liturgie und pastoral file28 während der letzten fünfundzwanzig jahre habe ich viele traditionelle...

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28 Während der letzten fünfundzwanzig Jahre habe ich viele traditionelle latei- nische Messen mitgefeiert, in vielen verschiedenen Ländern. Was ich dort gesehen habe, war weit- gehend erbaulich: Geistliche, die die Liturgie lieben, sie im Einklang mit ih- rem römischen Geist und den entspre- chenden Rubriken feiern, und Gläubi- ge, die dankbar sind, Zugang zu diesem Kraftpaket der Heiligkeit zu haben. Aber es gab auch manche Schatten- seiten: eigenmächtige liturgische Ver- änderungen wie z.B. Schriftlesungen sofort in der Landessprache und zu den Gläubigen hingewandt. Seit über 1500 Jahren singt die Kirche im Westen ihre Lesungen in der Messe auf Latein, mit jenem Gesang, der sich im Zusammenklang mit den Texten entwickelte und ihnen ein perfektes akustisches Gewand verleiht. Über lange Zeit hinweg wurden die Lesung in Richtung Osten und das Evangelium in Richtung Norden vorgetragen, denn beide waren integraler Bestandteil des hohenpriesterlichen Meßopfers: zur Verherrlichung Gottes und nicht nur zur Belehrung der Gemeinde. Die gegenteilige Praxis widerspricht sowohl dem Geist der altehrwürdigen römischen Liturgie als auch den Rubri- ken, nach denen diese zelebriert wird. Erst vor kurzem, im Jahr 2011, wurde die Instruktion Universae Ecclesiae er- lassen, in der es heißt: 26. Wie in Art. 6 des Motu proprio „Sum- morum Pontificum“ vorgesehen, können die Lesungen der heiligen Messe nach dem Missale von 1962 entweder nur auf Latein oder auf Latein und in einer volks- sprachlichen Übersetzung oder, in gele- senen Messen, nur in der Volkssprache vorgetragen werden. Daraus folgt: Nur in gelesenen Messen ist es erlaubt, die lateinischen durch landessprachliche Schriftlesungen zu ersetzen – wohlgemerkt: “erlaubt/ge- Liturgie und Pastoral von Peter Kwasniewski Feierliche Verkündigung des Evangeliums beim Pontifikalamt 2017 im Ludgerus-Dom in Billerbeck.

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Waumlhrend der letzten fuumlnfundzwanzig Jahre habe ich viele traditionelle latei-nische Messen mitgefeiert in vielen verschiedenen LaumlndernWas ich dort gesehen habe war weit-gehend erbaulich Geistliche die die Liturgie lieben sie im Einklang mit ih-rem roumlmischen Geist und den entspre-chenden Rubriken feiern und Glaumlubi-ge die dankbar sind Zugang zu diesem Kraftpaket der Heiligkeit zu haben Aber es gab auch manche Schatten-seiten eigenmaumlchtige liturgische Ver-aumlnderungen wie zB Schriftlesungen sofort in der Landessprache und zu den Glaumlubigen hingewandt

Seit uumlber 1500 Jahren singt die Kirche im Westen ihre Lesungen in der Messe auf Latein mit jenem Gesang der sich im Zusammenklang mit den Texten entwickelte und ihnen ein perfektes akustisches Gewand verleiht Uumlber lange Zeit hinweg wurden die Lesung in Richtung Osten und das Evangelium in Richtung Norden vorgetragen denn beide waren integraler Bestandteil des hohenpriesterlichen Meszligopfers zur Verherrlichung Gottes und nicht nur zur Belehrung der Gemeinde

Die gegenteilige Praxis widerspricht sowohl dem Geist der altehrwuumlrdigen roumlmischen Liturgie als auch den Rubri-

ken nach denen diese zelebriert wird Erst vor kurzem im Jahr 2011 wurde die Instruktion Universae Ecclesiae er-lassen in der es heiszligt

26 Wie in Art 6 des Motu proprio bdquoSum-morum Pontificumldquo vorgesehen koumlnnen die Lesungen der heiligen Messe nach dem Missale von 1962 entweder nur auf Latein oder auf Latein und in einer volks-sprachlichen Uumlbersetzung oder in gele-senen Messen nur in der Volkssprache vorgetragen werden

Daraus folgt Nur in gelesenen Messen ist es erlaubt die lateinischen durch landessprachliche Schriftlesungen zu ersetzen ndash wohlgemerkt ldquoerlaubtge-

Liturgie und Pastoralvon Peter Kwasniewski

Feierliche Verkuumlndigung des Evangeliums beim Pontifikalamt 2017 im Ludgerus-Dom in Billerbeck

29Dominus Vobiscum Nr 17 November 2018

duldetldquo nicht bdquoempfoh lenldquo oder gar bdquovorgeschriebenldquo

Tatsaumlchlich ist es immer besser die Schriftlesungen zuerst auf Latein vorzutragen und anschlieszligend in der Landessprache von der Kan-zel aus vorzulesen wenn letzte-res pastoral angebracht erscheint Bei Hochaumlmtern mehr noch bei le-vitierten Hochaumlmtern und erst recht bei Pontifikalaumlmtern muumlssen die Schriftlesungen immer auf Lateinisch gesungen werden ndash in der korrekten liturgischen Form und Ausrichtung (Lesung nach Osten Evangelium nach Norden)

Manche Zelebranten von alten Messen verletzen absichtlich diese Rubriken indem sie aus angeblich bdquopastoralen Gruumlndenldquo Veraumlnderungen vorneh-men Dies ist ein Beispiel fuumlr genau das was wir sorgfaumlltigst zu vermeiden suchen sollten Viele der schlimmsten Abweichungen und Fehlentwicklun-gen in den 1960er Jahren entstanden genau aus solchen vermeintlich bdquopa-storalen Erwaumlgungenldquo

Louis Bouyer

Der Theologe und Liturge Louis Bouy-er der eine Zeit lang mit Bugnini zu-sammenarbeitete bevor er dies be-

dauerte entdeckte bereits in den 1950er Jahren erste Spuren eines selt-samen Pastoralismus Fuumlr Bouyer ist Liturgie

vor allem etwas Vorgegebenes etwas von der Tradition Vorgegebenes Aus materieller Sicht ist es ein genau um-schriebenes Objekt die Gesamtheit der Riten und Zeremonien der Lesungen und Gebete die in den Buumlchern bdquoMeszlig-buchldquo bdquoBrevierldquo und bdquoRitualeldquo nieder-

geschrieben sind Es ist etwas was wir anreichern wollen so wie jede lebendi-ge christliche Generation die christliche Spiritualitaumlt die christliche Moral sogar das Dogma anreichert aber es ist etwas das zuerst empfangen werden muszlig empfangen von der Kirche

Ein wesentlicher Unterschied zwi-schen der Theologie des klassi-schen roumlmischen Ritus und der des modernen Ritus Pauls VI ist das unterschiedliche Verstaumlndnis von Schriftlesungen Die Schriftlesun-gen waumlhrend der heiligen Messe dienen nicht hauptsaumlchlich der Be-lehrung oder Erziehung Sie sind ein integraler Bestandteil der ununter-brochenen Anbetung die Gott im heiligen Opfer erwiesen wird

Die Kleriker singen die goumlttlichen Wor-te in der Gegenwart ihres Autors als Teil der logike latreia des geistigen Gottesdienstes der Hingabe und An-betung die wir unserem Schoumlpfer und Erloumlser schulden Die Schriftlesungen vergegenwaumlrtigen den Bund mit Gott sie bestaumltigen durch ihren Vortrag in-nerhalb der Liturgie die ihnen zuge-dachte Bedeutung im sakramentalen

Feierliche Verkuumlndigung des Evangeliums beim Pontifikalamt 2017 im Ludgerus-Dom in Billerbeck

Translation

I will meditate on your commandments which I love exceedingly I will lift up my hands towards your commandments which I love

renegoupilorg - St Reneacute Goupil Gregorian Chant Resources

Offertory 2nd Sunday Lent Extraordinary FormGregorian Missal English p 250-251 -- Ps 11847-48

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I will meditate on your commandments which I love exceedingly I will lift up my hands towards your commandments which I love

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Offertory 2nd Sunday Lent Extraordinary FormGregorian Missal English p 250-251 -- Ps 11847-48

Liturgie ist vor allem etwas von der Tradition Vorgegebenes die Gesamtheit der Riten und Zeremonien der Lesungen und Gebete die in den Buumlchern bdquoMeszligbuchldquo bdquoBrevierldquo und bdquoRitualeldquo niedergeschrieben sind Es ist etwas das empfangen werden muszlig empfangen von der Kirche

Liturgie und Pastoral

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Kontext Im Angesicht Gottes eine dankbare und demuumltige Rezitation der Wahrheiten die Er ausgesprochen und der guten Dinge die er verspro-chen hat sowie eine Form von wort-haftem Weihrauch bei dem wir unsere Haumlnde erheben zu seinen Geboten wie es der groszligartige Offertoriumsge-sang beschreibt ldquoMeditabor in manda-tis tuis quae dilexi valde et levabo ma-nus meas ad mandata tua quae dilexirdquo ndash ldquoIch uumlberdenke Dein Gebot das ich gar innig liebe ich strecke meine Haumlnde aus nach Deiner Satzung die ich liebeldquo1

Die auf Latein gesungene Schriftle-sung ist in erster Linie ein Ausdruck der anbetenden Liebe Gott gegen-

1 Offertorium des zweiten Fastensonntags (s S 29)

uumlber und erst in zweiter Linie eine Wissensvermittlung an die Glaumlubigen Die Form in der dies geschieht sollte diese Reihenfolge widerspiegeln In der alten Liturgie erhaumllt Gott immer und uumlberall den Vorrang Nichts wird ldquoeinfachldquo nur fuumlr das Volk getan

Der Gesang des Wortes Gottes dient nicht vornehmlich der Belehrung son-dern ist in sich selbst auch eine quasi-sakramentale Handlung (wie Martin Mosebach es in Bezug auf Weihrauch Kerzen und das Gebet ldquoPer evangelica dicta deleantur nostra delictardquo2 dar-legt)

Eine weitere Bestaumltigung dieses Cha-

2 bdquoDurch die Worte des Evangeliums moumlgen getilgt werden unsere Suumlndenldquo

rakters der Schriftlesungen findet sich in den Gebeten bei der Weihe von Subdiakonen und Diakonen ldquoAccipite librum Epistolarum et habete potesta-tem legendi eas in Ecclesia sancta Dei tam pro vivis quam pro defunctisldquo3 und ldquoAccipe potestatem legendi Evan-gelium in Ecclesia Dei tam pro vivis quam pro defunctisrdquo4 Der Gebetsteil mit dem Bezug auf die Verstorbenen waumlre Unsinn wenn der Vortrag der Schrifttexte hauptsaumlchlich der prakti-schen Unterweisung der jeweils gera-de anwesenden Glaumlubigen diente

Niemand wird sich uumlber den liturgi-schen Gesang von Lesung und Evan-gelium beklagen (die ja nur wenige Minuten in Anspruch nehmen) wenn anschlieszligend vor der Predigt die Tex-te in der Landessprache vorgelesen werden Aber letzteres sollte niemals den Gesang der Schriftlesungen erset-zen

Die Art und Weise Lesung und Evan-gelium vorzutragen ist jedoch leider nicht das einzige bdquoLiturgie-Elementldquo das von Priestern aus angeblich bdquopa-storalenldquo Gruumlnden umgestaltet wird

Yves Chirons meisterhafte Bugnini-Biographie schildert detailliert mit welcher gnadenlosen Bereitschaft die liturgischen bdquoExpertenldquo der 1940er 1950er und 1960er Jahre sich auf Ex-perimente mit der Liturgie einlieszligen ndash ganz so als handle es sich um ihr persoumlnliches Privateigentum Sie lie-

3 bdquoNehmet hin das Epistelbuch und habet die Ge-walt die Epistel in der Kirche vorzulesen sowohl fuumlr die Lebenden als auch fuumlr die Verstorbenenldquo4 bdquoEmpfange die Vollmacht das Evangelium in der Kirche Gottes zu lesen sowohl fuumlr die Lebenden als auch fuumlr die Verstorbenenldquo

Weihbischof Athanasius Schneider spendet Diakonatsweihe in Berlin (2017 Institut Philipp Neri)

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szligen sich durch keine fundierten Rub-riken zuruumlckhalten und agierten un-geachtet fast konstanter Warnungen und Zurechtweisungen durch Paumlpste durch die Ritenkongregation oder an-dere kuriale Amtstraumlger Ihre Haltung war offenbar bdquoWenn wir einen hinrei-chend guten Grund haben die Rubri-ken aufzuheben um etwas Neues aus-zuprobieren das wir fuumlr eine pastorale Verbesserung halten dann bedarf es keiner weiteren Rechtfertigungldquo Diese Haltung aber war kurz gesagt genau jenes Saumlurebad in dem sich jegliche Vorstellung von einem empfange-nen ererbten Ritus aufloumlste dem wir demuumltig unterworfen sind und von dem wir uns gerne formen und leiten lassen

Als sich diese abwegige Haltung dann eingebuumlrgert hatte war es relativ ein-fach den gesamten Ritus zugunsten eines selbstgebastelten Ritus aus-zumustern Warum nicht Es geht ja doch nur darum was wir wollen Der Novus Ordo war schlicht die Krone die den Jahrzehnten liturgischen Experi-mentierens aufgesetzt wurde eines Experimentierens das in Rationalis-mus Voluntarismus und Pastoralismus wurzelte

Der klassische roumlmische Ritus hinge-gen in seiner majestaumltischen Gedie-genheit und Stabilitaumlt ist der perfekte Ausdruck der wirklichen pastoralen Sorge und der lichtreichen dogmati-schen Lehre des Tridentinischen Kon-zils guumlltig fuumlr alle Zeiten alle Orte alle Kulturen

In ihrer Kurzsichtigkeit meinten Ver-treter der spaumlteren Phase der Liturgi-schen Bewegung sie selbst und nicht die durch die Vorsehung gelenkte Tra-dition der Kirche wuumlszligten am besten

was der von ihnen definierte bdquoModerne Menschldquo brauchte Fuumlr sie war sonnen-klar daszlig er moumlglichst viel Volkssprache brauchte Deshalb wurde spaumlter dann das Latein komplett abgeschafft Au-szligerdem meinten sie wir muumlszligten ver-einfachen immer noch schlichter und schlichter werden ndash sei es hinsichtlich der Gewaumlnder (Amikt und Manipel und Birett ndash kann wegfallen) in der Ausstattung (sechs Kerzen Antepen-dien und Turibula ndash kann wegfallen) in den Meszligtexten (Proprien zweite oder dritte Orationen Psalm 42 Johannes prolog die Leoninischen Gebete ndash kann wegfallen) in den Ze-remonien der Messe (Oskulationen Kreuzzeichen Kniebeugen Wendung ad orientem ndash kann wegfallen) in den Meszliggesaumlngen (gregorianischer Ge-sang ndash kann wegfallen)

Es scheint den Akteuren der Litur-gischen Bewegung nie in den Sinn gekommen zu sein daszlig eine zu-nehmend weltlich und materialis-tisch gesinnte Zeit dringend etwas brauchte das in die entgegenge-setzte Richtung wies ndash hin zu mehr li-turgischem Symbolismus einer rei-cheren rituellen Prachtentfaltung einer tieferen Versenkung in den Gregorianischen Choral mit seiner unvergleichlichen Spiritualitaumlt

Was der moderne Mensch am noumltig-sten brauchte war eine Befreiung aus dem Gefaumlngnis das er selbst gebaut hatte aus dem rationalistischen An-thropozentrismus der fuumlr die Moderne kennzeichnend ist und der sich durch die Liturgiereform mit ihren vielen be-absichtigten und unbeabsichtigten Folgen zum Schaden von uns allen in der katholischen Kirche breitmachte

Choralschola in St Afra Berlin (Institut Philipp Neri)

Der klassische roumlmische Ritus in seiner majestaumltischen Gediegenheit und Stabilitaumlt ist der perfekte Ausdruck der wirklichen pastoralen Sorge und der lichtreichen dogmatischen Lehre des Tridentinischen Konzils guumlltig fuumlr alle Zeiten alle Orte alle Kulturen

Liturgie und Pastoral

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Insofern entpuppte sich das als Heil-mittel verkuumlndete Verfahren lediglich als Verschlimmerung der Krankheit weshalb es heute wie nicht anders zu erwarten dem Patienten schlechter und nicht besser geht

