kommunikation und moderation - internetgestützte kommunikation zur lernunterstützung
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Kapite des L3T Lehrbuch (http://l3t.eu)TRANSCRIPT
2 — Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien (L3T)
1. Die Bedeutung von Kommunika3on im Lernprozess
Viele denken beim technologiegestützten Lernen aneinsame Lernende, alleingelassen vor Bildschirmen inabgedunkelten Zimmern. Zwar kann das isolierte An-eignen von Informationen in manchen Fällen aus-reichen. Insbesondere für komplexe Themen undkompetenzorientiertes Lernen ist Kommunikationfür das (technologiegestützte) Lernen jedoch essen-tiell: Sozial-konstruktivistische Lerntheorien gehendavon aus, dass der Wissensaufbau vor allem anaktive Teilnahme und Partizipation gebunden ist. DieGestaltung von Lernumgebungen soll daher „dazuanregen, die Aktivität und Konstruktivität der Ler-nenden zu fördern“ (Gräsel et al., 1997). Dement-sprechend sollen Lernende unterstützt werden, ihreeigenen Vorstellungen zu artikulieren und sie mitdenen von anderen zu vergleichen (ebenda, S. 6).
In Diskussionen wird einerseits Erlerntes erprobtund Stellung bezogen, andererseits werden andereSichtweisen aufgezeigt. Insbesondere beim Erfassenvon komplexen Zusammenhängen steigern kommu-nikative und diskursive Elemente den Lernerfolg(Kerres, 2000). Schulmeister (2006) stellt zur Rolleder Kommunikation fest: „Kommunikation ist Dia-log, Dialog impliziert Rückmeldung, Lernen basiertauf Verstehen, Verstehen benötigt Rückmeldung.Ohne Rückmeldung ist demnach Lernen nichtmöglich“.
Gute Kommunikation zu ermöglichen ist eine derwesentlichen Anforderungen an erfolgreiche Lern-szenarien, das gilt gleichermaßen für Präsenzsitua-tionen wie auch Online-Arrangements. In diesemKapitel betrachten wir die Besonderheiten computer-vermittelter Kommunikation, sowie die Möglich-keiten und Formen der Unterstützung der Bildungvon Online-Lerngemeinschaften durch E-Mode-ration.
2. Computervermi;elte Kommunika3on
Bewegte sich computervermittelte Kommunikationanfangs auf schriftlicher Basis (E-Mail, Chats, News-groups, Mailinglisten) ist durch die stetig zunehmendverfügbaren Bandbreiten nun auch die Übertragungvon Ton und Bewegtbild (Podcasts, Videos, Life-
Streams; siehe Kapitel #educast und Kapitel #vi-deokonferenz) möglich und findet immer mehr Ver-breitung. Mit entsprechender technischer Ausrüstungist heute das Telefonieren im bzw. über das Internet(Voice-Over-IP) oder die Verwendung von Softwarefür Online-Videokonferenzen möglich.
Die zahlreichen Anwendungsformen computer-vermittelter Kommunikation im Internet umfassendiverse Tools und Medien, wie beispielsweise E-Mail,Diskussionsforen, Chats, Webkonferenzen, Blogs,Microblogs, Wikis und eine Vielzahl anderer webba-sierter Kommunikationsmöglichkeiten.
Zur Beschreibung und Differenzierung der vielfäl-tigen computervermittelten Kommunikationsmög-lichkeiten können mehrere Parameter herangezogenwerden (Beck, 2006; Hartmann, 2004; Hesse &Schwan, 2005): ▸ Zeitdimension (synchron versus asynchron), ▸ Zahl der Empfänger/innen beziehungsweise
Sender/innen (1:1, 1:N, N:N),▸ Symbolsystem (textbasiert, audio-visuell), ▸ Modus (schriftlich, mündlich, mit Video), ▸ Nutzungsmechanismen (auf Angebots- bzw.
Nachfragebetrieben), ▸ Informationsfluss (unidirektional, bidirektional,
polydirektional), ▸ Öffentlichkeitsgrad (persönlich, geschlossene Be-
nutzergruppe, öffentlich), ▸ Personalisierungsgrad (anonym versus identifi-
zierbar) und▸ Kopräsenz (kopräsent versus isoliert).
