bericht über die xvi. jahresversammlung

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Berieht tiber die XVI. Jahresversammlung. 303 ~IIg~meine ~eufs~he | ~eselI~h~t ~u ~erlim Berieht iiber die Xu Jahresversammlung. Abgehalten zu Frankfurt a. M. am 1~. und 13. Mai 1891. Erster Tag. Dienstag, den 1~. ~[ai, Vormittags 10 Uhr Ver- sammlung im grossen Vogelsaale im ~useum tier Senekenbergischen naturforschenden Gesellsehaft. Anwesend yon M~tgliedern die Herren : F r h r. H. v o n B e r- I e p s c h aus Mtinden, P r o f. W. B I a s i u s aus Braunsehweig, Curt Floericke aus Marburg, Ernst Hartert aus Frank- furt, Paul~atschie und Dr. Reichenow aus Berlin; als G~ste die Herren: Dr. Plate aus Marburg, J. Btittikofer aus Leiden, Dr. B. Sharpe aus London, Major Dr. yon Heyden, L. Kuhlmann, Dr. Kinkelin, A. dam Koch, Oberlehrer Blum, Professor Moil, Dr. Riehters, W. Sanders aus Frankfurt. Professor Dr. Noll er~ffnet die Sitzung dutch eine be- grUssende Ansprache im Namen der Senckenbergischen natur- forschenden Gesellsehaft, die er als deren zeitiger I. Director vertritt. Die Versammlung w~hlt P r o f. B la s i u s zum Vorsitzenden Frhr. v. Berlepsch zum Stellvertreter, Ernst Hartert zum Sehriftfilhrer, P a u 1 M a t s c h i e zum stellvertretenden Schriftfahrer. Hartert Ubermittelt die GrUsse der leider am Erscheinen verhinderten Herren Victor yon Tsehusi zu Schmidh0ffen und Nehrkorn, Reichenow die der in gleicher Lage befind- lichen Herren Geheimrath M~bius und Prof. Cabanis. Der Vorsitzende P r o f. W. B 1a s i u s begrttsst die yon fernher zur Jahresversammlung der Deutsehen Orn. Gesellschaft ersehie- nenen Ornithologen Dr. Sharpe aus London und L. BUtti- k ofer aus Leiden, und giebt seiner Freude Ausdruck, dass diese Herren gewillt sind, an unseren Arbeiten mitzuwirken. Der Referent H. v. Berlepseh beginnt, nachdem eine Generaldiseussion abgelehnt worden, mit Yerlesung des I. Theiles der Regeln fttr die zoologische 1%menclatur, welche s~mmtliehen Anwesenden im Drucke vorliegen. "Absatz A. wird ohne Dis- cussion angenommen. Zu B. 1. beantragt Dr. Plate, hinzuzu- filgen: ,,und Schreibweise," welcher Zusatz einstimmig ange-

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Berieht tiber die XVI. Jahresversammlung. 303

~IIg~meine ~eufs~he | ~ese l I~h~ t ~u ~er l im

Ber ieh t iiber die Xu Jahresversammlung.

Abgehalten zu Frankfurt a. M. am 1~. und 13. Mai 1891.

Erster Tag. D i e n s t a g , d e n 1~. ~ [a i , V o r m i t t a g s 10 U h r Ver -

s a m m l u n g im g r o s s e n V o g e l s a a l e im ~ u s e u m tier S e n e k e n b e r g i s c h e n n a t u r f o r s c h e n d e n G e s e l l s e h a f t .

