soziale arbeit mit alten menschen – bilanz, krise und perspektiven

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T. Klie R. Schmidt Soziale Arbeit mit alten Menschen – Bilanz, Krise und Perspektiven EDITORIAL Z Gerontol Geriat 31:301–303 (1998) © Steinkopff Verlag 1998 Die Interdisziplinarität als besonderes Merkmal der Gerontologie im wissen- schaftlichen Konzert kennzeichnet auch die sich professionalisierende Soziale Arbeit 1 , die sich im Feld der Altenarbeit ebenso eingerichtet hat wie in der so- zialgerontologischen Diskussion. In der Praxis der Altenhilfe hat sich die Soziale Arbeit auf der Ebene kommunaler Altenhilfe etabliert, mancherorts be- stimmen Berufsgruppenangehörige konzeptionell die Arbeitsweise der Wohlfahrtsverbände in diesem Sektor. In sehr unterschiedlicher Weise wurde durch Landesprogramme und besondere kommunale Aktivitäten Soziale Arbeit strategisch in Koordinations- und Steue- rungsfunktionen lanciert. Durch eine „schleichende Gerontologisierung“ tra- ditioneller Arbeitsfelder der Sozialen Arbeit vom Krankenhaussozialdienst bis zum Aufgabenfeld der gesetzlichen Betreuung ist die Soziale Arbeit prak- tisch in vielen Arbeitsfeldern zur Arbeit mit alten Menschen geworden. Die er- ziehungswissenschaftlich geprägte so- zialpädagogische Diskussion hat die Bildungsarbeit und eine Pädagogisie- rung der Sozialen Altenarbeit befördert, die von der Arbeit mit Vorruheständlern bis in den Selbsthilfe- und Angehöri- gensektor hineinreicht. Das Erscheinungsbild der Sozialen Arbeit in diesen Feldern kann keines- falls als einheitlich profiliert gelten. Entsprechend verbreitet sind Kommuni- kationsprobleme zwischen Berufsgrup- pen, in der Rezeption sozialarbeiteri- scher Aufgaben und ihres Selbstver- ständnisses. In der sozialgerontologi- schen Diskussion werden Bedeutung und Wirkung, konzeptionelle Optionen und Interventionsmethoden Sozialer Ar- beit breit diskutiert. Dabei bezieht sich die allgemeine sozialgerontologische Debatte nicht allein auf die Soziale Ar- beit, die durch Professionalisierungsan- liegen und -strategien mit geprägt wird: Ist die Soziale Arbeit doch Beruf und Profession zugleich und durch die An- siedlung der Ausbildung an den „uni- versities for applied sciences“ (Fach- hochschulen) gerade in Deutschland in einer besonderen Position im Wissen- schaftssektor. Dort, wo der interdiszi- plinäre Dialog gelingt, etwa mancher- orts in der Geriatrie und geriatrischen Rehabilitation, werden die besonderen Paradigmen, Methoden und Haltungen der Sozialen Arbeit in eine interdiszi- plinär entwickelte Arbeitsweise inte- griert, etwa im geriatrischen Assess- ment, in Konzilen oder Case-Manage- ment-Ansätzen – auch wenn man kon- zedieren muß, daß dies im Ausland we- sentlich selbstverständlicher gelingt als hierzulande. Gleichzeitig ist das Feld der Sozialen Arbeit und die soziale Ge- rontologie von Konkurrenzen und auch Rivalitäten nicht frei: In der Praxis tut sich die Soziale Arbeit nicht leicht, sich im Spektrum der in der Altenarbeit täti- gen Professionen zu profilieren, etwa gegenüber Ärzten und der durch einen Professionalisierungsschub in ihrer Ent- wicklung vorangetriebenen Pflege. In der gerontologischen Forschung wie- derum lassen sich zumindest Parallelitä- ten und ein nicht immer symmetrisch geführter Dialog zwischen der sozialen Gerontologie (und der hier involvierten Sozialen Arbeit) einerseits und einer sozial- und verhaltenswissenschaftlich orientierten gerontologischen For- schung mit universitärem Selbstver- ständnis andererseits ausmachen. Erstmals widmet sich eine Ausgabe der Zeitschrift für Gerontologie und Ge- riatrie schwerpunktmäßig der Sozialen Arbeit. Die hier vorgestellte Diskussion um Soziale Arbeit mit alten Menschen wird zu einem Zeitpunkt bilanziert, zu dem sich innerprofessionelle Entwick- lungsverläufe reiben an veränderten normativen Rahmenbedingungen, die schwierige Anpassungsleistungen der Berufsgruppenangehörigen erforderlich werden lassen. Die Dynamik fachlichen Fortschreitens, die sich – wie in den Beiträgen zu diesem Themenschwer- punkt deutlich wird – festmachen läßt an der theoretischen Fundierung beruf- lichen Handelns, der Pluralisierung und Spezifizierung von Handlungskonzep- ten und der Weiterentwicklung methodi- schen Handelns, bricht sich gewisser- ZGG 852 Prof. Dr. T. Klie ( ) · Dr. R. Schmidt Ev. Fachhochschule Bugginger Straße 38 D-79114 Freiburg

