headliner #104

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von Reinhold Giovanett W enn dieser Text er- scheint, wird sich der Völser Klaus Janek in Tokio aufhalten. Zwischen 16. und 26. August wird er in Japan mit sei- nem Projekt ige*timer insgesamt sechs Konzerte spielen, fünf davon in Tokio, eines in Yokohama. Mit ige*timer hat der Kontrabassist, der bereits vor Jahren seinen Wohnsitz von Völs nach Berlin ver- legt hat und von dort aus sein Mu- sikerdasein lebt, eine Vinyl-LP über das Schweizer Label Everest Records veröffentlicht, das mit die- ser Japan-Tour, zwei anschließen- den Auftritten in Kanada und einer den gesamten September andau- ernden Tour durch die USA pro- motet wird. ige*timer ist eines der jüngeren Projekte, die dem Kontrabassi- sten, wie er sagt, „sehr große Freu- de bereitet“. Gemeinsam mit dem Schweizer Schlagzeuger und Per- kussionisten Simon Berz schafft Janek unter dem Namen ige*timer improvisierte Musik, die sich, Zitat „de:bug“: „zwischen Noise, loopba- sierten rhythmischen Tracks, kon- kreten Sounds und entspannten minimalen Drones bewegt“. Während Klaus Janek die Klang- welten seines Kontrabasses auslo- tet und mit dem Laptop auf elek- tronischem Wege in die Musik ein- greift, arbeitet Simon Berz mit selbstgebauten elektro-akusti- schen Soundgeneratoren, wobei das toy-hacking, das Umbauen von altem Spielzeug, einen wichtigen Teil seiner Instrumente- und also Klangparks beisteuert. Kennengelernt haben sich Janek und Berz 2007 in Berlin und da die musikalischen Ideen viele Berührungspunkte hatten, ent- schlossen sie sich nicht nur gemein- same Sache zu machen, sondern sich auch die Zeit dafür nahmen, das Projekt wachsen zu lassen. Nach eineinhalb Jahren konzertfreier, in- tensiver Auseinandersetzung mit der Musik folgte der Schritt auf die Bühne und im Herbst 2009 schließ- lich die USA-Tour, die sie von New York etappenweise bis nach New Orleans brachte. Der LP liegt ein wunderschönes Booklet in LP-Größe bei, das Fotos zeigt, die während der Tour von ige*timer im September/Oktober 2009 an der us-amerikanischen Ost- küste entstanden sind, bei der auch die drei Titel „Baltimore“, „New Orleans“ und „Philadelphia“ mitge- schnitten wurden. Die LP ist für 18 Euro in Bozen, bei „Altri suoni“ (in der Quireiner Straße) erhältlich. Ein ausführliches Interview mit Klaus Janek zu seinen aktuellen Projekten (inklusive dazugehöriger Musik) ist am Donnerstag, 2. Sep- tember, ab 21 Uhr, bei Radio Freier Fall (RAI Sender Bozen) zu hören. Zu diesen Projekte zählen seine Zu- sammenarbeit mit dem amerikani- schen Elektronikmusiker und DJ Chris Douglas in dessen Projekt O.S.T., die Improvisationen mit dem ebenfalls in Berlin lebenden experi- mentierfreudigen Bozner Musiker Claudio Rocchetti und dem Trio Sartori-Kühne-Janke. Info: www.klaus-janek.de www.myspace.com/igetimer Freitag, 20. August 2010 – Nr. 161 Redaktion Tageszeitung „Headliner“: 329/5913560 – [email protected] << HEAD LINER Neugier und Offenheit als Motor für die Kreativität: Klaus Janek, vor zwei Wochen in Bozen, kurz vor seinem Tourstart nach Japan, Kanada und in die USA. Foto: rhd Fotos: ige*timer Aus Überzeugung auf Vinyl veröffentlicht: „Ice Cold Pop“, das Debüt des Duos ige*timer Toy-hacking in Japan Klaus Janek und ige*timer