Anwesend yon M~tgliedern die Herren : F r h r. H. v o n B e r- I e p s c h aus Mtinden, P r o f. W. B I a s i u s aus Braunsehweig, C u r t F l o e r i c k e aus Marburg, E r n s t H a r t e r t aus Frank- furt, P a u l ~ a t s c h i e und Dr. R e i c h e n o w aus Berlin; als G~ste die Herren: Dr. P l a t e aus Marburg, J. B t i t t i k o f e r aus Leiden, Dr. B. S h a r p e aus London, Major Dr. yon H e y d e n , L. K u h l m a n n , Dr. K i n k e l i n , A. dam K o c h , Oberlehrer B l u m , Professor Moi l , Dr. R i e h t e r s , W. S a n d e r s aus Frankfurt.

P r o f e s s o r Dr . Nol l er~ffnet die Sitzung dutch eine be- grUssende Ansprache im Namen der Senckenbergischen natur- forschenden Gesellsehaft, die er als deren zeitiger I. Director vertritt.

Die Versammlung w~hlt P r o f. B la s i u s zum Vorsitzenden F r h r . v. B e r l e p s c h zum Stellvertreter, E r n s t H a r t e r t zum Sehriftfilhrer, P a u 1 M a t s c h i e zum stellvertretenden Schriftfahrer.

H a r t e r t Ubermittelt die GrUsse der leider am Erscheinen verhinderten Herren V i c t o r yon T s e h u s i zu S c h m i d h 0 f f e n und N e h r k o r n , R e i c h e n o w die der in gleicher Lage befind- lichen Herren Geheimrath M ~ b i u s und Prof . C a b a n i s .

Der Vorsitzende P r o f. W. B 1 a s i u s begrttsst die yon fernher zur Jahresversammlung der Deutsehen Orn. Gesellschaft ersehie- nenen Ornithologen Dr. S h a r p e aus London und L. B U t t i - k o f e r aus Leiden, und giebt seiner Freude Ausdruck, dass diese Herren gewillt sind, an unseren Arbeiten mitzuwirken.

Der Referent H. v. B e r l e p s e h beginnt, nachdem eine Generaldiseussion abgelehnt worden, mit Yerlesung des I. Theiles der Regeln fttr die zoologische 1%menclatur, welche s~mmtliehen Anwesenden im Drucke vorliegen. "Absatz A. wird ohne Dis- cussion angenommen. Zu B. 1. beantragt Dr. P l a t e , hinzuzu- filgen: , ,und Schreibweise," welcher Zusatz einstimmig ange-

304 Allgem. Deutsche 0rnitholog. Gesellschaft zu Berlin:

nommen wird. Zu B. 2 werden ein!ge redactionelle Aendemngen vorgeschlagen (auetorum statt ,,autorum" [S h a r p el, unter An- wendung versehiedener Namen statt ,,unter verschiedenen Namen" [ P l a t e ] ) und angenommen. Zu der Anmerkung zu B. 3 entspinnt sieh eine langere Discussion. v. H e y d e n hebt hervor, dass die Anmerk. gegen das Prioritatsgesetz verstosse, R e i c h e n o w wUnscht statt einer yon B e r l e p s ch in Vorschlag gebraebten Commission yon 0rnithologen zur Prfifung und event. Eliminirung irreftlhrender Namen (s. die Anm.) eine solehe yon Museen, und dieser Vor- schlag wird schliesslieh angenommen.

Bei B. 5 entstehen langere Debatten tiber den Gebrauch der Trinomina fiir die Subspecies. S h a r p e macht aufmerksam auf die Gefahr einer hereinbreehenden Hoehfluth yon leichtsinnigen Benennungen von Seiten publikationsstichtiger und dabei kritik- loser Scribenten, wenn eine allgemeine Einfilhrung der Trinomina stattfindet. Demgegentiber weist N ol l auf die Unentbehrlichkeit der Annahme yon'Subspecies und des Gebrauches der Trinomina bei Spongillen und anderen niederen Thieren him v. B e r I e p s eh legt den grossen Werth der Subspecies dar, desgl. H a r t e r t , der der Ansicht ist, dass man Thatsaehen der Natur vernaehlassige, wenn man die Subspecies unbeachtet lasse. Hierin stimmt S h a r p e tiberein zur Freude der Trinominalisten.

