braunkohlesanierung || nachnutzung und flächenvermarktung

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Page 1: Braunkohlesanierung || Nachnutzung und Flächenvermarktung

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Nachnutzung und Flächenvermarktung

Bernd Krüger, Karla Ebersbach, Andreas Kadler, Herbert Klapperich und Rolf Kuhn

Inhalt9.1 Grundsätze������������������������������������������������ 580

9.2 Nutzungsarten im Ergebnis der Braunkohlesanierung ������������������������������ 583

9.3 Planung der Folgenutzung ���������������������� 5859�3�1 Ergebnisse und Chancen des regionalen

Strukturwandels in den Bergbauregionen ����������������������������������������� 585

9�3�2 Grundlagen der Folgenutzungsplanung ������� 5889�3�3 Nutzungskonzepte, Rahmen- und

Masterpläne sowie Regionale Entwicklungs- und Handlungskonzepte �������������������������������������� 589

9�3�4 Arbeitsweise und Projekte der Internationalen Bauausstellung (IBA) Fürst-Pückler-Land 2000–2010�������������������� 599

9�3�5 Öffentliche Aufmerksamkeit und wirtschaftlicher Erfolg des entstehenden Lausitzer Seenlandes ������������������������������������ 602

9.4 Flurneuordnung in Bergbausanierungsgebieten ������������������������ 606

9.5 Umnutzung und Erschließung von industriellen Altstandorten ����������������������� 609

9�5�1 Ziele und Besonderheiten ���������������������������� 6099�5�2 Finanzierungsquellen und

Fördermittel �������������������������������������������������� 6109�5�3 Erschließungsplanung und

Projektsteuerung ������������������������������������������ 6139�5�4 Besonderheiten der Abstimmung

zwischen Bergbausanierung, Erschließung und Folgenutzungsinvestitionen ������������������ 616

9�5�5 Marketing und Vermarktung ������������������������ 6189�5�6 Fallbeispiele ������������������������������������������������� 618

9.6 Vermarktung der Liegenschaften ������������� 6269�6�1 Grundsätze, Ziele, Strategien ����������������������� 6269�6�2 Vermarktung nach Hauptnutzungsarten ��������� 6299�6�3 Identifizierung von Flächen mit

höherwertigen Nutzungspotenzialen ������������ 6319�6�4 Zielgruppenorientiertes Marketing �������������� 6379�6�5 Darstellung ausgewählter Fallbeispiele

für eine erfolgreiche Vermarktung ��������������� 6409�6�6 Spezielle Fragen der Verkaufsvorbereitung

und Vertragsgestaltung bei der Vermarktung von Bergbauflächen ��������������� 642

Literatur ������������������������������������������������������������������ 644

B� Krüger ()Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsge-sellschaft mbH, Knappenstraße 1,01968 Senftenberg, DeutschlandE-Mail: [email protected]

K� EbersbachKuckhoffstraße 33, 10356 Berlin, Deutschland

A� KadlerPost-mining & brownfields consulting, Wollankstraße 131 a, 13187 Berlin, Deutschland

H� KlapperichInstitut für Geotechnik, TU Bergakademie Freiberg, Gustav-Zeuner-Straße 1,09596 Freiberg, Deutschland

R� KuhnInternationale Bauausstellung (IBA)„Fürst-Pückler-Land“, Seestraße 84-86,01983 Großräschen, Deutschland

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C� Drebenstedt, M� Kuyumcu (Hrsg�), Braunkohlesanierung, DOI 10�1007/978-3-642-16353-1_9, © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

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Im Ergebnis der in den vorherigen Kapiteln be-schriebenen Sanierung und Wiedernutzbarma-chung ehemaliger Tagebaugebiete entstehen neue Landschaften mit veränderter Nutzungsstruktur und vielfältigen Potenzialen für eine Folgenut-zung. Nach grundsätzlichen Überlegungen zur Wiedereingliederung der Bergbauflächen in den Nutzungskreislauf in Abschnitt 9.1 wird dieser Nutzungsartenwandel in Abschnitt 9.2 beispiel-haft beschrieben.

Der Abschnitt 9.3 beschreibt die komplexen Zu-sammenhänge der Planung der Folgenutzung von Bergbaufolgelandschaften. Dabei ist zu berück-sichtigen, dass bis Ende der 1980er Jahre kaum Erfahrungen zur Bewältigung solcher Aufgaben in einer so einzigartigen Dimension vorlagen. Dazu kam eine völlig neue rechtliche Rahmenset-zung. Mögliche Szenarien sowie die Grundlagen der Folgenutzungsplanung unter den neuen Aus-gangsbedingungen, die im Weiteren entwickel-ten Planungsinstrumente und Vorgehensweisen sowie die damit erreichten Ergebnisse sind in den Abschnitten 9.3.1 und 9.3.2 exemplarisch darge-stellt. Neben dem Bergbaubetrieb ist eine Vielzahl neuer Akteure an der Folgenutzungsplanung be-teiligt, die den begonnenen Nutzungsartenwandel mit ihren Ideen, Planungen und Investitionen be-gleiten und weiterführen. Zur Bündelung dieser vielfältigen Aktivitäten und Einordnung in die regionale Entwicklung hat sich die Erarbeitung von Nutzungskonzepten bewährt. Die im ostdeut-schen Braunkohlenbergbau hierbei gesammelten Erfahrungen sind Thema des Abschnittes 9.3.3. Von besonderer Bedeutung für die Gestaltung des Struktur- und Imagewandels in der Lausitz ist die Internationale Bauausstellung (IBA) Fürst-Pückler-Land, deren Anspruch, Arbeitsweise und vorzuweisende Resultate in den Abschnitten 9.3.4 und 9.3.5 beispielhaft dargelegt werden. Der not-wendigen Neuordnung der Eigentumsverhältnisse entsprechend den neuen Nutzungsstrukturen wid-met sich Abschnitt 9.4.

Von besonderer Bedeutung ist die Umnut-zung und Erschließung industrieller Altstandor-te, da hierdurch Gewerbe- und Industrieflächen für die Ansiedlung neuer Firmen ohne weitere Zersiedelung der Landschaft entstehen. Dabei ist eine sehr enge Abstimmung zwischen Berg-bausanierung, öffentlicher Erschließung und

Folgenutzungsinvestitionen erforderlich, die im Abschnitt 9.5 in ihren verschiedenen Facetten geschildert wird. Abschnitt 9.6 widmet sich der gezielten Vermarktung der Liegenschaften mit den Schwerpunkten Produktbildung, Marketing und Vertragsgestaltung. Die dargestellten Lö-sungsansätze und Fallbeispiele beziehen sich auf Erfahrungen und betriebsinterne Regelungen der LMBV. Verallgemeinerungen sind möglich.

9.1 Grundsätze

Die Nachnutzung und Vermarktung schließt sich an die erfolgte technische Sanierung entspre-chend der berg- und wasserrechtlichen Bestim-mungen an. Im Rahmen des Zyklus „Fläche im Kreislauf“ erfolgt eine Wiedernutzung der Flä-chen mit Funktionsänderung – es entstehen Berg-baufolgelandschaften.

Die vielschichtigen Aspekte der Folge-nutzungsplanung unter Berücksichtigung der Landes- und Regionalplanung, der kommuna-len Bauleitplanung und informeller Planungen bieten Chancen und Möglichkeiten für den an-gestrebten Strukturwandel. Hilfreich für die nö-tigen Abstimmungsprozesse und Kommunika-tionsstränge sind entwickelte standortkonkrete Vorplanungsinstrumente (s. Abschn. 9.3.2).

Bei Flächenentwicklungsplanungen muss eine Vielzahl von potenziellen und tatsächlichen par-allelen Nachnutzungen für Flächen und Regionen betrachtet werden. Oft kann erst bei der Umset-zung entschieden werden, welche Nutzungen konkurrieren bzw. störend fungieren. Aufgrund von Vermarktungs- oder Entwicklungsproblemen können viele Flächen jedoch keinen geschlosse-nen Kreislauf aufweisen und somit nicht zu einer nachhaltigen Nutzung beitragen. Heute ist das Wort Nachhaltigkeit und nachhaltige Entwicklung im Rahmen der Reduzierung der Flächeninan-spruchnahme und der Entwicklung von Brachen und Bergbaufolgelandschaften in aller Munde.

Erstmals wurde der Begriff „Nachhaltigkeit“ im 18. Jahrhundert vom Freiberger Berghaupt-mann Hans von Carlowitz (1713, „Sylvicultura oeconomica“) geprägt und erwähnt. Obwohl die Begriffsbestimmung hierbei auf die Forstwirt-schaft zurückgeht, ist das erste Mal von einer Art

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Flächenmanagement die Rede. Holz wurde zum damaligen Zeitpunkt vor allem für den Bergbau verwendet und in großen Mengen benötigt. Ziel der Nachhaltigkeit im heutigen Sinne ist es öko-logische, ökonomische und soziale Bedürfnisse zu vereinigen und dadurch die Lebensgrundlage für zukünftige Generationen zu erhalten (Otpar-lik et al. 2009).

Die Ziele der Nachhaltigkeit haben beim Flä-chenverbrauch in der Vergangenheit keine große Rolle gespielt. In den Jahren 1960 bis 1997 kam es trotz einer stabilen demografischen Situation zu einem extrem gestiegenen Bedarf an Siedlungs- und Verkehrswegeflächen. Dies ist zum einen der weiter fortgeschrittenen Industrialisierung aber auch dem gestiegenen Wohlstand in den letzten 40 Jahren geschuldet, da ein Haus im „Grünen“ als eines der großen Ziele gewertet wird.

Dennoch ist der Gedanke, genutztes Land wieder zu nutzen, aktueller denn je. Der Unter-schied zu früher liegt im Wert und in der hohen Nachfrage nach Raum und Energie weltweit. Wir reden heute von Kreisläufen der Wiedernutzung, von Flächenkreisläufen oder dem Brachflächen-recycling.

Durch die politische Wende 1989/90 sind vor allem die bergbaulich geprägten Regionen Ost-deutschlands aufgrund der plötzlichen Stilllegung von Bergbau- und Industriebetrieben, großflächig devastierter Landschaften und rückläufiger demo-graphischer Entwicklung negativ beeinflusst. Mit der landschaftlichen Neugestaltung vollzieht sich eine wirtschaftliche und ökologische Aufwertung der vormals bergbaulich genutzten Flächen.

Durch Sanierungstechnologien können „vor-genutzte“ Flächen wieder zu „Grünland“ um-gewandelt werden. Das Hauptaugenmerk bei solchen Recyclingprozessen liegt auf der Kom-bination von Dekontaminationsprozessen mit der Wiedereingliederung der Fläche in die natürliche Umgebung.

Gerade unter dem Gesichtspunkt des demo-graphischen Wandels muss verstärkt über den nachhaltigen Umgang mit dem Gut „Fläche“ nachgedacht werden. Aber genau dieser Aspekt birgt zum Teil auch Gefahren, denn wem nützt es, neben bergrechtlichen Anforderungen und ökologischen Gesichtspunkten, Flächen zu be-räumen bzw. zu sanieren, wenn kein Investor für

das Bebauen der Fläche auftritt. Somit muss es das Ziel von Flächeneigentümern sein, Flächen gezielt zu vermarkten und eventuell auch Nut-zungsänderungen ins Auge zu fassen, die primär als nicht gewinnbringend erscheinen. Die Ver-schiedenheit der Flächen spielt somit bei der Ver-marktung eine wesentliche Rolle.

Im Rahmen des europäischen Forschungs-programms CABERNET (Concerted Action on Brownfield and Economic Regeneration Net-work) wurden drei Typen von vermarktbaren Flächen benannt. Dabei spricht man von A-Flä-chen – Flächen die sich von „selbst“ entwickeln, B-Flächen – Flächen die potenziell entwickelt werden können (hierzu zählen auch Flächen, die mit Hilfe von PPP (Public-Private-Partnership) entwickelt werden), und C-Flächen – so genann-te Reserveflächen. Neuere Forschung zeigt, dass noch eine vierte Kategorie sinnvoll ist. Flächen, die keine Chancen für eine Entwicklung bieten (D-Flächen).

Nutzungs- und Aktivierungsstrategien Eine Basis für ein effektives Flächenmanagement ist eine Einordnung und Ausrichtung bei großem Flächenangebot. Für ausgewählte Standorte Bedingungen auszuloten, um die Funktion als Industrie- und Gewerbestandorte zurückzuge-winnen, werden facettenreich in Abschnitt 9.5 „Umnutzung und Erschließung von industriellen Altstandorten“ erläutert, einschließlich Finan-zierungsquellen, Erschließungsplanung und Pro-jektsteuerung.

Die Revitalisierung von Industriestandorten durch eine nutzungsortientierte Sanierung, ein-hergehend mit deutlich ökonomischen Vorteilen, bietet Chancen für „Vorleistungen“ bei konkreten Nutzungsanforderungen.

Die Umsetzung bei öffentlicher Förderung der Maßnahmen, unter Berücksichtigung des Primats „Gefahrenabwehr“, ist nur zielführend in enger Abstimmung mit den regionalen und kommuna-len Planungsinstanzen zu erreichen.

Um Freiflächenpotenzial zu schaffen, sind oft Zwischennutzungen, Umnutzungen u. ä. von be-bauten Flächen notwendig. Eine Möglichkeit für den Eigentümer sind Gestattungsvereinbarungen, d. h. Flächen werden mit kommunalen Mitteln mobilisiert und für die Allgemeinheit zugänglich

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gemacht; der Eigentümer kann die Fläche aber dennoch vermarkten.

Grob können bei der Revitalisierung von Flächen drei Strategien unterschieden werden: Aktivierung (Entwicklung), Bewahrung und Re-naturierung. Diese drei Arten können nun weiter feiner untergliedert werden (Abb. 9.1).

Aktivierung (Neunutzung, Ursprungsnut-zung) Unter dem Begriff Aktivierung werden Prozesse verstanden, die längere Zeit (mehrere Jahrzehnte) Gültigkeit haben sollen. Es werden hierbei zwei Strategien unterschieden: Neunut-zung und Ursprungsnutzung.

Neunutzung, wenn eine Fläche einer völlig neuen Nutzung zugeführt wird. Dieser Prozess dauert jedoch oft mehrere Jahre und verursacht Vorinvestitionen, was zu Planungs- und Markt-risiken für den Investor führt. Hemmend können hierbei z. B. Nutzersuche, Planungsverfahren oder die Projektierung wirken.

Unter dem Begriff Ursprungsnutzung wird die letzte industrielle oder gewerbliche und somit ur-sprüngliche Nutzung verstanden. Nicht mehr be-nötigte Gebäudeteile bzw. Areale werden meist als nicht betriebsnotwendig bezeichnet.

Bergbaufolgelandschaften bieten vielfältige Nutzungspotenziale. In Abschnitt 9.6 „Vermark-tung der Liegenschaften“ werden auch Sonder-nutzungen vorgestellt, vornehmlich für Flächen, die keiner anderen gewerblichen Nutzung zuge-führt werden können. Ein prominentes Beispiel stellen die erneuerbaren Energien mit Windparks und Solarfeldern dar.

„Fläche und Energie“ bilden im Gesamtkon-text von Nutzung und Wandel eine bemerkens-werte Konstante.

Bewahren (Umnutzung, Zwischennut-zung) Unter dem Begriff Bewahren kann die Strategie der Umnutzung verstanden werden. Hierunter werden Nutzungsänderungen zusam-mengefasst, die sich von der vorgenannten ursprünglichen Nutzung wegbewegen. Das heißt, die Fläche wird entweder anderweitig nachge-nutzt oder teilweise bzw. temporär umgenutzt.

Zwischennutzung fasst hiermit alle Zustände zusammen die temporärer Natur sind. Oft beset-zen sie Terrains in einer Umgebung, die primär nicht als geeignet für Umnutzungen erscheint. Ihr Merkmal sind ein niedriger Nutzungsgrad, meist geringe Mieterträge und hohe Unterhaltskosten. Zwischennutzungen bleiben oft jahrelang be-stehen, bis der Eigentümer eine ertragssteigernde Umnutzung vornimmt.

Renaturierung Eine dauerhafte Umnutzung brachliegender Standorte zu Grün- bzw. Frei-flächen wird als Renaturierung verstanden. Insbesondere im suburbanen Raum stellt die Nachnutzung von Brachflächen, vor dem Hin-tergrund fehlender Nachfragen und auf Grund der Lage benachteiligender Standortbedingun-gen, ein wesentliches Hemmnis dar. Erscheint aufgrund der derzeitigen finanziellen Situation oder zukünftiger demographischer Entwicklun-gen eine Nutzung als nicht sinnvoll, wird Rena-turierung mit dem Ziel einer ökologischen bzw.

Abb. 9.1 Entwicklungs-szenarien für Flächen (Klapperich et al. 2007)

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sozioökonomischen Aufwertung als Alternative des Brachliegens verstanden.

Bergbaufolgelandschaften werden meist voll-kommen neu gestaltet, sodass ein Großteil der oben genannten Unterteilungen hier nicht an-wendbar ist. Hauptziel der Renaturierung von Bergbauflächen ist die Langzeitsicherung und Stabilisierung der Flächen sowie deren Wie-dereingliederung in den Naturhaushalt. Somit entstehen meist neue und innovative Nachnut-zungen, z. B. Erholung, Naturschutz, aber auch Land- und Forstwirtschaft.

9.2 Nutzungsarten im Ergebnis der Braunkohlesanierung

Die bergbauliche Inanspruchnahme von Liegen-schaften sowie ihre anschließende Sanierung sind immer mit einem zweifachen großflächigen,

tief greifenden Nutzungsartenwandel verbunden. Aus land- und forstwirtschaftlich genutzten Flä-chen wird Abbauland, aus dem – nach Beendi-gung der bergbaulichen Tätigkeit und Abschluss der Sanierung – wieder neue Nutzungsarten ent-stehen. Abbildung 9.2 zeigt diesen Nutzungsar-tenwandel in den stillgelegten Braunkohlenbe-trieben Ostdeutschlands seit 1995.

Rund 47 % sind land- und forstwirtschaftlich rekultivierte Flächen. In großem Umfang (17 %) werden Flächen der natürlichen Sukzession über-lassen und für den Natur- und Landschaftsschutz bereitgestellt. Die in Folge des Massendefizits entstandenen Tagebaurestlöcher werden in den meisten Fällen zu Bergbaufolgeseen umgestaltet. Die so entstehenden Wasserflächen machen 28 % der insgesamt beanspruchten Flächen aus.

In Abbildung 9.3 ist dieser Nutzungsarten-wandel am Beispiel des südlich des Spreewaldes gelegenen, ca. 5.800 ha großen, Sanierungsge-

Abb. 9.2 Nutzungsarten-wandel im Ergebnis der Braunkohlesanierung

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bietes Seese grafisch dargestellt (Baumbach et al. 2007, LMBV 2007-2010).

Um 1850 war die Region überwiegend land- und forstwirtschaftlich geprägt. Rund 60 % der Fläche wurden landwirtschaftlich genutzt. Weitere 31 % waren bewaldet. Gräben, Teiche und kleine Seen machten lediglich 1 % der Fläche aus.

Mit dem ab 1962 beginnenden großflächi-gen Braunkohlenabbau wurde die Landschaft grundlegend umgestaltet und durch den Berg-bau geprägt. Im Jahr 1990 waren noch ca. 38 % in bergbaulicher Nutzung. Die Waldflächen (26 %) sind fast vollständig rekultivierte Kip-penflächen des ehemaligen Tagebaues Seese-West. Auch die Landwirtschaftsflächen (30 %) befinden sich zu rund 50 % auf bereits wieder rekultivierten Kippen. Die kleinen Gewässer wurden fast vollständig überbaggert bzw. tro-cken gelegt. Lediglich 10 % des Sanierungs-gebietes wurden nicht bergbaulich in Anspruch genommen und devastiert.

In der Phase der Braunkohlesanierung wan-delt sich der Charakter der Landschaft zum zwei-ten Mal. Um 2010 hat sich der Braunkohlenberg-bau vollständig zurückgezogen. Die Landschaft prägen wieder große zusammenhängende Wälder (40 %) sowie Landwirtschaftsflächen (38 %). Neu sind die großen Wasserflächen, die rund 11 % des Sanierungsgebietes bedecken (Tab. 9.1).

Die im Ergebnis der bergbaulichen Sanie-rung entstehenden Nutzungsarten stellen jedoch nur die Basis für weitergehende Nutzungen dar. Vor allem die Gewässerrandbereiche und indus-triell-gewerblichen Altstandorte beinhalten viel-fältige Potenziale für touristische, gewerbliche und sonstige Nutzungen oder exklusives Woh-nen (Abb. 9.4). Diese Vielfältigkeit entspringt den unzähligen Konzepten, Ideen und Visionen der am Prozess der Gestaltung der Landschaften beteiligten Akteure. Die Palette reicht von weit-gehend sich selbst überlassenen Bereichen, in die der Mensch nicht bzw. nur sehr behutsam ein-greift, über Konzepte, die die Künstlichkeit der Bergbaufolgelandschaft hervorheben und Zeu-gen der zumeist langjährigen Industriegeschich-te erhalten wollen bis zu völlig neu gestalteten Landschaftsreliefs mit integrierten Landart-Ob-jekten und touristischen Highlights.

Diese Potenziale der Bergbaufolgelandschaf-ten zu erkennen und zu erschließen, die vorhan-denen Konzepte, Ideen und Visionen zu erfassen, zu bewerten und miteinander abzugleichen be-darf weiterer, über die bergrechtliche Abschluss-betriebsplanung weit hinausgehender Planungen sowie eines gemeinsamen, zielgerichteten Wir-kens aller an diesem Prozess beteiligten Akteure (LMBV 2007, 2009).

Tab. 9.1 Flächennutzung im Sanierungsgebiet Seese um 1850, 1990 und 2010Jahr 1850 1990 2010Nutzungsart ha % ha % ha %Abbauland 0 0 2.207 38 0 0Forstfläche 1.770 31 1.527 26 2.344 40Landwirtschaftsfläche 3.457 60 1.732 30 2.211 38Sukzessionsfläche/Unland 383 7 42 1 348 6Wasserfläche 90 1 23 0 622 11Siedlungs- und Verkehrsflächen 93 1 262 5 268 5Gesamt 5.793 100 5.793 100 5.793 100

Abb. 9.3 Flächennutzung im Sanierungsgebiet Seese um 1850, 1990 und 2010

B. Krüger et al.

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9.3 Planung der Folgenutzung

9.3.1 Ergebnisse und Chancen des regionalen Strukturwandels in den Bergbauregionen

Wie in den vorherigen Kapiteln bereits ausge-führt wurde, ist die Landschaft der Lausitz durch den Braunkohlentagebau geprägt. Seit 1990 hat hier die LMBV ca. 60.000 ha Land saniert, das heißt, so aufbereitet, dass sich zu etwa je einem Viertel nutzbare Wasser-, Landwirtschafts-, Forstwirtschafts- und Naturschutzflächen ent-wickeln. Dabei entsteht ein Seenland mit rund 14.000 ha neuer Wasserfläche.

Welchem Bild soll jedoch diese Landschafts-gestaltung folgen? Wie soll diese neue Land-schaft, dieses neue Seenland nach dem Bergbau aussehen? Sumpfig wie vor dem Bergbau? Wie ein Naturidyll oder robust wie die Industrie, der diese Landschaft folgte? Oder bringt das tech-nisch vom Menschen gemacht sein auch einen eigenen attraktiven Charakter hervor, der den wirtschaftlichen Strukturwandel begünstigt? Fra-gen, die in den folgenden Abschnitten beantwor-tet werden sollen.

Gestalt und Qualität der Landschaft nach der Bergbausanierung: Entwicklungsszena-rien Versetzen wir uns zurück in die Anfangs-jahre der Braunkohlesanierung und holen die Diskussionen von damals ins Gedächtnis, dann

erkennen wir zwei Szenarien, die gegensätzlicher nicht sein könnten.

Szenario 1 beschreibt den Wunsch vieler der unmittelbar Betroffenen: Von der zwar ehemals für Reichtum sorgenden, aber letztlich doch zer-störerischen, schmutzigen und stinkenden Indus-trie möchte man nichts mehr sehen. Leitmotiv ist schon eher ein Hauch von Mecklenburg-Vor-pommern, eine sanfte Seenlandschaft, der man ihre industrielle Vergangenheit nicht mehr an-sieht, die auch die Natur, zum Beispiel die Eis-zeit, so geschaffen haben könnte.

Szenario 2 vertreten vor allem intellektuelle Außenstehende, die weit weg von der Lausitz leben und arbeiten: Ihre Vorstellung ist, dass diese durchaus faszinierende Landschaft mit Canyons, Wüsten, halbgefüllten Gruben mit romantischen Inseln, saurem Wasser sowie burgruinenähn-lichen Industrierelikten der Natur überlassen werden sollte und so allmählich ein einzigartiger Naturpark entstehen könnte. Abbildung 9.5 zeigt beispielhaft eine derartige unsanierte Tagebau-landschaft.

Ohne Zweifel haben die Kombination von Industriekultur und Industrienatur sowie der all-mähliche Prozess des Wandels, wie in Szenario 2 beschrieben, etwas Faszinierendes. Und die Natur sowie ihre Beobachter und Bewunderer hätten damit auch kein Problem – im Gegenteil, es wäre eine große Herausforderung und ein tol-les Schauspiel.

Abb. 9.4 Nutzungspoten-ziale für sanierte Bergbau-liegenschaften

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Doch wenn man weiß, wie weiträumig Land beim Wasseraufstieg in die 40 bis 60 m tiefen Gruben rutscht, welch eine Gefahr also dieses Schauspiel darstellt, dann weiß man auch, dass in den Tagebaurandbereichen niemand mehr leben und diese Flächen bewirtschaften könnte. Szena-rio 2 ist also schlichtweg mit der Bewohnbarkeit des Gebietes nicht vereinbar.

Die Wünsche der Bewohner, Benutzer sowie Sanierer dieser Landschaft, wie in Szenario 1 be-schrieben, sind verständlich. Die immer gleichen Nutzungs- und Gestaltungsmuster von See zu See, von einem zu sanierenden Landschaftsteil zum nächsten enden allerdings in Monotonie und Langeweile. Das Ergebnis wäre eine geschichts- und gesichtslose Landschaft, die weder für tou-ristische noch für andere Wirtschaftsbereiche Er-folg versprechende Ansätze bietet.

