viii. internationaler kongreß für photographie

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44. Jahrg. 1931. Nr. 431 Versammlhgsberichte _. 875 Ztsch. angew. Chein. form geltend. Man wird daher auah bei ihrer Anwendung zu einem der Kritik standhaltenden Urteil iiber die Be- schaffenheit des zu untersuchenden und zu bewertenden Fettes nur dann gelangen - wo die sinnlich wahrnehm- baren Eigenschaften der Ranziditat deutlich hervortreten, eriibrigt sich ja jede Untersuchung -, wenn neben der Kreis-Reaktion auch die anderen Proben (nach v. F e 1 - 1 e n b e r g , Peroxydprobe usw.) das Ergebnis stiitzen. Die vorstehend festgestellte, uberaus grofie Empfindlich- keit der Kreis-Reaktion ist fur wissenschaftliche Unter- suchungen aufierordentlich wertvoll. Aber auch der Praxis ist dadurch, entgegen den bisher vielfach ge- aufierten Meinungen, ein treffliohes analytisches Hilfs- niittel an die Hanld gegeben. Der eindeutig positive Aus- fall der Probe bei sinnlich einwandfreien Fetten zeigt gewissermafien voraussagend den Beginn jener Vorgange an, die innerhalb einer gewissen Zeitspanne zum Ver- derben fiihren werden. Dieser grofie symptomatische Wert verdient hervorgehoben zu werden; der Praxis i3t Naehtrag. Im Manuskript meiner Arbeit ,,Zur Erklarung des Klopfena in den Vergasermotoren und der W-irltung der Antiklopfmittel" (diese Ztschr. 44, 130 [1931]) hat die Redaktion grohre Kiir- zungen vorgenommen, wodurch auch eine Literaturubersicht in Wegfall gekommen ist. Ich mochte jedoch nachtraglich eine damit die Miiglichkeit verschafft, rechtzeitig die sach- dienlichen Mafinahmen zu ergreifen. Das bei der vorstehend beschriebenen Abanderung der Kreis-Reaktion angewandte Prinzip der Verlegung einer Farbreaktion asf eine kontrastreiche Unterlage, wie es beim Gebrauch von Indik,ator- und Reagenspapieren seit langem angewendet und neuerdings besonders von F. F e i g l bei der Tiipfelanalyse benutzt wid, hat uns Veranlassung gegeben, eine Reihe andrer lebensmittel- chemisch und biochemisch wichtiger Reaktionen nach dieser Kichtung hin auszugestalten; dariiber wird dem- nachst zu berichten sein. Die Feststellung der FIiichtig- keit und jder zum mindesten zeitlich beschrankten Halt- barkeit des Epihydrinaldehyds hat uns ferner Versuche dariiber anstellen lassen, den Nachweis verdorbenen Fettes in Lebensmitteln, bei denen man bisher infolge der Anwesenheit andrer storender Stoffe eine vorherige zeitrauben.de Extraktion zur Abscheidung des Fettes vor- nehmen mufite, unmittelbar zu fiihren. Arbeit erwahnen, die mir bei der Auswahl der Versuchsappa- ratur vie1 genutzt hat, und zwar die Arbeit K 1u s en e r (For- schungsheft des VDI. Nr. 309/1928), in welcher sich der Ver- fasser mit Explosionsversuchen in einer zylindrischen Bombe befallt und Druckkurven erhalt, die teilweise rnit den meinigen ubereinstimmen. 3. Lorenlzen. [A. 111.1 VERSQMMLUNQSBERICHTE VII1. lnternationaler KongreR fur Photographie. Dresden, 3. bis 8. August 1931. Unter dem Vorsitz von Prof. L u t h e r wurde der Kongrell zum erstenmal an einem deutschen Tagungsort erbffnet. Etwa 300 Teilnehmer aus 14 verschiedenen Landern, darunter Ver- treter der gesamten photographischen Industrie der Welt, waren nach Dresden gekommen. Der Ehrenvorsitzende Prof. B o d e n s t e i n , Berlin, be- zeichiiete ds Ziel des Kongresses die weitgehende FBrderung pholographischer Forschung, um die moglichst naturgetreue und naturfarbige Wiedergabe der zu photographierenden Ob- jekte zu erreichen. Ferner sol1 die Anwendung der Photo- graphie als Hilfsmittel anderer Wissenschaften weiter ausgebaut werden. B o de n 6 t e i n ging dann auf die Grundlage aller photo- chemischen Prozesse, dae E i n s t e i n sche Aquivalentgesetz, und auf die Untersuchungen, die zu seiner Prufung angestellt wurden, einl). - Dr. S h e p p a r d , Rochester: ,,Wber photographische Emp- l'indliehkeit, lalentes Bild und Entwicklung." Zwei Theorien der Entstehung bzw. des Charakters des latenten Bildes stehen heute zur Diskussion. Die Silberkeim- theorie sieht den entscheidenden Primarprozei3 in der photochemischen Reaktion Br- + hv --f Br + 0, der sofort Ag+ + 0 --c Ag folgen mu5. Das atomare Silber katalysiert die Entwicklung, bildet also selbst das ,,latente Bild". R en - w i c k aullerte eine andere Auffassung des Primarvorganges und nimmt Koagulation des Halogensilbers an. W e i g e r t stellte eine Micellartheorie des latenten Bildes auf. Fur die erste Auffassung spricht die 'Ubereinstinimung der Spektral- gebiete fur Absorption, Photoleitfiihigkeit und photographische Enipfindlichkeit. Diese Gebiete verschieben sich auch nicht, wenn man die Schicht rnit Chromsaure desensibilisiert. Die energetischen Verhaltnisae lassen sich - wenigstens fur KBr als Modellsubstanz -- aus den Versuchen von P o h l und H i 1 s c h berechnen; bei AgBr liegen verschiedene ener- getische Zwischenstufen vor, die die Verhaltnisse vorldufig noch zu uniibersichtlich erscheinen lassen. Vortr. hat die Reifungskeime (nach den Untersuchungen von W e i g e r t und L u h r : Ursilber) naher untersucht und gefunden, daD neben dem atoniaren Silber auch Schwefelsilborkeime gebildet I) Siehe diese Ztschr. 43, 819 [1930]. werden. Die Werte fur die hieraus errechnete Gesamtsilber- menge der Keime stimmen rnit den Ursilberwerten von W e i g e r t uberein. Es werden dann noch die Mindestmengen Photosilber, die fur die Entwicklung notig sind, berechnet; ihre fur die Aktivierung der Entwicklung giinstigste raumliche Ver- teilung wird diskutiert. Diesen Vorstellungen schlieBt sich die Adsorptionstheorie der Entwicklung gut an, fur die als weiterer Beweis der Nachweis von Komplexverbindungen zwischen Ent- wiekler, Halogensilbermolekiilen, Sensibilisatoren usw. dient. Vortr. schliellt sich einer fruheren Bemerkung von L u p p o - Cramer an, der sagt, dai3 nur der Gestaltchemiker oder -physiker, der die photographische Schicht als, Ganzes betrachtet und die gegenseitige Beeinflussung der einzelnen Faktoren im Auge behalt, zum Verstandnis der photographischen Vorgiinge gelangen wird. - Prof. P o h 1, Giittingen: ,,Der photoehemisehe Elementar- Froze0 in Alkalihalogenidkristallen und der elektrisehe Naehweis des latenten Bildes*)." - Prof. S m e k a 1, Halle: ,Jutetales Bild und Kristallstruktur." Vortr. betrachtet die Topochemie des latenten Bildes. Er arbeitet ebeneo wie P o h 1 vorlaufig unter Benutzung einer Modellsubstanz, des NaC1-Kristalls. Eigenabsorption des NaC1-Gitters und photochemisches Empfindlichkeits- gebiet zeigen einen Unterschied, der sich nur so er- klaren YaDt, daD die eingestrahlte Energie nicht an den NaC1-Molekulen 6elbSt wirksam wird, sondern zuerst an Storungsstellen angreift. Die Beeinflussung des photochemi- when Prozesses durch in bekannter Weise kunstlich erzeugte Storungsstellen (mechanische oder thermische Verformung) sprieht im gleichen Sinne. Der Zusammenhang der Storungs- stellen, die aus fremden Verunreinigungen oder aus Na-Atomen bestehen konnen, rnit den Farbzentren des latenten Bildes 1aBt sich direkt sichtbar machen. Es 1mt sich ferner zeigen, daB in den in der Photographie benutzten Silberhalogeniden gleich- artige Storungsstellen vorhanden sind. - . Eine gute Bestatigung dieser Betrachtungen brachte die Mitteilung von Prof. S c ha u m , Giellen: ,,Llltramikroskopische Studien an liehternpfindlichen Kristallen", die deshalb schon hier referiert sei. S c h a u m verfolgte die photochemische Verande- rung von Cu- und Ag-Sdzen im Dunkelfeld unter Benutzung des neuen Ultropak-Kondensors von L e i t z. Bei Belichtung verfarben sich zuerst die optisch leeren Kristalle, das Metall scheidet 6ich also anfangs atomdispers ab. Dann kann man im weiteren Verlauf die Bildung von Ultramikronen beobachten, 2) Siehe diese Ztschr. 44, 363 [1931].