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Headliner - Musikmagazin - Freitags in der Neuen Suedtiroler Tageszeitung

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Page 1: Headliner #104

von Reinhold Giovanett

Wenn dieser Text er-scheint, wird sich derVölser Klaus Janek in

Tokio aufhalten. Zwischen 16. und26. August wird er in Japan mit sei-nem Projekt ige*timer insgesamtsechs Konzerte spielen, fünf davonin Tokio, eines in Yokohama. Mitige*timer hat der Kontrabassist,der bereits vor Jahren seinenWohnsitz von Völs nach Berlin ver-legt hat und von dort aus sein Mu-sikerdasein lebt, eine Vinyl-LPüber das Schweizer Label EverestRecords veröffentlicht, das mit die-ser Japan-Tour, zwei anschließen-den Auftritten in Kanada und einerden gesamten September andau-ernden Tour durch die USA pro-motet wird.ige*timer ist eines der jüngerenProjekte, die dem Kontrabassi-sten, wie er sagt, „sehr große Freu-de bereitet“. Gemeinsam mit demSchweizer Schlagzeuger und Per-kussionisten Simon Berz schafftJanek unter dem Namen ige*timerimprovisierte Musik, die sich, Zitat„de:bug“: „zwischen Noise, loopba-

sierten rhythmischen Tracks, kon-kreten Sounds und entspanntenminimalen Drones bewegt“.Während Klaus Janek die Klang-welten seines Kontrabasses auslo-tet und mit dem Laptop auf elek-tronischem Wege in die Musik ein-greift, arbeitet Simon Berz mitselbstgebauten elektro-akusti-schen Soundgeneratoren, wobeidas toy-hacking, das Umbauen vonaltem Spielzeug, einen wichtigenTeil seiner Instrumente- und also

Klangparks beisteuert.Kennengelernt haben sich Janekund Berz 2007 in Berlin und da diemusikalischen Ideen vieleBerührungspunkte hatten, ent-schlossen sie sich nicht nur gemein-same Sache zu machen, sondern sichauch die Zeit dafür nahmen, dasProjekt wachsen zu lassen. Nacheineinhalb Jahren konzertfreier, in-tensiver Auseinandersetzung mitder Musik folgte der Schritt auf dieBühne und im Herbst 2009 schließ-

lich die USA-Tour, die sie von NewYork etappenweise bis nach NewOrleans brachte.Der LP liegt ein wunderschönesBooklet in LP-Größe bei, das Fotoszeigt, die während der Tour vonige*timer im September/Oktober2009 an der us-amerikanischen Ost-küste entstanden sind, bei der auchdie drei Titel „Baltimore“, „NewOrleans“ und „Philadelphia“ mitge-schnitten wurden. Die LP ist für 18Euro in Bozen, bei „Altri suoni“ (inder Quireiner Straße) erhältlich.Ein ausführliches Interview mitKlaus Janek zu seinen aktuellenProjekten (inklusive dazugehörigerMusik) ist am Donnerstag, 2. Sep-tember, ab 21 Uhr, bei Radio FreierFall (RAI Sender Bozen) zu hören.Zu diesen Projekte zählen seine Zu-sammenarbeit mit dem amerikani-schen Elektronikmusiker und DJChris Douglas in dessen ProjektO.S.T., die Improvisationen mit demebenfalls in Berlin lebenden experi-mentierfreudigen Bozner MusikerClaudio Rocchetti und dem TrioSartori-Kühne-Janke.Info: www.klaus-janek.de

www.myspace.com/igetimer

Freitag, 20. August 2010 – Nr. 161

Redaktion Tageszeitung „Headliner“: 329/5913560 – [email protected] <<

HEADL I N E R

Neugier und Offenheit als Motor für dieKreativität: Klaus Janek, vor zwei Wochen

in Bozen, kurz vor seinem Tourstart nachJapan, Kanada und in die USA.

