der moderne yoga-Über die entstehungszusammenhänge eines populären mythos

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Universität Hamburg Fachbereich Kulturgeschichte und Kulturkunde Wintersemester 2013/14 56-101 Tutorium: Einführung in die Volkskunde/Kulturanthropologie Tutor: Flemming Kruse Der moderne Yoga - Über die Entstehungszusammenhänge eines populären Mythos 28.02.2014 vorgelegt von: Frank Dreyer Matr. Nr. : 6525605 BA Religionswissenschaften Fachsemester 1 Buenser Weg 7a 21244 Buchholz i.d. Nordheide Tel. : 04181-1376253 [email protected]

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Universität HamburgFachbereich Kulturgeschichte und KulturkundeWintersemester 2013/1456-101 Tutorium: Einführung in die Volkskunde/KulturanthropologieTutor: Flemming Kruse! ! ! ! ! ! ! !

Der moderne Yoga - Über die Entstehungszusammenhänge eines populären Mythos

28.02.2014

vorgelegt von:Frank Dreyer

Matr. Nr. : 6525605BA Religionswissenschaften

Fachsemester 1

Buenser Weg 7a21244 Buchholz i.d. Nordheide

Tel. : [email protected]

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung! ! ! ! ! ! ! ! ! ! 3

2. Begriffsbestimmung und klassische Bedeutung des Yoga!! ! 3

3. Der moderne Yoga! ! ! ! ! ! ! ! 4

4. Analytische Annäherung! ! ! ! ! ! ! 5

4.1 Die Säkularisierungsthese!! ! ! ! ! ! 6

4.2 Die Entgrenzung der Religion! ! ! ! ! ! 6

4.3 Yoga als Kulturtransfer! ! ! ! ! ! ! 8

5. Schlussbetrachtung! ! ! ! ! ! ! ! 9

6. Literaturverzeichnis! ! ! ! ! ! ! ! 11

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1. EinleitungYoga als Massenbewegung und Lifestyle-Produkt gehört mittlerweile zum festen Bestandteil der westlichen Freizeitkultur. Im Vergleich mit den Inhalten des klassi-schen Yogaverständnisses Indiens erscheint, abgesehen von einigen traditionell orientierten Schulen, die moderne Rezeption des Yoga den historischen Überliefe-rungen jedoch meist als geradezu entgegengesetzt. Im Rahmen der Frage nach der Authentizität des modernen Yoga soll diese Arbeit ein Beitrag zur Erklärung der Entstehung von marktförmigen und populären As-pekten der zeitgenössischen Yogaentwicklung sein.Nach einer Begriffsbestimmung und Definition des klassischen Yoga wird kontras-tierend die moderne westliche Yogarezeption skizziert. In einem anschließenden analytischen Teil soll durch Bezug auf die Arbeiten des Religionswissenschaftlers Hartmut Zienser, des Religionssoziologen Hubert Knoblauch und der Soziologin Verena Schnäbele versucht werden die Entstehungszusammenhänge moderner Yogaformen verstehbarer zu machen. Die Schlussbetrachtung ist von einem Re-sümee und einem Bezug zur Fragestellung geprägt.Aufgrund des begrenzten Rahmens dieser Arbeit kann auf die einzelnen Aspekte der Thematik jedoch nur in einer zusammenfassenden Form eingegangen wer-den.

2. Begriffsbestimmung und klassische Bedeutung des YogaDer Begriff `yoga` entstammt dem indischen Kulturraum und lässt sich etymolo-gisch aus der Sanskritwurzel `yui` ableiten. Erstmalig um ca. 1500 v. Chr. schrift-lich auffindbar1, stehen diese Begriffe in einem Bedeutungszusammenhang mit einem frühen indogermanischen Wortstamm, der sich heute noch im deutschen Begriff `Joch` finden lässt.2

