Über die wirkung von morphin, pernocton, evipan und eunarcon auf den respiratorischen gaswechsel...

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Aus dem Pharmakologisehen Institut der Universit/~t Gie!~en. (Direktor: Prof. F. Hildebrandt.) Uber und die Wirkung yon Morphin, Pernocton, Evipan Eunarcon auf den respiratorischen Gasweehsel des Kaninchens*. Yon Elfriede Kreuder. Mit 6 Textabbildungen. (yE~ugegaugeu am 18. September 1938.) A. Fragestellung. Morphin und die Barbiturs~iurederivate Pernocton, Eunarcon und Evipan sind in ihrer Wirkung auf Atmung, Kreislauf, KSrpertemperatur, S~urebasengleichgewicht und korpuskul~re Elemente des Blutes, sowie in ihrer narkotischen Wirksamkeit bereits eingehend untersucht worden. Aueh fiber ihre Wirkung auf Sauerstoffverbrauch und Kohlens~iure: ausseheidung liegen einige Angaben vor. Diese Wirkung in allen Einzelheiten fiber beliebig lange Zeit lfickenlos zu verfolgen und die vorhandenen Ergebnisse zu erggnzen, war das Ziel der vorliegenden Untersuchung, die damit einer Fragestellung nachgeht, deren LSsung erst seit wenigen Jahren dutch den Gaswechselsehreiber nach H. Rein 1 2 mit grol]er Genauigkeit verh/iltnism~l~ig einfach und sehr fibersieht]~ch fiberhaupt m6glich geworden ist. Mit Hilfe der Reinsche~ Apparatur sind wir in der Lage, fiir jeden beliebigen Zeitpunkt oder Zeit: abschnitt anzugeben, wie sieh Atmung, Sauerstoffaufnahme und Kohlen- s~iureausscheidung verhalten und gegenseitig beeinf]ussen, ob und wie weitgehend das dutch die genannten Narkotica herabgesetzte Atem- volumen durch bessere Sauerstoffausnutzung der Lungenluft kompensiert wird, ob sich das Yerh~ltnis zwischen Kohlens~iureabgabe und Sauerstoff- aufnahme, der respiratorisehe Momentanquotient (Rein), konstant h~lt oder verschiebt, und sehliel~lich," wie lange und wie stark das Atemzentrum in seiner Erregbarkeit beeintriiehtigt wird. B. Methodik. Als Versuchstiere wurden Kaninchen mit einem durchschnittlichen Gewicht, v0n 2000--4G00 g benutzt, die in zahlreichen u daran gew6hnt worderr waren, ohne Erregung in einem ihrer Gr6fte entsprechenden Kasten, der den Kopf *D 26. 1 Rein, H.: Handb. biol. Arbeitsmeth., Aht. IV, Tei] 13, 795 (1937). -- 2 Rein, H.: Naunyn-Sehmiedebergs Arch. 171, 363 (1933).

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Page 1: Über die Wirkung von Morphin, Pernocton, Evipan und Eunarcon auf den respiratorischen Gaswechsel des Kaninchens

Aus dem Pharmakologisehen Institut der Universit/~t Gie!~en. (Direktor: Prof. F. Hildebrandt.)

Uber u n d

die Wirkung yon Morphin, Pernocton, Evipan Eunarcon auf den respiratorischen Gasweehsel

des Kaninchens*. Yon

Elfriede Kreuder. Mit 6 Textabbildungen.

(yE~ugegaugeu am 18. September 1938.)

A. Fragestellung.

Morphin und die Barbiturs~iurederivate Pernocton, Eunarcon und Evipan sind in ihrer Wirkung auf Atmung, Kreislauf, KSrpertemperatur, S~urebasengleichgewicht und korpuskul~re Elemente des Blutes, sowie in ihrer narkotischen Wirksamkeit bereits eingehend untersucht worden. Aueh fiber ihre Wirkung auf Sauerstoffverbrauch und Kohlens~iure: ausseheidung liegen einige Angaben vor.

Diese Wirkung in allen Einzelheiten fiber beliebig lange Zeit lfickenlos zu verfolgen und die vorhandenen Ergebnisse zu erggnzen, war das Ziel der vorliegenden Untersuchung, die damit einer Fragestellung nachgeht, deren LSsung erst seit wenigen Jahren dutch den Gaswechselsehreiber nach H. Re in 1 2 mit grol]er Genauigkeit verh/iltnism~l~ig einfach und sehr fibersieht]~ch fiberhaupt m6glich geworden ist. Mit Hilfe der Reinsche~ Apparatur sind wir in der Lage, fiir jeden beliebigen Zeitpunkt oder Zeit: abschnitt anzugeben, wie sieh Atmung, Sauerstoffaufnahme und Kohlen- s~iureausscheidung verhalten und gegenseitig beeinf]ussen, ob und wie weitgehend das dutch die genannten Narkotica herabgesetzte Atem- volumen durch bessere Sauerstoffausnutzung der Lungenluft kompensiert wird, ob sich das Yerh~ltnis zwischen Kohlens~iureabgabe und Sauerstoff- aufnahme, der respiratorisehe Momentanquotient (Rein), konstant h~lt oder verschiebt, und sehliel~lich," wie lange und wie stark das Atemzentrum in seiner Erregbarkeit beeintriiehtigt wird.

B. Methodik. Als Versuchstiere wurden Kaninchen mit einem durchschnittlichen Gewicht,

v0n 2000--4G00 g benutzt, die in zahlreichen u daran gew6hnt worderr waren, ohne Erregung in einem ihrer Gr6fte entsprechenden Kasten, der den Kopf

