschung 1
Profil und Effizienz des
vollversorgenden pharmazeutischen Großhandels
Eine Studie des
Instituts für Handelsforschung
im Auftrag des
Bundesverbands des pharmazeutischen
Großhandels - PHAGRO - e. V.
Bearbeitung:
Dr. Andreas Kaapke
Dr. Markus Preißner
Dipl.-Kff. Sabrina Heckmann
Köln, 5. November 2008
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Inhaltsverzeichnis
1 Management Summary ....................................................................................................... 4
2 Problemstellung und Vorgehensweise ................................................................................ 6
3 Profil des vollversorgenden pharmazeutischen Großhandels ............................................. 7
3.1 Gegenstand, Funktion und Bedeutung.................................................................. 7
3.2 Branchenentwicklung .......................................................................................... 13
4 Auswirkungen des Direktgeschäftes ................................................................................. 16
5 Effizienz des vollversorgenden pharmazeutischen Großhandels...................................... 21
6 Fazit ................................................................................................................................... 29
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Abkürzungsverzeichnis
ABDA Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände
AEP Apothekeneinstandspreis, Apothekeneinkaufspreis
AVP Apothekenverkaufspreis
AMG Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln, Arzneimittelgesetz
AMPreisV Arzneimittelpreisverordnung
ANZAG Andreae-Noris Zahn AG
ApBetrO Verordnung über den Betrieb von Apotheken, Apothekenbetriebsordnung
ApoG Gesetz über das Apothekenwesen, Apothekengesetz
ApU durchschnittlicher Abgabepreis der pharmazeutischen Unternehmen
GKV Gesetzliche Krankenversicherung
GMG Gesetz zur Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung, GKV-Modernisierungsgesetz
IFA Informationsstelle für Arzneispezialitäten - IFA GmbH
MA Marktanteil
PHAGRO Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels – PHAGRO – e.V.
PKV Private Krankenversicherung
Rx Bezeichnung für verschreibungspflichtige Arzneimittel
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1 Management Summary
Den rund 21.500 Apotheken in Deutschland obliegt die ordnungsgemäße, flächendeckende
Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln. Dabei hat der Gesetzgeber drei Ziele im
Blick:
- die Arzneimittelsicherheit, also die Sicherstellung der Qualität, Wirksamkeit und Un-
bedenklichkeit der Arzneimittel,
- die Versorgungssicherheit, also die Verfügbarkeit eines benötigten Arzneimittels,
- und die Sicherstellung der Versorgungsqualität, also die Qualität der Arzneimittel-
verwendung.
Um diese drei Ziele realisieren zu können, reicht es bei weitem nicht aus, dass allein die
Apotheken alles richtig machen, im Gegenteil, sie hängen nennenswert von den Aktivitäten
der vorgelagerten Wertschöpfungsstufen ab. So stellt der vollversorgende pharmazeutische
Großhandel die effektive und effiziente Versorgung der Apotheken und damit der Be-
völkerung mit Arzneimitteln sicher. Zu diesem Ergebnis kommt die vom IfH im Auftrag des
Bundesverbands PHAGRO e.V. erstellte Studie. Welche Effekte würden sich demnach bei
Abkehr vom bisherigen System ergeben:
- Da pro Auftrag an den pharmazeutischen Großhandel Waren von durchschnittlich
9,4 Herstellern distribuiert werden, würde sich das abzuwickelnde Transaktions-
aufkommen bei gleicher Leistung mehr als verneunfachen. Diese Zahl ist dann noch
höher anzusetzen, wenn man bedenkt, dass der Großhandel oft mehrere Aufträge
einer Apotheke wiederum in einer Lieferung bündelt (durchschnittlich 2,4 Aufträge pro
Lieferung pro Apotheke). Daraus ergibt sich eine Zahl von knapp 23 Herstellern pro
Lieferung.
- Der zeitliche Aufwand für Bestellung, Warenvereinnahme und Fakturierung in
Apotheken für eine völlige Apothekenversorgung über das Direktgeschäft wäre
signifikant höher als bei Auslieferung der Arzneimittel durch den Großhandel.
- Dies hätte auch Konsequenzen für eine wesentlich höhere Menge Verpackungsmüll,
die entsorgt werden müsste, völlig unterschiedlichen Anlieferungsformaten mit
geringem Standardisierungsgrad und einem in der Regel erhöhten Aufwand bei der
Bestellung der Waren.
- Durch das Einschalten von Distributoren, die jede Form von Waren ausliefern, kann
die Arzneimittelsicherheit nicht in der Qualität sichergestellt werden wie durch den
pharmazeutischen Großhandel. Die Lieferkette würde den unterschiedlichsten
Marktakteuren mit vergleichsweise geringer Kontinuität überlassen, deren
Überprüfung einen deutlich höheren Aufwand nach sich ziehen würde.
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- Die Apotheken könnten den durch eine Direktbelieferung höheren zeitlichen Aufwand
nur dadurch kompensieren, dass sie das eigene Lager deutlich erhöhen würden. Die
damit einhergehenden Lagerkosten lägen deutlich über dem heutigen Durchschnitts-
wert, der im Schnitt vorzuhaltende Lagerwert würde um ein Vielfaches ansteigen, das
unternehmerische Risiko würde sich vom Großhandel auf die Apotheken verlagern.
- Um die aktuellen Rabattverträge zwischen Herstellern und Krankenkassen erfüllen zu
können, müssten deutlich höhere Bestellmengen pro Auftrag bei den Herstellern ge-
ordert werden als wenn der pharmazeutische Großhandel eingeschaltet würde. Die
durchschnittliche Defektenquote zulasten der Patienten würde sich signifikant
erhöhen.
Im Vergleich zum Direktgeschäft ist die Belieferung der Apotheken mit Arzneimitteln durch
den Pharmazeutischen Großhandel effektiver und effizienter. Dass sich einzelne Lieferungen
z. B. hochpreisiger Arzneimittel durch Hersteller an Apotheken gut rechnen, steht dieser
Argumentation nicht im Wege, vielmehr bestärkt sie diese noch. Rosinenpickerei durch
Hersteller führt aber zur Schwächung des effektiven und effizienten Systems. Zur be-
stehenden Lösung – der Distribution der Arzneimittel über den pharmazeutischen Groß-
handel – gibt es in funktionaler Hinsicht keine Alternative. Gäbe es den vollversorgenden
Großhandel nicht, müssten die von ihm vollzogenen Funktionen dennoch von anderen Ak-
teuren erbracht werden. Auf Herstellerseite kann dies nicht erfolgen, da die ausführlich be-
schrieben Bündelungsvorteile nicht im selben Ausmaß realisiert werden könnten. Von daher
kommt das Gutachten zu einem eindeutigen Ergebnis: Nicht der Änderung, vielmehr der
Stärkung des bestehenden Systems muss das Wort geredet werden, seitens der Hersteller,
seitens der Apotheker und seitens der Politik.
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2 Problemstellung und Vorgehensweise
Der Vertrieb von Arzneimitteln an die ca. 22.500 öffentlichen Apotheken ist das
Kerngeschäft des vollversorgenden pharmazeutischen Großhandels. Als wesentlicher
Bestandteil des Arzneimittelversorgungssystems trägt der pharmazeutische Großhandel
dazu bei, die gesetzlich geforderte Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln über die
öffentlichen Apotheken gemäß Apothekengesetz und Apothekenbetriebsordnung
sicherzustellen. Vor dem Hintergrund eines zunehmenden Direktgeschäftes bei ausgewähl-
ten Produkten stellen sich Fragen,
- ob dadurch der Großhandelsvertrieb gefährdet wird und
- wie die Aktivitäten des pharmazeutischen Großhandels und
- das Direktgeschäft
unter Effektivitäts- und Effizienzgesichtspunkten, nicht zuletzt im Hinblick auf die Umsetzung
der aktuellen Kostendämpfungsmaßnahmen zu Gunsten der GKV, zu bewerten sind.1
Im Rahmen der vorliegenden Studie wird untersucht, welche Funktionen der
vollversorgende pharmazeutische Großhandel im Rahmen der Arzneimittelversorgung
übernimmt und wie dessen Aktivitäten sowohl unter betriebswirtschaftlichen wie auch
volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten sind. Dazu wird im zweiten Kapitel
zunächst dargestellt, wie der vollversorgende pharmazeutische Großhandel in das
Arzneimittelversorgungssystem eingebunden ist und welche Aufgaben er innerhalb des
Systems übernimmt. Das dritte Kapitel ist der Frage gewidmet, wie sich das Direktgeschäft
qualitativ und quantitativ in den letzten Jahren entwickelt hat und gegenwärtig darstellt. Das
vierte Kapitel ist der Analyse des pharmazeutischen Großhandels unter Effizienzgesichts-
punkten gewidmet. Die Studie schließt mit einem Fazit im fünften Kapitel.
