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Masterarbeit Im Studiengang Agrarwissenschaften Überprüfung der ökonomischen Gewichte in der Zuchtwertschätzung für Fleckvieh anhand eines Discrete Choice Experiments. Vorgelegt von: Maike Maria Schmüderich (918914) Kiel, Juni 2013 Erstgutachter: Prof. Dr. Uwe Latacz-Lohmann Zweitgutachter: Dr. Volker Saggau Institut für Agrarökonomie Abteilung Landwirtschaftliche Betriebslehre und Produktionsökonomie Agrar- und Ernährungswissenschaftliche Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

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  • Masterarbeit

    Im Studiengang Agrarwissenschaften

    Überprüfung der ökonomischen Gewichte in

    der Zuchtwertschätzung für Fleckvieh anhand

    eines Discrete Choice Experiments.

    Vorgelegt von:

    Maike Maria Schmüderich (918914)

    Kiel, Juni 2013

    Erstgutachter: Prof. Dr. Uwe Latacz-Lohmann

    Zweitgutachter: Dr. Volker Saggau

    Institut für Agrarökonomie

    Abteilung Landwirtschaftliche Betriebslehre und Produktionsökonomie

    Agrar- und Ernährungswissenschaftliche Fakultät

    der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

  • Inhaltsverzeichnis

    I

    Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis........................................................................................... II

    Abbildungsverzeichnis .......................................................................................... III

    Tabellenverzeichnis ............................................................................................... III

    Tabellenverzeichnis Anhang ................................................................................. III

    1. Einleitung ......................................................................................................... 1

    2. Die Zuchtwertschätzung ................................................................................... 3

    2.1. Allgemeine Grundlagen ................................................................................ 3

    2.2. Zuchtwertschätzung beim Fleckvieh ............................................................ 9

    3. Material und Methoden .................................................................................. 16

    3.1. Discrete Choice Methode ........................................................................... 16

    3.2. Gestaltung und Ziele der Fragebogenausarbeitung .................................... 21

    3.3. Auswertungsmechanismen ......................................................................... 31

    3.3.1.1. Aufbereitung der Daten ....................................................................... 31

    3.3.1.2. Grundlegende Auswertungs- und Entscheidungsmechanismen.......... 33

    3.3.1.3. Die Annahme der Unabhängigkeit von irrelevanten Alternativen ...... 35

    3.3.1.4. Das multinominale Probit-Modell ....................................................... 38

    4. Ergebnisse ...................................................................................................... 43

    4.1. Deskriptive Analyse.................................................................................... 43

    4.2. Empirische Analyse .................................................................................... 49

    5. Diskussion und Empfehlungen ....................................................................... 62

    6. Zusammenfassung .......................................................................................... 69

    Anhang ................................................................................................................... 72

    Literaturverzeichnis ............................................................................................... 88

    Eidesstattliche Erklärung ....................................................................................... 93

  • Abkürzungsverzeichnis

    II

    Abkürzungsverzeichnis

    AGÖF Arbeitsgemeinschaft österreichischer Fleckviehzüchter

    AK Arbeitskraft

    ASR Arbeitsgemeinschaft Süddeutscher Rinderzucht- und

    Besamungsorganisationen e. V.

    BLUP Best linear unbiased prediction

    BVN Besamungsvereins Neustadt an der Aisch e.V.

    DCE Discrete Choice Experiment

    DCM Discrete Choice Methode

    DLQ Deutschen Verband für Leistungs- und Qualitätsprüfungen e.V.

    DN Doppelnutzung

    DNK Durchschnittsleistungen der Nachkommen

    FRM Fixed-Regression-Modell

    GHK Geweke-Hajivassiliou-Keane-Algorithmus

    GZW Gesamtzuchtwert

    HF Holstein-Friesian

    IIA independence of irrelevant alternatives

    LfL Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft

    LR Likelihood-Ratio

    MNL Multinominales Logit-Modell

    MNP Multinominales Probit-Modell

    MSL Maximum simulated Likelihood

    PD Populationsdurchschnitt

    RRM Random-Regression-Modell

    RUT Random Utility Theory

    RZW Relativzuchtwert

    SPSS Statistical Package for Social Sciences

    VIT Vereinigte Informationssysteme Tierhaltung w.V.

    ZW Zuchtwert

    ZWS Zuchtwertschätzung

  • Abbildungsverzeichnis und Tabellenverzeichnisse

    III

    Abbildungsverzeichnis

    Abbildung 1: Ökonomische Gewichte der ZWS für Fleckvieh ........................... 10

    Abbildung 2: Exterieurbeschreibung beim Fleckvieh ........................................... 12

    Abbildung 3: Verteilung der Betriebe nach Postleitzahlen ................................... 43

    Abbildung 4: Ausbildung der Entscheider der Bullenwahl ................................... 44

    Abbildung 5: Umsatz im Betriebszweig Milchproduktion .................................... 45

    Abbildung 6: Verteilung der Melksysteme............................................................ 47

    Tabellenverzeichnis

    Tabelle 1: Attribute des Bullenspermas und deren Ausprägung ........................... 27

    Tabelle 2: Beispiel eines Choice Sets des Fragebogens ........................................ 28

    Tabelle 3: Betriebsstruktur .................................................................................... 44

    Tabelle 4: Betriebliche Parameter ......................................................................... 46

    Tabelle 5: Tierhaltung und -verwendung .............................................................. 47

    Tabelle 6: Verwendung neuer Zuchtmethoden...................................................... 48

    Tabelle 7: Vollständiges Modell für Betriebe mit Melkrobotoren ........................ 49

    Tabelle 8: Koeffizienten des reduzierten Modells und der LR-Test ..................... 50

    Tabelle 9: Vollständiges Modell unter Einbeziehung aller Kreuzterme ............... 51

    Tabelle 10: Vollständiges Modell für die jungen Entscheider .............................. 53

    Tabelle 11: Reduziertes Modell, der signifikanten Variablen junger Entscheider 54

    Tabelle 12: Vollständiges Modell für Betriebe, die gesextes Sperma einsetzen ... 55

    Tabelle 13: Reduziertes Modell für Betriebe, die gesextes Sperma einsetzen ...... 55

    Tabelle 14: Vollständiges Grundmodell ................................................................ 56

    Tabelle 15: Reduziertes Grundmodell ................................................................... 57

    Tabelle 16: Marginale Effekte des Grundmodells ................................................. 57

    Tabelle 17: Marginale Effekte der Betriebe, die Melkrobotoren einsetzen ........... 58

    Tabelle 18: Marginale Effekte für das Modell der jungen Entscheider ................. 59

    Tabelle 19: Marginale Effekte für Betriebe, in gesextes Sperma nutzen .............. 60

    Tabelle 20: Vergleich der Gewichte der ZWS und der neuaufgestellten ZWS ..... 61

    Tabellenverzeichnis Anhang

    Tabelle A 1: Reduziertes Modell aller Kreuzterme und LR-Test.......................... 72

    Tabelle A 2: Marginale Effekte aller signifikanten Kreuzterme ........................... 72

    Tabelle A 3: Junge Entscheider mit Kreuztermen und LR-Test ............................ 73

    Tabelle A 4: Marginale Effekte des Grundmodells für Bulle 2............................. 73

    Tabelle A 5: Marginale Effekte des Grundmodells für Bulle 3............................. 74

    Tabelle A 6: Hausman-Test ................................................................................... 84

  • Einleitung

    1

    1. Einleitung

    Die Ermittlung des Wertes eines Tieres für die Zucht ist Ziel jeder

    Zuchtwertschätzung (WEIß ET AL., 2000). Dieser Zuchtwert unterliegt einem

    ständigen Wandel, da immer neue Erkenntnisse gewonnen werden. Deshalb

    erfolgt eine Zuchtwertschätzung bei der Rinderrasse Fleckvieh dreimal im Jahr.

    „Die Aufgabe der Zuchtwertschätzung ist es, die Ergebnisse der

    Leistungsprüfungen aufzubereiten und den Zuchtprogrammen als Grundlage für

    Selektionsentscheidungen zur Verfügung zu stellen“ (DODENHOFF, 2005).

    Allerdings genügt es nicht, nur die neuen Erkenntnisse aus den

    Leistungsprüfungen miteinzubeziehen. Im Laufe der Zeit verändern sich die

    Ansprüche der Landwirte an ihre Fleckvieh-Rinder und somit an deren

    Zuchtwertschätzung. Die Ansprüche der Landwirte können sich sowohl

    betrieblich bedingt, als auch durch äußere Umstände, wie veränderte

    Marktsituationen, ändern. Die aktuellen ökonomischen Gewichte der Zuchtwert-

    schätzung für Fleckvieh stammen aus dem August 2007 und sind demnach über

    fünf Jahre alt (LFL, 2013). Aus diesem Grund stellt sich die Frage, inwiefern die

    aktuellen ökonomischen Gewichte der einzelnen Parameter der

    Zuchtwertschätzung überhaupt noch den Ansprüchen der Landwirte entsprechen.

    Dieses soll im Rahmen der vorliegenden Masterarbeit untersucht werden. Die

    Zuchtverbände überprüfen ebenfalls von Zeit zu Zeit die ökonomischen Gewichte

    und passen diese gegebenenfalls an. Dieses entspricht einem Vergleich der

    jetzigen Gewichte mit den Ansprüchen der Landwirte und erfolgt mit Hilfe eines

    Discrete Choice Experimentes. Die Discrete Choice Methode ist eine im

    Marketing häufig verwendete Methode, Zahlungsbereitschaften für einzelne

    Charakteristika der Produkte zu ermitteln (SAMMER, 2007). Zudem können die

    Wege der Entscheidungsfindung analysiert werden. Die Methode erlaubt eine

    Auswahlentscheidung aus verschiedenen Produkten und ist demnach der Realität

    nachempfunden (BACKAHAUS ET AL., 2003). Im Falle der vorliegenden

    Masterarbeit erfolgt die Analyse der Ansprüche der Landwirte, die durch die

    Zuchtwertschätzung ausgedrückt werden soll, mit Hilfe der Auswahl des

    Produktes „Bullensperma“. Dabei werden keine Zahlungsbereitschaften für

    einzelne Charakteristika des Bullenspermas ermittelt, sondern es erfolgt eine

    Ableitung der ökonomischen Gewichte, wie sie den Ansprüchen der Landwirte in

    der Zuchtwertschätzung für Fleckvieh entsprechen. Um die Ansprüche der

  • Einleitung

    2

    Landwirte herauszufinden und die Auswahl des Bullenspermas durchführen zu

    können, bot sich eine Umfrage auf der Messe „Eurotier“ an. Der Fragebogen

    wurde so konzipiert, dass mithilfe der Discrete Choice Methode die Beziehungen

    zwischen den individuellen Charakteristika der Landwirte, den

    Produkteigenschaften sowie der getroffenen Auswahlentscheidung untersucht

    werden können (HAHN, 1997).

    Die vorliegende Arbeit untergliedert sich in sechs Abschnitte. Der erste Abschnitt

    ist mit der Einleitung bereits abgehandelt. In Kapitel 2 erfolgt die Beschreibung

    der Zuchtwertschätzung. Zu Beginn erfolgt ein kurzer Überblick über die

    Entwicklung der Tierzucht, insbesondere der Rinderzucht. Im Verlauf werden die

    verschiedenen Methoden der Zuchtwertschätzung sowie deren Entwicklung im

    Zeitablauf erläutert. Das folgende Unterkapitel beschäftigt sich mit der

    Zuchtwertschätzung, wie sie beim Fleckvieh vorgenommen wird. Das Kapitel 3

    befasst sich mit den verwendeten Materialien und Methoden. Zu Beginn erfolgt

    die Beschreibung der Discrete Choice Methode. Im Anschluss werden die Ziele

    und Gestaltung der Fragebogenausarbeitung erläutert. Das nächste Unterkapitel

    beleuchtet die Auswertungsmechanismen näher. In Kapitel 4 erfolgt zuerst die

    deskriptive und im Verlauf die empirische Auswertung der durchgeführten

    Umfrage. Das Kapitel 5 gibt Empfehlungen für die zukünftige

    Zuchtwertschätzung und diskutiert die gewonnen Ergebnisse. Weiterhin erfolgt

    eine kritische Betrachtung der durchgeführten Umfrage. Kapitel 6 schließt diese

    Ausarbeitung mit einer Zusammenfassung ab.