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T. KlieR. Schmidt

Soziale Arbeit mit alten Menschen – Bilanz, Krise und Perspektiven

EDITORIALZ Gerontol Geriat 31:301–303 (1998)© Steinkopff Verlag 1998

Die Interdisziplinarität als besonderesMerkmal der Gerontologie im wissen-schaftlichen Konzert kennzeichnet auchdie sich professionalisierende SozialeArbeit1, die sich im Feld der Altenarbeitebenso eingerichtet hat wie in der so-zialgerontologischen Diskussion. In derPraxis der Altenhilfe hat sich die SozialeArbeit auf der Ebene kommunalerAltenhilfe etabliert, mancherorts be-stimmen Berufsgruppenangehörigekonzeptionell die Arbeitsweise derWohlfahrtsverbände in diesem Sektor.In sehr unterschiedlicher Weise wurdedurch Landesprogramme und besonderekommunale Aktivitäten Soziale Arbeitstrategisch in Koordinations- und Steue-rungsfunktionen lanciert. Durch eine„schleichende Gerontologisierung“ tra-ditioneller Arbeitsfelder der SozialenArbeit vom Krankenhaussozialdienstbis zum Aufgabenfeld der gesetzlichenBetreuung ist die Soziale Arbeit prak-tisch in vielen Arbeitsfeldern zur Arbeitmit alten Menschen geworden. Die er-ziehungswissenschaftlich geprägte so-zialpädagogische Diskussion hat dieBildungsarbeit und eine Pädagogisie-rung der Sozialen Altenarbeit befördert,die von der Arbeit mit Vorruheständlernbis in den Selbsthilfe- und Angehöri-gensektor hineinreicht.

Das Erscheinungsbild der SozialenArbeit in diesen Feldern kann keines-falls als einheitlich profiliert gelten.Entsprechend verbreitet sind Kommuni-kationsprobleme zwischen Berufsgrup-pen, in der Rezeption sozialarbeiteri-scher Aufgaben und ihres Selbstver-ständnisses. In der sozialgerontologi-schen Diskussion werden Bedeutungund Wirkung, konzeptionelle Optionenund Interventionsmethoden Sozialer Ar-beit breit diskutiert. Dabei bezieht sichdie allgemeine sozialgerontologischeDebatte nicht allein auf die Soziale Ar-beit, die durch Professionalisierungsan-liegen und -strategien mit geprägt wird:Ist die Soziale Arbeit doch Beruf undProfession zugleich und durch die An-siedlung der Ausbildung an den „uni-versities for applied sciences“ (Fach-hochschulen) gerade in Deutschland ineiner besonderen Position im Wissen-schaftssektor. Dort, wo der interdiszi-plinäre Dialog gelingt, etwa mancher-orts in der Geriatrie und geriatrischenRehabilitation, werden die besonderenParadigmen, Methoden und Haltungender Sozialen Arbeit in eine interdiszi-plinär entwickelte Arbeitsweise inte-griert, etwa im geriatrischen Assess-ment, in Konzilen oder Case-Manage-ment-Ansätzen – auch wenn man kon-zedieren muß, daß dies im Ausland we-sentlich selbstverständlicher gelingt alshierzulande. Gleichzeitig ist das Feldder Sozialen Arbeit und die soziale Ge-rontologie von Konkurrenzen und auch