1 Die Effektivität ist dabei als Maß für die Wirksamkeit bestimmter Maßnahmen bzw. den Grad der Zielerreichung infolge des Mitteleinsatzes zu verstehen. Eine Maßnahme ist effektiv, wenn sich ein bestimmtes Ziel (z. B. der angestrebte Versorgungsgrad) mit ihrer Hilfe erreichen lässt. Die Effektivität stellt also darauf ab, dass die richtigen Maßnahmen ergriffen werden, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Es geht folglich um die Frage „Tun wir die richtigen Dinge?“
Die Effizienz befasst sich mit den Kosten, die zum Erreichen eines bestimmten Zielerreichungsgrades (z. B. der angestrebte Versorgungsgrad) aufgebracht werden. Die Effizienz stellt also darauf ab, die vorhandenen Ressourcen bestmöglich einzusetzen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Eine Maßnahme ist effizient, wenn es keine andere Maßnahme gibt, mit deren Hilfe sich das gleiche Ziel mit geringerem Aufwand erreichen lässt. Es geht folglich um die Frage: „Tun wir die Dinge richtig?“ Verankert ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit innerhalb der Gesetzlichen Krankenversicherung in den §§ 12 und 70 SGB V.
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3 Profil des vollversorgenden pharmazeutischen Großhandels
Die folgenden Ausführungen geben einen Überblick über Gegenstand, Funktion und
Bedeutung des vollversorgenden pharmazeutischen Großhandels (2.1) sowie über die
wirtschaftliche Entwicklung dieser Branche (2.2).
3.1 Gegenstand, Funktion und Bedeutung
Pharmazeutischer Großhandel2 im funktionellen Sinne liegt vor, wenn Marktteilnehmer
pharmazeutische Erzeugnisse, die sie nicht selbst be- oder verarbeiten, vom Hersteller oder
von anderen Lieferanten beschaffen und an Wiederverkäufer, Weiterverarbeiter, gewerbliche
Verwender oder sonstige Institutionen, soweit es sich nicht um private Haushalte handelt,
absetzen und weitere der Arzneimittelversorgung dienende Funktonen übernehmen.3 Ist
diese wirtschaftliche Tätigkeit ausschließlich oder überwiegend dem pharmazeutischen
Großhandel im funktionellen Sinne zuzurechnen, handelt es sich um pharmazeutischen
Großhandel im institutionellen Sinne.4 Führt ein pharmazeutischer Großhändler alle in
seinem Liefergebiet die von seinen Kunden nachgefragten Sortimente von Arzneimitteln und
apothekenüblichen Produkten sowie Artikel aus dem Rand- und Nebensortiment, bezeichnet
man diesen als vollversorgenden pharmazeutischen Großhändler. In Deutschland sind
dies die folgenden 14 vollversorgende Pharmagroßhandlungen mit insgesamt 109
Niederlassungen:
Andreae-Noris Zahn AG Solmsstraße 25 60486 Frankfurt am Main
Ebert + Jacobi GmbH u. Co. KG Pharmazeutische Großhandlung Im Kreuz 4 97076 Würzburg
Ebert + Jacobi / Holdermann GmbH & Co. KG Rheinstraße 201 76532 Baden-Baden
Leopold Fiebig GmbH & Co. KG Messering 1 76287 Rheinstetten
GEHE Pharma Handel GmbH Neckartalstraße 131 70376 Stuttgart
Otto Geilenkirchen GmbH & Co. KG Charlottenstraße 10-12 52070 Aachen
2 Die Begriffe „pharmazeutischer Großhandel“, „pharmazeutische Großhandlung“ oder „Pharmagroßhandel“ stellen im Folgenden stets auf die vollversorgenden, herstellerneutralen pharmazeutischen Großhandlungen ab, die im Bundes-verband des pharmazeutischen Großhandels – PHAGRO – e.V. organisiert sind.
3 Vgl. Ausschuss für die Definitionen zu Handel und Distribution (Hrsg.): Katalog E. Definitionen zu Handel und Distribution, 5. Ausgabe, Köln 2006, S. 37.
4 Vgl. Ebenda, S. 38.
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Hageda-Stumpf GmbH&Co. Zielstattstr. 67 81379 München
Max Jenne Arzneimittel-Großhandlung KG Hopfenstraße 20-22 24114 Kiel
Richard Kehr GmbH & Co. KG Pharmazeutische-Großhandlung Sudetenstraße 8 38114 Braunschweig
C. Krieger & Co. Nachfolger GmbH & Co. KG St.-Elisabeth-Straße 3 56073 Koblenz
Noweda e. G. Apothekergenossenschaft Heinrich-Strunk-Straße 77 45143 Essen
PHOENIX Pharmahandel Aktiengesellschaft & Co KG Pfingstweidstraße 10-12 68199 Mannheim
v. d. Linde-Arzneimittel GmbH Wahlerstraße 40 40472 Düsseldorf
Sanacorp Pharmahandel GmbH Semmelweisstraße 4 82152 Planegg
Abnehmer des pharmazeutischen Großhandels sind in erste Linie die ca. 21.500 öffent-
lichen Apotheken in Deutschland. Sie beziehen die weit überwiegende Mehrzahl der
Arzneimittel und apothekenüblichen Waren über den vollversorgenden pharmazeutischen
Großhandel. Daneben werden krankenhausversorgende Apotheken und Krankenhäuser
vom vollversorgenden pharmazeutischen Großhandel beliefert, wobei diese
Geschäftstätigkeit aber als eine ergänzende Versorgungsfunktion zu den üblichen,
anderweitigen Bezugsquellen der Krankenhäuser zu sehen ist.
Das Sortiment der vollversorgenden pharmazeutischen Großhändler besteht vorwiegend
aus den von Apotheken abgegebenen Fertigarzneimitteln; ergänzt wird es durch Produkte
des apothekenüblichen Ergänzungssortiments und Krankenpflegeartikel. Das Arzneimittel-
sortiment setzt sich wie folgt zusammen:
- Verschreibungspflichtigen Produkte (Rx), deren Kosten vorbehaltlich der
Bestimmungen des Sozialgesetzbuches V von den gesetzlichen Krankenkassen
übernommen, von privaten Krankenkassen weitgehend erstattet oder von
Selbstzahlern gekauft werden,
- apothekenpflichtige, aber nicht verschreibungspflichtige Arzneimitteln der Selbst-
medikation (OTC), deren Kosten der Patient selbst trägt, soweit keine
Ausnahmeregelungen bestehen,
- Freiverkäufliche Arzneimittel, die auch außerhalb der Apotheke abgegeben werden
können,
- apothekenübliche Nicht-Arzneimittel.
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Ingesamt lagert, sortiert, kommissioniert, verpackt und liefert der vollsortierte
pharmazeutische Großhandel rund 60.000 Arzneimittel (Darreichungsformen) und weitere
30.000 apothekenübliche Produkte. Beliefert wird er von etwa 1.500 Herstellern von
Arzneimitteln und anderen Gesundheitsprodukten. Apotheken haben im Jahr 2007 rund 679
Mio. Rx- und 549 Mio. OTC-Arzneimittelpackungen über den vollversorgenden Pharma-
großhandel bezogen. Abbildung 1 verdeutlicht die Absatzentwicklung getrennt nach Rx und
OTC für die Jahre 2004 bis 2007.
Abbildung 1: Absatzentwicklung im vollversorgenden pharmazeutischen Großhandel, getrennt nach Rx- und OTC-Packungen
Quelle: Angaben des Bundesverbandes des pharmazeutischen Großhandels – PHAGRO – e.V.,
Frankfurt 2008.
Die Anzahl der über den Großhandel distribuierten Packungen ist sowohl im Rx- als auch im
OTC-Segment zwischen 2004 und 2007 angestiegen. Der Anteil der Rx-Packungen an der
gesamten Absatzmenge liegt bei rund 55 %, der OTC-Anteil entsprechend bei rund 45 %. Im
Gegensatz dazu herrscht auf der Umsatzseite ein deutliches Ungleichgewicht (siehe
Abbildung 2): Der Rx-Anteil am Gesamtumsatz beläuft sich auf 87 %, der OTC-Anteil gerade
einmal auf 13 %. Diese Relation ist deshalb wichtig, weil die Distributionskosten zunächst
unabhängig vom Preis je abgegebener Packung anfallen, während die Distributions-
vergütung des Pharmazeutischen Großhandels sich am Preis anlehnt. Die Selbstmedikation
stellt zwischenzeitlich einen unverzichtbaren Bestandteil der Arzneimittelversorgung dar, der
nicht nur maßgeblich der Entlastung der GKV dient, sondern auch die arztinduzierte
Medikation wesentlich unterstützt. Die Funktion des vollversorgenden pharmazeutischen
Großhandels kann deshalb nicht auf die GKV-Versorgung eingeschränkt beurteilt werden,
sondern stets im Hinblick auf die Effizienz der Arzneimittelversorgung insgesamt.
Wie Abbildung 2 zeigt, bestehen hinsichtlich des Umsatzes mit Rx- und OTC-Arzneimitteln
erhebliche Unterschiede. Diese resultieren aus den unterschiedlichen Durchschnittspreisen.
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Dieser belief sich im Jahr 2007 bei Rx-Produkten auf 25,79 €, im OTC-Segment betrug er
4,75 €.
Abbildung 2: Umsatzentwicklung und Umsatz je Packung im vollversorgenden pharmazeutischen Großhandel, getrennt nach Rx und OTC
Quelle: Angaben des Bundesverbandes des pharmazeutischen Großhandels – PHAGRO – e.V. zur
Packungszahl, Frankfurt 2008, und Institut für Handelsforschung: Verbandsstatistik des Bundesverbandes des pharmazeutischen Großhandels – PHAGRO – e.V., Köln 2008, zum Umsatz. Hierauf basieren eigene Berechnungen des IfH.