*D 26. 1 Rein, H.: Handb. biol. Arbeitsmeth., Aht. IV, Tei] 13, 795 (1937). - -

2 Rein, H.: Naunyn-Sehmiedebergs Arch. 171, 363 (1933).

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freil~il]t, zu sitzen und dureh eine Atemmaske zu atmen. Sie entnahmen ihre In- spirationsluft einem I(roghsehen Spirometer yon 5 Liter Fassungsverm~gen durel~ ein Kroghsehes u Die Exspirationsluft wurde dureh ein zweites Ventil dem MischgefM~ des Gasweehselsehreibers zugefiihrt. Eine Kontaktuhr 5ffnete a!]e 60 Sekunden das Einlal]ventil des Spirometers. Somit konnte die Atemvolumen- sehreibung zugleich als Zeitsehreibung dienen. ]Eine kleine Abweiehung yon der von l~ein angegebenen Art der elektrischen l~egistrierung des Atemvolumens �9 sei an dJeser Stelle erw~hnt: I)ie durch das Sinken des Spirometerkastens gegebene H6hendifferenz wurde nieht zur Erzeugung eines Induktionsstromes benutzt, sondern ein diinner etwa 40 em langer Konstantandraht wurde am Spirometer befestigt, an beiden Enden mit einem Akkumulator verbunden und tiber eine Rolle an einer steifen Messingsehneide als Sehleifkontakt vorbeigeffihrt. Dureb das Auf- und Abgehen des Spirometerkastens s sieh das Verh~ltnis der oberen Drahtstreeke - - oberes Drahtende bis Sehleifkontakt - - zur unteren Drahtstrecke - - Sehleifkontakt bis unteres Drahtende - - und damit das Yerhi~ltnis der Widerstis beider Streeken. Diese Widerstands~nderungen wurden fiber eine W h e a t s t o n e - sche 13rfiekenschaltung auf ein Spiegelgalvanometer (tbertragen. Wie aus den Atem- volumeneiehkurven zu ersehen ist, ergeben diese Widerstandsiinderungen lineare Aussehl~ige.

Fiir unsere Untersuehungen am Gasweehselschreiber wurde aussehlieglieh die fortlaufende Analyse der Exspirationsluft verwendet. Je nach Wahl des Mittels dauerten die Versuehe 1--4 Stunden. Wi~hrend der ersten 30 Minuten naeh der Injektion, in denen kurzfristige )(nderungen des Gasweehsels zu erwarten waren, wurde ohne Pause registriert, sparer in Abst~nden yon 10--60 Minuten fiir die Dauer yon 5--10 Ninuten. In den Versuehspausen blieben die Kaninehen ira Kasten sitzen ohne gefiittert zu werden. Dadureh wurde eine gewisse Konstanz der Wiirn,e- und Stoffweehselverh~ltnisse gew~hrleistet.

Von der Analyse der Friseh'luft ausgehend (Frisehluftnullinie) wurde zun/%hst ~tber mehrere Minuten der normale Gasweehsel registriert. Aus der Verarmung der Exspirationsluft an Sauerstoff und dem Atemvolumen in der Zeiteinheit ergibt sieh der normale Sauerstoffverbraueh, aus der Anreieherung der Exspirationsluft an ~ohlens/s und dem Atemvoluraen in der Zeiteinheit die normale Kohlensi~ure- ausseheidung. Eine kurzdauernde Unterbreehung der optisehen Registrierung kennzeiehnet das Ende der Injektion, die, wenn sie intravenSs stattfand, jeweils eine Minute dauerte. In einer Versuehspause oder naeh Beendigung des Versuehs wurde der Gasweehselsehreiber mit einem Eiehgemiseh besehiekt und aul~erdem eine Atemvolumeneiehkurve gesehrieben.

Bei der Ablesung des Atemvolumens gall es, die durch das 0ffnen des Spiro- meterventils, sowie die dureh die Etastizitgt des Systems bedingten Unregelm/il3ig- keiten der I~egistriernng bei tier Umkehr der Bewegung der Spirometerhaube am ]Ende jeder Minute auszusehalten. Zu diesem Zweek wurde das Atemvolumen fiir die ganze Minute jeweils mit dem doppelten Weft aus dem 2. und 3. Viertel jeder Minute bereehnet. Es ist zu beaehten, da8 bei kleinem Atemvolumen die Kontaktuhr gelegentlieh nur in Abst~tnden von zwei start einer Minute sehaltete (siehe Abb. 1, 3, 5).

Latenz- und Misehzeit der Analysenapparatur wurden empiriseh mit 26,5 see festgestellt. Daher sind die zeitlieh zu einem bestimmten Punkte der Atemvolunlen- kurve gehSrigen Punkte der O2- und C Os-Eurve um die Streeke x (siehe Abb. 1) zulfiek, d.h. naeh links, versehoben zu denken.

Die erreehneten Ergebnisse der Originalkurven wurden als Diagramme ge- zeiehnet. Die unters*te ausgezogene I{urve der Diagramme stellt das Atemvolumen in eem/min dar. Das mittlere Kurvenpaar gibt den Sauerstoff- und Kohlendioxyd- gehalt der Exspirationsluft in u an: die ausgezogene Kurve bedeutet die Sauerstoffverarrnung ( - - % O~), die gestrichelte ts die Kohlensiiure-

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672 E. K~EUDER:

anreicherung (zr ~ C 02) der Lungenluft im Vergleieh zur Frischluft mit ihrem Gehalt yon 21% O 2 und .0,03~ COe. Aus dem Verhiiltnis der -~ ~ CO 2 zu den __ o/ Oz erreehnet sich her respiratirisehe Momentanquotient (RMQ), der ein Mal~ /O

fiir die im Blur vorhandene O 2- bzw. C O2-Spannung darstellt 8. Das oberste I~urven- paar der Diagramme stellt den Sauerstoffverbrauch (ausgezogene Linie) und die Kohlens~ureausscheidung (gestrichette Linie) pro Kilogramm und Minute dar, umgerechnet in Prozent des normalen Ausgangswertes, dessen Absolutwerte am gemeinsamen Beginn der IKurven vermerkt sind.

C. Ergebnisse.

In vier Versuchsreihen an im ganzen 29 Kaninchen wurde das Ver- halten des respiratorischen Gaswechsels unter der Wirkung yon Morphia, Pernocton, Evipan und Eunarcon beobachtet. Es ergaben sich neben gewissen ~bereinstimmungen ganz charakteristische Merkmale fiir die Wirkung jedes der vier Pharmaca, die dutch die Betrachtung der folgenden Originalkurven, Diagramme und Tabellen veranschaulicht werden sollen.