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Page 1: VIII. Internationaler Kongreß für Photographie

44. Jahrg. 1931. Nr. 431 Versammlhgsberichte _ . 875 Ztsch. angew. Chein.

form geltend. Man wird daher auah bei ihrer Anwendung zu einem der Kritik standhaltenden Urteil iiber die Be- schaffenheit des zu untersuchenden und zu bewertenden Fettes nur dann gelangen - wo die sinnlich wahrnehm- baren Eigenschaften der Ranziditat deutlich hervortreten, eriibrigt sich ja jede Untersuchung -, wenn neben der Kreis-Reaktion auch die anderen Proben (nach v. F e 1 - 1 e n b e r g , Peroxydprobe usw.) das Ergebnis stiitzen. Die vorstehend festgestellte, uberaus grofie Empfindlich- keit der Kreis-Reaktion ist fur wissenschaftliche Unter- suchungen aufierordentlich wertvoll. Aber auch der Praxis ist dadurch, entgegen den bisher vielfach ge- aufierten Meinungen, ein treffliohes analytisches Hilfs- niittel an die Hanld gegeben. Der eindeutig positive Aus- fall der Probe bei sinnlich einwandfreien Fetten zeigt gewissermafien voraussagend den Beginn jener Vorgange an, die innerhalb einer gewissen Zeitspanne zum Ver- derben fiihren werden. Dieser grofie symptomatische Wert verdient hervorgehoben zu werden; der Praxis i3t

Naehtrag. Im Manuskript meiner Arbeit ,,Zur Erklarung des Klopfena

in den Vergasermotoren und der W-irltung der Antiklopfmittel" (diese Ztschr. 44, 130 [1931]) hat die Redaktion g rohre Kiir- zungen vorgenommen, wodurch auch eine Literaturubersicht in Wegfall gekommen ist. Ich mochte jedoch nachtraglich eine

damit die Miiglichkeit verschafft, rechtzeitig die sach- dienlichen Mafinahmen zu ergreifen.

Das bei der vorstehend beschriebenen Abanderung der Kreis-Reaktion angewandte Prinzip der Verlegung einer Farbreaktion asf eine kontrastreiche Unterlage, wie es beim Gebrauch von Indik,ator- und Reagenspapieren seit langem angewendet und neuerdings besonders von F. F e i g l bei der Tiipfelanalyse benutzt wid , hat uns Veranlassung gegeben, eine Reihe andrer lebensmittel- chemisch und biochemisch wichtiger Reaktionen nach dieser Kichtung hin auszugestalten; dariiber wird dem- nachst zu berichten sein. Die Feststellung der FIiichtig- keit und jder zum mindesten zeitlich beschrankten Halt- barkeit des Epihydrinaldehyds hat uns ferner Versuche dariiber anstellen lassen, den Nachweis verdorbenen Fettes in Lebensmitteln, bei denen man bisher infolge der Anwesenheit andrer storender Stoffe eine vorherige zeitrauben.de Extraktion zur Abscheidung des Fettes vor- nehmen mufite, unmittelbar zu fiihren.