Der pharmazeutische Großhandel agiert auf einem Markt, der sich von anderen Groß-
handelsmärkten deutlich unterscheidet. So gelten die klassischen Regeln von Angebot und
Nachfrage im Arzneimittelmarkt nur in stark eingeschränktem Maße. Der pharmazeutische
Großhandel erwirbt zwar Eigentum an der Ware und trägt das unternehmerische Risiko,
letztlich übt er jedoch keine Nachfragemacht aus.5 Zunächst richtet sich die Nachfrage nach
Arzneimitteln nach Krankheitsstand und Therapiemöglichkeiten aus. Art und Menge der
nachgefragten Arzneimittel legen vor allem im Rx-Bereich nicht die Patienten, sondern viel-
mehr die verordnenden Ärzte - im Fall der Substitution auch die Apotheken - und Kosten-
träger unter Berücksichtigung der geltenden gesetzlichen Vorgaben (z.B. Rabattverträge und
Festbetragsregelungen) fest. Arzneimittel werden deshalb auch als Güter der besonderen
Art bezeichnet. Die Handlungsfreiheit des vollversorgenden pharmazeutischen Großhandels
wird hierdurch massiv begrenzt. Bestimmungen des Sozialgesetzbuch tangieren ihn
nachhaltig, obwohl der pharmazeutische Großhandel selbst nicht Adressat dieser
Vorschriften ist (Beispiel: Festbeträge zwingen den Großhandel, über den Mechanismus der
AMPreisV die Preisstellung der Hersteller für seine weiteren Kalkulation zu übernehmen,
obwohl er vor dem Stichtag teurer eingekauft hat).
5 Vgl. hierzu und im Folgenden Kaapke, A./Preißner, M./Heckmann, S.: Die öffentliche Apotheke – ihre Funktion, ihre Bedeutung. Eine Studie zur Arzneimittelversorgung in Deutschland, Stuttgart 2007, S. 29 ff.
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Abbildung 3 veranschaulicht das System der an der Arzneimittelversorgung beteiligten Ak-
teure sowie die zwischen den Akteuren bestehenden Güter- und Zahlungsströme grafisch.
Abbildung 3: Die an der Arzneimittelversorgung beteiligten Akteure (ambulante Versorgung)
Quelle: Kaapke, A./Preißner, M./Heckmann, S.: Die öffentliche Apotheke – ihre Funktion, ihre
Bedeutung. Eine Studie zur Arzneimittelversorgung in Deutschland, Stuttgart 2007, S. 30.
Wie Abbildung 3 zeigt, agiert der vollversorgende pharmazeutische Großhandel als Binde-
glied zwischen den pharmazeutischen Herstellerunternehmen und den Apotheken. In dieser
Rolle unterstützt er die Apotheken dabei, den ihnen nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes über das
Apothekenwesen (ApoG) zugeschriebenen Versorgungsauftrag zu erfüllen, also benötigte
Arzneimittel in der erforderlichen Menge und Qualität zur rechten Zeit am rechten Ort ver-
fügbar zu machen. Im Einzelnen lassen sich die im Rahmen dieser Tätigkeit übernommenen
Funktionen des vollversorgenden pharmazeutischen Großhandels wie folgt beschreiben:
- Funktion der Sortimentsbildung und des Marktzugangs: Der vollversorgende
pharmazeutische Großhandel übernimmt eine mengenbezogenen Pufferfunktion, da
er die von den Herstellern angebotenen Arzneimittel in großen Mengen vorrätig hält
und in den entsprechenden Bedarfsmengen ausliefert.. Apotheken unterliegen bei
der Abgabe verschriebener Arzneimittel einem zivilrechtlichen Kontrahierungszwang
d.h. sie sind verpflichtet, rund 9.000 Präparate in verschiedenen Packungs- und Dar-
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reichungsformen, in Summe ca. 60.000 Arzneimittel, vorzuhalten oder kurzfristig zu
beschaffen.6 Auch wenn für den vollversorgenden pharmazeutischen Großhandel
kein gesetzlich verbriefter Versorgungsauftrag besteht, handelt er im Sinne der für
Apotheken bestehenden Pflichten und ermöglicht den öffentlichen Apotheken erst die
Erfüllung ihres gesetzlich vorgeschriebenen Versorgungsauftrages. Zudem gewähr-
leistet die Selbstverpflichtung zur Herstellerneutralität der im Bundesverband
PHAGRO zusammen geschlossenen vollversorgenden pharmazeutischen
Großhandlungen den Marktzugang für sämtliche Hersteller von in Deutschland zu-
gelassenen Arzneimitteln unabhängig von deren Umsatzbedeutung, so dass sie in
den gesetzlich gewollten Wettbewerb treten können.
- Belieferungsfunktion: Arzneimittel können nur dann therapiegerecht eingesetzt
werden, wenn sie rechtzeitig verfügbar sind. Dies setzt eine hinreichende Flächen-
deckung durch Apotheken sowie deren kurzfristige Belieferung mit Arzneimitteln
voraus.7 Der vollversorgende pharmazeutische Großhandel übernimmt diese Auf-
gabe, indem er sich zur Belieferung aller im Einzugsgebiet einer Großhandlung
ansässigen Apotheken verpflichtet (uneingeschränkte Lieferbereitschaft). Die
Belieferung der mehr als 21.500 Apotheken erfolgt dabei mehrmals täglich (in
Notfällen auch außerhalb der Geschäftszeiten durch Einzel- bzw. Eilbelieferungen).
Im Durchschnitt dauert es vom Auftragseingang bis zur Anlieferung in der Apotheke
ca. 1,7 Stunden. Auch im Rahmen der Redistribution von Arzneimitteln übernimmt
der Pharmagroßhandel eine unverzichtbare Funktion. Z. B. in Kooperation mit der
Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker oder den betroffenen Herstellern
direkt im Falle von Arzneimittelrückrufen. So wurden in 2007 etwa 300 verschiedene
Arzneimittel bzw. Arzneimittelchargen im Auftrag von Herstellern über den
Großhandel aus Apotheken zurückgerufen.
- Lagerhaltungsfunktion: Voraussetzung dafür, dass Arzneimittel vom pharma-
zeutischen Großhandel kurzfristig verfügbar gemacht werden können, ist neben eng-
maschigen Vertriebsnetzen und hohen Lieferfrequenzen dessen umfassende Lager-
haltung. Der Pharmagroßhandel kann die 21.500 Apotheken aus den Lager-
beständen immer schneller bedienen als die Hersteller, deren Produktions- und
Zentrallager im Regelfall weiter von den Apotheken entfernt sind als die regionalen
Vertriebszentren der pharmazeutischen Großhandlungen. Eine gesetzliche Ver-
pflichtung zu einer Mindestbevorratung von Arzneimitteln besteht für pharma-
zeutische Großhandlungen zwar nicht, das EU-Recht sieht jedoch die „public service
6 Siehe auch § 17 Abs. 4 ApBetrO und Cyran, W./Rotta, C. (Hrsg.): Apothekenbetriebsordnung. Kommentar, 4. Aufl. (Loseblattsammlung, Stand: Januar 2005, 10. Ergänzungslieferung), Stuttgart 2005, 2005, § 17 Rdn. 485 und § 10 ApoG.
7 Siehe auch § 15 Abs. 2 ApBetrO.
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obligation“ bei Humanarzneimitteln für Großhandel und Hersteller vor
In der Betriebsverordnung für Arzneimittelgroßhandelsbetriebe ist der zuständigen
Behörde in Ausnahmefällen die Ermächtigung eingeräumt, eine Dienstbereitschafts-
regelung zu treffen.8 Beispielhaft für die über die tägliche flächendeckende Arznei-
mittelversorgung aus den Großhandelslagern hinaus gehenden Lieferaufgaben des
vollversorgenden Großhandels sind die zwischen den Bundesländern und den
PHAGRO-Mitgliedsfirmen abgeschlossenen Lager- und Lieferungsverträge für
antivirale Arzneimittel im Falle einer Grippepandemie („Vogelgrippe) zu nennen.
- Finanzfunktion: Der pharmazeutische Großhändler erwirbt das Eigentum an den
über ihn distribuierten Arzneimitteln. Die Bezahlung der Ware durch die Apotheken
erfolgt jedoch im Regelfall zeitlich verzögert zur Auslieferung, häufig erst nach
Abrechnung mit der GKV. Der pharmazeutische Großhandel übernimmt damit einen
wesentlichen Beitrag zur Absicherung der Zahlungsströme in der Sozialversicherung.
Er trägt weiterhin die im Rahmen der Lagerhaltung anfallenden
Kapitalbindungskosten und Risiken wie Verderb, Bruch, Schwund und
Lagerwertverlust.
Durch die Übernahme der beschriebenen Funktionen ermöglichen erst die vollversorgenden
pharmazeutischen Großhandlungen die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln, wie
sie vom Gesetzgeber im Rahmen des öffentlichen Apothekenmarktes verlangt wird. Dies
betrifft nicht nur die Verfügbarkeit von Arzneimitteln, sondern auch die Umsetzung von be-
gleitenden Versorgungsvorgaben. Zu denken ist hierbei z. B. an die Umsetzung der
Rabattverträge und Festbetragsregelungen, Gewährleistung des Generikawettbewerbs
sowie die Einhaltung der Importquoten9 für Apotheken.