1. Versuchsreihe: Morphin.

Von den zahlreichen Wirkungen des Morphins auf den tierischen Organismus 4 seien diejenigen kurz erw~hnt, die fiir die vorliegenden Unter= suchungen yon Interesse sind:

Im akuten Versuch wirkt Morphia nicht oder nur in ganz geringem Ma~e auf Herz und Gef~fle ein. Der respiratorische Gaswechsel wird herabgesetzt, ira allgemeine n die CO2-Ausscheidung starker als der O~-Verbrauch. Die W~rmeproduktion wird eingeschr~nkt, ebenso' die Motilit~t. Uber die Wirkung auf das S~iure-Basengleichgewicht des Blutes sind die Ansichten geteilt. Die Erregbarkeit des Atemzentrums wird durch mittlere Dosen bei allen Tieren, die nicht mit Erregung reagieren, also auch beim Kaninchen, herabgesetzt. Nach den Angaben von G r i i n i n g e r 5 und W r i g h t und B a r b o u r 6 sinkt die Erregbarkeit des Atemzentrums unter Morphia jedoch keineswegs proportional zur angewandten Dosis. Kleine Dosen erregen das ktemzentrum. Fiir mittlere Dosen gibt Grii- n i n g e r an, dai] 3 mg/kg Morphin i. v. das ktemvolumen bereits um 50 ~o herabsetzen, 10--18mg/kg bewirken eine Herabsetzung yon 68--70%, unter noch hSheren Dosen werden nicht seIten Erregungszust~nde der Kaninchen mit erhShtem Atemvolumen gesehen. 10--18 mg/kg stel]en somit die Dosis dar, die eine mSglichst starke Herabsetzung des Atem- volumens bedingt, ohne dal] Anzeichen einer sonstigen zentralen Funktions- stSrung auftre~en. Wir verwandten die Dosis yon 10 mg/kg, die eine starke Herabsetzung des Atemvolumens, dabei abet keine Narkose, sondern nur Schl~frigkeit und starke Einschr~nkung der Motilit~t bewirkt. Fiir die Injektion wurde eine 2~ LSsung von Morphinum hydrochloricum

3 Rein, H.: Physiol. d. Menschen, 118, Springer 1936. - - 4 Handb. exper. Pharm. II 2, 853. - - 5 Griininger, A.: Naunyn-Schmiedebergs Arch. 126, 77 (1927). - - 6 Wright and Barbour : J. Pharmacol. (Am.) 53, 34 (1935).

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Wirkung von Morphin usw. auf den respiratorischen Gasweehsel des Kaninehens. 673

benutzL bei 7 Tieren wurde sie intra- ven6s, bei 1 Tier subcutan gegeben. Am Ende des vierstiindigen Versuches waren die Tiere ohne Ausnahme noch schl~frig, einige leieht ataktisch, sie fra~en nicht.

Die Originalkurve (Abb. t) begim~t mit der Frisehluftnullinie (Fr.L.N.L.), dann folgt die Registrierung des nor- malen Gaswechsels. Bereits wghrend der letzten Sekunden der intravenSsen :" r

Injekti0n wird das Atemvolumen stark .~ eingeschr~tnkt, erkennbar an den1 ; flacheren AnstiegderAV-Kurve. Eben- "2 falls bereits wS~hrend der Injektion (siehe Methodik) steigen die - - % Oe der Lungenluft an,wghrend die + % C O~ zungehst ein wenig absinken, am Ende der Injektion den Normalwert wieder erreichen, dann ebenfalls ansteigen, wenn auch langsamer als die - o/ O~. " / 0

Nach 40Minuten ist das AV wieder deutlich angestiegen, (lie ~o~, /o CO~ oo sind im Vergleich zur 5. Minute nach der Injektion noch mn Bin geringes erhSht, w~ihrend die - - % 0,, sBhon wieder stark abgesunken sind. 120 Mi- ~ nuten nach der Injektion ist ein wei- refer Anstieg des AV und Bin deutliehes Absinken der -- %0~ und d e r + %CO~ erkennbar. Nach 180 Minuten ist ~- wiederum das AV angestiegen, um naeh 240 Minuten etwas niedrigere Werte bei gleichzeitigem Neuanstieg der - - % O., und der -> % CO~ zu zeigen.

Das Diagramm (Abb. 2) stellt die Ergebnisse der Originalkurve iiber- siehtlieh dar. Das AV -- unterste Kurve - - zeigt nach anfiinglich starkem Ab- fall zuniichst einen langsamen, von der 90. Minute nach der Injektion an einen sehnel]eren Anstieg, erreicht jedoeh naeh 240 Minuten den Aus- gangswert noeh nieht. Die - - % O~

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674 E. KREUDER:

und die § % C02 der Lungenluft -- mittleres Kurvenpaar -- steigen anf~nglich sehr stark an, sinken dann langsam wieder ab, entsprechend der Zunahme des AV. Am Versuchsende liegen beide Werte noch hSher als am Versuchsbeginn. Das oberste Kurvenpaar, das den Gaswechsel in ecru in der Zeiteinheit als % des Normalwertes darstellt, l~tBt er- kennen, da$ es w~hrend der ersten 40Minuten nach der Injektion neben einer starken Einschrankung des Sauerstoffverbrauches zu einer C02-Retention kommt, d.h. die C02-Ausscheidung bleibt hinter der Sauerstoffaufnahme zuriick, der RMQ wird kleiner. Die Ursache fiir diese COs-Retention ist in einer ErhShung der Alkalireserve zu sehen (siehe Bespreehung der Ergebnisse). Mit dem langsamen Wiederanstieg des AV finder von der 40. bis zur 90. Minute eine geringe C02-Aus- schwemmung statt. Der starke Anstieg des AV nach der 90. Minute zeigt das Flacherwerden der Morphinwirkung an, dem ein st~rkerer 02-Verbrauch

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Abb. 2. 17. V. 1938. K a n i n c h e n 20. 2600 g.

parallel geht. Von der 180. Minute an findet sogar im Vergleich zum Normal- wert ein Mehrverbrauch yon 02 statt, ein Befund, der nicht die Regel darstellt und deshalb nicht im Sinne einer Kompensation des vorher ein- geschr~nkten 02-Verbrauches gedeutet werden kann. Zugleieh kommt es nochmals zu einer C O2-Aussehwemmung, die ihre einfachste Erkl~rung in dem Wiederabsinken der vorher erhShten Alkalireserve bei ansteigendem AV findet.