Die von manchen Zelebranten von heiligen Messen im klassischen roumlmi-schen Ritus gegenuumlber traditionellen Laien vorgebrachte Anschuldigung einer bdquoHyperliturgisierungldquo ist daher nicht frei von Ironie Priester die sich fuumlr eine Abwendung von den Rubriken einsetzen ndash haumlufig handelt es sich um nationale Abweichungen von der uni-versalen roumlmischen Tradition ndash sind diejenigen die sich fuumlr faumlhig halten Verbesserungen oder Anpassungen an der Liturgie vorzunehmen Sie sind die Hyperliturgisten Menschen die ei-ner roumlmischen Messe beiwohnen wol-len die zumindest hinsichtlich dessen was in den liturgischen Buumlchern steht auf der ganzen Welt dieselbe ist so wie

ja auch der katholische Glaube uumlberall derselbe ist ndash sie sind keine Hyperli-

turgisten sie sind nicht einmal Litur-gisten Sie sind einfach glaumlubige Ka-tholiken Katholiken die glauben daszlig das was die althergebrachte Tradition der Kirche ihnen anbietet ndash beispiels-

weise den gesungenen Vortrag der Lesungen auf Latein ndash irgendwelchen bdquoAdaptationenldquo oder bdquoInkulturationenldquo spirituell uumlberlegen ist die dieser oder jener Priester diese oder jene Grup-pe von Priestern vielleicht gerade fuumlr besser haumllt Wir sollen uns im Haus der Liturgie als dankbare Gauml ste aufhalten nicht als Projektmanager die nach Ver-besserungsmoumlglichkeiten Ausschau halten

Diejenigen die derartige Veraumlnde-rungen an der Liturgie vornehmen tun das gewiszlig in gutem Glauben Allerdings gehen sie nicht mit dem demuumltigen Vertrauen vor welches

voraussetzt daszlig die Liturgie viele Bedeutungsschichten hat die uumlber das hinausgehen was wir als Zweck einer Zeremonie eines Textes einer Gesangsweise eines Gewands verste-

hen Sie handeln nach Maszliggabe des-sen was ihr eigenes Licht ihnen ein-gibt Aber gerade heutzutage muumlssen wir vielmehr im Licht der katholischen Tradition handeln bis wir wieder ndash wie Kinder in der Grundschule ndash gelernt haben warum sich die Entwicklung so vollzogen hat Wir muumlssen erst wieder unser ABC lernen bevor wir es wagen duumlrfen unsere eigenen Beitraumlge zu lie-fern wie auch immer diese aussehen moumlgen

Obwohl kirchliche Traditionen sich entwickeln und aumlndern war es konsi-stente Praxis der katholischen Kirche uumlber die Jahrhunderte hinweg das

Levitiertes Hochamt

Initiale von ldquoGaudeamus omnes in Dominordquo (Mariauml Himmelfahrt)

Wir sollen uns im Haus der Liturgie als dankbare Gaumlste aufhalten nicht als Projektmanager die nach Verbesserungsmoumlglichkeiten Ausschau halten

33Dominus Vobiscum Nr 17 November 2018

beizubehalten was bereits Teil ihres Lebens war und dies um so mehr je umfassender es die Gemeinschaft der Glaumlubigen durchdrungen hatte Je laumlnger eine Tradition bereits existiert desto sicherer ist sie wahr angemes-sen und segensreich Neue Formen koumlnnen nur dann zugelassen werden wenn sie bereits vorhandene Traditio-nen verfeinern vertiefen bereichern oder auf andere Weise verbessern Auch wenn man mit Herveacute anerkennt daszlig es in der Kirche verschiedene Ar-ten von Tradition gibt und daszlig nicht alle dieselbe Unveraumlnderbarkeit oder Verbindlichkeit besitzen sollte man trotzdem den Wert unserer Tradition schaumltzen weil alle Elemente zusam-mengenommen den wundervollen und fein ausgestalteten Wandteppich des Glaubens ausmachen

Es ist darum nicht nur irrefuumlhrend sondern auch gefaumlhrlich eine zu star-ke Unterscheidung einzufuumlhren was ldquonotwendigldquo oder ldquoprimaumlrldquo ist ndash und was bdquonebensaumlchlichldquo oder ldquosekundaumlrldquo

Oft wird zB gesagt bdquoDas einzig Wich-tige bei der Messe ist daszlig Jesus gegen-waumlrtig ist Alles andere ist zweitrangigldquo Ohne Zweifel bedeutet es viel daszlig Je-sus gegenwaumlrtig ist denn andernfalls wuumlrden wir nicht mehr als gewoumlhn-liches Brot essen Aber die Liturgie hat eine groumlszligere Bestimmung als ein Mahl fuumlr uns zu bereiten ndash und selbst die Gegenwart Jesu hat einen groumlszlige-ren Umfang und Sinn als die sakra-mentale Kommunion

Die heilige Messe ist der feierliche oumlf-fentliche formale Akt der Anbetung der Danksagung und der flehentlichen Bitten die durch den Hohenpriester Christus und durch seinen gesamten mystischen Leib in Einheit mit ihm

dem Vater dargebracht werden Die heilige Messe ist das Hereinbrechen des himmlischen Koumlnigreiches in un-seren irdischen Raum und Zeit Sie ist das Hochzeitsfest des Koumlnigs der Koumlni-ge Sie ist die Zusammenfassung des gesamten geschaffenen Universums von seinem Anfang bis zum Ende

Weil die heilige Messe all dies ist und noch viel mehr hat die Kirche durch alle Jahrhunderte weder Aufwand

noch Kosten gespart um die Schoumln-heit und Feierlichkeit ihrer liturgischen Riten zu vergroumlszligern und zu vertiefen Wie Papst Johannes Paul II in seiner letzten Enzyklika Ecclesia de Euchari-stia (Nr 48) schrieb ldquoWie die Frau die Jesus in Betanien salbte hat die Kirche keine Angst lsquoverschwenderischlsquo zu sein wenn sie die besten Mittel einsetzt um

ihr anbetendes Staunen uumlber das uner-meszligliche Geschenk der Eucharistie zum Ausdruck zu bringenldquo

Waumlhrend es wahr sein mag daszlig unge-saumluertes Brot und Wein aus Trauben die einzigen Dinge sind die fuumlr eine guumlltige Meszligfeier im roumlmischen Ritus benoumltigt werden sowie ein Priester der die Wandlungsworte spricht so waumlre es eine unzureichende minima-listische und geizige Sicht der Dinge

dies als wirklich ausreichend zu be-zeichnen Die Verherrlichung Gottes und die Heiligung unserer Seelen sind zutiefst und untrennbar verbunden mit der angemessenen Anbetung die wir Ihm entgegenbringen

Das Phaumlnomen des Rubrizismus tritt auf wenn die liturgische oder theolo-

Frau salbt in Bethanien Jesu Haupt mit Narden-Oumll aus einem Alabastergefaumlszlig

Die heilige Messe ist das Hereinbrechen des himmlischen Koumlnigreiches in unseren irdischen Raum und Zeit Sie ist das Hochzeitsfest des Koumlnigs der Koumlnige

Liturgie und Pastoral

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gische Begruumlndung fuumlr eine gegebene Praxis in Vergessenheit geraumlt und alles was einem noch bleibt eine Rubrik ist eine Vorschrift positiven mensch-lichen Rechts Wenn jemand nicht mehr sagen kann warum eine be-stimmte Praxis richtig und angemes-sen ist sondern einfach nur empoumlrt ausruft bdquoSo ist es in den Rubriken vor-geschrieben und daran muumlssen wir uns haltenldquo oder wenn jemand um drei Uhr morgens Schweiszligausbruumlche bekommt weil ihm ploumltzlich aufgeht daszlig drei Anleitungen unterschiedliche Angaben daruumlber machen wieviele Zentimeter voneinander entfernt die Gegenstaumlnde auf dem Kredenztisch stehen sollen ndash dann darf man den-jenigen meinetwegen als Rubrizisten bezeichnen

Rubriken sind gut weil die Verhaltens-weisen die sie garantieren in sich gut und richtig und angemessen sind Das Umgekehrte waumlre falsch daszlig naumlm-

lich etwas gut ist weil die Rubriken es vorgeben Das ist Rechtspositivismus und damit haben wir es hier nicht zu tun Die Kirche gefuumlhrt vom Heili-gen Geist lernt wie man etwas auf die beste Art und Weise tut ndash am besten entweder in praktischer Hin-sicht oder aus theologisch-spiritu-ellen Gruumlnden oder beides ndash und dann formuliert sie es als Rubrik und verlangt daszlig man sich danach richtet So entstand beispielsweise der Brauch Daumen und Zeigefinger ab der Wandlung zusammenzuhalten als eine Gewohnheit die sich allmaumlh-lich ausbreitete und wurde dann letzt-lich als Vorschrift fuumlr alle in die Rubri-ken aufgenommen Das ist der uumlbliche Weg wie diese Dinge sich entwickeln Daher handelt ein traditioneller Ka-tholik nur konsequent wenn er sagt daszlig den Rubriken zu folgen ist

Ein groszliges Problem des Katholizismus im 20 Jahrhundert bestand darin daszlig

die Rubriken quasi zu einer Angele-genheit von Heimwerkern wurden Die Ritenkongregation und spaumlter dann das Konzil produzierten jaumlhrlich neue Rubriken was Unmut und Uumlberdruszlig an dem gesamten Bereich zur Folge hatte Daszlig Rubriken eine theologische und geistliche Bedeutung haben - der Grund warum sie sich so und nicht an-ders herausgebildet hatten ndash geriet in Vergessenheit und keiner wollte mehr etwas von ihnen wissen

Ein Rubrizist ist jemand der auf den Rubriken um ihrer selbst willen beharrt Ein traditioneller Katholik beharrt auf den Rubriken weil sie etwas Wichti-ges schuumltzen und zum Ausdruck brin-gen ndash etwas das man zunaumlchst einmal theologisch und geistlich verstehen muszlig damit die Rubriken dann als et-was Richtiges angesehen werden koumln-nen Rubriken haben Rechtskraft weil sie von einer rechtmaumlszligigen Autoritaumlt verkuumlndet wurden doch die ihnen in-

Stufengebet beim Pontifikalamt 2018 in St Jakob (Bamberg)

35Dominus Vobiscum Nr 17 November 2018

newohnende Kraft haben sie von der Sache selbst

bdquoPastoraleldquo Priester die die gesunden Rubriken des alten Meszligbuchs ignorie-ren oder ihnen widersprechen bewei-sen damit keine bdquoFlexibilitaumlt innerhalb der Regelnldquo sondern jene antinomisti-sche (widersinnige) Mentalitaumlt die fuumlr die moderne Epoche charakteristisch ist fuumlr deren Gewohnheit Traditionen in Frage zu stellen und utilitaristischen und pragmatischen Uumlberlegungen oberste Prioritaumlt einzuraumlumen Wenn ein Priester eine traditionelle Rubrik nicht als Huumlter einer theologischen oder geistlichen Wahrheit sondern als zufaumlllig diktiertes Gesetz begreift dann ist er um so eher bereit sie zu ig-norieren sobald er meint eine bessere Idee zu haben

Die liturgische Krise hat den Begriff bdquoPastoralldquo in Miszligkredit gebracht Unter bdquoPastoralldquo wird mehr denn je ein klerikalistischer Paternalismus verstanden der vorgibt zu wissen bdquowas gut fuumlr die Leute istldquo Vorwerfen kann man dieses Miszligtrauen niemandem Die groszlige Krise ist vom Klerus selbst ausgegangen das bleibt unver-gessen

Martin Mosebach zum Begriff ldquoPastoralldquo

Diese ganze Frage der Art und Weise wie die Lesungen vorzutragen sind ist wichtiger als es zunaumlchst den An-schein haben mag da es sich nicht um ein isoliertes Thema handelt Es gehoumlrt vielmehr zu mehreren ande-ren Trojanischen Pferden durch die selbstlose unermuumldliche Reformisten

in die traditionelle Bewegung hinein-gelangen und sie ndash oder jedenfalls einzelne geographische Regionen da-rin ndash veraumlndern zu einer Neuauflage vom Abstieg in unersaumlttliches Basteln Veraumlndern Ausputzen Neuerfinden Archaumlologisieren und letztlich voumllliges Ummodeln der Liturgie und all das im Namen bdquopastoraler Verbesserungenldquo Das und nicht die liebevolle Sorge um die traditionelle ars celebrandi muszlig die bdquoSelbstknebelungldquo sein die wir verhindern muumlssen

Es waumlre angebracht daszlig die Paumlpstli-che Kommission Ecclesia Dei sowie re-ligioumlse Gemeinschaften die den usus antiquior nutzen derartige liturgische Miszligstaumlnde beobachten und korri-gieren bevor sie sich ausbreiten Wie koumlnnen Kleriker von den Glaumlubigen Gehorsam gegenuumlber ihren geistli-

chen Vaumltern erwarten wenn dieselben Vaumlter nicht gewissenhaft und treu ge-genuumlber der ererbten Liturgie sind

Ist es zu viel verlangt daszlig Priester dem Geist und dem Buchstaben des roumlmi-schen Ritus folgen wie er uns uumlber-liefert ist ohne die Abweichungen und kreativen Anpassungen der litur-gischen Bewegung einzufuumlhren Wir haben gesehen wohin dies fuumlhrt zum Novus Ordo

Die Glaumlubigen verdienen und haben das Recht auf eine traditionelle Mes-se die nach dem richtungsweisenden Motto bdquoSay the Black Do the Redldquo5 ge-feiert wird Nach Jahrzehnten der Ver-wirrung erhaumllt die Kirche eine noch nie dagewesene Gelegenheit durch einen bdquoRestartldquo die Feier der Liturgie mit der richtigen Haltung und Praxis wieder neu auszurichten

Wenn wir diesmal die einmalige Chan-ce mit kurzsichtigen ldquopastoralenldquo An-passungen vermasseln werden wir niemanden auszliger uns selbst beschul-digen koumlnnen wenn wir in eine zwei-te liturgische Reform abgleiten aus der uns die goumlttliche Vorsehung wohl nicht nochmals retten wird

5 bdquoSprich das Schwarzgedruckte aus und tue das Rotgedruckteldquo

Stufengebet beim Pontifikalamt 2018 in St Jakob (Bamberg)

Pontifikalamt in Florenz (Institut Christus Koumlnig)

Glasfenster mit Rauchfaszlig

29Dominus Vobiscum Nr 17 November 2018

duldetldquo nicht bdquoempfoh lenldquo oder gar bdquovorgeschriebenldquo

Tatsaumlchlich ist es immer besser die Schriftlesungen zuerst auf Latein vorzutragen und anschlieszligend in der Landessprache von der Kan-zel aus vorzulesen wenn letzte-res pastoral angebracht erscheint Bei Hochaumlmtern mehr noch bei le-vitierten Hochaumlmtern und erst recht bei Pontifikalaumlmtern muumlssen die Schriftlesungen immer auf Lateinisch gesungen werden ndash in der korrekten liturgischen Form und Ausrichtung (Lesung nach Osten Evangelium nach Norden)

Manche Zelebranten von alten Messen verletzen absichtlich diese Rubriken indem sie aus angeblich bdquopastoralen Gruumlndenldquo Veraumlnderungen vorneh-men Dies ist ein Beispiel fuumlr genau das was wir sorgfaumlltigst zu vermeiden suchen sollten Viele der schlimmsten Abweichungen und Fehlentwicklun-gen in den 1960er Jahren entstanden genau aus solchen vermeintlich bdquopa-storalen Erwaumlgungenldquo

Louis Bouyer

Der Theologe und Liturge Louis Bouy-er der eine Zeit lang mit Bugnini zu-sammenarbeitete bevor er dies be-

dauerte entdeckte bereits in den 1950er Jahren erste Spuren eines selt-samen Pastoralismus Fuumlr Bouyer ist Liturgie

vor allem etwas Vorgegebenes etwas von der Tradition Vorgegebenes Aus materieller Sicht ist es ein genau um-schriebenes Objekt die Gesamtheit der Riten und Zeremonien der Lesungen und Gebete die in den Buumlchern bdquoMeszlig-buchldquo bdquoBrevierldquo und bdquoRitualeldquo nieder-

geschrieben sind Es ist etwas was wir anreichern wollen so wie jede lebendi-ge christliche Generation die christliche Spiritualitaumlt die christliche Moral sogar das Dogma anreichert aber es ist etwas das zuerst empfangen werden muszlig empfangen von der Kirche

Ein wesentlicher Unterschied zwi-schen der Theologie des klassi-schen roumlmischen Ritus und der des modernen Ritus Pauls VI ist das unterschiedliche Verstaumlndnis von Schriftlesungen Die Schriftlesun-gen waumlhrend der heiligen Messe dienen nicht hauptsaumlchlich der Be-lehrung oder Erziehung Sie sind ein integraler Bestandteil der ununter-brochenen Anbetung die Gott im heiligen Opfer erwiesen wird

Die Kleriker singen die goumlttlichen Wor-te in der Gegenwart ihres Autors als Teil der logike latreia des geistigen Gottesdienstes der Hingabe und An-betung die wir unserem Schoumlpfer und Erloumlser schulden Die Schriftlesungen vergegenwaumlrtigen den Bund mit Gott sie bestaumltigen durch ihren Vortrag in-nerhalb der Liturgie die ihnen zuge-dachte Bedeutung im sakramentalen

