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Page 1: Praktikumsbericht / Rapport de stage · 1 Praktikumsbericht / Rapport de stage Sechswöchiges Praktikum in einer Kanzlei in Paris Studienfach des Praktikanten: Jura Name und Anschrift

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Praktikumsbericht / Rapport de stage

Sechswöchiges Praktikum in einer Kanzlei in Paris

Studienfach des Praktikanten: Jura

Name und Anschrift der Praktikumsstelle: Maître Helga Pernez (Avocat à la Cour), 27 Rue Pont Neuf, 75001 Paris

Praktikumsdauer: 24.08. – 02.10.2009

Kurzbeschreibung: Pflichtpraktikum im Rahmen des Jurastudiums gem. § 25 Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen (JAPO) Ausbildung und Praktikumsstelle

Seit dem Wintersemester 2008/2009 studiere ich Jura an der Ludwig-Maximilians-Universität München mit dem Ziel erste juristische Staatsprüfung. In diesem Studiengang sind Praktika mit einer Dauer von insgesamt 12 Wochen vorgeschrieben. Im Sommersemester 2009 habe ich zusätzlich das Studium der Fächer Romanische und Italienische Philologie begonnen. Mit diesem Doppelstudium möchte ich meine Vorliebe für Fremdsprachen mit verschiedenen internationalen Rechtsgebieten verknüpfen. Aus demselben Grund befinde ich mich momentan in der Vorbereitung und Bewerbung für das Paris-II-Programm der LMU, welches den Teilnehmern ermöglicht das fünfte, sechste und siebte Semester in Paris zu verbringen und sich dort dem französischen Recht zu widmen. Aus diesem Grund war ein Praktikum in Paris für mich besonders interessant. Nach langen Internetrecherchen, die die ersten potentiellen Adressen zu Tage förderten, verfasste ich meine „lettre de motivation“ und meinen „CV“. Hier nahm ich auch dankbar Hilfe von französischen Kommilitonen in Anspruch, da doch gewisse stilistische und inhaltliche Unterschiede zwischen deutschen und französischen Bewerbungen existieren. Da ich zu diesem Zeitpunkt erst im zweiten Semester Jura studierte, hatte ich in fachlicher Hinsicht nur einige Teilgebiete des deutschen Rechts und zudem einige terminologische Kurse im französischen Recht absolviert. Dies bewirkt natürlich eine gewisse Distanz einiger Kanzleien, besonders im internationalen Bereich, die erst Studenten ab dem vierten Semester einen

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Praktikumsplatz anbieten. Dennoch gibt es jedoch auch andere, bei denen es grundsätzlich erst einmal unerheblich ist, in welchem Semester man sich befindet. Die Suche verlief jedoch anfangs eher erfolglos, bis ich auf einem Treffen französischer Jurastudenten in München, auf die deutsch-französische Juristenvereinigung in Mainz aufmerksam wurde. Nach einem sehr netten ersten Kontakt mit deren Büro, sandte mir die Sekretärin eine Mitgliederliste zu, in der alle Kanzleien, die Praktika anboten, gekennzeichnet waren. Nach einigen, auch oftmals unbeantworteten, Bewerbungen, erhielt ich jedoch in einem Fall in kürzester Zeit eine Zusage für ein unbezahltes Praktikum genau zu meinem gewünschten Termin.

Stipendium und DFJW

Da die Suche nach einem Praktikumsplatz sich über mehrere Monate hingezogen hatte, blieb für die ganze restliche Organisation rund um das Praktikum gar nicht mehr so viel Zeit. Im Vorfeld habe ich schon bereits einige Male um Informationen zu sammeln bei Student und Arbeitsmarkt, dem Career Service der LMU, hineingeschaut. So war ich auch auf die Möglichkeit eines Praktikumsstipendiums aufmerksam geworden. Das DFJW war mir, u.a. aus der Schule, schon ein Begriff. Erfahrungen hinsichtlich dieser Vereinigung hatte ich allerdings noch keine. Umso erfreuter war ich, als der Verantwortliche von Student und Arbeitsmarkt mir die mögliche Förderung vorstellte. Im Hinblick auf das, in allen Facetten sehr teure Paris, war ich erleichtert den finanziellen Aufwand für das unbezahlte Praktikum dank der etwaigen finanziellen Unterstützung nicht in allzu astronomische Höhen sprießen zu sehen.