Von quantitativen Unterschieden abgesehen, ergibt sich bei allen Morphinversuchen das gleiche Bild. Ihre Ergebnisse sind in Tabelle 1 wiedergegeben. In Versuch I--VII wurde das Morphin intraven~s ver- abreicht, in Versuch VIII subcutan. Dieser Versuch unterscheidet sich lediglich dadurch yon den iibrigen, daft die Einschr~nkung des AV lang- samer zustande kommt. Dementsprechend feh]t die starke Depression des Gaswechselsw~hrenddereTstenMinutennachder Injektion. Imiibrigen

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WirkungvonMorphinusw. auf denrespir~torischen G~swechseldes Kaninchens. 675

wird der Gaswechsel ganz in gleichem Sinne wie bei intravenSser Injektion beeinfluBt und bedarf keiner gesonderten Besprechung.

Zusammenfassend lassen sieh folgende Durehschnittsergebnisse fest- stellen: Das Atemvolumen wird durch Morphin erheb]ieh eingeschT/inkt. So betr~gt es 50 Minuten naeh der Injektion nur 34 ~o seines Ausgangs- wertes. Aueh der O2-Verbraueh wird geringer. Er ist in der 30. Minute naeh der Injektion um 18,6~ in der 40. Minute um 17, 70/0, in der 50. Minute (s. Tab. 1) um 15,2~ in der 60. Minute ebenfalls um 15,2% seines normalen Ausgangswertes herabgesetzt. Obwohl bei Versuehsende das AV noeh um 50 % des Ausgangswertes eingeschr~nkt ist, hat der O2-Ver- brauch mit 100,2% den Normalwert erreieht, das verminderte AV wird durch den Anstieg der - -% 0 2 weitgehend bzw. vollstiindig kom- pensiert. In den Versuehen I--VI kommt kS naeh anfanglicher C02-Re- tention im weiteren Verlauf zu einer C02-Aussehiittung. In den Ver- suehen VII und VIII fehlt die C02-Ausschiittung , in Versueh VIII tritt die CO2-Retention infolge der durch die subeutane Injektion nur all- m~ihlichen Einsehr~tnkung des AV verspiitet ein. Fiir die folgende Be- trachtung der Pernoctonversuehe ist es wiehtig festzustellen, dab der 02-Verbrauch unter Morphin nach zun~ehst starker Einsch~Snkung wiihrend des ganzen Versuehsverlaufes langsam abet stetig ansteigt, urn, wit gesagt, naeh 4 Stunden den normalen Ausgangswert zu erreichen.

2. Versuchsreihe: Pernoeton.

Nach Angabe yon Lendie 7 bestehen fiir Pernocton zwischen GrSl~e der Dosis und Herabsetzung des AV lineare Beziehungen. Yon den iibrigen Wirkungen des Pernoetons ist folgendes bemerkenswertS: Geringe bis mittlere Dosen bewirken Sehlaf bzw. Narkose, letale Dosen fiihren zu Atemlahmung und Kreislaufkollaps. Die Wirkung tritt sehne]l ein. Das AV wird st~irker reduziert als im natiirlichen Schlaf, zuweilen sell es zu Erregungszust~inden kommen, die wir jedoeh in unseren Versuchen nieht beobaehteten. Die Wirkung auf den Kreislauf ist gering, bei vorsichtiger intravenSser Injektion kommt kS nut zu einem geringen Blutdruckabfall. Bereits kleine Gaben l~ihmen die glatte Muskulatur. Uber die Wirkung des Peruoctons auf den respiratorisehen Gasweehsel liegen keine An- gaben vet.

7 Kaninehen erhielten 25 mg/kg intravenSs wahrend 1 Minute, 2 Ka- ninehen 50 mg/kg subeutan. Beide Dosen verursaehten einen Sehlaf yon 60--90 Minuten. Die Versuehe dauerten 4 Stunden, bereits gegen Ende der 2. Stunde waren die Tiere ohne Ausnahme waeh, verhielten sich abet durchweg ruhig bis zum Versuchsende.

Die Originalkurve (Abb. 3) beginnt mit der Fr.L.N.L. Dann folgt die Sehreibung des normalen Gasweehsels. Die Unterbrechung der optischen

7 L Lendle: Naunyn-Schmiedebergs Arch. 1/t/t, 78 (1929). -- s tIandb. exper. Pharm., Erg. Werk II. Band, S. 144.

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676 E. KI~EUDER :

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Wirkung yon Morphin usw. ~uf den respiratorischen Guswechsel des K~inchens. 677

Registrierung bezeichnet das Ende der Injektion. Die Einschrankung des AV erfolgt wenig sp~iter als unter Mor- phin, n~mlich in der 2. Minute naeh der Injektion. Gleiehzeitig steigen die _ o/~ Oe und die § % CO~ an, wobei auch hier der Anstieg der + % CO s zu- n/iehst hinter dem Anstieg der -- % Oe zuriickbleibt. 60Minuten n~ch der Injektion ist d~s AV noeh etwa das gleiche wie 5 Minuten nach der In- jektion, -- ~o O~ und ~- % CO~ liegen erheblich hSher als in der Norm. Nach 120 Minuten sind beide bei gleich- bleibendem AV etwas ~bgesunken, ein weiteres Absinken ist bei steigendem AV in der ] 80. und 240. Minute deutlich.

D~s Diagramm (Abb. 4) zeigt, daIt das AV erst 15 Minuten nach der In- jektion seinen Tiefpunkt erreicht, dann sehr langsam ansteigt, mn am Ver- suchsende nahezu am Ausgangswert anzukommen. Wie unter Morphin stei- gen die --~/o O~ und die --o/~) CO~ -- mittleres Kurvenpaar -- nach der Injektion an, um gegen Versuchsende zu den Ausgangswerten zu~iickzu- kehren. Der O2-Verbrauch und die C02-Ausscheidung -- oberstes Kurven- paar -- zeigen zun~chst das gleiche Verhalten wie unter Morphin: starke Herabsetzung des respiratorischen Gas- wechsels mit C O2-Retention w~hrend der ersten 30 Minuteu. Dieser De- pression folgt ein Anstieg des Gas- wechsels, bis in der 60. Minute nach der Injektion mit 94% O2-Verbrauch und 95 ~o COz-Ausseheidung die Nor- malwerte nahezu erreicht sind. W~h- rend jedoch unter Morphin der An- stieg bis zum Versuchsende kontinu- ierlich weitergeht, kommt es bei intra- venSser Injektion yon Pernocton zu eiaer erneuten Herabsetzung des 0~-

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678 E. KR~UDER:

Verbrauches, der erst yon der 120. Minute ab ein zun~chst langsamer, dann schnellerer Anstieg bis zum Normalwert folgt. ~bereinstimmend mit den Ergebnissen der Morphinversuehe ist die C02-Ausschwemmung nach der 60. Minute. Alle Versuche, in denen Pernocton intravenSs gegeben wurde, haben grundsiitzlieh das gleiche Ergebnis, wKhrend bei subcutaner Appli- kation yon 50 mg/kg der erneute Abfall des 02-Yerbrauehes einmal nut angedeutet und einmal gar nicht vorhanden war. Hierauf wird noch zuriickzukommen sein.