Arbeit erwahnen, die mir bei der Auswahl der Versuchsappa- ratur vie1 genutzt hat, und zwar die Arbeit K 1 u s e n e r (For- schungsheft des VDI. Nr. 309/1928), in welcher sich der Ver- fasser mit Explosionsversuchen in einer zylindrischen Bombe befallt und Druckkurven erhalt, die teilweise rnit den meinigen ubereinstimmen. 3. Lorenlzen.

[A. 111.1

VERSQMMLUNQSBERICHTE

VII1. lnternationaler KongreR fur Photographie. Dresden, 3. bis 8. August 1931.

Unter dem Vorsitz von Prof. L u t h e r wurde der Kongrell zum erstenmal an einem deutschen Tagungsort erbffnet. Etwa 300 Teilnehmer aus 14 verschiedenen Landern, darunter Ver- treter der gesamten photographischen Industrie der Welt, waren nach Dresden gekommen.

Der Ehrenvorsitzende Prof. B o d e n s t e i n , Berlin, be- zeichiiete ds Ziel des Kongresses die weitgehende FBrderung pholographischer Forschung, um die moglichst naturgetreue und naturfarbige Wiedergabe der zu photographierenden Ob- jekte zu erreichen. Ferner sol1 die Anwendung der Photo- graphie als Hilfsmittel anderer Wissenschaften weiter ausgebaut werden.

B o d e n 6 t e i n ging dann auf die Grundlage aller photo- chemischen Prozesse, dae E i n s t e i n sche Aquivalentgesetz, und auf die Untersuchungen, die zu seiner Prufung angestellt wurden, einl). -

Dr. S h e p p a r d , Rochester: ,,Wber photographische Emp- l'indliehkeit, lalentes Bild und Entwicklung."

Zwei Theorien der Entstehung bzw. des Charakters des latenten Bildes stehen heute zur Diskussion. Die Silberkeim- theorie sieht den entscheidenden Primarprozei3 in der photochemischen Reaktion Br- + hv --f Br + 0, der sofort Ag+ + 0 --c Ag folgen mu5. Das atomare Silber katalysiert die Entwicklung, bildet also selbst das ,,latente Bild". R e n - w i c k aullerte eine andere Auffassung des Primarvorganges und nimmt Koagulation des Halogensilbers an. W e i g e r t stellte eine Micellartheorie des latenten Bildes auf. Fur die erste Auffassung spricht die 'Ubereinstinimung der Spektral- gebiete fur Absorption, Photoleitfiihigkeit und photographische Enipfindlichkeit. Diese Gebiete verschieben sich auch nicht, wenn man die Schicht rnit Chromsaure desensibilisiert. Die energetischen Verhaltnisae lassen sich - wenigstens fur KBr als Modellsubstanz -- aus den Versuchen von P o h l und H i 1 s c h berechnen; bei AgBr liegen verschiedene ener- getische Zwischenstufen vor, die die Verhaltnisse vorldufig noch zu uniibersichtlich erscheinen lassen. Vortr. hat die Reifungskeime (nach den Untersuchungen von W e i g e r t und L u h r : Ursilber) naher untersucht und gefunden, daD neben dem atoniaren Silber auch Schwefelsilborkeime gebildet

I) Siehe diese Ztschr. 43, 819 [1930].

werden. Die Werte fur die hieraus errechnete Gesamtsilber- menge der Keime stimmen rnit den Ursilberwerten von W e i g e r t uberein. Es werden dann noch die Mindestmengen Photosilber, die fur die Entwicklung notig sind, berechnet; ihre fur die Aktivierung der Entwicklung giinstigste raumliche Ver- teilung wird diskutiert. Diesen Vorstellungen schlieBt sich die Adsorptionstheorie der Entwicklung gut an, fur die als weiterer Beweis der Nachweis von Komplexverbindungen zwischen Ent- wiekler, Halogensilbermolekiilen, Sensibilisatoren usw. dient. Vortr. schliellt sich einer fruheren Bemerkung von L u p p o - C r a m e r an, der sagt, dai3 nur der Gestaltchemiker oder -physiker, der die photographische Schicht als, Ganzes betrachtet und die gegenseitige Beeinflussung der einzelnen Faktoren im Auge behalt, zum Verstandnis der photographischen Vorgiinge gelangen wird. -

Prof. P o h 1, Giittingen: ,,Der photoehemisehe Elementar- Froze0 in Alkalihalogenidkristallen und der elektrisehe Naehweis des latenten Bildes*)." -

Prof. S m e k a 1, Halle: ,Jutetales Bild und Kristallstruktur." Vortr. betrachtet die Topochemie des latenten Bildes.

Er arbeitet ebeneo wie P o h 1 vorlaufig unter Benutzung einer Modellsubstanz, des NaC1-Kristalls. Eigenabsorption des NaC1-Gitters und photochemisches Empfindlichkeits- gebiet zeigen einen Unterschied, der sich nur so er- klaren YaDt, daD die eingestrahlte Energie nicht an den NaC1-Molekulen 6elbSt wirksam wird, sondern zuerst an Storungsstellen angreift. Die Beeinflussung des photochemi- when Prozesses durch in bekannter Weise kunstlich erzeugte Storungsstellen (mechanische oder thermische Verformung) sprieht im gleichen Sinne. Der Zusammenhang der Storungs- stellen, die aus fremden Verunreinigungen oder aus Na-Atomen bestehen konnen, rnit den Farbzentren des latenten Bildes 1aBt sich direkt sichtbar machen. Es 1mt sich ferner zeigen, daB in den in der Photographie benutzten Silberhalogeniden gleich- artige Storungsstellen vorhanden sind. -

. Eine gute Bestatigung dieser Betrachtungen brachte die Mitteilung von Prof. S c h a u m , Giellen: ,,Llltramikroskopische Studien an liehternpfindlichen Kristallen", die deshalb schon hier referiert sei. S c h a u m verfolgte die photochemische Verande- rung von Cu- und Ag-Sdzen im Dunkelfeld unter Benutzung des neuen Ultropak-Kondensors von L e i t z. Bei Belichtung verfarben sich zuerst die optisch leeren Kristalle, das Metall scheidet 6ich also anfangs atomdispers ab. Dann kann man im weiteren Verlauf die Bildung von Ultramikronen beobachten,

2) Siehe diese Ztschr. 44, 363 [1931].