Wo liegt nun der dritte Weg? Am aufwändi-gen Sanierungsprozess der Bergbaufolgeland-schaft führt kein Weg vorbei. Man kann auch auf keines seiner Elemente verzichten, sonst würde alles noch teurer werden und das Gesamtsystem nicht funktionieren. Man könnte also gar keinen Nutzen aus der Landschaft ziehen. Und Kultur-landschaft entsteht durch ein produktives, mög-lichst kulturvolles Wechselverhältnis zwischen Mensch und Natur, das die kurz- und langfristige Reproduktion und Weiterentwicklung beider Sei-ten umfasst. Dieses Prinzip, Architektur – auch Landschaftsarchitektur – als einen Weg zwischen den beiden Polen Wissenschaft, Technik, Ökono-mie einerseits und Idee, Philosophie und Kunst andererseits zu begreifen, wurde 1949 vom

Schweizer Architekten und Publizisten Alfred Roth theoretisch begründet (Abb. 9.6). Mit dem Hinweis, dass das Abgleiten der Architektur hin zu nur einem der beiden Pole ihr Tod wäre (Poli-technika Krakowska 2004).

Aber warum sollte man bei der Neugestaltung die industrielle Vergangenheit dieser Landschaft verleugnen? Geben diese Zeugnisse einer gigan-tischen Großindustrie mit ihrem monumentalen Charakter dem „platten Pfannkuchen“, wie Fürst Pückler die Niederlausitz abfällig nannte, doch Bewegung sowie Profil und erzählen von einer in Zukunft immer unwahrscheinlicher klingen-den zweischneidigen Industriegeschichte. Und warum sollte man der neuen Landschaft nicht an-sehen, dass sie vom Menschen gemacht ist?

Um genau diese Fragen zu beantworten, er-kämpfte sich die Regionale Planungsgemein-schaft Lausitz-Spreewald das Recht, im Süden Brandenburgs, in dem vom Braunkohlenabbau geprägten Teil der Lausitz, im Zeitraum 2000 bis 2010 die Internationale Bauausstellung (IBA) Fürst-Pückler-Land durchzuführen (Abb. 9.7).

Diese soll den Gedanken der IBA Emscher Park – nämlich einen wirtschaftlichen mit einem gestalterischen Wandlungsprozess in Bezie-hung zu setzen – vom Westrand an den Ostrand

Abb. 9.7 Logo der IBA Fürst-Pückler-Land

Abb. 9.6 Prinzipskizze Architektur

B. Krüger et al.

Abb. 9.5 Unsanierte Tagebaufolgelandschaft

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Deutschlands tragen, vom Ruhrgebiet in die Lau-sitz. Das strategisch Besondere dieser Internatio-nalen Bauausstellung resultiert aus der Thematik „Landschaftswandel in einer dünn besiedelten Region“. Erstmalig in der langen Tradition von Bauausstellungen in Deutschland steht „Land-schaft“ im Mittelpunkt der Arbeit. Dabei geht es nicht einfach um eine Heilung der durch den Bergbau (Tagebau) in Anspruch genommenen Landschaft oder gar um eine „Wiederherstel-lung“. Da dies schon technisch und naturräum-lich gar nicht möglich wäre, ist das Anliegen dieser IBA in erster Linie, das Element „Neue Landschaft“ als strukturelle, wirtschaftsfördern-de Möglichkeit und damit als Entwicklungschan-ce für die Lausitz sowie als Beispiel für andere Bergbauregionen einzusetzen.

Alle am Flutungs- und Gestaltungsprozess der Lausitzer Seenkette Beteiligten, sogar über die Ländergrenze zwischen Brandenburg und Sachsen hinweg, verfolgen das Ziel, zehn Seen so mitein-ander zu verbinden, dass nicht nur genügend Flu-tungswasser durch die 13 schiffbaren Verbindun-gen fließt, sondern auch Schiffe von See zu See fahren können. Ein mit sächsischen Planern ge-meinsam erstellter Masterplan für das Gesamtge-biet dieser Seenlandschaft gibt sehr unterschiedli-che Nutzungsschwerpunkte vor: vom Wassersport über das Familienerlebnis bis zum Naturschutz-areal. Dadurch entsteht ein riesiges miteinander

verbundenes Seengebiet mit insgesamt etwa 7.000 ha Wasserfläche, unterschiedlichen Natur- und Erlebnisräumen sowie einem breiten, für Mit-teleuropa wohl einmaligen Nutzungsspektrum, ohne dass sich die verschiedenen Nutzungsarten gegenseitig stören oder gar ausschließen.

Ein weiterer Vorteil der ganzheitlichen Pla-nung ist, dass die Ufer für Fußgänger und Fahr-radfahrer frei gehalten werden und man trotzdem sein Haus am Wasser und das Boot am Haus haben kann. Letzteres durch den Bau schwim-mender Häuser, die durch schwimmende Stege zu erreichen sind und später durch schwimmende Restaurants, Anlegestellen, Sonnendecks, Aus-leihstationen und ähnliches ergänzt werden. 2005 haben Studentinnen aus Berlin sogar ein schwim-mendes Freiluftkino entworfen.

Bleibt die Frage nach den vergänglichen Can-yons, den wüstenähnlichen Landschaftsteilen sowie den romantischen Zwischenstadien beim Fluten. Die IBA nutzte die Gunst der Stunde und die Teile, die noch nicht geflutet waren, für faszi-nierende Tagebauspaziergänge (Abb. 9.8).

Da der Braunkohlenabbau durch die Vattenfall Europe Mining AG noch einige Jahrzehnte fort-gesetzt wird, kann dieses Erlebnis weiterentwi-ckelt und über einen sehr langen Zeitraum fort-gesetzt werden. Dazu gehören auch Boots- und Floßfahrten auf erst halbgefüllten und dadurch exotisch anmutenden Seen.

Abb. 9.8 Tagebauerkun-dung

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Darüber und über die weiteren Projekte der IBA und ihre Arbeitsweise wird in Abschnitt 9.3.4 ausführlich berichtet.

9.3.2 Grundlagen der Folgenut-zungsplanung

Grundlage für die Planung der bergrechtlichen Sanierungsmaßnahmen ist hinsichtlich Umfang und genereller Zielsetzung die Rahmengesetzge-bung des Bundes mit• dem Raumordnungsgesetz,• dem Bundesnaturschutzgesetz,• dem Baugesetzbuch,• dem Bundes-Bodenschutzgesetz• dem Bundesberggesetz sowie• ausgewählten Fachgesetzen.Durch die Landesplanungen werden die teil-raumbezogenen Vorgaben für die Sanierung er-arbeitet. Hierfür sind auf Landesebene spezielle Instrumente wie• der Sanierungsplan (Brandenburg),• der Braunkohlenplan als Sanierungsrahmen-

plan (Sachsen) und• die Regionalen Teilgebietsentwicklungspro-

gramme (Sachsen-Anhalt)geschaffen worden (s. Kap. 3).

Diese speziellen Instrumente werden auf der Grundlage von Landesentwicklungsprogrammen, der Landesentwicklungspläne und in Abstimmung mit der Regionalplanung unter Einbeziehung der Öffentlichkeit und der regionalen Akteure aufge-stellt. Sie legen die Ziele der Raumordnung und Landesplanung für das betreffende Gebiet fest. Die Sanierungspläne, Sanierungsrahmenpläne bzw. Regionalen Teilgebietsentwicklungspro-gramme sind gesetzestechnisch den Teilregional-plänen gleichgestellt. Sie werden schrittweise in die Regionalplanung integriert. Sie besitzen je-doch eine Doppelfunktion indem sie• erstens die Raumordnungs- und Landes-

planung mit der bergrechtlichen Planung verknüpfen und Vorgaben für die konkrete Umsetzung entwickeln

• zweitens die Grundlagen für die bergrechtliche Abschlussbetriebsplanung sowie Leitlinien für die kommunale Bauleitplanung festlegen.

Alle Regionalvorhaben der Sanierung sind berg-rechtlich zulassungspflichtig und gehen in ein Betriebsplanverfahren in Form von Abschlussbe-triebsplänen ein. Von entscheidender Bedeutung für die Zulassung eines Abschlussbetriebsplanes sind vor allem:• die Sicherstellung des Schutzes Dritter vor

den durch den Betrieb verursachten Gefahren für Leben und Gesundheit auch noch nach Einstellung des Betriebes

• die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Wiedernutzbarmachung der Oberfläche auf der vom einzustellenden Betrieb in Anspruch genommenen Fläche

• die Angabe über die Beseitigung der betrieb-lichen Anlagen und Einrichtungen oder über deren anderweitige Verwendung.

Erst mit der vollständigen Erfüllung der Vorga-ben des Abschlussbetriebsplanes wird die Berg-aufsicht für die entsprechende Fläche beendet. Der Bergbaubetrieb hat sich bei der Aufstellung der Abschlussbetriebspläne an den landesplaneri-schen Vorgaben sowie an den Festsetzungen der kommunalen Bauleitplanung zu orientieren.

Aus betriebswirtschaftlichen Gründen, ins-besondere der Verpflichtung zum sparsamen und wirtschaftlichen Umgang mit öffentlichen Mitteln entsprechend § 53 Haushaltsgrundsätzegesetz des Bundes, kann sie nicht alle Forderungen der Lan-desplanungen in die bergrechtliche Abschlussbe-triebsplanung übernehmen, sondern muss sich auf das bergrechtlich Notwendige beschränken. Dies birgt selbstverständlich teilweise erheblichen Konfliktstoff in sich, da Länder und Kommunen im Ergebnis der kostenintensiven bergrechtlichen Sanierungsmaßnahmen möglichst unmittelbare Wirkungen im Rahmen des angestrebten Struk-turwandels erwarten. Dieses Konfliktpotenzial kann in dem Maße verringert werden, in welchem es gelingt, aktiv am Prozess der Entwicklung von landesplanerischen Vorgaben und bauleitplaneri-schen Festsetzungen mitzuwirken.

Entwicklung, Chancen und Probleme der kommunalen Bauleitplanung in Bergbauge-bieten Eine wichtige Voraussetzung für die Schaf-fung der Verwertungsfähigkeit der Liegenschaften (insbesondere für eine höherwertige Nutzung)

B. Krüger et al.

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aber auch als Grundlage für eine möglichst nut-zungsorientierte Sanierung ist die entsprechende planungsrechtliche Sicherung der Flächen.

Mit der Beendigung der bergbaulichen bzw. industriellen Nutzung verlieren die Bergbauflä-chen und Industriealtstandorte ihren planungs-rechtlichen Status. Damit sind im Rahmen der Planungshoheit der Kommunen und in Überein-stimmung mit den Sanierungszielen und -ergeb-nissen die Bedingungen und Chancen der künfti-gen Folgenutzung neu zu bestimmen.

Die bauleitplanerischen Aktivitäten der Bele-genheitskommunen wiesen für die Mehrzahl der LMBV-Standorte überwiegend keine verbindli-chen Festsetzungen für deren Folgenutzung aus. Unter den spezifischen Rahmenbedingungen der Flächenaktivierung ausgewählter Industriealt-standorte in der LMBV, dass• die notwendigen Aktivitäten in den Phasen der

Vorbereitung sowie Planung und Genehmi-gung nicht in einem zeitlichen Nacheinander (z. B. Sanierung/Wiedernutzbarmachung → Bebauungsplanung der Fläche für Folgenut-zung → Erschließungsplanung/Erschließung → Vermarktung), sondern parallel erfüllt wer-den müssen

• die Sanierung auf den für eine Flächenakti-vierung ausgewählten Industriealtstandorten (Prioritätenstandorte) einerseits noch nicht abgeschlossen, andererseits die Vorbereitung von Erschließungsmaßnahmen erforderlich ist und schließlich das Produkt „sanierte Flä-che“ sehr erheblich die Erschließungsstrategie beeinflusst

• die Entwicklung/Erschließung der Standorte von wichtigen wirtschaftlichen Zielsetzungen ausgehen muss (Schaffung wettbewerbsfä-higer Erschließungsstandards, hoher Bauflä-chenausweis, Wirtschaftlichkeit der Erschlie-ßung, zügige Ansiedlung und Vermarktung)

• gesicherte Informationsgrundlagen für bau-leitplanerische und fachplanerische Zwecke benötigt werden

• fachliche Grundlagen für die Beantragung von Fördermitteln aus der Gemeinschafts-aufgabe „Verbesserung der regionalen Wirt-schaftsstruktur“ (GRW) bereitgestellt werden müssen,

wurden integrierte Nutzungskonzepte entspre-chend § 140 BauGB als Instrumente der informel-len Planung erarbeitet und der standortkonkreten Entwicklung zugrunde gelegt (s. Abschn. 9.3.3). Die Nutzungskonzepte definieren zukünftige im-mobilienwirtschaftliche Nutzungen der jeweili-gen Liegenschaft unter Berücksichtigung einer effizienten Bauflächengestaltung potenzieller Nutzerzielgruppen sowie die sich daraus erge-benden Infrastruktureinrichtungen. Das setzt ein mit der Kommune abgestimmtes Vorgehen und die Sicherung eines kommunal bindenden Sta-tus dieser Konzepte voraus. Damit wird sowohl ein wichtiger konzeptioneller Vorlauf als auch eine fachliche Grundlage der kommunalen Bau-leitplanung geschaffen. Darüber hinaus ergibt sich unternehmensintern die Möglichkeit, die bergrechtliche Abschlussbetriebs- und darauf basierende Maßnahmeplanung mit der Standort-entwicklung qualifiziert zu verknüpfen (nach-nutzungsorientierte Sanierung). Die Konzepte bilden demzufolge ein wichtiges strategisches Bindeglied zur Steuerung der Abhängigkeiten bergrechtlicher Sanierungsplanung und bauleit-planerischer Folgenutzungsplanung. Integrierte Nutzungskonzepte sind somit Kernstücke einer informellen strategischen Vorlaufplanung einer nutzungsorientierten Sanierung sowie der Reak-tivierung ausgewählter Industriealtstandorte.

9.3.3 Nutzungskonzepte, Rahmen- und Masterpläne sowie Regionale Entwicklungs- und Handlungskonzepte

Anfänge der Nachnutzungsplanung Zu Beginn der Sanierung und Wiedernutzbarmachung der Landschaften und Industriestandorte des ehema-ligen Braunkohlenbergbaus gab es nur wenige flä-chenkonkrete Planungen zur nachbergbaulichen Nutzung. Durch die Braunkohlenländer wurden im Rahmen der Landes- bzw. Regionalplanung entsprechende Sanierungspläne (Brandenburg), Braunkohlenpläne als Sanierungsrahmenpläne (Sachsen) bzw. Regionale Teilgebietsentwick-lungsprogramme (Sachsen-Anhalt) erarbeitet. In diesen sind lediglich die Ziele der künftigen Nutzung generalisiert und großmaßstäblich dar-

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590

gestellt. Auch die bergrechtlichen Abschlussbe-triebsplanungen konnten die Anforderungen an eine flächenkonkrete Nachnutzungsplanung aus verschiedenen Gründen nicht erfüllen. Darüber hinaus steckte die kommunale Planung noch in den Kinderschuhen, da sich viele Gemeinden wegen der nicht absehbaren Risiken und einer unklaren Rechtslage zunächst noch scheuten, die künftige Nutzung der unter Bergaufsicht stehen-den Flächen in Form einer vorbereitenden oder gar verbindlichen Bauleitplanung festzulegen.

Ein Ausweg aus dieser unbefriedigenden Situ-ation bestand darin, die Planungen der Nachnut-zung der Bergbaufolgelandschaften über infor-melle, d. h. nicht rechtsverbindliche Planungen zu vollziehen, auf denen zu einem späteren Zeit-punkt die kommunale Bauleitplanung aufbauen könnte. Dabei wurden in den einzelnen Ländern, Regionen und Kommunen sehr unterschiedliche Wege beschritten. Auf Initiative einzelner Ge-meinden bzw. bereits bestehender Zweckverbän-de wurden zunächst so genannte Masterpläne zur Nachnutzung der Bergbaugebiete erarbeitet.

Diese Planungen waren untereinander außer-ordentlich inhomogen und lagen darüber hinaus nur für einzelne Räume vor.

Ab 1999 wurden deshalb im Auftrag der LMBV nahezu flächendeckend Nutzungskon-zepte für die Bergbaufolgelandschaften in der Lausitz und in Mitteldeutschland erarbeitet (Krü-ger et al. 2002). Der Bedarf an integrierten, abge-stimmten Planungen der künftigen Flächennut-zung der Bergbaufolgelandschaften resultierte vor allem aus der folgenden Situation:• Unbefriedigender Stand der kommunalen

Bauleitplanung in den Bergbauregionen• Gleichzeitige Existenz von zahlreichen, oft-

mals konkurrierenden und nicht immer rea-listisch erscheinenden Projektvorhaben und Nutzungsvorstellungen für die Bergbaufolge-landschaften

• Erfordernis der Abstimmung von Sanierungs- und Folgenutzungsplanung zur Kosteneinspa-rung und Vermeidung von Doppelarbeiten

• Gemeinde-, kreis- und teilweise länderübergrei-fende Ausdehnung der Bergbaugebiete und die daraus resultierende Notwendigkeit der inter-kommunalen Abstimmung und Koordination.

Die grundlegende Arbeit an den Nutzungskon-zepten ist inzwischen abgeschlossen. Die Rah-menpläne der Konzepte werden in regelmäßigen Abständen fortgeschrieben und an die neuesten Entwicklungen angepasst.

Aufbauend auf den Nutzungskonzepten wur-den durch die Länder weitere informelle Planun-gen in Form der Regionalen Entwicklungskon-zepte (REK) angestoßen. Solche Konzepte, die weniger auf die einzelnen Bergbausanierungsge-biete, als auf die regionalen Entwicklungszusam-menhänge und Handlungsbedarfe gerichtet sind, liegen u. a. vor für die Regionen:• Dübener Heide (2001)• Südraum Leipzig (2001)• Altenburger Land – Nordregion (1994/2002)• Niederlausitzer Heide- und Teichlandschaft

(1999/2001)• Lausitzer Seenland (sächsischer Teil, 2003).Darüber hinaus entwickelten sich weitere viel-fältige Initiativen zur Steuerung und Unterstüt-zung des landschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturwandels in den Bergbauregionen. In Brandenburg wurde mit der Internationalen Bau-ausstellung (IBA) „Fürst-Pückler-Land“ ein be-sonderer Weg gewählt, der unter Abschnitt 9.3.4 ausführlich dargestellt ist. Um die wachsenden Aufgaben zur Entwicklung der touristischen In-frastruktur in den Bergbaufolgelandschaften zu bewältigen und Vorlauf für die weitere Entwick-lung zu gewinnen, wurde darüber hinaus in den Jahren 2007 und 2008 ein Integriertes Touris-muskonzept für den brandenburgischen Teil des Lausitzer Seenlandes erarbeitet.

In Mitteldeutschland führte ein länderübergrei-fendes Regionalforum im Jahr 2006 eine Reihe von Workshops mit dem Titel „Mitteldeutsche Seenlandschaft“ durch. Dieses Forum zielte auf die wechselseitige Abstimmung der Entwicklung der Seenlandschaften ab. Weiterhin wurden in fast allen früheren Bergbauregionen kommunale Zweckverbände zur Koordinierung der Entwick-lung der Landschaften und Standorte gegründet.

Im Weiteren soll detaillierter auf die unter Ver-antwortung der LMBV, aber mit Unterstützung der Länder, Regionen und Kommunen sowie weiterer Träger öffentlicher Belange entstan-denen Nutzungskonzepte eingegangen werden.

B. Krüger et al.

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5919 Nachnutzung und Flächenvermarktung

Diese stellen nicht nur für das Unternehmen, son-dern auch die beteiligten Partner eine besondere Form der Planung der Nachnutzung der Bergbau-folgelandschaften dar.

Ziele, Möglichkeiten und Grenzen der Nut-zungskonzepte Die Nutzungskonzepte verfol-gen zwei grundsätzliche Zielstellungen:1. Untersetzung der heterogenen Regional-,

Sanierungs- und Abschlussbetriebspläne, u. a. durch Bewertung und Abstimmung konkreter Einzelprojekte, als Vorbereitung bzw. zur Ver-tiefung kommunaler Bauleitplanungen. Somit bilden die Nutzungskonzepte auch die Grund-lage für noch durchzuführende, nachnut-zungsorientierte Sanierungsmaßnahmen und darauf aufsetzende Programme zur Inwertset-zung ausgewählter Liegenschaften einschließ-lich notwendiger privater Investitionen. Dazu gehört nicht zuletzt auch ihre Verwendung zur Darstellung der Zielnutzungen als Angebot für potenzielle Erwerber der Flächen.

2. Planung und Vorbereitung der Vermarktung der Bergbaufolgelandschaften unter beson-derer Berücksichtigung der Ausweisung von Flächen höherwertiger Nutzungen (Bauflä-chen für Gewerbe, Wohnen und Erholung). Die Nutzungskonzepte dienen somit auch der Erfassung, Bewertung und Analyse der Lie-genschaften im Eigentum der LMBV in Vor-bereitung auf deren Vermarktung.

Angesichts der Vielzahl bereits vorliegender Planungen lag die Aufgabe der Nutzungskon-zepte nicht primär darin, existierenden Vorhaben noch weitere hinzuzufügen. Ziel war vielmehr, die zahlreichen Projekte zu analysieren und auf ihre Realisierbarkeit unter finanziellen, sanie-rungstechnischen und städtebaulich-landschafts-gestalterischen Aspekten zu überprüfen und mit benachbarten bzw. konkurrierenden Planungen abzugleichen.

Die Nutzungskonzepte bündeln somit die in unterschiedlichen Planungen aufgeführten Nutzungen und Projekte in einem abgestimmten Konzept, wobei für jeden Standort ein eigenes Leitbild entwickelt wird. Dieses dient nicht zu-letzt auch einer klaren Profilierung der einzelnen Standorte im Sinne der Schaffung von Allein-stellungsmerkmalen und der Vermittlung der vorrangigen Entwicklungsziele. Das Spektrum der Entwicklungsziele umfasst land- und forst-wirtschaftliche, naturschutzfachliche, aber auch siedlungs- und infrastrukturelle, touristische und wirtschaftliche Aspekte. Die Einzugsbereiche er-strecken sich weit über die dünn besiedelten und mit relativ schwacher Wirtschaftskraft ausgestat-teten Bergbauregionen hinaus.

Die Nutzungskonzepte sind eine wichtige Grundlage sowohl für eine nachnutzungsorien-tierte Sanierung als auch für die Vermarktungs-planung der LMBV. Sie stellen aber auch ein Angebot an die öffentlichen Planungsträger dar,

Abb. 9.9 Das Nutzungs-konzept als Instrument zur Zusammenführung der Planungen

Page 14: Braunkohlesanierung || Nachnutzung und Flächenvermarktung

592

in dem die Erfahrungen und Ergebnisse aus der Sanierungsplanung mit den öffentlichen Planun-gen zusammengeführt sind (Abb. 9.9). Die digi-talen Rahmenpläne der Nachnutzung sind auf der Grundlage der Planzeichenverordnung (PlanzV) erstellt und somit direkt kompatibel mit den Bau-leitplänen der Kommunen.

Die Inhalte der Nutzungskonzepte als in-formelle Instrumente sollen möglichst in ver-bindliche, von den Regionen und Kommunen bei ihrer Entwicklungs- und Bauleitplanung zu beachtende Planungen überführt werden. Dies wird durch das Erlangen so genannter Selbstbin-dungsbeschlüsse durch die Kommunalparlamen-te erreicht. Ein vom Kommunalparlament be-schlossenes Nutzungskonzept ist nach § 1 Abs. 5 BauGB bei der Aufstellung von Bauleitplänen zu berücksichtigen. In Brandenburg und Sachsen-Anhalt haben die Mehrzahl der vom Bergbau be-troffenen Kommunen derartige Selbstbindungs-beschlüsse gefasst. Auch die überörtlichen Ins-titutionen wie Regionalversammlungen oder die Braunkohlenausschüsse fassten Beschlüsse über

die Gültigkeit der Nutzungskonzepte als Grund-lage der weiteren Entwicklung der Bergbaufolge-landschaft.

Räumliche und fachliche Strukturierung Die Konzepte beziehen sich jeweils auf einen Stand-ort bzw. Standortraum, der durch sanierungs- und flutungstechnische sowie räumliche Gegeben-heiten definiert ist und in der Regel einen grö-ßeren Restsee und dessen Umfeld umfasst. Das Untersuchungsgebiet der Nutzungskonzepte wurde zunächst bestimmt durch die Grenze des Sanierungsgebietes sowie des Grundeigentums der LMBV. In Abstimmung mit den betroffenen Kommunen wurde es unter raumstrukturellen Gesichtspunkten teilweise erweitert, um die künf-tige Entwicklung in ihren komplexen Zusam-menhängen zu erfassen und so dem Anspruch an ein integriertes Nutzungskonzept gerecht werden zu können.

Von 1999 bis 2009 wurden 16 Nutzungs-konzepte und weitere Rahmenpläne für insge-samt 57 Standorte in Bergbaufolgelandschaften

Abb. 9.10 Nutzungskonzepte und Rahmenpläne der LMBV für Bergbaufolgelandschaften

B. Krüger et al.

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5939 Nachnutzung und Flächenvermarktung

erarbeitet, die sich über eine Gesamtfläche von knapp 124.000 ha erstrecken (Abb. 9.10). Bei der Erarbeitung der Nutzungskonzepte wurden In-formationen aus nachfolgenden Quellen erfasst, zusammengeführt und bewertet:• Öffentliche Planungen

− Landes- und Regionalplanung (Sanie-rungsplan, Braunkohlenplan, Regionales Teilentwicklungsprogramm)

− Bauleitplanung (Flächennutzungsplan, Bebauungsplan)

− weitere Fachplanungen (Landschaftsrah-menplan, Tourismuskonzept).

• Sanierungs- und Verwertungsplanungen der LMBV (Abschlussbetriebspläne, Vermark-tungskonzepte).

• Informelle Planungen und Projektideen ver-schiedenster regionaler Akteure.

Inhalt und Vorgehensweise Hauptbestandteile der Nutzungskonzepte sind verschiedene digi-tal erstellte, thematische Karten sowie textliche Bewertungen und Schlussfolgerungen in Form eines Erläuterungsberichtes. Dieser ist folgender-maßen aufgebaut:1. Zielstellung des Nutzungskonzeptes2. Analyse der Rahmenbedingungen des Stand-

ortes (Lage, Größe, Geschichte, Wirtschafts-struktur, touristisches Umfeld etc.)