Tabelle 2 gibt die Ergebnisse der Pernoctonversuche wieder. In den Versuehen I b i s VII wurde intraven5s, in den Versuchen VIII und IX subcutan injiziert, Versuch VIII wurde aus technischen Grtinden vor- zeitig abgebroehen.

Es ergibt sich, dal~ Pernocton das Atemvolumen erheblieh und den 02-Verbrauch in weir geringerem MaBe herabsetzt. W~hrend das'Atem-

- 1 In.~.: 2Smg/kg Pern~fon iv. % o~-s,s~g/Hi,.

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volumen in der 50. Minute nach der Injektion um durchschnittlich 44 % seines Normalwertes reduziert war, wurde zur gleichen Zeit der O2-Verbrauch um 10,2 % eingeschzankt (siehe Tabelle 2). In der 30. Minute betrug diese Einschx~nkung durchschnittlich 11,2 %, in der 40. Minute 9,7% und in der 60. Minute 11,3 %. Die vergleichende Betrachtung der entsprechenden Ergebnisse der Morphinversuche zeigt, dal~ Pernocton eine geringere Herabsetzung des 02-Verbrauches verursaeht als Morphin.

240 Minuten naeh der Injektion hat das AV mit durchsehnittlich 80 % den Ausgangswert noeh nicht erreicht, wghrend der 02-Verbrauch im Durchschnitt 101,1% betriigt. Die beiden letzten Spalten der Tabelle zeigen, dab es bei intravenSser Injektion ausnahmslos zu einer mehr oder weniger starken Abnahme des 02-Verbrauches w~hrend mindestens 35 Mi-

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Wirkung yon Morphin usw. ~uf den respiratorischen G~swechsel des K~ninchens. 679

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680 E. KaEUD~R:

nuten kommt, und das zu einer Zeit, in der die Tiere erwachen und eine Zunahme oder doch ein Gleichbleiben des 02-u zu erwarten w~re.

3. Yersuchsreihe: Evipan und Eunarcon.

In eiaer 3. Reihe wurden die Barbitursaurederivate Evipan und Eu- narcon untersucht. Ihre Wirkung stimmt zum Tell rait der des Pernoctons

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iiberein: Unter therapeutischen Do- sen wird das AV eingeschr~nkt, letale Dosen fiihren zu Ateml~hmung und Kreislaufkollaps. Die Wirkung tritt sofort ein, ist jedoch yon kurzer Dauer, da der Abbau schnell vor sich geht 9. ErregungszustKnde w~hrend der Narkose sind h~ufig. Im Gegensatz zu Pernocton jedoch wird, wie Her re l l~ nachgewiesen hat, der Blutdruck bereits durch kleine Dosen erheblich herabgesetzt, und zwar infolge Vasodilatation im Bereich der Haut und der Extremi- t~ten, wghrend sich die Gef~l]e des Splanchnicusgebietes kompensato- risch kontrahieren s

7 Kaninchen erhielten 25 mg/kg Evipan-Natriumin 10 %iger LSsung, 5 Kaninchen 25 mg/kg Eunarcon, beides intravenSs w~hrend 1 Minute. Unter Evipan hielt die Narkose etwa 15Minuten, unter Eunarcon etwa 10 Minuten an. Die Versuche dauerten 1 Stunde. Einige Ver- suche, in denen die Tiere erregt waren, sind vonder folgenden Be- sprechung ausgeschlossen.

Die Originalkurve (Abb. 5) zeigt, da{~ die AV-Kurve bereits w~hrend der Injektion wesentlich flacher ansteigt a]s in der Norm, das AV wird kleiner (2-Minutenschaltung!). Sofort nach beendeter Injektion

9 H. Weese: Klin. Wschr. 1937, II, 1297. -- 10 M. F. Herrel: Disser- tation, Giel~en 1937.

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Wirkung yon Morphin usw. auf cten respiratorischen Gasweehsel des Kaninchens. 68I

steigen die -- % 02 an, in geringerem Ma~e und etwas sparer auch die -~ % C 02. S chonin der 5. Minute naeh d er Injektion vergr51~ert sich das Au wieder, um nach 10 Minuten den normalen Wert zu erreiehen. Gleichzeitig sinken die -- % 02 deutlieh, die ~- % CO 2 sehr langsam wieder ab.

Von kleinen zeitlieheu und quantitativen Untersehieden abgesehen, wirkt Eunareon ganz eutspreehend auf den respiratorisehen Gasweehsel ein. Deshalb sei im folgenden die Bespreehung eines Eunareondiagramms angefiigt.

Das Diagramm (Abb. 6) ]agt erkeuuen, dal3 das im Ansehlul~ an die Injektion reduzierte AV im Gegensatz zu den Ergebnissen der Versuehs- reihen mit Morphin und Pernoeton dureh den Anstieg der - -% O 2 und der -t-% C02 iiberkompensiert wird und nieht zu einer Depression des Gasweehsels fiihrt. Es kommt zu einer erhebliehen Steigerung des Sauerstoffverbrauehes wghrend der ersten Minuten. Aueh die C O~-Ausseheidung fiber- schreitet ein wenig den Normalwert. Immer- hin finder also aueh hier eine C O~-Reten- tion statt. Naeh dem Erwacheu des Tieres naeh der 10. Minute kommt es im vorliegen- den Versueh zu eiaer geringen Einsehr~n- kung des O2-Verbrauches wghrend einiger Minuteu, die wohl als eine Fo]ge des vor- ausgegangenen 02-Mehrverbrauches gedeu- tet werden kann. Sie stellt kein konstantes Ergebnis dar, in einigen Versuehen schwankt der 02-Verbrauch nach beendeter Narkose mehr oder weniger stark um den Normal-

% 120

110

106

$0

5

3

2

500

250

0

Abb. 6.

I Znj: zsmslkg Eunamon~;v.

