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ZEITSCHRIFT FÜR ISSN 0722/5067 lnfonnationen für Arzte und Apotheker zur rationalen Infektio nstherapie September / Oktober 1997 -18.jahrg. Übersicht Infektionen der Knochen und Gel e nke Osteomyeliti s Die Osteomyelitis ist eine Entzündung, die mit der Destruktion des Knochens und sei- ner Anhangsorgane einhergeht. Die Erreger können den Knochen entweder hämatogen oder durch Ausbreitung von Infektionen and erer Gewebe in der näheren Umgebung erreichen. Die hämatogen entstandene Osteomyelitis verläuft oft subklinisch. Knochen mit rotem Knochenmark werden bevorzugt bef allen. Bei Kindern und Jugendlichen sind es die langen Röhren- knochen, wo in den sinusoidalen Venen durch den langsamen Blutstrom und dem relativen Phagozytenmangel das Bakterien- wachstum begünstigt wird. Beim Erwach- senen werden häufiger die Wirbelkörper befallen, da in den langen Röhrenknochen das Mark durch Fettgewebe ersetzt ist. Di e fortgeleitete Osteomyelitis ist nicht selten eine Kieferosteomyelitis, die von ei- ner Zahnwurzelentzündung oder Sinusitis maxillaris au sge ht . Häufig liegt diesen Fällen ätiologisch eine Mischflora zu- grunde (Anaerobier-Beteiligung!). Eine Osteomyelitis kann durch eine Viel- zahl von Bakterien ausgelöst werden. In den meisten ll en wird Staphylococcus aureus isoliert. Weitere wichti ge Erreger si nd Staphy- lococcus epidermidi s, Streptococcus pyo- genes, aber auch Hämophilus influenzae oder Salmonellen. Wenn die Blutzufuhr so- wohl von der medullären Seite als auch vom Periost her unterbrochen wird, können sich erhebliche Mengen an nekrotischem Knochengewebe bilden. Diese Situation ist therapeutisch ungünstig, da die antibakte- riell wirksamen Therapeutika nicht in aus- reichenden Konzentrationen in das nekro- tische Gewebe gelangen. Es kann sich eine chronische Infektion entwickeln, die sich oftmals als therapierefraktär erweist. Bakteri ell e Arthritis Bakterielle Entzündungen der Gelenke ent- stehen entweder hämatogen oder gehen von einer Osteomyelitis b zw. Weichteil- infektion aus. In den allermeisten Fällen (ca. 90 %) ist nur ein Gelenk betroffen (z.B. das Kniegelenk oder Hüftgelenk). Chronische Erkrankungen der Gelenke, wie zum Beispiel degenerative Erkrankungen, eine rheumatoide Arthritis oder eine Be- handlung mit Glukokortikoiden sind prä- disponierende Faktoren. Immunsuppri- mierte Patienten (Diabetiker, Leukämie- patienten, Abhängige mit intravenösem Drogengebrauch etc .) weisen ein erhöhtes Risiko fur eine eitrige Arthritis auf . Von ei- ner bakteriellen Entzündung des Gelenkes muß eine sogenannte "reaktive Arthritis" unterschieden werden, die als Komplika- tion einer anderweitig lokalisierten Infektion auftreten kann. Die diagnostische Abgren- zung ist oft schwierig. Hinweise auf eine reaktive Arthritis ergeben sich dadurch, daß in diesen Fällen meist die unteren Ex- tremitäten betroffen sind und gleichzeitig Rückenschmerzen bestehen. Bei jüngeren erwachsenen Patienten ist der Erreger häufig Neisseria gonorrhoeae. Frauen sind 4 mal häufiger betroffen als Männer , bei etwa jeder 2. Frau besteht eine Schwangerschaft oder die Gonorrhö wurde während der Menstruation akqui- Übersicht -Infektionen der Knochen und Gelenke riert. Eine Gonokokken-Arthritis kann iso- liert auftreten und nur ein Gelenk betreffen oder im Zusammenhang mit einer dissemi- nierten Infektion auftreten. Bei nahezu allen Patienten besteht eine asympto- mati sche Gonokokken-Infektion mit geni- taler, analer oder pharyngealer Lokalisa- tion. Typischerweise finden sich einige typische Hautläsionen um das betroffene Gelenk herum. Neben den Gonokokken können eine Reihe weiterer Bakterien als Erreger einer eitrigen Arthritis in Frage kommen. Es bestehen Symptome wie Fieber, Schmerzen, Schwel- lung und Bewegungseinschränkung des betroffenen Gelenkes. Die Letalität dieser Erkrankung lag in einigen Untersuchungen bei 8 bis 12 %. Bei der Mehrheit der überle- benden Patienten bleiben schwerwiegende Funktionsverluste der betroffenen Gelenke nach Abklingen der Infektion bestehen . Eine wesentliche Voraussetzung fur eine rationale Therapie ist die exakte mikro- biologische Diagnostik aus dem Gelenk- 5'97 Seite 33-35 Antibiotikatherapie im ärztlichen Alltag (17) - Mundsoor Seite 35 N eueinfiihrung - Grepafloxacin Mykosen - Fluconazol versus Ampho B bei Candidämie Herpesinfektionen -Prävention genitaler Herpesinfektionen - Famciclovir bei Herpes genitales Resistenz - Streptokokl<enresistenz und Makrolidverbrauch -Penicillin-resistente Pneumokokken: Makrolide sinnvoll? Fragen zu wichtigen Infektionen (22) -Die häufigsten Fragen zu Schnupfen Vakzination - Influenzavakzination von Pflegepersonal sinnvoll! -Impfungen bei HN-infizierten Patienten Seite 35-36 Seite 37 Seite 37-38 Seite 38-39 Seite 39 Seite 39-40 33

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Page 1: ISSN 0722/5067 - infektio.de · ZEITSCHRIFT FÜR ISSN 0722/5067 lnfonnationen für Arzte und Apotheker zur rationalen Infektionstherapie September/Oktober 1997 -18.jahrg. Übersicht

ZEITSCHRIFT FÜR ISSN 0722/5067

lnfonnationen für Arzte und Apotheker zur rationalen Infektionstherapie September/ Oktober 1997 -18.jahrg.

Übersicht Infektionen der Knochen und Gelenke Osteomyelitis Die Osteomyelitis ist eine Entzündung, die mit der Destruktion des Knochens und sei­ner Anhangsorgane einhergeht. Die Erreger können den Knochen entweder hämatogen oder durch Ausbreitung von Infektionen anderer Gewebe in der näheren Umgebung erreichen. Die hämatogen entstandene Osteomyelitis verläuft oft subklinisch. Knochen mit rotem Knochenmark werden bevorzugt befallen . Bei Kindern und Jugendlichen sind es die langen Röhren­knochen, wo in den sinusoidalen Venen durch den langsamen Blutstrom und dem relativen Phagozytenmangel das Bakterien­wachstum begünstigt wird. Beim Erwach­senen werden häufiger die Wirbelkörper befallen, da in den langen Röhrenknochen das Mark durch Fettgewebe ersetzt ist. Die fortgeleitete Osteomyelitis ist nicht selten eine Kieferosteomyelitis, die von ei­ner Zahnwurzelentzündung oder Sinusitis maxillaris ausgeht. Häufig liegt diesen Fällen ätiologisch eine Mischflora zu­grunde (Anaerobier-Beteiligung!).

Eine Osteomyelitis kann durch eine Viel­zahl von Bakterien ausgelöst werden. In den meisten Fällen wird Staphylococcus aureus isoliert. Weitere wichtige Erreger sind Staphy­lococcus epidermidis, Streptococcus pyo­genes, aber auch Hämophilus influenzae oder Salmonellen. Wenn die Blutzufuhr so­wohl von der medullären Seite als auch vom Periost her unterbrochen wird, können sich erhebliche Mengen an nekrotischem Knochengewebe bilden. Diese Situation ist therapeutisch ungünstig, da die antibakte­riell wirksamen Therapeutika nicht in aus­reichenden Konzentrationen in das nekro­tische Gewebe gelangen. Es kann sich eine chronische Infektion entwickeln, die sich oftmals als therapierefraktär erweist.