3.2 Branchenentwicklung
Der vollversorgende Pharmagroßhandel erwirtschaftete im Jahr 2007 einen Gesamtumsatz
in Höhe von 22,5 Mrd. Euro, der Umsatz im taxpflichtigen Bereich10 betrug 17,6 Mrd. Euro
bzw. 78,2 % des Gesamtumsatzes. Im taxpflichtigen Bereich ist der Umsatz damit um 4,1 %
gegenüber dem Vorjahr gestiegen, gegenüber 1997 bedeutet dies einen Anstieg um 31,3 %,
8 Siehe § 8 AMGrHdlBetrV 9 Gemäß § 5 des Rahmenvertrages nach § 129 Absatz 2 SGB V sind Apotheken zur Abgabe von preisgünstigen
importierten Arzneimitteln verpflichtet. Bei diesen Präparaten handelt es sich um Original-Markenarzneimittel, die entweder als Parallel- oder als Reimporte unter Ausnutzung der Preisunterschiede für identische Arzneimittel multinationaler Hersteller in aller Regel zu deutlich günstigeren Preisen in der Apotheke abgegeben werden. Internationale Preisunterschiede entstehen in erster Linie durch abweichende Preisfestsetzungssysteme und Preisregulierungsmechanismen in vielen europäischen Ländern.
10 Taxpflichtige Arzneimittel unterliegen der Verordnung der Preisspannen für Fertigarzneimittel vom 17. Mai 1977 bzw. der Arzneimittelpreisverordnung vom 14. November 1980, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetz-lichen Krankenversicherung vom 14. November 2003.
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was die deutliche Dynamik des Arzneimittelmarktes widerspiegelt. Der deutliche
Umsatzeinbruch im Jahr 2004 ist vor allem auf die Regelungen des Gesetzes zur
Modernisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) zurückzuführen, welches zum
1. Januar 2004 in Kraft trat. Der Umsatzrückgang von 21,1 auf 19,7 Mrd. € ist praktisch
ausschließlich der Spannenkürzung zu Lasten des pharmazeutischen Großhandels
geschuldet. Dramatisch hat sich hierbei die gesetzlich vorgeschriebene Margenkürzung um
ca. 50 % durch das GMG auf die Ertragssituation des Großhandels ausgewirkt, die in
Verbindung mit anderen Erlösschmälerungen die Branche bis heute vor schwerwiegende
Probleme stellt. Abbildung 4 gibt einen Überblick über die Umsatzentwicklung des pharma-
zeutischen Großhandels seit 1997, getrennt nach Gesamt-, RX- und OTC-Umsatz.
Abbildung 4: Gesamtumsatz und taxpflichtiger Umsatz (ohne MwSt.) des pharmazeutischen Großhandels im Zeitablauf
Quelle: Institut für Handelsforschung: Verbandsstatistik des Bundesverbandes des pharmazeutischen Großhandels – PHAGRO – e.V., Köln 2008
Nach Berechnungen des Instituts für Handelsforschung wurde die durchschnittliche
Großhandelsspanne für taxpflichtige Arzneimittel infolge der veränderten Großhandels-
zuschläge gemäß AMPreisV von 12,52 % im Jahr 2003 auf 6,21 % im Jahr 2004 reduziert
(siehe Abbildung 5). Nach dieser Niveauverschiebung ist die Marge des pharmazeutischen
Großhandels kontinuierlich gesunken und beträgt in 2007 ca. 6,09 %
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Abbildung 5: Durchschnittliche Spanne des pharmazeutischen Großhandels für taxpflichtige Arzneimittel in % des taxpflichtigen Umsatzes
Quelle: Institut für Handelsforschung: Verbandsstatistik des Bundesverbandes des
pharmazeutischen Großhandels – PHAGRO – e.V., Köln 2008
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4 Auswirkungen des Direktgeschäftes
Nach Branchenangaben kann der Anteil des Direktgeschäftes pharmazeutischer Hersteller
mit derzeit 18,67 % der abgegeben Packungen angenommen werden Abbildung 6 informiert
über die Umsatz- und Absatzentwicklung des Direktgeschäfts für die Jahre 2005 bis
2007 bezogen auf den Gesamtmarkt sowie getrennt nach Rx und OTC.
Abbildung 6: Umsatz- und Absatzentwicklung des Direktgeschäftes, Quelle IMS Gesamtmarkt (RX + apothekenpflichtig)
RX-Markt
Apothekenpflichtiger Markt (OTC)
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(Abweichungen in der Summe können sich dadurch ergeben, dass freiverkäufliche Arzneimittel
und das Nebensortiment nicht berücksichtigt wurden).
Das Institut für Medizinstatistik (IMS Health) hat für das Jahr 2008 in den Monaten Januar –
September bereits einen Anteil des Direktgeschäftes (umsatzbezogen) von 17,12 % berechnet.
Die Angaben in Abbildung 6 zeigen, dass das Direktgeschäft vor allem im Rx-Sektor wert-
mäßig stark zugenommen hat. Bei den überwiegend niedrigpreisigen OTC-Produkten ist das
Direktgeschäft auf der Umsatzseite hingegen leicht rückläufig. Gleichzeitig sank die Anzahl
der direkt distribuierten OTC- und Rx-Packungen deutlich. Die unterschiedlichen Ver-
änderungsraten auf der Umsatz- und Packungsebene zeugen für Strukturveränderungen
innerhalb des Direktgeschäfts.
Die zunehmende Bedeutung des Direktgeschäftes bei eher hochpreisigen Arzneimitteln
veranschaulicht auch ein Blick auf die Entwicklungen in einzelnen Indikationsgruppen:
- In der Indikationsgruppe der Antineoplastika und Immunmodulatoren, welche hoch-
preisige Produkte aus der Onkologie mit einem gegenwärtigen Durchschnittspreis
von über 420 Euro umfasst, stieg der Umsatz innerhalb des Direktgeschäftes im Jahr
2007 gegenüber dem Vorjahr um 59,2 % an. Der Anteil des Direktgeschäftes am
Gesamtumsatz belief sich auf 21,2 %. Die Anzahl der direkt vertriebenen Packungen
stieg hingegen lediglich um 22,8 % an, der Packungsanteil des Direktgeschäftes an
der Gesamtabsatzmenge belief sich auf 13,8 %. Der durchschnittliche Umsatz einer
direkt vertriebenen Packung belief sich 2007 auf knapp 600 Euro.
- In der Indikationsgruppe „Verdauungstrakt und Stoffwechsel“, welche mittel- bis
niedrigpreisige Produkte mit einem gegenwärtigen Durchschnittspreis von rund 13
Euro umfasst, sank der Umsatz innerhalb des Direktgeschäftes im Jahr 2007 gegen-
über dem Vorjahr um 6,5 %. Der Anteil des Direktgeschäftes am Gesamtumsatz
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belief sich auf 9,9 %. Die Anzahl der direkt vertriebenen Packungen sank um 8,5 %,
der Packungsanteil des Direktgeschäftes an der Gesamtabsatzmenge belief sich auf
15,5 %. Der durchschnittliche Umsatz einer direkt vertriebenen Packung belief sich
2007 auf unter 10 Euro.
- In der Indikationsgruppe „Respirationssystem“, welche niedrigpreisige Produkte mit
einem gegenwärtigen Durchschnittspreis von knapp 7 Euro umfasst, stieg der Um-
satz innerhalb des Direktgeschäftes im Jahr 2007 gegenüber dem Vorjahr um 3,4 %
an. Der Anteil des Direktgeschäftes am Gesamtumsatz belief sich auf 13,3 %. Die
Anzahl der direkt vertriebenen Packungen sank 2007 gegenüber dem Vorjahr hin-
gegen um 6,2 %, der Packungsanteil des Direktgeschäftes an der Gesamtabsatz-
menge belief sich auf 26,4 %. Der durchschnittliche Umsatz einer direkt vertriebenen
Packung betrug in 2007 3,24 Euro.
Tabelle 1 fasst die Entwicklungen in den drei Indikationsgruppen zusammen.
Tabelle 1: Bedeutung des Direktvertriebs in ausgewählten Indikationsklassen Umsatz durch Direktvertrieb
Anzahl direkt vertriebener Packungen
Indikationsklasse Ø Preis 2008 in € Umsatz-
anteil 2007 in %
Umsatz-entwicklung
2006/07 in %
Packungs-anteil 2007
in %
Packungs-entwicklung
2006/07 in %
Umsatz je direkt vertriebener Packung in €
Antineoplast. und Immunmodulatoren 427,48 21,2 + 59,2 13,8 + 22,8 598,06
Verdauungstrakt und Stoffwechsel 13,19 9,9 -6,5 15,5 - 8,5 8,38
Respirationssystem 6,58 13,3 +3,4 26,4 -6,2 3,24
Quelle: Nationale Pharma Informationen nach Angaben der INSIGHT Health GmbH Co. KG und eigenen eigene Berechnungen. Bewertung zu Herstellerabgabepreisen.