0 ]g g0 30 ~ t-t~ ~ Min.~

1. IV. 1938. Kaninchen 3. 2300 g.

wert, eutsprechend einer deutlichen Schreckhaftigkeit und motorischen Unruhe der betreffenden Tiere. Mit groBer RegelmaNgkeit tritt in der zweiten Hglfte des Versuches eine erhebliche CO2-Ausschiittung ein, die in Abb. 6 deutlich erkennbar ist.

Die Tabelleu 3 uud 4 geben das Verhalten des Sauerstoffverbrauches wahrend der ersten 10 Minuten nach der Iujektiou von Evipan bzw. Eu- narcon im ETberblick wieder. Deutlich ist der schnelle Wiederanstieg des AV, es betrggt unter Evipan in der 5. Minute durchschnittlich 55 %, in der 10. Minute bereits 63 %, unter Eunareon in der 5. Minute 58 %, in der 10. Minute 62 % seines Normalwertes. Damit kSnnen wit die Angaben von t t e r r e l best~tigen, der dem Eunareon nahezu die gleiche Wirkung aufs Atemzentrum des Kaninehens zuschreibt wie dem Evipan. Stets kommt es innerhalb der ersten 10 Minuten trotz Einschrgnkung von Motilitgt und AV zu einem mehr oder weniger ausgeprggten O2-Mehrverbrauch , der einige Minuten lang bestehen bleibt und in ~ von 12 Fallen bereits in der 10. Minute einem O2-Minderverbraueh Platz macht. Von einer Darstellung des weiteren Versuchsverlaufes wurde abgesehen, da

44*

Page 13: Über die Wirkung von Morphin, Pernocton, Evipan und Eunarcon auf den respiratorischen Gaswechsel des Kaninchens

682 E. KREUDER :

T a b e l l e 3.

02.Verarmung der Lungen- I . . . . . . o Atemvolumen ( - - ~ 02) / . . . . . . . . . . . . . " ~ ~

luft in Volump ozent [ ,~'= ~ . . . . ~., ~ , ~ Evipan-Natrium in ecm/Min, r u2"veroraucnm /o 25 mg/kg /

intraveni)s vor der 5 Min. ] 10 Min. yor der 5 Min. 10 Min. I 5 Min. ] 10 Min. Injek- nach der nach der Injek- nach der nach der ] nach der I nach der tion Injektion Injektion tion Injektion Injektion I Injektion I Injektion

E v . I 23. I I L 1 9 3 8

Kan . 18 2200g

Ev. I I 23. I I I . 1938

Kan . 3 2300 g

Ev . I I I 29. V. 1938

Kan . 16 2400 g

Ev. IV 29. IV. 1938

Kan . ]6 2400g

E v . V 17. I I I . 1938

Kan . 17 2000 g

Ev. VI 7. I I I . 1938

Kan . 4 2300 g

Ev . V I I 7. I I I . 1938

Kan . 4 2300 g

300 250

410 260

590

1200

860 420

640 410

550 280

200

~260

320

320

840

1150

540

420

300

2,3

2,5

2,0

1,55

2,1

3,0

3,1

3,3

4,7

4,75

3,25

4,85

4,8

6,0

2,55

3,3

3,1

2,9

3,2

3,9

6,0

119,6

119,2

116,7

111 ,3

112,0

102,5

98,5

118,3

103,0

108,5

95,2

95,7

85,3

105,5

T a b e l l e 4.

Atemvolumen 02-Yerarmung der Lungen- • ~T_ L - �9 o" luft in Volumprozent v2-veroraucn m / a Eunarcon25 mg/kg I! in__ccm]Min. (--~ 02) ues l~ormatwertes

intraveni)s I vor der 5 Min. 10 Min. - - ~ --...-E-"-- or der 5 m. ~ 10Mln. E 5Mm. 10Min. In" kti nach der nach der .n v. k'" nach der I nach der I nach der nach der je ~ton [ Je on[Injektionlinjektion InjektlonlInjektionlInjektion Illjektion

Eu. I 1. IV. 1938

Kan . 3 2300g

Eu. I I 24. I I I . 1938

Kan . 5 2400g

Eu. I I I 1. IV. 1938

Kan . 4 2200g

Eu. IV 21. I I I : 1938

Kan . 3 2300g

Eu. V 24. I I I . 1938

Kan . 4 2300g

600

700

400

680

490

360

360

300

290

370

400

400

310

305

440

2,35

1,8

2,9

2,1

3,2

4,8

4,6

4,6

5,6

4,85

3,7

3,4

4,1

4,7

3,5

122,6

129,8

119,0

113,7

114,5

105,0

106,4

109,6

100,4

98,2

Page 14: Über die Wirkung von Morphin, Pernocton, Evipan und Eunarcon auf den respiratorischen Gaswechsel des Kaninchens

Wirkung von Morphin usw. auf den respiratorischen Gaswechsel des Kaninchens. 683

der 02-Verbrauch, wie bereits erws infolge Unruhe der Tiere in einigen F~llen ganz unregelm~I~ige Schwankungen zeigt. Auf das konstante Ver- halten der CO~-Ausscheidung -- Retention ws der 1. Minute nach der Injektion, Ausschwemmung im weiteren Verlauf -- wurde bereits hingewiesen.