Feierliche Verkuumlndigung des Evangeliums beim Pontifikalamt 2017 im Ludgerus-Dom in Billerbeck

Translation

I will meditate on your commandments which I love exceedingly I will lift up my hands towards your commandments which I love

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Offertory 2nd Sunday Lent Extraordinary FormGregorian Missal English p 250-251 -- Ps 11847-48

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I will meditate on your commandments which I love exceedingly I will lift up my hands towards your commandments which I love

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Offertory 2nd Sunday Lent Extraordinary FormGregorian Missal English p 250-251 -- Ps 11847-48

Liturgie ist vor allem etwas von der Tradition Vorgegebenes die Gesamtheit der Riten und Zeremonien der Lesungen und Gebete die in den Buumlchern bdquoMeszligbuchldquo bdquoBrevierldquo und bdquoRitualeldquo niedergeschrieben sind Es ist etwas das empfangen werden muszlig empfangen von der Kirche

Liturgie und Pastoral

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Kontext Im Angesicht Gottes eine dankbare und demuumltige Rezitation der Wahrheiten die Er ausgesprochen und der guten Dinge die er verspro-chen hat sowie eine Form von wort-haftem Weihrauch bei dem wir unsere Haumlnde erheben zu seinen Geboten wie es der groszligartige Offertoriumsge-sang beschreibt ldquoMeditabor in manda-tis tuis quae dilexi valde et levabo ma-nus meas ad mandata tua quae dilexirdquo ndash ldquoIch uumlberdenke Dein Gebot das ich gar innig liebe ich strecke meine Haumlnde aus nach Deiner Satzung die ich liebeldquo1

Die auf Latein gesungene Schriftle-sung ist in erster Linie ein Ausdruck der anbetenden Liebe Gott gegen-

1 Offertorium des zweiten Fastensonntags (s S 29)

uumlber und erst in zweiter Linie eine Wissensvermittlung an die Glaumlubigen Die Form in der dies geschieht sollte diese Reihenfolge widerspiegeln In der alten Liturgie erhaumllt Gott immer und uumlberall den Vorrang Nichts wird ldquoeinfachldquo nur fuumlr das Volk getan

Der Gesang des Wortes Gottes dient nicht vornehmlich der Belehrung son-dern ist in sich selbst auch eine quasi-sakramentale Handlung (wie Martin Mosebach es in Bezug auf Weihrauch Kerzen und das Gebet ldquoPer evangelica dicta deleantur nostra delictardquo2 dar-legt)

Eine weitere Bestaumltigung dieses Cha-

2 bdquoDurch die Worte des Evangeliums moumlgen getilgt werden unsere Suumlndenldquo

rakters der Schriftlesungen findet sich in den Gebeten bei der Weihe von Subdiakonen und Diakonen ldquoAccipite librum Epistolarum et habete potesta-tem legendi eas in Ecclesia sancta Dei tam pro vivis quam pro defunctisldquo3 und ldquoAccipe potestatem legendi Evan-gelium in Ecclesia Dei tam pro vivis quam pro defunctisrdquo4 Der Gebetsteil mit dem Bezug auf die Verstorbenen waumlre Unsinn wenn der Vortrag der Schrifttexte hauptsaumlchlich der prakti-schen Unterweisung der jeweils gera-de anwesenden Glaumlubigen diente

Niemand wird sich uumlber den liturgi-schen Gesang von Lesung und Evan-gelium beklagen (die ja nur wenige Minuten in Anspruch nehmen) wenn anschlieszligend vor der Predigt die Tex-te in der Landessprache vorgelesen werden Aber letzteres sollte niemals den Gesang der Schriftlesungen erset-zen

Die Art und Weise Lesung und Evan-gelium vorzutragen ist jedoch leider nicht das einzige bdquoLiturgie-Elementldquo das von Priestern aus angeblich bdquopa-storalenldquo Gruumlnden umgestaltet wird

Yves Chirons meisterhafte Bugnini-Biographie schildert detailliert mit welcher gnadenlosen Bereitschaft die liturgischen bdquoExpertenldquo der 1940er 1950er und 1960er Jahre sich auf Ex-perimente mit der Liturgie einlieszligen ndash ganz so als handle es sich um ihr persoumlnliches Privateigentum Sie lie-

3 bdquoNehmet hin das Epistelbuch und habet die Ge-walt die Epistel in der Kirche vorzulesen sowohl fuumlr die Lebenden als auch fuumlr die Verstorbenenldquo4 bdquoEmpfange die Vollmacht das Evangelium in der Kirche Gottes zu lesen sowohl fuumlr die Lebenden als auch fuumlr die Verstorbenenldquo

Weihbischof Athanasius Schneider spendet Diakonatsweihe in Berlin (2017 Institut Philipp Neri)

31Dominus Vobiscum Nr 17 November 2018

szligen sich durch keine fundierten Rub-riken zuruumlckhalten und agierten un-geachtet fast konstanter Warnungen und Zurechtweisungen durch Paumlpste durch die Ritenkongregation oder an-dere kuriale Amtstraumlger Ihre Haltung war offenbar bdquoWenn wir einen hinrei-chend guten Grund haben die Rubri-ken aufzuheben um etwas Neues aus-zuprobieren das wir fuumlr eine pastorale Verbesserung halten dann bedarf es keiner weiteren Rechtfertigungldquo Diese Haltung aber war kurz gesagt genau jenes Saumlurebad in dem sich jegliche Vorstellung von einem empfange-nen ererbten Ritus aufloumlste dem wir demuumltig unterworfen sind und von dem wir uns gerne formen und leiten lassen

Als sich diese abwegige Haltung dann eingebuumlrgert hatte war es relativ ein-fach den gesamten Ritus zugunsten eines selbstgebastelten Ritus aus-zumustern Warum nicht Es geht ja doch nur darum was wir wollen Der Novus Ordo war schlicht die Krone die den Jahrzehnten liturgischen Experi-mentierens aufgesetzt wurde eines Experimentierens das in Rationalis-mus Voluntarismus und Pastoralismus wurzelte

Der klassische roumlmische Ritus hinge-gen in seiner majestaumltischen Gedie-genheit und Stabilitaumlt ist der perfekte Ausdruck der wirklichen pastoralen Sorge und der lichtreichen dogmati-schen Lehre des Tridentinischen Kon-zils guumlltig fuumlr alle Zeiten alle Orte alle Kulturen

In ihrer Kurzsichtigkeit meinten Ver-treter der spaumlteren Phase der Liturgi-schen Bewegung sie selbst und nicht die durch die Vorsehung gelenkte Tra-dition der Kirche wuumlszligten am besten

was der von ihnen definierte bdquoModerne Menschldquo brauchte Fuumlr sie war sonnen-klar daszlig er moumlglichst viel Volkssprache brauchte Deshalb wurde spaumlter dann das Latein komplett abgeschafft Au-szligerdem meinten sie wir muumlszligten ver-einfachen immer noch schlichter und schlichter werden ndash sei es hinsichtlich der Gewaumlnder (Amikt und Manipel und Birett ndash kann wegfallen) in der Ausstattung (sechs Kerzen Antepen-dien und Turibula ndash kann wegfallen) in den Meszligtexten (Proprien zweite oder dritte Orationen Psalm 42 Johannes prolog die Leoninischen Gebete ndash kann wegfallen) in den Ze-remonien der Messe (Oskulationen Kreuzzeichen Kniebeugen Wendung ad orientem ndash kann wegfallen) in den Meszliggesaumlngen (gregorianischer Ge-sang ndash kann wegfallen)

Es scheint den Akteuren der Litur-gischen Bewegung nie in den Sinn gekommen zu sein daszlig eine zu-nehmend weltlich und materialis-tisch gesinnte Zeit dringend etwas brauchte das in die entgegenge-setzte Richtung wies ndash hin zu mehr li-turgischem Symbolismus einer rei-cheren rituellen Prachtentfaltung einer tieferen Versenkung in den Gregorianischen Choral mit seiner unvergleichlichen Spiritualitaumlt

Was der moderne Mensch am noumltig-sten brauchte war eine Befreiung aus dem Gefaumlngnis das er selbst gebaut hatte aus dem rationalistischen An-thropozentrismus der fuumlr die Moderne kennzeichnend ist und der sich durch die Liturgiereform mit ihren vielen be-absichtigten und unbeabsichtigten Folgen zum Schaden von uns allen in der katholischen Kirche breitmachte

Choralschola in St Afra Berlin (Institut Philipp Neri)

Der klassische roumlmische Ritus in seiner majestaumltischen Gediegenheit und Stabilitaumlt ist der perfekte Ausdruck der wirklichen pastoralen Sorge und der lichtreichen dogmatischen Lehre des Tridentinischen Konzils guumlltig fuumlr alle Zeiten alle Orte alle Kulturen

Liturgie und Pastoral

32

Insofern entpuppte sich das als Heil-mittel verkuumlndete Verfahren lediglich als Verschlimmerung der Krankheit weshalb es heute wie nicht anders zu erwarten dem Patienten schlechter und nicht besser geht

Die von manchen Zelebranten von heiligen Messen im klassischen roumlmi-schen Ritus gegenuumlber traditionellen Laien vorgebrachte Anschuldigung einer bdquoHyperliturgisierungldquo ist daher nicht frei von Ironie Priester die sich fuumlr eine Abwendung von den Rubriken einsetzen ndash haumlufig handelt es sich um nationale Abweichungen von der uni-versalen roumlmischen Tradition ndash sind diejenigen die sich fuumlr faumlhig halten Verbesserungen oder Anpassungen an der Liturgie vorzunehmen Sie sind die Hyperliturgisten Menschen die ei-ner roumlmischen Messe beiwohnen wol-len die zumindest hinsichtlich dessen was in den liturgischen Buumlchern steht auf der ganzen Welt dieselbe ist so wie

ja auch der katholische Glaube uumlberall derselbe ist ndash sie sind keine Hyperli-

turgisten sie sind nicht einmal Litur-gisten Sie sind einfach glaumlubige Ka-tholiken Katholiken die glauben daszlig das was die althergebrachte Tradition der Kirche ihnen anbietet ndash beispiels-

weise den gesungenen Vortrag der Lesungen auf Latein ndash irgendwelchen bdquoAdaptationenldquo oder bdquoInkulturationenldquo spirituell uumlberlegen ist die dieser oder jener Priester diese oder jene Grup-pe von Priestern vielleicht gerade fuumlr besser haumllt Wir sollen uns im Haus der Liturgie als dankbare Gauml ste aufhalten nicht als Projektmanager die nach Ver-besserungsmoumlglichkeiten Ausschau halten

Diejenigen die derartige Veraumlnde-rungen an der Liturgie vornehmen tun das gewiszlig in gutem Glauben Allerdings gehen sie nicht mit dem demuumltigen Vertrauen vor welches

voraussetzt daszlig die Liturgie viele Bedeutungsschichten hat die uumlber das hinausgehen was wir als Zweck einer Zeremonie eines Textes einer Gesangsweise eines Gewands verste-

hen Sie handeln nach Maszliggabe des-sen was ihr eigenes Licht ihnen ein-gibt Aber gerade heutzutage muumlssen wir vielmehr im Licht der katholischen Tradition handeln bis wir wieder ndash wie Kinder in der Grundschule ndash gelernt haben warum sich die Entwicklung so vollzogen hat Wir muumlssen erst wieder unser ABC lernen bevor wir es wagen duumlrfen unsere eigenen Beitraumlge zu lie-fern wie auch immer diese aussehen moumlgen

Obwohl kirchliche Traditionen sich entwickeln und aumlndern war es konsi-stente Praxis der katholischen Kirche uumlber die Jahrhunderte hinweg das

Levitiertes Hochamt

Initiale von ldquoGaudeamus omnes in Dominordquo (Mariauml Himmelfahrt)

Wir sollen uns im Haus der Liturgie als dankbare Gaumlste aufhalten nicht als Projektmanager die nach Verbesserungsmoumlglichkeiten Ausschau halten

33Dominus Vobiscum Nr 17 November 2018

beizubehalten was bereits Teil ihres Lebens war und dies um so mehr je umfassender es die Gemeinschaft der Glaumlubigen durchdrungen hatte Je laumlnger eine Tradition bereits existiert desto sicherer ist sie wahr angemes-sen und segensreich Neue Formen koumlnnen nur dann zugelassen werden wenn sie bereits vorhandene Traditio-nen verfeinern vertiefen bereichern oder auf andere Weise verbessern Auch wenn man mit Herveacute anerkennt daszlig es in der Kirche verschiedene Ar-ten von Tradition gibt und daszlig nicht alle dieselbe Unveraumlnderbarkeit oder Verbindlichkeit besitzen sollte man trotzdem den Wert unserer Tradition schaumltzen weil alle Elemente zusam-mengenommen den wundervollen und fein ausgestalteten Wandteppich des Glaubens ausmachen

Es ist darum nicht nur irrefuumlhrend sondern auch gefaumlhrlich eine zu star-ke Unterscheidung einzufuumlhren was ldquonotwendigldquo oder ldquoprimaumlrldquo ist ndash und was bdquonebensaumlchlichldquo oder ldquosekundaumlrldquo

Oft wird zB gesagt bdquoDas einzig Wich-tige bei der Messe ist daszlig Jesus gegen-waumlrtig ist Alles andere ist zweitrangigldquo Ohne Zweifel bedeutet es viel daszlig Je-sus gegenwaumlrtig ist denn andernfalls wuumlrden wir nicht mehr als gewoumlhn-liches Brot essen Aber die Liturgie hat eine groumlszligere Bestimmung als ein Mahl fuumlr uns zu bereiten ndash und selbst die Gegenwart Jesu hat einen groumlszlige-ren Umfang und Sinn als die sakra-mentale Kommunion

Die heilige Messe ist der feierliche oumlf-fentliche formale Akt der Anbetung der Danksagung und der flehentlichen Bitten die durch den Hohenpriester Christus und durch seinen gesamten mystischen Leib in Einheit mit ihm

dem Vater dargebracht werden Die heilige Messe ist das Hereinbrechen des himmlischen Koumlnigreiches in un-seren irdischen Raum und Zeit Sie ist das Hochzeitsfest des Koumlnigs der Koumlni-ge Sie ist die Zusammenfassung des gesamten geschaffenen Universums von seinem Anfang bis zum Ende

Weil die heilige Messe all dies ist und noch viel mehr hat die Kirche durch alle Jahrhunderte weder Aufwand

noch Kosten gespart um die Schoumln-heit und Feierlichkeit ihrer liturgischen Riten zu vergroumlszligern und zu vertiefen Wie Papst Johannes Paul II in seiner letzten Enzyklika Ecclesia de Euchari-stia (Nr 48) schrieb ldquoWie die Frau die Jesus in Betanien salbte hat die Kirche keine Angst lsquoverschwenderischlsquo zu sein wenn sie die besten Mittel einsetzt um

ihr anbetendes Staunen uumlber das uner-meszligliche Geschenk der Eucharistie zum Ausdruck zu bringenldquo

Waumlhrend es wahr sein mag daszlig unge-saumluertes Brot und Wein aus Trauben die einzigen Dinge sind die fuumlr eine guumlltige Meszligfeier im roumlmischen Ritus benoumltigt werden sowie ein Priester der die Wandlungsworte spricht so waumlre es eine unzureichende minima-listische und geizige Sicht der Dinge

dies als wirklich ausreichend zu be-zeichnen Die Verherrlichung Gottes und die Heiligung unserer Seelen sind zutiefst und untrennbar verbunden mit der angemessenen Anbetung die wir Ihm entgegenbringen

Das Phaumlnomen des Rubrizismus tritt auf wenn die liturgische oder theolo-

Frau salbt in Bethanien Jesu Haupt mit Narden-Oumll aus einem Alabastergefaumlszlig

Die heilige Messe ist das Hereinbrechen des himmlischen Koumlnigreiches in unseren irdischen Raum und Zeit Sie ist das Hochzeitsfest des Koumlnigs der Koumlnige

Liturgie und Pastoral

34

gische Begruumlndung fuumlr eine gegebene Praxis in Vergessenheit geraumlt und alles was einem noch bleibt eine Rubrik ist eine Vorschrift positiven mensch-lichen Rechts Wenn jemand nicht mehr sagen kann warum eine be-stimmte Praxis richtig und angemes-sen ist sondern einfach nur empoumlrt ausruft bdquoSo ist es in den Rubriken vor-geschrieben und daran muumlssen wir uns haltenldquo oder wenn jemand um drei Uhr morgens Schweiszligausbruumlche bekommt weil ihm ploumltzlich aufgeht daszlig drei Anleitungen unterschiedliche Angaben daruumlber machen wieviele Zentimeter voneinander entfernt die Gegenstaumlnde auf dem Kredenztisch stehen sollen ndash dann darf man den-jenigen meinetwegen als Rubrizisten bezeichnen