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Ztschi. angew.Chem. -- [ 44._Jahrg.J931LNr.43 Versammlungsberichte ---- ___________ _ _ -- 876

deren Groaenanderung an der Farbanderung gut zu verfolgen ist. Hierbei zeigt sich aber, da5 es Zonen verschiedener Licht- empfindlichkeit gibt, die wohl rnit den S m e k a 1 schen Kristall- baufehlern identisch sind. -

In dem vierten zusaninienfassenden Vortrag erlauterte Prof. W e i g e r t , Leipzig, seine ,,MicelZartheorie des latenten Bildesa) ."

Die meisten Uberlegungen beschaftigen sich nur niit den Halogensilberkristallen der photographischen Schicht und mit ihrer m o 1 e k u 1 a r e n Oberflache. Bei der Bildung der Schicht aus Gelatine, Halogensalz und Silbersalz konnen aber bestimmt nicht alle Silberhalogenidmolekiile ins Kristallgitter einspringen, sondern ein erheblicher Teil wird, gemischt mit Gelatine, Ursilber, Verunreinigungen und Sensibllisator, un- geordnet, nur durch van der Waalssche Krafte zusammen- gehalten, in der Schicht liegen; dieser die Kristalle umgebenden Micellarhulle scheint eine besonders wichtige Rolle im photogra- phischen Proze5 zuzukommen. Ihre Eigenschaften und ihre gro5e Bedeutung haben sich durch Anwendung des von W e i g e r t aufgefundenen Anisotropic-Effektes bei Bestrahlung rnit polari- siertem Licht, der vorwiegend nur in ungeordneten Teilchen- systenien auftreten kann, besonders gut untersuchen lassen. Durch die neue Methode ist man in der Lage, zwei verschieden- artige latente Bilder iibereinander auf der gleichen Stelle der Platte zu erzeugen, ein anisotropes durch Bestrahlung mit polari- sierteni Licht und ein isotropes mit natiirlichem Licht. Die gegenseitige Beeinflussung der beiden latenten Bilder 1a5t sich nach der Entwicklung durch die anisotropen Eigenschaften des einen Bildes getrennt untersuchen. Es ergab sich, da5 zumindest zwei Faktoren an der Bildung des latenten Bildes beteiligt sind, die Formfaktor und Aktivierungsfnktor genannt werden. Der Formfaktor, der mi: der Schwingungsform des Lichtes in Be- ziehung steht, ist als eiiie bleibende physikalische Veranderung der Halogensilbermicellen zu betrachten, die an sich noch nicht entwickelbar ist. Es mu5 erst noch ein Katalysator hinzu- liommen, der die Entwicklung ermoglicht, der Aktivierungs- faktor. Versuche runchen wahrscheinlich, da5 e r aus metalli- srheni Silber besteht, das entweder als Ursilber schon vorher in der Schicht vorhanden ist oder sich bei Belichtung photc- rhemisch bildet. Lost man dies Silber hinaeg, dann la5t sich indirekt noch die Veranderung durch den Formfaktor, die nicht niehr entwickelbar ist, durch dichroitische und photographische Umkehrerscheinungen nachweisen. Der Schwellenwert im Be- ginn jeder charakteristischen photographischen Kurve laBt sich durch geeignete Dosierung des Formfaktors (der optisch ein- gefiihrt wird) und des Aktivierungsfaktors (der auch chemisch eingefiihrt werden kann) Zuni Verschwinden bringen. Aus ein- fachen Uberlegungen lassen sich die Zunahnie und Abnahme von Form- und Aktivierungsfaktor berechnen, und aus dem Verlauf der beiden Funktionen wird die charakteristische Kurve einschliealich Solarisation zwanglos abgeleitet. -

Weitere Beilrage zur Frage ,,latentes Bild" gaben A r e n s , S c h m i d t und R a w l i n g .

Dr. A r e n s , D,essau, beschaftigte sich mit der Entzcicklung des lalenlen Bildes nach der Fixierung (sogenannte physikalischc Entwicklung). Er untersuchte, um klare Verhaltnisse zu haben, Schichten mit kiinstlichen Silberkeimen und fand bei diesen und spaler auch bei normalen Schichten, da5 die entwickeltc Silbernienge hauptsachlich von der Zahl und nicht von der GroBe der Keinie abhangt, was fur die Deckkraft verschiedener Eniulsionen von entscheidender Bedeutung ist. -

S m e k a 1 benierkte in der Diskussion, da5 in allen Fragen des latenten Bildes noch vie1 mehr rnit Modellversuchen gear- beitet werden miisse, damit man sich erst einnial iiber einzelne Probleme klar werde. -

Dr. H. H. S c h ni i d t , Miinchen, untersucht die photogra- phischen Bchichlen auf ihre Silber- und Halogenwerte. Er glaubt nicht, da5 ursprunglich in der Schicht durch Gelatine reduziertes Silber vorhanden ist, sondern nimmt an, da5 das analytisch ge- fundene freie Silber oder Silberoxyd erst beim Waschproze5 entsteht. -

Dr. R a w 1 i n g , London, findet bei analytischen Unter- suchungen in der Emulsion mehr als die berechnete Menge

3) Der Vortrag erscheint demnachst in den ,,Naturwissen schaften".

freie Bromionen und schlie5t daraus, da5 das Silber in einem Gelatine-Silber-Koniplex gebunden ist. -

v. E w i j k, Bussuni, beschaftigte sich mit der ,,Schirarzzmg.s- kurve der sekundaren (Umkehr-) Bilder und den Vorgiingen beim Bildaufbau". Der EinfluB der verschiedenen Prozesse bei der Herstellung der Umkehrbilder auf reine Qualitat wird diskutiert. -

Prof. K o g e 1 , Karlsruhe, fand, da5 ,,bakterizide Wirkung und Sensibilisierung" bei verschiedenen Substanzen und Farbstoffen in gewissem Zusammenhang stehen. Durch Be- trachtung der bei der Sensibilisierung evtl. moglichen Reak- tionen lassen sich Schliisse auf die wirksamen Gruppen in den untersuchten Substanzen ziehen. Bei den Triphenylmethan- farbstoffen scheinen sowohl bakterizide wie auch sensibilisie- rende Wirkung von der > C = NH,Cl-Gruppe abzuhangen. -

E i n e g r o 5 e G r u p p e v o n V o r t r a g e n w a r d e n A n w e n d u n g e n d e r P h o t o g r a p h i e g e w i d ni e t.