Computervermittelte Kommunikation hat eineVielzahl an Konsequenzen und Besonderheiten. Aufzwei Aspekte möchten wir dabei im Folgenden ge-nauer eingehen: die Symbole zur Darstellung von Ge-fühlen sowie die Kommunikation von Vielen.
Symbole und Codes als Ersatz für fehlende Gefühlsdar-‐stellungen
Die Nutzung von computervermittelter Kommuni-kation bringt - nicht nur in Bildungskontexten -einige Besonderheiten mit sich. Rein textbasiertecomputervermittelte Kommunikation wird folgen-dermaßen charakterisiert (Döring 2003, 187; Misoch2006, 63ff): Sie erscheint aufgrund der wenigen ange-sprochenen Wahrnehmungskanäle im Vergleich zurPräsenzkommunikation als defizitär und unper-sönlich. Aus der Perspektive sozialer Interaktion be-trachtet, ermöglicht computervermittelte Kommuni-kation dadurch nur einen geringen Grad an so-zialer Präsenz, weil soziale Hinweisreize wie Mimik,Gestik oder Intonation ausgefiltert werden. „Internet
Computervermi<elte Kommunika@on (engl. „Com-‐puter-‐mediated communica@on“) ist die Bezeichnungfür unterschiedliche Anwendungsformen der elektro-‐nischen Übermi<lung, der Speicherung und desAbrufs von Daten zum Zwecke der Kommunika@ondurch Menschen über miteinander vernetzte Com-‐puter (nach Pelz, 1995, 32).
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Kommunika@on und Modera@on. Internetgestützte Kommunika@on zur Lernunterstützung — 3
Relay Chat“, kurz IRC, war eine populäre netzwerk-gestützte Form der schriftlichen Echtzeitkommuni-kation in den 1980er Jahre. Hier verbreiteten und ent-wickelten sich eine Vielzahl zeichenbasierte Gefühls-äußerungen, die sogenannten Emoticons und andereZeichenkürzel, welche die eigenen Gefühle darstellensollen. So wird beispielsweise Freude durch die Zei-chenfolge :-) und Ironie durch ein Zwinkern ;-) dar-gestellt (siehe Abbildung 1). Diese Weitergabe vonsozialen Hinweisreizen scheint unter computerver-mittelter Kommunikation nicht weniger wichtig als inder Präsenzkommunikation (Derks et al., 2008).
Kommunika3on von und mit Vielen Ein weiterer besonderer Aspekt von computerver-mittelter Kommunikation ist die hohe Zahl poten-tiell beteiligter Personen, die durch bestimmteFormen der computervermittelten Kommunikationerreicht werden können bzw. sich daran beteiligenkönnen. Ein Beispiel dafür sind Mailinglisten, Dis-kussionsforen oder Chats.
So ist zunächst davon auszugehen, dass mit derZahl der Beteiligten in Netzwerken die Möglichkeitender Interaktion und damit auch verbunden die Moti-vation zur Interaktion zum Quadrat steigt (siehe
Gesetz von Metcalfe sowie das Gesetz von Reed;Schaffert & Wieden-Bischof, 2009, 36ff). In derPraxis zeigt sich jedoch häufig, dass das Interakti-onsverhalten nicht (über-) proportional zu derZahl von Mitgliedern zunimmt. Auch dauert es oftlänger, bis überhaupt wahrnehmbare Kommuni-kation beginnt. Dieses bekannte Phänomen, dass nurein Teil der potentiell interessierten Personen aktiv anOnline-Interaktionen teilnimmt, greift die Theorieder kritischen Masse auf (Morris & Ogan, 1996):Erst ab einer bestimmten Zahl von Personen, die sichzum Beispiel für eine Mailingliste oder eine Gruppebei Facebook anmelden, beginnt die Interaktion.Diese Zahl ist von vielen Faktoren abhängig, sodasssie schwer zu erfassen ist.