Ausser einigen redaetionellen und geringfUgigeren Aenderungen wird auf P a t e ' s Antrag in der Begrtindung zu 5. angenommen der Wortlaut: ,,Diese These uuterscheidet sich yon der ent- sprechenden Bestimmung des ,,American Code", welcher dem Begriffe der Subspecies eine tiefere wissensehaftliche, nicht lediglich praktische Bedeutung giebt. ''

D r. R e i c h e n o w tibernimmt das Referat flir den ,,B e s o n - d e r e n T h e i 1". Die Beratbungen werden, dureh eine noth- wendige Mittagspause unterbroehen, bis Nachmittags 4 Uhr fort- gesetzt. Die meisten Paragraphen werden ohne Diseussionen angenommen, nur bei einigen Punkten finden solche statt: So ist M a j or v. H e y d e n gegen das Sehreiben yon Dedicationsnamen mit kleinen Anfangsbuchstaben. Zu w 3 wird eine Aenderung n~thig, wie Beispiele aus der Entomologie zeigen. Es wird daher nach mehrfachen ErSrterungen der Wortlaut nach H a r t e r t ' s Vorschlag folgendermassen angenommen: ,,Artnamen sind als ein einziges Wort zu schreiben, doch daft in Fallen, in denen dureh Zusammenziehung zweier Worte Unklarheiten entstehen k~nnen,

Berieht tiber die XVI. Jahresversammlung. 305

ein Bindestrich angewandt werden." D r. R e i e h e n o w wird nach Beeudigung der Berathungen beauftragt, deu nunmehr ange- nommenen Entwurf dem internationalen ornithologisehen Congress in Budapest Vorzulegen, und die Commission, welche den Entwurf ausgearbeitet hat, ermliehtigt, geringfiigigen Abweichungen, die etwa in Budapest vorgenommen werden, sich anzusehliessen, falls die Mitglieder der Commission einer Meiuung sind.

F rh r . y o n B e r l e p s e h hiilt es fUr wiinschenswerth, alsbald nach den nunmehr aufgestellten Regeln zu verfahren, und sehl~gt vor die Bildung einer Commission zur Aufstellung eines sorgsam durchgearbeiteten Verzeiehnisses der deutschen u auf R e i e h e- n o w ' s Verzeichniss fussend. Die Commission, bestehend aus den Herren B e r l e p s c h , B l a s i u s, H a r t e r t , M a t s c h i e , R e i e h e - n o w, wird gew~hlt.

Es folgt unter Ftihrung und Erl~uteruugen des Professor Iq o 11 ein Rundgang dureh die Sammlungen des Museums. In den l~iiumen ftir die Vogelsammlung iibernimmt Ha r t e r t die Ftihrung und bespricht eine Anzahl yon Typen, Seltenheiten und streitigen Arten. Seine Ansiehten tiber diese Arten sind im ,,Katalog der Vogelsammlung im Senekenb. l~us." auseinandergesetzt. Er erkliirt, dass die Rtippell'sehe ,;Sylvia lugens (Nr. 184 des Kataloges) zu den Paridae gehiire, wie er sich an frisehen B~tlgen, die ibm S h a r p e in London gezeigt habe, tiberzeugt hiitte. Infolge der vorgeschrittenen Zeit werden die Bespreehungen beendet, obwohl noch mehrere interessante Stticke eingehenderer Beaehtung werth gewesen wliren.

Am Abend fund tin heiteres Zusammensein bei vortref[lichem Mtinehener Hofbri~u im Restaurant gleichen Namens statt. H a r - t e r t wtinsehte die Zeit auszunutzen und legte daher die erste Nr. einer ihm soeben zugegangenen Zeitsehrift, der ,,Z e i t s e h r i f t f a r O o l o g i e " , herausgegeben yon H. H o c k e in Berlin vor, die sich vorzugsweise als eiu Tausehblatt kennzeiehnet und dessert Prospect er verliest.