Die für den Rx-, OTC- und Gesamtmarkt sowie in den untersuchten Indikationsbereichen zu
beobachtenden mengen- und wertmäßigen Entwicklungen zeugen in Summe davon, dass
überdurchschnittlich viele hochpreisige Arzneimittel von den Herstellern direkt vertrieben
werden bzw. die vom Großhandel vertriebenen Arzneimittel einem im Vergleich zum Direkt-
geschäft höheren Preisdruck unterliegen. So sinken beispielsweise die Preise der generell
in unteren Preissegmenten verankerten Generika seit einigen Jahren infolge von Fest-
betragsanpassungen und Zuzahlungsbefreiungen wie auch infolge des generell verstärkten
generischen Wettbewerbs zusehends.11 Dies führte 2007 zu einem Umsatzrückgang in
11 Siehe zur Entwicklung der Preise im Generikamarkt u. a. Coca, V./Nink, K./Schröder, H.: Ökonomische Aspekte des deutschen Arzneimittelmarktes 2006, in: Schwabe, U./Paffrath, D. (Hrsg.): Arzneiverordnungs-Report 2007, Heidelberg 2008, S. 176-177.
© Institut für Handelsforschung 19
diesem Segment um 2,6 %. Die abgesetzte Menge an Generikapackungen nahm im
gleichen Zeitraum hingegen um 6,3 % zu.
Mit Blick auf die prozentualen Zuschläge laut Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) für
den pharmazeutischen Großhandel wirken sich die beschriebenen Entwicklungen negativ
auf dessen wirtschaftliche Situation aus, da dem verminderten Umsatz ein weitgehend un-
veränderter Aufwand gegenübersteht. So ist die Zahl der über den vollversorgenden
pharmazeutischen Großhandel innerhalb eines Jahres insgesamt distribuierten Packungen
seit 2004 weitgehend stabil geblieben bzw. leicht angestiegen (siehe Abbildung 7).
Abbildung 7: Absatzentwicklung im vollversorgenden pharmazeutischen Großhandel, Rx- und OTC-Packungen gesamt
Quelle: Angaben des Bundesverbandes des pharmazeutischen Großhandels – PHAGRO – e.V.,
Frankfurt 2008 und Institut für Handelsforschung: Verbandsstatistik des Bundesverbandes des pharmazeutischen Großhandels – PHAGRO – e.V., Köln 2008.
Die beschriebenen Entwicklungen erschweren die in der Arzneimittelpreisverordnung und
der Unternehmenspolitik des vollversorgenden pharmazeutischen Großhandels zum Aus-
druck kommende Mischkalkulation aus niedrig- und hochpreisigen Arzneimitteln. Betrachtet
man an dieser Stelle die Relation zwischen der Anzahl der vom vollversorgenden pharma-
zeutischen Großhandel in den unteren Preislagen distribuierten Arzneimittelpackungen und
den daraus auf Grundlage der geltenden AMPreisV hervorgehenden Umsätze (siehe Tabelle
2), wird deutlich, dass der vollversorgende pharmazeutische Großhandel die Apotheken
gegenwärtig mit einer Vielzahl von Arzneimittelpackungen zu Konditionen versorgt, welche
die entstehenden Kosten nicht decken (können). So steht den im Jahr 2007 vertriebenen
© Institut für Handelsforschung 20
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31,61 Mio. Packungen der Preislage 0,03 bis 1,00 Euro ein fakturierter Umsatz (vor
Erlösschmälerung durch Rabatte, Skonti, Boni) von insgesamt 23,9 Mio. Euro bzw. 0,76
Euro pro Arzneimittelpackung gegenüber. Dies entspricht einer maximalen Großhandels-
spanne von rund 0,10 Euro pro Packung.
Tabelle 2: Anzahl der vom vollversorgenden pharmazeutischen Großhandel distribuierten Arzneimittelpackungen und fiktive Umsätze zu AEP bei Ausschöpfung der Höchstspannen laut AMPreisV in verschiedenen Preislagen
Preislage Anzahl distribuierter Packungen in Mio.
Umsatz zu AEP lt. AMPreisV in Mio. €
Umsatz je Packung lt. AMPreisV in €
Großhandelsauf-schlag je Packung lt.
AMPreisV in €*
0,03 - 1,00 € 31,61 23,9 0,76 0,10
1,01 € - 3,00 € 114,71 269,3 2,35 0,31
3,01 € - 5.00 € 119,31 538,1 4,51 0,50
* Rabatte und Boni gegenüber den Apotheken sind in dieser Beispielrechnung unter Berücksichtigung der Höchstspannen laut AMPreisV nicht berücksichtigt.
Quelle: Informationsstelle für Arzneispezialitäten - IFA GmbH nach Berechnungen des Bundes-verbandes des pharmazeutischen Großhandels – PHAGRO – e.V.
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5 Effizienz des vollversorgenden pharmazeutischen Großhandels
Der vollversorgende pharmazeutische Großhandel gewährleistet durch die Übernahme der
in Abschnitt 2.1 beschriebenen Funktionen, dass Apotheken ihren in § 1 Abs. 1 des
Gesetzes über das Apothekenwesen (ApoG) festgeschrieben Auftrag zur Versorgung der
Bevölkerung mit Arzneimitteln erfüllen können. Das Zusammenspiel von vollversorgenden
pharmazeutischen Großhandlungen und Apotheken kann dabei als bewährt und effektiv
bezeichnet werden. Einen Überblick über die im Jahr 2007 vom vollversorgenden
pharmazeutischen Großhandel vollzogenen Transaktionen und deren Struktur gibt Tabelle 3.
Tabelle 3: Frequenz, Umfang und Struktur der vom vollversorgenden pharmazeutischen Großhandel vollzogenen Transaktionen (2007)
Art Anzahl / Wert
Anzahl der belieferten Apotheken 21.570
Anzahl der Arzneimittellieferanten 1.031 pharmazeutische Unternehmen (laut Unternehmensregister)
818 Arzneimittelanbieter nach IFA GmbH
Anzahl der lieferbaren, von der Informationsstelle für Arzneispezialitäten (IFA GmbH) gelisteten Arzneimittel in unterschiedlichen Darreichungsformen und Wirkstärken
123.926,
davon:
74.187 Humanarzneimittel
1.691 Veterinärarzneimittel
48.048 homöopatische/biologische Arzneimittel
Anzahl der lieferbaren Nichtarzneimittel (Verbandmittel, Medizinprodukte, Diätetika, Randsortiment etc.) laut IFA GmbH
260.792 Nichtarzneimittel nach IFA GmbH
davon Randsortiment: 25.379 (IFA GmbH)
Zahl der abgegebenen Arzneimittelpackungen in Mio.
1.228
davon: Rx: 679 OTC: 549
Durchschnittliche Zahl der abgegebenen Packungen je fakturierter Zeile 1,79
Durchschnittliche Bestellzeilen je Auslieferung 16,2
Durchschnittliche Anzahl der in einem Auftrag gebündelten Lieferanten des Arzneimittel- und des apothekenüblichen Rand- bzw. Nebensortimentes
9,4
Durchschnittliche Frequenz der täglichen Auslieferungen an Apotheken 3,0
Durchschnittliche Dauer von der Auftragsannahme bis zur Anlieferung in der Apotheke in h 1,7 Stunden
Quelle: Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) (Hrsg.): Die Apotheke. Zahlen, Daten, Fakten, Berlin 2008; Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels – PHAGRO – e.V., Frankfurt 2008; Institut für Handelsforschung: Verbandsstatistik des Bundesverbandes des pharmazeutischen Großhandels – PHAGRO – e.V., Köln 2008; Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI) (Hrsg.): Pharma-Daten 2008, Berlin 2008; Informationsstelle für Arzneispezialitäten (IFA GmbH), Frankfurt am Main 2008.
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Auch unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten, also mit Blick auf die Effizienz des Arznei-
mittelversorgungssystems, ist die Einschaltung des vollversorgenden pharmazeutischen
Großhandels positiv zu bewerten. Deutlich wird dies bereits mit Blick auf die Anzahl der im
Sinne des Versorgungsauftrages der Apotheken notwendigerweise zwischen diesen und
ihren Arzneimittellieferanten zu führenden Geschäftsbeziehungen. Im bestehenden Ver-
sorgungsmodell pflegen Apotheken im Regelfall Geschäftsbeziehungen zu zwei bis drei voll-
versorgenden pharmazeutischen Großhandlungen.12 Hinzu kommen Geschäftsbeziehungen
zu Herstellern, die einzelne Produkte auch oder ausschließlich direkt vertreiben. In Summe
pflegen Apotheken neben dem Großhandelsgeschäft zwischen 10 und 20 weitere Geschäfts-
beziehungen, in einigen Apotheken ist das Direktgeschäft aber deutlich ausgeprägter, diese
Apotheken stehen mit 50 bis 100 Arzneimittellieferanten in direktem Kontakt. Entscheiden
sich Apotheken dazu, ihr Direktgeschäft auszuweiten oder werden bestimmte Produkte bzw.
Sortimente ausschließlich direkt vertrieben, steigt die Anzahl der für die Vollversorgung
notwendigen Geschäftsbeziehungen einer Apotheke zwangsläufig an, maximal bis auf die
Anzahl der auf dem deutschen Markt tätigen pharmazeutischen Herstellerunternehmen.