Gleichzeitig können solche Kommunikations-formen keinen optimalen Kommunikationsflussmehr gewährleisten, wenn die Zahl der Teilneh-mer/innen zu sehr ansteigt. Zwei Theorien bietendafür Erklärungen (Beck, 2006, 26ff): Die Social-Loafing-Theorie führt aus, dass Menschen für ge-meinsame, kollektive Aufgaben weniger Aufwand be-treiben als für individuelle Aufgaben (Karau & Wi-liams, 2001). Dass eine wachsende Zahl von (potenti-ellen) Beitragenden nicht immer hilfreich ist, lässtsich auch mit Informationsüberflutung (engl. „in-formation overlad“) erklären: Menschen könnendemnach nur eine endliche Zahl von Informationenadäquat verarbeiten. Asynchrone Medien wie Diskus-sionsforen sind dabei prinzipiell hilfreich, weil Infor-mationseinheiten zeitlich gestaffelt wahrgenommenwerden können. Allerdings stoßen Nutzer/innen anGrenzen, wenn die einzelnen Diskussionssträngenicht mehr zu überblicken sind, also eine Informati-onsüberflutung statt findet. Auch große Mailinglistenziehen zwar kurzfristig viele Nutzer/innen an, ver-lieren aber auch viele wieder (Butler, 2001).
Dass bei großen Nutzerzahlen auch viele einfachnur lesen und passiv sind, überrascht nicht. Das Phä-nomen wird als Lurking bezeichnet (auf deutsch:„herumschleichen“, „verheimlichen“, „sich versteckthalten“). Lurking ist Gegenstand groß angelegter Un-tersuchungen (Nonnecke & Preece, 2001; Ebner &Holzinger, 2005). Als „Lurker“ bezeichnet man alljene, die in Foren zwar Beiträge lesen, aber sich selbstnicht aktiv beteiligen. Sie bleiben also im Hintergrundund werden üblicherweise von der Online-Gemein-schaft nicht als aktive Teilnehmer/innen wahrge-nommen. Lurking-Verhalten ist oft notwendig, umnicht in Informationsüberflutung zu ersticken (Taka-hashi et al., 2003). Es wäre beispielsweise regelrechtunproduktiv und störend, wenn jeder einfach inForen Nachrichten hinterlässt ohne bestehende Bei-
Abbildung 1: Emoticons und Abkürzungen
Der Mangel an sozialen Hinweisreizen über andereWahrnehmungskanäle wird in textbasierter computer-‐vermi<elter Kommunika@on durch Verwendung vonspeziellen Zeichenkürzel und Symbolen kompensiert.
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träge zu lesen und zu berücksichtigen (Preece et al.,2003). Für unterschiedliche Systeme und Anwen-dungsbeispiele gibt es Zahlen, wie groß der Anteilaktiv Beitragender ist, bei Wiki-Systemen liegt dieserAnteil oft im Prozent- bzw. Promillebereich.
3. LerngemeinschaIen im Web
Gruppenbasiertes Lernen wird im Unterricht seitvielen Jahren eingesetzt. Mit steigender Internet-nutzung und voranschreitenden technischen Mög-lichkeiten gewinnt die Zusammenarbeit in Online-Lerngemeinschaften in den letzten Jahren an Be-deutung. Online-Lerngemeinschaften basieren aufder Idee vom gemeinschaftsorientierten Lernen ineinem „virtuellen Raum“. Kommunikation ermög-licht dabei die Entstehung persönlicher Beziehungenund von Online-Lerngemeinschaften. Insbesonderein örtlich verteilten Lernsituationen ist die Bildungvon Lerngemeinschaften oft ein ausgewiesenes Zielder computergestützten Lehre.
Wesentlich erscheint der Hinweis, dass durch in-tensive Kommunikation in diesen Lerngemein-schaften trotz räumlicher Distanz eine persönlicheBeziehung zwischen Lehrenden und Lernendenebenso entstehen kann, wie zwischen Lernenden un-tereinander (Kerres & Jechle, 2000).
Online-Lerngemeinschaften unterscheiden sichvon traditionellen gruppenbasierten Lernformen infolgender Weise: ▸ Online-Lerngemeinschaften erlauben eine zeitlich
und räumlich flexiblere Gestaltung von Lehrenund Lernen, sowie eine stärker an individuelle An-sprüche ausgerichtete Auseinandersetzung mit In-halten.
▸ Lernen in Online-Lerngemeinschaften fördert dieMedienkompetenz und es können motivationale
Eine Online-‐Lerngemeinscha^ ist eine Gruppe vonPersonen, die sich formal organisiert oder informell zueinem Themen-‐ bzw. einem Lerngegenstand aus-‐tauscht, sich dabei gegensei@g kennt und gemeinsameinternetbasierte Kommunika@onskanäle nutzt(Schaffert & Wieden-‐Bischof, 2009).