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Aus Überzeugung auf Vinyl veröffentlicht: „Ice Cold Pop“, das

Debüt des Duos ige*timer

Toy-hacking in Japan

Klaus Janek und ige*timer

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HEADL I N E RFreitag, 20. August 2010 – Nr. 161

Hans Heiss im Interview

Südtiroler Rockarchiv

Im Sommer 2009 gab der GrüneLandtagsabgeordnete Hans Heissbekannt, dass er sich für ein „Lan-desrockarchiv“ einsetzen und mitRiccardo Dello Sbarba einen dem-entsprechenden Beschlussantragim Landtag einreichen wird. ImMai 2010 war es dann soweit; derLandtag entschied über den An-trag und nahm ihn bei einer Ent-haltung an. So sollen all die vielenkleinen Kostbarkeiten, die unserLand im Bereich Rock & Popmusikhervorgebracht hat (und bislangnur Teil weniger Privatsammlun-gen sind), einen fixen Platz im„Landesrockarchiv“ kriegen.Trotzdem liegt das Archiv noch inweiter Ferne. Wir haben HansHeiss zum aktuellen Stand der Din-ge befragt und in Erfahrung ge-bracht, wie es entstehen, aussehenund wachsen soll. (Interview: eva)

Headliner: Wie sieht das Grund-

konzept des Archivs aus?

Hans Heiss: Das „Landesrockar-chiv“ sollte die musikalische Ent-wicklung in den Bereichen Rock-und Popmusik ab ca. 1965 bis in dieweit verästelte Musikszene der Ge-genwart dokumentieren. Aus derSicht eines Archivars und Histori-kers ist ein breites Sammlungskon-zept notwendig, das audiovisuellesMaterial in großer Breite sammelt,sichert, ordnet und erschließt. DieAusgangsidee ist jene, dass die Sze-ne zwar vital, aber auch sehr flüch-tig ist, dass sich Musikstile, Bandsund Personen ständig ändern, indie Szene rein- und wieder rausge-hen. Dass es sich hauptsächlich umJugendliche und junge Erwachse-ne handelt, die an Zukunft orien-tiert sind, nicht aber an Dokumen-tation. Aus diesem Grund ist es be-sonders notwendig, die vielfältigenMaterialien zu sichern. Notwendigauch aus dem Grund, weil Musik ei-nen Lebensstil und gesellschaftli-ches Grundgefühl ausdrückt, dasanderswo nicht in dieser Intensität,Leuchtkraft und Lebensfreude (orwhatever) fassbar ist. Aus einem

Song von Artificial Joy oder heuteSPU oder Unantastbar, um nurpunktuelle, konträre Beispiele zunennen, lässt sich oft weit mehrüber Südtirols Befindlichkeit her-auslesen als aus langen Traktaten.Zu sammeln: Tonträger, Singles,LP’s, CD’s, Master- und Demota-pes, Digitale Tonträger; Fotos undVideomaterial, Verträge, Unterla-gen, Aufzeichnungen u.v.m. undauch wenn auch in Maßen histori-sche Instrumente. Dies durch einekompetente Person, die in besterKenntnis der Szene, archivarischerStandards operiert und die Unter-lagen langfristig sichert und aufbe-reitet. Aufbereitet für wissen-schaftliche Forschung, Publikatio-nen, Ausstellungen, eigene Produk-tionen u.v.m. Wichtig sind Kommu-nikation, Kontaktpflege und Zu-sammenarbeit mit Institutionen;Aufrufe zur Sammlung und Ver-trauensbildung.Wer hatte die zündende Idee

dafür?

Die Idee kam mir aufgrund langenMusikinteresses und erhöhten Le-bensalters, in dem man mehr überdie Vergangenheit als über die Zu-

kunft nachsinnt, aufgrund meinerBerufserfahrung als Archi-var/Historiker. Grundlegend warendie Kontakte mit großen Musik-sammlern wie Helmuth von Delle-mann oder Werner Menapace, diewahre Schätze an Rockmusikalienverwahren und sie gerne an einemgeeigneten Ort sichern würden.Wer ist für die konkrete Umset-

zung zuständig?