Rivalitäten nicht frei: In der Praxis tutsich die Soziale Arbeit nicht leicht, sichim Spektrum der in der Altenarbeit täti-gen Professionen zu profilieren, etwagegenüber Ärzten und der durch einenProfessionalisierungsschub in ihrer Ent-wicklung vorangetriebenen Pflege. Inder gerontologischen Forschung wie-derum lassen sich zumindest Parallelitä-ten und ein nicht immer symmetrischgeführter Dialog zwischen der sozialenGerontologie (und der hier involviertenSozialen Arbeit) einerseits und einersozial- und verhaltenswissenschaftlichorientierten gerontologischen For-schung mit universitärem Selbstver-ständnis andererseits ausmachen.

Erstmals widmet sich eine Ausgabeder Zeitschrift für Gerontologie und Ge-riatrie schwerpunktmäßig der SozialenArbeit. Die hier vorgestellte Diskussionum Soziale Arbeit mit alten Menschenwird zu einem Zeitpunkt bilanziert, zudem sich innerprofessionelle Entwick-lungsverläufe reiben an verändertennormativen Rahmenbedingungen, dieschwierige Anpassungsleistungen derBerufsgruppenangehörigen erforderlichwerden lassen. Die Dynamik fachlichenFortschreitens, die sich – wie in denBeiträgen zu diesem Themenschwer-punkt deutlich wird – festmachen läßtan der theoretischen Fundierung beruf-lichen Handelns, der Pluralisierung undSpezifizierung von Handlungskonzep-ten und der Weiterentwicklung methodi-schen Handelns, bricht sich gewisser- Z

GG

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Prof. Dr. T. Klie (✉) · Dr. R. SchmidtEv. FachhochschuleBugginger Straße 38D-79114 Freiburg

302 Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, Band 31, Heft 5 (1998)© Steinkopff Verlag 1998

maßen an Außenbedingungen, die zu-mindest sektorial Soziale Arbeit inFrage stellen.

Der Themenschwerpunkt reflektiertsomit auch einen Moment schwierigerNeupositionierung der betroffenen Be-rufsgruppen. Angesichts fiskalischerProbleme und der Neubestimmung sozi-alstaatlicher Aufgaben und Leistungenkonzentrieren sich Kommunen vieler-orts auf gesetzliche Pflichtaufgaben,was sowohl eine Abschmelzung kom-munal erbrachter, sogenannter freiwilli-ger Leistungen nach sich zieht als auchzur Reduzierung von Zuwendungen anzumeist freigemeinnützige Träger so-zialer Arbeit führt. Hiervon sind diequalifizierten Berufe des Sozialwesensin besonderem Maße betroffen. Beab-sichtigte Effizienzsteigerung und Er-höhung der Effektivität bei der Erbrin-gung sozialer, pflegerischer und ge-sundheitlicher Leistungen motivierenden Einsatz neuer Steuerungen, dieNachfrage und Wettbewerb stärken.Dienste und Einrichtungen konkurrie-ren in erweitertem Rahmen: Der be-darfsüberschreitende Abschluß von Ver-sorgungsverträgen im Pflegevertrags-recht und (intendierte) Preisdifferenzenzwischen Anbietern, die der Gesetz-geber fordert und der Sozialversiche-rungsträger zu realisieren sucht, bewir-ken in den tangierten Leistungsberei-chen eine Ökonomisierung von Pflegeund pflegenaher Sozialer Arbeit mit derKonsequenz, daß eine betriebswirt-schaftliche Fundierung der Leistungs-erbringung unumgänglich geworden ist.Der Beitrag der Herausgeber diesesThemenschwerpunktes nimmt sich die-ser Neuordnung der Pflege- und kom-munalen Verhältnisse an. Er thematisiert● den Außendruck, dem Soziale Arbeit