Zwei ter Tag. M i t t w o c h 12. Mai V o r m i t t a g s t0 U h r V e r s a m m l u n g

im Z o o l o g i s c h e n G a r t e n . Anwesend die Herren F r h r . v. B e r l e p s e h , P ro f . W. B l a s i u s , J. B t t t t i k o f e r , E. H a r - t e r t , M a j o r Dr. v. H e y d e n , Dr. W. H a a c k e , L. K u h l - man.n , P. M a t s e h i e , Dr. R e i e h e n o w , Dr. S h a r p e und Dr. R i e h t e r s .

C~.b. ffourn, f. Ornith. XXXIX. ~ahrg. No. 195, ffull 1891. ~0

306 Allgem. Deutsche Ornitholog. Gesellsehaft zu Berlin:

Der Director des Gartens, Dr. W. H a a c k e , begrtisst die Anwesenden und Ubernimmt die FUhrung dureh den im herrliehsten FrUhlingsschmueke prangenden Garten.

Besonderes Interesse erregten die Cyg~us cygnus (L.)mit so- eben ausgekommenen Jungen, der eierlegende Nandu, ein." pracht- volle Schneeeule, vor allen Dingen abet die noch niemals, unseres Wissens, in einem zoologischen Garteain iihnlieher Vollstandigkeit dem Publikum gebotene Sammlung kleinerer einheimischer VSgel. Auch unter den ausliindischen Viigeln befand sich manche seltenere interessante Art, wie z. B. J~ucora.~ abffsslnlcus, Caloenas nicobarica u. a. m. Auch bei der reichen Sammlung kleiner Siiugethiere fand l~ingerer Aufenthalt start, da uuter ihnen sich manche seltene Art befand. Erw~hnt seien auch die zahllosen Varietiiten der Tanzm~iuse mit ihren Verbastardirungen, der muntere Chimpanse, junge Wildkatzen uud Junge griisserer Katzenarten, der Seehund und der Pinguin (Spheniscus de~nersus), welch' letztere sich beide in ~tusserst gtinstiger Art und Weise im Fischfang producirten. Die Berichte und Erlliuterungen des Directors maehten den Run& gang zu einem doppelten Genusse.

In den B~umen des Gartens sang Serlnus serlnus (L.), was namentlich den Engl~inder in hohem Grade interessirte.

Um 1 Uhr wurde auf der Terrasse des zoologischen Gartens ein durch treffliche Weine nnd heitere Trinksprtiche gewUrztes ]?estmahl eingenommen.

b~ach einem Spaziergang zum Museum wurde dort :Naehmittags 41/2 Uhr die zweite wissenschaftliche Sitzung abgehalten.

Prof . W. B l a s i u s gedenkt zunachst des in der Yacht vom 6. auf den 7. Miirz verschiedenen Priisidenten Dr. K u t t e r mit warmen Worten, D r. R ei eh en o w des verstorbenen Mitgliedes F rh r . v. M a l t z a n .

Zum Vorsitzenden der heutigen Sitzung wird Frhr . v. B e r - I e p s e h, zum Stellvertreter D r. R e i c hen o w gew~ihlt.

.Dr. R e i e h e n o w h~tlt einen Vortrag fiber Messungen yon Vogelbitlgen, worin er Einigkeit zu sehen wtinscht. Der Vortrag wird im Journ. f. Ornith. abgedruckt werden.

In der sich anschliessenden Discussion zeigt sich grosse Ueber- einstimmung mit dem 7ortragenden. H a r t e r t ist gegen allzu- grosse AbkUrzungen, namentlieh gegen solche, die nicht gleich ersichtlich sind, z. B. will er statt c. fur cauda lieber caud., weil man sonst auch c. ftir eulmen (eulm.) halten ki~nnte, u. s. w.