Bakterielle Arthritis

Bakterielle Entzündungen der Gelenke ent­stehen entweder hämatogen oder gehen von einer Osteomyelitis bzw. Weichteil­infektion aus. In den allermeisten Fällen (ca. 90 %) ist nur ein Gelenk betroffen (z.B. das Kniegelenk oder Hüftgelenk). Chronische Erkrankungen der Gelenke, wie

zum Beispiel degenerative Erkrankungen, eine rheumatoide Arthritis oder eine Be­handlung mit Glukokortikoiden sind prä­disponierende Faktoren. Immunsuppri­mierte Patienten (Diabetiker, Leukämie­patienten, Abhängige mit intravenösem Drogengebrauch etc .) weisen ein erhöhtes Risiko fur eine eitrige Arthritis auf. Von ei­ner bakteriellen Entzündung des Gelenkes muß eine sogenannte "reaktive Arthritis" unterschieden werden, die als Komplika­tion einer anderweitig lokalisierten Infektion auftreten kann . Die diagnostische Abgren­zung ist oft schwierig. Hinweise auf eine reaktive Arthritis ergeben sich dadurch, daß in diesen Fällen meist die unteren Ex­tremitäten betroffen sind und gleichzeitig Rückenschmerzen bestehen.

Bei jüngeren erwachsenen Patienten ist der Erreger häufig Neisseria gonorrhoeae. Frauen sind 4 mal häufiger betroffen als Männer, bei etwa jeder 2. Frau besteht eine Schwangerschaft oder die Gonorrhö wurde während der Menstruation akqui-

Übersicht -Infektionen der Knochen und Gelenke

riert . Eine Gonokokken-Arthritis kann iso­liert auftreten und nur ein Gelenk betreffen oder im Zusammenhang mit einer dissemi­nierten Infektion auftreten. Bei nahezu allen Patienten besteht eine asympto­matische Gonokokken-Infektion mit geni­taler, analer oder pharyngealer Lokalisa­tion. Typischerweise finden sich einige typische Hautläsionen um das betroffene Gelenk herum.

Neben den Gonokokken können eine Reihe weiterer Bakterien als Erreger einer eitrigen Arthritis in Frage kommen. Es bestehen Symptome wie Fieber, Schmerzen, Schwel­lung und Bewegungseinschränkung des betroffenen Gelenkes. Die Letalität dieser Erkrankung lag in einigen Untersuchungen bei 8 bis 12 %. Bei der Mehrheit der überle­benden Patienten bleiben schwerwiegende Funktionsverluste der betroffenen Gelenke nach Abklingen der Infektion bestehen. Eine wesentliche Voraussetzung fur eine rationale Therapie ist die exakte mikro­biologische Diagnostik aus dem Gelenk-

5'97 Seite 33-35

Antibiotikatherapie im ärztlichen Alltag (17) - Mundsoor

Seite 35

N eueinfiihrung - Grepafloxacin

Mykosen - Fluconazol versus Ampho B bei Candidämie

Herpesinfektionen -Prävention genitaler Herpesinfektionen - Famciclovir bei Herpes genitales

Resistenz - Streptokokl<enresistenz und Makrolidverbrauch -Penicillin-resistente Pneumokokken: Makrolide sinnvoll?

Fragen zu wichtigen Infektionen (22) -Die häufigsten Fragen zu Schnupfen

Vakzination - Influenzavakzination von Pflegepersonal sinnvoll! -Impfungen bei HN-infizierten Patienten

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punktat und durch Blutkulturen. Als die häufigsten Erreger lassen sich bei den nicht-gonorrhoischen Formen der bakteri­ellen Arthritis Staphylokokken nachweisen. In etwa 20% der Fälle werden gramnegative Bakterien isoliert (meist Pseudomonas aeruginosa und Escherichia coli). Schließ­lich spielen auch Streptokokken eine Rolle (10 bis 15% der Fälle) und zahlreiche weitere Erreger sind darüberhinaus in sel­tenen Einzelfallen beschrieben worden. Im Kindesalter muß auch an Hämophilus influenzae als verursachender Mikroorganis­mus gedacht werden.

Antibiotische Therapie der bakteriellen Arthritis oder Osteomyelitis

Die Therapie von bakteriellen Infektionen der Knochen und Gelenke sollte möglichst gezielt erfolgen. Initial empfiehlt sich die kalkulierte Gabe von Antibiotika auf der Basis des Grampräparates, das bei einer Arthritis aus dem Gelenkpunktat angefer­tigt werden sollte. Bei einer Osteomyelitis sollte der Erreger aus dem Material nach­gewiesen werden, das beim chirurgischen Debridement gewonnen wurde. Nach Vor-

liegen eines genauen mikrobiologischen Befundes sollte die Behandlung dann ge­gebenenfalls modifiziert werden.

Eine gonorrhoische Arthritis kann mit Ceftriaxon (ROCEPHIN ; 1 x tgl. 1 - 2 g i.v.) oder einem anderen ß-laktamasefesten Cephalosporin behandelt werden. In der Regel ist eine Therapiedauer von etwa 10 Tagen ausreichend. Arthritiden, die durch andere Bakterien verursacht werden, müssen oftmals länger behandelt werden (bis zu 4 - 12 Wochen).

Knochen und Gelenkinfektionen, die durch Staphylokokken verursacht werden, können primär mit einem Penicillinase-festen Pe­nicillin, wie zum Beispiel Flucloxacillin (STAPHYLEX) oder Dicloxacillin (DI­CHLOR-STAPENOR) behandelt werden. Wichtige Alternativen sind Clindamycin (SOBELIN u. a.; 3 x tgl. 900 mg), Vanco­mycin (VANCOMYCIN CP "LILLY" u. a.; 2 x tgl. 1 g als Kurzinfusion) oder ein Cephalosporin. Bei einem Streptokokken­Nachweis kommt auch Penicillin G (div. Warenzeichen) in Frage, ansonsten ent-

Tabelle: Antibiotika zur Behandlung bakterieller Infektionen der Knochen und Gelenke

Erreger Antibiotikum der 1. Wahl

S. aureus Clindamycin (SOBELIN) Oxacillin (STAPENOR) Flucloxacillin (STAPHYLEX)

S. aureus Vancomycin (VANCOMYCIN CP u.a.) (Methicillin-resistent)

S. epidermidis Vancomycin (VANCOMYCIN CP u. a.)

Streptokokken Penicillin G (div. Warenzeichen) (Gruppe A, B)

Enterokokken Ampicillin (BINOTAL u. a.) ± Gentamiein (REFOBACIN u.a.)

E. coli Ampicillin (BINOTAL u. a.)

P. mirabilis Ampicillin (BINOTAL u. a.)

P. vulgaris, P. rettgeri, Cefotaxim (CLAFORAN) M. morganii ± Gentamiein (REFOBACIN u.a.)

S. marcescens Cefotaxim (CLAFORAN) ± Gentamiein (REFOBACIN u.a.)

P. aeruginosa Piperacillin (PIPRIL) oder Ceftazidim (FORTUM) /Cefepim (MAXIPIME) + Tobramycin (GERNEBCIN)

B. fragi lis C lindamycin (SOBELIN)

Peptostreptococcus spp. Clindamycin (SOBELIN)

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September/Oktober 1997- 18.j ahrg.

sprechen die Alternativen den Präparaten, die auch bei Staphylokokken-Infektionen Anwendung finden. Von Bedeutung ist die gute Penetrationsfahigkeit des Clin­damycins ins Knochengewebe: während die Konzentrationen der Penicilline, Cephalosporine und Glycopeptide nur etwa 5 bis maximal 15% der korrespon­dierenden Serumkonzentrationen aus­machen, werden mit Clindamycin im Serum und Knochen fast gleich hohe Spiegel erreicht.

Infektionen durch gramnegative Erreger können mit den entsprechenden Peni­cillinen oder Cephalosporinen behandelt werden [z.B. Piperacillin (PIPRIL; 4 x tgl. 3 g); Mezlocillin (BAYPEN; 3-4 x tgl. 2-3 g) oder Cefotaxim (CLAFORAN; 4 x tgl. 2 g)], gegebenenfalls in Kombination mit Ami­noglykosiden. Von Bedeutung sind auch die Fluorchinolone bei diesen Formen der Osteomyelitis. Mit Substanzen wie Ofloxa­cin (TARIVID; 2 x tgl. 400 mg oral) oder Ciprofloxacin (CIPROBAY; 2 x tgl 500 mg oral) lassen sich ähnlich gute Serum/Ge­webe-Relationen der Konzentrationen er-

Alternativen (zum Beispiel)

Vancomycin (VANCOMYCIN CP u.a.) Cefazolin (GRAMAXIN u.a.)