Auf die Effizienz des Arzneimittelversorgungssystems wirkt sich ein Anstieg der
Geschäftsbeziehungen bzw. eine Reduktion des durch den vollversorgenden pharma-
zeutischen Großhandel gebündelten Angebots in zweifacher Weise negativ aus:
1. Jede neu hinzukommende Geschäftsbeziehung erzeugt zusätzliche Kosten. So ent-
stehen bei der Suche und Beschaffung von Informationen über potenzielle Anbieter
und deren Konditionen sowie infolge von Verhandlungen, Vertragsformulierungen
und Einigungen über Konditionen und Lieferbedingungen Anbahnungs- und Ver-
einbarungskosten. Anpassungskosten entstehen zudem, wenn Termin-, Qualitäts-,
Mengen- und Preisänderungen aufgrund veränderter Bedingungen während der
Laufzeit der Vereinbarungen auftreten.13 So machen beispielsweise Festbetrags-
anpassungen sowie die zwischen pharmazeutischen Herstellern und Gesetzlichen
Krankenversicherungen geschlossenen Rabattverträge häufig Anpassungen der
Vertragsvereinbarungen erforderlich. Wird auf die Bündelung von Geschäfts-
beziehungen durch den pharmazeutischen Großhandel verzichtet, erhöhen sich die
entsprechenden Kosten zwangsläufig.14
12 Apotheken werden im Regelfall von mehreren Großhändlern beliefert. Diese werden in Abhängigkeit von ihrem Bestellvolumen als Erst-, Zweit-, Drittlieferanten etc. bezeichnet. Das Nebeneinander mehrere Lieferanten ist u. a. erforderlich, um Defekten in der Apotheke vorzubeugen bzw. eine zusätzliche Belieferung sicherzustellen.
13 Siehe zu Anbahnungs-, Vereinbarungs- und Anpassungskosten beispielsweise Picot, A.: Transaktionskosten im Handel, in: Betriebs-Berater, Beilage 13/1986 zu Heft 27/1986, S. 3.
14 Siehe zu den aus Vertragsverhandlungen etc. hervorgehenden Kosten ausführlich Wilke, T./Neumann, K.: Großhandel, Überweisergeschäft oder Direkteinkauf?, in: DAZ, 147. Jg. (2007), Nr. 41, S. 54-66.
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2. Die beschriebenen Bündelungsfunktionen des vollversorgenden pharmazeutischen
Großhandels wirken sich vor allem auf der Ebene der einzelnen Belieferungs-
aufträge effizienzsteigernd aus. Kommt es zu einer Entbündelung, sind Effizienz-
einbußen auf der Ebene jeder einzelnen Arzneimittelbelieferung die Folge. Die
folgenden Ausführungen belegen dies.
Lieferantenbündelung durch den vollversorgenden pharmazeutischen Großhandel auf
der Auftragsebene
Um den Aufwand, der bei Apotheken aus einer Bestellung entsteht, beziffern zu können,
muss ein durchschnittlicher Auftrag, wie er gegenwärtig vom Pharmazeutischen Großhandel
durchgeführt wird, näher betrachtet werden. Ein Auftrag ist deshalb die geeignete Ver-
gleichsgröße, um das Direktgeschäft mit dem Geschäftsmodell des Pharmazeutischen Groß-
handels zu vergleichen, weil dieser den durch die Nachfrager im Einzugsgebiet einer
Apotheke induzierten Bedarf repräsentiert und damit aufzeigt, welche Präparate, in welcher
Packungsgröße in welcher Menge zur Verfügung stehen müssen. Die zentrale Frage lautet:
Welcher Anlieferungsaufwand würde entstehen, wenn die Alternative „Direktgeschäft“ bei
völliger Übernahme der Anlieferung eines gegenwärtig durchschnittlichen Auftrages ein-
geschaltet würde. Der vollversorgende pharmazeutische Großhandel bündelt pro Apotheken-
auftrag im Durchschnitt Produkte von 9,4 Lieferanten des Arzneimittel- und des apotheken-
üblichen Rand- bzw. Nebensortimentes.15 Die Spannweite der in einem durchschnittlichen
Apothekenauftrag gebündelten Lieferanten reicht dabei von 6,9 bis 14,7. Zusätzlich ist zu
berücksichtigen, dass der Pharmagroßhandel mehrere Aufträge einer Apotheke wiederum zu
einer Lieferung bündelt, die Bündelungsfunktion durch diese Optimierung bei der
Auslieferung noch stärker (wenn auch nicht quantifizierbar, da von Tagesabläufen abhängig)
ausgeprägt ist (durchschnittlich 2,4 Aufträge pro Lieferung pro Apotheke). Würde auf die
Bündelung durch den pharmazeutischen Großhandel verzichtet, müssten bei Aufrecht-
erhaltung des Versorgungsgrades jeder einzelne an den vollversorgenden pharma-
zeutischen Großhandel gerichtete Auftrag einer Apotheke durch durchschnittlich 9,4
Auslieferungen (Min: 6,9 Lieferungen, Max: 14,7 Lieferungen) im Rahmen des
Direktgeschäftes kompensiert werden. Mit anderen Worten: der Aufwand (ceteris paribus
den anderen Determinanten) pro Apotheke würde sich bei einem Auftrag im Durchschnitt
mehr als verneunfachen.
Effizienzsteigerung durch Lieferantenbündelung auf der Auftragsebene
15 Dies ist das Ergebnis einer Umfrage des IfH unter 7 Mitgliedunternehmen des PHAGRO e.V. Die an der Befragung teilnehmenden Unternehmen vereinen gemeinsam 74,4 % des Großhandelsmarktes auf sich.
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Die Bündelungsfunktion des vollversorgenden pharmazeutischen Großhandels auf der
Ebene der Lieferanten des Arzneimittel- und des apothekenüblichen Rand- bzw. Neben-
sortimentes wirkt sich demnach schon bei der Anlieferung (Bündelung von Sortimenten pro
Auftrag und wiederum Bündelung dieser Aufträge) positiv auf die Effizienz des
Arzneimittelversorgungssystems aus.
Betrachtet man die einzelnen Prozessschritte in einer durchschnittlichen Apotheke von der
Ermittlung des Bestellbedarfs über die Bestellung der Arzneimittel bis hin zu deren Empfang,
Einlagerung und Bezahlung, unterscheidet sich deren zeitlicher Aufwand [in Abhängigkeit
von der Wahl des Arzneimittelbezugsweges bezogen auf eine einzelne Auslieferung wie
folgt:16
(1) Die Ermittlung des Bestellbedarfs wird im Regelfall durch im Warenwirtschafts-
system vordefinierte Dispositionsmengen unterstützt, sieht aber bei zunehmend
fremdgesteuerter Nachfrage (z.B. Rabattverträge) manuelle Tätigkeiten des
Apothekenpersonals vor. Insgesamt wurde ein durchschnittlicher Zeitbedarf von 9
Minuten beim Großhandelsbezug ermittelt, für das einzelne Direktgeschäft belief sich
laut IPAM (siehe Fußnote 16) der Durchschnittswert auf 7 Minuten.
(2) Nicht definiert ist der sich aus der Bestellermittlung ergebende Aufwand für
Umsetzung des Bedarfs in einen Auftrag für einen Lieferanten, müsste somit unter 1.
subsumiert werden.
(3) Die Bestellübermittlung zwischen pharmazeutischem Großhandel und öffentlicher
Apotheke findet in der Regel auf elektronischem Weg statt, indem die Großhändler
die von dem Warenwirtschaftssystem der Apotheken generierten Bestellungen zu
vordefinierten Zeitpunkten per Datenfernübertragung abrufen. Allerdings ist es in
nicht wenigen Apotheken üblich, ein- oder mehrmals täglich zusätzlich den
telefonischen Kontakt mit dem Großhändler aufzunehmen, um Kleinstmengen
nachzubestellen oder aber offene Fragen zu klären. Insgesamt wird für die Bestellung
beim pharmazeutischen Großhändler ein Zeitbedarf von 3 Minuten ermittelt. Im
Direktgeschäft wird in der Regel auf klassische Bestellsysteme (insbesondere
Telefon und Fax bzw. Vor-Ort-Bestellung beim Vertreter) zurückgegriffen. Allerdings
nutzen zunehmend auch die Direktlieferanten die von den PHAGRO-Mitgliedsfirmen
entwickelten Normen der Bestelldatenübertragung (DATEG-Norm). Ein „unverdienter“
16 Die nachfolgend angeführten Daten entstammen einer am Institut für Pharmakoökonomie und Arzneimittellogistik (IPAM) an der Hochschule Wismar gemeinsam mit ausgewählten Apotheken von Oktober 2005 bis März 2006 durchgeführten Studie. Gegenstand der Analyse war die Frage, welche Prozesskosten (Personal- und Sachkosten) unterschiedliche Arzneimittelbezugswege in einer durchschnittlichen Apotheke hervorrufen. Für die Prozesskostenanalyse wurden fünf Apotheken ausgewählt, die bezüglich ihrer Größe und historischen Einkaufsstruktur unterschiedliche, für den Gesamtmarkt aber durchaus typische Apothekensegmente repräsentieren. Ermittelt wurden die Daten durch Befragungen, Beobachtungen und durch Auslesen aus den Apothekensystemen. Siehe zur Studie Wilke, T./Neumann, K.: Großhandel, Überweisergeschäft oder Direkteinkauf?, in: DAZ, 147. Jg. (2007), Nr. 41, S. 54-66.