Rubriken sind gut weil die Verhaltens-weisen die sie garantieren in sich gut und richtig und angemessen sind Das Umgekehrte waumlre falsch daszlig naumlm-

lich etwas gut ist weil die Rubriken es vorgeben Das ist Rechtspositivismus und damit haben wir es hier nicht zu tun Die Kirche gefuumlhrt vom Heili-gen Geist lernt wie man etwas auf die beste Art und Weise tut ndash am besten entweder in praktischer Hin-sicht oder aus theologisch-spiritu-ellen Gruumlnden oder beides ndash und dann formuliert sie es als Rubrik und verlangt daszlig man sich danach richtet So entstand beispielsweise der Brauch Daumen und Zeigefinger ab der Wandlung zusammenzuhalten als eine Gewohnheit die sich allmaumlh-lich ausbreitete und wurde dann letzt-lich als Vorschrift fuumlr alle in die Rubri-ken aufgenommen Das ist der uumlbliche Weg wie diese Dinge sich entwickeln Daher handelt ein traditioneller Ka-tholik nur konsequent wenn er sagt daszlig den Rubriken zu folgen ist

Ein groszliges Problem des Katholizismus im 20 Jahrhundert bestand darin daszlig

die Rubriken quasi zu einer Angele-genheit von Heimwerkern wurden Die Ritenkongregation und spaumlter dann das Konzil produzierten jaumlhrlich neue Rubriken was Unmut und Uumlberdruszlig an dem gesamten Bereich zur Folge hatte Daszlig Rubriken eine theologische und geistliche Bedeutung haben - der Grund warum sie sich so und nicht an-ders herausgebildet hatten ndash geriet in Vergessenheit und keiner wollte mehr etwas von ihnen wissen

Ein Rubrizist ist jemand der auf den Rubriken um ihrer selbst willen beharrt Ein traditioneller Katholik beharrt auf den Rubriken weil sie etwas Wichti-ges schuumltzen und zum Ausdruck brin-gen ndash etwas das man zunaumlchst einmal theologisch und geistlich verstehen muszlig damit die Rubriken dann als et-was Richtiges angesehen werden koumln-nen Rubriken haben Rechtskraft weil sie von einer rechtmaumlszligigen Autoritaumlt verkuumlndet wurden doch die ihnen in-

Stufengebet beim Pontifikalamt 2018 in St Jakob (Bamberg)

35Dominus Vobiscum Nr 17 November 2018

newohnende Kraft haben sie von der Sache selbst

bdquoPastoraleldquo Priester die die gesunden Rubriken des alten Meszligbuchs ignorie-ren oder ihnen widersprechen bewei-sen damit keine bdquoFlexibilitaumlt innerhalb der Regelnldquo sondern jene antinomisti-sche (widersinnige) Mentalitaumlt die fuumlr die moderne Epoche charakteristisch ist fuumlr deren Gewohnheit Traditionen in Frage zu stellen und utilitaristischen und pragmatischen Uumlberlegungen oberste Prioritaumlt einzuraumlumen Wenn ein Priester eine traditionelle Rubrik nicht als Huumlter einer theologischen oder geistlichen Wahrheit sondern als zufaumlllig diktiertes Gesetz begreift dann ist er um so eher bereit sie zu ig-norieren sobald er meint eine bessere Idee zu haben

Die liturgische Krise hat den Begriff bdquoPastoralldquo in Miszligkredit gebracht Unter bdquoPastoralldquo wird mehr denn je ein klerikalistischer Paternalismus verstanden der vorgibt zu wissen bdquowas gut fuumlr die Leute istldquo Vorwerfen kann man dieses Miszligtrauen niemandem Die groszlige Krise ist vom Klerus selbst ausgegangen das bleibt unver-gessen

Martin Mosebach zum Begriff ldquoPastoralldquo

Diese ganze Frage der Art und Weise wie die Lesungen vorzutragen sind ist wichtiger als es zunaumlchst den An-schein haben mag da es sich nicht um ein isoliertes Thema handelt Es gehoumlrt vielmehr zu mehreren ande-ren Trojanischen Pferden durch die selbstlose unermuumldliche Reformisten

in die traditionelle Bewegung hinein-gelangen und sie ndash oder jedenfalls einzelne geographische Regionen da-rin ndash veraumlndern zu einer Neuauflage vom Abstieg in unersaumlttliches Basteln Veraumlndern Ausputzen Neuerfinden Archaumlologisieren und letztlich voumllliges Ummodeln der Liturgie und all das im Namen bdquopastoraler Verbesserungenldquo Das und nicht die liebevolle Sorge um die traditionelle ars celebrandi muszlig die bdquoSelbstknebelungldquo sein die wir verhindern muumlssen

Es waumlre angebracht daszlig die Paumlpstli-che Kommission Ecclesia Dei sowie re-ligioumlse Gemeinschaften die den usus antiquior nutzen derartige liturgische Miszligstaumlnde beobachten und korri-gieren bevor sie sich ausbreiten Wie koumlnnen Kleriker von den Glaumlubigen Gehorsam gegenuumlber ihren geistli-

chen Vaumltern erwarten wenn dieselben Vaumlter nicht gewissenhaft und treu ge-genuumlber der ererbten Liturgie sind

Ist es zu viel verlangt daszlig Priester dem Geist und dem Buchstaben des roumlmi-schen Ritus folgen wie er uns uumlber-liefert ist ohne die Abweichungen und kreativen Anpassungen der litur-gischen Bewegung einzufuumlhren Wir haben gesehen wohin dies fuumlhrt zum Novus Ordo

Die Glaumlubigen verdienen und haben das Recht auf eine traditionelle Mes-se die nach dem richtungsweisenden Motto bdquoSay the Black Do the Redldquo5 ge-feiert wird Nach Jahrzehnten der Ver-wirrung erhaumllt die Kirche eine noch nie dagewesene Gelegenheit durch einen bdquoRestartldquo die Feier der Liturgie mit der richtigen Haltung und Praxis wieder neu auszurichten

Wenn wir diesmal die einmalige Chan-ce mit kurzsichtigen ldquopastoralenldquo An-passungen vermasseln werden wir niemanden auszliger uns selbst beschul-digen koumlnnen wenn wir in eine zwei-te liturgische Reform abgleiten aus der uns die goumlttliche Vorsehung wohl nicht nochmals retten wird

5 bdquoSprich das Schwarzgedruckte aus und tue das Rotgedruckteldquo

Stufengebet beim Pontifikalamt 2018 in St Jakob (Bamberg)

Pontifikalamt in Florenz (Institut Christus Koumlnig)

Glasfenster mit Rauchfaszlig

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Kontext Im Angesicht Gottes eine dankbare und demuumltige Rezitation der Wahrheiten die Er ausgesprochen und der guten Dinge die er verspro-chen hat sowie eine Form von wort-haftem Weihrauch bei dem wir unsere Haumlnde erheben zu seinen Geboten wie es der groszligartige Offertoriumsge-sang beschreibt ldquoMeditabor in manda-tis tuis quae dilexi valde et levabo ma-nus meas ad mandata tua quae dilexirdquo ndash ldquoIch uumlberdenke Dein Gebot das ich gar innig liebe ich strecke meine Haumlnde aus nach Deiner Satzung die ich liebeldquo1

Die auf Latein gesungene Schriftle-sung ist in erster Linie ein Ausdruck der anbetenden Liebe Gott gegen-

1 Offertorium des zweiten Fastensonntags (s S 29)

uumlber und erst in zweiter Linie eine Wissensvermittlung an die Glaumlubigen Die Form in der dies geschieht sollte diese Reihenfolge widerspiegeln In der alten Liturgie erhaumllt Gott immer und uumlberall den Vorrang Nichts wird ldquoeinfachldquo nur fuumlr das Volk getan

Der Gesang des Wortes Gottes dient nicht vornehmlich der Belehrung son-dern ist in sich selbst auch eine quasi-sakramentale Handlung (wie Martin Mosebach es in Bezug auf Weihrauch Kerzen und das Gebet ldquoPer evangelica dicta deleantur nostra delictardquo2 dar-legt)

Eine weitere Bestaumltigung dieses Cha-

2 bdquoDurch die Worte des Evangeliums moumlgen getilgt werden unsere Suumlndenldquo

rakters der Schriftlesungen findet sich in den Gebeten bei der Weihe von Subdiakonen und Diakonen ldquoAccipite librum Epistolarum et habete potesta-tem legendi eas in Ecclesia sancta Dei tam pro vivis quam pro defunctisldquo3 und ldquoAccipe potestatem legendi Evan-gelium in Ecclesia Dei tam pro vivis quam pro defunctisrdquo4 Der Gebetsteil mit dem Bezug auf die Verstorbenen waumlre Unsinn wenn der Vortrag der Schrifttexte hauptsaumlchlich der prakti-schen Unterweisung der jeweils gera-de anwesenden Glaumlubigen diente

Niemand wird sich uumlber den liturgi-schen Gesang von Lesung und Evan-gelium beklagen (die ja nur wenige Minuten in Anspruch nehmen) wenn anschlieszligend vor der Predigt die Tex-te in der Landessprache vorgelesen werden Aber letzteres sollte niemals den Gesang der Schriftlesungen erset-zen

Die Art und Weise Lesung und Evan-gelium vorzutragen ist jedoch leider nicht das einzige bdquoLiturgie-Elementldquo das von Priestern aus angeblich bdquopa-storalenldquo Gruumlnden umgestaltet wird

Yves Chirons meisterhafte Bugnini-Biographie schildert detailliert mit welcher gnadenlosen Bereitschaft die liturgischen bdquoExpertenldquo der 1940er 1950er und 1960er Jahre sich auf Ex-perimente mit der Liturgie einlieszligen ndash ganz so als handle es sich um ihr persoumlnliches Privateigentum Sie lie-

3 bdquoNehmet hin das Epistelbuch und habet die Ge-walt die Epistel in der Kirche vorzulesen sowohl fuumlr die Lebenden als auch fuumlr die Verstorbenenldquo4 bdquoEmpfange die Vollmacht das Evangelium in der Kirche Gottes zu lesen sowohl fuumlr die Lebenden als auch fuumlr die Verstorbenenldquo

Weihbischof Athanasius Schneider spendet Diakonatsweihe in Berlin (2017 Institut Philipp Neri)

31Dominus Vobiscum Nr 17 November 2018

szligen sich durch keine fundierten Rub-riken zuruumlckhalten und agierten un-geachtet fast konstanter Warnungen und Zurechtweisungen durch Paumlpste durch die Ritenkongregation oder an-dere kuriale Amtstraumlger Ihre Haltung war offenbar bdquoWenn wir einen hinrei-chend guten Grund haben die Rubri-ken aufzuheben um etwas Neues aus-zuprobieren das wir fuumlr eine pastorale Verbesserung halten dann bedarf es keiner weiteren Rechtfertigungldquo Diese Haltung aber war kurz gesagt genau jenes Saumlurebad in dem sich jegliche Vorstellung von einem empfange-nen ererbten Ritus aufloumlste dem wir demuumltig unterworfen sind und von dem wir uns gerne formen und leiten lassen

Als sich diese abwegige Haltung dann eingebuumlrgert hatte war es relativ ein-fach den gesamten Ritus zugunsten eines selbstgebastelten Ritus aus-zumustern Warum nicht Es geht ja doch nur darum was wir wollen Der Novus Ordo war schlicht die Krone die den Jahrzehnten liturgischen Experi-mentierens aufgesetzt wurde eines Experimentierens das in Rationalis-mus Voluntarismus und Pastoralismus wurzelte

Der klassische roumlmische Ritus hinge-gen in seiner majestaumltischen Gedie-genheit und Stabilitaumlt ist der perfekte Ausdruck der wirklichen pastoralen Sorge und der lichtreichen dogmati-schen Lehre des Tridentinischen Kon-zils guumlltig fuumlr alle Zeiten alle Orte alle Kulturen

In ihrer Kurzsichtigkeit meinten Ver-treter der spaumlteren Phase der Liturgi-schen Bewegung sie selbst und nicht die durch die Vorsehung gelenkte Tra-dition der Kirche wuumlszligten am besten

was der von ihnen definierte bdquoModerne Menschldquo brauchte Fuumlr sie war sonnen-klar daszlig er moumlglichst viel Volkssprache brauchte Deshalb wurde spaumlter dann das Latein komplett abgeschafft Au-szligerdem meinten sie wir muumlszligten ver-einfachen immer noch schlichter und schlichter werden ndash sei es hinsichtlich der Gewaumlnder (Amikt und Manipel und Birett ndash kann wegfallen) in der Ausstattung (sechs Kerzen Antepen-dien und Turibula ndash kann wegfallen) in den Meszligtexten (Proprien zweite oder dritte Orationen Psalm 42 Johannes prolog die Leoninischen Gebete ndash kann wegfallen) in den Ze-remonien der Messe (Oskulationen Kreuzzeichen Kniebeugen Wendung ad orientem ndash kann wegfallen) in den Meszliggesaumlngen (gregorianischer Ge-sang ndash kann wegfallen)

Es scheint den Akteuren der Litur-gischen Bewegung nie in den Sinn gekommen zu sein daszlig eine zu-nehmend weltlich und materialis-tisch gesinnte Zeit dringend etwas brauchte das in die entgegenge-setzte Richtung wies ndash hin zu mehr li-turgischem Symbolismus einer rei-cheren rituellen Prachtentfaltung einer tieferen Versenkung in den Gregorianischen Choral mit seiner unvergleichlichen Spiritualitaumlt

Was der moderne Mensch am noumltig-sten brauchte war eine Befreiung aus dem Gefaumlngnis das er selbst gebaut hatte aus dem rationalistischen An-thropozentrismus der fuumlr die Moderne kennzeichnend ist und der sich durch die Liturgiereform mit ihren vielen be-absichtigten und unbeabsichtigten Folgen zum Schaden von uns allen in der katholischen Kirche breitmachte

Choralschola in St Afra Berlin (Institut Philipp Neri)

Der klassische roumlmische Ritus in seiner majestaumltischen Gediegenheit und Stabilitaumlt ist der perfekte Ausdruck der wirklichen pastoralen Sorge und der lichtreichen dogmatischen Lehre des Tridentinischen Konzils guumlltig fuumlr alle Zeiten alle Orte alle Kulturen

Liturgie und Pastoral

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Insofern entpuppte sich das als Heil-mittel verkuumlndete Verfahren lediglich als Verschlimmerung der Krankheit weshalb es heute wie nicht anders zu erwarten dem Patienten schlechter und nicht besser geht

Die von manchen Zelebranten von heiligen Messen im klassischen roumlmi-schen Ritus gegenuumlber traditionellen Laien vorgebrachte Anschuldigung einer bdquoHyperliturgisierungldquo ist daher nicht frei von Ironie Priester die sich fuumlr eine Abwendung von den Rubriken einsetzen ndash haumlufig handelt es sich um nationale Abweichungen von der uni-versalen roumlmischen Tradition ndash sind diejenigen die sich fuumlr faumlhig halten Verbesserungen oder Anpassungen an der Liturgie vorzunehmen Sie sind die Hyperliturgisten Menschen die ei-ner roumlmischen Messe beiwohnen wol-len die zumindest hinsichtlich dessen was in den liturgischen Buumlchern steht auf der ganzen Welt dieselbe ist so wie

ja auch der katholische Glaube uumlberall derselbe ist ndash sie sind keine Hyperli-

turgisten sie sind nicht einmal Litur-gisten Sie sind einfach glaumlubige Ka-tholiken Katholiken die glauben daszlig das was die althergebrachte Tradition der Kirche ihnen anbietet ndash beispiels-

weise den gesungenen Vortrag der Lesungen auf Latein ndash irgendwelchen bdquoAdaptationenldquo oder bdquoInkulturationenldquo spirituell uumlberlegen ist die dieser oder jener Priester diese oder jene Grup-pe von Priestern vielleicht gerade fuumlr besser haumllt Wir sollen uns im Haus der Liturgie als dankbare Gauml ste aufhalten nicht als Projektmanager die nach Ver-besserungsmoumlglichkeiten Ausschau halten

Diejenigen die derartige Veraumlnde-rungen an der Liturgie vornehmen tun das gewiszlig in gutem Glauben Allerdings gehen sie nicht mit dem demuumltigen Vertrauen vor welches

voraussetzt daszlig die Liturgie viele Bedeutungsschichten hat die uumlber das hinausgehen was wir als Zweck einer Zeremonie eines Textes einer Gesangsweise eines Gewands verste-

hen Sie handeln nach Maszliggabe des-sen was ihr eigenes Licht ihnen ein-gibt Aber gerade heutzutage muumlssen wir vielmehr im Licht der katholischen Tradition handeln bis wir wieder ndash wie Kinder in der Grundschule ndash gelernt haben warum sich die Entwicklung so vollzogen hat Wir muumlssen erst wieder unser ABC lernen bevor wir es wagen duumlrfen unsere eigenen Beitraumlge zu lie-fern wie auch immer diese aussehen moumlgen

Obwohl kirchliche Traditionen sich entwickeln und aumlndern war es konsi-stente Praxis der katholischen Kirche uumlber die Jahrhunderte hinweg das