3. Beschreibung des Sanierungsstandes und Dar-stellung der noch durchzuführenden Maßnah-men

4. Erfassung, Bewertung und Zusammenführung der Nachnutzungsvorstellungen aus LMBV-internen, regionalen, kommunalen und weite-ren Planungen sowie detaillierte Darstellung der künftigen Nutzungsstruktur des Standortes

5. Entwicklung eines standortbezogenen Leitbil-des und Herausarbeitung von Vor- und Nach-teilen des Standortes sowie Alleinstellungs-merkmalen

6. Definition der Handlungsbedarfe und -emp-fehlungen, u. a. zur Einbindung in ein touris-tisches Gesamtkonzept, zur Fortführung des Interessenabgleichs zu den geplanten Pro-jekten innerhalb des Standortes, zu einzelnen Entwicklungsvorhaben und zum Standortmar-keting.

Als Anlage zum Nutzungskonzept sind üblicher-weise nachfolgende Pläne enthalten:• Rahmenplan mit Darstellung der Zielnutzun-

gen nach Planung und Bestand im Maßstab 1:2.000

• Rahmenplan mit Darstellung des LMBV-Ei-gentums

• Übersichtskarte des Straßen- und Wegenetzes• Kartografische Darstellungen für ausgewählte

Spezialthemen (Einzeldarstellungen von Ent-wicklungsgebieten, Standortkonkurrenzen u. a.).

Die Karten werden digital erstellt und sind somit auch mit anderen Daten im Geoinformationssys-tem (GIS) der LMBV kompatibel.

Für die Erarbeitung der Nutzungskonzepte wurde ein einheitliches Verfahren entwickelt und unter Berücksichtigung regionaler Besonderhei-ten als Standardvorgehen angewandt.

Nach einer Bestandsaufnahme der wichtigsten Daten und Fakten zum Untersuchungsgebiet er-folgte ein intensiver Dialog mit der Landes- und Regionalplanung sowie den kommunalen Be-hörden und anderen regionalen bzw. lokalen Ak-teuren. Im Ergebnis dieser Arbeitsphase wurde im Rahmen einer Erörterungsveranstaltung der erste Entwurf des Nutzungskonzeptes vorgestellt und den beteiligten Partnern übergeben. Dabei wurde der gleiche Teilnehmerkreis wie bei einem Verfahren mit den Trägern öffentlicher Belange (TÖB-Verfahren) einbezogen.

Innerhalb der folgenden längeren Phase hat-ten die Beteiligten die Möglichkeit, ihrerseits Einwände, Hinweise und Vorschläge zum Inhalt des Nutzungskonzeptes vorzubringen, die abge-wogen und berücksichtigt oder begründet ver-worfen wurden. Im Ergebnis entstand der zweite Entwurf des Nutzungskonzeptes. Dieser wurde im Rahmen einer weiteren Erörterung erneut mit allen Akteuren diskutiert.

Danach wurde das Nutzungskonzept fertig-gestellt und den Ländern, Regionen, Kommunen und anderen Partnern übergeben. Die Kommu-nen wurden aufgefordert, dieses im jeweiligen Kommunalparlament zu behandeln und mög-lichst mit Selbstbindungsbeschluss für verbind-lich zu erklären. Abschließend erfolgte die Vor-stellung der Konzepte bedarfsweise vor weiteren Gremien, wie dem Braunkohlenausschuss des

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594

Landes Brandenburg oder der Regionalversamm-lung des Planungsverbandes Lausitz-Spreewald.

Einsatz von Geoinformationssystemen Der Umfang und die räumliche Ausdehnung der Sanierungsgebiete der LMBV erfordern zwin-gend den Einsatz moderner Technologien zur Verarbeitung raumbezogener Informationen. Bei der Planung der Nachnutzung und Vermarktung gilt es außerdem eine Vielzahl bergbaulicher, katasterlicher, raumordnerischer, landes-, regio-nal- und kommunalplanerischer Geodaten zu berücksichtigen (Kadler 2002).

Deshalb lag es nahe, Geoinformationssysteme für die Bereitstellung von Daten und Informa-tionen zur Entwicklung, Nachnutzung und Ver-marktung von Liegenschaften des ehemaligen Braunkohlenbergbaus zu nutzen.

Mitte der 90er Jahre wurde eine spezifische GIS-Fachschale Standortentwicklung auf der Grundlage des CAD-Systems MicroStation ent-wickelt, die zunächst zur Unterstützung der Entwicklung und Vermarktung der ehemaligen Industriestandorte genutzt wurde. Die GIS-Funk-tionalitäten zur Erfassung von Sachdaten sowie zur Verdichtung, Analyse und Ausgabe von Sach-daten einschließlich thematischer Reports wur-den mit den Funktionalitäten des Modular GIS Environment (MGE) und einer leistungsfähi-gen ORACLE-Datenbank realisiert. (Abb. 9.11, Ebersbach et al. 1999)

In einer ersten Einsatzphase der Fachschale wurden im Zeitraum 1997-98 für ca. 50 ehema-lige Industriestandorte des ostdeutschen Braun-kohlenbergbaus die Grundlagendaten erfasst und Nutzungsziele definiert.

Aufgrund der positiven Ergebnisse wurde in den Jahren 1999–2003 verstärkt dazu über-gegangen, die Möglichkeiten der Fachschale auch für die Erstellung von rahmenplanerischen Grundlagen der Nachnutzung für großflächi-ge Tagebausanierungsgebiete auszuschöpfen. Dabei wurden mit Hilfe der Fachschale alle re-levanten Nachnutzungsplanungen der beteiligten Länder, Regionen und Kommunen sowie der LMBV in einer einheitlichen Umgebung erfasst und dargestellt. Die so erzeugten Informationen waren die Grundlage für die Klärung von Pla-nungs- und Entwicklungskonflikten und eine engere Verknüpfung mit der Sanierungsplanung, dem bergmännischen Risswerk und anderen Fachinformationen.

Aufgrund der schnellen technologischen Ent-wicklungen im GIS-Bereich wurden die techni-schen und technologischen Grundlagen zur Er-fassung sowie Be- und Verarbeitung von raumbe-zogenen Informationen mehrfach modifiziert und unternehmensweit vereinheitlicht (Stephan et al. 2002). Die heute vorhandene unternehmensein-heitliche Plattform ermöglicht eine schnelle Ver-knüpfung mit anderen Liegenschaftsdaten (Flur-

Abb. 9.11 Benutzerober-fläche der GIS-Fachschale Standortentwicklung

B. Krüger et al.

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5959 Nachnutzung und Flächenvermarktung

stücke, Verkaufsobjekte), dem bergmännischen Risswerk, der Sanierungsplanung, dem Altlasten-kataster und anderen Fachschalen (Geotechnik, Hydrologie, Forstwirtschaft u. a.) (Abb. 9.12). Mittels eines speziell entwickelten Informations-systems namens TEKTOview werden die Geo- und Sachdaten jedem Mitarbeiter bereitgestellt und können durch ihn am PC grafisch verknüpft und ausgewertet werden.

Diese intensive Nutzung erfordert eine kon-tinuierliche Aktualisierung der Konzepte, da der komplexe Planungsprozess der Bergbaufolge-landschaften sich beständig weiterentwickelt. Der Aktualisierungsbedarf ergibt sich vor allem aus folgenden Faktoren:• Fortschreibung der Sanierungsplanung,• Fortschreibung der öffentlichen Planungen,• Vermarktungsaktivitäten der LMBV,• Neue Investitionsvorhaben und Projektideen.

Ausgewählte Beispiele Seit 1999 wurden durch die LMBV insgesamt 57 informelle Planungs-grundlagen für Sanierungsgebiete im Lausitzer und Mitteldeutschen Revier geschaffen, die den aktuellen Stand der geplanten Nachnutzung der Bergbaufolgelandschaften dokumentieren. Die-

ses Ergebnis war mit einer intensiven Diskussion mit den beteiligten Ländern, Regionen und Kom-munen sowie weiteren öffentlichen und privaten Partnern bei der Gestaltung und Nutzung der Landschaften nach dem Bergbau verbunden. Die folgenden zwei Beispiele sollen einige Resultate der mehrjährigen Arbeit an den Nutzungskon-zepten und Rahmenplänen darstellen.

Landschaftspark Goitzsche Die Bergbaufolge-landschaft Goitzsche erstreckt sich auf einer Gesamtfläche von über 6.800 ha zwischen den Städten Bitterfeld und Delitzsch. Sie ist verkehrs-technisch gut über die Bundesautobahn A9 und die Bundesstraße B100 zu erreichen. Das Gebiet wird durch die Landesgrenze zwischen Sachsen und Sachsen-Anhalt geteilt.

Das Nutzungskonzept für den Standortraum Goitzsche wurde 2001 erarbeitet und im Jahr 2003 infolge der Hochwasserflut 2002 aktuali-siert (Abb. 9.13). Vor allem aufgrund der Ein-bindung des Landschaftsparkes Goitzsche in die Korrespondenzregion der EXPO 2000 waren be-reits umfangreiche planerische Grundlagen vor-handen. Dazu zählten im Einzelnen:

Abb. 9.12 Datengrundlagen und Ergebnis der Rahmenplanung der Bergbaufolgelandschaften

Page 18: Braunkohlesanierung || Nachnutzung und Flächenvermarktung

596

Regionalplanerische Dokumente:• Landschaftsprogramm des Landes Sachsen-

Anhalt• Regionales Entwicklungsprogramm Dessau

(1996)• Regionales Teilgebietsentwicklungspro-

gramm für den Planungsraum Goitzsche (Sachsen-Anhalt 1997)

• Regionalplan Westsachsen (2001)• Braunkohlenplan als Sanierungsrahmenplan

für den Tagebaubereich Goitzsche-Holzwei-ßig-Rösa (Sachsen 2002).

Bergrechtliche Planungen:• Abschlussbetriebsplan Tagebau Goitzsche

(1993) einschließlich Ergänzungen.Kommunale und sonstige Planungen:• Flächennutzungsplanungen der Anliegerkom-

munen (zum Teil noch im Entwurf)• Regionales Aktionsprogramm Anhalt-Bitter-

feld-Wittenberg- EXPO 2000 (1997/98)

• Masterplan „Bergbaufolgelandschaft Goitz-sche“ (1996)

• Tourismus-/Freizeitentwicklungskonzept Goitzsche (1999)

• Konzept zur infrastrukturellen Erschließung der Bergbaufolgelandschaft Goitzsche (1999)

• Struktur- und Entwicklungskonzept Seelhau-sener See (2002)

• „Projektbündel“ des Zweckverbandes Berg-baufolgelandschaft Goitzsche“ (2003)

• Projekte der EXPO 2000 Sachsen-Anhalt• Bebauungspläne für Teilbereiche.Der Haupteinzugsbereich des Standortraumes Goitzsche liegt im Norden des Gebietes, wo deutlich geringere Standortkonkurrenzen auf-treten als im Süden des Raumes. Aufgrund sei-ner Größe und Alleinstellungsmerkmale hat der Landschaftspark Goitzsche gute Chancen, sich zu einem überregional bedeutsamen Erholungs-gebiet zu entwickeln. Er hat den Vorteil, dass

Abb. 9.13 Rahmenplan des Nutzungskonzepts für den Landschaftspark Goitzsche

B. Krüger et al.

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5979 Nachnutzung und Flächenvermarktung

hier ein überdurchschnittlich hohes Maß an Nut-zungspotenzialen vorhanden ist. Die Schaffung klar zugewiesener, gegeneinander abgegrenzter Bereiche stellt ein besonderes Standortmerkmal dar. So sind vor allem die Nord- und Ostbereiche des Großen Goitzsche Sees mit Angrenzung an die Ortslagen Bitterfeld, Mühlbeck und Pouch für eine intensive Nutzung für Tourismus und Naherholung prädestiniert, während der Zentral- und südwestliche Teil des Landschaftsparks vor allem den Belangen des Natur- und Landschafts-schutzes und einer ruhigen Erholung vorbehalten bleibt. Bereits heute locken die Bitterfelder Was-serfront, der Pegelturm am Nordufer des Großen Goitzsche Sees und die Halbinsel Pouch mit der Agora, die die Kulisse für spektakuläre Freiluft-veranstaltungen bietet, tausende Besucher an. Bekannt wurde der Standortraum auch durch diverse, im Rahmen der EXPO 2000 realisierte Landschaftskunstobjekte, die in Form und Aus-maß einmalig in Deutschland sind und maßgeb-lich zur Attraktivität und Profilierung des Land-schaftsparks Goitzsche beigetragen haben.

Der „Landschaftspark Goitzsche“ steht daher als ein vor allem der Erholung dienender Natur-raum unter dem Leitbild „Einzigartige Kunst- und Kulturlandschaft mit hoher touristischer At-traktivität“.

Das Nutzungskonzept Goitzsche wurde nach dem bereits dargestellten Verfahren erarbeitet. Eine besondere Herausforderung ergab sich aus dem Ländergrenzen überschreitenden Untersu-chungsraum, wodurch eine intensive interkom-munale und länderübergreifende Abstimmung erforderlich wurde. In den Abstimmungsprozess waren die sachsen-anhaltinischen und sächsi-schen Kommunen, die Landkreise Bitterfeld und Delitzsch, das Regierungspräsidium Dessau und der Regionale Planungsverband Westsachsen und der kommunale Zweckverband Goitzsche einbezogen.

Lausitzer Seenland (brandenburgischer Teil) Die Bergbaufolgelandschaft Lausitzer Seenland umfasst Flächen der ehemaligen Tagebaue Sed-litz, Scado, Koschen und Meuro in Brandenburg und im Freistaat Sachsen. Die mit der Sanierung entstehenden vier Restseen mit einer Gesamt-

wasserfläche von über 4.000 ha werden durch Kanäle schiffbar miteinander verbunden. Die ers-ten Verbindungen zwischen den einzelnen Seen wurden bereits realisiert. Auch eine Verbindung zum bereits etablierten Senftenberger See über zwei Tunnel und eine Schleuse wird 2013 fertig-gestellt.

Durch die Anbindung an weitere Seen im Osten des Standortraumes entsteht hier bis 2015 eine der großen Seenlandschaften Deutschlands und damit ein ausbaufähiges Potenzial für die Entwicklung einer neuen Tourismusdestination. Bei Umsetzung der geplanten vielfältigen Pro-jekte und der schrittweisen Entwicklung von Anlagen für den allgemeinen Erholungstouris-mus kann sich dieser Standortraum zu einer deutschlandweit bekannten Tourismusdestina-tion entwickeln.

Im Osten des Standortraumes befinden sich der Partwitzer See und der Geierswalder See, die beide teilweise auf sächsischem und brandenbur-gischem Territorium liegen. Am Partwitzer See sollen im Rahmen des Vorhabens „Aqua Terra“ verschiedene touristische Projekte realisiert wer-den. Ein Initial dieser Entwicklung ist das erste schwimmende Haus im Lausitzer Seenland, das am Ostufer des Sees errichtet wurde.

Am Geierswalder See soll eine Wasserwelt mit vielfältigen touristischen Angeboten entste-hen. Neben dem bereits errichteten Hafen sind u. a. der Bau einer schwimmenden Ferienhaus-anlage, eines Campingplatzes und einer Wasser-skianlage vorgesehen.

Der sich nordwestlich anschließende Sedlitzer See ist Standort einer Reihe weiterer Vorhaben. Südlich der Ortslage soll die Wohnbebauung zum See hin abgerundet werden und mit der so ge-nannten Lagune Sedlitz eine außergewöhnliche Wohnanlage entstehen. Am Nordufer des Sees ist ein komplexer touristischer Entwicklungsbe-reich geplant, dessen Kern der Wasserlandeplatz für Flugzeuge sein soll. Außerdem wird die tech-nische und finanzielle Realisierbarkeit des Baus eines schwimmenden Steges an der schmalsten Stelle des Sees geprüft. Am südöstlichen Aus-gangspunkt der möglichen Verbindung zwischen den Ufern wurde eine Landmarke in Form eines Aussichtsturmes errichtet, die zum Wahrzeichen des Sees werden könnte.

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598

Der letzte der vier Seen ist der Großräschener See, der das Seenland zugleich nach Westen hin abschließt. Der zwischen den Städten Großrä-schen und Senftenberg gelegene See wird, nicht zuletzt dank seiner verkehrsgünstigen Lage nahe der Bundesautobahn A13, damit zum Ausgangs-punkt für die Erkundung des Lausitzer Seenlan-des. Am Nordufer des Großräschener Sees be-findet sich der zentrale städtebauliche Entwick-lungsbereich.

Das gesamte Lausitzer Seenland ist gleich-zeitig einer der Entwicklungsschwerpunkte der Internationalen Bauausstellung (IBA) Fürst-Pü-ckler-Land.

Während die anderen drei Seen infolge des Aufgangs von Grundwasser bereits weitgehend gefüllt sind, wurde die Flutung des Großräsche-ner Sees im Jahr 2007 begonnen. Die durch den Braunkohlenbergbau entstandenen spezifischen Landschaftsformen um den Großräschener See sollen exemplarisch erhalten bzw. durch bauliche

Maßnahmen überhöht dargestellt werden. Damit wird die Einzigartigkeit des Raumes unterstri-chen.

Die Schaffung klar zugewiesener, gegenei-nander abgegrenzter und mit allen Beteiligten abgestimmter Nutzungszonen für Erlebnistou-rismus, sanfte Erholung und so genannte Tabu-zonen für die ungestörte Entwicklung der Natur ist ein Mittel, die nachnutzungsorientierte Sanie-rung zielgerichtet durchzuführen und Planungs-sicherheit zu erreichen. Somit liegen alle Voraus-setzungen auch für die Realisierung touristischer Großprojekte vor, denen der Raum eine spannen-de Kulisse bietet.

Bei der Erarbeitung des Nutzungskonzeptes galt es, die Entwicklungsziele für den Raum vor dem Hintergrund des gesamten Lausitzer Seen-landes, über die Landesgrenze hinaus, zu fixieren (Abb. 9.14). Zum anderen kam es darauf an, die aufgrund der Größe und Ausdehnung des Unter-suchungsgebietes verstärkt auftretenden Nut-

Abb. 9.14 Rahmenplan des Nutzungskonzeptes der LMBV für den brandenburgischen Teil des Lausitzer Seenlandes

B. Krüger et al.

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5999 Nachnutzung und Flächenvermarktung

zungskonkurrenzen zu vermeiden oder zumin-dest einzugrenzen. Schließlich war eine Vielzahl landesentwicklungspolitischer, regionaler und kommunaler Interessen zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang hatten die Impulse und die koordinierende Wirkung der Arbeit der IBA einen positiven Einfluss auf die Entstehung der Nutzungskonzepte.

Im Land Brandenburg war der Erarbeitung von Nutzungskonzepten für Bergbaufolgeland-schaften, die durch kommunale Selbstbindungs-beschlüsse fast ausnahmslos ein wichtiger Aus-gangspunkt für die kommunale Bauleitplanung wurden, von besonderer Bedeutung. Das war der Situation geschuldet, dass die bereits Anfang der 1990er Jahre aufgestellten Sanierungspläne in vielen Teilen nicht mehr aktuell und zu ungenau waren. Die Nutzungskonzepte dienten somit zu-gleich der Aktualisierung der landesplanerischen Grundlagen für die Gestaltung der Bergbaufolge-landschaften.

9.3.4 Arbeitsweise und Projekte der Internationalen Bauausstellung (IBA) Fürst-Pückler-Land 2000–2010

Die IBA Fürst-Pückler-Land arbeitet gleichzeitig an 30 verschiedenen Einzelprojekten, welche sich thematisch und flächenmäßig in neun Teilgebiete einordnen – ein Zentrum, sieben Landschafts-inseln und eine Europainsel. Diese „Inseln“ sind Gebiete mit ganz bestimmten Gegebenheiten, Strukturen und Problemen. Jedes hat ein eigenes Thema (Abb. 9.15).

Da gibt es zum Beispiel die Landschaftsinsel „Industriekultur“ rund um Lauchhammer mit ausgewählten Industriedenkmälern wie dem Be-sucherbergwerk F60, den Biotürmen in Lauch-hammer (Abb. 9.16) und dem Kraftwerk Plessa.

Die Landschaftsinsel „Wasserwelt Lausitzer Seenkette“ hingegen widmet sich der entstehen-den Seenlandschaft zwischen Großräschen und Hoyerswerda (Abb. 9.17).

Weil es bei den Einzelprojekten innerhalb der Landschaftsinseln oft ähnliche Probleme gibt, wird das Vorgehen abgestimmt. Für jedes der

Projekte müssen zwar zunächst einmal Ideen ge-funden werden. Entscheidend ist aber: Wie sind die Ideen umzusetzen? Mit welchen Mitteln und mit welchen Partnern? So hat sich für jede Land-schaftsinsel ähnlich einem „Inselrat“ ein Koordi-nationsgremium herausgebildet, in dem die be-teiligten Akteure miteinander kooperieren.

Die IBA ist auf die Zusammenarbeit mit Drit-ten angewiesen. Sie ist keine Behörde oder Ge-bietskörperschaft, sondern eine zeitlich befristete GmbH. Als intermediäre Organisation steht sie außerhalb der Planungshierarchie – sie erstellt keine Bebauungspläne, hat keinen Planungsvor-behalt und keine Befugnisse. Sie hat nur die Mit-tel der Kommunikation. Die IBA kann Projekte vorschlagen, initiieren und geeignete Entschei-dungsträger zusammenbringen. Die IBA ver-sucht, den ohnehin anstehenden Strukturwandel zu qualifizieren und mit gestalterischen Ansprü-chen zu versehen. Sie „macht“ keine Projekte, sondern fördert Projektträger, wo sie bestehen und gründet neue, wo diese für ungewöhnliche Ideen gesucht werden. Die IBA versteht sich somit gleichzeitig als Initiator von Netzwerken, als Forum, Ideenfinder, Motor und Katalysator des Wandels sowie als Anwalt des industriellen Erbes und das auf Basis einer tragfähigen Zu-kunftsvision.

Die wichtigsten Kooperationspartner der IBA sind das Land Brandenburg über verschiedene Ministerien, vor allem dem Ministerium für Inf-rastruktur und Raumordnung, der Bergbausanie-rer LMBV, der Bergbaubetreiber Vattenfall, die Kreise, Kommunen und Gemeinden sowie Stif-tungen, Vereine und Unternehmen der Region.

In immer wieder anderen Konstellationen versucht die IBA anspruchsvolle Ideen durchzu-setzen und dafür die entsprechenden Bündnisse verschiedener Partner zu schmieden. Ein erstes wirtschaftliches Ergebnis der zunächst gestal-terisch-organisatorischen Arbeit (einschließlich Finanzierungs-, Träger- und Betreibermodelle) sind touristische Aktivitäten in Gebieten, die man vorher als eher besucherabweisend einschätzte.

Seit 2002 entwickelt die IBA die verschie-densten Touren und touristischen Angebote (Abb. 9.18).

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600

Damit werden drei Ideen verfolgt: Zum einen soll die Arbeit der IBA und die Idee vom Struk-turwandel anschaulich werden. Gleichzeitig will die IBA, indem sie auf neue Weise die Qualitäten der Region erlebbar macht, zum Imagewandel

der Lausitz beitragen. Schließlich ist es erklär-tes Ziel der IBA, wirtschaftliche Impulse für die Lausitz zu geben. Der durch die IBA-Aktivitä-ten angeregte Tourismus befördert alle drei Ziele gleichzeitig.

Viele bislang abgeriegelte und geheimnis-voll wirkende Tagebaue und Industrieareale mit ihrer eigentümlichen Schönheit werden nun für die Öffentlichkeit zugänglich. Geführte Touren durch die Tagebaue lassen Einheimische und Gäste „Steppe, Canyons und Giganten aus Stahl“ (so der Titel einer der Touren) entdecken und er-möglichen damit neue Sichtweisen auf die Lau-sitz im Wandel. Einige der Attraktionen gibt es in wenigen Jahren nicht mehr, wenn die Tagebaue geflutet und zur größten künstlichen Seenland-schaft geworden sind. Solange lassen sich die Veränderungen in Flora und Fauna und der land-schaftliche Wandel unmittelbar miterleben.

Abb. 9.16 Biotürme Lauchhammer

Abb. 9.15 Karte mit IBA-Projekten und Landschaftsinseln

B. Krüger et al.

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6019 Nachnutzung und Flächenvermarktung

Ständig wird das Angebot ergänzt, teilweise durch die IBA selbst, teilweise durch Partner-unternehmen. Neu hinzugekommen sind ab 2005 zum Beispiel Off-Road-Touren mit dem Gelän-dewagen oder auch Floßfahrten auf den entste-henden, erst halb gefüllten Seen. Weitere Touren führen zu den Industriemonumenten und ent-lang des neu geschaffenen Fürst-Pückler-Weges. Die IBA schuf und schafft in der Lausitz völlig neuartige touristische Produkte. Dafür schult sie auch Gästeführer und unterstützt die IBA-

Projekte, wie die IBA-Terrassen, das Besucher-bergwerk F60 (Abb. 9.19) oder die Slawenburg Raddusch, von Beginn an möglichst rasch auf eigenen Füßen zu stehen.

So will die IBA Impulse geben und Entwick-lungen anstoßen. Ziel ist es, regionale Akteure unter Nutzung eigener Potenziale und Ressour-cen der Region nachhaltig zum Handeln zu ak-tivieren.

Die Veränderung der Landschaft als Thema der IBA ist auch ein Thema des Informations-

Abb. 9.17 Schwimmendes Haus auf dem Partwitzer See

Abb. 9.18 Tagebauerkun-dung „Reise zum Mars“

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602

und Ausstellungszentrums IBA-Terrassen in Großräschen-Süd. Seit 2007 kann man von hier aus das steigende Wasser im ehemaligen Tagebau Meuro und damit die Transformation der Land-schaft besonders gut beobachten. Derzeit bietet sich die höchstmögliche Spannung zwischen archaischer Grubenlandschaft und feinsinniger klarer Architektur.

Von 2000 bis 2010 hatten die IBA und ihre Partner elf Jahre, um eine ungewöhnliche, at-traktive Seenlandschaft mit zu gestalten. Danach setzen die Partner und Akteure die begonnene Arbeit fort. In den ersten fünf Jahren der IBA ging es vor allem darum, Soforthilfe zu leisten, um das durch drohenden Abriss oder Verfall akut gefährdete industrielle Erbe zu retten und damit die Identität der Region zu wahren. Nach dem Motto „Zukunft braucht Herkunft“ sollte damit auch die Chance auf eine eigenständige Regio-nalentwicklung erhalten werden. In der ersten Hälfte der IBA wurde für diese Entwicklung das Fundament gelegt. Zudem organisierte die IBA mit ihren Partnern erste Höhepunkte wie die Er-öffnungen des Besucherbergwerks F60, der Sla-wenburg Raddusch und der IBA-Terrassen in Großräschen.