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In der Praxis : SamanthanetSamanthanet ist eine Online-‐Lern-‐Community, die 2010 ge-‐gründet wurde und sich noch in der Aucauphase befindet.Ziel ist es, besonders Frauen Weiterbildungsmöglichkeiten zubieten, die aufgrund hoher zeitlicher Belastung oder wegenFamilienzeiten nicht oder nur unter erschwerten Bedin-‐gungen in der Lage sind, an Präsenzveranstaltungen teilzu-‐nehmen. Zunächst einmal stand die Aufgabe an, dieLerngemeinscha^ bekannt zu machen, für die ein sozialesNetzwerk konzipiert wurde. Dazu wurden unter anderem dieMicroblogging-‐Plahorm Twi<er als auch Facebook benutztund bei Koopera@onspartner/innen und anderen um Weiter-‐leitung und Werbung für das Angebot gebeten sowie ständigüber die eigenen Kanäle informiert und kommen@ert. Zudemwurden auch andere Netzwerke angesprochen. Nebendiesen Online-‐Ak@vitäten wurde auch in tradi@onellenMedien und im Bildungsbereich geworben, zum Beispiel inFrauenzeitschri^en, Tageszeitungen oder auf Bildungs-‐messen. Samanthanet bildet daneben Trainer/innen aus, die imdeutschsprachigen Raum Kurse zur Plahorm anbieten.Durch Koopera@onen mit Bildungsanbietern wie VHS undAkademien wird die A<rak@vität des Angebots erhöht. Be-‐
reits von Anfang an wurde auf eine sehr strenge Einhaltungder Kommunika@onsregeln geachtet und einen wertschät-‐zenden Umgang miteinander. Die Lernak@vitäten selbst finden dabei in moderierten Forenund Gruppen sta< beziehungsweise durch Nutzung einesLernmanagementsysteme wie Moodle und entsprechendenDemonstra@onen, Simula@onen und Online-‐Prüfungen. Als besonderer Anreiz wurde ein Ak@vitätsindex entwickelt,der individuelles Engagement einzelner Mitglieder/innen derGemeinscha^ anzeigt, welches dadurch sichtbar und belohntwird. Schließlich sind reale Treffen ein wich@ger Baustein fürSamanthanet.de.
Abbildung 2: Startseite von Samanthanet.de
Eine Lurking-‐Phase ist für das Erfassen von computer-‐vermi<elter Kommunika@on ein notwendiger Beginn,um später gegebenenfalls ak@v und zielgerichtet inden Kommunika@onsprozess einzusteigen.
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Kommunika@on und Modera@on. Internetgestützte Kommunika@on zur Lernunterstützung — 5
Impulse gesetzt werden (Hasan & Ali, 2007;Ehsan et al. 2008; Bodemer et al. 2009; Stahl et al.2006).
▸ Online-Lerngemeinschaften ermöglichen die In-tensivierung von sozialen Beziehungen und Wis-sensaustausch zwischen Mitglieder/innen auf-grund unterschiedlicher Kommunikations- undInteraktionsmöglichkeiten sowie hierarchieflachenOrganisationsformen.
▸ Lernräume für die Förderung kommunikativerund sozialer Kompetenzen entstehen, in denenLernprozesse für die im späteren Berufsleben es-sentielle Zusammenarbeit in heterogenen undräumlich verteilten Teams abgebildet werdenkönnen.
Computerbasierte Lerngemeinschaften sind keinganz neues Konzept (Schaffert & Wieden-Bischof,2009). Frühere Ansätze des Lernens mit dem Com-puter haben die Einbindung von anderen Lernendenzunächst nicht berücksichtigt. Die soziale Ein-bindung und das gemeinsame Lernen ist aber ent-scheidend für Lernerfolge (Pfister & Wessner, 1999).Im Fachgebiet „Computerunterstütztes koopera-tives Lernen“ (Computer Supported CollaborativeLearning; CSCL) wird so seit Anfang der 1990erJahre zum gemeinsamen, kooperativen Lernen ge-forscht. Beispielsweise wurde in einer Studie vonCampione, Brown und Jay (1992) die Gruppe derLernenden im Klassenzimmer mit Hilfe des Com-puters und des World Wide Web erweitert und damitandere Klassen aus anderen Ländern miteinbezogen:So korrespondierten Schüler/innen aus drei verschie-denen Städten via Quickmail, einem Mail-System, dasnoch vor der Einführung des World Wide Web ent-wickelt wurde, und konnten so erfolgreich ge-meinsame Projektarbeiten erstellen.