Rifampicin (RIFA u. a.) Imipenem (ZIENAM)

Cefazolin (GRAMAXIN u.a.) Clindamycin (SOBELIN)

Cefazolin (GRAMAXIN u.a.) Clindamycin (SOBELIN)

Vancomycin (VANCOMYCIN CP u. a.) Ampicillin/Sulbactam (UNACID)

Cefazolin (GRAMAXIN u.a.) Tobramycin (GERNEBCIN)

Cefazolin (GRAMAXIN u.a.) Gentamiein (REFOBACIN u.a .)

Mezlocillin (BAYPEN) ± Gentamiein (REFOBACIN u.a.)

Ofloxacin (TARIVID) Mezlocillin (BAYPEN) ± Gentamiein (REFOBACIN u.a.)

Ciprofloxacin (CIPROBAY) Arnikaein (BIKLIN)

Metronidazol (CLONT, FLAGYL u.a.) Ampicillin/Sulbactam (UNACID)

Penicillin G (div. Warenzeichen) Metronidazol (CLONT, FLAGYL u.a.) Ampicillin/Sulbactam (UNACID)

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reichen, wie mit Clindamycin. Diese Sub­stanzen haben sich aufgrund ihrer oralen Anwendbarkeit besonders fur die ambu­lante Therapie bewährt.

ZUSAMMENFASSUNG: Die eitnge Arthritis und die Osteomyelitis sind schwerwiegende bakterielle Infektionen, die eine konsequente antibiotische Be­handlung erforderlich machen. Da eine Vielzahl von Erregern als Verursacher in Frage kommen, muß sich die Therapie an der mikrobiologischen Diagnostik orientieren. Bevor das Ergebnis einer ex­akten Erregerbestimmung eintrifft, sollte ein Grampräparat angefertigt werden. Von besonderer Bedeutung sind bei die­sen Infektionen Antibiotika, die gut in das Knochengewebe diffundieren. Hier­zu zählen vor allem Clindamycin (SOBE­LIN) und die Fluorchinolone, wie zum Beispiel Ciprofloxacin (CIPROBAY).

MADER,J. T. et al. Drugs 1997; 54: 253-264

Neueinführung Grepafloxacin - ein Fluorchinolon mit guter Aktivität gegen gram­positive Erreger Mit Sparfloxacin (ZAGAM) wurde vor eini­gen Monaten erstmals ein Fluorchinolon eingefuhrt, das im Vergleich zu den älteren Substanzen dieser Arzneimittelgruppe eine verbesserte Aktivität gegen grampositive Bakterien aufWeist (vgl. ZCT 1997; 18 :26-27). Das neue Grepafloxacin (VAXAR) besitzt ein ähnliches antibakterielles Spektrum wie Sparfloxacin und ist damit ebenfalls bei Infektionen durch grampositive Bakterien anwendbar. Von seiner chemischen Struk­tur her weist Grepafloxacin eine enge Ver­wandtschaft mit Ciprofloxacin (CIPRO­BAY) auf: die Formeln der beiden Substan­zen unterscheiden sich lediglich durch zwei Methylgruppen (Formeln: siehe Seite 36).1

Antibakterielle Eigenschaften

Die antibakterielle Wirkung der Fluorchino­lone wird im allgemeinen durch ihre Wir­kung auf das bakterielle Enzym "Gyrase" (Topoisomerase II) erklärt. Eine entsprech­ende Wirkung besitzt auch Grepafloxacin, jedoch gibt es weitere Mechanismen, die zu der bakteriziden Aktivität der Fluor­chinolone beitragen (z.B. Hemmung der Topoisamerase N). Grepafloxacin hemmt unter anderem zahlreiche klinisch wichtige grampositive Bakterien. Dazu gehören zum BeispielS. pneumoniae oder S. aureus. Im Vergleich zu Ciprofloxacin oder Ofloxacin (TARNID) besteht zwar eine deutliche Aktivitätssteigerung gegenüber diesen Erre­gern, doch muß bedacht werden, daß bei Patienten in der Klinik isolierte Staphylo­kokken, die hoch-resistent gegenüber Ci pro-

September/Oktober 1997- 18.]ahrg.

Antibiotikatherapie im ärztlichen Alltag ( 17) Mundsoor

Kasuistik : Eine 29 Jahre alte Patientin kommt in die Praxis und klagt über Brennen der Zunge sowie Entwicklung von umschriebenen weißlichen Belägen auf der Zunge und auch auf der Schleimhaut des hinteren Rachens. Anamnestisch berichtet die Patientin über die Inhalation von Steroid-Derivaten wegen ihres Asthma bronchiale und der zusätzlichen kurzzeitigen Einnahme von Antibiotika wegen einer Atemwegs­infektion.

Die körperliche Untersuchung - insbesondere die Inspektion des Rachens - ergibt weißliche, abwischbare Beläge insbesondere im Bereich des weichen Gaumens und auch in ungleichmäßiger Form auf der Zungenoberfläche. Hinweise fur andere schwere, die zelluläre Immunität betreffende Erkrankungen (z.B. AIDS, Transplan­tation) ergeben sich nicht!

Diagnose und Ätiologie: Die anamnestischen Hinweise mit inhalativen Steraiden sowie der zusätzlichen Einnahme von Antibiotika deuten auf einen Mundsoor hin . Dieser manifestiert sich in typischer Form als pseudomembranöse Beläge, die aus Candida, abgeschilferten Epithelzellen, Leukozyten, Bakterien, Keratin, nekrotischem Gewebe und Nahrungsresten bestehen. Die Diagnose wird durch die klinische Inspektion so­wie durch eine Gramefärbung des abgeschabten Belages gesichert, da mikroskopisch reichlich Hyphen, Pseudohyphen und Hefeformen nachweisbar sind. Eine einfache Kultur belegt nicht unbedingt die Diagnose, da Candida in geringer Keimzahl zur normalen Mundflora zu zählen ist.

Therapie: Seit der Einfuhrung von inhalativen Steraiden in die Behandlung des Asthmas wurde vermehrt über die Entwicklung von Mundsoor berichtet. Insbesondere bei unsachgemäßer Applikation mittels eines Inhalationsspacers und der mangelnden mechanischen Spülung der Mundhöhle nach der Inhalation kommt es nicht selten zu der Entwicklung einer solchen oropharyngealen Candidabesiedlung. Die zusätz­liche Einnahme von Antibiotika selektioniert Candida in der normalen Körperflora und disponiert zu einem derartigen Mundsoor. Soweit möglich, sollte eine Unter­brechung der inhalativen Steroidtherapie erfolgen und die Candidabesiedlung wird lokal mit Nystatin (MORONAL u.a.), Miconazol (DAKTAR u.a.), Clotrimazol (CANESTEN u. a.), Natamycin (PIMAFUCIN u. a.) oder Amphotericin B (z. B. AMPHOMORONAL) als Lutschtabletten oder Suspension (z. B. in Pipettenform) über längere Zeit behandelt. Falls eine stärker ausgeprägte Immundefizienz vorliegt (z. B. Tumorpatienten, AIDS, Transplantationspatienten), sollte eine systemische Behandlung mit Fluconazol oral (DIFLUCAN) in einer Dosierung von einmal täg­lich 50 - 200 mg über 10 - 14 Tage erfolgen. Bei rezidivierendem Mundsoor (z.B. bei AIDS) kann eine wirksame Prophylaxe mit 50-100mg Fluconazol täglich vorge­nommen werden.

floxacin sind, auch durch Grepafloxacin nicht erfaßt werden.2 Von besonderer Be­deutung ist zweifellos die höhere Aktivität des neuen Chinaions gegen Pneumo­kokken. Grepafloxacin wirkt etwa vierfach stärker als Ciprofloxacin gegen diese wich­tigen Erreger von Atemwegsinfektionen. Angesichts der Tatsache, daß in vielen Ländern Pneumokokken zunehmend resi­stent gegenüber Penicillin und anderen ß-Laktamantibiotika sind, ist es bedeutsam, daß Grepafloxacin auch diese Stämme bei Konzentrationen von < 1 mg/1 hemmt.

Ausgezeichnete Aktivität besteht gegen­über Haemophilus influenzae und Mora­xella catarrhalis: alle Stämme werden in der Regel durch Konzentrationen von weniger als 0,06 mg/1 gehemmt. Auch gegen andere wichtige Erreger von Atemwegsinfektionen, Legionella pneumophila, Chlamydia pneu­moniae und Mykoplasma pneumoniae besteht in vitro eine gute Aktivität.

Die Aktivität gegenüber den gramnegativen Enterobacteriaceae, wie E. coli, Proteus­Arten oder Klebsiella pneumoniae, ist etwa gleich gut oder etwas geringer wie die von Ciprofloxacin.