unterliegt, und entwickelt Perspek-tiven einer Sozialen Arbeit, deren Re-finanzierung nicht länger überöffentliche Zuwendung gewährleistetwird, und

● strategischen Optionen im Rahmeneiner sich spezifizierenden kommu-nalen Alterssozialpolitik, die daraufgerichtet sind, Segmentierungen und

Fragmentierungen der Sozialversi-cherungsleistungen mittels zielge-richteter sozialer Hilfen zu überwin-den.Anforderungen zur Neupositionie-

rung sind in pflegenahen Feldern Sozia-ler Arbeit besonders prägnant ausge-prägt. Die Beiträge von Barbara Steinerund Michael Wissert zeigen Richtungeneines produktiven Umgangs mit sichwandelnden Außenverhältnissen an.Mittels Zeitbudget-Studien unternimmtdas Wohlfahrtswerk für Baden-Würt-temberg den Versuch, Transparenz überdas Leistungsgeschehen herzustellenund empirisch fundiert zu beschreiben,was Soziale Arbeit zum Beispiel imRahmen des Sozialdienstes in der voll-stationären Pflege tatsächlich leistet.Solche Studien sind wertvoll, weil in derVergangenheit Länderbesonderheitenüber Zuwendungsmodi die AusrichtungSozialer Arbeit dominierten. EinSchwächemoment des professionellenProfils Sozialer Arbeit liegt gerade indem Mangel an Verallgemeinerungs-fähigkeit zentraler Tätigkeitsinhalte mitder Folge, daß Außenstehende, wie z. B.Kostenträger, keine präzise Kenntnisdarüber besitzen, was die besonderenLeistungen dieser Berufsgruppen sindoder darstellen könnten. Es ist zudembemerkenswert, daß hier ein Trägersozialer Einrichtungen vor dem Hinter-grund betrieblicher ErfordernisseSchritte unternimmt, Strukturen for-schend zu erhellen – eine Nebenwir-kung, die angewandte Forschung imgerontologischen Kontext allgemein be-fruchten könnte. Probleme der Selbst-und Fremdwahrnehmung Sozialer Ar-beit werden auch in Dietrich ThierausUntersuchung zur Sozialen Arbeit ingeriatrischen Kliniken deutlich. Geradedort, wo Berufsgruppen interdisziplinärzusammenwirken, erweist sich die häu-fig zu konstatierende ProfilunschärfeSozialer Arbeit als Hemmschuh zielge-richteten, gedeihlichen Miteinanders.Soziale Arbeit war bislang i. a. R. be-strebt, sich gerade in Feldern, dieSchnittflächen zu ärztlichen und pflege-rischen Leistungsbereichen aufweisen,

primär in Abgrenzung professionell zuverorten. Dieser Ansatz führte zu oft inein Nischendasein. Verkannt wurde inder Vergangenheit, daß es heute viel-mehr darum gehen sollte, exakt zu be-schreiben, worin der spezifische ErtragSozialer Arbeit bestehen könnte, derDiensten und Einrichtungen zu mehrZielgerichtetheit und erweitertem Er-folg verhilft. Der betriebliche NutzenSozialer Arbeit wurde bis dato von derBerufsgruppe zu selten detailliert undbegründet dargestellt und gegenüberDritten kommuniziert.