Praktikum und Aufenthalt in Paris

Im Folgenden möchte ich zunächst auf das Praktikum selbst sowie meine verschiedenen Tätigkeiten und anschließend auf meine Freizeitgestaltung und letzte organisatorische Dinge eingehen.

Da ich erst ganz grundlegende Dinge im französischen Recht an der Uni gehört hatte, hatte ich zunächst einige Befürchtungen die meiste Zeit des Praktikums Kaffee zu kochen und zu kopieren. Diese wurden jedoch schon in der ersten Minute widerlegt. Die Anwältin und Eigentümerin der Kanzlei, Frau Helga Pernez, hieß mich an meinem ersten Tag sehr freundlich und unkompliziert

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willkommen. Sie stellte mich den zwei Mitarbeitern, einer weiteren Anwältin und Ihrem Assistenten vor. Im Anschluss gab Sie mir einige Akten zur Durchsicht und zum Studium, um mich in die französische Prozessführung und einige Fälle einzuarbeiten. Da sie auf französisches Marken- und Patentrecht spezialisiert ist, handelte es sich bei fast allen Akten, die ich während des Praktikums durchgeschaut habe um Angelegenheiten rund um eine Marke, meistens mit besonderem Schwerpunkt auf Erschöpfung der Rechte an einer Marke, d.h. nach Inverkehrbringen der Marke durch den Markeninhaber oder mit dessen Einverständnis im Gebiet der EG kann der Markeninnhaber nicht mehr über den weiteren Weg der Marke bestimmen. Anders formuliert: Der Markeninnhaber kann das Inverkehrbringen der Marke im Raum der EG nur beim ersten Mal kontrollieren und beeinflussen, dann sind seine Rechte „erschöpft“. Sehr schnell entdeckte ich an Fällen mit bekannten Unternehmen, dass das Marken- und Patentrecht eine sehr spannende und anschauliche Materie des Rechts darstellt.

Desweiteren hatte ich während des Praktikums die Möglichkeit sowohl mit dem Assistenten als auch mit Frau Pernez selbst in den „Palais de Justice“ zu gehen und dort Informationen über die französischen Gerichte und deren Verwaltungsapparat zu sammeln. Besonders beeindruckte mich der Gerichtssaal der „Cour de Cassation“, des höchsten Gerichts in Frankreich. Obwohl dieser Saal stets verschlossen und der Öffentlichkeit eigentlich nicht zugänglich ist, war es mir nicht vergönnt einen schnellen Blick während einer kurzen Öffnung der Portale hineinzuwerfen. Dieser Saal, voller Stuck und goldenen Ornamenten, überbordendem Dekor und Malereien stellt wirklich die architektonische Umsetzung par exellence des französischen „Grande-Nation-Verständnisses“ dar.

Auch konnte ich während meiner Zeit in der Kanzlei eigenverantwortlich mehrere Botengänge zum „INPI“, dem französischen Patentamt, unternehmen, wo stets Unterlagen wie „Widersprüche gegen eine Marke“ oder „Erneuerungen einer Marke“ fristgerecht eingereicht werden mussten. Dies hat mir die Arbeitsweise französischer Verwaltungen sehr veranschaulicht.

Sehr gefreut habe ich mich auch an meinem letzten Tag über ein sehr köstliches Essen in einem alten Restaurant, welches in Paris seit 1740 seine

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Gäste mit den erlesenen Delikatessen der französischen Küche verwöhnt, zudem die Kanzlei stets jeden Praktikanten einlädt.

Der restliche Aufenthalt in Paris neben der Arbeitszeit, die nur den halben Tag umfasste, war auf ein Wort gebracht: fantastisch.