Pharmakakinetische Eigenschaften

Die Spitzenkonzentration nach Einnahme von 400 mg Grepafloxacin liegt etwa 2 Stunden nach der Einnahme bei 1,5 mg/ 1. Die Eliminations-Halbwertzeit beträgt etwa 11 bis 12 Stunden, das Verteilungsvolumen wird mit 5 l!kg angegeben, die Protein­bindung beträgt etwa 50%. Etwa 10% einer oral verabreichten Dosis werden unverändert im Urin ausgeschieden und ein Drittel der Dosis läßt sich innerhalb von drei Tagen nach der Einnahme unverändert in den Fäces nachweisen. Eine gleichzeitig gege­bene Mahlzeit hatte keinen signifikanten Einfluß auf die Bioverfugbarkeit des Medi­kamentes. Grepafloxacin erreicht wie die

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meisten anderen Chinolone hohe Konzen­trationen in pulmonalen Sekreten und Zellen.

Grepafloxacin wird überwiegend hepatisch eliminiert. Bei Patienten mit leichter Leber­insuffizienz soll die Maximaldosis 400 mg pro Tag betragen. Patienten mit mittlerer und schwerer Leberinsuffizienz sollten nicht mit Grepafloxacin behandelt werden. Da nur ein relativ kleiner Anteil von Grepa­floxacin unverändert renal eliminiert wird, ergibt sich keine Notwendigkeit, die Dosie­rung bei Patienten mit Niereninsuffizienz einzuschränken. Bei älteren Probanden (etwa 70 Jahre alte Frauen) zeigte sich im Vergleich zu jungen Menschen ein ver­ändertes pharmakakinetisches Verhalten, das vor allem mit einem reduzierten Ver­teilungsvolumenerklärt wurde.3

Therapeutische Wirksamkeit

Die übliche Dosierung von Grepafloxacin beträgt einmal täglich 400 mg oder 600 mg. Es kommt vor allem zur Behandlung von Infektionen der unteren Atemwege in Frage. In vergleichenden klinischen Studien bei inzwischen mehr als 3.000 Patienten, die überwiegend doppelblind durchgefuhrt wurden, war Grepafloxacin mindestens immer gleich gut oder besser wirksam wie die Vergleichsmedikation [z. B. Amoxicillin (CLAMOXYL u.a.) oder Ofloxacin ).

Unerwünschte Wirkungen, Interaktionen

Gastrointestinale Beschwerden sind die häufigsten unerwünschten Wirkungen, die während der klinischen Erprobung von Grepafloxacin registriert wurden. Nach einer Behandlung in einer Dosierung von 400 mg pro Tag liegen die Inzidenzen dieser unerwünschten Wirkungen bei etwa 10%, doch muß bei höherer Dosierung mit häufigeren Nebenwirkungen gerechnet werden. Geschmacksveränderungen (vor­wiegend metallischer Geschmack) wurden bei 9 bzw. 17% der Patienten unter der Therapie mit 400 oder 600 mg Grepa­floxacin registriert. Die Abbruchrate wäh­rend der klinischen Prüfung lag unter der Behandlung mit 400 mg bei 2,5 %, unter der Gabe von 600 mg war die ~ote mehr als doppelt so hoch (6,4 %). Ein abschließendes Urteil zur Verträglichkeit kann - wie bei jedem Arzneimittel zum Zeitpunkt der Einfuhrung - derzeit noch nicht erfolgen. Die bisherigen Daten deuten jedoch auf eine akzeptable Nutzen/ Risiko-Relation hin.

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Grepafloxacin

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Grepafloxacin kann eine Verlängerung des QJ-Intervalls auslösen, die zu Torsades de Pointes fuhren können. Daher ist eine Anwendung des Chinolons bei Patienten mit bestimmten kardialen Vorerkrankungen (Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz, Hypokaliämie etc.) oder bei gleichzeitiger Anwendung von anderen Arzneistoffen, die das QT-Intervall verlängern (Anti­arrhythmika der Klassen IA und III), nicht indiziert.

Hinsichtlich des phototoxischen Potentials bestehen keine wesentlichen Unterschiede zwischen Grepafloxacin und Ciprofloxa­cin. Das Risiko fur phototoxische Hautver­änderungen ist bei einer Therapie mit diesen Chinolonen geringer als bei einer Behandlung mit Sparfloxacin.

Grepafloxacin hemmt den Metabolismus von Theophyllin (EUPHYLLIN u. a.). Bei gleichbleibender Dosierung des Broncho­dilatators kommt es zu höheren Plasma­spiegelnmit entsprechender Unverträglich­keitssymptomatik. Eine entsprechende In­teraktion wurde bereits bei einer niedrigen Dosierung von Grepafloxacin (200mg) be­obachtet - mit einer deutlicheren Inter­aktion muß bei höheren Dosen gerechnet werden. Die Theophyllin-Erhaltungsdosis muß bei gleichzeitiger Gabe der Arznei­mittel halbiert werden; im Zweifelsfall sollte der Theophyllinspiegel überprüft werden.4

ZUSAMMENFASSUNG: Grepafloxacin (VAXAR) ist ein neues Fluorchinolon, das sich vor allem durch eine gute Akti­vität gegen wichtige Erreger von Atem­wegsinfektionen auszeichnet (Pneumo­kokken, Hämophilus, Legionellen, Mykoplasmen, Chlamydien u.a.). Eine relativ lange Halbwertzeit (ca. 10-12 Stunden) erlaubt die einmal tägliche Gabe. In ersten klinischen Studien erwies sich Grepafloxacin als mindestens gleich gut wirksam wie Amoxicillin (CLAMOXYL u. a.) oder Ofloxacin (TARIVID). Grepa­floxacin hemmt den Metabolismus von Theophyllin (EUPHYLLIIN u. a.). Bei den unerwünschten Wirkungen stehen die gastrointestinalen Störungen im Vorder­grund. Weitere klinische Studien müssen durchgefiihrt werden, um dieses neue Arzneimittel hinsichtlich der Vor- und Nachteile im Vergleich zu länger bekann­ten antibakteriellen Chemotherapeutika besser beurteilen zu können. Grepafloxa­cin stellt sicherlich eine interessante therapeutische Option bei bakteriellen Atemwegsinfektionen dar.

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Ciprofloxacin

September/ Oktober 1997 - 18.jahrg.

1) WAGSTAFF, A. J . & BALFOUR, J . A. Drugs 1997; 53: 81 7-824

2) THOMSEN, K. S. & SANDERS, C. C. Antimicrob. Agents C hemother. 1994 ; 38:2095-2100

3) KOZAWA, 0. et al. Antimicrob. Agents Chemother. 1996; 40: 2824-2828

4) NIKI, Y. et al. Chest 1992; 101: 881

Grepafloxacin oder Ceftxim bei Gonorrhö? Bekanntlich gibt es bei einer Gonorrhö zahl­reiche therapeutische Möglichkeiten. Auch die Chinolone und einige der oral wirk­samen Cephalosporine kommen in Betracht. Allerdings werden beide Substanzklassen nicht generell als Mittel der ersten Wahl angesehen. Vielmehr sollte -falls die Resi­stenzlage es zuläßt - nach wie vor auch Pe­nicillin G (div. Warenzeichen) angewandt werden. Wenn Penicillin-resistente Gono­kokken zu erwarten sind - oder bereits nachgewiesen wurden - kann jedoch eine Einmalbehandlung mit einem ß-laktamase­festen Cephalosporin oder einem Fluor­chinolon erwogen werden. Das neue Grepa­floxacin (VAXAR) erwies sich in einer randomisierten, offenen Vergleichsstudie mit Cefixim (CEPHORAL) als ein gut wirk­sames Präparat bei männlichen Patienten mit unkomplizierter Gonorrhö. Beide Anti­biotika wurden in einer einmaligen Dosie­rung von 400 mg oral verabreicht. Nur bei 2 von 149 Patienten mit einer Gonokok­ken-Urethritis versagte die Therapie mit Grepafloxacin; die Gabe von Cefixim war bei 5 von 150 Patienten nicht erfolgreich. Eine kleine Gruppe von acht Patienten mit pharyngealer Infektion durch N . gonorr­hoeae wurde durch Grepafloxacin geheilt; unter Cefixim kam es bei dieser Lokali­sation bei zwei von 12 Patienten zu einem Versagen der Therapie.