Die Bedeutung des Wortes `yoga` scheint in diesem Zusammenhang auf frühe Formen eines Anschirrens, einer Vereinigung oder Beherrschung von Zug- und Nutztieren an einen Wagen hinzudeuten. Symbolhaft wurde dies später als Meta-pher für die Philosophie und Praxis einer indischen Mystik zur Selbst- und Gottes-

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1 Vgl. Schnäbele, Verena: Yogapraxis und Gesellschaft. Eine Analyse der Transformations- und Subjektivierungsprozesse durch die Körperpraxis des modernen Yoga. Hamburg, Verlag Dr. Kovač, 2009, S. 17 (zugleich Dissertation Universität Hamburg 2009)

2 Vgl. Fuchs, Christian: Yoga in Deutschland. Rezeption, Organisation, Typologie. Stuttgart, Kohl-hammer, 1990, S. 11 (zugleich Dissertation Eberhard-Karls-Universität Tübingen 1989)

erkenntnis als `der Yoga` bezeichnet: Durch die Zügelung und Beherrschung des Körpers und der Sinnesfunktionen sollte eine ungehinderte Erfahrung des eige-nen, als göttlich verstandenen, Wesenskern (ātman) möglich werden, die eine Be-freiung aus einem als leidvoll verstandenen Zyklus von Reinkarnationen des Men-schen zur Folge hätte.3

Als eines der sechs klassischen philosophischen Systeme Indiens (darśana) findet der Yoga dann um ca. 400-500 v. Chr. in den Yogasutras des Patanjali eine bis heute grundlegende Systematik. In einer achtstufigen Methodik von asketischen, praktisch-ethischen, körperlichen und mental-meditativen Techniken soll dieser Entwicklungsweg in einem als Erleuchtung oder Vereinigung bezeichneten verän-derten Bewusstseinszustand (samādhi) zu einer transzendenten Erfahrung und Befreiung von der Weltlichkeit führen.4

Im Rahmen einer volkstümlichen Ausbreitung des Yoga im 4.-6. Jahrhundert n. Chr. entstand in Form des `Tantrismus` eine stärker lebensweltlich orientierte Yo-gaphilosophie die besondere körperliche Techniken als Mittel zu einer physischen Induzierung der Samadhi-Erfahrung propagierte. Diese tantrischen Yogaformen wurden dann in vielen Umformungen zu einer als `Hatha-Yoga` bezeichneten kör-perorientierten Praxis die jedoch nicht mehr nahtlos mit den klassischen Traditio-nen der Yogaphilosophie in Verbindung stand.5

3. Der moderne Yoga Die heutige Yogaszenerie stellt einen sehr heterogenen Raum von unterschiedli-chen Yogastilen- und Schulen, Mode- und Lifestyle-Produkten, Kunst, Literatur, Bekleidungs- und Dienstleistungsangeboten dar,6 der viele Lebensbereiche des Menschen umspannt.7

Neben klassischen und traditionell orientierten Yogarichtungen entstehen seit Mitte der 1990er Jahre zunehmend Trend-Yogaformen, die Yogatechniken mit anderen

4

3 Vgl. Schnäbele: a.a.O., S. 19f.

4 Vgl. ebd., S. 31-38

5 Vgl. ebd., S. 39-47

6 Vgl. Tietke, Mathias: Yoga Kontrovers. Zehn populäre Irrtümer in Bezug auf Yoga. Hamburg, Phänomen-Verlag, 2013, S. 11-14

7 Vgl. Schnipper, Andrea: Lifestyle - Yoga Fashion, Schönheit und Yoga inspiriertes Essen und Wohnen. In: http://www.yogarelations.com/magazin/lifestyle.html, (Stand: 26.02.2014, 15:12 Uhr)

lebensweltlichen Aspekten kombinieren (z.B. Aromayoga, Lachyoga, Hormonyoga, Acroyoga u.ä.).8