Prof. G o 1 d b e r g , Dresden: ,,Neue Wege der photogrn- phischen Hegistriertechnik."

Die neuerdings weit entwickelten Braunschen Rohren werden in allernachster Zeit ganz neuartige Registrier- niethoden aufkommen lassen. Man verlegt jetzt bei diesen Rohren die photographische Schicht in das Innere der Rohre und kann bei einer Registriernioglichkeit bis zu Strahlgeschwin- digkeiten von 100 000 km (1/3 Lichtgeschwindigkeit) Zeitraunie von 1 milliardstel Sekunde erfassen. Andererseits gestatteri die au5erst feinkornigen Emulsionen auf sehr wenig Film- material eine gro5e Zahl von Registrierungen. So werden neuerdings die Zahler der automatischen Telephonanlagen mil einer Kleinfilmlramera in Gruppen zu 100 so aufgenonimen, da5 5000 Ablesungen auf 1 m Film untergebracht werden. Eiii qez ie l l konstruierter Apparat sorgt dann sogar noch da- fur, da5 der Rechnung schreibende Bearnte jeweils nur die zwei Zahlen eines Teilnehmers aus dem neuen und deni vor- hergehenden Film sieht, so da5 Fehler beim Differenzennehmen absolut vermieden sind. Die Photozelle ist in ganz kurzer Zeit zu einem Instrument von iiberragender Bedeutung geworden. Bekannt ist ja die Verwendung im Tonfilm. Ferner ist ihre Anwendung fur automatische Registrierung der verschiedensten Vorgange mit Hilfe der photographischen Schicht und als Relais nioglich. Nur angedeutet wurde, da5 mit Hilfe der Braun- schen Rohre eine neue, wesentlich verbesserte Methode des Fernsehens nioglich ist. -

Prof. Erwin F r e u n d 1 i c h , Potsdam, berichtete iiber einige brennende ,,Problenie der Astropholographie", die vor- laufig trotz ihrer Wichtigkeit noch nicht bearbeitet werden konnen, da die Emulsionen rnit den hierzu speziell erforder- lichen Eigenschaften noch fehlen. F r e u n d 1 i c h verlangt noch feinkornigere und empfindlirhere Schichten. -

Prof. D u n h a m , Pasadena, berichtete iiber ,.Anwendung der Photographie in der Astronomie" und zahlt die auf diesen? Weg losbaren Problenie auf. Er zeigt, wie durch die neue Ultrarot-Photographie Aufnahmen auch in dunstiger Erd- atmosphare und bis weit in die Sternatmosphare hinein mog- lich sind. -

Spater zeigte Dr. T r i v e 11 i eine im Ultrarot aus 500 km Entfernung gemachte Landschaftsaufnahme. Der Photograph konnte natiirlich das Objekt nicht sehen und mu5te die Auf- nahme blind einstellen. Besonders interessant sind die An- wendungen der ,,Ultrarot-Phofographie" in der Mikroskopie. Es gibt viele Stoffe, die im sichtbaren Spektrum undurchsichtig sind, im Ultrarot aber keine Absorption haben. Als Beispiel wurden Strukturaufnahmen von schwarz gefarbter Wolle und von dunkelfarbigen kleinen Insekten gezeigt. -

Drei Redner beschaftigten sich mit den Fortschritten der Zeitlupen- und Zeitmfferaufnahmen fur Mikro- und Makroobjekte. Dr. B e c k , Berlin, Dr. E n d e , Berlin, und Dr. L i n k e , Berlin, besprschen die neuesten Trommel-Mehrfachapparate und den T h u n schen Zeitdehner sowie die neuen automatischen Zeit- raffer Iiir Filmaufnahmen. Die Bildwechselzahl konnte durcli die neuen Apparate von 600 pro Sekunde auf 30 000 pro Sekunde gesteigert werden, wodurch genaueste Analyse schnellst ver- laufender Vorgiinge moglich wird (Explosionen, Funken). Durrli die Zeitrafferaufnahmen hat man friiher nie beobachtbarz Lebensvorgange verfolgen konnen. Zwei zufallig fast gleichc Filme aus Deutschland und Amerika, die den Vorgang der

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Versammlungsberichte 871 Zlschr. angew. Chem. 44. Jahrg. 1931. Nr. 431

Phagocytosis und andere biologische Prozesse zeigten, wurden als Beispiele der hierdurch erschlossenen Moglichkeiten vor- gefuhrt. -

Prof. H e r t z b e r g , Stockholm, berichtete uber die Ent- wicklung der nach 35jahrigem Lagern im Polareis aufgefundenen ,,FiZme der Andree-Expedition" und zeigte die Diapositive der geretteten Aufnahmen. -

Prof. L e h m a n n , Berlin, untersuchte die ,,Abhangigkeit der Energieverleilung im Gifterspektrum von Furchentiefe und Form der Linien" und fand, dafj bei ungiinstiger Form und Tiefe der Furchen ganze Spektralbereiche ausgeloscht werden konnen. -

Dr. J o a c h i m , Dresden: ,,Die Grundlagen der Projektions- beleuchtung." Die verschiedenen Moglichkeiten der optischen Anordnung von Kondensor und Lampe bei Dia- oder Kino- projektion werden besprochen, und durch ein verbluffendea Experiment wird die Zunahme der Flachenhelligkeit durch die Entwicklung der Lampentypen bis zur modernsten B e c k - Kohlenlampe demonstriert. -

Dr. K. J a c o b s o h n , Berlin, erklirte die von ihm aus- gearbeitete Methode der Rontgenkinematographie (fur medizi- nische Zwecke). Es ist miiglich, das auf einem Leuchtschirm entstehende Bild von Korperteilen oder des' Inneren eines sich bewegenden Menschen mit einer Spezialkamera zu filmen und dadurch weit mehr aus der Rontgenuntersuchung zu lernen, a19 bisher die Einzelaufnahme oder Beobachtung gestattete. Eiri Film der Bewegungen der Atmungswerkzeuge und von erkrank- ten Lungen wurde gezeigt. Beaondere Bedeutung wird die Methode zur Lokalisierung von Fremdkorpern vor der opera- tiven Entfernung haben. -

