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VOM MITTELALTER BIS ZUR OSMANISCHEN HERRSCHAFT
Vor allem die durch zahlreiche Flüsse bewässerte fruchtbare Landschaft, die
geographisch-strategische Lage, sowie auch die schwefelhaltigen Quellen, scheinen
ausschlaggebend für die Gründung der Siedlung am Standort des heutigen Banja Lukas
gewesen zu sein. Unweit von Banja Luka, in der benachbarten Stadt Bosanska Gradiška
wurden Reste mehrerer frühslawischer Siedlungen, der sog. gradina bzw. gradišta, mit
aus Lehm erbauten Häusern, lokalisiert (Kovačević-Kojić 1978: 18, Miletić 1984: 395). Um
die Trasse Salona-Servitium wurden in den Nekropolen Schmuckstücke entdeckt mit
spezifischen Merkmalen, die auf die Verflechtung mehrerer Kulturen verweisen, wie
beispielsweise in der Nekropole in Mahovljani, einer Ortschaft zwischen Banja Luka und
Bosanska Gradiška, sowie Gomjenica bei Prijedor. Diese Funde lassen sich auf die Zeit
zwischen dem 9./10. und 11. Jahrhundert datieren (siehe u. a. LEJ I: 463, LEJ II: 232,
Miletić 1966: 383, dies. 1984: 414f., 419f. und Pašalić 1984: 221, Jovanović 1986: 81f.,
Šmalcelj 2012: 133–167).
Abb. 16: Schmuckfunde aus Mahovljani, Zeichnung Abb. 17: Schmuckfunde aus Gomjenica, Zeichnung
Diese und andere Schmuckstücke sowie vereinzelte Baufragmente sind die
eigentlichen Hinweise auf die Kultur der damaligen Zeit, denn die Quellen sind recht
dürftig und erst im Hochmittelalter tauchen wenige schriftliche Hinweise auf Banja Luka
auf. Vermutlich wurde das militärische Lager im frühen Mittelalter aufgelassen, denn die
Funde der weiteren Ausgrabungen, Keramiken und Wohnbaureste innerhalb der Festung
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offenbaren zwei spätere Kulturschichten. Für die eine wird vermutet, dass sie auf das
8. Jahrhundert, für die zweite, dass sie auf die Zeit zwischen dem 12. bis 14. Jahrhundert
zurückgeht. Im Bereich des heutigen Banja Luka lagen mehrere kleine Städte: Greben,
Vrbaški Grad, Zvečaj, Bočac, Zemljanik und Kotor. Über das Gebiet erstreckte sich die
Provinz (župa) Vrbas mit der administrativen Verwaltung in Vrbaški-Grad (Vrbas-Stadt).
Aufgrund einer Erwähnung aus dem Jahre 1192 könnte Greben die älteste Stadt dieses
Gebietes gewesen sein (Ravlić 1979: 10). Nach Vego war die Provinz Vrbas bereits im
12. Jahrhundert gegründet (Vego 1957: 134f.); die älteste erhaltene Quelle, in der sie
genannt wurde, geht jedoch auf das Jahr 1244 zurück (CD IV: 233). Unter dem heutigen
Namen wurde Banja Luka erst im Jahre 1494 erwähnt. In der Forschung ist es strittig, ob
Banja Luka und Vrbaški Grad dasselbe meinen. Kreševljaković vertritt die Meinung, dass
es sich um zwei unterschiedliche, nebeneinander liegende Städte handelt, Vrbaški Grad
sollte im heutigen Stadtteil Donji Šeher und Banja Luka im Gornji Šeher gelegen sein
(Kreševljaković 1953: 26). Vego ist hingegen der Ansicht, dass es sich um nur eine Stadt
handelt, dass jedoch die Quellen zwei unterschiedliche Namen parallel gebrauchen (Vego
1957: 135). Džaja ist der Meinung, dass Vrbaški-Grad bei der Burg Kastel lag (Džaja M.
1962: 5). Bejtić teilt Kreševljakovićs Ansicht und auch Ravlić tendiert dazu (Bejtić 1953:
92, Ravlić 1979: 10f.). Aufgrund der gesonderten Erwähnung beider Ortsbezeichnungen
im Jahre 1519 und der Stiftungsurkunde von Sofi Mehmed-Pascha aus dem Jahre 1554,
ist die Annahme zweier Städtchen, im Sinne der mittelalterlichen Beschaffenheit
(vermutlich zwei getrennte Siedlungen), überzeugender (weiterführend dazu u. a.
Kreševljaković 1953: 25–27, Bejtić 1953: 91–93, Husedžinović 2005: 46–67).