Die Forschung zur Entstehung von Online-Lerngemeinschaften zeigt, dass diese tatsächlich oftohne Zutun von Bildungseinrichtungen oder Leh-renden entstehen. Ein Beispiel dafür sind „Commu-nities of Practice“ (Lave & Wenger, 1991), die aus in-teressierten Personen, Expertinnen und Experten be-stehen, die zu einem bestimmten Themenfeld Erfah-rungen und Wissen austauschen.
Bezeichnend für Online-Lerngemeinschaften ist,dass sie in der Regel nur „auf Zeit“ gegründetwerden. Gerade bei für Bildungszwecke initiiertenOnline-Lerngemeinschaften steht für die stattfin-denden Lern- und Kommunikationsprozesse meistein vorab klar definierter Zeitrahmen zu Verfügung.Als Erfolgsfaktoren für Lerngemeinschaften werdendabei der von allen Teilnehmenden erkannte Zweck,
das Vorhandensein einer Netiquette und die Ge-staltung der Partizipation genannt (Johnson et al.,2009, 1172).
4. Kommunika3onsformen beim Online-‐Lernen undModera3on von Online-‐LerngemeinschaIen
Kommunika3onsformen
Abbildung 3 zeigt eine reduzierte Darstellung derEingangs geschilderten Kommunikationsformen, dieheute typischerweise innerhalb einer konkreten Lehr-und Lernumgebung zum Einsatz kommen.
Herangezogen werden dafür die drei ParameterZeitdimension, Betreuung und Verhältnis der Betei-ligten: Zunächst unterscheidet man zwischen syn-chroner (zeitgleicher) und asynchroner (zeitver-setzter) Kommunikation. Aus Sicht der Lehrendengibt es Situationen in den sie betreuend tätig sindoder die ein Angebot an Lernende darstellen, ohnedass dabei eine zusätzliche Betreuung erfolgt. Dannwird die Art der Kommunikation im Hinblick auf dieZahl der Beteiligten und wer mit wem kommuniziertdargestellt. So können Einzelgespräche (1:1) statt-finden, sich einzelne Lehrende mehreren Lernendenaustauschen (1:n) oder auch eine Vielzahl von Betei-ligten auf einer Plattform in Austausch treten (n:n).Beispielsweise findet in Newsgroups in der Regelkeine Betreuung durch Lehrende statt, während Dis-kussionsforen, sofern sie in der Lehre eingesetztwerden, meist durch eine oder mehrere Lehrpersonenbetreut werden. Je nach didaktischer Zielsetzung istder Einsatz verschiedener Kommunikationsarten undMedien in einem entsprechenden Lernszenariosinnvoll.
Abbildung 3: Kommunikationsarten in Lehr-‐ undLernumgebungen aus Perspektive Lehrender
Computervermi<elte Kommunika@on und Prozessedes Lernens können nach verschiedenen Parameternbeschrieben werden. Die gebräuchlichsten sind: Zeit-‐dimension, Empfängerzahl, Symbolsystem, Informa@-‐onsfluss, Öffentlichkeitsgrad und Betreuung.
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6 — Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien (L3T)
E-‐Modera3onDie ohnehin hohe Komplexität des gruppenbasiertenLernens wird durch die Besonderheiten der compu-tervermittelten Kommunikation oft noch zusätzlichverstärkt. Zur Strukturierung des gemeinsamen Lern-prozesses bietet sich daher der Einsatz von E-Mode-ratorinnen und E-Moderatoren an.
Diese erfüllen eine Reihe von Aufgaben, die sichden idealtypischen Betreuungsbereichen Inhalt, Orga-nisation, Technik und Lernklima zuordnen lassen, jenach Lernszenario aber natürlich kontextspezifischauszufüllen sind. Insbesondere das Lernklima, alsodie psychosoziale Betreuung und Motivation der Ler-nenden, ist für den Erfolg gruppenbasierter Lernsze-narien wichtig.