Levitiertes Hochamt

Initiale von ldquoGaudeamus omnes in Dominordquo (Mariauml Himmelfahrt)

Wir sollen uns im Haus der Liturgie als dankbare Gaumlste aufhalten nicht als Projektmanager die nach Verbesserungsmoumlglichkeiten Ausschau halten

33Dominus Vobiscum Nr 17 November 2018

beizubehalten was bereits Teil ihres Lebens war und dies um so mehr je umfassender es die Gemeinschaft der Glaumlubigen durchdrungen hatte Je laumlnger eine Tradition bereits existiert desto sicherer ist sie wahr angemes-sen und segensreich Neue Formen koumlnnen nur dann zugelassen werden wenn sie bereits vorhandene Traditio-nen verfeinern vertiefen bereichern oder auf andere Weise verbessern Auch wenn man mit Herveacute anerkennt daszlig es in der Kirche verschiedene Ar-ten von Tradition gibt und daszlig nicht alle dieselbe Unveraumlnderbarkeit oder Verbindlichkeit besitzen sollte man trotzdem den Wert unserer Tradition schaumltzen weil alle Elemente zusam-mengenommen den wundervollen und fein ausgestalteten Wandteppich des Glaubens ausmachen

Es ist darum nicht nur irrefuumlhrend sondern auch gefaumlhrlich eine zu star-ke Unterscheidung einzufuumlhren was ldquonotwendigldquo oder ldquoprimaumlrldquo ist ndash und was bdquonebensaumlchlichldquo oder ldquosekundaumlrldquo

Oft wird zB gesagt bdquoDas einzig Wich-tige bei der Messe ist daszlig Jesus gegen-waumlrtig ist Alles andere ist zweitrangigldquo Ohne Zweifel bedeutet es viel daszlig Je-sus gegenwaumlrtig ist denn andernfalls wuumlrden wir nicht mehr als gewoumlhn-liches Brot essen Aber die Liturgie hat eine groumlszligere Bestimmung als ein Mahl fuumlr uns zu bereiten ndash und selbst die Gegenwart Jesu hat einen groumlszlige-ren Umfang und Sinn als die sakra-mentale Kommunion

Die heilige Messe ist der feierliche oumlf-fentliche formale Akt der Anbetung der Danksagung und der flehentlichen Bitten die durch den Hohenpriester Christus und durch seinen gesamten mystischen Leib in Einheit mit ihm

dem Vater dargebracht werden Die heilige Messe ist das Hereinbrechen des himmlischen Koumlnigreiches in un-seren irdischen Raum und Zeit Sie ist das Hochzeitsfest des Koumlnigs der Koumlni-ge Sie ist die Zusammenfassung des gesamten geschaffenen Universums von seinem Anfang bis zum Ende

Weil die heilige Messe all dies ist und noch viel mehr hat die Kirche durch alle Jahrhunderte weder Aufwand

noch Kosten gespart um die Schoumln-heit und Feierlichkeit ihrer liturgischen Riten zu vergroumlszligern und zu vertiefen Wie Papst Johannes Paul II in seiner letzten Enzyklika Ecclesia de Euchari-stia (Nr 48) schrieb ldquoWie die Frau die Jesus in Betanien salbte hat die Kirche keine Angst lsquoverschwenderischlsquo zu sein wenn sie die besten Mittel einsetzt um

ihr anbetendes Staunen uumlber das uner-meszligliche Geschenk der Eucharistie zum Ausdruck zu bringenldquo

Waumlhrend es wahr sein mag daszlig unge-saumluertes Brot und Wein aus Trauben die einzigen Dinge sind die fuumlr eine guumlltige Meszligfeier im roumlmischen Ritus benoumltigt werden sowie ein Priester der die Wandlungsworte spricht so waumlre es eine unzureichende minima-listische und geizige Sicht der Dinge

dies als wirklich ausreichend zu be-zeichnen Die Verherrlichung Gottes und die Heiligung unserer Seelen sind zutiefst und untrennbar verbunden mit der angemessenen Anbetung die wir Ihm entgegenbringen

Das Phaumlnomen des Rubrizismus tritt auf wenn die liturgische oder theolo-

Frau salbt in Bethanien Jesu Haupt mit Narden-Oumll aus einem Alabastergefaumlszlig

Die heilige Messe ist das Hereinbrechen des himmlischen Koumlnigreiches in unseren irdischen Raum und Zeit Sie ist das Hochzeitsfest des Koumlnigs der Koumlnige

Liturgie und Pastoral

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gische Begruumlndung fuumlr eine gegebene Praxis in Vergessenheit geraumlt und alles was einem noch bleibt eine Rubrik ist eine Vorschrift positiven mensch-lichen Rechts Wenn jemand nicht mehr sagen kann warum eine be-stimmte Praxis richtig und angemes-sen ist sondern einfach nur empoumlrt ausruft bdquoSo ist es in den Rubriken vor-geschrieben und daran muumlssen wir uns haltenldquo oder wenn jemand um drei Uhr morgens Schweiszligausbruumlche bekommt weil ihm ploumltzlich aufgeht daszlig drei Anleitungen unterschiedliche Angaben daruumlber machen wieviele Zentimeter voneinander entfernt die Gegenstaumlnde auf dem Kredenztisch stehen sollen ndash dann darf man den-jenigen meinetwegen als Rubrizisten bezeichnen

Rubriken sind gut weil die Verhaltens-weisen die sie garantieren in sich gut und richtig und angemessen sind Das Umgekehrte waumlre falsch daszlig naumlm-

lich etwas gut ist weil die Rubriken es vorgeben Das ist Rechtspositivismus und damit haben wir es hier nicht zu tun Die Kirche gefuumlhrt vom Heili-gen Geist lernt wie man etwas auf die beste Art und Weise tut ndash am besten entweder in praktischer Hin-sicht oder aus theologisch-spiritu-ellen Gruumlnden oder beides ndash und dann formuliert sie es als Rubrik und verlangt daszlig man sich danach richtet So entstand beispielsweise der Brauch Daumen und Zeigefinger ab der Wandlung zusammenzuhalten als eine Gewohnheit die sich allmaumlh-lich ausbreitete und wurde dann letzt-lich als Vorschrift fuumlr alle in die Rubri-ken aufgenommen Das ist der uumlbliche Weg wie diese Dinge sich entwickeln Daher handelt ein traditioneller Ka-tholik nur konsequent wenn er sagt daszlig den Rubriken zu folgen ist

Ein groszliges Problem des Katholizismus im 20 Jahrhundert bestand darin daszlig

die Rubriken quasi zu einer Angele-genheit von Heimwerkern wurden Die Ritenkongregation und spaumlter dann das Konzil produzierten jaumlhrlich neue Rubriken was Unmut und Uumlberdruszlig an dem gesamten Bereich zur Folge hatte Daszlig Rubriken eine theologische und geistliche Bedeutung haben - der Grund warum sie sich so und nicht an-ders herausgebildet hatten ndash geriet in Vergessenheit und keiner wollte mehr etwas von ihnen wissen

Ein Rubrizist ist jemand der auf den Rubriken um ihrer selbst willen beharrt Ein traditioneller Katholik beharrt auf den Rubriken weil sie etwas Wichti-ges schuumltzen und zum Ausdruck brin-gen ndash etwas das man zunaumlchst einmal theologisch und geistlich verstehen muszlig damit die Rubriken dann als et-was Richtiges angesehen werden koumln-nen Rubriken haben Rechtskraft weil sie von einer rechtmaumlszligigen Autoritaumlt verkuumlndet wurden doch die ihnen in-

Stufengebet beim Pontifikalamt 2018 in St Jakob (Bamberg)

35Dominus Vobiscum Nr 17 November 2018

newohnende Kraft haben sie von der Sache selbst

bdquoPastoraleldquo Priester die die gesunden Rubriken des alten Meszligbuchs ignorie-ren oder ihnen widersprechen bewei-sen damit keine bdquoFlexibilitaumlt innerhalb der Regelnldquo sondern jene antinomisti-sche (widersinnige) Mentalitaumlt die fuumlr die moderne Epoche charakteristisch ist fuumlr deren Gewohnheit Traditionen in Frage zu stellen und utilitaristischen und pragmatischen Uumlberlegungen oberste Prioritaumlt einzuraumlumen Wenn ein Priester eine traditionelle Rubrik nicht als Huumlter einer theologischen oder geistlichen Wahrheit sondern als zufaumlllig diktiertes Gesetz begreift dann ist er um so eher bereit sie zu ig-norieren sobald er meint eine bessere Idee zu haben

Die liturgische Krise hat den Begriff bdquoPastoralldquo in Miszligkredit gebracht Unter bdquoPastoralldquo wird mehr denn je ein klerikalistischer Paternalismus verstanden der vorgibt zu wissen bdquowas gut fuumlr die Leute istldquo Vorwerfen kann man dieses Miszligtrauen niemandem Die groszlige Krise ist vom Klerus selbst ausgegangen das bleibt unver-gessen

Martin Mosebach zum Begriff ldquoPastoralldquo

Diese ganze Frage der Art und Weise wie die Lesungen vorzutragen sind ist wichtiger als es zunaumlchst den An-schein haben mag da es sich nicht um ein isoliertes Thema handelt Es gehoumlrt vielmehr zu mehreren ande-ren Trojanischen Pferden durch die selbstlose unermuumldliche Reformisten

in die traditionelle Bewegung hinein-gelangen und sie ndash oder jedenfalls einzelne geographische Regionen da-rin ndash veraumlndern zu einer Neuauflage vom Abstieg in unersaumlttliches Basteln Veraumlndern Ausputzen Neuerfinden Archaumlologisieren und letztlich voumllliges Ummodeln der Liturgie und all das im Namen bdquopastoraler Verbesserungenldquo Das und nicht die liebevolle Sorge um die traditionelle ars celebrandi muszlig die bdquoSelbstknebelungldquo sein die wir verhindern muumlssen

Es waumlre angebracht daszlig die Paumlpstli-che Kommission Ecclesia Dei sowie re-ligioumlse Gemeinschaften die den usus antiquior nutzen derartige liturgische Miszligstaumlnde beobachten und korri-gieren bevor sie sich ausbreiten Wie koumlnnen Kleriker von den Glaumlubigen Gehorsam gegenuumlber ihren geistli-

chen Vaumltern erwarten wenn dieselben Vaumlter nicht gewissenhaft und treu ge-genuumlber der ererbten Liturgie sind

Ist es zu viel verlangt daszlig Priester dem Geist und dem Buchstaben des roumlmi-schen Ritus folgen wie er uns uumlber-liefert ist ohne die Abweichungen und kreativen Anpassungen der litur-gischen Bewegung einzufuumlhren Wir haben gesehen wohin dies fuumlhrt zum Novus Ordo

Die Glaumlubigen verdienen und haben das Recht auf eine traditionelle Mes-se die nach dem richtungsweisenden Motto bdquoSay the Black Do the Redldquo5 ge-feiert wird Nach Jahrzehnten der Ver-wirrung erhaumllt die Kirche eine noch nie dagewesene Gelegenheit durch einen bdquoRestartldquo die Feier der Liturgie mit der richtigen Haltung und Praxis wieder neu auszurichten

Wenn wir diesmal die einmalige Chan-ce mit kurzsichtigen ldquopastoralenldquo An-passungen vermasseln werden wir niemanden auszliger uns selbst beschul-digen koumlnnen wenn wir in eine zwei-te liturgische Reform abgleiten aus der uns die goumlttliche Vorsehung wohl nicht nochmals retten wird

5 bdquoSprich das Schwarzgedruckte aus und tue das Rotgedruckteldquo

Stufengebet beim Pontifikalamt 2018 in St Jakob (Bamberg)

Pontifikalamt in Florenz (Institut Christus Koumlnig)

Glasfenster mit Rauchfaszlig

31Dominus Vobiscum Nr 17 November 2018

szligen sich durch keine fundierten Rub-riken zuruumlckhalten und agierten un-geachtet fast konstanter Warnungen und Zurechtweisungen durch Paumlpste durch die Ritenkongregation oder an-dere kuriale Amtstraumlger Ihre Haltung war offenbar bdquoWenn wir einen hinrei-chend guten Grund haben die Rubri-ken aufzuheben um etwas Neues aus-zuprobieren das wir fuumlr eine pastorale Verbesserung halten dann bedarf es keiner weiteren Rechtfertigungldquo Diese Haltung aber war kurz gesagt genau jenes Saumlurebad in dem sich jegliche Vorstellung von einem empfange-nen ererbten Ritus aufloumlste dem wir demuumltig unterworfen sind und von dem wir uns gerne formen und leiten lassen

Als sich diese abwegige Haltung dann eingebuumlrgert hatte war es relativ ein-fach den gesamten Ritus zugunsten eines selbstgebastelten Ritus aus-zumustern Warum nicht Es geht ja doch nur darum was wir wollen Der Novus Ordo war schlicht die Krone die den Jahrzehnten liturgischen Experi-mentierens aufgesetzt wurde eines Experimentierens das in Rationalis-mus Voluntarismus und Pastoralismus wurzelte

Der klassische roumlmische Ritus hinge-gen in seiner majestaumltischen Gedie-genheit und Stabilitaumlt ist der perfekte Ausdruck der wirklichen pastoralen Sorge und der lichtreichen dogmati-schen Lehre des Tridentinischen Kon-zils guumlltig fuumlr alle Zeiten alle Orte alle Kulturen

In ihrer Kurzsichtigkeit meinten Ver-treter der spaumlteren Phase der Liturgi-schen Bewegung sie selbst und nicht die durch die Vorsehung gelenkte Tra-dition der Kirche wuumlszligten am besten

was der von ihnen definierte bdquoModerne Menschldquo brauchte Fuumlr sie war sonnen-klar daszlig er moumlglichst viel Volkssprache brauchte Deshalb wurde spaumlter dann das Latein komplett abgeschafft Au-szligerdem meinten sie wir muumlszligten ver-einfachen immer noch schlichter und schlichter werden ndash sei es hinsichtlich der Gewaumlnder (Amikt und Manipel und Birett ndash kann wegfallen) in der Ausstattung (sechs Kerzen Antepen-dien und Turibula ndash kann wegfallen) in den Meszligtexten (Proprien zweite oder dritte Orationen Psalm 42 Johannes prolog die Leoninischen Gebete ndash kann wegfallen) in den Ze-remonien der Messe (Oskulationen Kreuzzeichen Kniebeugen Wendung ad orientem ndash kann wegfallen) in den Meszliggesaumlngen (gregorianischer Ge-sang ndash kann wegfallen)

Es scheint den Akteuren der Litur-gischen Bewegung nie in den Sinn gekommen zu sein daszlig eine zu-nehmend weltlich und materialis-tisch gesinnte Zeit dringend etwas brauchte das in die entgegenge-setzte Richtung wies ndash hin zu mehr li-turgischem Symbolismus einer rei-cheren rituellen Prachtentfaltung einer tieferen Versenkung in den Gregorianischen Choral mit seiner unvergleichlichen Spiritualitaumlt

Was der moderne Mensch am noumltig-sten brauchte war eine Befreiung aus dem Gefaumlngnis das er selbst gebaut hatte aus dem rationalistischen An-thropozentrismus der fuumlr die Moderne kennzeichnend ist und der sich durch die Liturgiereform mit ihren vielen be-absichtigten und unbeabsichtigten Folgen zum Schaden von uns allen in der katholischen Kirche breitmachte

Choralschola in St Afra Berlin (Institut Philipp Neri)

Der klassische roumlmische Ritus in seiner majestaumltischen Gediegenheit und Stabilitaumlt ist der perfekte Ausdruck der wirklichen pastoralen Sorge und der lichtreichen dogmatischen Lehre des Tridentinischen Konzils guumlltig fuumlr alle Zeiten alle Orte alle Kulturen

Liturgie und Pastoral

32

Insofern entpuppte sich das als Heil-mittel verkuumlndete Verfahren lediglich als Verschlimmerung der Krankheit weshalb es heute wie nicht anders zu erwarten dem Patienten schlechter und nicht besser geht

Die von manchen Zelebranten von heiligen Messen im klassischen roumlmi-schen Ritus gegenuumlber traditionellen Laien vorgebrachte Anschuldigung einer bdquoHyperliturgisierungldquo ist daher nicht frei von Ironie Priester die sich fuumlr eine Abwendung von den Rubriken einsetzen ndash haumlufig handelt es sich um nationale Abweichungen von der uni-versalen roumlmischen Tradition ndash sind diejenigen die sich fuumlr faumlhig halten Verbesserungen oder Anpassungen an der Liturgie vorzunehmen Sie sind die Hyperliturgisten Menschen die ei-ner roumlmischen Messe beiwohnen wol-len die zumindest hinsichtlich dessen was in den liturgischen Buumlchern steht auf der ganzen Welt dieselbe ist so wie

ja auch der katholische Glaube uumlberall derselbe ist ndash sie sind keine Hyperli-

turgisten sie sind nicht einmal Litur-gisten Sie sind einfach glaumlubige Ka-tholiken Katholiken die glauben daszlig das was die althergebrachte Tradition der Kirche ihnen anbietet ndash beispiels-

weise den gesungenen Vortrag der Lesungen auf Latein ndash irgendwelchen bdquoAdaptationenldquo oder bdquoInkulturationenldquo spirituell uumlberlegen ist die dieser oder jener Priester diese oder jene Grup-pe von Priestern vielleicht gerade fuumlr besser haumllt Wir sollen uns im Haus der Liturgie als dankbare Gauml ste aufhalten nicht als Projektmanager die nach Ver-besserungsmoumlglichkeiten Ausschau halten