  • Zuchtwertschätzung

    3

    2. Die Zuchtwertschätzung

    Das Kapitel unterteilt sich in zwei Unterkapitel. In den allgemeinen Grundlagen

    wird zuerst die Entwicklung der Zuchtwertschätzung erörtert, um anschließend

    einige grundlegende Begriffe zu erklären. Weiterhin erfolgt dann die

    Beschreibung der verschiedenen Modelle, die bei der Zuchtwertschätzung zum

    Einsatz kommen. Das zweite Unterkapitel beschäftigt sich mit der

    Zuchtwertschätzung des Fleckviehs.

    2.1. Allgemeine Grundlagen

    Zwischen dem 10. und 7. Jahrhundert vor Chr. begannen die Menschen wilde

    Tiere für ihre Zwecke zu halten. Dieses entspricht der Zeit, in dem der Mensch

    zur Sesshaftigkeit überging. Zuerst erfolgte die Zähmung von Ziegen und

    Schafen, in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts die Zähmung des Rindes. Von

    diesem Zeitpunkt an wurden die gezähmten Tiere zu unseren heute bekannten

    Tieren umgezüchtet. Die Haustiere unterscheiden sich stark von ihren

    wildlebenden Vorfahren. Demnach kann vom Beginn der Rinderzucht gesprochen

    werden (VON LENGERKEN, 2006). Zu Beginn der Tierzucht erfolgte die

    Anpaarung nach rein subjektiven gewählten Kriterien, die nicht unbedingt mit

    einer Leistungssteigerung einhergingen. Die gezielte Verpaarung von Tieren einer

    Art führte zu einer Unterscheidung verschiedener Rassen. Meist geschah diese

    Zucht in unterschiedlichen geographischen Regionen auf verschiedene Weise. Es

    entstanden Landschläge, oder Landrassen. Oft sind geographische Besonderheiten

    Ursache für die Entwicklung von Landschlägen. So entwickelten sich das Jersey-

    Rind auf der Insel Jersey oder das Simmentaler-Rind in einer abgelegenen

    schweizerischen Gebirgsregion (WILLAM & SIMIANER, 2011). Mit der

    Einführung von Herdbüchern begannen eine organisierte Tierzucht sowie der

    Übergang von den Landrassen zu den Kulturrassen (VON LENGERKEN, 2006).

    Meist führten wirtschaftliche Bedürfnisse, wie z.B. ein erhöhter

    Nahrungsmittelbedarf, zur Entwicklung der Kulturrassen (KRÄUSSLICH, 1994). In

    der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begann in England die gezielte Paarung

    und somit eine Zucht zur Steigerung der Leistungsmerkmale. Die

    Leistungsmerkmale wurden mit ersten Leistungsprüfungen verglichen. Robert

    Bakewell (1725-1795) gilt als erster Züchter, der noch heute bekannte

    Nutztierrassen züchtete, darunter das Longhorn-Rind oder das Shirehorse. Das

  • Zuchtwertschätzung

    4

    erste Zuchtbuch wurde 1793 für die Pferderasse „Englisches Vollblut“ gegründet.

    Das englische Shorthorn-Rind ist das erste Rind, das ein Herdbuch bekam (1822).

    Seit Mitte des 19. Jahrhunderts gibt es in vielen europäischen Ländern

    Züchtervereinigungen, die Herd- und Zuchtbücher führen. Weiterhin stellten die

    Züchtervereinigungen Rassestandards auf, die ab dem 20. Jahrhundert verstärkt

    geprüft wurden. Aus diesen Überprüfungen der Rassestandards entwickelten sich

    zunehmend Leistungsprüfungen (WILLAM & SIMIANER, 2011). Ab 1866 führten

    Zuchtgenossenschaften und Zuchtverbände ein Herdbuch für Fleckvieh (ASR,

    2013). 1893 folgte als erste Leistungsprüfung ein öffentliches Probemelken in

    Bayern. Problematisch waren die oft auf phänotypische Merkmale, also auf

    äußerliche ersichtliche Merkmale wie Farbe, angelegten Rassestandards, die eine

    gezielte Leistungssteigerung verhinderten. Erst ab 1950 konnte starke

    Zuchtfortschritte erzielt werden, in dem wissenschaftliche Erkenntnisse vermehrt

    Beachtung fanden (WILLAM & SIMIANER, 2011).

    Im Folgenden müssen verschiedene Begriffe definiert werden, um

    Verwechslungen oder Irritationen zu vermeiden.

    Unter Zucht versteht sich die gezielte Anpaarung von Tieren, in diesem Fall

    erfolgt die Annahme, dass es sich bei den Tieren um Rinder handelt. Die

    Verpaarung zweier Rinder einer Population erfolgt unter dem Gesichtspunkt, dass

    die Nachkommen dieser Rinder dem festgelegten Zuchtziel näher kommen als die

    Eltern selbst. Somit ist die Voraussetzung, von Zucht sprechen zu können, die

    Definition des Zuchtziels (FÜRST, 2013). Das Zuchtziel, ist eine im Rahmen des

    Tierschutzgesetzes zulässige, willkürlich festgelegte Ausprägung von Merkmalen,

    die die Nachkommen erfüllen sollen. Dabei steht in der Rinderzucht die

    Erzeugung von gesunden Tieren im Vordergrund, die dem Landwirt einen

    möglichst hohen Gewinn einbringen (FEWSON, 1993). Je nach Nutzung der Tiere

    weichen die Zuchtziele verschiedener Rassen voneinander ab. Nach der Definition

    des Zuchtziels muss der Erfolg der Züchtung anhand von Leistungsprüfungen

    gemessen werden, z.B. in Form von Probemelkungen oder der Überprüfung des

    Schlachtkörpers. Die Leistungsprüfungen dienen als Grundlage zur Schätzung des

    Zuchtwertes (VON LENGERKEN, 2006). Die Zuchtwertschätzung (ZWS) hat das

    Ziel, die Tiere innerhalb ihrer Population nach dem züchterischen Wert zu

    rangieren. Der Zuchtwert ist ein Schätzwert für den erblichen Einfluss eines

    Tieres auf seine Nachkommen (WEIß ET AL., 2000). Der wahre Zuchtwert bleibt

  • Zuchtwertschätzung

    5

    verborgen, es kann nur ein Zuchtwert geschätzt werden, da nicht alle additiven

    Geneffekte und Umwelteinflüsse gemessen und aus dem Modell zur Ermittlung

    des Zuchtwertes herausgerechnet werden können. Die mathematische

    Beschreibung des Zuchtwertes lässt sich wie folgt darstellen:

    (2.1)

    ZW: durch den Zuchtwert bedingte Abweichung des Tieres vom

    Populationsmittel (PD)

    PD: Populationsmittel (Durchschnitt der Referenzpopulation)

    DNK: Durchschnitt der erbrachten Leistungen der Nachkommen des Tieres, für

    den der Zuchtwert ermittelt wird

    Da die Nachkommen nur die Hälfte der Erbanlagen von dem Tier erhalten, für

    den die Zuchtwertschätzung aufgestellt wird, erfolgt die Multiplikation der

    Differenz mit 2. Die Ermittlung des Zuchtwertes ist gekoppelt an die Annahme,

    dass das Tier unendlich viele Nachkommen hat. Diese Annahme ist in der Praxis

    nicht gegeben. Weiterhin müssen die Paarungspartner der Referenzpopulation

    entsprechen. Da beide Partner an der Entstehung des Nachkommen zu gleichen

    Teilen beteiligt sind, ist sonst der Zuchtwert von dem Durchschnittszuchtwert des

    Partners abhängig. Zudem erfolgt die Annahme, dass die Umwelt der

    Referenzpopulation gleich der Umwelt der Nachkommen ist, da so eine

    Umwelteinwirkung eliminiert werden kann (FÜRST, 2013). Nach der Schätzung

    des Zuchtwertes erfolgt die Auswahl der Tiere, die dem Zuchtziel am ehesten

    entsprechen. Dieser Vorgang nennt sich (künstliche) Selektion. Mit den

    selektierten Tieren erfolgt die weitere Zucht, um einen Zuchtfortschritt zu

    generieren. Die Einwirkungen der Umwelt sind nicht, wie in der Annahme

    unterstellt, bei den Nachkommen immer identisch zu der Referenzpopulation. Sie

    beeinflussen die Leistungen der Nachkommen.

    Demnach können einige Merkmale, die das Erscheinungsbild des Tieres

    ausmachen, besonders durch die Umwelt, andere besonders vom Genotyp, also

    der vererbten Genausprägung, abhängen. Somit unterscheiden sich die Merkmale

    in ihrer Erblichkeit. Diese Erblichkeit nennt sich Heritabilität. Die Werte der

  • Zuchtwertschätzung

    6

    Heritabilität liegen im Bereich von null und eins. Je kleiner die Werte sind, desto

    geringer ist die Wirkung der veranlagten Gene und desto höher ist der Einfluss der

    Umwelt auf die Ausprägung des Merkmals (ERNST & KALM, 1994). Ein Wert

    von eins gibt an, dass das Merkmal nicht durch die Umwelt beeinflusst wird,

    sondern nur von den Genen abhängt (z.B. die Farbe). Die Hauptaufgabe der ZWS

    ist die Trennung des Genotyps von den Umweltwirkungen. Da die Annahmen in

    der Praxis oft nicht erfüllt werden können, ist der geschätzte Zuchtwert i.d.R.

    immer fehlerhaft. Das Ziel der ZWS ist es, eine möglichst genaue Schätzung des

    wahren Zuchtwertes zu liefern (DEMPFLE, 1984). Aus diesem Grund ist es

    wichtig, so viele Informationen wie möglich über die Leistungen aller

    Nachkommen und aller Verwandten zu sammeln. Die Leistungen der Verwandten

    hängen vom Genotyp ab, der mit dem Genotyp des Tieres, dessen Zuchtwert

    ermittelt werden soll, in Teilen identisch ist. Um die Leistungen der Verwandten

    einordnen zu können, müssen die Heritabilität der Merkmale und die

    Verwandtschaftsverhältnisse definiert sein. Weiterhin muss eine Berücksichtigung

    des Genotyps des Partners erfolgen, da dieser Genotyp von dem des

    Populationsmittels abweichen kann.

    Die Modelle der Zuchtwertschätzung unterscheiden sich zum einen in der Anzahl

    der geschätzten Merkmale und zum anderen sind die Bezugspunkte verschieden.

    Zur Schätzung des Zuchtwertes für ein Merkmal wird die einfachste Form: das

    Ein-Merkmals-Modell, herangezogen, während die Schätzung von mehr als einem

    Merkmal anhand des Mehrmerkmalsmodells erfolgt. Dieses letztgenannte Modell

    führt zu Zuchtwerten, die eine höhere Sicherheit aufweisen, da auch die

    genetischen Beziehungen, also Korrelationen zwischen den Genen, und nicht nur

    die Heritabilitäten in das Modell einfließen. Wird das Ein-Merkmals-Modell

    mehrfach wiederholt, spricht man vom Wiederholbarkeitsmodell, somit stellt

    dieses die Erweiterung des Ein-Merkmals-Modell dar. Die Wiederholung des

    Mehrmerkmalsmodells führt zum Testtagsmodell, bei dem bspw. der Verlauf der

    Laktation mit einbezogen werden kann (FÜRST, 2013).