Federführend sind die Landesrätefür Kultur, vorab Sabina Kasslatterund Christian Tommasini. Sie wer-den wohl hoffentlich eine interneArbeitsgruppe einsetzen, die dannwiederum eine kompetente Personmit Arbeitsauftrag betraut. Dassdies schnell geht, darüber sind Illu-sionen wenig angebracht, aber imAmt für Audiovisuelle Medien gäbees Wissen und Know-How.Auf welchem Stand befindet

sich das Archiv/die Planung

momentan?

Die Mühlen des Landes mahlenlangsam, vor allem, wenn ein Vor-schlag von der Opposition kommt,es ist daher erst wenig passiert;ein wenig Druck aus der Musiks-zene würde daher nicht schaden.

15 Jahre rückwärts bitte!Videos aus den Neunzigern beim Brixner Stadtfest

Dieses Wochenende istStadtfest in Brixen. Vielenwird diese Information

genügen. Andere hingegen möch-ten wissen welche Bands und wel-che Musik es denn zu hören gibt.Im Hof des Jugendzentrums Kassgibt es heute beispielsweise Musikvon drei DJs, morgen Samstag ste-hen ab 17 Uhr die Bands Subminia(Rock, Brixen), IntoXication(Punk, Bozen), Nora13 (Progressi-ve, Bozen) und Mad Mecanics(NWoBHM, Bruneck) auf der Büh-ne und am Samstag, ab 18.30 Uhr

eine Sessionband aus Brixen, Sim-ple Choice (Rock, Passeier) und dieDesperate Cowboys (Rockabilly,Bozen). So weit, so gut.Das Zuckerle ist hingegen dieGroßleinwand, die parallel zur Live-musik mit Videos aus den Jahren1991 bis 1998 bespielt wird. Das Ju-gendhaus Kassianeum hat sein(VHS-)Videoarchiv digitalisiert undzeigt die Livemitschnitte von Mu-sikprojekten wie „Die Rampe“ oderdie jährlichen Fahrten zum Pop-O-Drom nach Wien. Die Screenshotszeigen, dass sich sowohl das Posen

als auch das leicht steife Auf-der-Bühne-stehen nicht wirklich verän-dert hat. Verändert haben sich dieBandnamen, Stilrichtungen und dieeine oder andere heute noch aktiveBand. Die (hier unvollständig ange-führte) Liste liest sich wie ein klei-nes Who's Who der Neunziger Live-bands unseres Landes: Hovercraft,Pan Tinity, Hämmäd, Deadly Silen-ce, Semeatary, Sugar Reef, Nüch-terne Trinker, Near Dark, DeliriumTremens, Resurrecturis, Grave-worm, Experience Near To Zero,Up and Down, Lanacy, The Wayri-

ders, Machine Zone, Stuff and Non-sense, Los Rollitos Rellenos, StonedAngelina, Head'n Noose, Waste,Shin, November Soul, The Revel,Cracky Thoughts, Exit ... (rhd)

Vier Screenshots aus dem Schlund derVHS-Ära (im Uhrzeigersinn):

Die damals bereits dreisprachig agierendenProgrocker aus Überetsch Pegasos + (1990),

Peachnoise, eine exzellente Band aus BrixensVergangenheit (1995), die ebenfalls aus

Brixen stammende Band Dizzy Blue Potatoesund die in veränderter Formation heute

noch aktiven Sitting Bull beim Jukas Openair (1998).

Hans Heiss zum aktuellen Stand: „Ein wenig Druck aus der Musikszenewürde nicht schaden.“

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Auch Plakate und Flyersollen im Südtiroler Musikarchiv ihren Platz finden.