Diejenigen die derartige Veraumlnde-rungen an der Liturgie vornehmen tun das gewiszlig in gutem Glauben Allerdings gehen sie nicht mit dem demuumltigen Vertrauen vor welches

voraussetzt daszlig die Liturgie viele Bedeutungsschichten hat die uumlber das hinausgehen was wir als Zweck einer Zeremonie eines Textes einer Gesangsweise eines Gewands verste-

hen Sie handeln nach Maszliggabe des-sen was ihr eigenes Licht ihnen ein-gibt Aber gerade heutzutage muumlssen wir vielmehr im Licht der katholischen Tradition handeln bis wir wieder ndash wie Kinder in der Grundschule ndash gelernt haben warum sich die Entwicklung so vollzogen hat Wir muumlssen erst wieder unser ABC lernen bevor wir es wagen duumlrfen unsere eigenen Beitraumlge zu lie-fern wie auch immer diese aussehen moumlgen

Obwohl kirchliche Traditionen sich entwickeln und aumlndern war es konsi-stente Praxis der katholischen Kirche uumlber die Jahrhunderte hinweg das

Levitiertes Hochamt

Initiale von ldquoGaudeamus omnes in Dominordquo (Mariauml Himmelfahrt)

Wir sollen uns im Haus der Liturgie als dankbare Gaumlste aufhalten nicht als Projektmanager die nach Verbesserungsmoumlglichkeiten Ausschau halten

33Dominus Vobiscum Nr 17 November 2018

beizubehalten was bereits Teil ihres Lebens war und dies um so mehr je umfassender es die Gemeinschaft der Glaumlubigen durchdrungen hatte Je laumlnger eine Tradition bereits existiert desto sicherer ist sie wahr angemes-sen und segensreich Neue Formen koumlnnen nur dann zugelassen werden wenn sie bereits vorhandene Traditio-nen verfeinern vertiefen bereichern oder auf andere Weise verbessern Auch wenn man mit Herveacute anerkennt daszlig es in der Kirche verschiedene Ar-ten von Tradition gibt und daszlig nicht alle dieselbe Unveraumlnderbarkeit oder Verbindlichkeit besitzen sollte man trotzdem den Wert unserer Tradition schaumltzen weil alle Elemente zusam-mengenommen den wundervollen und fein ausgestalteten Wandteppich des Glaubens ausmachen

Es ist darum nicht nur irrefuumlhrend sondern auch gefaumlhrlich eine zu star-ke Unterscheidung einzufuumlhren was ldquonotwendigldquo oder ldquoprimaumlrldquo ist ndash und was bdquonebensaumlchlichldquo oder ldquosekundaumlrldquo

Oft wird zB gesagt bdquoDas einzig Wich-tige bei der Messe ist daszlig Jesus gegen-waumlrtig ist Alles andere ist zweitrangigldquo Ohne Zweifel bedeutet es viel daszlig Je-sus gegenwaumlrtig ist denn andernfalls wuumlrden wir nicht mehr als gewoumlhn-liches Brot essen Aber die Liturgie hat eine groumlszligere Bestimmung als ein Mahl fuumlr uns zu bereiten ndash und selbst die Gegenwart Jesu hat einen groumlszlige-ren Umfang und Sinn als die sakra-mentale Kommunion

Die heilige Messe ist der feierliche oumlf-fentliche formale Akt der Anbetung der Danksagung und der flehentlichen Bitten die durch den Hohenpriester Christus und durch seinen gesamten mystischen Leib in Einheit mit ihm

dem Vater dargebracht werden Die heilige Messe ist das Hereinbrechen des himmlischen Koumlnigreiches in un-seren irdischen Raum und Zeit Sie ist das Hochzeitsfest des Koumlnigs der Koumlni-ge Sie ist die Zusammenfassung des gesamten geschaffenen Universums von seinem Anfang bis zum Ende

Weil die heilige Messe all dies ist und noch viel mehr hat die Kirche durch alle Jahrhunderte weder Aufwand

noch Kosten gespart um die Schoumln-heit und Feierlichkeit ihrer liturgischen Riten zu vergroumlszligern und zu vertiefen Wie Papst Johannes Paul II in seiner letzten Enzyklika Ecclesia de Euchari-stia (Nr 48) schrieb ldquoWie die Frau die Jesus in Betanien salbte hat die Kirche keine Angst lsquoverschwenderischlsquo zu sein wenn sie die besten Mittel einsetzt um

ihr anbetendes Staunen uumlber das uner-meszligliche Geschenk der Eucharistie zum Ausdruck zu bringenldquo

Waumlhrend es wahr sein mag daszlig unge-saumluertes Brot und Wein aus Trauben die einzigen Dinge sind die fuumlr eine guumlltige Meszligfeier im roumlmischen Ritus benoumltigt werden sowie ein Priester der die Wandlungsworte spricht so waumlre es eine unzureichende minima-listische und geizige Sicht der Dinge

dies als wirklich ausreichend zu be-zeichnen Die Verherrlichung Gottes und die Heiligung unserer Seelen sind zutiefst und untrennbar verbunden mit der angemessenen Anbetung die wir Ihm entgegenbringen

Das Phaumlnomen des Rubrizismus tritt auf wenn die liturgische oder theolo-

Frau salbt in Bethanien Jesu Haupt mit Narden-Oumll aus einem Alabastergefaumlszlig

Die heilige Messe ist das Hereinbrechen des himmlischen Koumlnigreiches in unseren irdischen Raum und Zeit Sie ist das Hochzeitsfest des Koumlnigs der Koumlnige

Liturgie und Pastoral

34

gische Begruumlndung fuumlr eine gegebene Praxis in Vergessenheit geraumlt und alles was einem noch bleibt eine Rubrik ist eine Vorschrift positiven mensch-lichen Rechts Wenn jemand nicht mehr sagen kann warum eine be-stimmte Praxis richtig und angemes-sen ist sondern einfach nur empoumlrt ausruft bdquoSo ist es in den Rubriken vor-geschrieben und daran muumlssen wir uns haltenldquo oder wenn jemand um drei Uhr morgens Schweiszligausbruumlche bekommt weil ihm ploumltzlich aufgeht daszlig drei Anleitungen unterschiedliche Angaben daruumlber machen wieviele Zentimeter voneinander entfernt die Gegenstaumlnde auf dem Kredenztisch stehen sollen ndash dann darf man den-jenigen meinetwegen als Rubrizisten bezeichnen

Rubriken sind gut weil die Verhaltens-weisen die sie garantieren in sich gut und richtig und angemessen sind Das Umgekehrte waumlre falsch daszlig naumlm-

lich etwas gut ist weil die Rubriken es vorgeben Das ist Rechtspositivismus und damit haben wir es hier nicht zu tun Die Kirche gefuumlhrt vom Heili-gen Geist lernt wie man etwas auf die beste Art und Weise tut ndash am besten entweder in praktischer Hin-sicht oder aus theologisch-spiritu-ellen Gruumlnden oder beides ndash und dann formuliert sie es als Rubrik und verlangt daszlig man sich danach richtet So entstand beispielsweise der Brauch Daumen und Zeigefinger ab der Wandlung zusammenzuhalten als eine Gewohnheit die sich allmaumlh-lich ausbreitete und wurde dann letzt-lich als Vorschrift fuumlr alle in die Rubri-ken aufgenommen Das ist der uumlbliche Weg wie diese Dinge sich entwickeln Daher handelt ein traditioneller Ka-tholik nur konsequent wenn er sagt daszlig den Rubriken zu folgen ist

Ein groszliges Problem des Katholizismus im 20 Jahrhundert bestand darin daszlig

die Rubriken quasi zu einer Angele-genheit von Heimwerkern wurden Die Ritenkongregation und spaumlter dann das Konzil produzierten jaumlhrlich neue Rubriken was Unmut und Uumlberdruszlig an dem gesamten Bereich zur Folge hatte Daszlig Rubriken eine theologische und geistliche Bedeutung haben - der Grund warum sie sich so und nicht an-ders herausgebildet hatten ndash geriet in Vergessenheit und keiner wollte mehr etwas von ihnen wissen

Ein Rubrizist ist jemand der auf den Rubriken um ihrer selbst willen beharrt Ein traditioneller Katholik beharrt auf den Rubriken weil sie etwas Wichti-ges schuumltzen und zum Ausdruck brin-gen ndash etwas das man zunaumlchst einmal theologisch und geistlich verstehen muszlig damit die Rubriken dann als et-was Richtiges angesehen werden koumln-nen Rubriken haben Rechtskraft weil sie von einer rechtmaumlszligigen Autoritaumlt verkuumlndet wurden doch die ihnen in-

Stufengebet beim Pontifikalamt 2018 in St Jakob (Bamberg)

35Dominus Vobiscum Nr 17 November 2018

newohnende Kraft haben sie von der Sache selbst

bdquoPastoraleldquo Priester die die gesunden Rubriken des alten Meszligbuchs ignorie-ren oder ihnen widersprechen bewei-sen damit keine bdquoFlexibilitaumlt innerhalb der Regelnldquo sondern jene antinomisti-sche (widersinnige) Mentalitaumlt die fuumlr die moderne Epoche charakteristisch ist fuumlr deren Gewohnheit Traditionen in Frage zu stellen und utilitaristischen und pragmatischen Uumlberlegungen oberste Prioritaumlt einzuraumlumen Wenn ein Priester eine traditionelle Rubrik nicht als Huumlter einer theologischen oder geistlichen Wahrheit sondern als zufaumlllig diktiertes Gesetz begreift dann ist er um so eher bereit sie zu ig-norieren sobald er meint eine bessere Idee zu haben

Die liturgische Krise hat den Begriff bdquoPastoralldquo in Miszligkredit gebracht Unter bdquoPastoralldquo wird mehr denn je ein klerikalistischer Paternalismus verstanden der vorgibt zu wissen bdquowas gut fuumlr die Leute istldquo Vorwerfen kann man dieses Miszligtrauen niemandem Die groszlige Krise ist vom Klerus selbst ausgegangen das bleibt unver-gessen

Martin Mosebach zum Begriff ldquoPastoralldquo

Diese ganze Frage der Art und Weise wie die Lesungen vorzutragen sind ist wichtiger als es zunaumlchst den An-schein haben mag da es sich nicht um ein isoliertes Thema handelt Es gehoumlrt vielmehr zu mehreren ande-ren Trojanischen Pferden durch die selbstlose unermuumldliche Reformisten

in die traditionelle Bewegung hinein-gelangen und sie ndash oder jedenfalls einzelne geographische Regionen da-rin ndash veraumlndern zu einer Neuauflage vom Abstieg in unersaumlttliches Basteln Veraumlndern Ausputzen Neuerfinden Archaumlologisieren und letztlich voumllliges Ummodeln der Liturgie und all das im Namen bdquopastoraler Verbesserungenldquo Das und nicht die liebevolle Sorge um die traditionelle ars celebrandi muszlig die bdquoSelbstknebelungldquo sein die wir verhindern muumlssen

Es waumlre angebracht daszlig die Paumlpstli-che Kommission Ecclesia Dei sowie re-ligioumlse Gemeinschaften die den usus antiquior nutzen derartige liturgische Miszligstaumlnde beobachten und korri-gieren bevor sie sich ausbreiten Wie koumlnnen Kleriker von den Glaumlubigen Gehorsam gegenuumlber ihren geistli-

chen Vaumltern erwarten wenn dieselben Vaumlter nicht gewissenhaft und treu ge-genuumlber der ererbten Liturgie sind

Ist es zu viel verlangt daszlig Priester dem Geist und dem Buchstaben des roumlmi-schen Ritus folgen wie er uns uumlber-liefert ist ohne die Abweichungen und kreativen Anpassungen der litur-gischen Bewegung einzufuumlhren Wir haben gesehen wohin dies fuumlhrt zum Novus Ordo

Die Glaumlubigen verdienen und haben das Recht auf eine traditionelle Mes-se die nach dem richtungsweisenden Motto bdquoSay the Black Do the Redldquo5 ge-feiert wird Nach Jahrzehnten der Ver-wirrung erhaumllt die Kirche eine noch nie dagewesene Gelegenheit durch einen bdquoRestartldquo die Feier der Liturgie mit der richtigen Haltung und Praxis wieder neu auszurichten

Wenn wir diesmal die einmalige Chan-ce mit kurzsichtigen ldquopastoralenldquo An-passungen vermasseln werden wir niemanden auszliger uns selbst beschul-digen koumlnnen wenn wir in eine zwei-te liturgische Reform abgleiten aus der uns die goumlttliche Vorsehung wohl nicht nochmals retten wird

5 bdquoSprich das Schwarzgedruckte aus und tue das Rotgedruckteldquo

Stufengebet beim Pontifikalamt 2018 in St Jakob (Bamberg)

Pontifikalamt in Florenz (Institut Christus Koumlnig)

Glasfenster mit Rauchfaszlig

32

Insofern entpuppte sich das als Heil-mittel verkuumlndete Verfahren lediglich als Verschlimmerung der Krankheit weshalb es heute wie nicht anders zu erwarten dem Patienten schlechter und nicht besser geht

Die von manchen Zelebranten von heiligen Messen im klassischen roumlmi-schen Ritus gegenuumlber traditionellen Laien vorgebrachte Anschuldigung einer bdquoHyperliturgisierungldquo ist daher nicht frei von Ironie Priester die sich fuumlr eine Abwendung von den Rubriken einsetzen ndash haumlufig handelt es sich um nationale Abweichungen von der uni-versalen roumlmischen Tradition ndash sind diejenigen die sich fuumlr faumlhig halten Verbesserungen oder Anpassungen an der Liturgie vorzunehmen Sie sind die Hyperliturgisten Menschen die ei-ner roumlmischen Messe beiwohnen wol-len die zumindest hinsichtlich dessen was in den liturgischen Buumlchern steht auf der ganzen Welt dieselbe ist so wie

ja auch der katholische Glaube uumlberall derselbe ist ndash sie sind keine Hyperli-

turgisten sie sind nicht einmal Litur-gisten Sie sind einfach glaumlubige Ka-tholiken Katholiken die glauben daszlig das was die althergebrachte Tradition der Kirche ihnen anbietet ndash beispiels-

weise den gesungenen Vortrag der Lesungen auf Latein ndash irgendwelchen bdquoAdaptationenldquo oder bdquoInkulturationenldquo spirituell uumlberlegen ist die dieser oder jener Priester diese oder jene Grup-pe von Priestern vielleicht gerade fuumlr besser haumllt Wir sollen uns im Haus der Liturgie als dankbare Gauml ste aufhalten nicht als Projektmanager die nach Ver-besserungsmoumlglichkeiten Ausschau halten

Diejenigen die derartige Veraumlnde-rungen an der Liturgie vornehmen tun das gewiszlig in gutem Glauben Allerdings gehen sie nicht mit dem demuumltigen Vertrauen vor welches

voraussetzt daszlig die Liturgie viele Bedeutungsschichten hat die uumlber das hinausgehen was wir als Zweck einer Zeremonie eines Textes einer Gesangsweise eines Gewands verste-

hen Sie handeln nach Maszliggabe des-sen was ihr eigenes Licht ihnen ein-gibt Aber gerade heutzutage muumlssen wir vielmehr im Licht der katholischen Tradition handeln bis wir wieder ndash wie Kinder in der Grundschule ndash gelernt haben warum sich die Entwicklung so vollzogen hat Wir muumlssen erst wieder unser ABC lernen bevor wir es wagen duumlrfen unsere eigenen Beitraumlge zu lie-fern wie auch immer diese aussehen moumlgen

Obwohl kirchliche Traditionen sich entwickeln und aumlndern war es konsi-stente Praxis der katholischen Kirche uumlber die Jahrhunderte hinweg das

Levitiertes Hochamt

Initiale von ldquoGaudeamus omnes in Dominordquo (Mariauml Himmelfahrt)

Wir sollen uns im Haus der Liturgie als dankbare Gaumlste aufhalten nicht als Projektmanager die nach Verbesserungsmoumlglichkeiten Ausschau halten