In der zweiten Hälfte wurde auf diesem Fun-dament erster Erfolge aufgebaut. Es entstand Neues, das in der Region, in ihrer Geschichte und Kultur wurzelt und in die Zukunft weist.

Mit Jahresthemen wie Europa in der Lau-sitz 2006, Energieland Lausitz 2007, Seensucht Lausitz 2008, Neues Land 2009 und dem IBA-

Finale 2010 wollte die IBA ihre eigenen diesbe-züglichen Projekte in den Vordergrund rücken, sie wollte sich aber auch mit ihrem Informati-ons- und Ausstellungszentrum „IBA-Terrassen“ (Abb. 9.20 und 9.21) sowie regionalen Kampag-nen über ihre eigenen Projekte hinaus als Schau-fenster und Plattform für die Region und ihre Ak-teure insgesamt anbieten.

9.3.5 Öffentliche Aufmerksamkeit und wirtschaftlicher Erfolg des entstehenden Lausitzer Seenlandes

Das Hauptpotenzial des Lausitzer Seenlandes liegt im Wassertourismus. Die derzeitigen infra-strukturellen Nachteile im Vergleich zu anderen Wasserlandschaften fordern ein besonders star-kes Konzept der Entwicklung, welches schein-bare Nachteile in Vorteile ummünzt.

Das Lausitzer Seenland unterscheidet sich von anderen touristischen Gebieten durch die Be-sonderheit der durch den Bergbau gebauten und neu geplanten Landschaft. Sie ist die größte von Menschenhand gebaute Wasserlandschaft Euro-pas. Eine markante Gestalt und Ästhetik dieser neuen Kulturlandschaft wird mitentscheidend sein für eine überregional wirksame touristische Anziehungskraft. Auch der „Beginn als unbe-schriebenes Blatt“ beim Aufbau eines wasser-orientierten Tourismus bietet trotz vieler Heraus-forderungen eine große Chance für eine optimale Funktionalität und einen eigenständigen Charak-ter (Abb. 9.22).

Die Konzeption des Lausitzer Seenlandes zielt zum einen auf die Entwicklung einer zeit-lich-räumlich optimal funktionierenden „Stan-dard“-Infrastruktur. Ein vom Besucher allgemein erwartetes Angebot an Produkten wird grundsätz-lich breit abgedeckt. Unterkünfte, Restauratio-nen, Besucherservice, Promenaden und Marinas müssen in sehr guter Qualität entwickelt werden. Auf dieser Grundlage sind Schwerpunktsetzun-gen möglich und nötig. Schließlich ist der Erfolg des Lausitzer Seenlandes in Konkurrenz zu an-deren gut entwickelten Seengebieten in Europa

Abb. 9.19 Besucherbergwerk F60 als Licht-Klang- Installation

B. Krüger et al.

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6039 Nachnutzung und Flächenvermarktung

nur durch Besonderheiten bis hin zu Superlativen wahrscheinlich (Abb. 9.23).

Ziel ist, das Lausitzer Seenland insgesamt als ein offenes, flexibles System zu verstehen und zu entwickeln. Als Gegensatz dazu sind das ge-scheiterte Projekt eines „Karl-May-Landes“ in der Lausitz oder künstliche Erlebniswelten wie Themenparks á la Disneyland als geschlossene Systeme zu verstehen und hier abzulehnen. Of-fene Systeme sind in der Lage, auf sich ändernde Nachfragesituationen reagieren zu können. Sie bauen auf eine gezielte Überlagerung und Ergän-zung der Freizeitteilmärkte und eine gelungene Mischung von Produkten. Ein offenes System

kann mit einem schrittweisen Aufbau und einem vielfältigen System aus Investoren und Betrei-bern langsam entstehen und korrespondiert somit auch gut mit der aufgrund des Wasseranstieges allmählichen Entwicklung des Seenlandes. Ge-schlossene Teilsysteme können an bestimmten Standorten durchaus integriert werden; sie bilden aber nicht die Basis der Entwicklung.

Die tourismuswirtschaftliche Konzeption des Seenlandes darf nicht nur auf die aktuellen Märk-te reagieren, sondern muss in Anbetracht der lan-gen Entwicklungszeiträume, auf der Grundlage allgemeiner Trends, Märkte selber gestalten und neue Marktnischen definieren.

Abb. 9.20 Luftbild mit Seebrücke + IBA-Terras-sen am Großräschener See – vor der Flutung

Abb. 9.21 Seebrücke + IBA-Terrassen am Groß-räschener See – nach der Flutung (Vision)

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604

Voraussetzung ist eine stabile, länderüber-greifend abgestimmte Zusammenarbeit, die Ver-ständigung der Kommunen über ihre Stärken und Schwächen und eine daraus folgende Abstim-mung zur Standortentwicklung einschließlich der notwendigen Organisationsstrukturen und Betriebsformen.

Die Stärke des Gebiets liegt in der guten Ver-netzung der Seen miteinander zu einem starken Seenverbund. Dies erfordert eine enge interkom-munale Kooperation. Planung und Entwicklung müssen abgestimmt erfolgen, damit die touristi-schen Einzelprodukte sich gegenseitig ergänzen

und das Seenland als Ganzes nach außen als ein einmaliges und attraktives Reiseziel wahrgenom-men wird.

Die Identifikation der Bevölkerung mit ihrer Region und die Akzeptanz des Wandlungspro-zesses hin zur Tourismusregion sind Grundvor-aussetzungen für eine erfolgreiche touristische Entwicklung. Die gastgebende Bevölkerung ist ein wichtiger Botschafter für die Region. Zufrie-dene Gäste, die sich freundlich empfangen füh-len und das Gefühl vermittelt bekommen, sich in einer auch von den Bewohnern als attraktiv empfundenen Region zu befinden, werden zu

Abb. 9.22 Schwimmen-de Tauchschule auf dem Gräbendorfer See

Abb. 9.23 Wasserflug-zeug beim Landen auf dem Sedlitzer See

B. Krüger et al.

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6059 Nachnutzung und Flächenvermarktung

positiven Multiplikatoren. Die Qualitäten der neuen Urlaubsregion „Lausitzer Seenland“ und die damit verbundenen Chancen müssen daher immer auch in der Region selber kommuniziert werden. Ziel des Innenmarketings ist vor allem die Herausbildung einer Identifikation der Be-wohner mit dem Lausitzer Seenland. Die Bevöl-kerung muss über Informationsveranstaltungen und imagebildende Maßnahmen in den Wand-lungsprozess einbezogen werden.

Gleichzeitig mit der Identifikationsbildung nach innen muss der Imagewandel der Region nach außen strahlen. Das Lausitzer Seenland hat als Urlaubsregion noch keinen Namen, die Lau-sitz wird bislang noch nicht mit einer attraktiven Seenlandschaft in Verbindung gebracht. Dieser Prozess ist wie der nach innen nicht von heute auf morgen leistbar, sondern muss frühzeitig be-gonnen und kontinuierlich gepflegt und entwi-ckelt werden.

Für den Imageaufbau nach außen ist also der interne Konsens über die zu kommunizierenden Schlüsselthemen von grundlegender Bedeutung aber auch die konsequente Einhaltung gestalte-rischer Leitlinien. Im Wettbewerb der Regionen sind klare Schwerpunktsetzungen und Wieder-erkennungseffekte wichtig, um vom Gast als Ganzes wahrgenommen zu werden.

Aufbauend auf Begriffen wie „Region im Entstehen“, „Landschaftswandel“, „aktiv + sport-lich“, „originell + innovativ“ werden emotionale Botschaften formuliert. Dabei muss vermittelt werden, dass das Lausitzer Seenland eine touris-tische Destination im Entstehen ist. Auch wenn vieles noch Zukunft ist, ist der Wandlungspro-zess bereits jetzt für sich betrachtet ein spannen-des Ereignis, das es lohnt mitzuerleben.

Eine einheitliche Außendarstellung durch ein gemeinsames Corporate Design ist Grundvoraus-setzung dafür, dass die Region von außen über-haupt wahrgenommen wird. Vor diesem Hinter-grund ist die entwickelte Wort-Bild-Marke und der Internetauftritt bereits eine entscheidende Weichenstellung. Um die neue Marke „Lausitzer Seenland“ (Abb. 9.24) möglichst schnell bekannt zu machen, ist sie konsequent in allen inhaltli-chen Zusammenhängen des Seenlandes und von allen regionalen Akteuren zu transportieren.

Beim Imageaufbau ist unter dem Dach einer zu gründenden gemeinsamen Organisation kon-zertiertes Handeln aller Akteure notwendig. Er-folgsfaktoren für das gemeinsame Handeln sind die konsequente Orientierung an den Gästewün-schen, die Zurückstellung lokaler und kleinräu-miger Interessen sowie die Bündelung von Auf-gaben und finanziellen Mitteln.

Im Vergleich mit dem ebenfalls künstlich ent-standenen Fränkischen Seenland hat das Lausit-zer Seenland die sechsfache Wasserfläche. Die Entfernung zu größeren Städten und Ballungs-gebieten ist ähnlich. Aufgrund einer sehr konse-quenten und gut abgestimmten Planung und Rea-lisierung wurde das Fränkische Seenland zum Erfolgsmodell mit ca. 1.600 neuen Arbeitsplät-zen. Im Vergleich damit müssten im Lausitzer Seenland mindestens 2.000 neue Arbeitsplätze durch den Tourismus entstehen. Eine steigende touristische Anziehungskraft ist ein Zeichen für die Attraktivität einer Region und wirkt als wei-cher Standortfaktor förderlich auf weitere wirt-schaftliche Entwicklungen und Ansiedlungen auch außerhalb des Tourismusgewerbes (z. B. bei Industrieansiedlungen).

Entscheidend für all diese positiven Entwick-lungen ist, dass das Lausitzer Seenland seine Künstlichkeit (das industriell Gewordensein und das vom Menschen Gemachtsein) nicht kaschiert oder verleugnet, sondern dass es dies zu seiner Besonderheit und zu seinem Markenzeichen macht (Abb. 9.25).

Dabei spielen in der großen und naturräum-lich vielfältigen Wasser- und Landfläche, die die Hälfte des Seenlandes schiffbar verbinden-den Kanäle, die erhaltene, sanierte und um-funktionierte Industriekultur und die schwim-mende Architektur, die das Freihalten der Ufer mit völlig neuen Erlebnissen und Aufenthalten

Abb. 9.24 Logo Lausitzer Seenland

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auf dem Wasser verbindet, eine entscheidende Rolle.

Dadurch, dass es der Regionalen Planungs-gemeinschaft Lausitz-Spreewald gelungen ist, diesen Wandlungsprozess mit einer Internatio-nalen Bauausstellung zu kombinieren und sich nicht auf ein regionales Entwicklungsprojekt beschränken zu lassen, war von vornherein eine nationale und internationale Aufmerksamkeit in Fachkreisen und zu bestimmten Höhepunkten auch in den Medien gesichert.

Die inhaltliche Ausrichtung des Wandlungs-prozesses, seine gestalterisch-organisatorische Absicherung und die schon während des Prozes-ses vorhandene mediale Aufmerksamkeit, sind wohl die entscheidenden Beiträge der IBA Fürst-Pückler-Land für den Erfolg des mit dem Berg-bau verbundenen Strukturwandels in der Lausitz.

9.4 Flurneuordnung in Bergbausa-nierungsgebieten

Die bergbaulichen Tätigkeiten und anschließenden Sanierungsarbeiten führen dazu, dass die Eigen-tumsstrukturen des Liegenschaftskatasters nicht mehr den tatsächlichen Nutzungen entsprechen. Die Grenzmarkierungen vor Ort wurden in den ehemaligen Tagebaubereichen fast vollständig be-seitigt. Eine Wiederherstellung der alten vorberg-baulichen Grenzverläufe wäre äußerst aufwendig und im Hinblick auf die zukünftige Nutzung der Flächen auch nicht sinnvoll. Das Liegenschafts-kataster kann seine Aufgabe, eine Verknüpfung

zwischen dem Eigentumsnachweis im Grundbuch und der tatsächlichen Lage des Grundstückseigen-tums in der Örtlichkeit herzustellen, nicht mehr sinnvoll erfüllen. Somit besteht die Notwendigkeit einer umfassenden Neuordnung der Liegenschaf-ten in den ehemaligen Tagebaugebieten an Hand der neu entstandenen Nutzungs- und Eigentums-verhältnisse. Die rechtlichen Grundlagen für eine Neuordnung des Liegenschaftskatasters schafft das Flurbereinigungsgesetz.

Die Flurneuordnung nach Flurbereinigungs-gesetz (FlurbG) dient der Verbesserung der Produktions- und Arbeitsbedingungen in der Land- und Forstwirtschaft sowie der Förderung der allgemeinen Landeskultur und der Land-entwicklung. Sie wird in einem behördlich ge-leiteten Verfahren innerhalb eines bestimmten Gebietes (Flurbereinigungsgebiet) unter Mit-wirkung der Gesamtheit der beteiligten Grund-eigentümer und der Träger öffentlicher Belange sowie der landwirtschaftlichen Berufsvertretung durchgeführt (§ 2 Abs. 1 FlurbG). Dabei werden die Eigentumsverhältnisse im Flurbereinigungs-gebiet entsprechend der jeweiligen Landschafts-struktur unter Abwägung der Interessen aller Beteiligten nach landeskulturellen und betriebs-wirtschaftlichen Gesichtspunkten neu geordnet. Das Liegenschaftskataster wird an die vorhande-nen Nutzungsverhältnisse angepasst; zersplitter-ter oder unwirtschaftlich geformter Grundbesitz wird zusammengelegt und nach Lage, Form und Größe zweckmäßig gestaltet. Die Grundeigentü-mer bringen ihre innerhalb des Flurbereinigungs-gebietes liegenden Grundstücke in das Verfahren ein und erhalten im Ergebnis der Flurneuordnung gleichwertige, jedoch neu zugeschnittene Grund-stücke zurück.

Die Flurneuordnung stellt damit ein geeigne-tes und kostengünstiges Verfahren zur großflä-chigen Neuordnung der Nutzungs- und Eigen-tumsverhältnisse in den Bergbausanierungsge-bieten dar.

In Abhängigkeit von der Veranlassung, dem möglichen Verfahrensverlauf und weiteren Fak-toren kommen unterschiedliche Verfahren zur Anwendung:• Regelverfahren nach § 1 und § 37 FlurbG• Sonderverfahren

Abb. 9.25 Radfahrer vor Landschaft im Wandel

B. Krüger et al.

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6079 Nachnutzung und Flächenvermarktung

− Vereinfachtes Verfahren nach § 86 FlurbG− Unternehmensverfahren nach § 87 FlurbG− Verfahren bei Grundabtretung für ein Berg-

werksunternehmen nach § 90 FlurbG− Beschleunigte Zusammenlegungsverfah-

ren nach § 91 FlurbG− Freiwilliger Landtausch nach § 103a

FlurbG.Für großflächige Tagebausanierungsgebiete ist das vereinfachte Verfahren nach § 86 FlurbG wegen• der möglichen Beantragung durch einen Maß-

nahmeträger - z. B. der Bergbaubetrieb,• dem vereinfachten Verfahrensablauf und

einem möglichen Verzicht der Aufstellung eines Gewässer- und Wegeplanes mit land-schaftspflegerischem Begleitplan (dieser wird durch gleichartige Festlegungen im Abschluss-betriebsplan ersetzt)

besonders geeignet.

Im Jahr 1997 wurde mit dem Flurneuord-nungsverfahren „Gräbendorf“ ein Pilotverfahren für die Neuordnung von Bergbaufolgelandschaf-ten in Brandenburg als vereinfachtes Verfahren nach § 86 FlurbG eröffnet. Das Verfahren wurde Ende 2009 mit der Ausführungsanordnung been-det. Die Abbildungen 9.26 und 9.27 zeigen das Liegenschaftskataster vor und nach Abschluss des Flurneuordnungsverfahrens. Deutlich er-kennbar sind die Verringerung der Anzahl der Flurstücke und die Verlegung der Grenzen der Landkreise.

Im Zeitraum 1999 bis 2004 wurde das Ta-gebausanierungsgebiet Olbersdorf (Freistaat Sachsen) neu geordnet (beschleunigte Zusam-menlegung nach § 91 ff. FlurbG). Aufbauend auf diesen Erfahrungen hat die LMBV für ihre Sanierungsgebiete ab 2001 weitere 43 Flurneu-ordnungsverfahren mit einer Gesamtfläche von rund 80.000 ha beantragt. Grundlage waren ein Beschluss des StuBA zur anteiligen Finanzierung

Abb. 9.26 Flurneuord-nungsverfahren Gräben-dorf- Flurstücksgrenzen des Liegenschaftskatasters vor der Flurneuordnung

Page 30: Braunkohlesanierung || Nachnutzung und Flächenvermarktung

608

der Flurneuordnungskosten sowie vertragli-che Vereinbarungen mit den Bundesländern zur Durchführung der Verfahren.

Neben den regionalpolitischen Aufgabenstel-lungen (Förderung der allgemeinen Landeskul-tur und der Landentwicklung, Beseitigung von Landnutzungskonflikten) haben die Flurneuord-nungsverfahren auch für die LMBV als Eigentü-mer und Projektträger der Sanierung eine Reihe praktischer Vorteile:• Neuordnung der Nutzungs- und Eigentums-

verhältnisse durch− Anpassung des Liegenschaftskatasters an

die veränderte Nutzungsstruktur nach der Sanierung

− Klärung der Eigentumsverhältnisse− Beseitigung von Zersplitterungen− Umsetzung der Eigentümerverpflichtun-

gen aus den Vermessungsgesetzen.• Unterstützung der wasserrechtlichen Planfest-

stellungsverfahren durch

− Eigentümerermittlungen bzw. Vertreterbe-stellungen

− Einholung von Eigentümerzustimmungen− Abschluss von Vereinbarungen zur Klä-

rung der Eigentumsverhältnisse und damit verbundene Verringerung der Gefahr von Einsprüchen im Verfahren.

• Verbesserung der Vermarktungsbedingungen im Grundstücksverkehr durch− optimierte Flächenzuschnitte− Einsparung von Vermessungskosten durch

Bereitstellung vermessener Grundstücke.Die Vermarktung von Grundstücken ist auch bei laufenden Flurneuordnungsverfahren möglich. An die Stelle des notariellen Grundstückskauf-vertrages (dieser kann selbstverständlich auch weiterhin abgeschlossen werden) tritt dabei in der Regel eine Vereinbarung nach § 52 FlurbG (Landabfindungsverzicht). Danach erklärt der Verkäufer schriftlich gegenüber der Flurbereini-gungsbehörde, dass er gegen sofortige Zahlung

Abb. 9.27 Flurneuord-nungsverfahren Gräben-dorf- Flurstücksgrenzen des Liegenschaftskatasters nach der Flurneuordnung

B. Krüger et al.

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6099 Nachnutzung und Flächenvermarktung

einer Geldabfindung (Kaufpreis) auf seine An-sprüche auf Landzuteilung nach Verfahrensab-schluss zu Gunsten eines Dritten (Käufer) ver-zichtet. Der Käufer tritt als neuer Verfahrensteil-nehmer der Teilnehmergemeinschaft bei. Seine Ansprüche werden bis zum Verfahrensende durch Eintragung eines Verfügungsverbotes im Grundbuch gesichert. Zu beachten ist, dass eine derartige Vereinbarung nach Zugang bei der Flurbereinigungsbehörde nicht mehr rückabge-wickelt werden kann. Im normalen Grundstücks-verkehr übliche Vertragsklauseln, wie Haftungs-freistellungen, Mehrerlösklauseln, Sanierungs- oder Bewirtschaftungsverpflichtungen, dinglich gesicherte oder ungesicherte Rechten u. a. sind auf diesem Wege nicht vereinbar. Die LMBV schließt daher gleichzeitig mit der Vereinbarung nach § 52 FlurbG eine notarielle Zusatzvereinba-rung ab, in der all diese Themen geregelt werden.

Neben der vereinfachten Flurneuordnung nach § 86 FlurbG kann in Einzelfällen auch die Unter-nehmensflurbereinigung nach § 87 FlurbG zur Unterstützung des Sanierungsprozesses sinnvoll sein. Ziel dieses Verfahrens ist die Bereitstellung von Land in großem Umfang für Unternehmen. Die Flurneuordnung soll dabei den notwendigen Landverlust auf einen größeren Kreis von Eigen-tümern verteilen.

Diese Möglichkeit hat die LMBV beim not-wendigen Grunderwerb für den Bau bzw. Aus-bau des oberen Landgrabens genutzt. Die Bau-maßnahme war notwendig, um im Rahmen der Rehabilitierung des Wasserhaushaltes der Nie-derlausitz, Wasser aus dem Einzugsgebiet der Spree in das der Schwarzen Elster überzuleiten und so die Frischwasserspeisung der Restlöcher Spreetal-Bluno, Scado und Sedlitz zu realisie-ren. Er besitzt langfristig, sowohl für die Flu-tung als auch für die Rehabilitierungsphase der neuen Seen eine große Bedeutung. Die Tras-senführung erstreckt sich entlang der Landes-grenze zwischen Brandenburg und Sachsen und tangiert beide Bundesländer. Zur Realisierung des Grunderwerbs von ca. 35 ha wurden im Jahr 2003 und 2004 zwei Flurneuordnungsverfahren auf der Grundlage eines entsprechenden Antra-ges der LMBV eingeleitet. Die Gesamtfläche beider Verfahrensgebiete beträgt über 1.000 ha mit 466 betroffenen Eigentümern. Die Flurberei-

nigungsbehörden übernahmen den Grunderwerb in der erforderlichen Größenordnung und stellten der LMBV durch Neuaufteilung des Verfahrens-gebietes die benötigten Grundstücke zur Verfü-gung. Durch vorläufige Besitzeinweisung gemäß § 36 FlurbG wurde ein zügiger Beginn der Bau-maßnahmen ermöglicht, obwohl die Verfahren noch nicht abgeschlossen sind. Da die LMBV Begünstigte des Verfahrens ist, hat sie neben den Kosten für den Grunderwerb und eventuelle Ent-schädigungen auch die durch sie verursachten Ausführungs- und Verfahrenskosten zu tragen.

9.5 Umnutzung und Erschließung von industriellen Altstandorten

9.5.1 Ziele und Besonderheiten

Die LMBV hatte zu Beginn ihrer Tätigkeit in ihrem Liegenschaftsbestand 114 Industriealt-standorte mit einer Gesamtflächengröße von 2.400 ha. Es handelte sich hierbei um Standorte, deren Art und Funktion ausschließlich durch die Veredlung und Verstromung der Braunkohle ge-prägt waren. Dieses Standortnetz entsprach den Erfordernissen der Braunkohlenwirtschaft unter den Bedingungen einer monostrukturierten Pri-märenergie- und Veredlungswirtschaft. Insofern musste mit dem Brachfallen dieser Standorte und den wirtschaftlichen Strukturumbrüchen in den Regionen von veränderten Bedingungen der Standortbildung, -erhaltung bzw. -aktivierung ausgegangen werden.

Im Kontext mit dem Sanierungs- und Ver-wertungsgeschehen dieser Industriealtstandorte stand die Aufgabe und Entscheidung, unter wel-chen Bedingungen ausgewählte Standorte ihre Funktion als Industrie- und Gewerbestandorte zurückgewinnen und in den Wirtschaftskreislauf eingeordnet werden können.

Nicht alle der 114 Industriealtstandorte der LMBV hatten potenzielle Chancen für ihre Wiedereingliederung in den wirtschaftlichen Kreislauf der Region. Aufgrund der Spezifik des wirtschaftlichen Strukturwandels in den Re-gionen der Braunkohlenindustrie, der bestehen-den Konkurrenzsituation (planungsrechtlicher Ausweis und Erschließung einer Vielzahl von

Page 32: Braunkohlesanierung || Nachnutzung und Flächenvermarktung

610

Gewerbegebieten auf der „grünen Wiese“), der eingeschränkten Nachfragesituation nach Ge-werbeflächen sowie der beschränkten finanziel-len Ressourcen im Rahmen der Wirtschaftsförde-rung der Länder, war eine Konzentration auf aus-gewählte Standorte und auf realistische Entwick-lungsvoraussetzungen erforderlich. Nur solche Standorte mit günstigen Standortbedingungen und entwicklungsfähigen Potenzialen können die Chance einer künftigen industriellen und/oder gewerblichen Nutzung erhalten. Die Bewertung der Altstandorte erfolgte mit dem unter 9.6.3 be-schriebenen mehrstufigen Selektionsprozess. Im Ergebnis wurden elf Standorte (später erfolgte eine weitere Reduzierung auf sieben Standorte) für eine aktive Standortaufwertung ausgewählt (Abb. 9.28).

Die Reaktivierung dieser ausgewählten Indus-triebrachen war nur um den Preis einer struktur-wandelnden Nutzungsumstellung und der Schaf-fung von darauf gerichteten modernen, wettbe-werbsfähigen Entwicklungs- und Erschließungs-standards möglich. Daher führte, die LMBV auf den ausgewählten Industriealtstandorten neben der bergrechtlichen Sanierung auch medientech-nische und verkehrliche Erschließungsmaßnah-men durch, um wettbewerbliche Standortbedin-gungen und die Chancen für ihre Vermarktung

und Inwertsetzung zu verbessern. Gleichzeitig wurde dadurch Standortsicherheit für bereits an-sässige Unternehmen geschaffen und die LMBV von aufwändigen Ver- und Entsorgungsver-pflichtungen befreit. Die standortaufwertenden Maßnahmen hatten damit mindestens zwei Ziel-setzungen zu erfüllen:• Vorbereitung von Standortangeboten für Neu-

ansiedlungen sowie• Herstellung von Standortsicherheiten für

bereits ansässige Betriebe.

9.5.2 Finanzierungsquellen und Fördermittel

Die Revitalisierung von ausgewählten Industrie-altstandorten in der Revitalisierungskette „Sanie-rung → Planung/Erschließung → Vermarktung/Inwertsetzung“ ist ein komplexer und kostenin-tensiver Prozess (Abb. 9.29).