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HEADL I N E RFreitag, 20. August 2010 – Nr. 161

NEWS

Weltoffen &

heimatverbunden

Südtirol +

AfrikaDer folgende Hinweis richtet sichan den weltoffenen Teil der Südti-roler Bevölkerung - also u.a. diegesamte Leser/innen/schaft des„Headliners“, stimmt's? :-)Das N.E.T.Z. (Netzwerk der Ju-gendtreffs und -zentren Südti-rols hat letztes Jahr die Initiati-ve „Heimatverbunden undweltoffen“ ins Leben gerufen.Darunter sind Aktionen zu ver-stehen, die die beiden Begriffenicht als gegensätzlich sehen,sondern komplementär. Das Ju-gendzentrum „Jux“ Lana star-tet Anfang September eine zwei-wöchige Workshopreihe, mittels

der Einblicke in die Kultur Süd-tirols und in die Kultur(en) Nor-dafrikas gegeben werden. Zitat:„Die zwei Wochen beziehen sichauf die musischen Kulturprakti-ken, Musik und Tanz. Speziellsind dies: afrikanische Percussi-on und Tanz und Liedgut sowieJodeln, Schuhplattln in Kombi-nation mit Kontaktimprovisati-on und Goaßlschnölln. Die Kurs-teilnehmerInnen sollen einenEinblick in alle diese Gebiete er-halten und Erlerntes beim Ab-schlussabend gemeinsam prä-sentieren.“Zielgruppe: Jugendliche zwischen 12 und 20 Jahren.

Zeitraum: 1. bis 10. September. Anmeldung:

[email protected]. Tel. 0473/550141

Liedermacherfestival in Brixen

Manchmal kommen sie zurückSieht man von Sepp Messner-Windschnur und Markus „DorDoggi sing'“ Dorfmann ab, so wardie Liedermacherei als Genre seitJahr(zehnt)en so gut wie tot inSüdtirol. Nur vereinzelt tauchtenhin und wieder Namen auf: FallacyLens, Alfred E. Mair, Kurt J. Mo-ser, Dominik Plangger, Jean Ruaz,Patrick Strobl und letzthin Maxvon Milland. Jetzt haben sich dieLiedermacher – u.a. Dor Doggising' und Max von Milland – zu-sammengetan, einen Verein ge-gründet und ein Festival ins Lebengerufen, das den gegenwärtigenStand der Dinge in Sachen Lieder-macherei (als Genre) zusammen-fasst. Zu sehen sind dabei natürlichdie „üblichen Verdächtigen“: SeppMessner, Dor Doggi sing', Max vonMilland und Patrick Strobl von

Lookybutnotouchy mit seinemneuen Projekt. Zu sehen seinwerden auch neue Namen undmit Jan Köppen auch ein kleinbisschen Flitter: Köppen istTV-Moderator (Viva, ZDFinfo-kanal), DJ und Rapper.Über die Bühne geht das Fest-ival am Samstag 21. und Sonn-tag, 22. August, im LachmüllerHof in Brixen, und ist also qua-si eine positive Begleiterschei-nung des Brixner Stadtfestes.Die Konzerte beginnen jeweilsum 11:30 Uhr, 15:00 Uhr und18:30 Uhr. (rhd)Info: www.myspace.com/suedtirolerliedermacher

Mit vereinten Kräften ein gemeinsames Festival: Das SüdtirolerLiedermacherfestival in Brixen in seiner ersten Auflage.

Wer binich?Unsere neue 10-teilige Reihe „Wer binich?“ ist kein Selbstfindungs-Esotherik-Krempel, aber ein lustiges Bandrätselzur Südtiroler Musikszene. Wir haben 10Bands geknipst bzw. ihre Bandnamenauf einem Foto dargestellt; nun gilt es zuerraten, wer auf dem jeweiligen Bild zusehen ist! Die Auflösung von heute findetihr mit einer neuen Folge in der kom-menden Headliner-Ausgabe.