Mittelalterliche Kunst und Architektur in der Region von Banja Luka sind wenig
erforscht. Es scheint, dass es wenig Erhaltenes aus dieser langen Epoche gibt. Laut den
Angaben des Bistums von Banja Luka gab es bereits im 6. Jahrhundert, wahrscheinlich im
heutigen Šipovo, eine christliche Diözese (www.biskupija-banjaluka.org/povijest.html),
die nach der Vernichtung durch durchziehende Völker erst wieder Anfang des
16. Jahrhundert erwähnt wird. Nachdem im Verzeichnis der Kirchen des Zagreber
Bistums (Statuta capituli Zagrabiensis) aus dem Jahre 1334 auch die Kirchen St. Martin
vor der Stadt (Sv. Martin pod gradom) und St. Elisabeth genannt werden, und diese
wiederum von einigen Historikern im Gebiet des heutigen Banja Lukas loziert werden,
wäre die Annahme zulässig, dass eine Diözese in Banja Luka schon im Mittelalter gefestigt
war. Obzwar die Ausführungen glaubwürdig sind, handelt sich hinsichtlich beider Kirchen
http://www.biskupija-banjaluka.org/povijest.html
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dennoch nur um Vermutungen, denn aus dem Mittelalter existieren keine eindeutigen
Dokumente, die diese Schlussfolgerung stützen würden. Dies bezieht sich auch auf zwei
weitere Kirchen, St. Elias und St. Lukas, für welche ebenfalls angenommen wird, dass sie
in Banja Luka standen. Auch über diese existieren weder Angaben über ihren Standort
noch archäologische Hinweise, die Klärung bringen könnten. Jedoch, knapp 25 km
südwestlich vom heutigen Banja Luka entfernt, in Krupa am Vrbas, befand sich das im
Mittelalter erbaute Franziskanerkloster Greben bzw. Krupa, und unweit von Banja Luka
in Bosanska Gradiška wurden im Jahre 1334 zwei Kirchen erwähnt, in Turjak die
St. Michael Kirche und in Podgradci die St. Gregor Kirche. Im Jahre 1494 wird notiert, dass
die Mönche in Banja Luka eine Geldsumme erhalten haben. Aufgrund dieser und einer
Erwähnung eines Klosters in Banja Luka in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts
vermutet Husedžinović, dass es in Banja Luka im Bereich von Gornji Šeher ein Kloster mit
einer kleinen Anzahl von Mönchen gab (Husedžinović 2005: 62–67). Dies bedeutet, dass
es spätestens in der ersten Hälfte des 14. Jahrhundert eine Diözese in der benachbarten
Stadt gab, und in Banja Luka ein Kloster in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts (siehe
u. a. www.biskupija-banjaluka.org/dekanati_/bl_banja-luka.html, Vego 1957: 92, 120,
Ravlić 1979: 10).
Abb. 18: Stećci-Grabsteine in Lusići bei Banja Luka
http://www.biskupija-banjaluka.org/dekanati_/bl_banja-luka.html
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Auch die für das mittelalterliche Königreich Bosnien typischen steinernen Grabmäler,
im wissenschaftlichen Sprachgebrauch unter dem Terminus Stećci bekannt, sind in einem
relativ weitläufigen Gebiet von Banja Luka weder zahlenmäßig noch formbetreffend
vorhanden – im Gegensatz zu den anderen Teilen des Landes. Möglich ist allerdings, dass
es sich hierbei um Versäumnisse hinsichtlich der Erfassung, Katalogisierung und
Denkmalpflege handelt. Bešlagićs Register enthält 19 Nekropolen mit rund 850 Stećci. Die
Formen beschränken sich auf Platten und vorwiegend niedrige Tumben. Lediglich
27 Grabsteine beinhalten Reliefs. Das an sich reiche Reliefrepertoire der Stećci reduziert
sich auf die Motive der Mondsichel, der Rosette, des stilisierten Kreuzes und der Spirale.
Auch ist untypisch, dass es bis auf eine Ausnahme keine First-Tumben gibt, jene
Grabsteinform, die Häuser imitiert und das für Erscheinungsbild der Stećci eines der
charakteristischen Merkmale darstellt (Bešlagić 1971: 98ff., 450, Momirović 1953: 152).
Der Umstand, dass es so wenige Artefakte aus der mittelalterlichen Epoche in der
Gegend von Banja Luka gibt, kann mehrere Ursachen haben. Einerseits könnte es an der
bereits erwähnten kärglichen Forschungslage liegen, aber auch an den zahlreichen
Kriegen und Erdbeben, die der Stadt und der Umgebung Banja Lukas immer wieder große
Zerstörungen verursacht haben (siehe weiter unten). Auch zu berücksichtigen ist, dass
die Teile der Provinz Vrbas, als das Untere Ende (Donji Kraji) bezeichnet, erst im
14. Jahrhundert dem Bosnischen Königreich angegliedert wurden und deshalb die
typischen Baudenkmäler des mittelalterlichen Bosniens hier rar blieben. Schließlich, wie
Dubravko Lovrenović etwas überspitzt formuliert, war Donji Kraji die Grenzgegend und
somit der Bereich der den ungarischen und bosnischen Herrschern zeitweise dazu diente,
über die lokalen Fürsten ihre Kräfte als Gegner zu messen (Lovrenović D. 2006: 42). So
sind erst mit der Verlegung der Residenz der bosnischen Könige nach Jajce, einer lediglich
70 km von Banja Luka entfernten Stadt, auch Anzeichen einer Entwicklung dieser Gegend
gegeben. Darauf deutet auch die Erwähnung einer starken Festung sowie eines
Franziskanerklosters in Banja Luka im Jahre 1494 hin (vgl. Ravlić 1979: 10). Jedoch erst
nach der osmanischen Eroberung, als der Standort zu ihrem wichtigen militärischen
Stützpunkt ausgebaut wurde, entwickelte sich Banja Luka zu einer bedeutenden Stadt.