    Die Unterscheidung der Modelle durch verschiedene Bezugspunkte spiegelt die

    Entwicklung der Zuchtwertschätzung wider. Zu Beginn der Zuchtwertschätzung

    in den 60er und 70er Jahren des 20.Jahrhunderts erfolgte die Zuchtwertschätzung

    anhand des Populationsmittels. Unter der Annahme einer genetisch homogenen

    Population wurde für alle Zuchtwerte der Population die Verteilung einer

  • Zuchtwertschätzung

    7

    Zufallsvariablen angenommen. Das Schätzverfahren heißt

    „Töchterpopulationsvergleich“ oder „Zeitgefährtinnenvergleich“ (ROBERTSON &

    RENDEL, 1954). Dieses Verfahren, dass das Populationsmittel als beste Schätzung

    des ZWs angibt, wurde in den 70er Jahren von dem best linear unbiased

    prediction (BLUP)-Modell abgelöst. Dieses BLUP-Schätzmodell entwickelte

    HEDERSON (1963), um die Zufallsvariable „Zuchtwert“ einzelner Tier bestimmen

    zu können. Er ging davon aus, dass sich Populationen in genetisch

    unterschiedliche Subpopulationen aufteilen. Die Tiere der Subpopulation haben

    einen Zuchtwert, der der Verteilung einer Zufallsvariablen entspricht. Der

    Mittelwert dieser Zuchtwerte entspricht dem besten Schätzwert für das einzelne

    Tier. Das erste BLUP-Modell war das Vatermodell, das nur die

    Verwandtschaftsbeziehung von Vater und Tochter berücksichtigt (VOGEL-

    LACKENBERG, 1992). Der Zuchtwert des Bullen wurde von den Leistungen seiner

    Töchter abgeleitet. Heutzutage erfolgt die Zuchtwertschätzung mit Hilfe des

    BLUP-Tiermodells, das sowohl die väterlichen Leistungen als auch die

    Leistungen der weiblichen Verwandten und deren Nachkommen zur Schätzung

    des Zuchtwertes nutzt (SCHAEFFER, 1984). Demnach ist der beste ZW und

    Bezugspunkt des Modells der, der dem Mittel der Elternzuchtwerte entspricht

    (EßL, 1996). Voraussetzung für das Tiermodell ist, dass die

    Verwandtschaftsverhältnisse geklärt sind und keine falschen Abstammungen

    verwendet werden, da sonst die Schätzung eines falschen ZWs erfolgt. Weiterhin

    ist zu beachten, dass besonders in kleinen Populationen die Gefahr vermehrter

    Inzucht besteht. Diese geschieht, weil verwandte Tiere oft einen ähnlich guten

    Zuchtwert haben und dann zur weiteren Zucht genutzt werden (FÜRST, 2013).

    Das BLUP-Modell lässt sich allgemein folgendermaßen darstellen (HENDERSON,

    1973):

    (2.2)

    Y: Vektor der phänotypischen Leistungen

    b: Vektor der fixen Effekte

    u: Vektor der zufälligen Effekte

    e: Vektor der Resteffekte

    X: Designmatrix von b

    Z: Designmatrix von u

  • Zuchtwertschätzung

    8

    Durch die Unterscheidung des Tiermodells und des Vatermodells entstehen zwei

    Abweichungen dieser Formel, die entweder nur die Leistungen der Töchter oder

    die Leistungen aller Verwandten in der Verwandtschftsmatrix berücksichtigt. Die

    Schätzungen der Zuchtwerte werden gleichzeitig für männliche und weibliche

    Tiere durchgeführt, dabei erfolgt die Korrektur der Umwelteffekte. Um die beste

    lineare unverzerrte Vorhersage treffen zu können, müssen die Merkmale, die in

    die ZWS einfließen, annährend normalverteilt sein, damit die Erwartungstreue

    und Minimumvarianz auch zutreffend ist (WILLAM & SIMIANER, 2011).

    Der Gesamtzuchtwert (GZW) eines Tieres lässt sich aus der Summe der einzelnen

    gewichteten Relativzuchtwerte ermitteln. Ein Gesamt- oder ein Relativzuchtwert

    von 100 stellt das Populationsmittel dar. Somit sind Tiere mit Zuchtwerten über

    100 besser als der Durchschnitt der Population. Die Gewichtung erfolgt durch den

    wirtschaftlichen Wert, der ein Merkmal für die Zucht darstellt. Diese

    Wirtschaftlichkeitskoeffizienten sind in verschiedenen Populationen

    unterschiedlich. Zudem sind sie abhängig vom Marktgeschehen und von der Zeit

    (WEIß ET AL., 2000). Demnach müssen sie regelmäßig überprüft und ggf.

    angepasst werden. Aus diesem Grund sind Zuchtwerte unter 100 nicht unbedingt

    schlechter als das Populationsmittel. Dieses ist der Fall, wenn bspw. ein veralteter

    Zuchtwert mit einem aktuellen verglichen wird. Als der Zuchtwert damals

    aufgestellt wurde, konnte das Tier zu den Besten gehören. Der Zuchtwert wird in

    den folgenden Jahren durch die regelmäßigen Anpassungen abdiskontiert, was

    dazu führt, dass der Zuchtwert im Vergleich schlechter ist als das

    Populationsmittel. Das Populationsmittel verschiebt sich im Laufe der Jahre durch

    die Generierung des Zuchtfortschrittes nach oben, wodurch diese Unterschiede

    zustande kommen (WILLAM & SIMIANER, 2011).

  • Zuchtwertschätzung

    9

    2.2. Zuchtwertschätzung beim Fleckvieh

    Das heute bekannte Fleckvieh geht auf das Simmentaler-Rind zurück, das in der

    Bergregion des Simmentals in der Schweiz seinen Ursprung hat. Mittlerweile

    erfolgt die Zucht des Fleckviehs seit über 150 Jahren (RINDERZUCHT TIROL,

    2013). Eingeführt wurden die ersten Simmentaler-Rinder, um im Süden

    Deutschlands die lokalen Landschläge zu verbessern. Das damalige Drei-

    Nutzungsrind überzeugte durch sehr gute Zug- und Milchleistung. Eine gute

    Bemuskelung konnte das Simmentaler-Rind ebenfalls aufweisen. Mit diesen

    vielfältigen Leistungen war es den Landrassen Süddeutschlands deutlich

    überlegen, was dazu führte, das sich das Fleckvieh durch eine Verdrängungszucht

    schnell ausbreitete. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde das Fleckvieh in

    Reinzucht weiterentwickelt, dadurch wurde das Herdbuch geschlossen und die

    Zucht als eigenständige Rasse fortgesetzt. Die in der Mitte des 19. Jahrhunderts

    gegründeten Zuchtverbände und -genossenschaften bauten die

    Leistungsprüfungen und die Bullenhaltung auf. Weiterhin stellten sie Elitebücher

    für Kühe auf (ASR, 2013). Durch den maschinellen Fortschritt verlor das

    Fleckvieh ab 1930 zunehmend seine Stellung als Zugtier (ERNST & KALM, 1994).

    Daraufhin erfolgte die weitere Zucht als Zwei-Nutzungsrind. Bis heute ist das

    Fleckvieh eines der bedeutendsten Zwei-Nutzungsrinder in Mitteleuropa. Auch

    weltweit kommt das Fleckvieh zum Einsatz, besonders die guten

    Mutterkuheigenschaften und die Milchleistung machen es besonders in der

    Mutterkuhhaltung begehrt (RINDERZUCHT TIROL, 2013). Zudem überzeugt das

    Fleckvieh im Bereich der Fitness und durch sekundäre Merkmale, wie Zellzahl

    oder Fruchtbarkeit. Dieses macht das Fleckvieh besonders interessant für

    Kreuzungszuchten, da so die gewünschten Heterosiseffekte auftreten. Die

    Zuchtwertschätzung des Fleckviehs erfolgt in Österreich seit 1963 für die Milch

    mithilfe des Töchterpopulationsmodells. 1982 führte Bayern (AVERDUNK, 1984)

    und 1983 Baden-Württemberg das BLUP-Vatermodell für Milchleistungs-

    merkmale ein (KARRAS, 1984). Österreich folgte diesem Beispiel 1985 (FUCHS,

    1984). 1992 löste in Österreich das BLUP-Tiermodell für die

    Milchleistungsmerkmale und das Fitnessmerkmal Persistenz den Töchter-

    populationsvergleich ab. In den folgenden Jahren wurden weitere

    Fitnessmerkmale, sowie der ökonomische Gesamtzuchtwert eingeführt (1998).

    Seit 2000 wurde eine gemeinschaftliche Zuchtwertschätzung des Fleckviehs von

  • Zuchtwertschätzung

    10

    Deutschland und Österreich mit den Merkmalen Exterieur, Melkbarkeit,

    Gebrauchskreuzungszuchtwert begonnen. Die Durchführung der gemeinschaft-

    lichen Zuchtwertschätzung für alle Merkmale findet seit 2002 statt. Für die

    Milchzuchtwertschätzung wurde ein Testtagsmodell eingeführt. 2010 und 2011

    folgte die Erweiterung der ZWS um die Einführung der genomischen ZWS

    (FÜRST, 2013). Seit 2002 wird der Gesamtzuchtwert (GZW) als primäres

    Selektionskriterium verwendet. Der GZW definiert auch das gemeinschaftliche

    Zuchtziel der Fleckviehzucht in beiden Ländern (ASR, 2013). Das Zuchtziel

    strebt eine Verbesserung der Eiweißmenge, der Fitness, die Konstanthaltung der

    Fleischleistung und eine Steigerung der Lebensleistung an. Zudem soll eine lange

    Nutzungsdauer mit einer mittleren Lebensleistung von 30.000 kg Milch erreicht

    werden (RINDERZUCHT TIROL, 2013). Das Fleckvieh als Zweinutzungsrasse

    zeichnet sich im Vergleich zu reinen Milchrassen auch schon heute durch

    günstige Fitnesseigenschaften aus (KROGMEIER, 2005). Umgesetzt werden diese

    Zuchtziele mithilfe der ökonomischen Gewichte der Zuchtwertschätzung. Der

    Relativzuchtwert der Milchmerkmale hat einen Anteil am Gesamtzuchtwert von

    37,8%, der Relativzuchtwert Fleisch hat einen Anteil von 16,5% am GZW. Die

    Fitnessmerkmale fließen mit einem Anteil von 43,7% und die Melkbarkeit mit 2%

    in den Gesamtzuchtwert ein. In Abbildung 1 sind die einzelnen Relativzuchtwerte

    in ihre Unterkategorien aufgeteilt:

    Abbildung 1: Ökonomische Gewichte der ZWS für Fleckvieh

    Quelle: eigene Darstellung nach ASR, 2013 und LfL, 2013

    7,3% 4,6%

    4,6%

    4,4%

    33,4%

    2%

    13,4%

    6,8%

    9,7%

    3,7% 8,1% 2%

    Nettozunahme

    Ausschlachtung

    Handelsklasse

    Fettmenge

    Eiweißmenge

    Melkbarkeit

    Nutzungsdauer

    Fruchtbarkeit

    Zellzahl

    Kalbeverlauf

    Totgeburten

    Persistenz

    Fitness 43,7% Fleisch 16,5%

    Milch 37,8%

    Melkbarkeit 2%

  • Zuchtwertschätzung

    11

    Aus Abbildung 1 ist ersichtlich, dass sich die Milchmerkmale, die in den GZW

    einfließen, aus der Fettmenge (4,4%) und der Eiweißmenge (33,4%)

    zusammensetzt. Der Anteil von 43,7% der Fitnessmerkmale am GZW teilt sich in

    2% Persistenz, 8,1% Totgeburten, 3,7% Kalbeverlauf, 9,7% Zellzahl, 6,8%

    Fruchtbarkeit und 13,4% Nutzungsdauer auf. Die Fleischleistungsmerkmale

    spalten sich in 7,3% Nettozunahme und jeweils 4,6% Ausschlachtung und

    Handelsklasse auf. Die Melkbarkeit ist ein selbstständiger Anteil und macht 2%

    des GZW aus. Die Beschreibung des Zuchtziels erfolgt mithilfe dieser

    ökonomischen Gewichtung des Gesamtzuchtwertes. Formal würde die folgende

    Formel den Gesamtzuchtwert des Fleckviehs beschreiben:

    In den Gesamtzuchtwert beim Fleckvieh fließen im Gegensatz zu bspw. den

    Schwarzbunten keine direkten Werte des Exterieurs, wie z.B. der Rahmen oder

    das Fundament ein. Ebenso sind das Euter oder die Bemuskelung nicht Teil des

    Gesamtzuchtwertes. Diese Faktoren bilden als Hauptmerkmale jedoch den

    Grundstock jeder Zuchtwertschätzung. Die Prüfung dieser Hauptmerkmale und 19

    weiterer Einzelmerkmale erfolgt mithilfe der linearen Beschreibung (AGÖF,

    2006). Die Ergebnisse werden regelmäßigen veröffentlicht. In den

    Bullenkatalogen finden sich diese Ergebnisse als Exterieurprofil ebenfalls wieder.