D. Besprechung der Versuchsergebnisse.

10 mg/kg M o r p h i n u m h y d r o c h l o r i c u m intraven5s oder sub- cutan bewirken beim Kaninchen eine starke Einschrs der Motilits und des AV yon wenigstens 4 Stunden. DasAVist in der zweiten H~lfte der 1. Stunde nach der Injektion um durchschnitt]ich 66 %, nach 4 Stunden um 50~ verringert. 25 mg/]~g P e r n o c t o n intraven5s oder 50 mg/kg Per- nocton subcutan bewirken einen tiefen Schlaf, der mindestens 60 Minuten dauert, und ebenfalls eine Herabsetzung des AV fiir mehrere Stunden. Diese Herabsetzung betr~igt 50 Minuten nach der Injektion durchschnittlich 44 %, 4 Stunden nach der Injektion 20 %. Bei subeutaner Injektion wird bei beiden Mitte]n das AV langsam beeinflul]t, ws die intraven6se Injektion zu einem pl6tzlichen Absinken des AV innerhalb der 1. Minuten naeh der Injektion fiihrt. Gleichzeitig kommt es sofort nach der intra- venSsen Injektion zu einer starken Depression des respiratorischen Gas- weehsels, die einige Minuten anh~ilt, und die die 02-Aufnahme und die C02-Ausscheidung nieht in gleichem Ma~e betrifft: Der respiratorische Momentanquotient steigt ohne Ausnahme an, d.h. es kommt zu einer C 0~-Retention im 0rganismus. Diese Retention macht sieh bereits in der 1. Minute naeh der Injektion, ja sogar schon unter der Injektion bemerkbar. Sie kann daher u. E. nieht als dutch das Auftreten fixer Ss bedingt gedeutet werden, da die Bildung fixer Ss an 02-Mange] im intermedis Stoffwechsel gebunden ist. Von einem solehen kann beim normalen Tier in der 1. Minute, in der die Erregbarkeit des Atemzentrums geringer wird, keine Rede sein. Wiirde es sich um einen reinen Ventilationseffekt handeln, dann miiBte der RMQ gleichbleiben. Wit sind daher, iibereinstimmend mit H e n d e r s o n und H a g g a r d n, der Ansicht, dal~ das Gr61~erwerden des RM Q seine Ursache in einer Erh6hung der Alkalireserve hat, als einer Schutzmal]nahme des Organismus gegen die drohende Acidose bei sinkender Erregbarkeit des Atemzentrums. Bereits in der zweiten Hiilfte der 1. Stunde nach der Iniektion steigt der respiratorische Gasweehsel wieder an. Ob- wohl nun die Tiere unter Pernocton wit unter Morphin l~einerlei Erregung oder Bewegung zeigten -- sie sa~en ohne Ausnahme mit geschlossenen Augen und hs Ohren vollkommen ruhig im Kasten --, ist der O~-Verbrauch ws der genannten Zeit unter Morphin starker ein- geschrs als unter Pernocton. An dieser Stelle sei auf die oben an- gegebenen Zahlen hingewiesen. Aus ihnen ergibt sich, da~ Morphin in

11 Henderson and Haggard: J. biol. Chem. (Am.) 33, 345.

Page 15: Über die Wirkung von Morphin, Pernocton, Evipan und Eunarcon auf den respiratorischen Gaswechsel des Kaninchens

684 E. K ~ E U ~ R :

der 30. Minute nach der Injektion eine um 7,4 %, in der 40. Minute eine um 8,0 %, in der 50. Minute eine um 5,0 %, in der 60. Minute eine um 3,9% stgrkere Herabsetzung des 02-Verbrauches verul'sacht als Per- noeton. Dal~ diese Differenz in der 02-Aufnahme nieht mit einer verschieden starken tterabsetzung der Motilit~t erkl~rt werden kann, diirfte aus dem oben Gesagten klar hervorgehen. Wir kommen damit zu der Annahme einer spezifisehen Stoffwechselwirkung des Morphins, die die allgemein beruhigende Wirkung um etwa .50 ~o iibersteigt. I s e n s e h m i d TM ist mit anderer Methodik zu der gleiehen Annahme gelangt. An dieser Stelle kSnnte der Einsprueh erhoben werden, dal3 in der genannten Zeit die Herabsetzung des AV unter den beiden Narkotica verschieden sei. Sie betrggt, wie schon erw~hnt, unter Morphin 66 %, unter Pernocton nut 44 %. Demnach wird die Atemmuskulatur unter Pernocton etwas mehr be- ansprucht als unter Morphin. Dal~ jedoch diese geringe Differenz in der Beanspruehung der Atemmuskulatur einen Unterschied yon 5% im Ge- samt-O2-Verbraueh bedingen kSnnte, ist abzulehnen. Ob es sieh bei der Stoffweehselwirkung des Morphins urn die Beeinflussung zentralnervSser oder peripherer Vorggnge, etws~ in der Muskulatur, handelt, mul~ allerdings dahingestellt bleiben.

Im weiteren Versuehsverlauf steigt der 02-Verbrauch der Morphin- Kaninchen langsam abet stetig an, um gegen Versuehsende bei durch- schnittlich um 50 % vermindertem AV mit 100,2 % die Norm wieder zu erreichen. Ganz anders wirkt Pernocton bei intravenSser Applikation. ttier kommt es stets im Verlauf der 2. Stunde, also zu der Zeit, in der die Tiere erwaehen, zu einem erneuten Absinken der 02-Aufnahme, w~hrend doch, selbst wenn Pernocton eine spezifische Stoffweehselwirkung hgtte, ein dureh das Erwachen bedingter Anstieg des O~-Verbrauches zu erwarten wgre. Es kann sieh also nur um eine sekund~re Einschr~inkung des 02-Ver- brauches im Sinne einer erschwerten 02-Aufnahme handeln, wie sie bei Kapillarsch~digungen beobachtet wird. Dal] Kapillarsch~digungen be i intravenSser Injektion yon Pernocton und anderen Barbiturs~urederivaten auftreten kSnnen, ist in der Literatur mehrfach beschrieben worden 13. Zwei Versuche, in denen Pernocton subcutan gegeben wurde, zeigen diesen Riickgang des 02-Verbrauches nur angedeutet bzw. tiberhaupt nicht. Die erschwerte 02-Aufnahme nach intravenSser Injektion yon Pernocton wird bald durch u des Au wieder kompensiert, sei es, dal~ das Atem- zentrum seine normale Erregbarkeit wiedererlangt, sei es, dab durch Anstieg der COe-Konzentration im Blute die notwendige Reizwirkung auf alas Atemzentrum ausgetibt wird.

Sowohl unter Pernocton wie unter Morphin kommt es; meist yon der 2. Stunde ab, zu einem Kleinerwerden des RM Q, d. h. zu einer C 02-Aus-

12 R. Is ens chmi d: Naunyn-Schmiedebergs Arch. 75, 10 (1914). -- la A. R fihl: Ebenda 164, 695 (1932); ebenda 174, 96 (1934).

Page 16: Über die Wirkung von Morphin, Pernocton, Evipan und Eunarcon auf den respiratorischen Gaswechsel des Kaninchens

Wirkung voa Morphin usw. ~uf den respiratorischen Gaswechsel des K~ninchens. 685

schiittung: Der Anstieg der Erregbarkeit des Atemzentrulns fiihrt zu einem Absinken des C02-Spiegels im Plasma, wodurch es zu einer Yersehiebung des Verh~ltnisses zwisehen physikaliseh und ehemisch gebnndener C O~ im Blute zugunsten der letzteren kommt. Damit wird die als Schutz gegen drohende Aeidose eingetretene ErhShung der AlkMireserve fiber- fliissig und geht zuriiek. Die aus ihrer ehemi~chenBindung frei werdende CO 2 15st sich vermehrt im Plasma und wird abgeraucht. An dieser Stelle sei nochmals auf die Angaben yon H e n d e r s o n und H a g g a r d hin- gewiesen 11.