Die Aufwendungen für die Aufbereitung im Rahmen der bergrechtlichen Sanierung sowie für die Planung, Entwicklung und Erschließung von Industriealtstandorten übersteigen die erzielbaren Verkaufserlöse um ein Vielfaches. Im Ergebnis der bergrechtlichen Sanierung ist zwar die grund-sätzliche Wiedernutzbarkeit der Fläche im Sinne

Abb. 9.28 Vorrangig geeignete Industriestand-orte zur Entwicklung und Erschließung

B. Krüger et al.

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6119 Nachnutzung und Flächenvermarktung

einer ersten Stufe der Werthaltigkeit erreicht, eine industrielle und/oder gewerbliche Folge-nutzung ist jedoch erst nach entsprechender pla-nungsrechtlicher Sicherung und Durchführung von infrastrukturellen Erschließungsmaßnahmen möglich. Dies erfordert die Durchführung weite-rer Investitionen. Die in diesem Zusammenhang erforderlichen Aufwendungen für die Aktivie-rung der Flächenpotenziale durch Maßnahmen der medientechnischen und infrastrukturellen Erschließung, betragen in Auswertung langjähri-ger Erfahrungen von Immobilienunternehmen in Deutschland im Durchschnitt 30 €/m2 bis 35 €/m2. Demgegenüber waren und sind aufgrund der Marktlage, insbesondere in den ehemaligen Braunkohlenregionen, lediglich 10 €/m2 bis 15 €/m2 Verkaufserlöse für erschließungsbeitragsfreie Industrie- und Gewerbeflächen realisierbar.

Die Revitalisierung von Industriealtstandor-ten – insbesondere der Braunkohlenindustrie – war und ist somit nur auf dem Wege externer monetärer Interventionen möglich.

Die Finanzierung der Maßnahmen der Wieder-nutzbarmachung im Rahmen der bergrechtlichen Sanierung war und ist über das Verwaltungsab-kommen zwischen Bund und Braunkohlenländern gesichert. Die darüber hinaus gehenden Aufwen-

dungen für die Vorbereitung und Durchführung der medientechnischen und infrastrukturellen Erschließung der Standorte als Voraussetzung für ihre Wiedereingliederung in den wirtschaftlichen Kreislauf der Regionen waren und sind ebenfalls nicht ohne öffentliche Mittel zu finanzieren. Für diese Maßnahmen kamen und kommen in den neuen Bundesländern vorzugsweise Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW-Mittel), anteilig zusammengesetzt aus Landes-, Bundes- und EU-Mitteln zum Ansatz. Es handelt sich hierbei um so genannte „verlorene Zuschüsse“, die im Ausnahmefall bis zu 80 % (bzw. 90 %) der förderfähigen Gesamtinvestition betragen kön-nen. Der komplementär aufzubringende Eigen-anteil zur Finanzierung der Gesamtinvestition wurde und wird durch die LMBV über Kredit-aufnahmen vorfinanziert. Die LMBV konnte und kann die Revitalisierungsmaßnahmen über die bergrechtliche Sanierung hinaus jedoch nur dann durchführen, wenn• die Maßnahmen der planerischen Aufberei-

tung und infrastrukturellen Erschließung eine Refinanzierung der eingebrachten Mittel über Verkäufe ermöglichen, d. h., die Maßnahme in sich wirtschaftlich ist

Abb. 9.29 Revitalisierung von Industriealtstandorten (Ebersbach 2005)

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612

• die Maßnahme zu einer Ablösung von Ver- und Entsorgungsverpflichtungen der LMBV gegenüber bereits angesiedelten Unternehmen und damit zu entsprechenden Kostenreduzie-rungen für das Unternehmen führen, d. h., die Maßnahme aus betriebswirtschaftlicher Sicht wirtschaftlich ist.

In Abbildung 9.30 sind die Finanzierungsquellen sowie die Refinanzierung der eigenen Aufwen-dungen grafisch dargestellt.

Die Erschließung, d. h. die Herstellung der Erschließungsanlagen ist im Rahmen der Bauge-setzgebung kommunale Pflichtaufgabe. Die Ein-beziehung privater Dritter ist jedoch sowohl im BauGB (§§ 11, 12, 124) als auch in den Regelun-gen der „Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ ausdrücklich vorgesehen. Dies deswegen, weil die Kommunen aufgrund ihrer insbesondere in den neuen Bun-desländern angespannten Finanzsituation oftmals nicht in der Lage sind, die Erschließungsmaßnah-men eigenständig durchzuführen. Die Übernahme von bestimmten Erschließungskosten durch die LMBV war und ist somit nicht nur eine rechtlich zulässige, sondern auch völlig übliche Verfahrens-weise bei der Entwicklung großer Liegenschaften.

Bei den nach § 11 BauGB „Städtebaulicher Vertrag“ vorgesehenen Regelungen überträgt die Kommune einem privaten Partner die Vor-bereitung und Durchführung städtebaulicher und bodenordnender Planungen und Maßnahmen auf

dessen Kosten. Der Städtebauliche Vertrag ist ein öffentlich– rechtlicher Vertrag, der entsprechend der Art der übertragenen Maßnahmen nach fol-genden Typen unterschieden wird:• Bauplanungsverträge• Baufreimachungsverträge• Baurealisierungsverträge• Folgekostenverträge.§ 12 BauGB „Vorhaben- und Erschließungsplan“ ist die rechtliche Grundlage für die bauplanungs-rechtliche Zulässigkeit eines in der Regel kom-plexen Vorhabens und die dafür erforderlichen Erschließungsmaßnahmen. Aufgrund vertrag-licher Regelungen mit der jeweiligen Kommu-ne übernimmt der Vorhabenträger Planung und Ausführung des Bauvorhabens und der Erschlie-ßungsmaßnahmen auf eigene Verantwortung und eigene Kosten. Auf den Vorhaben- und Erschlie-ßungsplan wird im Weiteren nicht vertiefend ein-gegangen, da er für die beschriebenen Belange der LMBV nicht relevant ist.

§ 124 BauGB „Erschließungsvertrag“ regelt die Übertragung der Herstellung der Erschlie-ßungsanlagen auf einen Dritten, der sich auch zur Übernahme eines Teiles oder der Gesamt-kosten verpflichtet. Auf der Grundlage derartiger Erschließungsverträge werden die beauftragten Erschließungsunternehmen in die Lage versetzt, die zur baulichen Entwicklung der ihnen regel-mäßig selbst gehörenden Grundstücke notwen-digen Erschließungsanlagen auf eigene Kosten

Abb. 9.30 Erschließung von Prioritätenstandorten – Finanzierungsquellen und Refinanzierung

B. Krüger et al.

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6139 Nachnutzung und Flächenvermarktung

und als eigene Einrichtungen herzustellen. So-dann veräußern sie die entsprechend erschlosse-nen Einzelgrundstücke in bebautem oder unbe-bautem Zustand (bzw. führen sie einer anderen, z. B. mietweisen Vermarktung zu), wobei sie ihre Mietraten auf die Grundstückserwerber/Mieter umlegen. Die öffentlichen Erschließungsanlagen werden an die Gemeinde übertragen, die damit zugleich die laufenden Verkehrssicherungs-pflichten übernimmt. § 124 BauGB Abs. 2 er-möglicht die Übertragung der Erschließungskos-ten, d. h. ohne den nach § 129 BauGB Abs. 1 Satz 3 von den Kommunen zu tragenden Eigenanteil, auf den Erschließungsträger.

Die genannten Maßnahmen und Vorausset-zungen für eine zielorientierte Flächenaktivie-rung sind gebunden an ein qualifiziertes Zusam-menwirken mit öffentlichen Verwaltungen und Planungsstellen in Kommunen, Regionen und Landesministerien und die Bereitstellung von Mitteln der öffentlichen Hand.

Die LMBV hat im Vorfeld der Durchführung ihrer Entwicklungs- und Erschließungsmaßnah-men auf ausgewählten Standorten mit der jewei-ligen Kommune einen so genannten städtebau-lichen Rahmenvertrag abgeschlossen. Dieser ist in Form und Inhalt ein Kooperationsvertrag zwi-schen der LMBV als Maßnahmeträger und der Kommune. Er beinhaltet Bestandteile des Städ-tebaulichen Vertrages entsprechend § 11 BauGB und des Erschließungsvertrages entsprechend § 124BauGB. Der Vertrag regelt die Übernah-me von öffentlich geförderten Maßnahmen der Projektentwicklung (GRW-Förderung) durch die LMBV. Entsprechend der Festlegung der GRW-Förderrichtlinie, dass Zuwendungsempfänger der GRW-Förderung vorzugsweise die Kommune sein soll, wurde im Städtebaulichen Rahmenplan die Trägerschaft durch die jeweilige Kommune festgeschrieben. Die LMBV realisierte im eige-nen Namen und auf eigene Rechnung die Aufga-ben der Planung, Erschließung und Vermarktung der erschlossenen Flächen.

Die Übernahme der Entwicklungs- und Er-schließungskosten durch die LMBV erfolgt in Form einer Vorfinanzierung. Damit bleiben das Recht und die Pflicht zur Erhebung von Erschlie-ßungsbeiträgen bei den Kommunen. Dies ist des-wegen so wichtig, weil auf den Liegenschaften

der LMBV bereits ein Bestand von angesiedel-ten Unternehmen – so genannte Fremdanlieger – vorhanden ist und die LMBV im Rahmen der Refinanzierung ihrer eingesetzten Mittel auf eine anteilige Erstattung der auf diese Flächen entfal-lenden Erschließungskosten angewiesen ist. Die LMBV hat zunächst versucht, von den ansässigen Unternehmen die anteiligen Erschließungskosten auf der Basis privatrechtlicher Vereinbarungen zu erhalten. In den Fällen, in denen dies nicht ge-lingt leitet die Kommune das Beitragsverfahren ein und erstattet der LMBV daraus ihren Kosten-anteil. Der Städtebauliche Rahmenvertrag regelt, dass die auf die LMBV als Erschließungsunter-nehmer entfallenden Erschließungsbeiträge nicht per Beitragsbescheid abgerechnet, sondern mit ihrem Erstattungsanspruch gegenüber der Kom-mune verrechnet werden.

Da es sich bei dem Städtebaulichen Rahmen-vertrag um einen „Vorfinanzierungsvertrag“ han-delt und damit entsprechende Haftungsrisiken – nicht zuletzt gegenüber dem Förderinstitut be-züglich der ordnungsgemäßen Verwendung der Mittel – bei der Kommune verbleiben, muss er kommunalaufsichtlich genehmigt werden.

Mit dem Städtebaulichen Rahmenvertrag hat sich die betreffende Kommune verpflichtet:• die durch sie beantragten GRW-Mittel an die

LMBV weiterzuleiten• die LMBV mit der Projektsteuerung zu beauf-

tragen• den Planungsprozess als hoheitliche Aufgabe

zielführend und zeitnah wahrzunehmen und alle Entwicklungsmaßnahmen aktiv zu unter-stützen

• erforderlichenfalls Erschließungsbeiträge gegenüber ansässigen Nutzern (Fremdeigen-tümer) zu erheben und diese an die LMBV weiterzuleiten

• die erstellte Infrastruktur in kommunale Trä-gerschaft zu überführen.

9.5.3 Erschließungsplanung und Projektsteuerung

Die Maßnahmen der bergrechtlichen Sanierung in Verbindung mit der Aufwertung der entwick-lungsfähigen Standorte durch Neuerschließung

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614

und Schaffung wettbewerbsfähiger Nutzungs-standards sind wichtige Vorleistungen für eine zielorientierte Flächenaktivierung und Vermark-tung der Standorte. Dabei sind eine Vielzahl inter-ner und externer Vorbereitungsleistungen und Ab-stimmungen notwendig. Dies sind insbesondere:• Klärung aller liegenschaftskonkreten Voraus-

setzungen der Entwicklung von Prioritäten-standorten, wie− Bestimmung der für die Entwicklung

infrage kommenden Flächengröße− Bewertung des Liegenschaftszustandes,

der Nutzungsgegebenheiten und der Nut-zungseinschränkungen

− Nutzungs- und Verwertungsfähigkeit nach der Sanierung

− Bestimmung der Nutzungsziele− Klärung der Eigentumsverhältnisse (LMBV-/

Fremdeigentum)− Ermittlung von Grunddienstbarkeiten Drit-

ter− Erfassung bestehender Miet- und Pachtver-

hältnisse− Prüfung der medientechnischen Gegeben-

heiten (Entflechtung, Rückbau, Ver- und Entsorgungspflichten, nachnutzbare Netze und Straßen)

− Erfassung von Sanierungsstand, Sanie-rungsplanung (einschließlich Zeitplanung) und sanierungsbedingter Verfügbarkeit

− Ermittlung möglicher Synergiepotenziale zwischen Sanierung und Erschließung

− Erfassung des Planungsstandes.• Detaillierter Abgleich der vorgesehenen Fol-

genutzung mit der öffentlichen Planung (Lan-des- und Regionalplanung und kommunale Bauleitplanung)

• Schaffung der planungsrechtlichen Vorausset-zungen auf den Flächen. Die LMBV erstellte in Abstimmung mit den Belegenheitskommu-nen informelle Vorlaufplanungen in Form von standortbezogenen Nutzungskonzepten als Grundlage für die Bebauungsplanung durch die Kommune. Hierbei wird die erforderliche Neuordnung der Nutzungen auf den Standor-ten hinsichtlich Nutzungsdichte und -vielfalt unter Berücksichtigung sanierungsrelevanter Gegebenheiten, der Wirtschaftlichkeit der erforderlichen Erschließungsmaßnahmen und

bereits vorhandener Nutzungen (angesiedelte Unternehmen) teilflächenkonkret bestimmt.

• Durchführung von Planungs- und Realisie-rungsaufgaben der medientechnischen und verkehrlichen Erschließung und Ablösung der Ver- und Entsorgungsverpflichtungen der LMBV

• Profilierung der Standorte (Branchenausrich-tung) im Rahmen der Wirtschaftsförderung und Durchführung von Maßnahmen des ziel-gruppenorientierten Marketings.

Die genannten Maßnahmen und Voraussetzun-gen für eine zielorientierte Flächenaktivierung in der LMBV sind gebunden an ein qualifiziertes Zusammenwirken mit öffentlichen Verwaltungen und Planungsstellen in Kommunen, Regionen und Landesministerien und die Bereitstellung von Mitteln der öffentlichen Hand.

Die Reaktivierung von Industriealtstandorten der Braunkohlenindustrie vollzog sich in einem Spannungsfeld zwischen der LMBV als Grund-stückseigentümer und Projektträger für die berg-rechtliche Sanierung sowie der Landes- und Regionalplanung, den Kommunen als Träger der kommunalen Bauleitplanung, der Geneh-migungsplanung und der Wirtschaftsförderung. Hinzu kommen auf den Standorten bereits an-gesiedelte Firmen, die über betriebliche Medien-netze ver- und entsorgt wurden und deren Pro-duktionsfluss im Zuge der Standortaktivierung Berücksichtigung finden musste. Dies stellte be-sondere Anforderungen an das Projektmanage-ment und die Projektsteuerung in ihrem Wirken nach „innen“ und „außen“.

Die Aufgaben der Projektentwicklung wurden bei dem in der LMBV angewendeten Modell im Gegensatz zu anderen Definitionen – die unter Projektentwicklung die Schaffung der techni-schen, wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmen-bedingungen für das Baurecht verstehen – weiter gefasst. Die Projektentwicklung in der LMBV deckt sämtliche Projektmanagementaufgaben ab. Insofern wurde die übliche Trennung zwischen Projektentwicklung und Projektmanagement unter den spezifischen Unternehmensbedingun-gen der LMBV nicht angewendet.

Besondere Koordinationsanforderungen erga-ben bzw. ergeben sich aus den weitgehend parallel laufenden Sanierungsaufgaben (s. Abschn. 9.5.4).

B. Krüger et al.

Page 37: Braunkohlesanierung || Nachnutzung und Flächenvermarktung

6159 Nachnutzung und Flächenvermarktung

Für die Projektentwicklung wurden die lang-jährigen Erfahrungen des Zusammenwirkens mit Kommunen, mit der Landes- und Regional-planung sowie den Trägern öffentlicher Belange ausgeschöpft und zielführend für Zwecke der Planung und im Genehmigungsverfahren ein-gesetzt. In der Rahmensetzung der Bewilligung der GRW-Mittel wurden die vorhandene Fach-kompetenz aus der Projektträgerschaft Sanie-rung für die Projektentwicklung genutzt. Das betraf vor allem:• Erfahrungen in Projektorganisation und

-management• die Steuerung und inhaltliche Gestaltung

der Planungsprozesse, insbesondere an den Schnittstellen zur bergrechtlichen Unterneh-mensplanung und zur öffentlichen Planung

• die Beteiligung der Ingenieur- und Techni-schen Dienste im Zusammenhang mit Auf-gaben der Unterhaltung und Entflechtung der Infrastruktur auf den Liegenschaften sowie der Koordination mit den Fachplanungsträ-gern

• den Einkauf, das Finanzmanagement und Controlling

• die Umsetzung von Fachpersonal mit entspre-chendem Bauingenieurwissen für Zwecke der Bauüberwachung in der Projektdurchführung.

An der Realisierung eines Projektes sind extern eine Vielzahl von Unternehmen, Behörden und Institutionen sowie Personen und nicht zuletzt interne Abteilungen und Experten der LMBV be-teiligt (Abb. 9.31).

Die Durchführung der Projektentwicklungs-maßnahmen der LMBV erfolgte über ein LMBV – spezifisches Trägermodell in einem trialen Zusammenspiel. Die Kommune als Träger der GRW-geförderten Infrastrukturmaßnahme und Empfänger der Fördermittel beauftragt die LMBV mit der Projektentwicklung. Die LMBV beauftragt daraufhin ihre Ende 1999 gegründete Tochtergesellschaft Lausitzer und Mitteldeutsche Immobilienentwicklungsgesellschaft (LMEG) mit der Durchführung der Projektentwicklungs-maßnahmen. Da es sich bei der LMEG um eine personenlose Gesellschaft handelt, werden die Projektentwicklungsaufgaben geschäftsbesor-gend im Rahmen des vorgestellten Organisa-tionsmodells durch die LMBV durchgeführt. Ziel dieser Verfahrensweise ist es, die Maß-

Abb. 9.31 Standortarbeitskreis zur Entwicklung von Prioritätenstandorten der LMBV

Page 38: Braunkohlesanierung || Nachnutzung und Flächenvermarktung

616

nahmen der Standortaufwertung klar von den Maßnahmen der bergrechtlichen Sanierung zu trennen und die jeweils zum Einsatz kommen-den öffentlichen Mittel (Verwaltungsabkommen und GRW-Mittel) über separate Buchungskreise sauber voneinander abzugrenzen.

Für den Erfolg der Projektentwicklungsmaß-nahmen ist nicht nur eine effektive Organisa-tionslösung innerhalb des Unternehmens eine wichtige Voraussetzung, sondern ebenso die Einbindung der standortkonkreten Projektent-wicklungsmaßnahmen in einen konsensbilden-den Arbeitskreis mit den wichtigsten Beteiligten außerhalb der LMBV.

In der Vorbereitungsphase wurden die aus-gewählten Projekte auf ihre Machbarkeit hin ge-prüft, d. h. es wurde untersucht, inwieweit unter Beachtung spezifischer Standort- und Rahmen-bedingungen sowie der erforderlichen Maßnah-men eine Refinanzierung der Investitionsmittel der LMBV über Grundstücksverkäufe gesichert werden kann. Nach positiver Entscheidung für das Projekt erfolgte die Erarbeitung von detail-lierten standörtlichen Nutzungskonzepten. In das Nutzungskonzept flossen zusammengefasst die Ergebnisse durchgeführter Analysen, Planungen und Berechnungen ein. Es bildete damit nicht nur die Basis für die anschließende Entscheidung über das Weiterführen der Projektentwicklung, es stellte auch die Grundlagen für die anschließende Bebauungs- und Erschließungsplanung und die Vermarktung bereit. Das Nutzungskonzept bil-dete somit die Basis der gesamten weiteren Pro-jektentwicklung. Vor diesem Hintergrund war es zwingend notwendig, dass das Nutzungskonzept von allen Beteiligten akzeptiert und von den lo-kalen Behörden formal bestätigt wurde.

Ein weiterer entscheidender Projektvorberei-tungsschritt war die Beantragung und Geneh-migung der notwendigen Fördermittel aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regio-nalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) sowie die ab-schließende Klärung und vertragliche Fixierung der Abwicklung und Realisierung des Projektes gemeinsam mit der Kommune. Die im Rahmen der Beantragung der GRW-Fördermittel bei den Investitionsbanken, Förderinstituten bzw. den Wirtschaftsministerien der Länder notwendigen

Informationsgrundlagen wurden im Rahmen der Erarbeitung der standörtlichen Nutzungskonzep-te geschaffen.

Nachdem mit dem Vorliegen des Zuwen-dungsbescheides für die GRW-Förderung die Projektfinanzierung abschließend geklärt ist, wurden nunmehr die Detailabsprachen und die Projektfeinplanung mit der Kommune• zur Aufgabenverteilung• zu den Terminen• zu den konkreten Verantwortlichkeiten und

Ansprechpartnernin den Projektentwicklungsphasen 2 und 3 durch-geführt.

Seitens der Projektverantwortlichen waren folgende Aufgaben zu Beginn der zweiten Phase zu realisieren bzw. zu aktualisieren:• Ablaufplan• Organisationshandbuch für das jeweilige Pro-

jekt• Grobterminplan für die Projektentwicklung• ProjektbudgetDie Bauausführung endete mit der Fertigstellung der Projektabschlussdokumentation. Gegenüber dem Fördermittelgeber ist ein entsprechender Mittelverwendungsnachweis zu erarbeiten und zu übergeben. Die fertig gestellten Straßen, Grünanlagen und teilweise auch die Regenent-wässerungsanlagen wurden als öffentliche Er-schließungsanlagen an die Kommunen übereig-net. Die Trink- und Schmutzwasserleitungen und teilweise die Regenentwässerungsanlagen sind den zuständigen Wasser- und Abwasserzweck-verbänden übergeben worden.

9.5.4 Besonderheiten der Abstimmung zwischen Berg-bausanierung, Erschließung und Folgenutzungsinvestitionen

Unter der Bedingung, dass auf den ausgewähl-ten Industriealtstandorten der LMBV die Vor-bereitung und Durchführung der Erschließung zum Teil parallel zur bergrechtlichen Sanierung erfolgt, sind im Rahmen der Projektentwicklung alle Maßnahmen der Erschließung mit denen der Sanierung zu koordinieren. Im Idealfall ist schon

B. Krüger et al.

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6179 Nachnutzung und Flächenvermarktung

bei der Vorbereitung des Projektes von einem ganzheitlichen Ansatz „Sanierung – Erschlie-ßung“ auszugehen. So sind die notwendigen Maßnahmen für die bergrechtliche Sanierung und die Entwicklungsmaßnahmen im Rahmen eines iterativen Abwägungsprozesses zu er-mitteln und hinsichtlich Umfang und zeitlicher Reihenfolge so aufeinander abzustimmen, dass sowohl über eine nutzungsorientierte Sanierung als auch durch eine nahtlose Verbindung von Sanierungs- und Erschließungsmaßnahmen eine Minimierung der Gesamtkosten erreicht werden kann. Erfahrungen und Ergebnisse zeigen: Dort wo diese Planungs- und Abwägungsprozesse miteinander verbunden werden können, sind Ein-sparungseffekte auf beiden Seiten möglich. An-dernfalls muss davon ausgegangen werden, dass die Wirtschaftlichkeit von Erschließungs- und Ansiedlungsmaßnahmen im Einzelfall auch eine Nachsanierung erforderlich machen kann.

Der Sanierungsstand auf den sieben in der LMBV für eine Flächenaktivierung ausgewähl-ten Industriealtstandorten war sehr differenziert. Auf fünf Standorten war die Sanierung bereits fast abgeschlossen, auf zwei weiteren Standorten war sie weit fortgeschritten. Mögliche Synergie-effekte, insbesondere in der Vorbereitungs- bzw. Planungsphase und die damit verbundenen Ein-sparungspotenziale ließen sich auf diesen Stand-orten nur noch eingeschränkt nutzen.

In jedem Fall waren im Rahmen der Projekt-entwicklung der Stand und die weitere Durchfüh-rung der Sanierung inhaltlich und zeitlich zu be-achten und in das Projekt zu integrieren. Umge-kehrt mussten bereits bekannte Zielsetzungen der Standortentwicklung in der weiteren Sanierung beachtet werden. Die Koordinationsanforderun-gen und arbeitsteiligen Abhängigkeiten betreffen insbesondere:• Die zeitliche Durchführung der Maßnahmen.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Entwi-cklungs- und Erschließungsmaßnahmen ent-sprechend den GRW-Förderbedingungen spä-testens nach 36 Monaten abzuschließen sind.

• Die künftige Bauflächengestaltung ein-schließlich der umsetzungsorientierten Anfor-derungen an die Baugrundverhältnisse, auf die sich die Sanierung durch entsprechende

Maßnahmen des Abrisses, der Entkernung, der Tiefenenttrümmerung und der Medienent-flechtung einstellen muss. Aus Gründen einer hohen Wirtschaftlichkeit der Erschließung und einer erlöswirksamen Vermarktung ist dabei ein möglichst hoher Nutzungsgrad der Nettofläche als Baufläche zu gewährleisten.

• Die Sicherung der Medienversorgung der am Standort bereits ansässigen Unternehmen für den Zeitraum der Erschließung.

• Die Logistik des Umschlusses der medien-technischen Versorgung und der Verkehrsan-bindung auf die neuen infrastrukturellen und Verkehrssysteme.

Auswertungen langjähriger Erfahrungen an-derer Bergbauunternehmen wie der Ruhrkohle AG auf dem Gebiet der Revitalisierung von In-dustriealtstandorten sowie dazu veröffentlichte Untersuchungen in Deutschland zeigen, dass mit einer nutzungsorientierten Sanierung ein solcher Zustand der Wiedernutzbarmachung der Fläche erreicht werden kann, der sich auf die beabsich-tigte spätere Nutzung einstellt, d. h. im Bedarfs-falle und bei konkreten Nutzungsanforderungen Vorleistungen ohne zusätzliche Aufwendungen bzw. mit nennenswerten Einsparungseffekten im Rahmen der bergrechtlichen Sanierung erbringt. Das betrifft insbesondere die• konkrete Nachnutzung von Gebäuden und

Anlagen• Berücksichtigung einer rationellen Neuord-

nung der Nutzung und Bauflächengestaltung einschließlich der Bebaubarkeit von Flä-chen (Problem Unterflurenttrümmerung der Fundamente)

• konkrete Nutzungsmöglichkeiten von Straßen, Ver- und Entsorgungssystemen, insbesondere dann, wenn diese als wichtige Voraussetzung einer Versorgungssicherheit für Nutzer, Erwer-ber und Kommunen benötigt werden.