    Eine beispielhafte Exterieurbechreibung ist in Abbildung 2 zu sehen:

  • Zuchtwertschätzung

    12

    Abbildung 2: Exterieurbeschreibung beim Fleckvieh

    Quelle: BVN & Eurogenetik Bullenkatalog, 2013

    Demnach sind die Merkmale, obwohl sie den Gesamtzuchtwert nicht

    beeinflussen, für jeden Züchter zugänglich. In der Abbildung wird deutlich, dass

    100 wieder den Durchschnitt darstellt. Das wünschenswerte Optimum muss

    allerdings nicht erforderlicher Weise oberhalb der 100 liegen. So wünschen sich

    die Prüfer einen steileren Sprunggelenkswinkel, was dazu führt, dass die Werte

    unter 100, die zu präferierenden sind. Die Vererbung der Beckenneigung dieses

    Bullen liegt nahezu im Populationsdurchschnitt und auch im gewünschten

    Optimalbereich. Das Vordereuter vererbt sich schlechter als im Durchschnitt der

    Population (ZW 96). Das Fundament ist besonders stark ausgeprägt und erhält für

    dieses Tier einen ZW von 118.

    Um den Relativzuchtwert (RZW) der Milchleistungsmerkmale zu ermitteln,

    nutzen Deutschland und Österreich seit 2002 ein Testtagsmodell. Dieses Modell

    wurde gemeinschaftlich mit dem Agrifood Research Centre in Jokioinen

    (Finnland) entwickelt. Das Testtagsmodell ist eine Sonderform des

    Mehrmerkmalsmodells, bei dem die Leistung an einem Kontrolltag direkt in das

    Zuchtwertschätzmodell einfließt. Das Modell simuliert anhand der gesammelten

    Daten eine typische mittlere Verlaufskurve, in diesem Fall der Milchleistung, die

  • Zuchtwertschätzung

    13

    am Testtag als 24-Stunden-Gemelk ermittelt wurde (WILLAM & SIMIANER,

    2011). Demnach muss keine vollständige Laktations- oder Abschnittsleistung

    vorliegen, um die Informationen in der Zuchtwertschätzung verwerten zu können.

    Die Kontrolltagsleistungen werden zwischen den Laktationstagen 8 und 350

    erhoben. Auch hier gilt: Je mehr Informationen vorhanden sind, desto besser.

    Deshalb gibt es auch keine Grenze bezüglich des Laktationsstadiums, auch von

    Kühen mit mehreren Laktationen werden Daten gesammelt. Jedoch nehmen die

    Beobachtungen mit zunehmender Anzahl an Laktationen deutlich ab. Die Daten

    der Verwandten vervollständigen das Testtagsmodell. Auf mütterlicher Seite

    fließen drei Generationen, auf väterlicher Seite die letzten acht Generationen ein.

    Kann die Verwandtschaft nicht genau ermittelt werden, werden die Daten anhand

    von Alter, Geschlecht und Herkunftsland geschätzt. Es gibt zwei Arten von

    Testtagsmodellen, das Fixed-Regression-Modell und das Random-Regression-

    Modell. Zur Ermittlung der Zuchtwerte für Milchleistungen beim Fleckvieh wird

    das Random-Regression-Modell (RRM) genutzt. Dieses hat im Vergleich zum

    Fixed-Regression-Modell (FRM) den Vorteil, dass die Daten des Testtags nicht

    innerhalb einer Laktation als wiederholte Beobachtungen betrachtet werden,

    welches zu einem festen Zuchtwert für alle Laktationstage führen würde, sondern

    dass mithilfe von zufälligen Regressionskoeffizienten und Kovariablen für alle

    305 Laktationstage jeweils ein eigener ZW errechnet wird. Diese werden dann zu

    einem Zuchtwert für die gesamte Laktation zusammengerechnet (FÜRST, 2013).

    Demnach sind die Kontrolltage der Laktation genetisch verschiedene Merkmale,

    die eine tägliche Leistungsabweichung aufweisen (VIT, 2013). Die berechneten

    ZW korrelieren sowohl mit den Laktationstagen der Laktation, in dem der

    Kontrolltag liegt, als auch mit denen der anderen Laktationen. Die

    Umwelteinflüsse, die die Kontrolltagsleistungen beeinflussen, können direkt in

    der Testtagszuchtwertschätzung berücksichtigt werden. Hierzu zählen die Punkte

    Herdenkontrolltag, Kalbealter, Trächtigkeit, Laktation und Laktationsstadium

    sowie die Streuung innerhalb der Herden. Mit dem Herdenkontrolltag erfolgt der

    Vergleich der Leistungen innerhalb der eigenen Herde, da auf diese Herde die

    gleichen Umwelteinflüsse, wie bspw. Fütterung oder Temperatur, wirken. Das

    Kalbealter sowie der Tag der Trächtigkeit beeinflussen die Milchleistung der

    Kühe. Deshalb erfolgt mit der Einbeziehung dieser Daten die Korrektur der

    erbrachten Leistung. Die Leistungen des Teststaggemelks hängen von der

  • Zuchtwertschätzung

    14

    Laktationsnummer und dem –stadium ab, in dem sich die Kuh befindet. Sie

    spiegeln den unterschiedlichen Verlauf der Laktationskurve wider und müssen mit

    einbezogen werden. Die Streuung der Testergebnisse innerhalb der Herde kann in

    einigen Betrieben sehr hoch, in anderen dagegen nur sehr gering sein. Da das

    Modell der ZWS auf Abweichungen vom Populationsmittel beruht, kann dieses

    den ZW ungewollt verändern (vgl. Kapitel 2.1). Deshalb erfolgt die Korrektur

    dieser Streuung durch die Streuung der nicht durch das Zuchtwertschätzmodell

    erklärbaren zufälligen Restfehler, also der Residuen. Der Milchwert errechnet sich

    aus den Ergebnissen des Testtagsmodells (ZW für Fett- und Eiweißgehalt (in Kg))

    und deren ökonomischen Gewichtung (1:10) (FÜRST, 2013).

    Aus dem Testtagsmodell für Milch kann der ZW der Persistenz abgeleitet werden.

    Die Persistenz gibt das Durchhaltevermögen der Milchleistung an, die aus der

    Laktationskurve des RRM zwischen dem 60. und 300. Laktationstag resultiert. Es

    muss allerdings eine Korrektur erfolgen, um die fett- und eiweißkorrigierte

    Milchmenge zu erhalten (FÜRST, 2013).

    Das BLUP-Tiermodell liefert die Ergebnisse der Zuchtwertschätzung für Fleisch.

    In das Tiermodell fließen 10 Merkmale ein, somit handelt es sich um ein

    multivariates Verfahren, bei dem die Merkmale unter Einbeziehung der

    genetischen Korrelation gleichzeitig geschätzt werden. Die Ergebnisse der 10

    Merkmale stammen aus der Eigenleistungsprüfung im Feld (bei Versteigerungen)

    oder auf einer Prüfstation, aus Schlachthofdaten (ungelenkte Feldprüfung) sowie

    aus Nachkommenprüfungen in Prüfstationen. Der Fleischwert ermittelt sich aus

    den Merkmalen Nettozunahme, Ausschlachtung und Handelsklasse (im Verhältnis

    48: 26: 26). Der Relativzuchtwert für die Fleischleistung hat einen Mittelwert von

    100 mit einer Streuung von 12 Punkten (Standardabweichung) (FÜRST, 2013).

    Die Relativzuchtwerte für den Kalbeverlauf, die Totgeburtenrate sowie für die

    Fruchtbarkeit werden ebenfalls mithilfe des BLUP-Tiermodells berechnet. Für die

    Zuchtwerte des Exterieurs, die beim Fleckvieh nicht in den Gesamtzuchtwert

    einfließen, erfolgt die ZWS ebenfalls mit dem BLUP-Tiermodell. Die Darstellung

    der Zuchtwerte erfolgt wie bereits beschrieben.

    Der Zuchtwert für die Nutzungsdauer wird anhand eines Weibull-

    Regressionsmodell geschätzt. Diese entspricht einem Vater-Muttersvater-Modell,

    bei dem nur eine Betrachtung der Verwandtschaften zwischen Stieren stattfindet.

    Zuchtwerte der weiblichen Verwandten werden näherungsweise errechnet. Es

  • Zuchtwertschätzung

    15

    besteht kein großer Unterschied zum Tiermodell, da sehr viele Daten in das

    komplexe Modell einfließen, bei dem das zu schätzende Merkmal das

    Abgangsrisiko darstellt. Das Abgangsrisiko wird durch das Erstkalbealter, die

    relative Leistung innerhalb der Herde, die Größe der Herde und deren

    Veränderung sowie durch die Alpung, Heterosiseffekte und

    Rekombinationsverluste beeinflusst. Zudem müssen regionale, saisonale und

    managementbedingte Unterschiede einbezogen werden (FÜRST, 2013).

    Die Zuchtwerte für Zellzahl und Melkbarkeit werden mit einem Testtagsmodell

    ermittelt. Im Unterschied zu der Zuchtwertschätzung der Milchleistungsmerkmale

    erfolgt die Schätzung mit dem Fixed-Regression-Modell. Da für die Zellzahl

    keine Normalverteilung vorliegt, werden die Werte der Zellzahl logarithmiert. Die

    Zellzahlergebnisse werden in den ersten drei Laktationen zwischen dem 8. und

    312. Laktationstag gesammelt. Die Ergebnisse der Melkbarkeitsprüfung stammen

    entweder aus einer Stoppuhrmessung (in Österreich, Baden-Württemberg und

    Hessen) oder es erfolgt, wie in Bayern, die Ermittlung der Melkbarkeit im

    Rahmen der Michleistungsprüfung mithilfe der Parameter Milchmenge aus

    Haupt- und Nachgemelk sowie der Dauer des Haupt- und Nachgemelks. Aus

    beiden Methoden wird das durchschnittliche Minutengemelk errechnet. Da

    Untersuchungen ergeben haben, dass beide Werte auf unterschiedlichen

    genetischen Merkmalen beruhen, müssen auch beide Merkmale unterschiedlich in

    die ZWS einfließen. Da bei den Merkmalen der Melkbarkeit ebenfalls keine

    Normalverteilung vorliegt, erfolgt eine Transformation durch Ziehen der

    Quadratwurzel. Die Ergebnisse stammen ausschließlich aus der ersten Laktation

    (zwischen dem 8. und dem 275. Tag). Für die Zellzahl wird für jede der drei

    Laktationen ein ZW ermittelt. Um den RZW zu ermitteln, erfolgt die Berechnung

    des durchschnittlichen ZW dieser drei Laktationen. Bei der Melkbarkeit wird als

    Relativzuchtwert nur der Wert des durchschnittlichen Minutengemelks aus

    Österreich und Baden-Württemberg veröffentlicht. Auch bei diesen RZW liegt

    das Mittel bei 100 mit einer Standardabweichung von 12 Punkten.

    Aus dieser Ermittlung der einzelnen Relativzuchtwerte entsteht mithilfe der

    ökonomischen Gewichte der Gesamtzuchtwert der Doppelnutzungsrasse

    Fleckvieh, wie oben beschrieben.

  • Material und Methoden

    16

    3. Material und Methoden

    Zu Beginn erfolgt die Beschreibung der verwendeten Discrete Choice Methode.

    Im Anschluss werden die zu testenden Hypothesen sowie die Gestaltung des

    Fragebogens erläutert. Das Kapitel 3.3. befasst sich mit den verschiedenen

    Methoden, die während der Auswertung genutzt wurden.

    3.1. Discrete Choice Methode

    FECHNER legte bereits im Jahre 1860 den Grundstein für die Discrete Choice

    Methode (DCM) mit seiner „Study of psychophysics“ (aus ANDERSON ET AL.,

    2001). Als Begründer der DCM gelten LUCE & TUKEY (1964), THEIL (1970) und

    QUANDT (1992), MCFADDEN (1974) und LOUVIERE (1983) als Entwickler der

    ökonomischen Auswertungsmethoden.