© Institut für Handelsforschung 25
Vorteil ergibt sich für Direktlieferanten auch dadurch, dass zurzeit neu entwickelte
Standards der Datenübertragung zwischen Großhandel und Apotheken wiederum
aus kartellrechtlichen Erwägungen heraus als völlig offene und für jedermann
verwendbare Standards entwickelt werden. Der Anteil elektronischer Bestellungen im
Direktvertrieb liegt bei etwa 20 %, im Großhandelsgeschäft liegt er bei über 90 %.
Der für einen Auftrag im Direktgeschäft ermittelte Zeitbedarf beträgt 2 Minuten.
(4) Der Empfang und die Einlagerung der gelieferten Arzneimittel in Apotheken schließt
die Erstprüfung der Lieferungen, das Buchen des Wareneingangs sowie das
Wegräumen der Ware und deren Einlagerung ein. Bezogen auf eine einzelne
Bestellzeile wird im Großhandelsgeschäft ein Zeitbedarf von 1,07 Minuten ermittelt.
Da sich eine Großhandelslieferung im Durchschnitt aus 16,2 Bestellzeilen
zusammensetzt, beläuft sich der Zeitbedarf je Auslieferung auf rund 17 Minuten. Für
das Direktgeschäft wurde ein Durchschnittswert von 32 Minuten ermittelt. Über die
hiermit verbundene Anzahl der Bestellzeilen gibt es keine empirischen Daten, aber
allein die Häufung der „Geschäftsvorfälle“ im Direktgeschäft lässt auf eine erhebliche
Mehrbelastung der Apotheken schließen. Der erhöhte Zeitbedarf resultiert u. a. aus
zusätzlichem Aufwand beim Empfang und dem Auspacken der Lieferungen, der Ent-
sorgung der entsprechenden Transportverpackungen und der Einlagerung der
Waren. Direktvertreibende Hersteller bieten attraktive Rabatte häufig nur bei Be-
stellung von größeren Mengen oder aber im Rahmen von Aktionen („Winterbevor-
ratung“). Die „regulären“ Lagerkapazitäten reichen dann häufig nicht aus, zusätzlich
müssen weitere Lagerräume bereitgestellt werden. Dies führt zudem zu einem noch-
maligen internen Umlagern der Waren, sobald reguläre Lagerplätze über eine hin-
reichende Kapazität verfügen. Für die entsprechenden Tätigkeiten wurde ein Zeit-
bedarf von durchschnittlich 19 Minuten (ohne empirischen Bezug auf die Anzahl der
Bestellzeilen) ermittelt, im Rahmen der vorliegenden Analyse wird dieser
Prozessschritt jedoch nicht weiter berücksichtigt, da das Bevorratungsverhalten nicht
per se vom Bezugsweg abhängt, sondern vielmehr von den gewährten Konditionen
bzw. den eingeräumten Rabatten. Aus den gleichen Gründen bleiben im Folgenden
auch Lieferungen bzw. Transporte zwischen einzelnen Apotheken außen vor, die
infolge eines gemeinsamen Einkaufs anfallen. Für diese Prozesse wurde eine
durchschnittliche Dauer von 12 Minuten (ohne empirischen Bezug auf die Anzahl der
Bestellzeilen) ermittelt.
(5) Für das Prüfen der Lieferscheine und das Prüfen/Begleichen der Rechnungen
wurde für das Großhandelsgeschäft ein Zeitbedarf von durchschnittlich 4 Minuten je
Auftrag ermittelt. Beim Direktgeschäft wurde ein Wert von 6 Minuten (ohne
empirischen Bezug auf die Anzahl der Bestellzeilen) ermittelt. Zurückzuführen ist der
© Institut für Handelsforschung 26
I N S T I T U T F Ü R H A N D E L S F O R S C H U N G
Unterschied u. a. auf separate Einzelrechnungen und einen buchhalterischen Mehr-
aufwand beim Direktgeschäft.
Tabelle 4 fasst die Angaben zum zeitlichen Aufwand innerhalb der einzelnen Prozessschritte
bezogen auf eine einzelne Auslieferung im Großhandels- und Direktgeschäft zusammen. Die
Tabelle enthält zudem Angaben dazu, in welche persönlichen Verantwortungsbereiche die
einzelnen Prozessschritte fallen. Basierend auf den entsprechenden tariflichen Be-
stimmungen wurden zudem die entstandenen Prozesskosten auf Personalkostenebene
quantifiziert.17 Die Zeile Summe kumuliert die ermittelten Prozesskosten einer einzelnen
Auslieferung. Beim Direktgeschäft ist zudem ausgewiesen, auf welche Summen sich die
Prozesskosten in der Apotheke belaufen, um eine einzelne Auslieferung des
vollversorgenden pharmazeutischen Großhandels, in der durchschnittlich Produkte von 9,4
(Min: 6,9; Max: 14,7) Herstellern gebündelt werden, zu kompensieren. Die Differenz
zwischen den Prozesskosten einer einzelnen Auftrags für den Großhandel und den
Prozesskosten der zur Kompensation dieser Auslieferung erforderlichen Direktbelieferungen
ist abschließend in der Tabelle für die verschiedenen, empirisch belegten Bündelungen pro
Auftrag für den Großhandel ausgewiesen.
Tabelle 4: Prozesskosten in der Apotheke in Abhängigkeit von der Wahl des Bezugsweges
Prozessschritte Bezug über den Großhandel Direktgeschäft
1 Ermittlung des Bestellbedarfs
Dauer (Minuten): 9
Zuständigkeit: PKA
Prozesskosten: 2,16 €
Dauer (Minuten): 7
Zuständigkeit: PKA
Prozesskosten: 1,68 €
2 Auslösen der Bestellungen
Dauer (Minuten): 3
Zuständigkeit: PKA
Prozesskosten: 0,72 €
Dauer (Minuten): 2
Zuständigkeit: PKA
Prozesskosten: 0,48 €
3 Empfang und Einlagerung der Lieferungen
Dauer (Minuten): 17
Zuständigkeit: PKA
Prozesskosten: 4,08 €
Dauer (Minuten): 32
Zuständigkeit: PKA
Prozesskosten: 7,68 €
Dauer (Minuten): 4
Zuständigkeit: PKA
Prozesskosten: 0,96 €
Dauer (Minuten): 6
Zuständigkeit: PKA
Prozesskosten: 1,44 €
4
Prüfen der Lieferscheine und Prüfen/Begleichen der Rechnungen
Anmerkung zum Großhandelsgeschäft: Großhandelsrechnungen werden in der Regel als zweiwöchige bzw. monatliche Sammelrechnungen gestellt.
Anmerkung zum Direktgeschäft: Im Regelfall wird im Direktgeschäft jede Lieferung separat in Rechnung gestellt. Übernimmt der Großhandel die Zentralregulierung im Direktgeschäft, wird dieses separat auf den regulären Großhandelsrechnungen ausgewiesen
17 Der den Berechnungen zugrunde gelegte Personalkostensatz basiert auf dem Gehaltstarifvertrag der ADEXA – Die Apothekengewerkschaft vom 1. Juli 2007. Basierend auf einer Wochenarbeitszeit, einem Arbeitgeberanteil von durchschnittlich 27,9 % und der Zahlung von 13 Monatgehältern und ohne Berücksichtigung der in 2007 gewährten Einmalzahlung von 175,00 Euro ergibt sich im Durchschnitt über die einzelnen berufsjahrabhängigen Gehaltstarife ein Personalkostensatz für PKA von 0,24 Euro pro Minute.
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Prozessschritte Bezug über den Großhandel Direktgeschäft
Summe der Prozesskosten
(Prozessschritte 1 bis 4)
Prozesskosten einer einzelnen GH-Bestellung auf der Apothekenebene: 7,92 €
Summe der Prozesskosten einer einzelnen Direktbelieferung auf der Apothekenebene: 11,28 €
Summe der Prozesskosten von 6,9 Direktbelieferungen auf der Apothekenebene: 77,83 €
Summe der Prozesskosten von 9,4 Direktbelieferungen auf der Apothekenebene: 106,03 €
Summe der Prozesskosten von 14,7 Direktbelieferungen auf der Apothekenebene: 165,82 €
Prozesskostendifferenz (Prozesskosten eines
beim Großhandel eingereichten Auftrags
minus Prozesskosten der zur Kompensation einer
GH-Auslieferung erforderlichen Direk-
tbelieferungen)
Prozesskostendifferenz bei einer einzelnen Direktbelieferung: -3,36 €
Prozesskostendifferenz bei 6,9 Direktbelieferungen: -69,91 € Prozesskostendifferenz bei 9,4 Direktbelieferungen: -98,11 €
Prozesskostendifferenz bei 14,7 Direktbelieferungen: -157,90 €
Ein weiterer Beleg für die Effizienz der Großhandelsbelieferung ergibt sich, wenn man bedenkt, dass mehrere Aufträge für den Großhandel in einer Lieferung gebündelt werden.