Der Beitrag von Michael Wissertknüpft an dem methodischen HandelnSozialer Arbeit an. Dem Unterstüt-zungsmanagement kommt im Zusam-menhang mit Fragen gesundheitlicherund pflegerischer Versorgung hohe Be-deutung zu. Ein Umstand, der seitkurzem an den Bestrebungen von Be-rufsgruppen und Institutionen ablesbarist, Formen des Unterstützungsmanage-ments für sich zu reklamieren. Sowohldie Berufsorgansiationen der Hausärzteund der Sprechstundenhilfen sindbemüht, sich als ideale Case Manager zupräsentieren, als auch die Kostenträger(z. B. die gesetzlichen Krankenkassen)versuchen, Rationalisierungsreservenmittels dieser handwerklichen Kunst er-weitert zu mobilisieren. Der Beitragnimmt sich des „Standes der Kunst“ anund verdeutlicht dabei zugleich, aufwelcher Höhe die Meßlatte derzeit liegtund welchen Differenzierungsgrad dieMethodenentwicklung bereits erreichthat. Bloße berufspolitische Interessen-vertretung und Terrainabsteckung folgtdagegen einem eher bescheidenen An-liegen.

Nach Jahren behutsamer Entwick-lungen, in denen fachlich ambitio-nierte Konzepte in besonderen (Mo-dell-)Kontexten zwar geboren, seltenaber in die Fläche hinein umgesetztwurden, findet sich das Handlungsfeld,das bislang mit den Begriffen Altenar-beit und Altenhilfe umschrieben wer-den konnte, nun nachdrücklich veran-laßt, sich zu modernisieren. Es stelltkeine Überzeichnung der aktuellen Be-

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findlichkeit dar, wenn man formuliert,daß mit Greifen der Pflegeversiche-rung das Praxisfeld „schnittartig“ ineine Avantgarde-Position gedrängtwurde. Hier ist bereits Praxis gewor-den, was anderen Handlungsfeldern inVarianten noch bevorsteht (z. B. Lei-stungsverträge auf BSHG-Basis). Ver-bände und Träger, Dienste und Ein-richtungen reagieren auf diesen Mo-dernisierungsschub hoch differenziert.Bestrebungen, die veränderten norma-tiven Bedingungen als Gestaltungs-raum aktiv zu nutzen, sind scharf ge-schieden von Haltungen, die Perspek-tiven der Pflegeinstanzen vornehmlichals Widerstand gegen vermeintlichesozialpolitische Zumutungen fassen.Während empirische Studien die hoheAkzeptanz der Pflegeversicherung inPflegehaushalten belegen, durchziehtdie Rezeption dieses Wandels in Fach-zeitschriften (nicht nur) der SozialenArbeit ein Lamento.

Ansatzpunkte für eine Re-Formulie-rung professioneller Orientierungensind mit Blick auf unterschiedliche Le-bensabschnitte in der Altersphase zuspezifizieren. Birgit Jansen diskutiert indiesem Zusammenhang die Passungs-probleme, die mit dem Bestreben, Le-bensweltorientierung in der Pflege zurealisieren, inhärent sind. Angesichtsder Ergänzungsfunktion, die Leistungender Pflegeversicherung in der häusli-chen Pflege zugewiesen ist (§ 4 Abs. 1SGB XI), wirken bekannte An-schlußprobleme zwischen fachlicherund Angehörigenpflege nochmals be-

einträchtigend. Vor diesem Hintergrundentwickelt die Autorin – durchaus nor-mativ – das erforderliche Profil einerprivate Unterstützungsnetzwerke aner-kennenden und sie befähigenden Sozia-len Arbeit.