Yoga als Massenbewegung und kommerzielle Mode ist mit 4-5 Millionen Praktizie-renden in Deutschland (USA: 20-25 Millionen) und einem Jahresumsatz von 500 Millionen €9 (USA: 6-10 Milliarden $) zu einem ernstzunehmenden Wirtschaftsfak-tor geworden.10

Die populäre Marktorientierung des modernen Yoga scheint in einem deutlichen Gegensatz zu der klassischen Philosophie einer asketischen, weltverneinenden Methode zu stehen: „ [...] vielen, neu eröffneten Yogaschulen und Yogakurse offe-rierenden Fitness-Studios geht es primär um das Outfit, die Form und die Atmo-sphäre. Das Ergebnis mag sexy sein, aber es ist allzu oft komplett inhaltsleer. Ein Agieren ohne ethische Basis und ohne Ziel.“11

Christian Fuchs sieht einen Großteil der Yogapraktizierenden nur „ [...] an der Ver-besserung ihrer physischen und psychischen Leistungsfähigkeit interessiert. Sa-lopp ausgedrückt: Muskeln und Ego sollen dank Yoga wachsen.“12 Aufgrund der Negation der spirituellen Dimensionen konstatiert Fuchs eine konse-quente Säkularisierung des Yoga in der modernen Gesellschaft, die jedoch auch durch eine gegenläufige Bewegung von langjährigen Praktizierenden hin zu ernst-hafteren Suchen nach Selbst- und Seinserfahrungen geprägt sei.13

4. Analytische AnnäherungIm Folgenden soll versucht werden das Phänomen des modernen Yoga anhand von drei religionssoziologischen Ansätzen in seinen Entstehungsbedingungen nä-her bestimmbar zu machen.

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8 Vgl. Schnipper, Andrea: Yoga-Arten, -Stile, -Formen und Richtungen. In: http://www.yogarelations.com/yoga-wissen/arten.html, (Stand: 26.02.2014, 15:15 Uhr)

9 Ludwig, Udo/Reinhard, Ulla: Gefährlicher Kopfstand. In: http://www.spiegel.de/spiegel/ print/d-84631748.html, (Stand: 26.02.2014 15:36 Uhr)

10 Vgl. Yoga Viya e.V.: Yoga als Wirtschaftsfaktor. In: http://wiki.yoga-vidya.de/ Yoga_als_Wirtschaftsfaktor, (Stand: 26.02.2014 15:40 Uhr)

11 Tietke: a.a.O., S. 98

12 Fuchs, Christian: Anmerkungen zur Geschichte und Gegenwart des Yoga in Deutschland. In: http://www.yoga-akademie.de/YoInDeutsch.html, (Stand: 26.02.2014 15:45 Uhr)

13 Vgl.Ebd.

4.1 Die SäkularisierungstheseHartmut Zinser beschreibt den modernen marktförmigen Charakter von religiösen und spirituellen Inhalten als Folge der Religionsfreiheit und Säkularisierung der westlichen Welt.14 So wie die monotheistische Vormachtstellung durch die Trennung von Staat und Kirche abnahm, entstand ein „Markt der Religionen“15 auf dem die Sinnangebote verschiedener Religionen und religiöser Vorstellungen in Konkurrenz traten, weil kein absoluter Wahrheitsanspruch mehr möglich war: „ Der Markt hat die gesell-schaftliche Verbindlichkeit der Religion nicht nur quantitativ sondern auch qualitativ aufgelöst und sie in eine Freizeit und Konsumreligion verwandelt.“16 Zinser sieht in diesem Prozess die Ursache für den Synkretismus und der Unver-bindlichkeit moderner spiritueller und religiöser Angebote. Er beschreibt wie impor-tierte Vorstellungen und Objekte anderer Kulturen und Zeiten durch die Herauslö-sung aus ihrer ursprünglichen, sinnvermittelnden sozialen Einbindung ihren spezi-ellen spirituellen Kontext verlieren würden und dann beliebig zusammensetzbar am religiösen Markt verkäuflich gemacht werden können.17