Basierend auf den zugrunde liegenden Daten zeigt sich, dass der Bezug über den vollver-
sorgenden pharmazeutischen Großhandel dem Direktgeschäft im Hinblick auf die Prozess-
kosten in der Apotheke überlegen ist. Grund hierfür ist vor allem die Bündelung von Pro-
dukten von im Durchschnitt 9,4 verschiedenen Lieferanten des Arzneimittel- und des
apothekenüblichen Rand- bzw. Nebensortimentes innerhalb eines durchschnittlichen
Apothekenauftrages. Darüber hinaus zeigt die Prozesskostenanalyse, dass die Aktivitäten
des vollversorgenden pharmazeutischen Großhandels auch zur Reduktion der Prozess-
kosten in der Apotheke auf der Ebene der einzelnen Prozessschritte beitragen. Doch selbst,
wenn dieser Effizienzvorteil ausgeblendet wird, also identische Zeitbedarfe für die einzelnen
Prozessschritte unabhängig von Großhandels- bzw. Direktbezug unterstellt werden, führt die
Lieferantenbündelung dazu, dass ein Auftrag im Direktgeschäft mit 11,28 Euro Prozess-
kosten um 42 % die Prozesskosten übersteigt, die ein Auftrag über den vollversorgenden
pharmazeutischen Großhandel auslöst. Berücksichtigt man die Bündelung mehrerer
Hersteller in einem Großhandelsauftrag und die Bündelung mehrer Großhandelsaufträge in
einer Lieferung der Großhandlung an die Apotheken, überschreiten die Prozesskosten des
Direktgeschäftes diejenigen der Großhandelsbelieferung um ein Vielfaches.
Etwaige Kompensationsstrategien wie die Erhöhung der Bestellmengen oder der
Reduzierung der Belieferungsfrequenzen stellen keinen Vorteil des Direktgeschäftes dar, da
© Institut für Handelsforschung 28
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diese Ansätze keinen Systemvorteil bieten, sondern in beiden Bezugsmodellen zum Zuge
kommen können. Zudem gehen diese Ansätze mit zusätzlichen Prozessen in der Apotheke
einher und bedingen dort höhere Kapitalbindungskosten.18
18 Siehe hierzu auch die Anmerkungen zu den Prozessschritten (2) und (3) sowie Wilke, T./Neumann, K.: Großhandel, Überweisergeschäft oder Direkteinkauf?, in: DAZ, 147. Jg. (2007), Nr. 41, S. 62-66.
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6 Fazit
Die diversen Kostendämpfungsgesetze des Gesetzgebers in den letzten gut 10 Jahren
blieben auch für den pharmazeutischen Großhandel nicht ohne Auswirkung. Massiv be-
troffen war der pharmazeutische Großhandel von der Halbierung seiner Spanne durch das
GMG im Jahr 2004, aber auch die Gesetze mit verstärkten Auswirkungen auf Hersteller und
Apotheken berühren den Großhandel nachhaltig, da seine Lieferanten und Kunden durch
strategische Neupositionierungen auf die gesetzlichen Änderungen reagieren. Das selektive
Direktgeschäft, bei dem Hersteller die Apotheken unter Ausschaltung des Großhandels
direkt beliefern, ist Konsequenz der gesetzlichen Sparmaßnahmen, wenn einzelne
Marktbeteiligte individuelle Optimierungsstrategien verfolgen („Rosinenpickerei“). Dabei wird
in einschlägigen Diskussionen stets der Eindruck vermittelt, als ob das Direktgeschäft einen
nennenswerten Beitrag zur Gewährleistung der Versorgung der Bevölkerung mit Arznei-
mitteln leisten könnte und dies bei völliger Wahrung der durch den Großhandel bisher ge-
leisteten Vollversorgung außerhalb der von Direktlieferanten abgedeckten Regionen, Liefer-
zeiten und Mengen. Die Belege für derlei Behauptungen fehlen. Beweise existieren nicht,
eher wurde versucht den vollversorgenden Großhandel hinsichtlich seiner Effizienz in Frage
zu stellen. Von daher stand es im Mittelpunkt der vorliegenden Ausarbeitung, Hinweise zu
generieren, die nachweisen, dass es sich beim vollversorgenden pharmazeutischen Groß-
handel in Deutschland sowohl um ein effektives wie effizientes System handelt und das
andere diskutierte Systeme – in erster Linie das Direktgeschäft - weder hinsichtlich der Effi-
zienz noch hinsichtlich der Effektivität vergleichbar gute Ergebnisse wie der Großhandel er-
zielen können.
Um diesen Nachweis führen zu können, musste ein Vergleichsparameter gefunden werden,
der die Distributionsaufgabe, die von den Alternativen zu bewältigen ist, hinreichend oper-
ationalisiert und für den valide Zahlen vorliegen. Beides war nicht einfach zu bewerkstelligen,
da die beiden zu vergleichenden Geschäftsmodelle signifikante Unterschiede aufweisen.
Deshalb wurde die kleinste denkbare Einheit für einen Vergleich herangezogen: ein durch-
schnittlich in einer Apotheke anfallender Auftrag, der über den pharmazeutischen Groß-
handel abgewickelt wird. Die zentrale Frage der Studie lautete: Könnte das Direktgeschäft
den in den mehr als 21.500 Apotheken laufend anfallenden Auftragsbestand bei
gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Qualität des Versorgungssystems günstiger abwickeln
als der pharmazeutische Großhandel.
Die Analyse hat ergeben, dass sich erhebliche Vorteile für die Vollversorgung mit
Arzneimitteln über die Zusammenarbeit von vollversorgenden pharmazeutischen
Großhandlungen und den öffentlichen Apotheken ergeben: Schlaglichtartig soll erwähnt
werden:
© Institut für Handelsforschung 30
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1. Ungehinderter Marktzugang für alle Hersteller und Apotheken, somit umsatzneutraler
Leistungs- und Preiswettbewerb und somit umfassende Verfügbarkeit /
Therapiefreiheit
2. Gewährleistung der vom Gesetz-/Verordnungsgeber erlassenen Sparmaßnahmen zu
Gunsten der GKV durch Vollversorgung unabhängig von Marktbedeutung der
einzelnen Lieferanten
3. Permanente, flächendeckende Vollversorgung / keine Versorgungslücken in
ländlichen Räumen
4. Gewährleistung auch selten verlangter Arzneimittel der besonderen Therapieformen
5. Lagerhaltung für orphan drugs und besondere Lagerhaltung für Krankenhäuser und
Notfälle wie Pandemie („Vogelgrippe“, hierzu einzusehen die Ergebnisse von Lükex /
länderübergreifende Katastrophenübung für den Pandemiefall)
Diese Kurzstudie konnte in der Kürze der Zeit vor allem nur auf logistische Prozesse und
zeitliche Abläufe abstellen. In einem Auftrag werden im Schnitt Sortimente von mehr als
neun unterschiedlichen Herstellern verarbeitet. Würde die Anlieferung alternativ von den
entsprechenden Herstellern übernommen, würde sich allein die Kontaktanzahl zwischen
Apotheke und entsprechenden Lieferanten mehr als verneunfachen. Es stellt sich demnach
die Frage, ob sich dieser eindeutige Nachteil des Direktgeschäftes anderweitig in Apotheken
kompensieren ließe. Hier konnten die Ergebnisse einer Studie der Fachhochschule Wismar
integriert werden, die eindrucksvoll dokumentieren, dass der Zeitaufwand bei Direkt-
anlieferung durch den Hersteller über dem Zeitaufwand bei Anlieferung durch den pharma-
zeutischen Großhandel liegt. Selbst die - aber wohl nur theoretisch denkbare - Situation,
dass die im Wettbewerb befindlichen Arzneimittelhersteller anfallenden Speditionsaufträge
im Direktgeschäft bündeln, würde die einzelbetriebliche und volkswirtschaftliche
Mehrbelastung durch Vielfachkontakte in den anderen Geschäftsprozessen direkt belieferter
Apotheken nicht kompensieren
Damit wird auch deutlich, warum seitens der Hersteller nur selektiv auf das Direktgeschäft
zurückgegriffen wird. Nur wenn
– eine hinreichend hohe Menge eines Präparates oder eines ausgewählten Sortiments
eines Herstellers geliefert werden,
– Mehrbelastungen in der Apotheke durch Einkaufsvorteile ausgeglichen werden,
– die Monopolstellung des Herstellers (also Sperrung des Großhandelsbezugs durch
den Hersteller) der Apotheke keine Alternative zum Direktbezug lässt, ist „direct to
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pharmacy“ ein für die Allgemeinheit zwar nicht effizientes Modell, aber
durchsetzungsfähiges Geschäftsmodell einiger Arzneimittelhersteller.
Diese Art der Rosinenpickerei führt aber genau dazu, dass es die Mischkalkulation des
vollversorgenden pharmazeutischen Großhandels zerstört. Demnach ist angezeigt, den
Großhandel nicht weniger, sondern verstärkt in die Versorgung einzubinden, z. B. über
die gesetzliche Verankerung der Public Service Obligation.
Es muss abschließend darauf hingewiesen werden, dass eine Überarbeitung der
geltenden AMPreisV im Sinne einer auch packungsbezogenen fixen Honorierung des
Großhandels neben einer preisabhängigen Aufschlagsregelung den Versorgungsauftrag
des vollversorgenden Pharmazeutischen Großhandels fördern wird.
© Institut für Handelsforschung 32
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