Berieh~ tiber die XVI. Jahresversammlung. 307

Frh'r. v. B e r l e p s e h bemerkt, dass es nicht leicht sei, allge- meine Orunds~tze aufzustellen, dass aber es allerdings yon grosset Wiehtigkeit sei, internationale Einigung auch in den Messungen zu erzielen. Es wird dann der :Nomenelatur-Commission das Mandat verlAngert und ihr die Aufgabe gestellt, aueh einen Ent- wurf yon h[essungsregeln fertig zu stellen, der der n~ehsten Jahresversammlung vorzulegen ist.

Mr. S h a r p e h~lt eineu Vortrag ~iber Sturnus vulgaris und SturnTls menzblerij den er durch V0rlagen erl~utert. Er wies naeh dass der echte Sturnus vulgaris yon Linn~, welcher nattlrlich der schwedische Vogel ist, im westlichen und eentralen Europa ge- funden wird, und dass der Vogel, der yon den indisehen Natur- forschern immer Sturnus vulgaris genannt worden ist, yon tier europaischen Art verschieden ist, und daher yon ihm im ver- gangenen Jahre im XIII. Bande des Catalogue of Birds als Stur- nu8 rnenzbieri beschrieben wurde. S. vulgaris hat g r U n e n Kopf, g r U n e Kehle and g r t i n e Ohrdecken, die Bauehseiten s t a h l - g rUn oder s t a h l b l a u .

Bei Sturnus menzbieri ist der Kopf r 5 t h 1 i e h - p u r p u r n, die Ohrdeeken mehr p u r p u r n und die Kehle p u r p u r n , ebenso die Bauchseiten rSthlieh-purpurn. Die Unterscheidung des eehten S. vul- garis und des eehten S. menzbie~i bietet keine Sehwierigkeiten dar, und jede Art scheint ein ziemlich deutlich erkennbares .Verbreitungs- gebiet zu haben. S. vulgaris brUtet in Mittel- und Nordeuropa und man nimmt an, dass er in Nordafrika ~iberwintert, und be- sonders auf den britischen Inseln, wo er zu Tausenden erseheint. S. menzbieri dagegen brUtet in Sibirien und zieht im Winter in grossen Schaaren naeh Indien.

Wie welt 8. menzbieri nach Westen geht, ist noch nicht be- kannt, und aus diesem Grunde habe er die Staarenfrage vor der Gesellschaft besprochen. Da er noeh an der Ergrtindung der Verbreitung der Gattung arbeite, seien ihm mehr Exemplare aus verschiedenen Gegenden Europas erwUnscht.

Es steht fest, dass in vielen Theilen des Festlandes eine i n t e r m e d i S . r e F o r m mi t m e h r o d e r w e n i g e r p u r p u r n g e f a r b t e r K e h l e o d e r K o p f , a b . e r i m m e r g r ~ i n b l e i b e n - d e n O h r d e e k e n vorkommt.

Eine Menge dieser V6gel sieht man im Herbste in England, aber vorzugsweise an der OstkUste, wahrend im Innern des Landes und im Westen der eehte S. vulgaris vorherrscht. Die englisehen

rio*

308 Allgem. Deutsche Ornitholog. Gesellsehaft zu Berlin :

Staare indessen sind sehr vermischt, da mehr oder weniger pur- purn an Kehle und Kopf an der Mehrzahl der Exemplare, die man jetzt erlegt, zu bemerken ist.

Die intermediiire Staarenform ist in verschiedenen Werken unter dem Namen S. vulgaris abgebildet und breitet sich an- seheinend in Europa mehr und mehr aus. Ob diese Form j edes Jahr etwa durch hinzukommende ~. me~zSieri begUnstigt wird, kann einzig und allein durch die Beobachtungen russischer und deutscher Naturforscher festgestellt werden, welche auch die genaue Verbreitung der intermedi~iren Staarenform feststellen mUssen.