Hauptdiskussionspunkt des Kongresses war dann noch die Frage der s e n s i t o m e t r i s c h e n M e t h o d e n . Auf den Packungen des Negativmaterials fiir Amateure werden leider haufig noch Angaben uber die Empfindlichkeit gemacht, die unzuverlassig sind, da die Bestimmung nach veralteten Methoden erfolgte. Man erstrebt daher eine internationale Einigung iiber eine neue mverliissige Methode der Sensitometrie, die auf wissenschaftlich einwandfreien Grundlagen beruht und deren MaDzahlen dann international giiltig sein sollen. Die Vor- arbeiten hierzu wurden schon auf den Kongressen in Paris 1925 und London 1928 begonnen. -

Nach Vorbeeprechungen wurden von den einzelnen Liindern nationale sensitometrische Komitees gebildet, die Versuche machen, Methoden ausarbeiten und auf dem Dresdener Kon- grefj daruber berichten sollten.

S h e p p a r d trug die Vorschlage der amerikanischen Kommission vor. Als Normallichtquelle schlagt sie eine Wolfram-Vakuum-Lampe von 23600 Farbtemperatur vor, und, urn das Licht moglichst den1 Sonnenlicht anzugleichen, ein doppeltes Fliissigkeitsfilter, dessen eine Zelle Pyridin/CuSO,- Losung und dessen andere CuS04/CoS0, enthaltr). Ala sensitometrische Methode konnte er nur einen personlichen Vorschlag nach den Erfahrungen im Kodak-Laboratorium. aber keinen offiziellen der amerikanischen Kommission mit- teilen. Er wunscht Belichtung rnit einer Zeitskala mittels einer sich einmal drehenden Sektorscheibe oder eines Zylinders rnit entsprechenden Ausschnitten. Er trat sehr entschieden fur einen p-Amidophenol-Entwickler ein, dessen Eigenschaften er in einem Sonderreferat behandelte.

Die anderen nationalen Vertreter gaben noch keine Einzelvorschlage bekannt, sondern beschaftigten sich mit der historischen Entwicklung der Sensitometrie, mit Einzelheiten der Lichtquelle und der Messung oder schlossen sich den1 amerikanischen Vorschlag an.

Nur fiir die d e u t s c h e K o m m i s s i o n konnte G o l d - b e r g einen genau ausgearbeiteten Vorschlag fur die sensito- metrische Methode bekanntgeben und an einem einfachen Model1 demonstrieren. Bezuglich Lampe und Filter schlod sich Deutschland ebenfalls dem amerikanischen Vorschlag an. Naeli langerer Diskussion iiber Lampe und Filter wurde dieser Teil des Vorschlags auch zum Beschlud erhoben. Vorher hatte noch D z i o b e k , Berlin, einen Bericht iiber die Eigenschaften der vorgeschlagenen Lampe gegeben, nach dem man sich auf

4 , D a v i s u. G i b s o n , Proc. VII. Int. Congr. Phot., London 1928. Cambridge 1929, S. 161.

~~

folgende Formulierung der Lichtquelle einigte : Geradfiidige Wolfram-Vakuum-Lampe von 23600 Farbtemperatur, die rnit Gleichstrom zu betreiben ist.

Das von Deutschland ausgearbeitete Sensitometer benutzt eine Intensitatsekala, verwirklicht durch einen neuen verbesser- ten Stufenkeil, dessen Eichung die Physikalisch-technische Reichs- anstalt ubernimmt. Ein sehr einfach konstruierter Fallverschlufi ermoglicht uberall auf der Erde die Einhaltung der gleichen Be- lichtungszeit von Sekunde. Der gesamte Apparat ist so billig, dafj ihn jede kleinere Fabrik anschaffen kann, aber er ist natiir- lich nur fiir das Betriebslaboratorium, nicht fiir wissenschaftliche Zwecke genugend genau. Zur Entwicklung soll ein Metol- Hydrochinon-Entwickler dienen. Es war unmoglich, uber diesen Vorschlag schon zu einer Einigung zu kommen. Da aber alle die Dringlichkeit einer raschen Einigung, die besonders von der deutschen Industrie immer wieder betont wurde, an- erkannten, beschlofj man schlieDlich, d& die nationalen Komitees den deutschen Vorschlag innerhalb der nachsten sechs Monafe prufen sollen, und eine internationale kleine Kommission soll dann ubdr Annahme innerhalb weiterer sechs Monate ent- scheiden. So ist auf dem KongreS in einer aufjerst wichtigen Frage positive Arbeit geleistet worden. Lampe und Filter konnen in der Praxis schon gebraucht werden. Positiv zum deutschen Vorschlag a d e r t e eich vor allem schon Frankreich, die anderen nationalen Vertreter hatten nicht genugende Voll- machten.

Unabhangig von diesen offiziellen Vorschlagen berichtete noch Dr. J a c o b s o h n , Berlin, uher eine im Redaktionslabora- torium der ,,Photographischen Industrie" gebrauchte sensito- metrische Methode, und Dr. A b r i b a t , Vincennes, beschrieb ein auderst einfaches, selbstregistrierendes Mikroregistrier- densitometer ohne Spalt, das zur Auswertung linienartiger Ge- bilde dient. -

Neben den allgemeinen Sitzungen liefen verschiedene Parallelsitzungen. Die Kine-Normenkommission konnte dabei uber einige wichtige rnaschinentechnische Fragen und uber die Definition des Begriffs Sicherheitsfilm zu einer einstimmigeu BeschluDfassung kommen. -

Zum offiziellen Programm gehorte auch eine halboffentliche kinematographische Sonderveranstaltung im grol3en Sad des Deutschen Hygienemuseums, in der auch der Offentlichkeit ge- zeigt werden sollte, welche Fragen eigentlich den KongreD inter- essieren.