Bei etwa 10% der Patienten war im Rahmen der mikrobiologischen Diagnostik neben den Gonokkokken auch Chlamydia tracho­matis nachgewiesen worden. Bei Kontroll­untersuchungen konnten noch etwa bei jedem zweiten dieser Männer Chlamydien isoliert werden. Die Studie bestätigte damit die Erfahrung, daß die Einmaltherapie mit einem Fluorchinolon oder Cephalosporin eine gleichzeitig bestehende Chlamydien­Infektion nicht zuverlässig beseitigt. Dies gelingt nur mit einer mehrtägigen anti­biotischen Therapie oder mit der Einmal­gabe von Azithromycin (ZITHROMAX).

FOLGERUNG DER AUTOREN: Grepa­floxacin (VAXAR) eignet sich prinzipiell zur Einmaltherapie der unkomplizierten Gonorrhö. Der Therapieerfolg war minde­stens ebenso zuverlässig, wie bei Gabe des ß-laktamasefesten Cefixim (CEPHORAL).

HOOK, E. W. et al. Antimicrob. Agents Chemother. 1997 ; 41 : 1843-1 845

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Zeitschrift fur Chemotherapie

Mykosen Randomisierter Vergleich zwischen Fluconazol und Amphotericin B bei Candidämie nicht-neutropenischer Patienten In den letzten Jahren hat die Häufigkeit von Candidämien bei nicht-neutrope­nischen Patienten auf der Intensivstation zugenommen. Die Letalität dieser Patienten­population beträgt annähernd 40 %. Im allgemeinen wird eine antimykotische Behandlung empfohlen, wenngleich die klinische Bedeutung dieser Intervention bei der nicht sicher geklärten Relevanz von Hefebefunden in den Blutkulturen durchaus umstritten ist.

In einer prospektiven Studie aus Kanada, an der sich 13 Zentren beteiligten, wurde die Effektivität und Verträglichkeit von Fluconazol (DIFLUCAN) gegen Ampho­tericn B (AMPHOTERICIN B) in der Behandlung von Candidämien bei nicht­neutrapeniseben Patienten verglichen. Die Randomisierung erfolgte stratifiziert ent­sprechend dem APACHE-Score. Ampho­tericin B wurde parenteral in einer Dosis von 0,6 mg/kg/d mit einer kumulativen Gesamtdosis von 8 mg/kg (20 mg/kg bei Dissemination) verabreicht. Die Dosierung von Fluconazol betrug am ersten Tag 800 mg i.v., gefolgt von 400 mg/d i.v., ab dem 10. Tag war eine orale Gabe möglich. Bei allen Patienten wurden vor Beginn der Behandlung sämtliche intravaskulären Katheter entfernt. Alle Patienten wurden über 6 Monate nachkontrolliert. Versagen lag vor bei Tod innerhalb der ersten 7 Tage unter Behandlung, bei progressiver Can­dida-Infektion (zum Beispiel Auftreten von metastatischen Candida-Herden) sowie bei Änderung der Therapie aufgrund von schweren Nebenwirkungen, nicht aus­reichender klinischer Besserung bzw. bei Pilzsuperinfektionen.

Insgesamt wurden 103 Patienten in die Studie aufgenommen und im Rahmen einer "Intention-to-treat"-Analyse ausgewertet. Daneben erfolgte bei 84 Patienten eine Effektivitätsanalyse. 19 Patienten konnten hierfur nicht beurteilt werden, da entweder andere Hefepilze als Candida spp. bzw. C . glabrata oder C. krusei nachgewiesen wurden oder der klinische Verlauf nicht exakt nachzuvollziehen war.

Zugrundeliegende Erkrankungen waren u. a. gastrointestinale Störungen, chronische Lungenerkrankungen oder Niereninsuffi­zienz. In der "Intention-to-treat"-Analyse wurden 50% der Fluconazol-Patienten und 58% der Vergleichspatienten erfolgreich behandelt (nicht signifikant). In der Effekti­vitätsanalyse betrugen die Ziffern 57% versus 62% (nicht signifikant). Die Leta­lität war in beiden Gruppen nicht signi-

fikant unterschiedlich (26% versus 21 %). Die Häufigkeit okulärer Candida-Infek­tionen sowie die Ansprechrate waren in beiden Gruppen ebenfalls gleich. Häufiger wurden Arzneimittel-Unverträglichkeits­reaktionen bei den Patienten unter Amphotericin B beobachtet, vorwiegend Nierenfunktionsstörungen.

FOLGERUNG DER AUTOREN: In einer Studie bei 103 nicht-neutropenischen Patienten mit nachgewiesener Candi­dämie wurde Fluconazol (DIFLUCAN) gegen Amphotericin B (AMPHOTERI­CIN B) verglichen. Es fand sich kein Unterschied in der Wirksamkeit zwischen beiden Therapiearmen, weder in der "lntention-to-treat"-Analyse noch in der Effektivitätsbeurteilung. Allerdings war Fluconazol signifikant besser nierenver­träglich.

PHILLIPS, P. et al. Eur.J . Clin. Microbiol. lnfect. Dis. 1996; 16:337-345

Herpesinfektionen Erfolgreiche Prävention rezidivieren­der genitaler Herpesinfektionen Die genitale Infektion mit dem Herpes simplex-Virus ist eine der häufigsten sexuell übertragbaren Erkrankungen, die über­wiegend durch Herpes simplex Typ 2 her­vorgerufen wird. Rezidive sind häufig und sind fur die Betroffenen zum Teil äußerst unangenehm. In den letzten 15 Jahren hat sich Aciclovir (ZOVIRAX u.a.) als eine ver­läßliche und gut verträgliche Behandlung der akuten Infektion und fur die Dauer­suppression häufig rezidivierender Verläufe etabliert. Nachteile der Substanz sind ihre niedrige Bioverfugbarkeit von weniger als 20% und die kurze Halbwertzeit, so daß Mehrfachgaben pro Tag notwendig sind.

Valaciclovir (VALTREX) ist der Valinester von Aciclovir und weist eine drei- bis funffach höhere Bioverfugbarkeit als die Muttersubstanz auf.

In der vorliegenden randomisierten, doppel­blinden Studie wurden die klinische Effek­tivität und Verträglichkeit von Valaciclovir gegen Plazebo geprüft. In einer 3:1 Rando­misierung erhielten Patienten, die anam­nestisch mindestens 8 Rezidive einer HSV­Infektion pro Jahr aufWiesen, entweder Valaciclovir 1 x 500 mg oder Plazebo fur 16 Wochen. Vor Therapiebeginn und an­schließend alle 4 Wochen erfolgten Kon­trolluntersuchungen.

Insgesamt wurden 382 Patienten in 34 Zen­tren aus Europa und Australien in die Studie eingeschleust. 288 Patienten erhielten Va­laciclovir, 94 Plazebo. In einer "Intention­to-treat"-Analyse zeigte sich, daß Valaci­clovir in 85% ein HSV-Rezidiv erfolgreich verhindern konnte. Am Ende der 16

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Wochen waren 69% der Patienten unter Valaciclovir frei von einem HSV-Rezidiv, hingegen nur 9,5% der Kontrollgruppe.

Die Verträglichkeit war gut; es ergab sich kein Unterschied zur Plazebogruppe.

FOLGERUNG DER AUTOREN: In einer doppelblind durchgefiihrten Studie wurde die Effektivität und Verträglichkeit von Valaciclovir (VALTREX) im Vergleich zu Plazebo bei Patienten mit häufig rezi­divierenden genitalen Herpes Simplex­Infektionen untersucht. Es zeigte sich eine hochsignifikante Überlegenheit des Valaciclovirs bezüglich der Prävention eines Rezidives (85 % der Rezidive wur­den verhindert), die Verträglichkeit war gut. Die tägliche Einmalgabe von Valaci­clovir ist fiir die Sekundärprävention ei­ner genitaler HSV-Infektion ausreichend und hochwirksam.

PATEL, R. et al. Genitourin. Med . 1997; 73 :105-109

Famciclovir: ein sinnvolle Alternative bei Herpes genitalis? Seit der Einfuhrung von Aciclovir (ZOVI­RAX) als erstem spezifisch wirksamen Viros­tatikum, sind Infektionen durch Viren der Herpesgruppe prinzipiell behandelbar (ZCT 1983; 4: 28-29). Famciclovir (FAM­VIR) ist ein relativ neu es, mit Aciclovir eng verwandtes Chemotherapeutikum, das seit einiger Zeit als Alternative zur Verfugung steht (ZCT 1995; 16: 12-13). Die Substanz stellt ein Produkt dar, aus dem in vivo der Wirkstoff Penciclovir (VECTAVIR) ent­steht (Penciclovirwird zur lokalen Therapie angewandt: s. ZCT 1997; 18: 28).

