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Manfred Jeitler, HEPHY Wien Der CMS Trigger FAKT Langenlois, 24. September 2007 1 Die Nadel im Heuhaufen: Der Trigger des Experimentes CMS am CERN-Beschleuniger Manfred Jeitler Institut für Hochenergiephysik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ÖPG, Fachausschuss für Kern- und Teilchenphysik Langenlois, 24. September 2007

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Manfred Jeitler, HEPHY Wien Der CMS Trigger FAKT Langenlois, 24. September 2007 1

Die Nadel im Heuhaufen: Der Trigger

des Experimentes CMS am CERN-Beschleuniger

Manfred Jeitler

Institut für Hochenergiephysik der Österreichischen Akademie der Wissenschaften

ÖPG, Fachausschuss für Kern- und Teilchenphysik Langenlois, 24. September 2007

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die ersten Experimente der Teilchenphysik benötigten keinen Trigger

Suche nach den häufigsten Ereignissen

man beobachtete alle Ereignisse und stellte danach fest, wie oft sie auftraten

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später begann man, nach selteneren Ereignissen zu suchen

– „häufige“ Prozesse waren schon bekannt

Suche unter tausenden von Untergrund-Ereignissen musste teilweise durch Hilfspersonal übernommen werden

– „Scannerinnen“ für Blasenkammer-aufnahmen

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wegen der extrem geringen Wirkungsquerschnitte der nunmehr gesuchten Prozesse ist es heutzutage unmöglich, alle Ereignisse so „durchzuackern“

– ~ 1013 Untergrund-Ereignisse auf ein Signal-Ereignis

man könnte nicht einmal alle Ereignisse auf Datenträger aufzeichnen

benötigen rasche, automatische Entscheidung darüber, ob ein Ereignis aufgezeichnet wird

– „trigger“– „rasche Entscheidungslogik“– „système de déclenchement“

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Detektoren mit elektrischen Ausgangssignalen ermöglichen Auswahl der aufzuzeichnenden Ereignisse durch elektronische Geräte

– Schwellen (Diskriminatoren)

– logische Verknüpfungen (AND, OR, NOT)

– Verzögerungen– realisiert in kommerziell

erhältlichen „Modulen“– Verbindungen durch Kabel

(„LEMO“-Kabel)

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wegen der riesigen Datenmengen bei großen, modernen Experimenten ist die elektronische Verarbeitung durch solche Einzelmodule nicht mehr praktikabel

– zu groß– zu teuer– zu anfällig für Fehler– zu lange Laufzeiten der Signale

Verwendung von maßgeschneiderten, hoch integrierten elektronischen Bauteilen („Chips“)

400 x 1 x

~ 10 logische Operationen / Modul ~ 40000 logische Operationen auf einem Chip

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wann kommt ein Trigger?

„bunch”-Struktur des LHC-Colliders– „bunch” = Teilchenpaket– 40 MHz

» alle 25 ns kommt ein „bunch”» „bunches“ sind 7.5 Meter voneinander entfernt

bei nominaler Luminosität des LHC-Colliders (1034 cm-2 s-1) sind bei jeder Kollision von zwei „bunches“ etwa 20 Proton-Proton-Wechselwirkungen zu erwarten– nur in einem geringen Bruchteil dieser „bunch crossings“ ist wenigstens eines

der darin enthaltenen Kollisions-Ereignisse potentiell für die Suche nach „neuer Physik“ interessant

– in diesem Fall werden alle Informationen für dieses „bunch crossing“ aufgezeichnet, um danach bei der Analyse die Signale des interessierenden Ereignisses von denen der Untergrundereignisse sorgfältig abzutrennen

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wie triggert man?

verwende möglichst viele Informationen über das Ereignis– ermöglicht die beste Abtrennung von Signal und Untergrund– Idealfall: „vollständige Analyse“ mit allen Informationen des Detektors

Problem: bei einer Rate von 40 MHz können gar nicht alle Informationen des Detektors ausgelesen werden

– (mit vertretbarem Aufwand) muss Vorentscheidung auf Grund eines Teiles der Informationen über

ein Ereignis treffen fälle die Entscheidung rasch

– bei positiver Trigger-Entscheidung müssen alle Detektor-Informationen noch abrufbar sein

– diese Informationen werden in einer „pipeline“ in der Detektor-Elektronik vorübergehend abgespeichert

» „Kurzzeitgedächtnis“ des Detektors » „Ringpuffer“

wie kann man diese widersprüchlichen Anforderungen unter einen Hut bringen?