An den hochinteressanten Vortrag schliessen sich eine Reihe yon ErSrterungen an.

F rh r . v. B e r l e p s e h sieht in der Staarenfrage yon Neuem eine Aufforderung, im Studium der iiusseren Kennzeichen aueh bei unseren deutschen VSgeln noch eingehender fortzuschreiten, und yon Neuem einen Beweis, dass die ornithologische Forsehung in unserem Vaterlande, trotz so hervorragender Forscher wie : N a u m a n n u. a. m., noeh nicht abgeschlossen sei, nicht einmal in Bezug auf die genaue Kenntniss der Formen. H a r t e r t berichtet, wie ihn die Tausende von Staaren im Februar in England tiber- rascht hi~tten, zu einer Zeit, da in Deutschland nur hier und dort Gesellsehaften tiberwinterter Staare bemerkt werden. Bei Wesel babe er ebenso wie in Hessen das Ueberwintern klein'erer Staaren- schw~trme festgestellt, und zwar durch Erlegen in allen Monaten des Winters. Aaeh er halte es fiir hoehwichtig, unsere V(igel in Bezug auf ihre Formen eingehender zu studiren. Er glaube die intermediiire Staarenform in Ostpreussen am Brutplatze erlegt

�9 zu haben. Er weist darauf hin, wie sehwer es sei, aus verschie- denen Gegenden ViSgel zu erlangen, wie er z. B. sich vergebens bemUht habe, die preussische Sirra caesia homeyeri und Staare zu bekommen, weil das Vogelsehutzgesetz das T~dten verbSte! B e r - l e p s e h sieht in allzuweit gehenden Vogelschutzgesetzen eine Sehiidigung unseres Studiums and bemerkt, wie schon frtiher unsere Gesellsehaft sich in diesem Sinne ausgesprochen hat, and spiiter beim Zustandekommen der Gesetze nicht um ihre Ansicht gefragt worden ist, ebensowenig wie D r. B o r g g r e v e, der doeh eins der besten Biicher tiber den Vogelschutz geschrieben hat. D r. H a a e k e stimmt seinen Vorrednern lebhaff zu. Er hiilt das genaueste Studium der Arten und s namentlich fttr

Berieht tiber die XVI. Jahresversammlung. 309

wiehtig zur Kl~trung der Deseendenzfrage, und ist gleichfalls der Ansicht, dass ein zu welt gehcnder Vogelschutz weder der Vogel- welt selbst Nutzen bringe, noch im Interesse unseres Studiums er- wtinseht erseheine.

~I r. S h a r p e legt Bi~lge afrikaniseher Viigel vor, Beute yon J a c ks o n, desscn Sammlungcn er im ,,Ibis" bearbeitet.

E. H a r t e r t legt ein Ei yon lrena pueUa aus Tenasserim vor und spricht tiber die noch nicht feststehende Stellung yon Irena im System. Ohne daraus etwa jetzt schon irgendwelche Schltisse ziehen zu wollen, macht er aufmerksam auf die grosse Aehnlichkeit des Eies mit gewissen Corviden-Eiern, die er an vor- gelegten Eiern yon 1)endrocitta rufa und .Dendrocitta himalayensis erl~iutert.

L. K u h l m a n n legt vor einige Gelege yon Orlygometra parva Seep.*) und ein anderes Gelege, welches er ftir das Gelege yon O. pusilla (Pall.) hiilt, wobei er auf die Unterschiede in GrSsse und Fi~rbung aufmerksam macht. Die Eier yon O. parva sind grSsser und bei allen Gelegen viel holler, als die yon pusilla Pall., die yon parva messen 31 : 22 bis 30 : 21 ram, die yon pusilla -Pall. 26 : 20 ram.