In einer sorgfaltig angelegten und gut doku­mentierten Studie wurde an etwa 500 Patienten ein klinischer Vergleich von Famciclovir in verschiedenen Dosierungen (2 x täglich 125, 250 oder 500 mg) mit einer Placebobehandlung durchgefuhrt. Bei allen Patienten bestand ein rezidivierender Her­pes genitalis, mit mindestens einer Episode innerhalb von 4 Monaten. Die Patienten wurden aufgefordert, möglichst rasch, also beim Auftreten der ersten typischen Symptome, mit der Einnahme der Tabletten zu beginnen.

Das Medikament bewirkte eine signifikant raschere "vollständige Heilung" der Läsionen als das Placebo-Päparat. Die Auswertung anderer Parameter (z. B. Dauer der Virus­ausscheidung) ergab ebenfalls eine signifi­kante Überlegenheit des Virostatikums. Eine genauere Analyse der Daten zeigt allerdings, daß der "therapeutische Erfolg" nur gering ist. Die Zeitdauer bis zur Beseiti­gung der typischen Symptome (Brennen, Schmerzen, Juckreiz etc.) betrug 3,7 Tage in der Placebogruppe und 3 bis 3,2 Tage in den Famciclovir-Gruppen (Medianwerte) . Bis zur "vollständigen Heilung" vergingen

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4,8 Tage unter der Einnahme von Placebo und 3,8 Tage unter der Therapie mit 2 x täglich 125 mg Famciclovir. Hinsichtlich der Verträglichkeit bestanden keine signi­fikanten Unterschiede zwischen den Grup­pen. Bei sechs bis 10% der Teilnehmer wurde die Medikation vorzeitig beendet, wobei der höchste Wert in der Placebo­gruppe auftrat.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Famci­clovir (FAMVIR) ist ein klinisch wirk­sames Virostatikum zur Behandlung des rezidivierenden Herpes genitalis. Selbst bei frühestem Beginn ("Patienten-initi­iert") kann aber nur mit einer Reduktion der Symptomdauer um etwa 12 Stunden gerechnet werden.

ANMERKUNG DER REDAKTION: Die in der Studie berichteten thera­peutischen Effekte von Famciclovir im Vergleich zu Placebo bestätigen die bekannte Tatsache, daß bei immun­kompetenten Patienten mit Virostatika keine wesentliche Veränderung des Krankheitsgeschehens zu erreichen ist. (Eine ganz andere Bewertung ergibt sich natürlich bei der Behandlung von Herpes-Infektionen bei immunsuppri­mierten Patienten!) Obwohl in der vor­liegenden Studie kein direkter Vergleich mit Aciclovir oder Valaciclovir (VAL­TREX; vgl. ZCT 1996; 17:4-5) durch­geführt wurde, zeigen die neuen Daten doch ein prinzipiell ähnliches Ergebnis, wie es aus Studien mit den beiden anderen Virostatika bekannt ist. Ein ge­ringer Vorteil der Therapie mit Famci­clovir kann darin gesehen werden, daß dieses Präparat nur zweimal täglich ge­nommen werden muß. Da kein Unter­schied hinsichtlich der klinischen Wirk­samkeit zwischen den verschiedenen Dosierungen des Arzneimittels besteht, ist bei dieser Indikation die Gabe von 2 x 125 mg ausreichend. Der Apotheken­abgabepreis für eine Packung FAMVIR Tabletten (10 Stück zu 125 mg) beträgt etwa 87,- DM, die Tagestherapiekosten liegen also bei 17,40 DM.

SACKS S.L. et al. JAMA 1996; 276 ;44-49

Resistenz Resistenz von Streptokokken korre­liert zu Makrolidverbrauch In Finnland wurde von 1988 bis 1990 ein Anstieg der Resistenz von A-Streptokokken gegenüber Erythromycin (ERYCINUM u. a.) von 5 auf 13 % beobachtet. Gleichzeitig wurde hinsichtlich des Verbrauches von Makrolid-Antibiotika ein Anstieg von knapp einer DDD (Defined Daily Dose per 1.000 Inhabitants per Day) in den Jahren 1976 bis 1978 auffast drei DDD im Jahre 1988 regi­striert. Um diese bedrohliche Situation zu

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beherrschen , wurde über nationale Richt­linien der Verbrauch von Makroliden in der Behandlung von respiratorischen und Hautinfektionen deutlich reduziert. In der vorliegenden Studie untersuchten die Autoren, ob eine derartige Reduktion des Antibiotika-Verbrauches eine wirksame Maßnahme zur Verminderung der Resistenz darstellte. Es wurden insgesamt 39.247 A-Streptokokken-Stämme von Rachenab­strichen (82% der Isolate) und Eiterproben (18 %) sowie 290 Isolate aus Blutkulturen von 1991 bis 1996 untersucht. Während dieser Zeit fiel der Verbrauch an Makrolid­Antibiotika von 2,40 DDD im Jahre 1991 auf 1,38 DDD im Jahre 1992 und blieb weitgehend konstant in diesem Bereich während der gesamten Studienperiode. Parallel zu dieser Abnahme des Makrolid­Einsatzes kam es auch zu einer Verminde­rung der Eryth romycin-resistenten A-Strep­tokokken. Von einem mittleren Ausgangs­wert von 16,5 % in 1992 fiel die Resistenz­rate fas t auf die H älfte, nämlich auf 8,6% in 1996, ab. Allerdings war diese Verminde­rung der Resistenz weder zeitlich noch ört­lich gleichmäßig über die unterschied­lichen funf Regionen von Finnland nach­weisbar, sondern zeigte ganz erhebliche regionale Unterschiede . Dennoch war in allen Regionen ein klarer Zusammenhang zwischen dem abnehmenden Verbrauch von Makroliden und der sich vermindern­den Resistenz nachweisbar.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Die Ergebnisse dieser Studie dokumentieren, daß Empfehlungen hinsichtlich eines verminderten Einsatzes von Erythromy­cin (ERYCINUM u.a.) und auch anderer Makrolide bei ambulanten Patienten gefolgt waren von einer deutlichen Ver­minderung der Erythromycin-Resistenz von A-Streptokokken in Finnland. Diese Ergebnisse veranlassen zur Hoffnung, daß auch andere Resistenz-Probleme in dieser Form beherrscht werden können. Demnach können therapeutische Richt­linien für den Einsatz von Antibiotika bei ambulanten Patienten als ein wich­tiges Mittel zur Bekämpfung des Resi­stenz-Problems angesehen werden.

H. SEPPÄLÄ et al. N . Eng!.) . Med. 1997; 337:441-46

Penicillin-resistente Pneumokokken noch Makrolid-empfindlich? In mehreren Ländern mit zunehmender Penicillin-Resistenz von Pneumokokken wird nach Alternativen fur die Infektions­therapie gesucht. Während des Winters 1993-1994 wurden von ambulanten Patien­ten in zwölf unterschiedlichen Kranken­häusern in den USA insgesamt 333 Strepto­coccus pyogenes-Stämme isoliert, davon 197 von Kindern mit einem Lebensalter von unter zwölf Jahren ; weiterhin wurden 260 Pneumokokken untersucht, davon 100 von Kindern. SämtlicheS. pyogenes-Stämme waren hoch empfindlich gegenüber Peni-

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cillin (MHK < 0,06 mg/ 1). Unter den Pneu­mokokken erwiesen sich allerdings nur 62% der Isolate von den Kindern und 82% der Isolate von den Erwachsenen als Peni­cillin-sensibel ; 8% der weniger empfind­lichen Stämme boten eine hohe Penicillin­Resistenz (MHK > 2,0 mg/ 1) . Die drei untersuchten Makrolide Erythromycin (ERYCINUM u.a.), Clarithromycin (KLA­CID) und Azithromycin (ZITHROMAX) waren gegenüber den Streptokokken sehr wirksam, nur 2% der untersuchten Stämme erwiesen sich als resistent gegenüber den Makrolid-Antibiotika. Unter den Penicillin­empfindlichen Pneumokokken waren nur 1-3% resistent gegenüber den Makroliden, hingegen bestand bei den intermediär empfindlichen Pneumokokken-Stämmen in 16% eine Makrolid-Resistenz und von den hoch Penicillin-resistenten Pneumokokken waren 57% auch Makrolid-resistent.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Strepto­coccus pyogenes ist unverändert emp­findlich gegenüber Penicillin und Makro­Iiden. Bei den Pneumokokken ergibt sich allerdings ein anderes und durchaus be­unruhigendes Bild. Die gegenüber Peni­cillin intermediär empfindlichen Pneumo­kokken zeigen in dieser Untersuchung aus Nordamerika in 16% eine Makrolid­Resistenz gegenüber Erythromycin (ERY­CINUM u.a.), Clarithromycin (KLACID) und Azithromycin (ZITHROMAX). Bei den Penicillin-resistenten Pneumokok­ken liegt diese Resistenz gegenüber den drei untersuchten Makrolid-Antibiotika mit 57% noch deutlich ungünstiger.