Die nutzungsorientierte Sanierung verbessert standortdifferenziert die Voraussetzungen für eine zielorientierte Aufwertung ausgewählter In-dustriealtstandorte und eine zügige Vermarktung. Die Zielbestimmung einer nutzungsorientierten Sanierung kann aber nur dann erreicht bzw. in vollem Umfang erreicht werden, wenn die in-formellen planerischen Vorleistungen der LMBV

Page 40: Braunkohlesanierung || Nachnutzung und Flächenvermarktung

618

und deren Abstimmung mit den regionalen und kommunalen Planungsinstanzen in ausreichen-dem zeitlichen Vorlauf zu den Projekten der Sa-nierung auf den jeweiligen Standorten stehen. Die dabei zu beobachtenden Wechselwirkungen zwischen bergrechtlicher Sanierung und Folge-nutzungsplanung zeigt Abbildung 9.32.

9.5.5 Marketing und Vermarktung

Die Vermarktung als Kernaufgabe der Inwert-setzung wettbewerbsfähiger Standorte erstreckt sich übergreifend über alle Phasen der Projekt-entwicklung. Sie beginnt bereits in der Frühpha-se der Projektentwicklung. So werden bereits im Rahmen der Erarbeitung der standörtlichen Nut-zungskonzepte Marktanalysen (Konkurrenz- und Bedarfsanalysen) durchgeführt. Über die Profi-lierung der Standorte sowie die Bestimmung von Zielbranchen werden wichtige Grundlagen für ein zielgruppenorientiertes Marketing geschaf-fen. Unter Nutzung des in der LMBV erarbeiteten Instrumentariums wurden standortkonkret wirk-same Marketinginstrumente entwickelt und um-gesetzt (s. Abschn. 9.6.4). Dazu gehören neben der zielgruppenorientierten Investorenansprache eine projektbezogene Öffentlichkeitsarbeit sowie

Maßnahmen einer regionalwirksamen und über-regionalen Akquisition unter Nutzung moderner Formen der Informationsbereitstellung.

9.5.6 Fallbeispiele

Industriestandort Lauchhammer Ein heraus-ragendes Beispiel für die erfolgreiche Revitali-sierung von ausgewählten Industriealtstandorten der LMBV ist der Standort Lauchhammer Süd.

Dieser Standort gehört zu den vier Branden-burgischen Prioritätenstandorten, deren Er-schließung durch die LMBV gemeinsam mit den betreffenden Kommunen und mit besonderer Unterstützung des Landes Brandenburg in den letzten Jahren bereits erfolgreich abgeschlossen werden konnte.

Die Prioritätensetzung hinsichtlich einer mög-lichen Revitalisierung erfolgte in enger Abstim-mung mit dem Wirtschaftsministerium Branden-burg, der Gemeinsamen Landesplanung Berlin-Brandenburg sowie dem Landkreis Oberspree-wald – Lausitz auf der Grundlage einer Poten-zialanalyse im Jahr 1998.

Da für diesen und weitere Standorte keinerlei rechtlich verbindliche planerische Grundlagen vorlagen, aber aufgrund der begrenzt verfügba-

Abb. 9.32 Wechselwirkungen in der Planung und Aufgabenerfüllung von bergrechtlicher Sanierung und Folgenutzung

B. Krüger et al.

Page 41: Braunkohlesanierung || Nachnutzung und Flächenvermarktung

6199 Nachnutzung und Flächenvermarktung

ren Fördermittel, die GRW-Antragstellung zeit-nah erfolgen musste, wurden durch das Land zusätzlich § 4 – Mittel bereitgestellt, um die Bau-leitplanung finanzieren zu können.

Die GRW-Antragstellung erfolgte auf der Grundlage der durch die LMBV erarbeiteten und mit der jeweiligen Kommune und den zuständi-gen Genehmigungsbehörden abgestimmten Nut-zungskonzepte. Die Bebauungsplanung, die auf der Grundlage dieser Nutzungskonzepte erarbei-tet wurde, erfolgte infolge der zeitlichen Zwänge parallel zur Erschließungsplanung.

Diese Vorgehensweise der parallelen Bearbei-tung ist nicht typisch für die Revitalisierung von Altstandorten, war aber aufgrund der intensi-ven Zusammenarbeit aller am Projekt Beteilig-ten (Land, Landkreis, Genehmigungsbehörden, Kommunen und LMBV) sehr erfolgreich.

Der Lausitz-Industriepark Lauchhammer ent-stand auf Flächen zweier ehemaliger Industrie-altstandorte, einem Brikettfabrikstandort und einem Instandhaltungsstandort aus der Anfangs-zeit des 20. Jahrhunderts (Abb. 9.33).

Die Maßnahmen der bergrechtlichen Sanie-rung erfolgten schrittweise von 1992 bis 2004. Dabei wurden u. a. zwei Brikettfabriken, ein Kesselhaus und mehrere Werkstätten abgerissen. Das Sanierungsvolumen belief sich auf insge-samt ca. 27 Mio. €.

In den Jahren 2000 bis Ende 2003 wurden pa-rallel zu den Sanierungsmaßnahmen, in Koope-ration mit der Stadt Lauchhammer, auf 53,7 ha Bruttofläche 38 ha Industrie- und Gewerbefläche neu geschaffen (Abb. 9.34 und 9.35).

Das Gesamtinvestitionsvolumen für die Pla-nung und Erschließung des Standortes betrug 3,8 Mio. €.

Vermarktungserfolge stellten sich erfreu-licherweise sehr früh ein. So sind derzeit am Standort neun Unternehmen aus unterschiedli-chen Branchen (z. B. aus der Elektro-, Metall- und Baubranche) mit insgesamt 556 Arbeitsplät-zen angesiedelt. Das entspricht einer Flächenbe-legung von 76 %.

Ein besonderer Erfolg war die Ansiedlung des dänischen Windkraftanlagenherstellers VESTAS,

Abb. 9.33 Altindustriestandort Lauchhammer-Süd vor der Sanierung (1995)

Page 42: Braunkohlesanierung || Nachnutzung und Flächenvermarktung

620

Stand: Februar 2007

C

D

F

Lauchhammer-Süd

H

Abb. 9.34 Standort Lauchhammer-Süd – Bebauungsplan

Abb. 9.35 Altindustriestandort Lauchhammer-Süd nach Sanierung und Neuerschließung (2003)

B. Krüger et al.

Page 43: Braunkohlesanierung || Nachnutzung und Flächenvermarktung

6219 Nachnutzung und Flächenvermarktung

der seit dem 8. Mai 2002 am Standort Rotorblät-ter produziert und mittlerweile 450 Arbeitskräfte beschäftigt (Abb. 9.36).

Da die Ansiedlung noch während der Sanie-rung und Neuerschließung des Standortes erfolg-te, konnten die noch durchzuführenden Sanie-rungs- und Erschließungsarbeiten an die spezi-fischen Anforderungen des Investors angepasst werden. Auf Grundlage der Fundamentpläne für die neuen Fabrikanlagen erfolgte im Rahmen der bergbaulichen Sanierung eine punktuelle Tiefen-enttrümmerung. Der Bau einer zusätzlich geplan-ten Erschließungsstraße konnte eingespart wer-den. Die Abstimmung der einzelnen Arbeiten er-folgte durch regelmäßige Baustellenberatungen im Rahmen einer gemeinsamen Projektgruppe.

Mitteldeutscher Industriepark Espenhain Die-ser Standort umfasste die ehemalige Industriean-lage Braunkohlenveredelung Espenhain, die in der Zeit zwischen 1938 bis 1996 mit rd. 6.000 Beschäf-tigten einer der größten Arbeitgeber im Südraum Leipzig war. Auf insgesamt 290 ha wurden 2 Brikettfabriken, 2 Kraftwerke, 2 Schwelereien, 1 Schwefelfabrik, 1 Entphenolungsanlage und 1 Erdölverarbeitungsanlage betrieben (Abb. 9.37).

Nach Stilllegung der letzten Produktionsstät-te im Jahr 1996 wurde mit der bergrechtlichen Sanierung des Standortes begonnen. Bis 2004 erfolgten dabei Demontage- und Verschrottungs-

leistungen im Umfang von rd. 200.000 t. Rund 525.000 m3 bauliche Anlagen wurden abgebro-chen und 705.000 t Abfall entsorgt. Der Sanie-rungsumfang betrug insgesamt ca. 100 Mio. €.

Bereits Ende der 90iger Jahre haben die Ge-meinde Espenhain, das Regierungspräsidium Leipzig, der Freistaat Sachsen und die LMBV nach Wegen gesucht, diesen wichtigen Standort zu revitalisieren.

Nach Bewertung der Chancen für eine Revi-talisierung wurde durch die Gemeinde Espenhain für 113 ha Fläche ein Bebauungsplan aufgestellt (Abb. 9.38).

Unter Berücksichtigung der bereits vorhande-nen Besiedlung und der vorliegenden Kaufanträ-ge ist zunächst eine erste Teilfläche in einer Grö-ßenordnung von 68 ha Bruttofläche und 48 ha Nettobaufläche für eine öffentlich rechtliche Er-schließung vorbereitet worden.

Die für die GRW-Antragstellung erforderliche Vorhabensbeschreibung und Kostenschätzung erfolgte entsprechend der einzuhaltenden Regu-larien im Rahmen der GRW-Förderung auf der Grundlage eines genehmigten Bebauungsplanes.

Die Kosten der förderfähigen Gesamtinves-tition beliefen sich auf 13,6 Mio. €. Der Frei-staat Sachsen fördert diese Infrastrukturmaß-nahme mit 90 %. Die Erschließungsmaßnahmen wurden auch hier in enger Abstimmung und unter Nutzung von Synergieeffekten mit der

Abb. 9.36 Ansiedlung VESTAS im Lausitz-In-dustriepark Lauchhammer

Page 44: Braunkohlesanierung || Nachnutzung und Flächenvermarktung

622

bergrechtlichen Sanierung realisiert und wurden 2006 planmäßig abgeschlossen (Abb. 9.39 und 9.40).

Im Zusammenhang mit den Maßnahmen der Standorterschließung war es möglich, Aufwen-dungen im Rahmen der bergrechtlichen Sanie-

rung in einer Größenordnung von 3,4 Mio. € ein-zusparen. Diese Einsparungen resultierten insbe-sondere aus der Ablösung der Ver- und Entsor-gungsverpflichtungen der LMBV gegenüber den bereits auf dem Standort angesiedelten Unterneh-men und in diesem Zusammenhang notwendige

Mitteldeutscher Industriepark Espenhain

www.mitteldeutsche-industrieparks.de

Stand: Februar 2007

StandortgrenzeFläche belegt

Flächen zum Verkauf

A

BD

C

E

F

G

H

nach Leipzig

nach Chemnitz

A72

(geplant) I

Abb. 9.38 Industriestandort Espenhain – Bebauungsplan

Abb. 9.37 Industriestand-ort Espenhain 1995

B. Krüger et al.

Page 45: Braunkohlesanierung || Nachnutzung und Flächenvermarktung

6239 Nachnutzung und Flächenvermarktung

Ertüchtigungs- und Instandhaltungsmaßnahmen an den veralteten Trink- und Abwasserrohrsyste-men, die in den nächsten Jahren von der LMBV zu tragen gewesen wären.

Die Belegung der ersten Teilfläche lag An-fang 2008 bei 76,1 % verkaufter Fläche und 626

Arbeitsplätzen (einschließlich Vermietungen und Verpachtungen). Unter Berücksichtigung vorhandener Kaufanträge beträgt die Belegung sogar rund 80 %.

Aufgrund der großen Nachfrage wurde die Er-schließung eines 61 ha großen Erweiterungsab-

Abb. 9.39 Industriestandort Espenhain nach Sanierung und Neuerschließung (2007)

Abb. 9.40 Mittel-deutscher Industriepark Espenhain – erschlossenen Fläche

Page 46: Braunkohlesanierung || Nachnutzung und Flächenvermarktung

624

schnittes in Angriff genommen und im Jahr 2008 abgeschlossen.

Industriepark Schwarze Pumpe Die Situ-ation auf dem länderübergreifenden Standort „Schwarze Pumpe“ mit einer Gesamtgröße von 538,7 ha stellte sich Ende der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts außerordentlich schwierig dar. Aufgrund seiner Größe, seiner Potenziale und den ansässigen Großbetrieben LAUBAG und SVZ sowie einer Vielzahl von klein- und mit-telständischen Unternehmen und insbesondere wegen seiner länderübergreifenden Lage (Bran-denburg/Sachsen) hatte der Standort bereits damals eine besondere regionalpolitische Bedeutung (Abb. 9.41). Trotz der vorhandenen Ansiedlungen standen rd. 200 ha Entwicklungs- und Vermarktungsfläche zur Verfügung, von denen sich etwas mehr als 100 ha im Eigentum der LMBV befanden. Diese Entwicklungs- und Vermarktungsflächen waren nicht zusammen-hängend verfügbar, sondern verteilt über den

gesamten Standort auf 14 einzelnen Parzellen (Abb. 9.42). Die betrieblichen Mediensysteme Trink- und Abwasser, Gas-, Stickstoff- und Fernwärmeleitungen gehörten zum größten Teil der damaligen LAUBAG und wurden durch sie betrieben.

Aufgrund des großflächigen Industrieflächen-anteils und der möglichen Synergieeffekte wur-den die Vermarktungschancen trotz der vorhan-denen Probleme als gut eingeschätzt. Ein Verkauf von Teilflächen setzte und setzt aufgrund der Lage der Mediensysteme teilflächenkonkret eine Neuerschließung voraus.

Im Rahmen der 1999 gegründeten von den Wirtschaftsministerien der Bundesländer Sach-sen und Brandenburg getragenen „Lausitz-Ini-tiative“ war die Entwicklung des Standortes ein besonderes Schwerpunktprojekt.

Im Jahr 2000 wurde eine Absichtserklärung zwischen der LAUBAG und der LMBV über die Zusammenarbeit bei der Entwicklung und Ver-

Abb. 9.41 Industriepark Schwarze Pumpe – Darstellung der Standortsituation 1999

B. Krüger et al.

Page 47: Braunkohlesanierung || Nachnutzung und Flächenvermarktung

6259 Nachnutzung und Flächenvermarktung

marktung am Industriestandort Schwarze Pumpe unterzeichnet.

Zunächst war die Gründung einer Stand-ortentwicklungsgesellschaft unter Beteiligung der LAUBAG (jetzt Vattenfall Europe Mining AG), der LMBV sowie der Belegenheitskom-munen Spremberg (Brandenburg) und Spreetal (Sachsen) vorgesehen. Nach weiteren Untersu-chungen verständigten sich die großen Flächen-eigentümer mit den Kommunen auf die Bildung einer „Projektgruppe Standortentwicklung“, in die jedes Unternehmen einen Mitarbeiter für Entwicklungs-, Koordinierungs- und Marke-tingleistungen am Standort eingebracht hat. Als Entscheidungs- und Steuerungsgremium agierte ein Projektbeirat, bestehend aus Vertretern der Unternehmen die Belegenheitskommunen sowie die betroffenen Landkreise (Spree – Neiße und Kamenz), der ein einheitliches und abgestimmtes Vorgehen sichert. Die Projektgruppe ist verant-wortlich für die Erarbeitung von Entwicklungs-zielen und ein einheitliches Standortmarketing. Sie ist zentrale Anlaufstelle für Investoren, ko-ordiniert alle mit der Ansiedlung verbundenen Maßnahmen und wirkt bei der Erarbeitung von

GRW-Förderanträgen für im Zusammenhang mit der Ansiedlung notwendige Erschließungsmaß-nahmen mit. Die Durchführung der Erschließung erfolgt aufgrund der unterschiedlichen Eigen-tumsverhältnisse durch die Altstadtsanierungs-gesellschaft Spremberg (ASG), eine Tochterge-sellschaft der Stadt Spremberg und der Gemein-de Spreetal.

Im Jahr 2001 bekundete die österreichische Firma W. Hamburger Interesse an ca. 40 ha Flä-che, um eine Papierfabrik zu errichten. Dazu waren kurzfristig Verlegungsmaßnahmen der medientechnischen Infrastruktur notwendig. Die Beantragung der Fördermittel sowie die Projektsteuerung erfolgten durch die ASG. Im Jahr 2005 konnte die Firma mit der Produktion beginnen. Mittlerweile plant die Firma den Bau einer zweiten Produktionsstätte im Industrie-park Schwarze Pumpe. Mit der Ansiedlung ist es gelungen, 400 neue Arbeitsplätze am Stand-ort zu schaffen.

Insgesamt konnten in den letzten Jahren auf dem Standort beachtenswerte Vermarktungser-folge erzielt werden. Abbildung 9.43 zeigt den Standort im Jahr 2007 mit der Papierfabrik und

Abb. 9.42 Industriepark Schwarze Pumpe – Lageplan mit Entwicklungsflächen

Page 48: Braunkohlesanierung || Nachnutzung und Flächenvermarktung

626

dem Braunkohlenkraftwerk der Vattenfall Euro-pe Generation AG.

Durch die Entscheidung des Unternehmens Vattenfall, notwendige Erweiterungsinvestitio-nen auf dem Standort Schwarze Pumpe durch-zuführen und den Bau der Pilotanlage für ein CO2 – freies Kraftwerk ebenfalls dort zu planen und unter Berücksichtigung weiterer vorgesehe-ner Investitionen anderer Firmen, ist der Standort fast vollständig vermarktet.

Die ursprüngliche Aufgabe der Projektgruppe ist damit erledigt. Für die Zukunft steht die Auf-gabe für den Standort ein effizientes Standortma-nagement aufzubauen. Die Vorbereitungen hier-zu einschließlich der Implementierung erfolgten im Jahr 2008.

9.6 Vermarktung der Liegenschaften

9.6.1 Grundsätze, Ziele, Strategien

Mit der Gründung der LMBV im Jahre 1995 wurden ihr die Liegenschaften der stillgeleg-ten bzw. stillzulegenden Bergbaubetriebe über-tragen. Neben der Braunkohlesanierung gehört somit auch die Vermarktung dieser Flächen zu den Aufgaben der LMBV.

Der Verwertungsauftrag der LMBV besagt, dass die übertragenen Liegenschaften schnellst-möglich und zum vollen Verkehrswert zu ver-kaufen sind. Vermietungen, Verpachtungen oder Eigenbewirtschaftungen sind diesem Verwer-tungsauftrag untergeordnet und stellen damit lediglich zeitlich begrenzte Formen der Grund-stücksnutzung vor dem Verkauf dar.

Abb. 9.43 Schwarze Pumpe – Darstellung der Standortsituation 2007

B. Krüger et al.

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6279 Nachnutzung und Flächenvermarktung

Ziel dieser Vermarktungsstrategie ist die zügi-ge Wiedereingliederung der ehemals bergbaulich beanspruchten Flächen in den Wirtschafts- und Naturkreislauf im Sinne einer nachhaltigen Flä-chennutzung sowie die Schaffung von Vorausset-zungen für die Ansiedlung neuer Arbeitsplätze in den ehemaligen Bergbauregionen.

In Umsetzung dieses Verwertungsauftrages geht die LMBV von folgenden Grundsätzen aus:• Die Vermarktung erfolgt auf der Grundlage

rechtsverbindlicher Planungen (Flächennut-zungs- und Bebauungspläne). Liegen diese noch nicht vor, sind die in den Sanierungs-plänen festgelegten Grundsätze und Ziele der Raumordnung und Landesplanung sowie die vorhandenen Nutzungskonzepte als wichtige Vorplanungsinstrumente die Grundlage für Verkaufslosbildung und Wertermittlung.

• Der Verkauf der Liegenschaften hat grund-sätzlich durch öffentliche Ausschreibung zu erfolgen. Einzelvergaben sind in Ausnahme-fällen möglich− beim Verkauf an Kommunen und Natur-

schutzverbände− zur Existenzsicherung bestehender

Betriebe− zur Arrondierung angrenzender Flächen.

• Kostenaufwendige Immobilien sowie solche ohne Wertsteigerungspotenzial werden vor-rangig verkauft. Vermietungen und Verpach-tungen sind dem Verwertungsauftrag unterge-ordnet und stellen damit lediglich eine Form der Zwischennutzung bis zum Verkauf dar.

• Die Belegenheitsgemeinden sowie betroffene Pächter und Mieter werden frühzeitig über die Verwertungsabsicht informiert. Berechtigte Interessen werden bei der weiteren Verkaufs-vorbereitung berücksichtigt.

• Ankäufe erfolgen nur in Ausnahmefällen, wenn alle anderen Formen der Grundstücks-nutzung (Anpachtung, Dienstbarkeiten, Nut-zungsvereinbarung) oder Neuordnung (Flä-chentausch) gescheitert sind− zur Sicherung der Sanierungsarbeiten oder− zur Neuordnung der Eigentumsverhält-

nisse in Flurneuordnungsverfahren (LMBV 2006).

In den Anfangsjahren konzentrierte sich die Lie-genschaftsvermarktung vor allem auf den Ver-kauf bzw. die Vermögenszuordnung nicht be-triebsnotwendiger Grundstücke, wie:• Ferienheime, Kulturhäuser, Küchen und

andere Sozialeinrichtungen• Wohngebäude (zum Immobilienbesitz der

LMBV gehörten insgesamt rund 23.000 Woh-nungen)

• unverritzte Forst- und Landwirtschaftsflächen im Vorfeld der stillgelegten Tagebaue sowie

• Werkstätten, Lagerhallen und andere nach-nutzungsfähige Industrieanlagen als Existenz-grundlage für ausgegründete Betriebsteile oder neu angesiedelte Betriebe.

Seit dem Ende der 90er Jahre des 20. Jahrhun-derts steht der großflächige Verkauf von land- und forstwirtschaftlich nutzbaren Flächen, Flä-chen für den Natur- und Landschaftsschutz, Ge-wässern sowie Gewerbe- und Industrieflächen im Mittelpunkt.

Für die großflächigen Tagebausanierungsge-biete wurden auf der Grundlage• der aktuellen Sanierungsplanungen• der vorliegenden Bauleitplanung sowie der

Nutzungskonzepte und anderer Konzeptionen der Folgenutzung

• einer aktuellen Bewertung des Grundstücks-marktes unter Berücksichtigung von Vor-kaufsrechten, Interessenbekundungen und Nachfragepotenzialen für einzelne Produkt-gruppen

standortbezogene Vermarktungskonzepte entwi-ckelt, die Grundlage für alle weiteren Vermark-tungsaktivitäten sind. Die Abbildungen 9.44 und 9.45 zeigen beispielhaft das Nutzungs- und das Vermarktungskonzept für den Standortraum Berzdorf.

Ziele dieser Vermarktungskonzepte sind ins-besondere:• die Optimierung des Zusammenwirkens von

Sanierung und Vermarktung• die Vermeidung nicht vermarktbarer Rest-

und Splitterflächen• die Identifikation von Produkten mit voraus-

sichtlich hohem Wertsteigerungs- und Nach-fragepotenzial

Page 50: Braunkohlesanierung || Nachnutzung und Flächenvermarktung

628

• die Schaffung von Grundlagen für eine mittel-fristige Verwertungsplanung.

Im Ergebnis der Arbeit an den Vermarktungs-konzepten werden flächendeckend potenzielle Verkaufslose gebildet. Diese Verkaufslose wer-

den in der Datenbank zum Nachweis des Liegen-schaftsbestandes mit den einzelnen Flurstücken bzw. Teilflächen verknüpft und im Geoinforma-tionssystem (GIS) grafisch hinterlegt. Diese Ver-fahrensweise sichert eine exakte Abgrenzung der

Abb. 9.45 Vermarktungs-konzept für den Standort Berzdorf (Verkaufslose)

Abb. 9.44 Nutzungs-konzept für den Standort Berzdorf

B. Krüger et al.

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6299 Nachnutzung und Flächenvermarktung

Verkaufsobjekte voneinander, bei gleichzeitiger Vermeidung von Splitterflächen und ermöglicht über das GIS die grafische Verknüpfung mit an-deren Fachinformationen zur Fläche (z. B. Sa-nierungsplanung, Altlastenkataster, Nutzungs-konzepte). Alle neuen Vermarktungsaktivitäten werden grundsätzlich mit diesen Vermarktungs-konzeptionen abgestimmt, um den Verwertungs-auftrag nicht zu gefährden und keine Vermark-tungshemmnisse für benachbarte Flächen aufzu-bauen.

9.6.2 Vermarktung nach Hauptnut-zungsarten

Von den ursprünglich 97.000 ha, die der LMBV nach ihrer Gründung 1995 übertragen wurden, wurden bis Ende 2009 rund 70.000 ha (72 %) verkauft oder anderweitig auf neue Eigentümer übertragen (Restitution nach VermG, Vermögens-zuordnung nach VZOG). Rund 46.000 ha der ur-sprünglichen Fläche werden land- und forstwirt-schaftlich genutzt. 78 % davon sind verkauft.

Käufer der Landwirtschaftsflächen sind über-wiegend die örtlichen Landwirtschaftsbetriebe, die diese Flächen zumeist seit vielen Jahren auf Pachtbasis bewirtschaftet und damit einen wich-tigen Beitrag zur Stabilisierung und Hebung der Bodenfruchtbarkeit geleistet haben. Diese Flä-chen stellen in der Regel die Existenzgrundlage der Landwirtschaftsbetriebe dar, sodass der Ver-kauf zumeist als Einzelvergabe zum Verkehrs-wert erfolgte. Bis Ende 2009 wurden über 90 % aller Landwirtschaftsflächen der LMBV ver-kauft.

Abnehmer der überwiegend noch sehr jungen Forstflächen sind neben privaten und staatlichen Forstwirtschaftsbetrieben vor allem an einem Eigenjagdbezirk interessierte Jäger. Der Verkauf der Forstflächen erfolgt daher bevorzugt in Los-größen über 75 ha (in Brandenburg über 150 ha), um den Anforderungen an einen Eigenjagdbezirk zu entsprechen. Größere Waldflächen wurden auch an restitutionsberechtigte Alteigentümer zurück übertragen. Vor allem in Zeiten steigen-der Brennholzpreise sind kleinere Rand- und Splitterflächen für private Erwerber von Interes-

se. Neue Konzepte, wie der Energiewald – eine intensive Form der Waldbewirtschaftung zur Produktion von Hackschnitzeln und Biomasse – ergänzen das Angebot.