Ein ganz anderes Verhalten zeigt der respiratorisehe GaswechseI unter der Einwirkung der beiden intravenSsen Kurznarko~ica E v i p a n und E u n a r e o n . Wir verwandten die Dosis von 25 mg/kg bei beiden Mitteln und erzielten damit einen Sehlaf yon etwa 15 bzw. 10 Minuten Dauer. Zwar kommt es auch hier zu einer Herabsetzung des AV, der Oe-Verbrauch jedoeh iiberschreitet die Norm mehr oder weniger stark und lang, urn beim Erwachen der Tiere zur Norm oder auf etwas niedrigere Werte abzusinken. Wie unter Morphin und Pernocton wird gleich nach der Injektion der RMQ kleiner: COe-Retention bei herabgesetztem AV finder statt. Das Kleinerwerden des t~MQ bei gleiehzeitigem Anstieg des 02-u kann auf keinen Fall durch fixe Sguren verursacht sein. Somit erfghrt unsere Annahme einer ErhShung der Alkalireserve an dieser Stelle eine weitere Stiitze. Her re l 1~ hat gezeigt, dM~ Evipan und Eunareon bereits in der yon uns verwandten kleinen Dosis eine erhebliche Blutdrucksenkung verursaehen, die dureh Yasodilatation im Bereieh der Haut und der Extremit~iten verursacht wird s. Da sich dabei kompensatorisch die Ge- fglle des Splanehnicusgebietes kontrahieren, mul~ es zu einer Ausschiittung yon Depotblut in die Blutbahn kommen. Wenn wit die Depotblutmenge 14 mit 6--15% der Gesamtblutmenge annehmen, kSnnte dutch die Depot- aussehiittung ein O~-Mehrverbraueh yon etwa 2,5--3,0 ccm O 2 zustande kommen. Der yon uns beobaehtete 02-Mehrverbraueh liegt jedech im Durchschnitt hSher. So betrggt er z. B. im ersten Eunarconversuch, wie sieh annghernd aus dem Diagramm ersehen lgf~t, etwa 7 ecru. Ohne Zweifel stellt die Depotausschiittung eine Teilursaehe fiir den O2-Mehrverbrauch dar. AuBerdem legt eine deutliche Un_ruhe, Erregbarkeit und Schreek- haftigkeit der Versuchstiere naeh beendeter Narkose die Annahme nahe, daf~ auch w~hrend der Narkose es nicht wie unter den meisten Narkotiea zu einer Tonusherabsetzung in der Muskulatur kommt, die ja ohne ent- sprechende Untersuchung Ifieht erkennbar zu sein braucht und trotzdem einen 02-Mehrverbrauch bedingen kann. Durchschnittlich 10Minuten nach der Injektion fand regelm~13ig ein Anstieg des :RMQ start, ent- sprechend dem Wiederanstieg des AV bzw. dem dadureh verursachten Absinken der Alkalireserve.

14 W. R. Hess: Die Regulierung des Blutkreislaufs.

Page 17: Über die Wirkung von Morphin, Pernocton, Evipan und Eunarcon auf den respiratorischen Gaswechsel des Kaninchens

686 E. I{REUDER: Wirkung von Morphin usw.

Z u s a m m e n f a s s u n g .

1. 10mg/kg Morphinum hydrochloricum i.v. oder s.c. bewirken beim Kaninchen ftir die Dauer yon mehreren Stunden neben SchlEfrigkeit, Herabsetzung der Motilit~t und der Erregbarkeit des Atemzentrums eine deutliche EinschrEnkung des Sauerstoffverbrauches, die in der zweiten H~lfte der 1. Stunde nach der Injektion durchschnittlich 18,6--15,2% betriigt. Im weiteren Versuchsverlauf steigt der Sauerstoffverbrauch kontinuierlich wieder an, um am Ende der 4. Stunde den Normalwert zu erreichen.

2. 25 mg/kg Pernocton i. v. oder 50 mg/kg Pernocton s. c. verursachen neben einem Schlafvon mindestens 60 Minuten ebenfalls eine Einschriinkung des Atemvolumens und des Sauerstoffverbrauches fiir etwa 4 Stunden. In der zweiten H~ilfte der 1. Stunde nach der Injektion ist der Sauerstoff- verbrauch durchschnittlich um 9,7--11,3% herabgesetzt.

3. Die Tatsache, daB Morphin im Vergleich zu Pernocton eine um etwa 50 % stiirkere Abnahme des Sauerstoffverbrauches bedingt, obwohl sich die Pernoctontiere zur angegebenen Zeit ebenso regungslos verhalten wie die Morphintiere, legt die Annahme einer spezifischen Stoffwechsel- wirkung des Morphins nahe.

4. Nach intravenSser Injektion yon Pernocton kommt es regelm~Big nach dem Erwachen der Tiere zu einer erneuten Einschriinkung der Sauer- stoffaufnahme, deren Ursache wir in einer Diffusionserschwerung dutch Kapillarschgdigung sehen.

5. 25 mg/kg Evipan oder Eunarcon i. v. bewirken eine lXlarkose von 15 bzw. 10 Minuten Dauer, wghrend der es trotz erheblicher Herabsetzung des Atemvolumens und der Motilitgt zu einem Mehrverbrauch von Sauer- stoff kommt. Dieser Sauerstoffmehrverbrauch ist weitgehend von der Ausschiittung yon Depotblut in die Blutbahn beim Absinken des Blut- druckes abh/~ngig.

6. Die Kohlensi~ureausscheidung wird, von zeitlichen und quantitativen Unterschieden abgesehen, dutch die 4 genannten Pharmaca im gleichen Sinne beeinflul]t: Bei Abnahme der Erregbarkeit des Atemzentrums finder eine Kohlensgureretention start als Ausdruck einer ErhShung der Alkalireserve, bei wiederansteigendem Atemvolumen kommt es fast regelm~Big zu einer starken KohlensEureausschwemmung, entsprechend dem Wiederabsinken der Alkalireserve.