Prof. G o 1 d b e r g erklarte mit verbliiffend einfachen Experi- menten die Grundlagen des Tonfilms. Um die Schwingungsnatur des Schalls zu zeigen, iibertrug er das Relief einer Grammophon- platte rnit dem elektrischen Abnehmer auf den Oszillographen und auf eine rotierende stabformige Glimmlampe. Und eine gewohnliche Glimmlampe mit Spiralkorper diente dam, um (als tragheitsloses Steuerorgan) die durch die Grammophon- platte erzeugten Lichtschwankungen uber Photozelle und Laut- sprecher wieder in Musik zu verwaudeln. -

Prof. E g g e r t , Leipzig, berichtete iiber den Stand des FarbenfiZms und erklarte das Prinzip der verschiedenen Zwei- und Dreifarbensysteme, die entweder subtraktiv oder additiv arbeiten. Von allen Verfahren konnten kurze Probestreifen vorgefuhrt werden, die die grofjen Fortschritte der letzten Zeit zeigten. - , In einer anderen Sitzung sprach Dr. T. T h o r n e B a k e r uber den Spieer-Dufay-Farbenfilm. Der Film hat ein Dreifarben- raster zwischen Schicht und Trager. Zum Unterschied von den bisherigen Verfahren hat dies Raster jedoch regelmafjig ge- formte rechteckige Farbflecken, deren Anordnung das Flimmern bei der Vorfiihrung verhindert. Der Film wird als Negativ oder Positiv entwickelt und ist beliebig kopierfahig. -

Bei dem Bankett im Rathaus konnte ein Film des Kon- gresses selbst gezeigt werden, der in den ersten Tagen auf dem Linsenrasterfilm aufgenommen war. Die Methode eignet sich speziell fur Amateurkinematographie und wurde auf Schmalfilm vorgefuhrt. -

Nach den erwahnten technisch-kinematogrphischen Vor- tragen sprach Zoris I v e 11 s, Amsterdam, fiber kiinstlerische Frageu. Die Avanlgarde des Films, eine junge internationale Schar von Filmschaffenden, die sich von der bestehenden In- dustrie unabhiingig gemacht haben, verfolgt das Ziel, im Film nur den dieser Kunst eigenen Rhythmus zum Ausdruck zu

Page 4: VIII. Internationaler Kongreß für Photographie

Ztschr. angew. Chem. 1 44. Jahrg. 193LNr.43 878 Personal- u. Hochschulnachr. - Neue Biicher - Verein deutscher Chemiker

bringen. Sie glaubt, da8 dies nie bei Anlehnung a n Literatur und Theater - durch den heutigen Spielfilm - moglich ist, sondern wohl hauptsiichlich durch den d o k u m e n t a r i s c h e n F i 1 m. Einzelne Teile aus schon fertiggestellten Filmen (Turksib, Sturm uber Asien, Trockenlegnng der Zuidersee usw.) gaben einen Querschnitt aus dem Schaffen der Avantgarde.

In dem Institut von Prof. L u t h e r zeigte man eine Aus- stellung wissenschaftlicher Photographien und Apparate fur An- wendung und Auswertung der Photographie. Unter anderem waren Mikroregistrier-Densitometer, Schwarzungsmesser, Zeit- lupen und Zeitraffer ausgestellt, und von allen fur wissenschaft- liche Apparate brauchbaren Osram-Lampen waren Muster zu when.

Die Ufa hatte die Teilnehmer des Kongresses eingeladen, ihre Ateliers in Berlin-Babelsberg zu besichtigen und einer Tonfilmaufnahme beizuwohnen. Ein grofier Teil der Teilnehmer folgte dieser Einladung, wobei sich ihnen gleichzeitig noch Ge- legenheit bot, das Ullstein-Druckhaus in Tempelhof und das Reproduktionslaboratorium zu besichtigen.

Bei dem zu Ehren des Kongresses veranstalteten Bankett ini Rathaus zu Dresden uberreichte Dr. L o b e l , Paris, im Auf- trag der SociBt6 francaise de photographie et cinematographie Prof. G o 1 d b e r g die Peligot-Medaille als besondere Ehrung.

In der Schlufisitzung wurde der Name des Kongresses ge- andert in: Intepationaler KongreS fur wissenschaftliche und angewandte Photographie. Nachster KongreS: September 1934 in New York.

PERSONAL- UND HOCHSCHULNACHRICHTEN fRedaktionsschlu6 fur ,,Angewandte" Donnerstags.

fur .Chem. Fabrik" Montags )

Dr. phil. C. a. S c h w a l b e , Prof. der Chemie und VOT- steher des Holzforschungs-Instituts der Forstlichen Hochschule Eberswalde, Honorarprof. der Technischen Hochschule Berlin, feiert am 2.5. Oktober seinen 60. Geburtstag.

E r n a n n t w u r d e : Prof. Dr. H. P. K a u f m a n n . Jenn, zum 0. 6. Prof. fur pharmazeutiscbe Chemie an der Universitlt Munster i. W.

G e s t o r b e n s i n d : Prof. Dr. M. D e n n s t e d t im Alter von 79 Jahren in Matzdorf am 19. duni. - Chemiker Dr. W. M u l l e r , Frankfurt a. M. - Dr. W. P r a e t o r i u s , Bohlitz-Ehrenberg. - S. S t e i n , Beckum, Gesellschafter und Grunder der Portlandzement- und Wasserkalkwerke Stein & Co.. am 4. Oktober im Alter von 70 Jahren.

Ausland. Prof. Dr. A. T s c h i r e h , Bern, feierte kiirzlich sein 50jahriges Doktorjubilaum.

Die Seifen- und Parfiimeriefabrik ,,Treu, Nuglish & Cie. Nachf., Karl Thiess", Wien, feierte kurzlich das Jubilaum ihrea 1OOjahrigen Bestehens.

G e s t o r b e n : Mag. pharm. G. M o r p u r g o , Prof. der Phsrmazie a n der Universitat Triest, am 10. Oktober.

NEUL BUCHER

(Zu beziehen, soweit im Buehhandel ersehienen, dureh Verlag Chemie, B. m. h. €I. Berlin W 10, Corneliusstr. 3.)

Leben, Krankheit und Tod als Kolloiderseheinungen. Von Auguste L u m i E r e. Aus dem Franzosischen ubertragen und bearbeitet von Dr. med. Otto E i n s t e i n . 189 Seiten, 30 Abbildungen in1 Text, 17 farbige Tafeln. Franckhsche Ver- lagsbuchhandlung, Stuttgart 1931.