BARRY, A.L. et al. J. Antimicrob. C hemother. 1997; 40 : 139-140

Penicillin-resistente Pneumokokken auch lmipenem-resistent? Pneumokokken sind die fuhrenden Erreger bei der Otitis media, der Sinusitis, der Pneumonie, der Sepsis und der Meningitis. Die zunehmende Häufigkeit von Peni­cillin-resistenten Pneumokokken hat dazu gefuhrt, daß in Regionen mit derartigen Keimen die Anfangstherapie z. B. der Meningitis in einer Kombination aus Vancomycin (VANCOMYCIN CP "Lilly") und einem Drittgenerationscephalosporin empfohlen wird. Auch Carbapeneme wie Imipenem (ZIENAM) oder M eropenem (MERONEM) sind als empirische Anfangs­therapie insbesondere bei nachgewiesener zusätzlicher Cephalosporin-Resistenz bei derartigen Infektionen Mittel der ersten Wahl geworden. In einer Studie aus Washing­tonwurden 59 Pneumokokken-Stämme mit einer verminderten Penicillin-Empfindlich­keit untersucht, die von primär sterilen Körperbereichen vorwiegend bei Kindern isoliert worden waren. Auf der Basis der üblichen Sensibilitätskriterien (Breakpoints) waren sämtliche Stämme empfindlich auf Vancomycin und Rifampicin (RIFA u. a.) . Auf der anderen Seite zeigte Cefotaxim (CLAFORAN) in 15 % eine Resistenz,

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Chloramphenicol (PARAXIN) in 31 %, lm­ipenem in 47% und Meropenem in 49%. Fünf der neun Stämme mit einer vermin­derten Empfindlichkeit gegenüber Cefo­taxim waren intermediär empfindlich und die restlichen vier waren komplett resistent. Die MHK-Werte fur Imipenem bewegten sich zwischen 0,015 bis 0,5 mg/1, 47% der Stämme lagen oberhalb des Sensibilitäts­bereiches von 0,15 mg/1. Die Serotypisie­rung dieser vermindert sensiblen Stämme gegenüber lmipenem ergaben acht Stämme vom Typ 23 F, sieben vom Typ 6 B, 14 Stämme vom Typ 6, drei Stämme vom Typ 6 A und zwei Stämme vom Typ 19 F.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Die Er­gebnisse dieser Studie deuten daraufhin, daß ein hoher Prozentsatz von Penicillin­resistenten Pneumokokken auch eine ver­minderte Empfindlichkeit gegen Carba­peneme aufWeist. Die Autoren emp­fehlen in Bereichen mit einer höheren Frequenz derartiger Pneumokokken in der Anfangsbehandlung einer Pneumokokken­Meningitis empirisch die Kombination aus Vancomycin (VANCOMYCIN CP "Lilly") plus Cefotaxim (CLAFORAN) oder Ceftriaxon (ROCEPHIN) mit oder ohne Rifampicin (RIFA) einzusetzen. Nach Erhalt der Resistenzbestimmungen aus dem mikrobiologischen Labor kann die Therapie zumeist vereinfacht werden.

PIKIS, A. et al. J. Antimicrob. C hemother. 1997; 40: 105-108

Vakzination Influenza-Vakzination von Pflege­personal in Altersheimen sinnvoll? Influenza-Infektionen fuhren insbesondere während Epidemien zu einer Exzeß­Letalität, insbesondere bei alten Menschen. Eine Influenza-Impfung wird daher zu­mindestens in den westlichen Industrielän­dern bei allen Patienten bzw. erwachsenen Menschen über 60 Jahre empfohlen. Un­klar ist, ob in Altersheimen nicht auch das Pflegepersonal als Keimträger und Ansteck­ungsquelle ebenfalls geimpft werden sollte . In zwölf geriatrischen Hospitälern in Schott­land wurde dieser Frage nachgegangen. Insgesamt 1.059 Patienten und 653 Pflege­personen wurden untersucht und pros­pektiv in vier Gruppen eingeteilt: Die erste Gruppe bestand aus 230 Personen (Patien­ten und Pflegepersonal), die sämtlichst ge­impft wurden; die zweite Gruppe bestand aus 260 Personen, von denen das Pflege­personal geimpft wurde, die Patienten hin­gegen nicht; die dritte Gruppe bildeten 308 Personen, von denen die Patienten geimpft wurden, das Pflegepersonal nicht und die vierte Gruppe bestand aus 261 Personen, von denen keiner eine Impfung erhalten hatte . In der ersten Gruppe verstarben 10,9 %, davon 4,3% an einer Pneumonie und nur in 0,9% konnte eine Influenza-

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Fragen zu wichtigen Infektionen (22) Die zehn häufigsten Fragen über den Schnupfen (Teill) 1. Woher bekommt man einen Schnupfen? Das einzige Reservoir der Schnupfenviren ist der Nasen- und Rachenraum des Menschen. Insofern ist jede Schnupfenerkrankung Folge einer Infektion. Besonders häufig beherbergen Kinder Schnupfenviren im oberen Respirationstrakt.

2. Wo bekommt man einen Schnupfen? Prinzipiell ist die Infektion überall möglich. Die häufigsten direkten Infektionsquellen sind jedoch erkrankte Familienmitglieder, insbesondere Kinder, sowie ein enger Kontakt zu erkrankten Personen am Arbeitsplatz.

3. Wie verbreiten sich die Schnupfenviren von Mensch zu Mensch? Zwei Verbreitungswege spielen eine wichtige Rolle. Auf dem häufigsten Infektionsweg werden die Viren über kontaminierte Finger in Nase oder Augen eingebracht. Dem gegenüber untergeordnet ist die direkte Tröpfchen-Infektion durch Husten oder Niesen.

4. Wie kann ich einen Schnupfen vermeiden? Die einzig sichere Methode, einen Schnupfen zu vermeiden, ist den Kontakt zu ande­ren Menschen komplett einzustellen. Da dieses jedoch nicht praktikabel ist, sollte die Infektionswahrscheinlichkeit herabgesetzt werden. Dieses kann geschehen, indem die Hände nach dem Kontakt mit an Schnupfen erkrankten Personen gründlich gewaschen werden und nicht in Nase, Augen oder Mund eingebracht werden. Außerdem sollte man sich dem Hustenstoß bzw. dem Niesen von an Schnupfen erkrankten Patienten möglichst nicht aussetzen. Ist man selber an Schnupfen erkrankt, so sollte man anderen Personen nicht die Hand geben, da die Hände ständig durch das Putzen der Nase mit Viren kontaminiert sind.

5. Kann man den Schnupfen effektiv behandeln? Für den Schnupfen steht lediglich eine symptomatische Behandlung zur Verfugung. Nasentropfen können die Verstopfung der Nase beseitigen. Leichte Analgetika fuhren zu einer Verminderung der nicht seltenen Kopfschmerzen und vermögen unter Umständen das allgemeine Krankheitsempfinden zu bessern. Topisch wirksame Adstringenzien lindern manchmal die Rachenbeschwerden. Eine kausale Therapie der Virusinfektion ist nicht möglich.

J. M. GWALTNEY; Infect. Dis. Clin. Pract. 1996 ; 5: 371-72

Infektion nachgewiesen werden. In der zweiten Gruppe lag die Letalität in der gleichen Größenordnung mit 9,6% und es traten bei den Patienten in 7,7% Influenza­Infektionen auf. Bei den restlichen beiden Gruppen lag die Letalitätsrate deutlich höher mit 18,2% (Gruppe 3) und 16,1% (Gruppe 4) und auch die Rate an Todes­fällen durch Pneumonien lag mit 7,8% bzw. 8,8% am höchsten.

FOLGERUNG DER AUTOREN: In Al­tersheimen sollten nicht nur Patienten geimpft werden sondern auch das Pflege­personal. Nur durch diese Impfpolitik können sowohl die Letalität, die Frequenz an tödlich verlaufenden Pneumonien, wie auch die Zahl der Influenza-Infek­tionen signifikant gesenkt werden.