    Theorie

    Die DCM ist eine Art, die Präferenzen von ökonomischen Entscheidern mithilfe

    von labormäßig simulierten, hypothetischen Entscheidungsalternativen zu messen.

    Dabei lassen sich Beziehungen zwischen Produkteigenschaften und individuellen

    Präferenzen der Entscheider sowie deren Auswahlentscheidungen feststellen

    (HAHN, 1997). Die Entscheidungsalternativen werden dem Probanden in Form

    sogenannter Choice Sets vorgelegt.

    Die Grundidee der Discrete Choice Methode basiert auf der Characteristic Theory

    of Value von LANCASTER (1966) und der Random Utility Theory (MCFADDEN,

    1974).

    Die Characteristic Theory of Value besagt, dass nicht das Gut an sich Nutzen

    stiftet, sondern die Vielzahl seiner Charakteristika. Diese werden als Attribute

    bezeichnet und sind die eigentlichen Nutzenstifter (LANCASTER, 1966).

    Die Random Utility Theory (RUT) geht davon aus, dass der Nutzen eines Gutes

    nicht direkt messbar ist, sondern der Nutzen nur indirekt beobachtbar ist. Es

    handelt sich demnach um einen latenten Nutzen. Deshalb lässt sich die

    Nutzenfunktion der RUT in eine deterministische (beobachtbare) und eine

    stochastische (nicht beobachtbare) Komponente zerlegen (AUSPRUG & LIEBE,

    2011). Dieser latente Zufallsnutzen wird durch folgende Formel beschrieben,

    weshalb auch vom Zufallsnutzenmodell gesprochen wird:

    (3.1)

  • Material und Methoden

    17

    : Nutzen U einer Alternative j für die Person i

    : deterministische Nutzen V als Summe der Einflüsse der Attribute des

    Produktes z und der Person s

    : Spezifikations- und Messfehler; zufällige Komponente

    Weiterhin wird keine individuelle Nutzenfunktion angenommen, sondern eine

    aggregierte Nutzenfunktion, da auf Grund der „geringen Anzahl von

    Auswahlentscheidungen je Proband keine Berechnung individueller Nutzenwerte

    möglich ist“ (BACKHAUS ET AL., 2003). Die einzelnen Präferenzen der Probanden

    lassen sich mithilfe von Vektoren berücksichtigen. Der deterministische Nutzen V

    kann als additive Funktion der M persönlichen Eigenschaften und der Einflüsse

    der N Attribute dargestellt werden (vgl. BREUSTEDT ET AL., 2013):

    ∑ ∑

    (3.2)

    Der Proband wählt die Alternative j*, die den Nutzen maximiert, da die Annahme

    des Homo oeconomicus unterstellt wird. Daraus ergibt sich folgende Gleichung:

    m für alle j J²

    (3.3)

    Eine Nutzenmaximierung geht einher mit der Wahl der Alternative, die die

    höchste Präferenz aufweist. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit diese

    Alternative aus der vorgegebenen Menge an Alternativen auszusuchen.

    für alle j J

    (3.4)

    : Parameter der Produkteigenschaften

    : Parameter der Probandeneigenschaften

    werden ökonometrisch geschätzt

    : Interaktionsterme

    : wenn die Alternative j* gewählt wird, sonst 0

    F: Funktion, die zwischen 0 und1 liegt, bspw. eine logistische Funktion

  • Material und Methoden

    18

    Praxis

    Die Discrete Choice Methode kommt besonders im Verkehrs- und

    Gesundheitsbereich zum Einsatz (TELSER, 2002). Im Bereich der

    Agrarwissenschaft nutzt besonders die Umweltökonomie das Verfahren des

    Discrete Choices. So befassen sich BREUSTEDT ET AL. (2013) mit der

    Teilnahmebereitschaft an Vertragsnaturschutzprogrammen unter Zuhilfenahme

    der DCM. Im Zuchtbereich nutzen ROESSLER ET AL. (2008) und OUMA (2007)

    die DCM, um Anforderungen an die Schweinehaltung in Vietnam und

    Präferenzen phänotypischer Merkmale von Rindern zu untersuchen. Für die

    Zuchtwertschätzung bei Rindern liegen noch keine Veröffentlichungen vor.

    Die Durchführung von Discrete Choice Experimenten (DCE) erfordert eine

    genaue Planung des Untersuchungsobjektes. Voraussetzung, um ein DCE

    durchführen zu können, sind diskrete Produkte, die sich untereinander in

    verschiedenen Ausprägungen, Attribute genannt, offensichtlich unterscheiden.

    Der Proband wählt aus einer bestimmten Anzahl von Gütern, die er

    unterschiedlich wahrnimmt und die untereinander konkurrieren (BUNCH &

    BATSELL, 1989). Für diskrete Produkte kann nur eine Ja-oder-nein-Entscheidung

    erfolgen, da es eine Wahl für das gesamte Produkt und nicht für ein oder mehrere

    Attribute des Produktes ist.

    Zu Beginn muss das Ziel der Untersuchung festgelegt werden. Im Folgenden wird

    das Produkt in seine Eigenschaften aufgespalten. Für die anschließende Befragung

    sollten alle Eigenschaften gewählt werden, bei denen die Vermutung nahe liegt,

    dass sie bei der Wahl von Bedeutung sind (BACKHAUS ET AL., 2003). Erfolgt

    diese Auswahl nicht ordnungsgemäß, könnte diese zu einer verzerrten Analyse

    führen, da der Proband in den Attributen seine Prioritäten nicht wieder findet. Um

    dieses zu vermeiden, empfiehlt sich nach abgeschlossener Vorbereitung ein

    Pretest. Als Nächstes erfolgt die Festlegung der Ausprägungen der einzelnen

    Attribute, auch Levels genannt. Hierzu gibt es verschiedene Möglichkeiten. Zum

    einen ist es möglich, dass bei einigen Produkten verschiedene Ausprägungen

    vorgegeben sind, bspw. ein vorhandenes oder fehlendes Bio-Siegel. Zum anderen

    können Ausprägungen durch statistische Verfahren ermittelt werden, z.B. eine

    Berechnung verschiedener Quantile einer Reihe vorgegebener Preisdaten.

    Generell gibt es keine vorgeschriebene Skala für die Attributsausprägungen. Es

    sind zudem quantitative (z.B. eine Angabe in Wochen) oder qualitative Levels

  • Material und Methoden

    19

    (z.B. hoch oder gering) möglich. Um den Befragungsaufwand in Grenzen zu

    halten, da dieser überproportional mit den Attributen und Levels steigt, und den

    Befragten nicht zu überfordern, empfiehlt sich eine Begrenzung der Attribute und

    Ausprägungen (BACKHAUS ET AL., 2003).

    Eine Korrelation der verschiedenen Attribute sollte vermieden werden, damit

    Verzerrungen vermeiden werden. Eine Kompensation der einzelnen

    Attributsausprägungen hingegen ist wünschenswert. Hierdurch entsteht ein Trade-

    off, der notwendig ist, um marginale Effekte berechnen zu können. „Ein Trade-off

    liegt vor, wenn eine Person bereit ist, etwas von einem Attribut aufzugeben, um

    mehr von einem anderen zu erhalten“ (AUSPRUG & LIEBE, 2011).

    Aus den einzelnen Attributen und Levels können nun verschiedene Produkte

    zusammengesetzt werden. Diese Produkte müssen zu mehreren gruppiert werden,

    damit eine Entscheidungssituation herbeigeführt werden kann. Es besteht sowohl

    die Möglichkeit nur zwischen verschiedenen Produkten zu wählen, als auch die

    Option der nicht-Wahl aller Produktalternativen. Bis zu vier verschiedene

    Wahlalternativen sind für den Probanden zumutbar (AUSPRUG & LIEBE, 2011).

    Diese Auswahlentscheidung wird als Choice Set bezeichnet. Durch die Vielzahl

    der unterschiedlichen Kombinationsmöglichkeiten der Produkte ist es kaum

    möglich, alle Alternativen per Hand zu erfassen. Hierzu gibt es verschiedene

    Computerprogramme (z.B. SPSS), die diese Arbeit erledigen. Es entsteht bei der

    Verwendung aller Level und Attribute ein full factorial Design. Dieses erlaubt die

    Schätzung aller Haupteffekte und Interaktionen. Es ist perfekt orthogonal, das

    bedeutet, es besteht keine Multikollinearität zwischen den

    Eigenschaftsausprägungen. Ein Modell ohne Multikollinearität hat einen D-

    Efficency-Wert von 100 (KUHFELD ET AL., 1994). In den meisten Fällen ist ein

    perfekt orthogonales Modell zu komplex und es enthält Kombinationen, die

    keinen Sinn machen. Ein fractional factorial Modell erscheint ausreichend. Dieses

    ist ein reduziertes orthogonales Modell, das einen möglichst hohen D-Efficency-

    Wert aufweist. Multikollinearität beschreibt die wechselseitige Abhängigkeit von

    Variablen in einer multivariablen Analyse (vgl. RUDOLF & KUHLISCH, 2008).

    Hierzu mehr in Kapitel 3.2.

    Das Statistikprogramm gibt, je nach Attributs- und Levelzahl, unterschiedlich

    viele Choice Sets aus. Eine gängige Variante ist es, den Entscheidern mehrere

    Choice Sets vorzulegen. Allerdings können, trotz des reduzierten orthogonalen

  • Material und Methoden

    20

    Modells, nicht alle Choice Sets von einer Person bearbeitet werden. Eine zu große

    Anzahl von Choice Sets pro Umfrage führt zu einer hohen Abbruchrate, einer

    sinkenden Teilnahmebereitschaft und zu Lerneffekten. In der Literatur erscheinen

    verschiedene Werte für die maximale Anzahl an Choice Sets pro Fragebogen.

    BACKHAUS (2003) nennt maximal 12 bis 15 Choice Sets pro Proband, JOHNSON

    & ORME (1996) empfehlen bis zu 20,. und CAUSSADE ET AL. (2005) begrenzen

    die Anzahl schon auf 10 Choice Sets. Fakt ist, mehrere Choice Sets pro Proband

    verringern den Befragungsaufwand und die damit entstehenden Kosten. Weiterhin

    kann schon mit einer vergleichsweise geringen Umfragezahl gutes Datenmaterial

    gesammelt werden.

    Die Zusammenstellung der verschiedenen Choice Sets zu Gruppen erfolgt am

    besten per Zufallsprinzip, je nach Art der Umfrage in Papier- oder Onlineform.

    Bei der Onlineumfrage bietet es sich an, die Anzahl der Choice Sets festzulegen

    und bei jedem Probanden zufällig die Choice Sets erscheinen zu lassen. Bei der

    Papierform sollten verschiedene Fragebogenversionen erstellt werden, in denen

    zufällig, aber versionsabhängig immer dieselben Choice Sets vorhanden sind.

    Je nach Umfang des Fragebogens und Erreichbarkeit der Probanden erfolgt die

    Festlegung der Umfragemethode. Natürlich treten je nach Umfrageart

    unterschiedliche Kosten auf, die ebenfalls berücksichtigt werden sollten. Die

    Befragung kann mit einem schriftlichen Fragebogen, per Telefon oder Computer

    oder in einer persönlichen Befragung erfolgen (TELSER, 2002). Persönliche

    Befragungen sind in der Regel teurer als computergestützte Umfragen.

  • Material und Methoden

    21

    3.2. Gestaltung und Ziele der Fragebogenausarbeitung

    In diesem Abschnitt folgt die Anwendung der in Kapitel 3.1 beschriebenen

    Vorgehensweise der Durchführung von Discrete Choice Experimenten anhand der

    Entscheidungsfindung bei der Auswahl von Fleckviehbullen.