Vom goldenen Septemberwetter verwöhnt genoss ich die bekannten aber auch die weniger bekannten Sehenswürdigkeiten der Metropole, die Gärten und Parks, die alte Bausubstanz und das gesamte Leben à la parisienne.

Ich möchte nur einige Highlights nennen, alle kann ich sowieso nicht aufzählen und ein jeder wird seine eigenen Highlights und Aktivitäten in dieser fantastischen Stadt finden.

Besonders profitiert habe ich von den „Journées du Patrimoine“. An diesem ersten Wochenende im September hat jeder Zutritt zu allen Museen, allen staatlichen Gebäuden, d.h. Ministerien, Villen, Gärten…

Wer nicht 5 Stunden vor dem Palais de l’Elysée anstehen möchte, der sollte sich mal das 7e anschauen. Hier befinden sich fast alle Ministerien und staatlichen Organisationen, die meistens in den eindrucksvollsten „Palais“ residieren. Ich hatte Gelegenheit mit relativ kurzer Wartezeit das „Hôtel Matignon“, den malerischen Sitz des Premier Ministre, des französischen Regierungschefs, zu besichtigen.

Die Tatsache, dass alle „musées publics“ (und das sind fast alle französischen Museen) für EU-Bürger unter 26 Jahren kostenfrei sind, stellt meines Erachtens die beste und luxuriöseste Variante des kulturellen Genusses dar, von dem man ohne Zeitdruck in den verschiedenen Museen profitieren sollte, je nachdem wie man gerade sein Tagesprogramm zusammengestellt hat.

Nun noch zu den organisatorischen Dingen.

Die schwierigste Frage überhaupt, wenn man ein Praktikum in Paris absolvieren möchte, ist die nach einer Unterkunft für diese Zeit.

Wie es um den Wohnungsmarkt in Paris steht ist ja allgemein bekannt, sehr kleines wird für deutsche Verhältnisse unglaublich teuer vermietet. Dennoch sollte man sich davon nicht abschrecken lassen. Mit einem Stipendium schafft

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man es auch diese finanzielle Hürde zu überwinden. Ich hatte das Glück ein wunderschönes und kleines Appartement im Norden Montmartres zur Zwischenmiete über „WG-gesucht“ zu finden. Die deutsche Studentin war zu dieser Zeit nicht da und so bot dies eine gute Möglichkeit für Sie während dieser Zeit von der Miete befreit zu werden und für mich genau für die Praktikumsdauer eine Wohnung zu einem normalen Mietpreis, d.h. nicht einem wöchentlich abgerechneten Urlaubsmietpreis, zu bekommen. Für Praktika ist diese Zwischenmietlösung ideal.

Praktikumsbetrieb

Abschließend noch einige Worte zum Praktikumsbetrieb selbst. Die Kanzlei nimmt immer wieder Praktikanten mit Bezug zum französischen Recht auf. Eine Bewerbung lohnt sich also in jedem Fall. Sehr positiv bemerken möchte ich auch, dass ich meine Zusage für das Praktikum drei Stunden nach Abschicken meiner „lettre de motivation“ und meines „CV“ per E-Mail erhalten habe, was für französische Verhältnisse doch unglaublich ist. In einem anderen Fall erhielt ich sechs Wochen später eine Absage…

Ebenfalls sehr positiv ist die freie Zeiteinteilung, da man so auch das vielfältige kulturelle Programm wahrnehmen kann. Zudem liegt die Kanzlei unglaublich verkehrsgünstig, mitten im Herzen von Paris, unweit vom Louvre. Die Atmosphäre und mein Verhältnis zu den Mitarbeitern war unglaublich herzlich und fröhlich, man lachte viel zusammen und sprach auch viel über das kulturelle Angebot in und um die Stadt herum.

Abschließend war das Praktikum ein voller Erfolg, von dem ich auch sicherlich auf meiner weiteren universitären Laufbahn profitieren werde und welches meinem späteren Berufsweg, dem eines Diplomaten, sehr dienlich war.