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mehrstufiger Trigger

erste Stufe fällt Vorentscheidung auf Grund eines Teiles der Daten– Rate wird bereits stark reduziert– 1 GHz Ereignisse (= 40 MHz bunch crossings) 100 kHz– nur für diese „bunch crossings“ wird die gesamte Detektor-Information aus den

„pipelines“ ausgelesen– diese Datenrate könnte aber noch nicht (mit vertretbarem technischen und finanziellen

Aufwand) für spätere Analyse auf Band geschrieben und auf dauernd aufbewahrt werden

zweite Stufe verfügt über alle Informationen des Detektors und führt eine „vollständige Analyse“ der Ereignisse durch

– weitere Reduktion der Rate: 100 kHz 100 Hz– erst die so ausgewählten („2 Mal gefilterten“) Ereignisse werden auf Datenträger

aufgezeichnet

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wie wird die Trigger-Auswahl tatsächlich durchgeführt?

erste Stufe („Level-1 Trigger“) muss begrenzte Datenmenge sehr rasch verarbeiten

– relativ einfache Algorithmen– spezielle elektronische Bauteile

» ASICs (Application Specific Integrated Circuits)» FPGAs (Field Programmable Gate Arrays)

– Mittelding zwischen „hardware“ und „software“: „firmware“» wird in Programmiersprache („VHDL“) erstellt und dann kompiliert» ist rasch (garantierte Geschwindigkeit: „getaktet“)» kann bei Verwendung von FPGAs jederzeit geändert werden

zweite Stufe („High-Level Trigger“) muss komplexe Algorithmen verwenden

– nicht mehr zeitkritisch (alle Detektor-Informationen bereits ausgelesen)– Verwendung einer Computer-Farm– Programmierung in „höherer Programmiersprache“ (C++)

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welche Signale verwendet der Level-1 Trigger?

Myonen– Spuren aus 3 Typen von Detektoren:– DT (Drift Tubes): Barrel– CSC (Cathode Strip Chambers): Endcaps– RPC (Resistive Plate Chambers): Barrel + Endcaps

Kalorimeter– Elektronen, Jets, transversale Energie, fehlende Energie– elektromagnetisches Kalorimeter– Hadron-Kalorimeter

andere Detektoren (Tracker: Silizium-Streifendetektor und Silizium-Pixeldetektor) können nicht rasch genug ausgelesen werden!

– werden erst im „High-Level Trigger“ verwendet

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Funktionsweise des Level-1 Triggers

Daten in Pipelines werden 3.2 s lang gespeichert – 128 „Takte“ bei 40 MHz– Kostenfrage – Entscheidung darf nie länger dauern! („synchron“) keine iterativen Algorithmen

Entscheidung im Wesentlichen mit „Look-Up Tables“– alle möglichen Fälle vorgesehen– auch OR, AND, NOT sind so darstellbar

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Struktur des Level-1 Triggers

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Prinzip der Auswahl von Ereignissen

keine „Schnitte“ auf niederer Ebene– nur Schwelle über dem Rauschen– lediglich Aufsuchen von Myon-Spuren, Elektron-Kandidaten, Jets, und

Auswahl der „besten“ Ereignisse– die jeweils 4 „besten“ Kandidaten (Myonen, Elektronen, Jets) werden an

nächsthöhere Ebene weitergeleitet Kombinatorik kann dadurch (fast) beliebige Ereignisse

verwenden erst der „Globale Trigger“ trifft die Auswahl

– verfügt über Information von allen Myondetektoren und Kalorimetersystemen

– kann diese Informationen völlig flexibel kombinieren

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wie findet man Myon-Spuren?

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der Kalorimeter-Trigger

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Zusammenfassung

der Trigger ist eine der schwierigsten und wichtigsten Aufgaben bei großen Experimenten an modernen Proton-Collidern

Vorbereitung und Validierung der Trigger-Algorithmen bedingen enge Zusammenarbeit mit der „Physik-Analyse“

der „Drift Tube Track Finder“ und der „Globale Trigger“ sind eine gute Gelegenheit für ein vergleichsweise kleines Institut, einen wesentlichen, kompakten Beitrag zu leisten