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D as „Blackriver Festival“ hatte sich, in denfünf Jahren die es vom Jugendtreff „Joy“Auer durchgezogen wurde, nicht nur im Un-

terland als angenehmes Fest einen Namen gemacht,bei dem man sich in angenehmen Rahmen einheimi-sche Bands zu Gemüte führen konnte. Das Blackri-ver Festival gibt es nicht mehr. Der zeitliche und or-ganisatorische Aufwand war dem „Joy“ zu groß, umes weiterzuführen.Aber es gibt Ersatz! Der Ersatz findet am heutigenFreitag, 20. August, ab 19 Uhr vor dem Jugendtreff„Joy“ im alten Dorfkern von Auer statt und trägtden Namen „'s Echo“. Die Bands: Blind Alley (Rock,Unterland), Nora13 (Progressive, Bozen), The Lo-ords (Hardrock, Steinegg/Bozen) und MidnightHour (Blues/Rock, Bozen) (rhd)Info: www.joyauerora.it

Echo statt

BlackriverFast ein Festival

Neu, klein und fast ein Festival: „'s Echo“ beim Jugendtreff „Joy“ Auer am heutigen Freitag.

Page 4: Headliner #104

HEADL I N E RFreitag, 20. August 2010 – Nr. 161

von Reinhold Giovanett

Illustration: Kenneth Gasser

W ie sie es anstellen würde,um an den Sachen-Schildim Antiquitätenladen zu

kommen, das wusste sie noch nicht,sie wusste aber, dass sie ihn habenwollte. Koste es was es wolle. DieNacht war inzwischen über Veronahereingebrochen und sie irrte im-mer noch durch die Gassen, die sieeigentlich sehr gut kannte, aberheute gar nicht wahrnahm. Die Ge-schichte der Schildmaid hatte sieseit ihren jungen Jahren begleitet

und sie hatte immer wieder Stun-den damit verbracht, sich die Per-son der Schildmaid vorzustellen,ihren Charakter, die Details ihresLebens, von der Kindheit im skan-dinavischen Skåne, ihrer Reisevom Norden Europas bis in die Al-pen, ihre Zeit am Hofe des KönigsLaurin, später ihr kurzer Diensthier in Verona am Hofe Dietrichsvon Bern und schließlich ihreRückkehr zu Laurin. In der Zeit ihres Uni-Studiumshatte sie versucht, ihre Vorstellungder Schildmaid, die von den Sagenund Legenden geprägt war, durchhistorische Belege und Hinweisezu untermauern, zu korrigierenund nach Möglichkeit zu ergänzen:Von den ersten schriftlichen Über-tragungen des Laurin-Epos ausdem 13. Jahrhundert, der umstrit-tenen Frage, ob die Figur des Die-trichs von Bern mit jener des Go-tenkönigs Theoderich deckte bishin zu den Ergebnissen der Zeitzwischen dem Zerfall des römi-schen Reiches und dem Aufstieg

der Karolinger, also der Zeit, in derdie Schildmaid gelebt haben mus-ste. Bei aller akribischen Mühe,das Bild der Schildmaid „festzu-schreiben“, blieb immer noch eini-ges an Rätselhaftem bestehen undso pragmatisch und realitätsbezo-gen sie auch war, konnte sie sichnicht vom Reiz der magischen Ele-mente der Geschichte entziehen.Aber es war auch das eigenartige,

für viele nicht wirklich nachvoll-ziehbare Verhalten der Schildmaid,das sie in ihren Bann schlug.Am Hofe Laurins musste etwasvorgefallen sein, das die Schild-maid dazu veranlasst hatte, weiter-zuziehen. Es mag etwas gewesensein, das in ihr Enttäuschung undZorn hervorgerufen hatte, dennhatte sich die Schildmaid am HofeLaurin auch als solche vorgestellt,so hatte sie sich auf dem Weg nachVerona dazu entschlossen, sichnicht mehr als Frau zu zeigen, son-dern sich als Mann zu geben. Der Grund dafür mochte ihre Her-kunft sein: Ihr Vater hatte langeJahre nicht anerkennen wollen,dass da eine junge Frau heran-wuchs. Sie war nicht der ge-wünschte Sohn und hatte die Er-ziehung eines jungen Burgherrnerfahren. Sie erlernte den Umgangmit Schwert und Waffen, schlugsich in Turnieren und nur Dank ih-rer Mutter, die gar nicht ihre leibli-che Mutter war, wie erst sehr späterfuhr, konnte sie auch ihrer Muse