33Dominus Vobiscum Nr 17 November 2018

beizubehalten was bereits Teil ihres Lebens war und dies um so mehr je umfassender es die Gemeinschaft der Glaumlubigen durchdrungen hatte Je laumlnger eine Tradition bereits existiert desto sicherer ist sie wahr angemes-sen und segensreich Neue Formen koumlnnen nur dann zugelassen werden wenn sie bereits vorhandene Traditio-nen verfeinern vertiefen bereichern oder auf andere Weise verbessern Auch wenn man mit Herveacute anerkennt daszlig es in der Kirche verschiedene Ar-ten von Tradition gibt und daszlig nicht alle dieselbe Unveraumlnderbarkeit oder Verbindlichkeit besitzen sollte man trotzdem den Wert unserer Tradition schaumltzen weil alle Elemente zusam-mengenommen den wundervollen und fein ausgestalteten Wandteppich des Glaubens ausmachen

Es ist darum nicht nur irrefuumlhrend sondern auch gefaumlhrlich eine zu star-ke Unterscheidung einzufuumlhren was ldquonotwendigldquo oder ldquoprimaumlrldquo ist ndash und was bdquonebensaumlchlichldquo oder ldquosekundaumlrldquo

Oft wird zB gesagt bdquoDas einzig Wich-tige bei der Messe ist daszlig Jesus gegen-waumlrtig ist Alles andere ist zweitrangigldquo Ohne Zweifel bedeutet es viel daszlig Je-sus gegenwaumlrtig ist denn andernfalls wuumlrden wir nicht mehr als gewoumlhn-liches Brot essen Aber die Liturgie hat eine groumlszligere Bestimmung als ein Mahl fuumlr uns zu bereiten ndash und selbst die Gegenwart Jesu hat einen groumlszlige-ren Umfang und Sinn als die sakra-mentale Kommunion

Die heilige Messe ist der feierliche oumlf-fentliche formale Akt der Anbetung der Danksagung und der flehentlichen Bitten die durch den Hohenpriester Christus und durch seinen gesamten mystischen Leib in Einheit mit ihm

dem Vater dargebracht werden Die heilige Messe ist das Hereinbrechen des himmlischen Koumlnigreiches in un-seren irdischen Raum und Zeit Sie ist das Hochzeitsfest des Koumlnigs der Koumlni-ge Sie ist die Zusammenfassung des gesamten geschaffenen Universums von seinem Anfang bis zum Ende

Weil die heilige Messe all dies ist und noch viel mehr hat die Kirche durch alle Jahrhunderte weder Aufwand

noch Kosten gespart um die Schoumln-heit und Feierlichkeit ihrer liturgischen Riten zu vergroumlszligern und zu vertiefen Wie Papst Johannes Paul II in seiner letzten Enzyklika Ecclesia de Euchari-stia (Nr 48) schrieb ldquoWie die Frau die Jesus in Betanien salbte hat die Kirche keine Angst lsquoverschwenderischlsquo zu sein wenn sie die besten Mittel einsetzt um

ihr anbetendes Staunen uumlber das uner-meszligliche Geschenk der Eucharistie zum Ausdruck zu bringenldquo

Waumlhrend es wahr sein mag daszlig unge-saumluertes Brot und Wein aus Trauben die einzigen Dinge sind die fuumlr eine guumlltige Meszligfeier im roumlmischen Ritus benoumltigt werden sowie ein Priester der die Wandlungsworte spricht so waumlre es eine unzureichende minima-listische und geizige Sicht der Dinge

dies als wirklich ausreichend zu be-zeichnen Die Verherrlichung Gottes und die Heiligung unserer Seelen sind zutiefst und untrennbar verbunden mit der angemessenen Anbetung die wir Ihm entgegenbringen

Das Phaumlnomen des Rubrizismus tritt auf wenn die liturgische oder theolo-

Frau salbt in Bethanien Jesu Haupt mit Narden-Oumll aus einem Alabastergefaumlszlig

Die heilige Messe ist das Hereinbrechen des himmlischen Koumlnigreiches in unseren irdischen Raum und Zeit Sie ist das Hochzeitsfest des Koumlnigs der Koumlnige

Liturgie und Pastoral

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gische Begruumlndung fuumlr eine gegebene Praxis in Vergessenheit geraumlt und alles was einem noch bleibt eine Rubrik ist eine Vorschrift positiven mensch-lichen Rechts Wenn jemand nicht mehr sagen kann warum eine be-stimmte Praxis richtig und angemes-sen ist sondern einfach nur empoumlrt ausruft bdquoSo ist es in den Rubriken vor-geschrieben und daran muumlssen wir uns haltenldquo oder wenn jemand um drei Uhr morgens Schweiszligausbruumlche bekommt weil ihm ploumltzlich aufgeht daszlig drei Anleitungen unterschiedliche Angaben daruumlber machen wieviele Zentimeter voneinander entfernt die Gegenstaumlnde auf dem Kredenztisch stehen sollen ndash dann darf man den-jenigen meinetwegen als Rubrizisten bezeichnen

Rubriken sind gut weil die Verhaltens-weisen die sie garantieren in sich gut und richtig und angemessen sind Das Umgekehrte waumlre falsch daszlig naumlm-

lich etwas gut ist weil die Rubriken es vorgeben Das ist Rechtspositivismus und damit haben wir es hier nicht zu tun Die Kirche gefuumlhrt vom Heili-gen Geist lernt wie man etwas auf die beste Art und Weise tut ndash am besten entweder in praktischer Hin-sicht oder aus theologisch-spiritu-ellen Gruumlnden oder beides ndash und dann formuliert sie es als Rubrik und verlangt daszlig man sich danach richtet So entstand beispielsweise der Brauch Daumen und Zeigefinger ab der Wandlung zusammenzuhalten als eine Gewohnheit die sich allmaumlh-lich ausbreitete und wurde dann letzt-lich als Vorschrift fuumlr alle in die Rubri-ken aufgenommen Das ist der uumlbliche Weg wie diese Dinge sich entwickeln Daher handelt ein traditioneller Ka-tholik nur konsequent wenn er sagt daszlig den Rubriken zu folgen ist

Ein groszliges Problem des Katholizismus im 20 Jahrhundert bestand darin daszlig

die Rubriken quasi zu einer Angele-genheit von Heimwerkern wurden Die Ritenkongregation und spaumlter dann das Konzil produzierten jaumlhrlich neue Rubriken was Unmut und Uumlberdruszlig an dem gesamten Bereich zur Folge hatte Daszlig Rubriken eine theologische und geistliche Bedeutung haben - der Grund warum sie sich so und nicht an-ders herausgebildet hatten ndash geriet in Vergessenheit und keiner wollte mehr etwas von ihnen wissen

Ein Rubrizist ist jemand der auf den Rubriken um ihrer selbst willen beharrt Ein traditioneller Katholik beharrt auf den Rubriken weil sie etwas Wichti-ges schuumltzen und zum Ausdruck brin-gen ndash etwas das man zunaumlchst einmal theologisch und geistlich verstehen muszlig damit die Rubriken dann als et-was Richtiges angesehen werden koumln-nen Rubriken haben Rechtskraft weil sie von einer rechtmaumlszligigen Autoritaumlt verkuumlndet wurden doch die ihnen in-

Stufengebet beim Pontifikalamt 2018 in St Jakob (Bamberg)

35Dominus Vobiscum Nr 17 November 2018

newohnende Kraft haben sie von der Sache selbst

bdquoPastoraleldquo Priester die die gesunden Rubriken des alten Meszligbuchs ignorie-ren oder ihnen widersprechen bewei-sen damit keine bdquoFlexibilitaumlt innerhalb der Regelnldquo sondern jene antinomisti-sche (widersinnige) Mentalitaumlt die fuumlr die moderne Epoche charakteristisch ist fuumlr deren Gewohnheit Traditionen in Frage zu stellen und utilitaristischen und pragmatischen Uumlberlegungen oberste Prioritaumlt einzuraumlumen Wenn ein Priester eine traditionelle Rubrik nicht als Huumlter einer theologischen oder geistlichen Wahrheit sondern als zufaumlllig diktiertes Gesetz begreift dann ist er um so eher bereit sie zu ig-norieren sobald er meint eine bessere Idee zu haben

Die liturgische Krise hat den Begriff bdquoPastoralldquo in Miszligkredit gebracht Unter bdquoPastoralldquo wird mehr denn je ein klerikalistischer Paternalismus verstanden der vorgibt zu wissen bdquowas gut fuumlr die Leute istldquo Vorwerfen kann man dieses Miszligtrauen niemandem Die groszlige Krise ist vom Klerus selbst ausgegangen das bleibt unver-gessen

Martin Mosebach zum Begriff ldquoPastoralldquo

Diese ganze Frage der Art und Weise wie die Lesungen vorzutragen sind ist wichtiger als es zunaumlchst den An-schein haben mag da es sich nicht um ein isoliertes Thema handelt Es gehoumlrt vielmehr zu mehreren ande-ren Trojanischen Pferden durch die selbstlose unermuumldliche Reformisten

in die traditionelle Bewegung hinein-gelangen und sie ndash oder jedenfalls einzelne geographische Regionen da-rin ndash veraumlndern zu einer Neuauflage vom Abstieg in unersaumlttliches Basteln Veraumlndern Ausputzen Neuerfinden Archaumlologisieren und letztlich voumllliges Ummodeln der Liturgie und all das im Namen bdquopastoraler Verbesserungenldquo Das und nicht die liebevolle Sorge um die traditionelle ars celebrandi muszlig die bdquoSelbstknebelungldquo sein die wir verhindern muumlssen

Es waumlre angebracht daszlig die Paumlpstli-che Kommission Ecclesia Dei sowie re-ligioumlse Gemeinschaften die den usus antiquior nutzen derartige liturgische Miszligstaumlnde beobachten und korri-gieren bevor sie sich ausbreiten Wie koumlnnen Kleriker von den Glaumlubigen Gehorsam gegenuumlber ihren geistli-

chen Vaumltern erwarten wenn dieselben Vaumlter nicht gewissenhaft und treu ge-genuumlber der ererbten Liturgie sind

Ist es zu viel verlangt daszlig Priester dem Geist und dem Buchstaben des roumlmi-schen Ritus folgen wie er uns uumlber-liefert ist ohne die Abweichungen und kreativen Anpassungen der litur-gischen Bewegung einzufuumlhren Wir haben gesehen wohin dies fuumlhrt zum Novus Ordo

Die Glaumlubigen verdienen und haben das Recht auf eine traditionelle Mes-se die nach dem richtungsweisenden Motto bdquoSay the Black Do the Redldquo5 ge-feiert wird Nach Jahrzehnten der Ver-wirrung erhaumllt die Kirche eine noch nie dagewesene Gelegenheit durch einen bdquoRestartldquo die Feier der Liturgie mit der richtigen Haltung und Praxis wieder neu auszurichten

Wenn wir diesmal die einmalige Chan-ce mit kurzsichtigen ldquopastoralenldquo An-passungen vermasseln werden wir niemanden auszliger uns selbst beschul-digen koumlnnen wenn wir in eine zwei-te liturgische Reform abgleiten aus der uns die goumlttliche Vorsehung wohl nicht nochmals retten wird

5 bdquoSprich das Schwarzgedruckte aus und tue das Rotgedruckteldquo

Stufengebet beim Pontifikalamt 2018 in St Jakob (Bamberg)

Pontifikalamt in Florenz (Institut Christus Koumlnig)

Glasfenster mit Rauchfaszlig

33Dominus Vobiscum Nr 17 November 2018

beizubehalten was bereits Teil ihres Lebens war und dies um so mehr je umfassender es die Gemeinschaft der Glaumlubigen durchdrungen hatte Je laumlnger eine Tradition bereits existiert desto sicherer ist sie wahr angemes-sen und segensreich Neue Formen koumlnnen nur dann zugelassen werden wenn sie bereits vorhandene Traditio-nen verfeinern vertiefen bereichern oder auf andere Weise verbessern Auch wenn man mit Herveacute anerkennt daszlig es in der Kirche verschiedene Ar-ten von Tradition gibt und daszlig nicht alle dieselbe Unveraumlnderbarkeit oder Verbindlichkeit besitzen sollte man trotzdem den Wert unserer Tradition schaumltzen weil alle Elemente zusam-mengenommen den wundervollen und fein ausgestalteten Wandteppich des Glaubens ausmachen

Es ist darum nicht nur irrefuumlhrend sondern auch gefaumlhrlich eine zu star-ke Unterscheidung einzufuumlhren was ldquonotwendigldquo oder ldquoprimaumlrldquo ist ndash und was bdquonebensaumlchlichldquo oder ldquosekundaumlrldquo

Oft wird zB gesagt bdquoDas einzig Wich-tige bei der Messe ist daszlig Jesus gegen-waumlrtig ist Alles andere ist zweitrangigldquo Ohne Zweifel bedeutet es viel daszlig Je-sus gegenwaumlrtig ist denn andernfalls wuumlrden wir nicht mehr als gewoumlhn-liches Brot essen Aber die Liturgie hat eine groumlszligere Bestimmung als ein Mahl fuumlr uns zu bereiten ndash und selbst die Gegenwart Jesu hat einen groumlszlige-ren Umfang und Sinn als die sakra-mentale Kommunion

Die heilige Messe ist der feierliche oumlf-fentliche formale Akt der Anbetung der Danksagung und der flehentlichen Bitten die durch den Hohenpriester Christus und durch seinen gesamten mystischen Leib in Einheit mit ihm

dem Vater dargebracht werden Die heilige Messe ist das Hereinbrechen des himmlischen Koumlnigreiches in un-seren irdischen Raum und Zeit Sie ist das Hochzeitsfest des Koumlnigs der Koumlni-ge Sie ist die Zusammenfassung des gesamten geschaffenen Universums von seinem Anfang bis zum Ende

Weil die heilige Messe all dies ist und noch viel mehr hat die Kirche durch alle Jahrhunderte weder Aufwand

noch Kosten gespart um die Schoumln-heit und Feierlichkeit ihrer liturgischen Riten zu vergroumlszligern und zu vertiefen Wie Papst Johannes Paul II in seiner letzten Enzyklika Ecclesia de Euchari-stia (Nr 48) schrieb ldquoWie die Frau die Jesus in Betanien salbte hat die Kirche keine Angst lsquoverschwenderischlsquo zu sein wenn sie die besten Mittel einsetzt um

ihr anbetendes Staunen uumlber das uner-meszligliche Geschenk der Eucharistie zum Ausdruck zu bringenldquo

Waumlhrend es wahr sein mag daszlig unge-saumluertes Brot und Wein aus Trauben die einzigen Dinge sind die fuumlr eine guumlltige Meszligfeier im roumlmischen Ritus benoumltigt werden sowie ein Priester der die Wandlungsworte spricht so waumlre es eine unzureichende minima-listische und geizige Sicht der Dinge

dies als wirklich ausreichend zu be-zeichnen Die Verherrlichung Gottes und die Heiligung unserer Seelen sind zutiefst und untrennbar verbunden mit der angemessenen Anbetung die wir Ihm entgegenbringen

Das Phaumlnomen des Rubrizismus tritt auf wenn die liturgische oder theolo-

Frau salbt in Bethanien Jesu Haupt mit Narden-Oumll aus einem Alabastergefaumlszlig

Die heilige Messe ist das Hereinbrechen des himmlischen Koumlnigreiches in unseren irdischen Raum und Zeit Sie ist das Hochzeitsfest des Koumlnigs der Koumlnige

Liturgie und Pastoral

34

gische Begruumlndung fuumlr eine gegebene Praxis in Vergessenheit geraumlt und alles was einem noch bleibt eine Rubrik ist eine Vorschrift positiven mensch-lichen Rechts Wenn jemand nicht mehr sagen kann warum eine be-stimmte Praxis richtig und angemes-sen ist sondern einfach nur empoumlrt ausruft bdquoSo ist es in den Rubriken vor-geschrieben und daran muumlssen wir uns haltenldquo oder wenn jemand um drei Uhr morgens Schweiszligausbruumlche bekommt weil ihm ploumltzlich aufgeht daszlig drei Anleitungen unterschiedliche Angaben daruumlber machen wieviele Zentimeter voneinander entfernt die Gegenstaumlnde auf dem Kredenztisch stehen sollen ndash dann darf man den-jenigen meinetwegen als Rubrizisten bezeichnen

Rubriken sind gut weil die Verhaltens-weisen die sie garantieren in sich gut und richtig und angemessen sind Das Umgekehrte waumlre falsch daszlig naumlm-

lich etwas gut ist weil die Rubriken es vorgeben Das ist Rechtspositivismus und damit haben wir es hier nicht zu tun Die Kirche gefuumlhrt vom Heili-gen Geist lernt wie man etwas auf die beste Art und Weise tut ndash am besten entweder in praktischer Hin-sicht oder aus theologisch-spiritu-ellen Gruumlnden oder beides ndash und dann formuliert sie es als Rubrik und verlangt daszlig man sich danach richtet So entstand beispielsweise der Brauch Daumen und Zeigefinger ab der Wandlung zusammenzuhalten als eine Gewohnheit die sich allmaumlh-lich ausbreitete und wurde dann letzt-lich als Vorschrift fuumlr alle in die Rubri-ken aufgenommen Das ist der uumlbliche Weg wie diese Dinge sich entwickeln Daher handelt ein traditioneller Ka-tholik nur konsequent wenn er sagt daszlig den Rubriken zu folgen ist