Neben Sozialer Arbeit, die im Kon-text von Behandlung, Rehabilitation undPflege geleistet wird, existiert das Spek-trum der Sozialen Altenarbeit – zumeistvon (Sozial-)Pädagogen repräsentiert –in der beginnenden und sich ausbalan-cierenden nachberuflichen Lebens-phase. Die Praxis Sozialer Altenarbeithat sich in den letzten Jahren konzeptio-nell stark pluralisiert. Entscheidendhierfür waren nicht zuletzt pädagogischeInnovationen, die vor allem von derKulturarbeit herrühren oder Ansätzendes Empowerments verpflichtet sind.Altersbezüge wurden hier gleichsamvon außen kommend aufgegriffen, Im-pulse mit Breitenwirkung aber auch fürtraditionellen Bezüge Sozialer Alten-arbeit gesetzt, die sie durchaus erfolg-reich adaptieren konnte. Peter Zemanpräsentiert Ergebnisse einer verglei-chenden Analyse solcher zeitgemäßerStrategien Sozialer Altenarbeit. DenVersuch einer sozialpädagogischenFundierung Sozialer Altenarbeit unter-nimmt Cornelia Schweppe. Ausgehendvon Individualisierungsprozessen be-gründet sie zum einen das Handlungs-feld neu und leistet zum anderen eineVerbindung zur universitären Sozial-pädagogik als Teilgebiet der Erzie-hungswissenschaften, die sich bis vorkurzem vom gerontologischen Diskurs

eher absentiert hielt und Soziale Alten-arbeit überwiegend negierte. Jüngste In-novationen im Feld resultieren aus denbaden-württembergischen Initiativen,Formen bürgerlichen Engagements –und damit ein neues Verständnis des Zu-sammenwirkens von Bürgern und Kom-mune und der Verantwortung für dieQualität des Sozialen – zu implemen-tieren. Im nächsten Heft der ZGG folgteine Zwischenbilanz der wissenschaftli-chen Begleitung dieses Projektverbun-des, der exemplarisch den altenarbeits-überschreitenden Gehalt dieser Inter-ventionen und das kulturstiftende Po-tential sozialer Innovationen in derKommune verdeutlicht.

Man kann hierin ein Korrektivgegenüber der eingangs postuliertenNotwendigkeit betriebswirtschaftlicherFundierung Sozialer Arbeit erkennen.Bürgergesellschaftliche Orientierungenals Re-Vitalisierung kommunaler Sozi-alpolitik und Dienstleistungsorientie-rung sozialer Dienste und Einrichtungengegenüber dem „Nutzer“ und „Kunden“stellen parallele Strömungen in der Ge-staltung des Sozialen dar. Sie themati-sieren neuerlich den Bürger in seiner öf-fentlichen und privaten Rolle – heute al-lerdings bei relativierter Bedeutung, diestaatlichen Instanzen zugebilligt ist.Eine Gleichzeitigkeit der Divergenz vonEngagement und „Markt“ also, die nichtlänger aufgehoben werden kann in ein-dimensionalen Entwüfen sozialer Ver-antwortung.

1In der Literatur zu Sozialarbeit und Sozial-pädagogik hat sich eine sprachliche Differen-zierung entwickelt, die eine für Dritte nichtunmittelbar nachvollziehbare Unterscheidungvon „Soziale Arbeit“ und „soziale Arbeit“beinhaltet. Da diese auch in der vorliegendenAusgabe der ZGG Verwendung findet, sei sie

eingangs erläutert. Immer dann, wenn dieGroßschreibung gewählt wird, handelt es sichum einen Oberbegriff für die qualifiziertenBerufe im Sozialwesen (im vorliegenden Fallalso um die Berufe Sozialarbeit und Sozial-pädagogik, in anderen Handlungsfeldern wer-den z. T. noch weitere Berufsgruppen unter

diesen Begriff subsumiert). Ist die Kleinschrei-bung gewählt, so handelt es sich um das Insge-samt der sozialen Hilfen und Maßnahmen ohneUnterscheidung, ob diese bezahlt oder unver-gütet, durch Fachkräfte oder engagierte Bürger(innen) erbracht werden.