4.2. Die Entgrenzung des ReligiösenEntgegen einer Abnahme des Religiösen konstatiert Hubert Knoblauch eine wach-sende Bedeutung der Religion seit den 1970er Jahren,18 die jedoch durch eine grundlegende Transformation der religiösen Formen gekennzeichnet sei.19

Bedingt durch das Ende der großen Ideologien des kalten Krieges, zunehmender Migration, einer globalisierten religiösen Kommunikation und der Abwendung von traditionellen Formen religiöser Kultur entstand, nach Knoblauch,20 eine Individua-lisierung und Subjektivierung religiöser Vorstellungen die die Grenzen der etablier-ten Religionen aufweichte.21 Knoblauch sieht durch diese Entgrenzung des Religi-

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14 Vgl. Zinser, Hartmut: Der Markt der Religionen. München, Fink, 1997, S. 7f.

15 Vgl. Ebd., S. 26

16 Vgl. Ebd., S. 159

17 Vgl. Ebd., S. 55ff.

18 Vgl. Knoblauch, Hubert: Populäre Religion. Auf dem Weg in eine spirituelle Gesellschaft. Frank-furt a.M., Campus, 2009, S. 16ff.

19 Vgl. Ebd., S. 41

20 Vgl. Ebd., S. 38

21 Vgl. Ebd., S. 50

ösen eine neue Form von Religiösität entstehen,22 die die binäre Unterscheidung von Sakral und Profan durch eine Hinwendung zu Transzendenz und Spiritualität aufhebe.23 Durch die Ausrichtung an den Bedürfnissen einer postindustriellen Ge-sellschaft vermittele diese neue Religion zwischen der populären Alltagskultur und den traditionellen religiösen Vorstellungen.24 Diese, nach Knoblauch, „populäre Religion“25 drücke sich als netzwerkartige Kommunikationsform aus und finde nicht mehr in Organisationen und traditionel-len Verbänden statt. Durch die Orientierung an neuen Kommunikationsstrukturen, Globalisierungstendenzen und veränderten Marktgegebenheiten komme es, nach Knoblauch, zu einer weltweiten Wanderung von Symbolen, Formen und Themen und einer Verpflanzung von religiösen Traditionen bei gleichzeitiger Entwurzelung und Umgestaltung.26 Die Adaption von vom Christentum ausgeschlossener Elemente anderer Religio-nen wie auch nichtreligiöser Aspekte27 sei, Knoblauch zufolge, gekennzeichnet durch die Möglichkeit gleitender kultureller Übergänge und schneller religiöser Auf-ladungen, wie zum Beispiel im Bereich des Sports, der durch Verbindung mit tran-szendenten Erfahrungen in die Nähe zu Yogatechniken gerät, die sich dann auch wiederum schnell im Sportlichen auflösen können.28 Nach Knoblauch sei die Suche nach Transzendenzerfahrung in der populären Re-ligion jedoch nicht unbedingt spiritueller Natur: „ Das Subjekt will selbst erfahren - nicht sich selbst, sondern die Überschreitung des Selbsts.“29

Die populäre Religion resultiere, so Knoblauch, nicht in dem Ziel von Selbstdar-stellung oder einem Kult des Individuums sondern als soziales Phänomen in der Suche nach Überschreitung und Verbindung früherer Trennungen von profanen und sakralen Ebenen.30

Nach Knoblauch könne sich diese neue Form populärer Spiritualität mit verschie-

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22 Vgl. Ebd., S. 238

23 Vgl. Ebd., S. 50

24 Vgl. Ebd., S. 79

25 Ebd., S. 193

26 Vgl. Ebd., S. 266ff

27 Vgl. Ebd., S. 108ff

28 Vgl. Ebd., S. 275f

29 Vgl. Ebd., S. 276

30 Vgl. Ebd.

densten Ebenen und Einflüssen verbinden, wobei jedoch die östlichen Religionen und auch Yoga eine wichtige Position einnehmen würden.31