Ein groszliges Problem des Katholizismus im 20 Jahrhundert bestand darin daszlig

die Rubriken quasi zu einer Angele-genheit von Heimwerkern wurden Die Ritenkongregation und spaumlter dann das Konzil produzierten jaumlhrlich neue Rubriken was Unmut und Uumlberdruszlig an dem gesamten Bereich zur Folge hatte Daszlig Rubriken eine theologische und geistliche Bedeutung haben - der Grund warum sie sich so und nicht an-ders herausgebildet hatten ndash geriet in Vergessenheit und keiner wollte mehr etwas von ihnen wissen

Ein Rubrizist ist jemand der auf den Rubriken um ihrer selbst willen beharrt Ein traditioneller Katholik beharrt auf den Rubriken weil sie etwas Wichti-ges schuumltzen und zum Ausdruck brin-gen ndash etwas das man zunaumlchst einmal theologisch und geistlich verstehen muszlig damit die Rubriken dann als et-was Richtiges angesehen werden koumln-nen Rubriken haben Rechtskraft weil sie von einer rechtmaumlszligigen Autoritaumlt verkuumlndet wurden doch die ihnen in-

Stufengebet beim Pontifikalamt 2018 in St Jakob (Bamberg)

35Dominus Vobiscum Nr 17 November 2018

newohnende Kraft haben sie von der Sache selbst

bdquoPastoraleldquo Priester die die gesunden Rubriken des alten Meszligbuchs ignorie-ren oder ihnen widersprechen bewei-sen damit keine bdquoFlexibilitaumlt innerhalb der Regelnldquo sondern jene antinomisti-sche (widersinnige) Mentalitaumlt die fuumlr die moderne Epoche charakteristisch ist fuumlr deren Gewohnheit Traditionen in Frage zu stellen und utilitaristischen und pragmatischen Uumlberlegungen oberste Prioritaumlt einzuraumlumen Wenn ein Priester eine traditionelle Rubrik nicht als Huumlter einer theologischen oder geistlichen Wahrheit sondern als zufaumlllig diktiertes Gesetz begreift dann ist er um so eher bereit sie zu ig-norieren sobald er meint eine bessere Idee zu haben

Die liturgische Krise hat den Begriff bdquoPastoralldquo in Miszligkredit gebracht Unter bdquoPastoralldquo wird mehr denn je ein klerikalistischer Paternalismus verstanden der vorgibt zu wissen bdquowas gut fuumlr die Leute istldquo Vorwerfen kann man dieses Miszligtrauen niemandem Die groszlige Krise ist vom Klerus selbst ausgegangen das bleibt unver-gessen

Martin Mosebach zum Begriff ldquoPastoralldquo

Diese ganze Frage der Art und Weise wie die Lesungen vorzutragen sind ist wichtiger als es zunaumlchst den An-schein haben mag da es sich nicht um ein isoliertes Thema handelt Es gehoumlrt vielmehr zu mehreren ande-ren Trojanischen Pferden durch die selbstlose unermuumldliche Reformisten

in die traditionelle Bewegung hinein-gelangen und sie ndash oder jedenfalls einzelne geographische Regionen da-rin ndash veraumlndern zu einer Neuauflage vom Abstieg in unersaumlttliches Basteln Veraumlndern Ausputzen Neuerfinden Archaumlologisieren und letztlich voumllliges Ummodeln der Liturgie und all das im Namen bdquopastoraler Verbesserungenldquo Das und nicht die liebevolle Sorge um die traditionelle ars celebrandi muszlig die bdquoSelbstknebelungldquo sein die wir verhindern muumlssen

Es waumlre angebracht daszlig die Paumlpstli-che Kommission Ecclesia Dei sowie re-ligioumlse Gemeinschaften die den usus antiquior nutzen derartige liturgische Miszligstaumlnde beobachten und korri-gieren bevor sie sich ausbreiten Wie koumlnnen Kleriker von den Glaumlubigen Gehorsam gegenuumlber ihren geistli-

chen Vaumltern erwarten wenn dieselben Vaumlter nicht gewissenhaft und treu ge-genuumlber der ererbten Liturgie sind

Ist es zu viel verlangt daszlig Priester dem Geist und dem Buchstaben des roumlmi-schen Ritus folgen wie er uns uumlber-liefert ist ohne die Abweichungen und kreativen Anpassungen der litur-gischen Bewegung einzufuumlhren Wir haben gesehen wohin dies fuumlhrt zum Novus Ordo

Die Glaumlubigen verdienen und haben das Recht auf eine traditionelle Mes-se die nach dem richtungsweisenden Motto bdquoSay the Black Do the Redldquo5 ge-feiert wird Nach Jahrzehnten der Ver-wirrung erhaumllt die Kirche eine noch nie dagewesene Gelegenheit durch einen bdquoRestartldquo die Feier der Liturgie mit der richtigen Haltung und Praxis wieder neu auszurichten

Wenn wir diesmal die einmalige Chan-ce mit kurzsichtigen ldquopastoralenldquo An-passungen vermasseln werden wir niemanden auszliger uns selbst beschul-digen koumlnnen wenn wir in eine zwei-te liturgische Reform abgleiten aus der uns die goumlttliche Vorsehung wohl nicht nochmals retten wird

5 bdquoSprich das Schwarzgedruckte aus und tue das Rotgedruckteldquo

Stufengebet beim Pontifikalamt 2018 in St Jakob (Bamberg)

Pontifikalamt in Florenz (Institut Christus Koumlnig)

Glasfenster mit Rauchfaszlig

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gische Begruumlndung fuumlr eine gegebene Praxis in Vergessenheit geraumlt und alles was einem noch bleibt eine Rubrik ist eine Vorschrift positiven mensch-lichen Rechts Wenn jemand nicht mehr sagen kann warum eine be-stimmte Praxis richtig und angemes-sen ist sondern einfach nur empoumlrt ausruft bdquoSo ist es in den Rubriken vor-geschrieben und daran muumlssen wir uns haltenldquo oder wenn jemand um drei Uhr morgens Schweiszligausbruumlche bekommt weil ihm ploumltzlich aufgeht daszlig drei Anleitungen unterschiedliche Angaben daruumlber machen wieviele Zentimeter voneinander entfernt die Gegenstaumlnde auf dem Kredenztisch stehen sollen ndash dann darf man den-jenigen meinetwegen als Rubrizisten bezeichnen

Rubriken sind gut weil die Verhaltens-weisen die sie garantieren in sich gut und richtig und angemessen sind Das Umgekehrte waumlre falsch daszlig naumlm-

lich etwas gut ist weil die Rubriken es vorgeben Das ist Rechtspositivismus und damit haben wir es hier nicht zu tun Die Kirche gefuumlhrt vom Heili-gen Geist lernt wie man etwas auf die beste Art und Weise tut ndash am besten entweder in praktischer Hin-sicht oder aus theologisch-spiritu-ellen Gruumlnden oder beides ndash und dann formuliert sie es als Rubrik und verlangt daszlig man sich danach richtet So entstand beispielsweise der Brauch Daumen und Zeigefinger ab der Wandlung zusammenzuhalten als eine Gewohnheit die sich allmaumlh-lich ausbreitete und wurde dann letzt-lich als Vorschrift fuumlr alle in die Rubri-ken aufgenommen Das ist der uumlbliche Weg wie diese Dinge sich entwickeln Daher handelt ein traditioneller Ka-tholik nur konsequent wenn er sagt daszlig den Rubriken zu folgen ist

Ein groszliges Problem des Katholizismus im 20 Jahrhundert bestand darin daszlig

die Rubriken quasi zu einer Angele-genheit von Heimwerkern wurden Die Ritenkongregation und spaumlter dann das Konzil produzierten jaumlhrlich neue Rubriken was Unmut und Uumlberdruszlig an dem gesamten Bereich zur Folge hatte Daszlig Rubriken eine theologische und geistliche Bedeutung haben - der Grund warum sie sich so und nicht an-ders herausgebildet hatten ndash geriet in Vergessenheit und keiner wollte mehr etwas von ihnen wissen

Ein Rubrizist ist jemand der auf den Rubriken um ihrer selbst willen beharrt Ein traditioneller Katholik beharrt auf den Rubriken weil sie etwas Wichti-ges schuumltzen und zum Ausdruck brin-gen ndash etwas das man zunaumlchst einmal theologisch und geistlich verstehen muszlig damit die Rubriken dann als et-was Richtiges angesehen werden koumln-nen Rubriken haben Rechtskraft weil sie von einer rechtmaumlszligigen Autoritaumlt verkuumlndet wurden doch die ihnen in-

Stufengebet beim Pontifikalamt 2018 in St Jakob (Bamberg)

35Dominus Vobiscum Nr 17 November 2018

newohnende Kraft haben sie von der Sache selbst

bdquoPastoraleldquo Priester die die gesunden Rubriken des alten Meszligbuchs ignorie-ren oder ihnen widersprechen bewei-sen damit keine bdquoFlexibilitaumlt innerhalb der Regelnldquo sondern jene antinomisti-sche (widersinnige) Mentalitaumlt die fuumlr die moderne Epoche charakteristisch ist fuumlr deren Gewohnheit Traditionen in Frage zu stellen und utilitaristischen und pragmatischen Uumlberlegungen oberste Prioritaumlt einzuraumlumen Wenn ein Priester eine traditionelle Rubrik nicht als Huumlter einer theologischen oder geistlichen Wahrheit sondern als zufaumlllig diktiertes Gesetz begreift dann ist er um so eher bereit sie zu ig-norieren sobald er meint eine bessere Idee zu haben

Die liturgische Krise hat den Begriff bdquoPastoralldquo in Miszligkredit gebracht Unter bdquoPastoralldquo wird mehr denn je ein klerikalistischer Paternalismus verstanden der vorgibt zu wissen bdquowas gut fuumlr die Leute istldquo Vorwerfen kann man dieses Miszligtrauen niemandem Die groszlige Krise ist vom Klerus selbst ausgegangen das bleibt unver-gessen

Martin Mosebach zum Begriff ldquoPastoralldquo

Diese ganze Frage der Art und Weise wie die Lesungen vorzutragen sind ist wichtiger als es zunaumlchst den An-schein haben mag da es sich nicht um ein isoliertes Thema handelt Es gehoumlrt vielmehr zu mehreren ande-ren Trojanischen Pferden durch die selbstlose unermuumldliche Reformisten

in die traditionelle Bewegung hinein-gelangen und sie ndash oder jedenfalls einzelne geographische Regionen da-rin ndash veraumlndern zu einer Neuauflage vom Abstieg in unersaumlttliches Basteln Veraumlndern Ausputzen Neuerfinden Archaumlologisieren und letztlich voumllliges Ummodeln der Liturgie und all das im Namen bdquopastoraler Verbesserungenldquo Das und nicht die liebevolle Sorge um die traditionelle ars celebrandi muszlig die bdquoSelbstknebelungldquo sein die wir verhindern muumlssen

Es waumlre angebracht daszlig die Paumlpstli-che Kommission Ecclesia Dei sowie re-ligioumlse Gemeinschaften die den usus antiquior nutzen derartige liturgische Miszligstaumlnde beobachten und korri-gieren bevor sie sich ausbreiten Wie koumlnnen Kleriker von den Glaumlubigen Gehorsam gegenuumlber ihren geistli-

chen Vaumltern erwarten wenn dieselben Vaumlter nicht gewissenhaft und treu ge-genuumlber der ererbten Liturgie sind

Ist es zu viel verlangt daszlig Priester dem Geist und dem Buchstaben des roumlmi-schen Ritus folgen wie er uns uumlber-liefert ist ohne die Abweichungen und kreativen Anpassungen der litur-gischen Bewegung einzufuumlhren Wir haben gesehen wohin dies fuumlhrt zum Novus Ordo

Die Glaumlubigen verdienen und haben das Recht auf eine traditionelle Mes-se die nach dem richtungsweisenden Motto bdquoSay the Black Do the Redldquo5 ge-feiert wird Nach Jahrzehnten der Ver-wirrung erhaumllt die Kirche eine noch nie dagewesene Gelegenheit durch einen bdquoRestartldquo die Feier der Liturgie mit der richtigen Haltung und Praxis wieder neu auszurichten

Wenn wir diesmal die einmalige Chan-ce mit kurzsichtigen ldquopastoralenldquo An-passungen vermasseln werden wir niemanden auszliger uns selbst beschul-digen koumlnnen wenn wir in eine zwei-te liturgische Reform abgleiten aus der uns die goumlttliche Vorsehung wohl nicht nochmals retten wird

5 bdquoSprich das Schwarzgedruckte aus und tue das Rotgedruckteldquo

Stufengebet beim Pontifikalamt 2018 in St Jakob (Bamberg)

Pontifikalamt in Florenz (Institut Christus Koumlnig)

Glasfenster mit Rauchfaszlig

35Dominus Vobiscum Nr 17 November 2018

newohnende Kraft haben sie von der Sache selbst

bdquoPastoraleldquo Priester die die gesunden Rubriken des alten Meszligbuchs ignorie-ren oder ihnen widersprechen bewei-sen damit keine bdquoFlexibilitaumlt innerhalb der Regelnldquo sondern jene antinomisti-sche (widersinnige) Mentalitaumlt die fuumlr die moderne Epoche charakteristisch ist fuumlr deren Gewohnheit Traditionen in Frage zu stellen und utilitaristischen und pragmatischen Uumlberlegungen oberste Prioritaumlt einzuraumlumen Wenn ein Priester eine traditionelle Rubrik nicht als Huumlter einer theologischen oder geistlichen Wahrheit sondern als zufaumlllig diktiertes Gesetz begreift dann ist er um so eher bereit sie zu ig-norieren sobald er meint eine bessere Idee zu haben

Die liturgische Krise hat den Begriff bdquoPastoralldquo in Miszligkredit gebracht Unter bdquoPastoralldquo wird mehr denn je ein klerikalistischer Paternalismus verstanden der vorgibt zu wissen bdquowas gut fuumlr die Leute istldquo Vorwerfen kann man dieses Miszligtrauen niemandem Die groszlige Krise ist vom Klerus selbst ausgegangen das bleibt unver-gessen

Martin Mosebach zum Begriff ldquoPastoralldquo

Diese ganze Frage der Art und Weise wie die Lesungen vorzutragen sind ist wichtiger als es zunaumlchst den An-schein haben mag da es sich nicht um ein isoliertes Thema handelt Es gehoumlrt vielmehr zu mehreren ande-ren Trojanischen Pferden durch die selbstlose unermuumldliche Reformisten

in die traditionelle Bewegung hinein-gelangen und sie ndash oder jedenfalls einzelne geographische Regionen da-rin ndash veraumlndern zu einer Neuauflage vom Abstieg in unersaumlttliches Basteln Veraumlndern Ausputzen Neuerfinden Archaumlologisieren und letztlich voumllliges Ummodeln der Liturgie und all das im Namen bdquopastoraler Verbesserungenldquo Das und nicht die liebevolle Sorge um die traditionelle ars celebrandi muszlig die bdquoSelbstknebelungldquo sein die wir verhindern muumlssen

Es waumlre angebracht daszlig die Paumlpstli-che Kommission Ecclesia Dei sowie re-ligioumlse Gemeinschaften die den usus antiquior nutzen derartige liturgische Miszligstaumlnde beobachten und korri-gieren bevor sie sich ausbreiten Wie koumlnnen Kleriker von den Glaumlubigen Gehorsam gegenuumlber ihren geistli-

chen Vaumltern erwarten wenn dieselben Vaumlter nicht gewissenhaft und treu ge-genuumlber der ererbten Liturgie sind

Ist es zu viel verlangt daszlig Priester dem Geist und dem Buchstaben des roumlmi-schen Ritus folgen wie er uns uumlber-liefert ist ohne die Abweichungen und kreativen Anpassungen der litur-gischen Bewegung einzufuumlhren Wir haben gesehen wohin dies fuumlhrt zum Novus Ordo

Die Glaumlubigen verdienen und haben das Recht auf eine traditionelle Mes-se die nach dem richtungsweisenden Motto bdquoSay the Black Do the Redldquo5 ge-feiert wird Nach Jahrzehnten der Ver-wirrung erhaumllt die Kirche eine noch nie dagewesene Gelegenheit durch einen bdquoRestartldquo die Feier der Liturgie mit der richtigen Haltung und Praxis wieder neu auszurichten

Wenn wir diesmal die einmalige Chan-ce mit kurzsichtigen ldquopastoralenldquo An-passungen vermasseln werden wir niemanden auszliger uns selbst beschul-digen koumlnnen wenn wir in eine zwei-te liturgische Reform abgleiten aus der uns die goumlttliche Vorsehung wohl nicht nochmals retten wird

5 bdquoSprich das Schwarzgedruckte aus und tue das Rotgedruckteldquo

Stufengebet beim Pontifikalamt 2018 in St Jakob (Bamberg)

Pontifikalamt in Florenz (Institut Christus Koumlnig)

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