Die osmanische Eroberung des Königreichs Bosnien dauerte fast eineinhalb
Jahrhunderte, von 1388, der Schlacht bei Bileća, bis zur Einnahme der befestigten Stadt
Jajce im Jahre 1528, kurz nach der Niederlage der ungarischen Truppen gegen die
Osmanen in der Schlacht bei Mohác, bzw. über zwei Jahrhunderte, sofern Bihać, eine Stadt
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im äußersten Nordwesten des heutigen Bosniens mitgerechnet wird, welche erst 1592
von den Osmanen erobert wurde, sowie die nahegelegene Ortschaft Podzvizd mit der
Burg auf einem spitzen Berg (bei Vrnograč, heute Teil der Stadt Velika Kladuša), die,
obzwar sie viele Male Herren gewechselt hatte, erst im Jahre 1636 bzw. laut
Kreševljaković erst 1670 endgültig unterworfen wurde. Im Mittelalter und bis zur
osmanischen Eroberung lag Bihać mit der Umgebung außerhalb des Königreichs Bosnien
bzw. Sandžak-Bosniens (siehe dazu die Karte II, III und IV, sowie u. a. Kreševljaković 1953:
34, Vego 1957: 18, 34, 93, Lovrenović D. 2006: 41f.).
Karte II: Territoriale Aufteilung des Königreichs Bosnien nach der Ermordung des Königs Stefan Tomašević, 1463
Bis zur Ermordung des bosnischen Königs, Stefan Tomašević aus der Familie
Kotromanić, im Jahre 1463 und der darauffolgenden Bildung des Sandžak Bosniens wurde
das Territorium des feudalen bosnischen Staates, welches von vielen Fürsten auf lokaler
Ebene verwaltet wurde, lange nicht von den Osmanen bezwungen. Innerhalb dieser
verheerenden Zeit wurden zahlreiche Kämpfe im Gebiet von Bosnien und der
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Herzegowina geführt, und sogar zwei bosnische Könige nahezu zeitgleich ausgerufen. Im
Jahre 1465, zwei Jahre nach der Ermordung des legitimen Königs von Bosnien, wurde
Matija Radivojević, aus derselben bosnischen Herrscherdynastie Kotromanić, von den
Osmanen zum König des „Bosnischen Königtums“ eingesetzt, während die Ungarn Nikola
von Ilok aus der slawonischen Fürstenfamilie zum bosnischen König ausriefen. Diese
Episode dauerte im ersten Fall bis 1476 (wobei ab 1472 bis 1476 Matija Vojsalić Hrvatinić
von den Osmanen zum rechtmäßigen König Bosniens ernannt wurde), und im zweiten bis
1477.
Karte III: Ungarn und das Osmanische Reich um 1503
Ivan Lovrenović analysiert das Verhältnis der Osmanen gegenüber Bosnien
hinsichtlich der ungewöhnlichen Vorgehensweise, einen aus einem lokalen
Herrschergeschlecht Bosniens zum Herrscher auszurufen, wie folgt:
„Wenngleich es nur eine formale Konzession, genaugenommen ein diplomatischer
Trick war, so handelt es sich dabei um einen Präzedenzfall in der türkischen
Eroberungspraxis, der die außerordentliche Wichtigkeit Bosniens in den globalen
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Plänen der Türken zeigt, aber auch die Beachtung (allerdings auch Ausnützung)
verwurzelter Traditionen und Kontinuitäten, mit denen sich die Türken in Bosnien
konfrontiert sahen, enthält“ (Lovrenović I. 1998: 77).
Die vorerst größeren, dann durch die ständigen Niederlagen im Kampf mit den
Osmanen kleiner gewordene Teile Herzegowinas hielten sich im Widerstand bis in das
Jahr 1482. Die Stadt Jajce, etwa 70 km südlich von Banja Luka gelegen, war die letzte
Residenz der bosnischen Könige. Obwohl sie 1463 erobert wurde, schafften es die
Bosnier, die osmanischen Truppen zu verdrängen, und trotz ständiger Angriffe und
Belagerungen wehrten sie mithilfe Ungarns die Osmanen von der Stadt 65 Jahre ab. Erst
im Jahre 1528 wurde Jajce endgültig besiegt (siehe dazu Lovrenović I. 1998: 73–79).
Karte IV: Grenze Bosniens zwischen zwei rivalisierende Reiche um 1503 (Ausschnitt, Karte III)
Etwa zu dieser Zeit kam auch Banja Luka unter osmanische Herrschaft. Die Stadt
Vrbaški Grad, die möglicherweise im Bereich des heutigen Donji Šeher lag, soll dabei vom
Verteidiger der Festung, Andrija Radatović, in Brand gesetzt worden sein, nachdem die
Einnahme durch die Osmanen nicht mehr verhindert werden konnte (Ravlić 1979: 10).