Die Bergbaufolgelandschaften bieten aber auch besondere Ausgangsbedingungen für den Natur- und Landschaftsschutz. Unkultivierte nährstoffarme Böden und Kleingewässer sowie großflächig unerschlossene Areale sind zum Teil einmalige Lebensräume für bedrohte Tier- und Pflanzenarten sowie spezifische Lebensgemein-schaften. Diese Areale sind in einer durch inten-sive Land- und Forstwirtschaft und eine weiter fortschreitende Zersiedelung geprägten Kul-turlandschaft nicht mehr bzw. immer weniger vorhanden. Es gilt daher sie zu erhalten und zu schützen. Daher hat die LMBV sehr frühzeitig mit dem Bundesumweltministerium, dem Bun-desamt für Naturschutz sowie den zuständigen Ministerien und Fachbehörden der Bundesländer die ökologisch wertvollen Flächen identifiziert und als Kerngebiete für den Naturschutz defi-niert. Auf dieser Grundlage erfolgte die weitere Entwicklung und Vermarktung der Flächen. Er-werbsinteressenten für diese Flächen sind vor allem private bzw. staatliche Naturschutzver-bände und Stiftungen aber auch private Käu-fer. Das Bundesamt für Naturschutz sowie die Deutsche Bundesstiftung Umwelt haben diesen Prozess durch eigene Forschungsarbeiten zu den Wechselbeziehungen zwischen Naturschutz und Braunkohlesanierung (Abresch et al. 2000; Hei-decke et al. 2005) sowie ein eigenes Handbuch zum Flächenerwerb und -management für Natur-schutzflächen im Lausitzer und Mitteldeutschen Braunkohlenrevier (Hennek und Unselt 2002) unterstützt.

Bis Ende 2009 hat die LMBV rund 12.400 ha naturschutzrelevanter Flächen verkauft. Wei-tere 2.900 ha sollen in den nächsten Jahren im Rahmen des „Nationalen Naturerbes“ kostenlos auf die Bundesländer oder Naturschutzorganisa-tionen übertragen werden.

Ziel dieser Aktivitäten ist die möglichst um-fassende und dauerhafte Umsetzung der natur-schutzfachlichen Ziele für die betreffenden Flä-chen. Herausragende Beispiele für die erfolgrei-che Realisierung von Projekten des Natur- und

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630

Landschaftsschutzes im Lausitzer und Mittel-deutschen Braunkohlenrevier sind unter ande-rem:• Sielmanns Naturlandschaft Wanninchen• das Naturschutzgroßprojekt „Lausitzer Seen-

land“• das Naturparadies Grünhaus im Raum Lauch-

hammer• die „Goitzsche-Wildnis“• die Bergbaufolgelandschaft „Grabschützer

See“.Die Heinz Sielmann Stiftung erwarb über 3.000 ha ehemaliger Bergbauflächen im Natur-park Niederlausitzer Landrücken südwestlich des Spreewaldes, darunter ca. 2.240 ha von der LMBV. Große unzerschnittene Bereiche mit ex-trem nährstoffarmen Böden sind Lebensraum für eine einzigartige Tier- und Pflanzenwelt. Als Beispiel für die ökologische Vielfalt der nachin-dustriellen Landschaften gehört Sielmanns Na-turlandschaft Wanninchen seit 2005 zu den Pro-jekten der Internationalen Bauausstellung IBA „Fürst-Pückler-Land“.

Das Naturschutzgroßprojekt „Lausitzer Seenland“ umfasst ein Gebiet von insgesamt 27.000 ha, darunter 5.700 ha, die zum so ge-nannten Kernbereich des Projektes gehören. Ziel des Projektes ist es, das ökologische Poten-zial der Bergbaufolgelandschaft zu sichern und gleichzeitig geeignete Wirtschaftsweisen zu eta-blieren, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen und sozialen Stärkung der Region dienen. Die LMBV hat bis 2009 rund 1.000 ha Eigentums-flächen an den Projektträger verkauft. Weitere 1.630 ha werden in den Folgejahren als „Natio-nales Naturerbe“ unentgeltlich übertragen.

Die Vermarktung der neu entstehenden Ge-wässer ist eine besondere Herausforderung. Ein Grundstücksmarkt für Gewässer ist in Deutsch-land nicht vorhanden. Auf Erfahrungen aus ande-ren Gewässerverkäufen kann daher nur in Einzel-fällen zurückgegriffen werden.

Die Rechte des Eigentümers sind durch das Wasserhaushaltsgesetz, die Wasser- und Fische-reigesetze der Bundesländer, durch Allgemein-verfügungen zur Gewässerbenutzung und ande-re Verordnungen stark eingeschränkt. Insoweit

besteht nur ein begrenztes Interesse am Erwerb der Wasserflächen. Andererseits wird die Attrak-tivität der angrenzenden Landbereiche durch das Gewässer erhöht. Hier war bereits sehr frühzei-tig ein erhöhtes Käuferinteresse spürbar. Diesem Umstand Rechnung tragend wurden die Gewäs-ser in Verbindung mit den attraktiven Landbe-reichen zum Verkauf vorbereitet. Aufgrund des großen öffentlichen Interesses an der Gewässer-nutzung hat die LMBV zunächst mit den Anlie-gerkommunen Verkaufsgespräche geführt und ihnen ein Vorkaufsrecht eingeräumt. In einigen Fällen gelang es auch, private oder öffentliche Entwicklungsgesellschaften als Erwerber zu ge-winnen. Käufer kleinerer Gewässer sowie der Landschaftsseen waren Fischereibetriebe bzw. Anglerverbände, Naturschutzorganisationen sowie Privatpersonen. Bis Ende 2007 hat die LMBV so 57 Gewässer mit einer Gesamtfläche von 11.900 ha vor allem in Sachsen-Anhalt und Brandenburg vermarktet.

Ein etwas anderer Weg wurde in Sachsen beschritten. Hier hat sich der Freistaat Sachsen Ende 2007 bereit erklärt, alle noch im Eigentum der LMBV befindlichen Gewässer nach ihrer Fertigstellung zu übernehmen. Die LMBV kon-zentriert sich daher in Sachsen auf eine kleintei-ligere Vermarktung der Gewässerrandbereiche entsprechend den in den kommunalen Planungen bzw. Nutzungskonzepten festgelegten Zielnut-zungen. Mit dem Land Brandenburg wurde Ende 2009 eine Vereinbarung abgeschlossen, dass die wasserwirtschaftlich bedeutsamen Gewässer der LMBV nach ihrer Fertigstellung an das Land übertragen werden.

Zum Liegenschaftsbestand der LMBV gehö-ren auch Verkehrsflächen, die die großräumigen Tagebausanierungsgebiete erschließen und als ehemalige Betriebsstraßen bereits längere Zeit existieren oder im Rahmen der Sanierung als Wirtschafts-, Rad- oder Wanderwege neu ange-legt wurden. Für diese Straßen und Wege strebt die LMBV bevorzugt die öffentliche Widmung und Überführung in Kommunaleigentum an. Beim Verkauf an Dritte werden die erforderli-chen Wegerechte vertraglich vereinbart und in der Regel dinglich gesichert.

B. Krüger et al.

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6319 Nachnutzung und Flächenvermarktung

9.6.3 Identifizierung von Flächen mit höherwertigen Nutzungspoten-zialen

Mit der Stillsetzung der Tagebaue und Fabrik-anlagen entstand die Aufgabe, über die Nachnut-zung und Vermarktung der zu sanierenden und wiedernutzbar zu machenden Flächen sowie der dazu geeigneten Gebäude und baulichen Anlagen zu befinden. In einem ersten Schritt erfolgte die Erfassung und Bewertung der ehemaligen Indus-triestandorte der LMBV. Mit der fortschreitenden Sanierung der stillgelegten Tagebaue wurde es notwendig, auch die im Umfeld der entstehenden Bergbaufolgeseen verfügbar werdenden Flächen hinsichtlich ihrer Eignung für eine höherwertige Nutzung zu untersuchen. Eine wichtige Grund-lage hierfür waren die im Vorfeld erarbeiteten Nutzungskonzepte (s. Abschn. 9.3.3).

Höherwertigere Liegenschaften sind in erster Linie Bauflächen jeder Art. Sie können in nachfol-gende Hauptgruppen zusammengefasst werden:• Industrie- und Gewerbeflächen• Flächen für Freizeit und Erholung• Wohnbauflächen• Flächen für Sondernutzungen.Die Identifizierung und Bewertung der Flächen erfolgte auf Basis der verfügbaren aktuellen In-

formationen unter Verwendung nutzungsspezi-fischer Indikatorenmodelle sowie fallbezogener Bewertungsalgorithmen (Abb. 9.46).

Bereits im Jahr 1996 wurde der Gesamtbe-stand an ehemaligen Industriestandorten detail-liert aufgenommen und nach raumordnerischen sowie landes-, regional- und kommunalplaneri-schen Aspekten bewertet. Zu diesem Zeitpunkt handelte es sich um 114 Standorte mit einer Ge-samtfläche von 2.400 ha.

Im Zeitraum von 1997–2000 wurden diese Untersuchungen weiter vertieft und die einstigen Industrieareale nach immobilienwirtschaftlichen Grundsätzen kategorisiert. Aus dem ursprüngli-chen Bestand wurden 60 Standorte identifiziert, die sich für eine höherwertige Nutzung eignen sollten; 33 Standorte kamen für eine direkte Ver-marktung und 21 Areale für die Renaturierung infrage. 19 Standorten wurden sehr gute Entwi-cklungs- und Vermarktungschancen eingeräumt.

Ab 2001 wurden auch die entstehenden Berg-baufolgeseen mit den umliegenden Flächen auf ihre Potenziale für höherwertigere Nutzungen untersucht. Der Bestand umfasste zu diesem Zeit-punkt 117 Standorte mit einer Fläche von 3.140 ha, davon 37 Flächen für eine industriell-gewerbliche Nutzung und 80 Flächen für eine Nutzung als Freizeit-, Erholungs- und Wohnstandort. Dieser

Abb. 9.46 Mehrstufige Identifizierung des Bestandes an Flächen höherwertiger Nutzung

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632

Bestand wurde in den Folgejahren ständig aktu-alisiert.

Die mit der Förderung der Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien zu erwartende erhöhte Nachfrage nach geeigneten Standorten war An-lass, den Immobilienbestand der LMBV noch-mals gezielt zu bewerten. Bis 2004 wurden 14 Standorte für die Errichtung von Windkraftan-lagen mit fast 1.500 ha Fläche ausgewiesen und vermarktet. Dazu kamen im Jahr 2005 insgesamt 15 Standorte mit einer Fläche von 335 ha für die Errichtung von Solarstromkraftwerken.

In den Jahren 2007–2009 erfolgte in Verbin-dung mit der Erarbeitung neuer Liegenschaftska-taloge eine erneute Aktualisierung des Bestandes der Industrie- und Gewerbe- sowie Freizeit-, Er-holungs- und Wohnbauflächen. Ende 2009 ver-fügte die LMBV über 6 aus den früheren Priori-tätenstandorten hervorgegangene Industrieparks mit einer Fläche von über 500 ha, 13 weitere Industrie- und Gewerbestandorte mit 217 ha Flä-che und 14 Standorte für Freizeit, Erholung und Wohnen mit einer Fläche von rd. 460 ha. Darüber hinaus werden die insgesamt 680 ha Flächen des Industrieparks Schwarze Pumpe von der Vatten-fall Europe Mining AG und der LMBV gemein-sam vermarktet.

Industrie- und Gewerbeflächen Die Erfassung und Kategorisierung der Flächen für Industrie und Gewerbe erfolgte in einem mehrstufigen Verfahren. Die Kategorisierung Mitte der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts wurde vor allem auf der Basis angebotsorientierter Faktoren durch-geführt. Diese Kategorisierung, die auf die Bewertung der Raumbedeutsamkeit aller 120 industriellen Altstandorte zielte, gründete auf folgenden Kriterien:• Lage im räumlichen System

− Lage im zentralörtlichen System− Lage im Entwicklungs- und Verbindungs-

achsensystem− Lage zu Vorbehalts- und Vorranggebieten− Lage zu Industriekernen oder bedeutenden

Sanierungsobjekten.• Status im regionalen und kommunalen Ent-

wicklungszusammenhang− Planungsstand− Standortkonkurrenzen

− Standortdefizite− Regionale Vernetzungspotenziale.

• Verfügbarkeit der Flächen− zeitliche Verfügbarkeit− nutzungsrechtliche Verfügbarkeit− sanierungsabhängige Verfügbarkeit.

• Stand der Erschließung− Verkehrsanbindung− technische Infrastruktur− Bebauung.

Im Verlauf der weiteren Entwicklung erwies sich die prinzipielle Richtigkeit der mit der Bestands-aufnahme vorgenommenen Erstkategorisierung. Dennoch war nicht zuletzt infolge der rasanten wirtschaftlichen Strukturveränderungen in den Bergbauregionen festzustellen, dass einige Annah-men und Erwartungen zu optimistisch waren und eine Neubewertung der Entwicklungschancen er-forderlich wurde. Diese fand im Jahr 2000 statt und führte zu einem neuen Ranking. Dabei wurden vor allem der Stand der Arbeiten zur Sanierung und Standortentflechtung, sowie aktuelle Entwicklun-gen am Grundstücksmarkt neu bewertet. Im Ergeb-nis wurden lediglich elf Standorte als überregional bedeutsame Industrie- und Gewerbestandorte iden-tifiziert. Im weiteren Verlauf verringerte sich dies auf sieben Standorte. Weitere Standorte sind nur bedingt, bei entsprechender Nachfrage, für eine zukünftige industriell-gewerbliche Nutzung ge-eignet. Der überwiegende Teil der Altstandorte ist wegen fehlendem Nachfragepotenzial und seiner Lage im Außenbereich nicht für eine industriell-gewerbliche Nachnutzung geeignet.

In den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde deutlich, dass eine Revitalisierung und Neu-erschließung der ausgewählten raumbedeutsa-men Standorte nur dann erfolgreich sein kann, wenn die Bündelung der Sanierungs- und Er-schließungsmaßnahmen unter Einbeziehung von finanziellen Mitteln aus der Gemeinschaftsaufga-be zur „Verbesserung der regionalen Wirtschafts-struktur“ (GRW) gelingt. In Abstimmung mit den Ländern, Regionen und Kommunen wurden hier-zu die notwendigen Vereinbarungen getroffen. Damit war nicht nur der Begriff der Prioritäten-standorte geboren, sondern eine neue Etappe in der Planung der Nachnutzung, Entwicklung und Vermarktung ehemaliger Industriestandorte des Braunkohlenbergbaus eingeleitet.

B. Krüger et al.

Page 55: Braunkohlesanierung || Nachnutzung und Flächenvermarktung

6339 Nachnutzung und Flächenvermarktung

Die Entscheidung zur gezielten Entwicklung der Prioritätenstandorte war zugleich der maß-gebliche Impuls zur Gründung der Lausitzer und Mitteldeutschen Immobilienentwicklungsgesell-schaft mbH (LMEG) als Tochter der LMBV, die bis zum Jahr 2009 agierte. Die LMBV entwi-ckelte über die LMEG insgesamt vier Lausitzer und zwei Mitteldeutsche Industrieparks sowie, gemeinsam mit anderen Partnern, den Industrie-park Schwarze Pumpe (s. Abschn. 9.5). Abbil-dung 9.47 zeigt den Eingangsbereich des Mittel-deutschen Industrieparks Espenhain.

Flächen für Freizeit und Erholung Eine an Bedeutung gewinnende Kategorie von Flächen mit höherwertigen Nutzungspotenzialen sind die Flächen für Freizeit und Erholung, die vor allem im Umfeld der neu entstehenden Seen zu lokali-sieren sind. Bei diesen Flächen, die im Rahmen der Untersuchungen als so genannte Entwick-lungsgebiete bezeichnet wurden, handelt es sich um Areale unterschiedlichster Nutzung. Die Spanne reicht von• touristisch nutzbaren Liegenschaften mit

komplexen Nutzungsangeboten wie Wasser-sportzentren und Ferienparks über

• Ferienhaussiedlungen, Hotels, Wohnwagen-stell- und Campingplätze bis zu

• Marinas, Bootsliegeplätzen und Bootsanlege-stellen (LMBV 2010).

Um diese Areale zuverlässig unter Beachtung der schnellen Veränderungen zu identifizieren, wurde im Jahr 2001 eine erste, auf den Nutzungs-konzepten für Bergbaufolgelandschaften basie-rende Bestandsaufnahme von 117 Flächen vorge-nommen. Die Untersuchungen sollten vor allem als Entscheidungsgrundlage für die Vermarktung der Flächen dienen. Sie erbrachten aber auch eine Vielzahl neuer Informationen, die für das gezielte Immobilienmarketing genutzt werden können.

Durch die Anwendung eines speziell entwi-ckelten dreistufigen Indikatorenmodells wurde eine detaillierte und homogene Bewertung mög-lich. Dabei wurden die einzelnen Areale auf den Ebenen Teilregion, Sanierungsgebiet und Ent-wicklungsgebiet bewertet. Damit wurden sowohl überregionale, regionale und lokale Nachfrage- und Angebotsfaktoren in die Bewertung einbe-zogen als auch harte und weiche Standortdaten integriert. Das Modell vereinigt die Vorzüge von immobilienwirtschaftlichen Analysen bzw. Modellen mit dem Wissen um die Spezifika der Vermarktung von Bergbaufolgeflächen. Nach-frage- und Angebotspotenziale wurden durch die Systematisierung und Kategorisierung der Ent-wicklungsgebiete nach deren Bedeutung für das

Abb. 9.47 Mittel-deutscher Industriepark Espenhain

Page 56: Braunkohlesanierung || Nachnutzung und Flächenvermarktung

634

Liegenschaftsgeschäft der LMBV aufgedeckt. Innerhalb der Untersuchungen wurden überdies Synergien und Konkurrenzen für diese Areale be-stimmt und bewertet. Einige Indikatoren wurden durch die Verarbeitung raumbezogener digitaler Daten mit GIS gewonnen, was eine Quantifizie-rung einzelner Ergebnisse ermöglichte. Folgende Indikatoren wurden für die Klassifizierung der Flächen für Freizeit und Erholung herangezogen (Kadler und Fischer 2004):• Stufe 1: Teilregion

− relatives Besucherpotenzial− Konkurrenzen und Synergien.

• Stufe 2: Sanierungsgebiet− Zielnutzung− Gewässergröße− Zeitpunkt der Erreichung des Endwasser-

standes.• Stufe 3: Entwicklungsgebiet

− Komplexität des touristischen Angebots− Lage im zentralörtlichen System− Verkehrsanbindung− Planungsstand− zeitliche Flächenverfügbarkeit− Flächengröße− Flächenanteil der LMBV.

Die Bewertungen ergaben eine große Heteroge-nität der untersuchten Entwicklungsgebiete für Freizeit- und Erholungszwecke. Die LMBV ver-fügt über eine Reihe von Standorten mit heraus-ragenden Entwicklungs- und Verkaufschancen. Dem stehen aber auch viele Flächen mit weit ungünstigeren Ausgangsbedingungen gegenüber. Das im Vergleich zur Lausitz dichter besiedelte Mitteldeutsche Revier verfügt über deutlich bes-sere Besucherpotenziale und eine dichtere Ver-kehrsinfrastruktur – wichtige Gründe für die ten-denziell bessere Bewertung der mitteldeutschen Standorte. Folgende Faktoren zeichnen maßgeb-lich die Qualität eines Entwicklungsgebietes aus:• Eine hohe Attraktivität eines Standortes für

intensive Erholung durch seine Lage am künf-tigen Uferbereich einer großen Wasserfläche in Stadtnähe

• Sehr gute Angebotsfaktoren, wie z. B. die sofortige Verfügbarkeit, baldige Nutzbarkeit der Wasserfläche und ein weit fortgeschritte-nes Bebauungsplanverfahren

• Ein hohes Entwicklungspotenzial der Fläche, z. B. ein Entwicklungsgebiet als Siedlungs-erweiterung einer Stadt zum See hin

• Eine interessante Nutzungsmischung, z. B. aus Erholen, Wohnen und Arbeiten

• Gute Nachfragefaktoren, z. B. ein hohes Besucherpotenzial und eine gute Infrastruk-turanbindung.

Zu den besonders attraktiven Vorhaben für Frei-zeit- und Erholungsnutzungen auf LMBV-Flä-chen zählen folgende Gebiete:• Bitterfelder Wasserfront am Großen Goitz-

sche See (Abb. 9.48)• Marina Mücheln am Geiseltalsee• Pier 1 am Cospudener See• Magdeborner Halbinsel am Störmthaler See• Nordstrand am Sedlitzer See• Beach Ressort am Partwitzer See• Wassersportzentrum am Spreetaler See• Wassersportzentrum Tauchritz am Berzdorfer

See.

Wohnbauflächen Die in den Bergbaufolgeland-schaften identifizierbaren Wohnbauflächen ste-hen oftmals in einem engen Zusammenhang zur Ausweisung von Flächen für Freizeit und Erho-lung. Dabei handelt es sich vorzugsweise um neue Siedlungsflächen am Rande oder in unmit-telbarer Nachbarschaft der entstehenden Seen. Reine Wohnbauflächen sind die Ausnahme, da viele Entwicklungsvorschläge und Projekte von gemischten Nutzungen ausgehen. Bei der Mehr-zahl der Areale handelt es sich um Flächen mit exklusiver Lage und außergewöhnlichen Ent-wicklungsperspektiven. Beispiele hierfür sind:• Wohnbebauung am Zöbigker Winkel unweit

des Cospudener Sees (Abb. 9.49)• Kap Zwenkau als siedlungsabrundender

Wohn- und Freizeitstandort zwischen der Stadt und dem nach ihr benannten See

• zukünftige Lagune am Sedlitzer See mit einer Mischung aus Wohn- und Sonderbauflächen für Erholungsnutzung

• Wohngebiet „Alma-Siedlung Großräschen“ in unmittelbarer Nähe zum Großräschener See und den IBA-Terrassen.

Darüber hinaus befinden sich in den Bergbaufol-gelandschaften Ortslagen, deren Überbaggerung

B. Krüger et al.

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6359 Nachnutzung und Flächenvermarktung

Abb. 9.48 Die Bitterfelder Wasserfront am Großen Goitzschesee im Jahr 2010

Abb. 9.49 Wohnbebauung am Cospudener See 2008

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durch die plötzliche Stilllegung der Tagebaue Anfang der 90er Jahre „in letzter Minute“ ver-hindert wurde. Ein Beispiel für einen solchen re-vitalisierten Ort ist Pritzen am Altdöberner See. Die Siedlung befindet sich auf dem Restsockel des ehemaligen Tagebaus Greifenhain und ragt als Halbinsel in den ansteigenden See. Sie war in der Vergangenheit Schauplatz mehrerer Kunst-bienalen und gehört zu den Projekten der IBA Fürst-Pückler-Land.

Sondernutzungen Die infolge der wirtschaft-lichen Entwicklung in den neuen Ländern und des großen Konkurrenzangebots relativ geringe Nachfrage nach gewerblichen und industriellen Bauflächen führte dazu, die Eignung von ehemals industriell-gewerblich genutzten Liegenschaf-ten für neue Nutzungen zu prüfen. Im Ergebnis wurde durch die LMBV eine ganze Reihe von Liegenschaften für eine Nutzung als Standorte für die Erzeugung von Strom aus regenerativen Energiequellen ausgewiesen.

Dabei standen, angesichts der Verknappung und Preisentwicklung bei fossilen Energieträ-gern, die in Verbindung mit entsprechenden wirtschaftspolitischen Weichenstellungen zu einer stark steigenden Nachfrage nach Flächen für erneuerbare Energien führten, insbesondere Flächenangebote für Wind- und Solarenergie im Fokus. So hat die LMBV dem Interesse an Flächen für Windkraftanlagen frühzeitig durch ein gezieltes Angebot dieser Kategorie Rech-nung getragen. Bislang wurden fast 1.500 ha

für die Errichtung von Windkraftanlagen ver-marktet. Zu den bedeutendsten gehören der Windpark Klettwitz mit insgesamt 38 Wind-kraftanlagen und einer installierten Leistung von 63 MW (Abb. 9.50) und die Kippenfläche Poley mit 13 Anlagen und einer Leistung von 26 MW.

Zudem hat sich die LMBV bei der Bereitstel-lung von Liegenschaften für die Errichtung von Solarkraftwerken engagiert. Eine solche Spezi-fizierung ist insbesondere für Flächen interes-sant, die keiner anderen gewerblichen Nutzung zugeführt werden können. Zudem ist die Förder-politik für Photovoltaikstandorte, die industrielle Brachen und Altlastenflächen bevorzugt, ideal für das Flächenangebot der LMBV.

Nach umfassender Recherche und Selektion wurden 15 Standorte mit rund 380 ha als poten-zielle Areale für Solarstromkraftwerke identifi-ziert und gezielt angeboten. Beispiele einer er-folgreichen Vermarktung dieser Flächenkatego-rie sind der 2004 errichtete Solarpark Leipziger Land und der 2006 in Betrieb gegangene Solar-park Borna. Der Solarpark Leipziger Land, un-weit des Mitteldeutschen Industrieparks Espen-hain gelegen, verfügt mit seinen 33.500 Solar-modulen über eine Stromerzeugungskapazität von 5 MW. Der auf dem Gelände der ehemali-gen Brikettfabrik und des Kraftwerkes Borna errichtete Solarpark leistet 3,4 MW. Auf 103 ha Kippenflächen des ehemaligen Tagebaus Klein-leipisch ist 2009 eine der größten Solaranlagen Deutschlands, der Solarpark Finsterwalde I mit

Abb. 9.50 Windpark Klettwitz

B. Krüger et al.

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6379 Nachnutzung und Flächenvermarktung

einer Gesamtleistung von 40,7 MW entstanden (Abb. 9.51).

9.6.4 Zielgruppenorientiertes Marketing

Ziele und Ausgangsbedingungen Für die Er-füllung des Verwertungsauftrages der LMBV war es notwendig, den gesamten Prozess der Lie-genschaftsverwaltung und -vermarktung effektiv und rationell zu gestalten sowie die verschiede-nen Formen, Methoden und Instrumentarien des Immobilienmarketings konsequent in den Dienst einer zeitnahen und erlöswirksamen Vermark-tung der Immobilien zu stellen. Dabei verfolg-te die LMBV von Beginn an einen integrativen kunden- bzw. prozessorientierten Ansatz. Das be-deutet, dass die Aufgaben der Produktpolitik, die den Kern des Marketings bildet, über alle Pha-sen der Markttransaktion von Immobilien, von der Vorbereitung über die Anbahnung und den

Abschluss bis hin zur Realisierung der Transak-tion, weitgehend standardisiert wurden. Ziel des Immobilienmarketings der LMBV war ein akti-ves Agieren des Unternehmens im spezifischen Markt nachbergbaulicher Immobilien. Den Be-sonderheiten der Vermarktung ehemaliger Berg-bauliegenschaften muss auch im Rahmen des Marketings Rechnung getragen werden.