nachgehen, ließ sich von den Musi-kern, die sich von Zeit zu Zeit inSkåne aufhielten Lieder zeigenund Geschichten erzählen. Als ihrVater sie an die Küste des Sach-senlandes gebracht hatte – so dieLegende –, um sie in die von ihr(und von ihm) gewünschte Aventiu-re zu entlassen, hatte er von ihrerwahren Mutter erzählt, vomKindstausch in jener auffällig stür-

mischen Nacht. Die Schildmaidkonnte das Schuldgeständnis ihresVaters wohl schwer einordnen. Sienahm es in sich auf, war verwirrtund es mochte ihr eigenartig er-scheinen, dass sie von ihrem Vaterden Schild erhielt, der mit einemSeeungeheuer bemalt war. Dieser Schild hatte ihr in der Zeitdie folgte besten Schutz gewährt.Auch und gerade in der Zeit, alssie sich als junger Recke am HofeDietrichs von Bern bewährenmusste. Es hieß, die besten Kämp-fer würden im Dienste Dietrichsstehen und diese waren ganz undgar nicht zimperlich, wenn es dar-um ging, Neulinge auf ihre kämp-ferische Wertigkeit zu testen. Eswar ihr nicht nur gelungen, amHofe Dietrichs aufgenommen zuwerden und dort zu bestehen, sieschaffte es auch, nicht als Frau er-kannt zu werden, was zum einendaran lag, dass sie in etlichenKämpfen bewies, dass sie jedemder Recken die Stirn bieten konn-te, und also gar nicht den Gedan-

ken aufkommen ließ, dass sich daeine Frau die Anerkennung alsMann erkämpfte, zum anderenhatte sie sich wohl stets abseitsgehalten.Nicht lange nach ihrer Ankunft amHofe Dietrichs von Bern, kam einHilferuf aus dem Norden. Dietrichvon Bern sollte mit seinen Manneneinen gewissen Laurin in dieSchranken weisen, der die Schwe-

ster eines Freundesentführt hatte, umdiese zur Frau zunehmen. Dietrichvon Bern kam demHilferuf nach undmachte sich mit sei-nen Recken auf nachNorden. Warum sichdie Schildmaid nichtwidersetzte, im Ge-folge Dietrichs ge-gen Laurin ins Feldzu ziehen, ist einPunkt, der einigeInterpretationsmög-lichkeiten zulässt:Ergab sie sich demSchicksal? Wollte siesich dem am HofeLaurins Vorgefalle-nen stellen? War sieinnerlich so zerris-sen und müde, dasssie bewusst oder unbewusst einenSchlussstrich ziehenwollte?Die Legende will es,dass sich Dietrichvon Bern mit etwasMühe gegen Laurindurchzusetzen ver-mochte, es aber zumPunkt kam, an dem

die Schildmaid gegen Dietrich vonBern das Schwert zog. Wollte sieLaurin schützen? Wollte sie seineEhre vor den selbstbewussten,vielleicht sogar arroganten Kämp-fern aus dem Süden wahren? Woll-te sie sich letztlich als Frau beken-nen und als solche sterben?Ohne ihren Schild, den sie in Vero-na zurückgelassen hatte, hatte siebei aller Geschicklichkeit keineMöglichkeit, lange gegen Dietrichstandzuhalten und die anwachsen-de Wut Dietrichs gegen diesen jun-gen, scheinbar desertierendenKämpfer mochte seinen tödlichenSchlag geführt haben. Erst nachdem Kampf mochte Laurin oder ei-ner seiner Leute diesen jungenKämpfer als die Schildmaid er-kannt haben, die einige Zeit vorheran ihrem Hofe gedient hat.Der Schild hätte ihr Leben rettenkönnen, der Schild, der sich jetzt indiesem Veroneser Antiquitätenla-den lag.Sie wollte diesen Schild, koste eswas es wolle.

Teil IV./Schluss

Der Schild