Ferner legt Herr K u h l m a n n vor: 3 Gelege yon Anthus campestris mit unter sich ganz gleichen Kukukseiern yon eigen- thtimlich fleischrother Fiirbung, woven eins am 29. Mai 1880, die zwei anderen mit total verschiedener Bebrtitung am 7. Juli 1880 im Umkreise einiger Quadratmeter veto Vater des Vortragenden gefunden sind. Es dUrfte naeh Ansicht des Vortragenden wohl keinem Zweifel unterliegen, <lass diese Kukukseier yon einem und demselben Kukuksweibchen herrtihren.

Bemerkt sei noch, dass das eine der am 7. Juli gefundenen Braehpiepernester yon demselben Weibchen gebaut und belegt wurde, dessen Eier mlt dem oben erwiihnteu Kukuksei am 29. Mai genommen wurden.

Ferner legt Herr K u h 1 m a n n vor Gelege der drei deutschen PhyZloscopus-Arten mit Kukukseiern, wobei er bemerkt, dass sich

*) O. Tarva (Seep.) 1769 ist die pusilla yon Naumann und den meisten deutschen Ornitho]ogen, der .Name 2usilla (Pall. 1776) kommt abet der bei deutschen Ornithologen als pygmaea oder bailloni bezeichneten Ar t zu und wird daher, wie es vor mir schon yon 1% e i c h e n o w 1889 und B r u s in a 1890 u. yon mir im Senckenberg. Katalog 1891 geschehen ist, auch in der ribhtigen .Weise angewaadt werden. Hartert.

310 Allgem. Deutsche Ornitholog. Gesellschaft zu Berlin:

hier augenscheiulich keine Spur yon Anpassung finde, wie denn tiberhaupt unter seineu 32 Singvogelgelegen mit Kukukseieru sieh nur drei befhnden, bei denen man yon evidenter Anpassung reden kSnne. Er mtisse nach seinen uud seines verstorbenen Vaters Erfahrungen an der Anpassung der Kukukseier zweifeln, l~ament- lich verhalte er sich den blaueu Kukukseieru gegentiber sehr skeptiseh, so lange ihin nieht ein durchaus unanfechtbarer Beweis you dereu Existeuz geliefert sei, den er namentlich darin erbraeht zu sehen wUnscht, dass ein Kukuk.~ei auch einmal in einem Ge- lege mit nieht blauen Nesteiern gefunden wird. Seiue Ansicht sei die, dass ein Kukuk stets in die Nester der Viigel lege, in deren Nestern er grossg'ezogen sei, beziehungsweise eines sehr nahe verwandteu Vogels, ohne Rtieksicht auf die Fiirbung der Nesteier.

M r. S h a r p e erzi~hlt hierzu Folgendes : Den Ornithologen S e e b o h mund E I w e s wurde in Holland ein Gelege yon Ruticilla phoe, icurus gebracht. Der Ueberbringer erklitrte das eiue grSssere Ei fitr das eines Kukuks. Die Ornithologen waren ungl~tubig, aber beim Ausblasen der sehwer bebrUteten Eier kam aus dem als Kukuksei bezeichneten Ei ein kleiner zygodaetyler Fuss!

S h a r p e ' s Freund C. B. W h a r t o n hatte zwei sehr interes- saute Gelege mit Kukukseiern. Ein Kukuksweibchen zeigte sich hgufig auf seinem Landsitze, und beim Sucheu laud er ein Ei im Gelege yon Calamodus schoenobaenus ( ~ phragmitis). S h a r p e sah das Ei und versiehert, dass es nur dureh die erhebliehe Gr~isse yon denen des Rohrs~ngers zu unterscheiden geweseu sei. In den n~tchsten Tagen fand W h a r t o n ein ebensolches Kukuksei mit der F~rbuug der Eier yon C. schoenobaenus im Neste eiuer Emberiza schoeniclu~, woraus er sehliesst, dass der Kukuk ein anderes Nest yon C. schoenobaen~s gesucht habe, abet schliesslieh das an ~thnlichem Platze gebaute der Rohrammer beuutzt habe, da sich ein zweites des Rohrs~tngers nicht in der l~iihe finden liess.