Der Verfasser unternimmt den kuhnen Versuch, die Mehr- zahl der Krankheitserscheinungen und der Lebensvorgange (Altern und Tod) auf Flockungsvorgange, beziehungsweise Stabilitatsanderungen der Eiweidstoffe im Serum und Plasma und die daraus entstehenden Wirkungen auf das autonome Nervensystem zuruckzufuhren. Das einleitende Kapitel iiber den lrolloiden Zustand der Materie bringt in knappster Form die Grundtatsachen der Kolloidchemie. Hier allerdings lieder1 sich erhebliche Einwande gegen die Darstellung erheben. Der Ref. fiihlt sich als Nichtmediziner nicht imstande, uber die Be- rechtigung des bereits erwahnten Grundgedankens der dann folgenden Abschnitte zu urteilen, doch wirkt hier die Dar- stellung in ihrer Geschlossenheit und Klarheit auflerordentlich uberzeugend. Auch der Nichtfachmann wird den Ausfuhrunget! des Verfassers mit GenuS folgen. Aus der besonderen Ein-

stellung, aus der das Buch entstand, ergibt sich eine Fiille von Problemen und Anregungen, die auch fur den Kolloidchemiker vielfachen Anreiz zu eigener Forschung enthalten durfte.

Finden und Forsehen i n der alteren Chemie bis zur Pblogiston- theorie yon Stahl. Von K. A. H o f m a n n. Berlin 1931. Ver- lag der Akademie der Wissenschaften. In Kommission be] W. de Gruyter u. Co. Preis RM. 1,--.

Darmstadt und die Chemie, Rektoratsrede von L. W o h 1 e r am 1. November 1930. Aus den Schriften der Hessischen Hoch- schulen, Technische Hochschule Darmstadt.

H o f m a n n zeigt die Phlogistontheorie von einer neuen Seite, indem er dartut, daD der alte Phlogistonbegriff den1 modernen Begriff der chemischen Energie gleiehgesetzt werden kann. Insofern ist ,,die so gelauterte Phlogistontheorie in Wahr- heit die bleibende Theoria generalis bis zur Gegenwart", und ,,der deutsche Arzt und Chemiker G. E. S t a h 1 hat die wissen- schaftliche Chemie gegriindet". -

W o h 1 e r verfolgt die Beziehungen, welche seit L i e b i g zwischen Darmstadt und der Chemie bestehen, bis ins Mittel- alter hinein und schildert mit weiter Fassung des Themas und Beibringung mancher neuer oder wenig bekannter Tatsachen ein Stuck deutscher Kulturgeschichte.

Diese beiden kurzen, aber sehr anregenden Schriften seien allen Fachgenossen, insbesondere auch den Studierenden. bestens empfohlen. Die Rieehstoffe und ihre Derivate. Herausgegeben von Dir.

Alfred W a g n e r. ,,Die Aldehyde", IV. Abteilung: Paten!- register, Patentverzeichnis, Autorenregister und alphabe- tisches Sachregister. Bearbeitet von A. W a g n e r , A. M. B u r g e r und F. E 1 z e. 344 Seiten. A. Hartlebens Verlag, Wien und Leipzig. Preis RM. 25,-.

Mit diesem Band kommt der ente umfangreiche Abschnitt des von den Verff. in Aussicht genonimenen umfassenden Werkes ,,Die Riechetoffe und ihre Derivate" zum AbschluiJ. E r bringt die in- und auslandischen Patente uber Riechstoff- aldehyde im Originaltext und bietet niit den angeschlossenen Registern eine wertvolle Erganzung zu den vorangegangenen Banden. Druck und Ausstattung sind auch hier vonuglich.

VEREIN DEUTSCHER CMEMIKER

G. Lindau. [BB. 20.1

A. Binz. [BB. 282

A. Ellmer. [BB.54.]

AUS DEN BUlRKSVERElNIiN Bezirksverein Magdeburg. Am Sonnabend, dem 26. Sep-

tember 1931, fand eine Besichtigung der O 1 w e r k e H u b b e - G. W. F a r e n h o 1 t z G. m. b. H. durch den Verein deutscher Chemiker mil Damen statt. An den einleilenden Vortrag von Herrn Dir. B u r e h a r d t uber Rohstoffe und Fabrikation schlol3 sich die eingehende Besichtigung der Werksanlagen und der Herstellung von fliissigen Olen aus olhaltigen pflanzlichen Saaten, wie Erdnussen und Raps, und von festen Fetten aus Saaten, wie Palmkernen und Copra, d. h. getrockneten Kokos- niissen, an. Nach Vorreinigung durch geeignete Schuttelsiebe werden die Saaten durch Brecher und Walzenstuhle mit rotie- renden Stahlzylindern grundlich zerkleinert und nach Vor- warmung den teils automatisch arbeitenden, teils hydraulischen Pressen zugefuhrt. Man konnte sehen, wie durch den un- geheuren Druck von etwa 400 at aus den Pflanzenzellen der weitaus grofite Teil des Ules herausgeprefit wurde. Es werden taglich etwa 250000 kg Saaten gepreiJt und aus ihnen rund 130030 kg 61 gewonnen. Ein grol3er Teil der Ole findet nach Filtration u d e r Zusatz von etwas Bleicherde oder Bleichkohle Absatz in der Seifenindustrie zur Herstellung feinster Toiletten- seifen aus Cocosol. Ein weiterer Teil der Ole wird im Raffinerie- betrieb einer noch griindlicheren Reinigung unterworfen, wo- durch den Ulen die kratzenden Geschmacks- und Geruchsstoffe entzogen werden, uin Ole und Fette von angenehm mildeni Ge- schmack zu erhalten, welche als Speiseole, Salatole, Backola und als Margarinefette allgemeine Verwendung finden und besonders fur Menschen der ,,kalten Zonen" ein unentbehrliches Nahrungsmittel sind. Aus raffiniertem Cocosfett stellt die Firma unter der Marke ,,Coma" ein vorzugliches reines Speise- fett in der Art des Palmins zum Braten und Backen her.

Nicht nur dem Fachmann, sondern auch den Hausfrauen bot die Besichtigung vie1 Interessantes und Sehenswertes.