    Ziele

    Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Überprüfung der ökonomischen Gewichte in

    der Zuchtwertschätzung beim Fleckvieh. Mit Hilfe eines Discrete Choice

    Experimentes soll herausgefunden werden, auf welche der Bulleneigenschaften

    der Landwirt als Entscheider unter Einbeziehung der Kosten des Spermakaufs am

    meisten Wert legt. Da sich die Fleckviehbullen verschieden vererben, entstehen

    unterschiedliche Level der einzelnen Attribute. Analog zum Entscheidungsmodell

    in Kapitel 3.1 wird erwartet, dass der Landwirt das Bullensperma auswählt, dass

    seine Präferenzen am besten zum Ausdruck bringt und ihm deshalb den höchsten

    Nutzen stiftet. Setzt man den rational handelnden Landwirt voraus, entscheidet

    dieser unter Berücksichtigung seiner betrieblich gegebenen Umstände und den

    Eigenschaften des Bullen sowie dem Preis pro Portion des Spermas. Demnach

    fällt die Wahl auf den Bullen, der die höchste Wahrscheinlichkeit hat durch die

    Anpaarung mit den Kühen, die Kälber hervorzubringen, die dem Idealbild des

    Züchters am nächsten kommen. Die Überprüfung der ökonomischen Gewichte,

    mit denen die einzelnen Attribute in die Zuchtwertschätzung eingehen, ist zudem

    ein weiteres Ziel der Ausarbeitung. Hierbei ist ein Vergleich zwischen den

    jetzigen Gewichten und denen, die durch das DCE gewonnen wurden, angedacht.

    Das Ziel der Untersuchung ist damit erläutert. Nun erfolgt die Zerlegung des

    Produktes in seine Eigenschaften. Das Produkt „Bullensperma“ hat verschiedene

    Eigenschaften, die sich nicht äußerlich zu erkennen geben. Es unterscheidet sich

    lediglich in den vererblichen Merkmalen, die entweder genomisch geprüft oder

    durch Leistungsprüfungen festgestellt worden sind. Um die vererblichen

    Eigenschaften der einzelnen Bullen herauszufinden, erfolgt eine Zuchtwert-

    schätzung für jeden Bullen (vgl. z.B. BAYERISCHE LANDESANSTALT FÜR

    LANDWIRTSCHAFT). Aus dieser Zuchtwertschätzung wurden die Eigenschaften

    des Bullenspermas abgeleitet. Eine Übernahme aller für die Zuchtwertschätzung

    relevanten Merkmale ist für ein Discrete Choice Experiments zu umfangreich.

    Deshalb musste eine Begrenzung der Eigenschaften auf die wichtigsten

    stattfinden. DESHAZO & FERMO (2002) raten davon ab, ein Produkt mit mehr als

  • Material und Methoden

    22

    zehn Attributen zu beschreiben (aus MANGHAM ET AL., 2008). Der

    Gesamtzuchtwert setzt sich aus Milchwert, Fleischwert und Fitnesswert

    zusammen. Deshalb müssen Attribute aus allen drei Kategorien ausgesucht

    werden.

    Stellvertretend für den Milchwert steht die Milchmenge, diese wurde gewählt, da

    die Landwirte, die Bullensperma kaufen, i.d.R. Milchviehhalter sind und die

    weibliche Nachzucht zur Milcherzeugung nutzen. Die Milchmenge an sich fließt

    nicht direkt in den Zuchtwert ein, allerdings hätten sonst, der Vollständigkeit

    halber, beide den Milchwert beschreibenden Merkmale aufgenommen werden

    müssen (vgl. Kapitel 2.2). Zudem erfolgt eine Angabe der

    Milchleistungssteigerung im Bullenkatalog (LFL & BVN, 2012). Der Fleischwert

    ist ein eigenes Attribut für das Discrete Choice Experiment, zusätzlich fließt die

    Bemuskelung als ein Attribut des Bullenspermas ein, da diese Einfluss auf das

    Fleisch und die Fitness bzw. das Exterieur hat. Zum Exterieur gehört auch das

    Euter, ein weiteres Attribut für das DCE. Das Euter spielt auch in der Kategorie

    Fitness eine Rolle, hier ist die Melkbarkeit und Zellzahl wichtig. Um eine

    Eingrenzung der Attribute vorzunehmen, wurde nur das Euter in das DCE

    aufgenommen, obwohl dieses eine erhebliche Vereinfachung beinhaltet. Da

    Eutererkrankungen eine häufige Abgangsursache sind, wurde die Nutzungsdauer

    der Kuh als Attribut mit aufgenommen. Das Fundament als Grundgerüst jedes

    Rindes und als ein weiterer häufiger Abgangsgrund musste ebenfalls als Merkmal

    in das DCE einfließen, obwohl dieser Wert ebenfalls kein direkter Teil der

    Zuchtwertschätzung ist. Zudem ist der Preis pro Portion Bullensperma ein

    Attribut, da so die Zahlungsbereitschaften für die einzelnen Merkmale ermittelt

    werden können. Damit zerlegt sich das Produkt „Bullensperma“ für die Discrete

    Choice Methode in folgende sieben Attribute:

    • Vererbung der Milchleistung (abgekürzt: Milchleistung)

    • Vererbung des Euters (abgekürzt: Euter)

    • Vererbung der Nutzungsdauer (abgekürzt: Nutzungsdauer)

    • Vererbung des Fundaments (abgekürzt: Fundament)

    • Vererbung des Fleischwertes (abgekürzt: Fleischwert)

    • Vererbung der Bemuskelung (abgekürzt: Bemuskelung)

    • Preis pro Portion des Bullenspermas (abgekürzt: Preis)

  • Material und Methoden

    23

    Nach der Festlegung der Attribute erfolgt, wie zuvor in Kapitel 3.1 beschrieben,

    die Bestimmung der einzelnen Ausprägungen der Eigenschaften. Hierzu wurden

    die einzelnen Werte aus der Zuchtwertschätzung für Fleckvieh herangezogen, die

    als „gemeinsame Zuchtwertliste von Deutschland und Österreich“ veröffentlicht

    ist (vgl. LFL, 2012). Die besten 1000 Fleckviehbullen gingen in die Berechnung

    der Level ein. Für das Euter, die Nutzungsdauer, das Fundament, den Fleischwert

    und die Bemuskelung ist der Relativzuchtwert die Grundlage. Dieser beschreibt,

    wie sich der Bulle in Bezug auf die Population vererbt. 100 entspricht dem

    Populationsmittel. Demnach sind Werte über 100 besser als der Durchschnitt der

    Population und Werte unter 100 schlechter als das Populationsmittel. Für die

    Milchleistung liegen keine Relativzuchtwerte vor, deshalb wird die Menge Milch

    (in Litern) angegeben, die die Nachkommen des Bullen über oder auch unter dem

    Durchschnitt der Population geben. Eine Berechnung der Quantile erscheint als

    beste Alternative, um die unterschiedlichen Ausprägungen der Level festzulegen.

    Diese Methode gibt die realistischsten Werte wider. Es wurden, neben dem

    Mittelwert der 1000 besten Bullen, das 10%- und das 90%-Quantil berechnet.

    Als Nächstes erfolgt eine Ausarbeitung der Hypothesen, die sich aus dem

    Entscheidungsmodell und der Attribute ergeben. Da die Präferenzen des

    Landwirtes mit den betrieblichen Gegebenheiten korrelieren, müssen neben dem

    Discrete Choice Experiment auch betriebliche Fakten in der Umfrage abgefragt

    werden. Aus diesen betrieblichen Fakten, den persönlichen Merkmalen des

    Züchters und der Eigenschaften der Bullen ergeben sich folgende Hypothesen, die

    anhand der Ergebnisse der Befragung empirisch überprüft werden:

    1. Setzt ein Landwirt einen Melkrobotor ein, achtet dieser bei der Wahl des

    richtigen Bullen für seine Kühe vermehrt darauf, dass der Bulle gute Euter

    vererbt.

    Melkrobotoren arbeiten ohne menschliche Hilfe beim Ansetzen des

    Melkgeschirres. Hierzu nutzen sie Ultraschall, Laser und optischen Sensoren. Der

    Melkrobotor kann unförmige Euter sowie schiefe oder solche mit überzähligen

    Zitzen nicht erkennen, und demnach sind Kühe mit suboptimalen Eutern

    ungeeignet für Melkrobotoren (HARSCH, 2010). Der Landwirt kalkuliert dieses

    bei seiner Entscheidungsfindung mit ein.

  • Material und Methoden

    24

    2. Der Landwirt achtet, sofern er die männliche Nachzucht selbst mästet, bei

    der Bullenauswahl vermehrt auf die Vererbung der Bemuskelung.

    Da der Landwirt nicht nur auf den Erlös des männlichen Kalbes wert legt, sondern

    auch auf die Qualität des Fleisches, wird er auf eine gute Bemuskelung achten.

    Bei guter Bemuskelung der Nachzucht erzielt der Landwirt einen höheren

    Schlachterlös als bei Tieren mit schlechterer Bemuskelung.

    3. Eine eigene Mast der männlichen Nachzucht führt bei der Bullenauswahl

    zu einer vermehrten Beachtung des Fleischwertes.

    Nicht nur die Bemuskelung, sondern auch der Fleischwert interessieren den

    Landwirt. Der Fleischwert enthält die Komponenten: Nettozunahme,

    Handelsklasse und Ausschlachtung (LFL, 2009). Eine möglichst schnelle

    Zunahme von gutem Fleisch ist Ziel des Landwirts.

    4. Je höher die Abgangsrate eines Betriebes, desto höher ist die

    Wahrscheinlichkeit, dass der Betriebsleiter sich bei der Bullenwahl für einen

    Bullen entscheidet, der eine lange Nutzungsdauer vererbt.

    Eine hohe Abgangsrate führt unter Umständen zu einem Engpass bei der

    Remontierung mit eigener Nachzucht, der durch Zukäufe ausgeglichen werden

    muss. Ein Zukauf von Färsen ist nicht ohne Risiko und ggf. teurer als die eigene

    Nachzucht.

    5. Je höher die Abgangsrate in einem Betrieb, desto mehr Wert legt der

    Landwirt auf die gute Vererbung des Fundamentes.

    Fundamentprobleme sind einer der häufigsten Gründe, weshalb Milchkühe den

    Betrieb verlassen. Ein mangelhaftes Fundament führt unter anderem zu

    schmerzhaften Klauenproblemen, die die Milchleistung negativ beeinflusst, oder

    es verhindert, dass die Kuh ihrem Leben im Laufstall nachgehen kann.

    6. Vollerwerbslandwirte reagieren stärker auf Preisanreize bei der Wahl des

    Bullenspermas.

    Vollerwerbslandwirte, deren Ziel eine Gewinnmaximierung ist, reagieren stärker

    auf Preisveränderungen des Bullenspermas als Landwirte, die

    außerlandwirtschaftliche Einkünfte erzielen und nur im Nebenerwerb Milchvieh

  • Material und Methoden

    25

    halten. Zum einen ist dieses oft mengenbedingt, da Nebenerwerbslandwirte selten

    so viele Kühe besamen, und zum anderen verfolgen sie nicht unbedingt das Ziel

    der Gewinnmaximierung.

    7. Je geringer der Umsatz der Milchproduktion am Gesamtumsatzes des

    Betriebes, desto wichtiger wird der Preis des Bullenspermas.

    Betriebe, die unter 50% ihres Umsatzes im Bereich Milchproduktion

    erwirtschaften, nehmen günstigeres Sperma von Bullen, die sich vermeintlich

    schlechter vererben. Die Milchproduktion nimmt einen geringeren Stellenwert ein

    als ein anderer Betriebszweig, weshalb Ausgaben im Milchsektor möglichst

    gering gehalten werden.

    8. Ein studierter Landwirt reagiert stärker auf Preise von Bullensperma als

    Landwirte ohne agrarwissenschaftlichem Studium.

    Studierte Landwirte haben einen ökonomischeren Blick und ordnen Preise und

    Ausgaben anders ein als Landwirte ohne Studium. Es findet eine stärkere

    Abwägung des Preis-Leistung-Verhältnisses statt.

    9. Je geringer die Milchleistung im Herdendurchschnitt ist, desto stärker

    wird der Entscheider der Bullenwahl auf eine Erhöhung der Milchleistung achten.

    Eine geringe Milchleistung im Herdendurchschnitt hat zur Folge, dass der Betrieb

    einen geringeren Erlös verzeichnet. Es wäre durch eine bessere genetische

    Veranlagung der Kühe möglich, mit gleichem Input einen höheren Output zu

    erzielen. Demnach sollten Betriebe mit einer Milchleistung von unter 7500 kg pro

    Jahr eine Erhöhung der Milchleistung anstreben.