4.3 Yoga als KulturtransferDie von Knoblauch oben beschriebenen religiösen Transferprozesse sind im Be-zug zum Yoga schon für das 19. Jahrhundert in Indien feststellbar32 und lassen westliche Vorstellungen von einem echten indischen Yoga und entfremdeten west-lichen Yoga als fragwürdig erscheinen.33

So erweist sich, nach Schnäbele, die Annahme einer jahrtausendealten, von Meis-terlinien übermittelten, authentischen indischen Yogatradition als fiktionale Kon-struktion moderner Yogaschulen.34

Stand schon die Entwicklung des indischen Hatha-Yoga des 13.-15. Jahrhunderts in keiner Kontinuität zur Epoche des klassischen Yoga, so formte sich unter dem Einfluss der britischen Kolonialherrschaft im Indien des 19. Jahrhunderts eine neue Yogarichtung die sich als Kombination west-östlicher Einflüsse und kulturel-ler Transfers verstehen lässt.35

Nach Schnäbele entstand erst durch den Einfluss der britischen Kolonialpolitik in Indien eine Rückbesinnung westlich gebildeter indischer Oberschichten auf ihr al-tes Kulturgut. Dies führte zu einer Wiederentdeckung des Yoga, welcher jedoch nun rational und wissenschaftlich rezipiert wurde.36 So entwickelte sich schon in Indien selber ein medizinisch-physiologisch orientier-ter Yogastil37 der sich mit gymnastischen Elementen des britischen Militärs,38 westlichen, okkult-esoterischen Vorstellungen zurückkehrender, weltreisender In-

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31 Vgl. Ebd., S. 172 ; Vgl. Ebd., S. 183

32 Vgl. Schnäbele: a.a.O., S. 53ff.

33 Vgl. Tietke: a.a.O., S. 37

34 Vgl. Schnäbele: a.a.O., S.48

35 Vgl. Ebd., S. 50f.

36 Vgl. Ebd., S. 59f.

37 Vgl. Ebd., S. 33f.

38 Vgl. Ebd., S. 55f. ; Vgl. Ebd., S. 71

der39 und neo-hinduistischen Elementen nationaler Reformbewegungen40 verband und zu einem kreativen Konstrukt verschiedenster Einflüsse wurde.41

Neben kulturellen Einflüssen waren es, Schnäbele zufolge, jedoch auch schöpferi-sche Entwicklungen erster indischer Yogaschulen des 19. und 20. Jahrhunderts die den sehr körperorientierten Charakter dieses modernen Yogastils formten und dann in den Westen brachten.42 Dort traf dieser moderne `Hatha-Yoga` auf ein an der indischen Klassik orientiertes geisteswissenschaftlich-esoterisches Yoga-verständnis, welches rein körperorientierten Yogaformen ablehnend gegenüberstand.43 Die gute Bindungsfähigkeit des modernen Hatha-Yoga mit den aufkommenden Gesundheits- und Sportbewegungen und die Nähe zu den physio-logisch ausgerichteten Anforderungen der Träger öffentlicher Weiterbildungsange-bote setze sich, nach Schnäbele, jedoch gegenüber den klassisch orientierten Yo-garezeptionen im Verlauf des 20. Jahrhunderts durch.44

5. SchlussbetrachtungDie Kontrastierung der klassischen indischen Bedeutung des Yoga mit den mo-dernen Entwicklungen des Yogamarktes zeigt auf den ersten Blick eine deutliche Inkongruenz beider kultureller Ausprägungen und lässt die Hypothese einer Kom-merzialisierung traditioneller Konzepte des Yoga plausibel erscheinen. Ziensers Beschreibung einer Vermarktung spirituell-religiöser Elemente stützt ei-nerseits diese These, andererseits erscheint die Argumentation Knoblauchs, die-ses Phänomen als Ausdruck einer generellen Neuorientierung religiöser Vorstel-lungen zu deuten, weitreichender zu sein als eine alleinige Begründung aus Säku-larisationsprozessen heraus.Knoblauchs Ansatz einer Entgrenzung des Religiösen scheint durch die Untersu-chungen Schnäbeles ergänzt werden zu können: Die Dekonstruktion des moder-nen Mythos eines überlieferten, wahren indischen Yoga löst die Eingangs gestellte Frage nach der Authentizität moderner Yogaformen auf: Die heutigen Ausprägun-