E. H a r t e r t bemerkt zu K u h l m a u u ' s Vortrag, dass er auch ganz der Ansicht sei, dass das kleine uud dunkle Gelege der Ortygometra pusilla (Pall.): ( ~ bailloni Vieill.) angehSre, nameutlich deshalb, weil es mit Eiern der Art in Dr. K u t t e r ' s Sammlung aus stidliehen Gegendeu, wo nur diese Art brtitet, Ubereinstimme. Daftir dtirfte aueh der Umstaud sehr gewichtig sprecheu, dass vor Kurzem in der Umgegend yon Frankfurt Orty- gome~ra pusilla (Pall.) erlegt wurde. (S. Hartert, Katalog d.

Berieht tiber die XVI. Jahresvcrsammlung. 3 i i

Senekenb. Vogels. S. 528.) BezUglieh der Kukukseier schliesst er sich im Allgemeinen aueh den Ansichten Herrn K u h 1 m a n n' s an, glaubt jedoch bestimmt, dass eine Mimicry der Kukukseier stattfinde, obwohl sie nameatlich bei dem europ~isehen Kukuk nieht immer naehweisbar sei und nur durch Uebersieht yon grossem Material ersiehtlich werde. Infolge der vorgeschrittenen Zeit will er jedoch das schwierige Thema nicht weiter ausdehnen.

P r o f e s s o r Wilh . B l a s i u s h~lt einen werthvoUen, durch Vorlagen erl$uterten Vortrag tiber die hoehinteressante Ornis der Insel M i n d o r o, yon der wir bisher noch wenig wussten. Die reichen Sammlungen yon D r. P 1 a t cn haben wiedor helles Lieht auf die Fauna yon Mindoro geworfen und eine Anzahl yon neuen Arten geliefert. Eine Liste der gesammelten Arten wird ver- 5ffentlieht werden. Mittheilungen tiber VSgel yon Timor und Java be- schliessen den der vorgeschrittenen Zeit wegen abgektirzten Vortrag.

Zu den M{ttheilungen tiber eine neue Art yon _Phletloe~as bemerkt D r. H a a c k e, dass der Typus der Dolchstichtaube auch schon bei ZUchtern vorgekommen sei, was yon hohem Iuteresse sei. M a t s e h i e theilt mit, dass er durch D r. l=[ e e k darauf auf- merksam gemacht sei, dass die Typen mancher unserer Tauben- rassen sieh im Gefieder maneher wilden Arten gewissermassen vorgezeichnet finden.

Der spSten Stunde halber verziehten F rh r . yon B e r l e p s e h und Dr. R e i e h e n o w auf fernere Vorlagen und Mittheilungen und der u schliesst die Versammlung.

DeroAbend sah nochmals die Ornithologen im Mtinehner Hof- briiu beisammen, diesmal als G~stc des ,,Vereins f~ir natur- wissenschaftliche Unterhaltung". Auf die fttr Donnerstag in Aus- sic]at genommene Exkursion in den Taunus wurde verzichtet, da die meisten der ausw/~rtigen Herren schon naeh Budapest zum ornithologisehen Congress aufbraehen.

E r n s t H a r t e r t , Sehriftf(ihrer. P a u l M a t s c h i c , Stellvertr. Schriftftihrer. J. C a b a n i s , General-Secretiir.

Berieht fiber die ]Iai-Sitzung.

V e r h a n d e l t B e r l i n , M o n t a g , den 4. Mai 1891, / k b e n d s 8 U h r , i m S i t z u n g s l o k a l e , B i b l i o t h e k z i m m e r d e s A r e h i t e k t e a - V e r e i n s h a u s e s , W i l h e l m s t r . 92. II.