    10. Jüngere Landwirte entscheiden bei der Bullenwahl anders als ältere.

    Landwirte, die nach 1980 geboren wurden, setzen im Vergleich zu älteren

    Landwirten ihre Prioritäten an anderer Stelle. Neu erlernte Techniken oder

    Verfahren bieten Chancen, denen ältere Landwirte skeptischer entgegenblicken

    als jüngere. Demnach entscheiden ältere Landwirte konservativer.

  • Material und Methoden

    26

    11. Entscheider der Bullenauswahl, die gesextes Sperma einsetzen, haben

    unterschiedliche Präferenzen im Vergleich zu Betrieben, in denen kein gesextes

    Sperma zum Einsatz kommt.

    Gesextes Sperma führt dazu, dass hauptsächlich weibliche Nachzucht erzeugt

    wird. Deshalb sollten Merkmale, die den Fleischwert und die Bemuskelung

    betreffen, von untergeordneter Bedeutung für den Landwirt sein.

    Gestaltung

    Im vorherigen Abschnitt wurde schon erläutert, welche Attribute in das Discrete

    Choice Experiment einfließen. Die Berechnung der unterschiedlichen Level

    erfolgte mit Hilfe der vorhanden Relativzuchtwerte oder im Fall der Milchleistung

    anhand des Literzuwachses in der nächsten Generation. Der Mittelwert sowie das

    10%- und 90%-Quantil wurden statistisch ermittelt. Beim Preis hingegen konnte

    keine statistische Berechnung vorgenommen werden, da trotz vorhandener Daten

    eine zu geringe Spanne zwischen dem 10%- und 90%-Quantil vorhanden war. Die

    Preise pro Spermaportion, die die Besamungsverbände verlangen, unterschieden

    sich nur geringfügig. Um Anreize zu setzen, empfahl sich eine extremere

    Verteilung der Preise. Dieses sollte dazu führen, bessere Trade-offs zu entwickeln.

    Eine extreme Verteilung der Preislevel könnte einerseits dazu führen, dass der

    Landwirt eine differenzierte Beurteilung der einzelnen Eigenschaften vornimmt,

    da mit dem Spermakauf höhere Kosten entstehen, dessen Qualität erst einmal

    gründlich nachvollzogen werden muss. Andererseits könnten gerade Landwirte

    mit geringerem Budget vor dem Kauf von teurem Sperma zurückschrecken. Bei

    einer geringfügigen Unterscheidung der Preise erscheinen die Unterschiede nicht

    relevant für den Landwirt, es erfolgt eine kostenunabhängige Beurteilung. Da für

    alle Attribute drei verschiedene Eigenschaften gewählt wurden, sind auch drei

    Ausprägungen für den Preis empfehlenswert. Für den Preis sind 5 Euro, 15 und 25

    Euro pro Spermaportion ausgewählt worden. Bei der Milchleistung ergaben sich

    die Attributsausprägungen: 445 Liter, 763 und 1068 Liter über dem

    Populationsmittel (10%-Quantil, Mittelwert, 90-Quantil). Für das Euter erfolgte

    eine Ermittlung der Relativzuchtwerte von 98, 108 und 118 (10%-Quantil,

    Mittelwert, 90-Quantil). Die Relativzuchtwerte für die Nutzungsdauer liegen bei

    99, 110 und 120. Das Fundament hat die Relativzuchtwerte von 96, 106 und 116.

    Beim Fleischwert wurden die Werte 98, 108 und 119 für die Relativzuchtwerte

    errechnet. Für die Bemuskelung ergaben sich 91, 102 und 113 als

  • Material und Methoden

    27

    Relativzuchtwerte. In der folgenden Tabelle 1 sind die Eigenschaften und die

    verschiedenen Ausprägungen noch einmal zusammenfassend dargestellt:

    Tabelle 1: Attribute des Bullenspermas und deren Ausprägung

    Attribut Erläuterung Ausprägungen (10%-

    Quantil/ Mittelwert/ 90%-

    Quantil) Milchleistung Angabe in Litern über dem

    Populationsmittel

    445/ 763/ 1068

    Euter RZW (100 entspricht dem

    Populationsmittel)

    98/ 108/ 118

    Nutzungsdauer RZW (100 entspricht dem

    Populationsmittel)

    99/ 110/ 120

    Fundament RZW (100 entspricht dem

    Populationsmittel)

    96/ 106/ 116

    Fleischwert RZW (100 entspricht dem

    Populationsmittel)

    98/ 108/ 119

    Bemuskelung RZW (100 entspricht dem

    Populationsmittel)

    91/ 102/ 113

    Preis Preis in Euro und pro Portion

    des Spermas

    5/ 15/ 25

    Quelle: eigene Darstellung

    Das Produkt „Bullensperma“ ist nun in seine Attribute und Eigenschaften zerlegt,

    es folgt die Wahl der Anzahl der Alternativen. Da schon eine hohe Anzahl an

    Attributen und Levels vorliegt, sollten nicht zu viele Alternativen zur

    Entscheidung angeboten werden, um eine Überforderung der Landwirte zu

    vermeiden. Eine Option der nicht-Wahl ist in diesem DCE nicht vorgesehen. Es

    geht darum, dem Landwirt eine möglichst realitätsnahe Befragungssituation zu

    bieten (KUHFELD ET AL., 1994). Aus diesem Grund fiel die Entscheidung gegen

    eine nicht-Wahl-Option und für drei verschiedene Bullenspermen. Die drei Bullen

    unterscheiden sich in sieben Attributen mit jeweils drei Eigenschaften, damit ist

    ein Choice Set komplett. „Die Ausprägungen dieser Attribute werden über die

    Alternativen hinweg variiert“ (AUSPRUG & LIEBE, 2011). Dazu wurde das

    Statistikprogramm SPSS genutzt. SPSS gab 64 verschiedene Choice Sets aus.

    Hierzu ein exemplarisch gewähltes Choice Set:

  • Material und Methoden

    28

    Tabelle 2: Beispiel eines Choice Sets des Fragebogens

    Bulle/Milchleistung Bulle 1 Bulle 2 Bulle 3

    Milchleistung 763 445 1068

    Euter 118 98 108

    Nutzungsdauer 120 120 99

    Fundament 106 96 116

    Fleischwert 98 98 98

    Bemuskelung 91 102 91

    Preis pro Portion (Euro) 5 25 5

    Ich würde wählen:

    Quelle: eigene Darstellung des SPSS-Outputs

    SPSS erstellte ein orthogonal, reduziertes Design. Ein Choice Set wies über alle

    Alternativen in allen Attributen dasselbe Level auf und wurde folglich entfernt, da

    keine Entscheidung für einen Bullen möglich war. Weiterhin gab es in einigen

    Choice Sets Bullen, die in allen Attributsausprägungen Vorteile gegenüber den

    anderen Bullen der Entscheidungssituation hatten, deshalb wurden diese neun

    entfernt. Bei einigen weiteren Choice Sets erfolgte eine Änderung in einer

    Ausprägung bei einem Attribut, um eine Dominanz des Bullen zu vermeiden. Am

    Ende der Bearbeitung der Choice Sets wurde das veränderte orthogonal,

    reduzierte Design auf Multikollinearität geprüft. Wie KUHFELD (1994)

    beschreibt, ist ein D-Efficiency Wert von 100 nicht möglich wegen des

    reduzierten Designs und den zusätzlichen Veränderungen innerhalb der Choice

    Sets. Allerdings erreicht das Modell noch einen sehr guten Wert von 96,5.

    Die 54 Choice Sets kann kein Umfrageteilnehmer auf einmal beantworten,

    deshalb musste eine Einschränkung und zufällige Auswahl erfolgen. Auf Grund

    der persönlichen Interviews auf der „Eurotier“ 2012 empfahl sich eine klassische

    Papierumfrage, da mehrere Landwirte gleichzeitig, aber unabhängig voneinander

    am Experiment teilnehmen konnten. Ein persönliches Interview hat den Vorteil,

    dass die Rücklaufquote und die Qualität der gewonnenen Daten hoch ist. Die

    Messe „Eurotier“ bot sich als Plattform für das Discrete Choice Experiment an, da

    dort genügend Milchviehhalter, die die Rasse Fleckvieh nutzen, anzutreffen sind.

    Das Fleckvieh ist, wie näher in Kapitel 2.2 beschrieben, vor allem im

    Süddeutschenraum vertreten. Deshalb wäre ohne die Messe „Eurotier“ eine

  • Material und Methoden

    29

    persönliche Umfrage nicht möglich gewesen, da der Kostenaufwand durch die

    Reise und Befragung unverhältnismäßig hoch wäre. Es hätte eine andere

    Umfrageart gewählt werden müssen. Eine Telefonumfrage ist in der heutigen Zeit

    sehr schwierig, da durch die vielen Call-Center-Befragungen eine geringe

    Bereitschaft besteht, an einer Umfrage teilzunehmen. Weiterhin ist eine

    Beantwortung der Choice Sets ohne visuelle Betrachtung und Vergleich der

    Alternativen nahezu unmöglich. Es hätte eine erste telefonische Kontaktaufnahme

    stattfinden können, aber zur Beantwortung des Fragebogens hätte der Fragebogen

    per Post an die Landwirte geschickt werden müssen. Das Internet, als eine weitere

    Möglichkeit der Umfragedurchführung, ist die kostengünstigste Alternative.

    Jedoch ist die Rücklaufquote der Beantwortung des Fragebogens sehr gering,

    weshalb eine sehr große Anzahl potenzieller Teilnehmer auf die Umfrage

    aufmerksam gemacht werden muss (HÄDER, 2010). Die Messe „Eurotier“ bot,

    dank des Besamungsvereins Neustadt an der Aisch mit deren Unterstützung die

    Umfrage durchgeführt wurde, die beste Möglichkeit der Umfrageerhebung.

    Da die Literatur keine eindeutige optimale Anzahl der Choice Sets mit drei

    Produktalternativen und je sieben Attributen vorgibt, fiel die Entscheidung, jedem

    Teilnehmer der Umfrage sechs Choice Sets vorzulegen. Um alle Choice Sets den

    Landwirten gleichmäßig vorzulegen, wurden neun verschiedene Fragebögen

    erstellt. Die Auswahl der sechs Choice Sets erfolgte nach dem Zufallssystem. Jede

    Fragebogenversion enthält demnach immer die gleichen sechs Choice Sets. Eine

    Entscheidung für eine Alternative ist durch die Vielzahl der Attribute kompliziert.

    „The greater the number of attributes, the greater the cognitive difficulty of

    completing a DCE“ (MANGHAM ET AL., 2008). Zusätzlich ist die Konzentration

    während der Umfrage durch die Messeatmosphäre beeinträchtigt. Zu den sechs

    Choice Sets, die jeder Landwirt, der an der Umfrage teilnahm, beantworten

    musste, kamen eine Reihe von Fragen zum Betrieb. Diese Fragen weisen keine

    Unterschiede in den verschiedenen Versionen des Fragebogens auf. Wie aus den

    oben genannten Hypothesen ersichtlich wurde neben dem Betriebstyp und dem

    Umsatz auch das Alter und die Berufsausbildung des Entscheiders der Bullenwahl

    erfragt. Die im Betrieb gehaltenen Rinderrassen und die Verwendung der

    Nachzucht sowie Milchquote und durchschnittliche Herdeleistung und Mastdauer

    der Bullen waren ebenfalls Teil der Umfrage. Am Ende des Fragebogens ging es

    neben der Haltungsform der Kühe vor allem um den Einsatz und die Ansicht des

  • Material und Methoden

    30

    Landwirtes bezüglich neuerer Verfahren, wie z.B. dem Einsatz von gesextem

    Sperma. Alle Fragen nach soziodemographischen Parametern befinden sich im

    Anhang in Form eines der neun Versionen des Fragebogens, der den Landwirten

    auf der Messe „Eurotier“ vorgelegt wurde. Zu Beginn des Fragebogens sollten

    leicht zu beantwortende Fragen stehen, die nicht zu persönlich sind, um eine gute

    Interviewatmosphäre zu schaffen. Anschließend folgen die schwierigen Fragen, in

    diesem Fall die sechs Choice Sets. Den Abschluss bilden noch einige leicht zu

    beantwortende Fragen (HÄDER, 2010).