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39 Vgl. Ebd., S. 68

40 Vgl. Ebd., S. 60

41 Vgl. Ebd., S. 55

42 Vgl. Ebd., S. 66 ; Vgl. Ebd., S. 71ff.

43 Vgl. Ebd., S. 79

44 Vgl. Ebd., 77-87

gen des Yoga scheinen in ihrer Heterogenität ihren indischen Entstehungsprozes-sen wieder näher zu kommen und wirken damit authentischer als eine Konstrukti-on des Yoga im Verständnis einer überhistorisch `heiligen` Tradition.45 Wieweit die Charakterisierung der indischen Verhältnisse der Kolonialzeit dadurch in eine Nähe zu den pluralistischen Religionsverständnissen Knoblauchs rücken, kann hier jedoch nicht geklärt werden.

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45 Nicht nur im 19. Jahrhundert war Yoga in Indien geprägt von einer Vielzahl kultureller Ausprä-gungen mit auch trivialen und kommerziellen Hintergründen: Vgl. Baier, Karl: Yoga auf dem Weg nach Westen. Beiträge zur Rezeptionsgeschichte. Würzburg, Königshausen & Neumann, 1998, S. 82-85

6. Literaturverzeichnis

- Baier, Karl: Yoga auf dem Weg nach Westen. Beiträge zur Rezeptionsgeschich-te. Würzburg, Königshausen & Neumann, 1998

- Fuchs, Christian: Yoga in Deutschland. Rezeption, Organisation, Typologie. Stuttgart, Kohlhammer, 1990 (zugleich Dissertation Eberhard-Karls-Universität Tübingen 1989)

- Fuchs, Christian: Anmerkungen zur Geschichte und Gegenwart des Yoga in Deutschland. In: http://www.yoga-akademie.de/YoInDeutsch.html, (Stand: 26.02.2014 15:45 Uhr)

- Ludwig, Udo/Reinhard, Ulla: Gefährlicher Kopfstand. In: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-84631748.html, (Stand: 26.02.2014 15:36 Uhr)

- Knoblauch, Hubert: Populäre Religion. Auf dem Weg in eine spirituelle Gesell-schaft. Frankfurt a.M., Campus, 2009

- Schnäbele, Verena: Yogapraxis und Gesellschaft. Eine Analyse der Transforma-tions- und Subjektivierungsprozesse durch die Körperpraxis des modernen Yoga. Hamburg, Verlag Dr. Kovač, 2009 (zugleich Dissertation Universität Hamburg 2009)

- Schnipper, Andrea: Lifestyle - Yoga Fashion, Schönheit und Yoga inspiriertes Es-sen und Wohnen. In: http://www.yogarelations.com/magazin/lifestyle.html, (Stand: 26.02.2014, 15:12 Uhr)

- Schnipper, Andrea: Yoga-Arten, -Stile, -Formen und Richtungen. In: http://www.yogarelations.com/yoga-wissen/arten.html, (Stand: 26.02.2014, 15:15 Uhr)

- Tietke, Mathias: Yoga Kontrovers. Zehn populäre Irrtümer in Bezug auf Yoga. Hamburg, Phänomen-Verlag, 2013

- Yoga Vidya e.V.: Yoga als Wirtschaftsfaktor. In: http://wiki.yoga-vidya.de/Yoga_als_Wirtschaftsfaktor, (Stand: 26.02.2014 15:40 Uhr)

- Zinser, Hartmut: Der Markt der Religionen. München, Fink, 1997

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