J. POTT ER et al. ]. Infect. Dis. 1997; 175: 1-6

Vitamin-B12-Mangel verschlechtert die Antiköperbildung nach Pneumo­kokkenimpfung Ein moderner Ansatz zur Prävention von Pneumokokkeninfektionen besteht in der Impfung von Risikopopulationen mit poly­valentem Pneumokokkenimpfstoff (PNEU­MOVAX). Allerdings kann besonders bei älteren Patienten die Impfantwort ungenü-

gend sein. Es ist bekannt, daß in 7 bis 15% der älteren Bevölkerung ein Vitamin-E12-Mangel besteht. Da dieses Vitamin fur die DNA-Synthese notwendig ist, wurde in der vorliegenden Untersuchung geprüft, in wie weit sich bei Patienten mit Vitamin-E12-Mangel im Vergleich zu Patienten mit normalem Serumspiegel die Impfantwort unterscheidet. 15 Patienten über 65 Jahre ohne Abwehrstörung mit einem Vitamin­B12-Spiegel von weniger als 200 pmol/1 er­hielten eine subkutane Impfung mit 0,5 ml eines 23-polyvalenten Pneumokokken-Poly­saccharidimpfstoffes. Antikörper gegen zwölf Serotypen der Pneumokokken wurden vor und vier Wochen nach der Impfung ge­messen. Als Kontrolle dienten 15 Patienten mit einem Vitamin-E 12-Spiegel über 200 pmol/1, die sich ansonsten nicht von der Gruppe 1 bezüglich Alter, Antikörpertiter vor Impfung, Blutbild bzw. Grunderkran­kungen unterschieden.

Es zeigte sich ein hochsignifikanter Unter­schied in der Antikörperanwort zwischen beiden Gruppen: die Patienten mit Vitamin­E12-Mangel hatten eine geringere Anti­körperproduktion (635 versus 1226 ng Antikörper-Stickstoff/mi). Serumfolatspiegel zeigten keine Korrelation zur Antikörper­produktion. Die Antikörperproduktion war gegen die Serotypen 3, 7F und 9N, nicht jedoch gegen 23F eingeschränkt.

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Unter Berücksichtigung des Alters und des mittleren korpuskulären Volumens der Erythrozyten (MCV) blieb der Vitamin B 12-Spiegel (wie auch MCV) ein unabhän­giger Prädiktor fur die Impfantwort.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Patien­ten mit niedrigem Vitamin-B12-Serum­spiegel bilden in geringerem Maße Anti­körper nach Impfung mit einem 23-poly­valenten Pneumokokken-Polysaccharid­Impfstoff (PNEUMOVAX) als Patienten mit normalem Vitaminspiegel im Blut. Zur Zeit ist nicht bekannt, ob eine Sub­stitution mit Vitamin B12 die Impfant­wort verbessern kann.

FATA, F.T. et al. Ann. Intern. Med. 1996; 124: 299-304

Impfungen bei HIV-infizierten Patienten RN-infizierte Patienten sind durch eine Vielzahl von Infektionskrankheiten gefahr­det. In einer kürzlich erschienenen Über­sicht wurde zu dem Wert verschiedener Schutzimpfungen fur HN-infizierte Patien­ten Stellung genommen.

Influenza-Impfung: Obwohl die Influenza-Impfung bei HN­infizierten Patienten offensichtlich nicht häufiger oder schwerer vom Verlauf her einzuschätzen ist als bei HN-negativen Patienten, empfiehlt das CDC in den Ver­einigten Staaten die jährliche Impfung. Eindeutige Belege dafur, daß sich bei der Influenza-Schutzimpfung die Plasma­HN-Konzentrationen erhöhen, haben sich bisher nicht ergeben.

Pneumokokken-Impfung: Bei Personen mit einer HN-Infektion be­steht ein 100- bis 300-fach höheres Risiko fur invasive Pneumokokken-Infektionen und Pneumokokken-Pneumonien. Die 23valente Pneumokokken-Schutzimpfung, die 86% aller bei Bakteriämien gefundenen Pneumo­kokkenstämme einschließt, hat zwar nur eine ca. 60 %ige Schutzwirkung, sie wird jedoch bei dem stark erhöhten Risiko in den Vereinigten Staaten fur alle HN-in­fizierten Patienten empfohlen. Eine opti­male Antikörper-Antwort erhält man bei CD4-Zellzahlen von mehr als 250/j.!l Blut.

Hämophilus influenzae Typ B-Impfung: Das Risiko eines HN-infizierten Patienten, an einer invasiven H. influenzae-Infektion zu erkranken ist lOOfach höher als dasjenige eines Gesunden. Obwohl die vorhandene H. influenzae Typ B-Konjugatvakzine hoch­gradig effektiv ist, ist ihr Einsatz bei HN­infizierten Patienten umstritten, da nur ein kleiner Teil der invasiven H. influenzae-Er­krankungen bei HN-infizierten Patienten durch den Typ B bedingt ist.

BCG-Impfung: Eine BCG-Impfung enthält lebende Bak­terien und ist daher bei HN-infizierten Patienten kontraindiziert

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Hepatitis B-Impfung: Eine Hepatitis B-Impfung wird nur nach Überprüfung des HBV-Antikörperstatus empfohlen, da die Durchseuchung mit Hepatitis B in einigen Risikopopulationen (Homosexuelle, Drogenabhängige) sehr hoch ist. Findet sich kein Hinweis auf eine durch­gemachte HBV-Infektion, so sollte die ins­gesamt aus drei Dosen bestehende Impfung durchgefuhrt werden. Die Antikörper-Ant­wort muß geprüft werden. Im Fall einer ne­gativen Antwort kann eine zweite Impfserie mit drei erneuten Impfungen im Abstand von ein bis zwei Monaten versucht werden.

Hepatitis A-Impfung: Obwohl es keine Hinweise fur eine ver­mehrte Empfindlichkeit von HN-positiven Patienten fur Hepatitis A-Infektionen gibt, kann bei Reisen in Risikogebiete, wie bei anderen Personen auch, eine Prophylaxe durch die Gabe eines Immunglobulins vor Reiseantritt empfohlen werden.

Tetanus-, Mumps-, Röteln- und Masern­Impfu ng : Obwohl es sich hierbei um Lebend-Impf­stoffe handelt, sind bisher bei HN-infi­zierten Patienten keine Zwischenfalle beob­achtet worden. Eine Impfindikation ergibt sich jedoch auf dem Boden einer HN­Infektion nicht in gesonderter Weise, es gelten daher die üblichen Empfehlungen.

Polio-Impfung: Die orale Schluckimpfung mit dem leben­den Virus sollte bei HN-infizierten Patienten nicht angewendet werden, sie ist kontra-

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Entgeld bezahlt

indiziert. Dies gilt auch fur die Impfung von Personen, die mit HN-infizierten Patienten in einem Haushalt leben. Kommt eine solche Impfung jedoch bei Haushaltsmitgliedern trotzdem vor, so muß eine Trennung zwischen dem HN­infizierten Patienten und den Haushalts­mitgliedern fur mindestens einen Monat erfolgen. Hingegen kann die subkutane Impfung mit inaktivierten Polioviren sehr wohl durchgefuhrt werden. Allerdings er­gibt sich aus der HN-Infektion keine besondere Risikobelastung.

Varizellen-Virus-Impfun g: Bei dem verfugbaren Varizellen-Impfstoff handelt es sich um einen Lebend-Impfstoff, der bei HN-infizierten Patienten kontra­indiziert ist. Vermieden werden muß auch der Kontakt von HN-Patienten zu frisch ge­impften Personen, da eine Übertragbarkeit auf die HN-infizierten Patienten besteht.

Schutzimpfungen vor Reisen: Nicht angewendet werden dürfen bei HN­infizierten Patienten Lebend-Impfstoffe ge­genüber Gelbfieber und Typhus. Keine Be­denken bestehen jedoch gegenüber der in­aktiven parenteralen Typhus-Vakzine, der VI-Kapselpolysaccharid-Typhus-Vakzine so­wie gegenüber Impfstoffen gegen Cholera, Tollwut und der japanischen Typ B Enze­phalitis. Entsprechendes gilt fur Impfstoffe gegen Meningokokken und weitere Erreger, bei denen inaktivierte Impfstoffe eingesetzt werden können.

J.G. BARTLETT Infect. Dis. Clin. Pract. 1996; 5:25-28