  • Material und Methoden

    31

    3.3. Auswertungsmechanismen

    Das erste Unterkapitel beschreibt die Aufbereitung der gesammelten Daten. Das

    folgende Unterkapitel befasst sich mit den grundlegende Auswertungs- und

    Entscheidungsmechanismen, die zur Auswertung genutzt wurden. Das dritte

    Unterkapitel erläutert die Annahme der Unabhängigkeit von irrelevanten

    Alternativen. Im letzten Unterkapitel wird das geschätzte multinominale

    Probitmodell näher betrachtet.

    3.3.1.1. Aufbereitung der Daten

    Das Dircrete Choice Experiment wird mit Hilfe des Statistikprogramms „Stata“

    ausgewertet. Für kleinere Berechnungen und die Abbildung 3 bot sich MS Excel

    als Auswertungsmethode an. Da die Umfrage nicht elektronisch vorgenommen

    wurde, mussten die Daten von der Papierform erst in MS Excel übertragen

    werden, damit sie im Folgenden in das Stataprogramm exportiert werden können.

    Um eine Kompatibilität mit dem englischsprachigen System des Stataprogrammes

    herzustellen, musste in MS Excel zu Beginn der Datenübertragung auf die im

    englischsprachigen Raum übliche Schreibweise konfiguriert werden. Dieses geht

    einher mit der Vertauschung von Punkt und Komma als Dezimal- und

    Hundertertrennzeichen.

    Nach dem Einlesen der Daten in Stata erfolgte eine Überprüfung auf die

    Korrektheit der Daten. Dabei fielen einige Übertragungsfehler von der Papierform

    auf, die in „Stata“ mit dem „replace“-Befehl behoben wurden. Weiterhin erfolgte

    eine durch die Übertragung verursachte Änderung der Antworten. Einige Befragte

    ließen einen Teil der Fragen aus, da sie diese aus betrieblichen Gründen nicht

    beantworten konnten. So fehlte bei den Landwirten, die die Bullen alle

    verkauften, u.a. die Mastdauer der Bullen. Durch das Einlesen der Daten in Stata

    erhielten frei gelassene Zellen in MS Excel teilweise anstelle eines Punktes das

    Symbol in Stata für eine offene Antwort: eine Null. Dieses verfälschte im Verlauf

    der Auswertung u.a. die durchschnittlichen Werte, welches ein falsches Bild der

    Betriebe verursachte. Der „replace“-Befehl ermöglichte hier ebenfalls die

    Korrektur der Daten. Nach der Kontrolle der Daten erfolgte die Aufbereitung

    dieser. Zu Beginn der Aufbereitung wurde die Milchleistung standardisiert.

    Dieses musste erfolgen, da die Milchleistung als einzige Angabe im Choice-Set,

    abgesehen vom Preis pro Portion Sperma in Euro, kein Relativzuchtwert ist. Um

  • Material und Methoden

    32

    im Verlauf der Auswertung, besonders bei der Berechnung der marginalen

    Effekte, besser Vergleiche ziehen zu können, bietet sich die Einführung eines

    standardisierten Wertes an, der dem Relativzuchtwert der anderen Attribute

    entspricht. Die Standardabweichung der Relativzuchtwerte beträgt 12 Punkte. Die

    Standardabweichung der Milchmenge beträgt 802kg. Das Populationsmittel 100

    entspricht dem Wert der Milchleistung von 0kg. Daraus ergibt sich für die

    Milchleistung von 445kg über dem Populationsmittel ein fiktiver

    Relativzuchtwert von 106,66 (aufgerundet 107). Für die Milchmenge 763kg der

    im Choice-Set aufgeführten Mengen errechnet sich der Wert von 111,42

    (abgerundet 111). Der höchste Wert für die im Choice-Set dargestellte

    Milchmenge von 1068kg über dem Populationsmittel erhält den fiktiven

    Relativzuchtwert von 115,98 (aufgerundet 116). Diese Werte werden in Stata mit

    dem Befehl „replace“ geändert und zur weiterführenden Analyse genutzt.

    Um festzustellen, ob betriebliche Besonderheiten eine Veränderung der

    Entscheidung herbeiführen, wurden sogenannte Kreuzterme eingeführt. Dazu

    müssen als erstes Dummy-Variablen hergestellt werden. Diese Dummy-Variablen

    nehmen nur den Wert null und eins an (KOHLER, 2008). Eins, wenn diese

    Eigenschaft im Betrieb vorhanden ist, und null, wenn diese Eigenschaft nicht auf

    den Betrieb zutrifft. Hierzu muss in Stata der Befehl „generate“ verwendet

    werden. Nach dem „generate“-Befehl muss der Name des neuen Dummys stehen

    sowie dessen Ausprägung(=0 oder =1). Als Befehlszusatz wird eine if-Bedingung

    verwendet, damit das Statistikprogramm die umzuwandelnde Variable erkennt.

    Zusätzlich enthält diese Bedingung die Ausprägung der ursprünglichen Variable

    (bspw. if Melksystem==3). Im Anschluss erfolgt eine Generierung einer neuen

    Variablen aus der Dummy-Variablen multipliziert mit der Ausprägung der

    Eigenschaft, die als Kreuzterm bezeichnet wird. Auf diese Weise entstand bspw.

    die Variable „Robotor_Euter“ durch die Multiplikation der Dummy-Variable, die

    angibt, ob der Betrieb einen Melkrobotor einsetzt („1“), mit der Variable „Euter“,

    die die Ausprägung der Eigenschaft „Euter“ angibt. Diese Variable „Euter“

    enthält die einzelnen Level, die in den verschiedenen Choice Sets vorhanden sind.

    Nach diesem Vorgehen entstanden acht weitere Kreuzterme. Die Kreuzterme

    ergeben sich aus den Hypothesen, die in Kapitel 3.2 aufgeführt sind. Betriebe mit

    eigener Mast erhalten in einer neuen Dummy-Variable die Ausprägung eins.

    Diese Dummy-Variable wird, um neue Kreuzterme zu generieren, mit den

  • Material und Methoden

    33

    Variablen „Bemuskelung“ und „Fleischwert“ multipliziert. Mithilfe dieser beiden

    Kreuzterme soll herausgefunden werden, ob eine eigene Mast das Verhalten bei

    der Bullenwahl beeinflusst. Zudem entstanden zwei separate Gruppen von

    Betrieben, die bestimmte Eigenschaften aufweisen. Für diese Betriebe erfolgte

    zusätzlich zur allgemeinen Schätzung eine separate Schätzung, die Abweichungen

    von den gesamten Betrieben aufdecken soll. Die eine Gruppe kennzeichnet sich

    durch sehr junge Entscheider der Bullenwahl, die alle unter 25 Jahren sind. Die

    andere Gruppe setzt gesextes Sperma bei der Besamung ihrer Kühe ein. Um die

    Betriebe zu kennzeichnen, die entweder sehr junge Entscheider der Bullenwahl

    hatten oder gesextes Sperma einsetzten, bot sich ebenfalls die Generierung von

    Dummy-Variablen an. Die Betreibe, auf die das Merkmal zutrifft, erhalten den

    Wert eins, alle anderen den Wert null. Erfolgt im Anschluss eine Multiplikation

    mit den verschiedenen im Choice Set vorhandenen Variablen, ergeben sich eigene

    Variablen speziell für die Betriebe, die die obengenannten Kriterien erfüllen.

    3.3.1.2. Grundlegende Auswertungs- und

    Entscheidungsmechanismen

    Zu Beginn der Auswertung des Discrete Choice Experiments erfolgt ein Abschnitt

    zur deskriptiven Statistik. Bei der deskriptiven Statistik handelt es sich um eine

    beschreibende Auswertung der gesammelten Daten. Genauer gesagt handelt es

    sich bei deskriptiver Statistik um die Erhebung, Aufbereitung und Auswertung der

    Daten (BOL, 2004). Die Erhebung der Daten ist mit der Umfrage auf der Messe

    „Eurotier“ abgeschlossen und die Aufbereitung ist oben erläutert.

    Das Statistikprogramm „Stata“ eignet sich zur Auswertung. Die Anweisung

    „sum“ oder „summarize“ gibt die arithmetischen Mittelwerte der einzelnen

    Variablen wieder. Zudem enthält der Output dieses Befehls die Anzahl der

    Beobachtungen, die zur Berechnung genutzt wurden, die Standardabweichung

    sowie den höchsten und niedrigsten Wert des Datensatzes (vgl. KOHLER, 2008).

    Für einige der beobachteten Variablen der Umfrage macht es keinen Sinn, den

    Mittelwert zu berechnen. Als Beispiel sei die Variable „Melksystem“ genannt.

    Diese Variable hat die Ausprägungen eins (Melken am Platz), zwei (Melken im

    Stand) und drei (Melkrobotor) (vgl. Fragebogen im Anhang). Das arithmetische

    Mittel liegt bei 1,89. Dieser Wert ist nicht logisch, da es diese Ausprägung nicht

    gibt. Deshalb ist in solch einem Fall die Beschreibung der einzelnen

  • Material und Methoden

    34

    Ausprägungen sinnvoller. Hierzu wird der Befehl „proportion“ verwendet. Bei

    diesem Befehl gibt „Stata“ genauso wie bei dem Befehl „sum“ die Anzahl der

    Beobachtungen an sowie die Standardabweichung. Diese wird jedoch für jede

    einzelne Ausprägung angegeben, genau wie das Konfidenzintervall (95%). Das

    Hauptinteresse gilt allerdings der Verteilung der Variablen. Durch diese

    Verteilung der einzelnen Variablen kann der Anteil der Ausprägungen abgelesen

    werden. Für die Variable „Melksystem“ ergeben sich für die Ausprägungen

    „1“(Melken am Platz) knapp 22%, die meisten Betriebe (ca. 67%) haben die

    Ausprägung „2“ und die verbleibenden knapp 11% haben die Ausprägung „3“,

    nutzen also einen Melkrobotor. Für jede einzelne Ausprägung der Variable gibt

    „Stata“ den Anteil an den beobachteten Daten an (vgl. Stata-Hilfe). Mit diesen

    beiden Stata-Befehlen erfolgt eine Beschreibung des Datensatzes sowie des

    durchschnittlichen Betriebes (vgl. Kapitel 4.1).

    Nach der Beschreibung der gesammelten Daten erfolgt die empirische

    Auswertung. Bei dieser weiterführenden Anwendung der Statistik geht es nicht

    nur um die Beschreibung der Daten, sondern um die Gewinnung von

    Erkenntnissen über die tatsächliche Welt (KROMREY, 2009). Im Rahmen dieser

    Masterarbeit soll die empirische Analyse der Daten die ökonomischen Gewichte

    der Zuchtwertschätzung überprüfen. Des Weiteren erfolgt eine Überprüfung der in

    Kapitel 3.2 aufgestellten Hypothesen. Damit eine empirische Auswertung

    vorgenommen werden kann, bedarf es einer Modellentwicklung, um den

    Untersuchungsgegenstand zu beschreiben. Die Grundlage jedes Discrete Choice

    Experimentes ist das in Kapitel 3.1 erläuterte Random Utility Modell. Da es sich

    um ein komplexes, diskretes Experiment handelt, sind lineare Modelle nicht

    geeignet, um die diskrete Zielvariable ausreichend zu beschreiben (MOSSMÜLLER,

    2004). Im Fall der durch die Umfrage gesammelten Daten kann von einer

    Zufallsstichprobe ausgegangen werden. Aus diesem Grund erfolgt eine

    Beschreibung der Daten durch die Entwicklung eines Logit- oder Probit-Modells.

    Das Logit-Modell entsteht, wenn die Störterme, die der zufälligen Komponente

    im Random Utility Modell entsprechen sowie die Verteilungsfunktion logistisch

    verteilt sind. Das Probit-Modell wird genutzt, wenn für die Störterme und die

    gesamte Verteilungsfunktion des Modells die Normalverteilung angenommen

    wird (BATEMANN ET AL., 2002).