Produktpolitik für Immobilien der LMBV Die Immobilienprodukte der LMBV unterschei-den sich von anderen vor allem dadurch, dass der überwiegende Teil bergbaulich in Anspruch genommen wurde und im Ergebnis der Sanie-rung und Wiedernutzbarmachung neu entstanden ist. Das bedeutet, dass dieser Teil des Immobi-lienangebotes aus einem Wandlungsprozess der Flächennutzung hervorgegangen ist und mit der neuen Nutzung wieder in den wirtschaftlichen Kreislauf eintritt. Diese Immobilien bilden die zentralen Produktgruppen der LMBV, aus denen konkrete Produkte in Form von Verkaufsobjekten

Abb. 9.51 Solarpark Finsterwalde 2009

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638

zu bilden sind. Die LMBV verfügte bzw. verfügt über folgende Produktgruppen:• Lausitzer und Mitteldeutsche Industrieparks• Flächen für Industrie und Gewerbe• Flächen für Freizeit, Erholung und Wohnen• Ökologisch wertvolle Flächen• Windkraftflächen• Flächen für Solarkraftwerke• Wasserflächen (Neue Seen)• Landwirtschaftsflächen• Waldflächen• sonstige Flächen (Verkehrsflächen u. a.).Die Verkaufsobjekte (Verkaufslose) setzen sich in der Praxis oft aus Elementen unterschiedlicher Produktgruppen zusammen. Die Zuordnung des Verkaufsloses zu der jeweiligen Produktgruppe und die daraus abzuleitenden Marketingmaßnah-men bzw. zu nutzenden Marketinginstrumente sind anhand der hauptsächlichen Produktgruppe zu bestimmen.

Ausgehend von den vorhandenen Möglich-keiten und den Spezifika sanierter Bergbauim-

mobilien wurden die geeigneten produktkonkre-ten Marketingerzeugnisse über einen längeren Zeitraum systematisch entwickelt. Dabei war zu beachten, dass die Immobilienpalette des Unternehmens selbst einem erheblichen Wandel unterliegt. Den Kern der Marketingerzeugnisse der LMBV bilden produktkonkrete Kataloge, in denen die einzelnen Flächenangebote mit ihren Spezifika und Nutzungsmöglichkeiten darge-stellt sind (Abb. 9.52).

Diese werden durch die LMBV direkt oder über geeignete Vermittler wie Wirtschaftsverbän-de, Wirtschaftsförderungsgesellschaften, Kom-munen und andere Partner als Marketinginstru-mente eingesetzt. Von besonderer Bedeutung ist hierbei auch der Internetauftritt der LMBV unter den Domänen www.lmbv.de, www.lausitz-indus-trieparks.de und www.mitteldeutsche-industrie-parks.de.

Darüber hinaus waren und sind im Immobi-lienmarketing der LMBV weitere Marketinger-zeugnisse von Bedeutung:

Abb. 9.52 Broschüren und Kataloge der LMBV 2007–2010

B. Krüger et al.

Page 61: Braunkohlesanierung || Nachnutzung und Flächenvermarktung

6399 Nachnutzung und Flächenvermarktung

• Aufsteller und Tafeln an Standorten bzw. Lie-genschaften der LMBV

• Prospekte, Flyer bzw. Folder und Exposés• Präsentationen oder Filme auf digitalen

Medien.

Vermarktungs- und Marketingprozess Zur Bildung der Produktgruppen wurden zunächst die Daten für die einzelnen Verkaufsobjekte auf-bereitet. Weitere Informationen waren aus den unternehmensinternen bzw. externen Quellen zu beschaffen. Die konkrete Vorgehensweise wurde in Abhängigkeit von der jeweiligen Pro-duktgruppe bestimmt. Ziel der qualitativen und quantitativen Beschreibung der Produkte war es, möglichst sämtliche Profil bildenden Merkmale und Besonderheiten systematisch zu erfassen und auszuwerten. Dazu zählen u. a.:• Bestandsaufnahmen der Daten und Fakten der

Produkte• Erfassung und Beschreibung von Rahmenbe-

dingungen und der regionalen Potenziale• Identifikation von produktrelevanten regiona-

len oder lokalen Besonderheiten• Analyse möglicher Konkurrenzen und daraus

ableitbarer Erfolgsaussichten• Durchführung und Auswertung von Experten-

gesprächen• Bestimmung branchenkonkreter Zielgruppen• Erarbeitung und Umsetzung von Maßnahmen

zur Profilierung des Produktes.Die Produkte werden sowohl unter Berück-sichtigung vorliegender bzw. bereits bestätigter Flächenplanungen als auch sich neu ergebender Entwicklungen konkret gestaltet. Dabei werden alle sich bietenden Spielräume der Produktzu-sammensetzung, Zielgruppenbestimmung und Käuferauswahl genutzt. Eine wesentliche Grund-lage der Produktbildung sind die vorliegenden Nachnutzungskonzepte. Darüber hinaus sind auch alternative Nutzungsmöglichkeiten sowie aktuelle gesellschaftliche Rahmenbedingungen und wirtschaftliche Trends von Bedeutung. Die Bestimmung der Zielgruppen für die einzelnen Produkte erfolgt in Abhängigkeit von der jewei-ligen Produktgruppe. Dabei wurde folgenderma-ßen vorgegangen:

• Bestimmung der Zielregionen, aus denen die Zielgruppen zu identifizieren sind

• Recherche und Festlegung der den Zielre-gionen zuzuordnenden Zielgruppen auf der Grundlage der produktgruppenbezogenen Hauptnutzung

• Auswahl der potenziellen Käufer aus den identifizierten Zielgruppen und Dokumenta-tion der vollständigen Daten als Basis für die weiteren Marketingmaßnahmen.

Die Maßnahmen zur Aktivierung der ausgewähl-ten Zielgruppen umfassen sämtliche Aufgaben zur Auswahl und Bestimmung der Kommunika-tionswege und Trägermedien, der einzusetzenden Marketinginstrumente sowie der Vorbereitung und Durchführung der Zielgruppenansprache. Zur Sicherung der Ergebnisse wird eine konse-quente Erfolgskontrolle durchgeführt.

Weitere Aufgaben im Immobilienmarke-ting Das Immobilienmarketing der LMBV basiert auf einem mittelfristig geltenden Gesamt-konzept, dessen Grundlage die Lang- und Mittel-fristplanung der Liegenschaftsvermarktung ist. Dieses Konzept schließt alle wesentlichen Immo-bilienproduktgruppen ein. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf den Produkten, deren Vermarktung• mit öffentlichen und privaten Investitionen

verbunden ist• überdurchschnittliche kommerzielle Ergeb-

nisse erwarten lässt• von erheblicher öffentlicher Bedeutung ist.Das Marketingkonzept bildet die Grundlage für die jährliche Planung der Marketingmaßnahmen. Deshalb umfasst das Konzept die wichtigsten langfristigen Aufgaben einschließlich der dafür erforderlichen personellen, materiellen und fi-nanziellen Mittel.

Im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der LMBV in den einzelnen Sanierungsgebieten werden auch die konkreten Immobilienangebote vorgestellt. Diese Veranstaltungen werden vor allem zur Information über die Offerten im Um-feld der entstehenden Bergbauseen genutzt.

Weitere wichtige Maßnahmen des Immobilien-marketings sind die Präsentation der Angebote auf Messen und Kongressen, die Durchführung von

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640

zielgerichteten Mailings und die Schaltung von Anzeigen in öffentlich zugänglichen Medien.

9.6.5 Darstellung ausgewählter Fallbeispiele für eine erfolgreiche Vermarktung

Ferropolis – Die Stadt aus Eisen am Gremmi-ner See Der 1991 stillgesetzte Tagebau Golpa-Nord hinterließ neben den devastierten Berg-bauflächen auch eine Reihe von nicht mehr be-nötigten Großgeräten, die zur Verschrottung vor-gesehen waren. Das erste Initial zur Erhaltung, Unterschutzstellung und touristischen Nutzung der Geräte entstand im Rahmen einer Diplomar-beit am Bauhaus Dessau, in der auch erstmalig der Name „Ferropolis“ geprägt wurde. Vier Bag-ger und ein Absetzer wurden auf dem Restpfei-ler, der heute als Halbinsel in den Gremminer See ragt, in ihre Endstellung gebracht und 1994 unter Denkmalschutz gestellt. Schon zu diesem Zeitpunkt unterstützte die LMBV das Vorhaben vor allem dadurch, dass die ursprünglich zur Ver-schrottung der Anlagen geplanten Mittel zu deren Erhalt und Sicherung eingesetzt wurden. 1995 war die offizielle feierliche Namensgebung der Stadt aus Eisen.

Im selben Jahr wurde Ferropolis im Rahmen der EXPO 2000 zur Korrespondenzregion in Sachsen-Anhalt. Durch die Bereitstellung von er-heblichen Fördermitteln konnten die Großgeräte weiter gesichert sowie eine Veranstaltungsarena für 25.000 Besucher errichtet werden. Seit 2000 finden nunmehr jährlich Open-air-Großveran-staltungen statt, die tausende Besucher aus allen Teilen Deutschlands anziehen.

Nach einer Phase der Neuorientierung ab 2001 wurde Ferropolis auf der Grundlage einer städtebaulichen Gesamtplanung weiterentwi-ckelt, die vor allem auf die Entwicklung des Areals zu einem Freilichtmuseum zielte. Mit der Umsetzung der Planungen ab 2003 konnte die Attraktivität der Stadt durch folgende Maßnah-men gesteigert werden:• Sanierung und Sicherung der ehemaligen

Tagebaugroßgeräte zur Herstellung einer teil-weisen Begehbarkeit

• verkehrsinfrastrukturelle Erschließung der Halbinsel sowie Gestaltung eines Rundwe-ges und eines Boulevards und Errichtung von sanitären Anlagen für die Besucher

• Bau eines Bootsanlegers und eines Hub-schrauberlandeplatzes

• Eröffnung eines regionalen Bergbaumuseums, eines Informationszentrums (Orangerie) und eines Kinderspielplatzes sowie Nutzung der ehemaligen Wartungshallen.

Heute ist Ferropolis eine überregional bekann-te touristische Destination, die zum einen die Bergbaugeschichte der Region dokumentiert und zum anderen jährlich mehr als 40.000 Besucher zu Veranstaltungen in einer einzigartigen Kulis-se lockt (Abb. 9.53). Die Stadt aus Eisen steht beispielhaft für eine effektive und auf die Anfor-derungen der künftigen Nutzung ausgerichtete Braunkohlesanierung.

Cospudener See Der Cospudener See ist Bestandteil einer der ersten Landschaften im Süd-raum von Leipzig, die vom erfolgreichen Wandel vom Braunkohlenbergbau zu einer Gewässerland-schaft mit deutlicher touristischer Ausrichtung zeugen (Abb. 9.54). Der aus dem von 1981 bis 1992 betriebenen Tagebau Cospuden entstan-dene Restsee wurde mit Sümpfungswasser der in der Region noch aktiven Tagebaue geflutet. Die Anforderungen der künftigen Nutzung des Cospu-dener Sees fanden bereits bei der bergbaulichen Sanierung Berücksichtigung. Die notwendigen Massenbewegungen wurden zur Profilierung der Uferbereiche und Strände genutzt. Mit der Gestal-tung des Wegesystems erfolgte gleichzeitig die Schaffung der notwendigen touristischen Ver-kehrsinfrastruktur. In den Jahren 1999 und 2000 wurde in Verbindung mit der Endgestaltung der Böschungen und Wege zugleich der Hafen am Westufer des Sees errichtet. Die Nominierung des Sees zu einem Korrespondenzstandort der EXPO 2000 machte die Bereitstellung der dafür nötigen Fördermittel möglich.

Mit dem Verkauf bzw. der Übertragung des Sees und der angrenzenden Flächen an die Städte Leip-zig und Markkleeberg wurden die eigentumsrecht-lichen Voraussetzungen für die weitere Entwick-lung und Erschließung des Gebietes geschaffen.

B. Krüger et al.

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6419 Nachnutzung und Flächenvermarktung

Abb. 9.53 Gremminer See mit Ferropolis, der Stadt aus Eisen 2008

Abb. 9.54 Cospudener See mit dem Freizeitpark Belantis im Vordergrund 2009

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642

Heute zählt der See zu den beliebtesten Aus-flugs- und Erholungsgebieten der Region und bietet vielfältige Möglichkeiten der wasserge-bundenen sportlichen Betätigung und Freizeitge-staltung. Dazu zählen neben Baden und Segeln auch Trendsportarten wie Kite-Surfen und Tau-chen. Über den 14 km langen Rundweg können die naturbelassenen Bereiche des Sees im Westen und Süden erkundet werden. Zu den besonderen Freizeit- und Erholungsangeboten gehören:• Hafen und Wassersportzentrum Zöbigker

am Ostufer des Sees mit Gastronomie- und Dienstleistungsangeboten, Schiffsanlegestelle und Sauna im See

• ausgedehnte Sandstrände am Nord- und Ost-ufer

• Landschaftspark Nordufer mit „Erlebnis-achse“ und Tertiärwald

• Aussichtsturm Bistumshöhe südlich des Sees, der einen Blick über die Bergbaufolgeland-schaften der Region bietet

• Freizeitpark „Belantis“ mit seinen Vergnü-gungs- und Erlebnisangeboten

• 9-Loch-Golfanlage am Ostufer des Sees.Die schon jetzt beachtlichen touristischen An-gebote werden noch an Attraktivität gewinnen, wenn der See wie geplant in den Gewässerver-bund der Region Leipzig eingebunden sein wird. Danach können vom Cospudener See aus sowohl der benachbarte Zwenkauer See im Süden als auch die Leipziger Innenstadt erreicht werden.

9.6.6 Spezielle Fragen der Verkaufsvorbereitung und Vertragsgestaltung bei der Vermarktung von Bergbauflächen

Beim Verkauf bzw. der Übertragung von Berg-bausanierungsflächen sind einige Besonderhei-ten zu beachten, die im normalen Grundstücks-verkehr so nicht anzutreffen sind. Das betrifft insbesondere spezielle Fragen des Berg- und Wasserrechtes, aber auch den zumeist nicht aus-reichenden Planungsvorlauf für die Folgenut-zung. Auf diese Besonderheiten soll im Folgen-den näher eingegangen werden.

Bergrechtliche Verpflichtungen bis zur Been-digung der Bergaufsicht Beim Verkauf ehe-maliger Bergbauflächen lässt es sich in der Regel nicht vermeiden, auch noch in Sanierung befind-liche Flächen in die Vermarktung einzubeziehen. Die LMBV hat zum Beispiel den überwiegen-den Teil ihrer Liegenschaftsverkäufe bereits vor Abschluss der bergrechtlichen Sanierungsarbei-ten und der Beendigung der Bergaufsicht getä-tigt. Die Gründe hierfür sind vielfältig:• Optimierung der Flächenzuschnitte zur Ver-

besserung der Vermarktungschancen und Ver-meidung von Rest- und Splitterflächen

• Förderung der kommunalen Bauleitplanung sowie der Planung von Folgenutzungsinves-titionen durch Schaffung der eigentumsrecht-lichen Voraussetzungen

• Erschließung von Synergieeffekten zwischen Bergbausanierung und Folgenutzung

• Sicherung eines möglichst frühzeitigen Beginns der Folgenutzung

• Betriebswirtschaftliche Aspekte.Ein Verkauf vor Beendigung der Bergaufsicht stellt besondere – vom normalen Grundstücksgeschäft abweichende – Anforderungen an beide Vertrags-partner und birgt darüber hinaus noch spezifische Risiken für den Verkäufer, die nur durch eine ex-akte Verkaufsvorbereitung und Vertragsgestaltung minimiert werden können. Auch nach einem Ver-kauf der Flächen bleibt der Verkäufer als Bergbau-betrieb gegenüber dem Bergamt verantwortlich für Ordnung und Sicherheit auf den unter Berg-aufsicht stehenden Flächen und für die Erfüllung der in den Abschlussbetriebsplänen und ergän-zenden Bestimmungen festgelegten Maßnahmen. Ein Verkauf von Flächen unter Bergaufsicht ist daher nur möglich, wenn die Handlungsfähigkeit des Verkäufers zur vollständigen Erfüllung seiner berg- und wasserrechtlichen Verpflichtungen er-halten bleibt und der Käufer in seinem Handeln die besondere Rechtssituation berücksichtigt. Um die Gefahr von Haftungsrisiken auszuschließen bzw. zu minimieren, ist es erforderlich, die mit dem beabsichtigten Verkauf verbundenen poten-ziellen Risiken zu bewerten und den Käufer um-fassend über den gegenwärtigen und geplanten zu-künftigen Zustand der Liegenschaft, insbesondere bekannte Sach- und Rechtsmängel zu informieren.

B. Krüger et al.

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6439 Nachnutzung und Flächenvermarktung

Die LMBV unterzieht daher jedes Verkaufs-vorhaben einer umfassenden fachlichen Prüfung und Bewertung, an der fast alle Fachabteilungen beteiligt sind. Dabei werden mindestens nachfol-gend aufgeführte Daten erfasst und bewertet:• Stand der Sanierung und noch durchzufüh-

rende Arbeiten mit Planungsstand und zeitli-cher Einordnung

• geotechnische Bewertung (Standsicherheit, Nutzungseinschränkungen)

• hydrologische Situation (gegenwärtig und zukünftig)

• Altlasten• Lage und Betriebsnotwendigkeit von Pegeln

und Leitungen• erforderliche Dienstbarkeiten für die Sanie-

rung (Wegerechte, Pegel-, Leitungsrechte)• Nutzungsbedingungen für den Erwerber (Art

und Zeitpunkt der Nutzung, Bewirtschaf-tungsvorgaben zur Sicherung der Sanierungs-ergebnisse, dauerhafte oder befristete Nut-zungseinschränkungen).

Im Ergebnis dieser fachlichen Prüfung und Risi-kobewertung wird über die Verkaufsfähigkeit ent-schieden. Sind die Risiken zu hoch oder nicht be-wertbar, wird der Verkauf zurückgestellt. In allen anderen Fällen sind im Grundstückskaufvertrag Regelungen zu treffen, die die Durchführung der noch erforderlichen Sanierungsmaßnahmen und die planmäßige Beendigung der Bergaufsicht sichern und noch vorhandene Risiken – soweit möglich und rechtlich zulässig – ausschließen.

Im Grundstückskaufvertrag sind daher nach-folgende Themen eindeutig zu regeln:1. Erklärung des Verkäufers, dass er bis zur

Beendigung der Bergaufsicht für die Erfüllung sämtlicher bergrechtlicher Verpflichtungen gegenüber der Bergbehörde verantwortlich bleibt und die notwendigen Sanierungsarbei-ten gemäß zugelassenem Abschlussbetriebs-plan vollständig durchführen wird.

2. Umfassende Information des Käufers über• die wesentlichen, noch durchzuführenden

Sanierungsarbeiten,• bekannte Altlastverdachtsflächen (ein-

schließlich Sanierungsstand),• erforderlichenfalls geotechnische und

hydrologische Besonderheiten (einschließ-lich der prognostizierten Grundwasser-stände),

• gegenwärtige und zukünftige Nutzungsein-schränkungen.

3. Verpflichtung des Käufers, alle Maßnahmen entschädigungslos zu dulden, die zur Erfül-lung der berg- und wasserrechtlichen Ver-pflichtungen des Verkäufers erforderlich sind.

4. Sicherung der erforderlichen Rechte zum Be-trieb (einschließlich Errichtung, Wartung und Rückbau) von Pegeln, Brunnen, Vermessungs-punkten und Leitungen. In besonderen Fällen, insbesondere bei längerfristigen Nutzungen, empfiehlt sich eine dingliche Sicherung dieser Rechte.

5. Gewährung der zur Erfüllung der berg- und wasserrechtlichen Verpflichtungen des Ver-käufers notwendigen Betretungs-, Fahr- und Wegerechte für ihn und seine Auftragnehmer. Dabei sind auch notwendige Mitbenutzungen für die Durchführung benachbarter Sanie-rungsprojekte zu berücksichtigen.

6. Verpflichtung des Käufers, dem Verkäufer bis zur Beendigung der Bergaufsicht alle Tätig-keiten auf dem Grundstück sowie alle Um-stände und Vorkommnisse (Unfälle, Brände, Umweltdelikte und andere straf- und ord-nungsrechtlich relevanten Ereignisse) unver-züglich anzuzeigen, die die bergrechtlichen Verpflichtungen des Verkäufers berühren können.

7. Verpflichtung des Käufers, alle liegenschafts- und nutzungsrelevanten Daten und Unterla-gen, die für die Beendigung der Bergaufsicht erforderlich sind, unentgeltlich und unverzüg-lich zur Verfügung zu stellen.

Wasserrechtliche Planfeststellungsverfahren Soll im Ergebnis der Bergbausanierung ein Gewässer entstehen, muss für dessen Herstellung in der Regel ein wasserrechtliches Planfeststel-lungsverfahren durchgeführt werden. Ist dieses beim Verkauf oder der Übertragung eines Gewäs-sers oder von Gewässerrandbereichen noch nicht abgeschlossen, so müssen auch hierzu spezielle Regelungen im Kaufvertrag getroffen werden. Das betrifft vor allem die vertragliche Verpflich-tung des Käufers:• das Planfeststellungsverfahren und die sich

daraus ergebenden Maßnahmen entschädi-gungslos zu dulden und

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644

• die Durchführung des Verfahrens als neuer Grundstückseigentümer nicht zu behindern, sondern durch rechtzeitige Abgabe aller erfor-derlichen Erklärungen zu unterstützen.

Haftungsfragen Obwohl im Rahmen der Sanie-rung alle bekannten Altlasten oder schädlichen Bodenveränderungen beseitigt bzw. gesichert werden und die Beendigung der Bergaufsicht erst erfolgt, wenn nach allgemeiner Erfahrung nicht mehr damit zu rechnen ist, dass bergbaubedingte Gefahren für Leben und Gesundheit Dritter bestehen oder gemeinschädigende Einwirkungen eintreten können, wird der Verkäufer dennoch bemüht sein, ein eventuell verbleibendes Rest-risiko vertraglich auszuschließen. Bestandteil des Grundstückskaufvertrages sind daher in der Regel auch nachfolgende Haftungsausschlüsse:• Haftungsfreistellung des Verkäufers für Alt-

lasten bzw. schädliche Bodenveränderungen im Sinne von § 2 Bundesbodenschutzgesetz (soweit rechtlich zulässig)

• Bergschadenverzichterklärung des Käufers (dinglich gesichert)

• Freistellung des Verkäufers von sonstiger Sach- und Rechtsmängelhaftung.

Wertermittlung und Nachbewertung Wie unter Abschnitt 9.3 ausgeführt, liegen Flächen-nutzungs- oder Bebauungspläne für die Berg-bausanierungsgebiete zum Verkaufszeitpunkt oftmals noch nicht bzw. nur im Entwurfsstadium vor. Dies führt bei der Ermittlung des Verkehrs-wertes der Verkaufsflächen zu Problemen. Eine Bewertung des Ist-Zustandes ignoriert die in den Flächen schlummernden Potenziale. Belast-bare Plannutzungen sind noch nicht vorhanden. Nutzungskonzepte und andere Vorplanungs- instrumente sind bei der Bewertung zwar hilf-reich, stellen aber nur einen unvollkommenen Ersatz für die fehlende Bauleitplanung dar. Zumeist fehlen auch belastbare Daten zu mög-lichen Realisierungszeiträumen für höherwerti-gere Nutzungen.

Die LMBV hat daher die der Kaufpreisermitt-lung zu Grunde liegenden Nutzungen in ihren Grundstückskaufverträgen festgeschrieben. Für den Fall einer wertsteigernden Grundstücksaus-

nutzung wird eine Nachbewertungs- und Mehr-erlösklausel vereinbart. Realisiert der Käufer innerhalb eines bestimmten Zeitraumes (10 bis 15 Jahre) eine höherwertigere Nutzung, zum Beispiel durch Bebauung, schuldrechtliche Ver-fügung oder Veräußerung, hat er eine Nachzah-lung an den Verkäufer zu leisten. Gleiches gilt bei Errichtung von Windkraft- oder Photovoltaikan-lagen auf den Flächen.

Nachzuzahlen ist ein im Vertrag definierter Anteil an der Differenz zwischen Kaufpreis und neuem Grundstückswert. Wertsteigerungen, die auf grundstücksbezogenen Aufwendungen des Käufers beruhen, werden dabei selbstverständ-lich nicht berücksichtigt. Bei der Errichtung von Windkraft- oder Photovoltaikanlagen errechnet sich der Nachzahlungsbetrag zumeist ertrags-wertbezogen aus der insgesamt installierten Nennleistung.

Mehrerlös- und Nachbewertungsklauseln sind in der Literatur zwar umstritten. Für die noch jungen, unbeplanten Flächen in den Tagebausa-nierungsgebieten sind sie aber ein gut geeignetes Mittel zur Unterstützung des Vermarktungspro-zesses. Sie ermöglichen den frühzeitigen Verkauf von Flächen mit unzureichendem Planungsstand und behindern Grundstücksspekulationen. Bei entsprechender Vertragsgestaltung bieten sie auch die Möglichkeit, zunächst einen vorläufi-gen Kaufpreis auf Grundlage von Ist-Nutzungen zu vereinbaren und zu einem späteren Zeitpunkt, wenn qualifizierte bauleitplanerische Grundla-gen vorliegen, eine Nachbewertung der Flächen vorzunehmen. Das schafft Sicherheit für Käufer und Verkäufer gleichermaßen.

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LMBV (2007) Liegenschaften, Standorte, Landschaften – Das Immobilienangebot der LMBV

LMBV (2009) Landschaften nach dem Bergbau – Von Tagebauen zu Seen

LMBV (2010) Zu neuen Ufern – Perspektiven für Freizeit und Tourismus.

LMBV (2007-2010) Schriftenreihe Wandlungen und Per-spektiven

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Politechnika Krakowska (2004) „ARCHITECTURE/AS/ART“

Stephan U, Kadler A, Scheele M (2002) Landschaft im Wandel. GeoBIT

Gesetzliche Grundlagen

Flurbereinigungsgesetz (FlurbG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 546), zuletzt geändert durch Artikel 2, Abs. 23 des Gesetzes vom 12. August 2005 (BGBl. I S. 2354)

Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) entsprechend dem jeweils gültigen Rahmenplan des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie

Baugesetzbuch (BauGB) in der Fassung der Bekanntma-chung vom 23.09.2004

Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (Ver-mögensgesetz - VermG) vom 02.12.1994 i.d.F. der Bekanntmachung der Neufassung vom 04.08.1997 unter Berücksichtigung des Vermögensrechtsbereini-gungsgesetzes vom 20.10.1998

Gesetz über die Feststellung der Zuordnung von ehemals volkseigenem Vermögen (Vermögenszuordnungsge-setz - VZOG) zuletzt geändert am 03.07.2009