Gruppendynamisches Ablaufmodell
Viele Moderationsmodelle, so auch Vorschläge für E-Moderations-Abläufe beziehen sich dabei bewusstau f gruppendynamische Ablaufmodelle (vor allemauf Tuckmans Stufenmodell zur Gruppendynamik,1965): In der Formierungsphase (engl. „forming“)lernen sich die Gruppenmitglieder kennen, die Kon-fliktphase (engl. „storming“) ist durch unterschwel-lige Konflikte aufgrund der Selbstdarstellung der(neuen) Teammitglieder und Cliquenbildungen ge-prägt. In der folgenden Phase werden Regeln undNormen geklärt (engl. „norming“), so dass schließ-lich produktives Agieren (engl. „performing“) mög-lich wird und Zusammenarbeit und das zielgerichteteHandeln der Gemeinschaft im Vordergrund steht.Schließlich löst sich eine Gemeinschaft wieder auf(engl. „adjourning“). E-Moderation soll diese Grup-penprozesse nun bewusst unterstützen und opti-mieren.
Modera3onsabläufe und -‐modelleLevin und Cervantes (2002) beschreiben den Le-benszyklus von Online-Lerngemeinschaften fol-gendermaßen (S. 207f): ▸ In der Antragsphase geht es darum, alle Mitglieder
der Lerngemeinschaft davon zu überzeugen, sichan einem gemeinsamen Lernprozess zu beteiligen,und die Lerngemeinschaft als solche zu initiieren.
▸ Darauf folgt die Verfeinerungsphase, in derenVerlauf die Idee eines gemeinsamen Lernpro-zesses konkretisiert und hinsichtlich der Zielset-zungen präzisiert wird.
▸ In der Organisationsphase werden die Formenund Arten der Kommunikation beschlossen, sowieZeitpläne vereinbart und ausgetauscht.
▸ Nun folgt die Ausführungsphase, in der die eigent-lichen Lernprozesse stattfinden, und die ge-meinsam festgelegten Ziele verfolgt werden.Während andere Online-Communitys in allerRegel ohne definierten Endzeitpunkt betriebenwerden, ist bei Online-Lerngemeinschaften oft einbestimmter Zeitraum für diese Phase vorgesehen.Die Ausführungsphase endet häufig mit einer Zu-sammenfassung oder einem Dankeschön der In-itiator/innen.
▸ In der letzten Phase, der Publikationsphase,werden schließlich die Ergebnisse des gemein-samen Lernens dargestellt und veröffentlicht, ge-gebenenfalls auch reflektiert.
Das wohl am weitesten verbreitete Modell für reineOnline-Veranstaltungen ist das von Salmon (2002).Sie empfiehlt ein sehr strukturiertes Vorgehen beimOnline-Lehren und -Lernen. Während jedes Ab-schnittes gibt es bestimmte Tätigkeiten seitens der E-Moderatorinnen und E-Moderatoren, wobei dieInteraktivität zwischen den Lernenden mit jederPhase stark zunimmt. Die fünf Stufen sind (sieheAbbildung 4): ▸ Die erste Phase betrifft Zugang und Motivation:
Am Beginn muss sichergestellt sein, dass alle Teil-nehmenden einen problemlosen und schnellenZugang zu den Online-Ressourcen haben. Dietechnische Komponente darf dabei nicht zumHindernis werden. Darüber hinaus sollten die Ler-nenden immer wieder ermutigt und motiviertwerden auf die Lernplattform zurückzukehren.Salmon weist auf die Bedeutung einer Vorstel-lungsrunde hin und auch auf eine explizite Ein-weisung und Erprobung der Kommunikations-möglichkeiten.
▸ In der Phase der Online-Sozialisation soll dielehrende Person versuchen, eine Gemeinschaft zu
E-‐Modera@on ist die ziel-‐ bzw. curriculumsorien@erteSteuerung und Leitung der Kommunika@on und desAustauschs von Lern-‐ und Arbeitsgruppen.
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Lesen Sie das Beispiel von Samantha.net (siehe Box„In der Praxis“). Wie würden Sie ein Angebot konzi-‐pieren, dass den Aucau und die Pflege von Lernge-‐meinscha^en in Ihrem Studium op@mal unterstützt?Welche Merkmale und Kommunika@onsmöglichkeitensollte ein solches Angebot haben? Bi<e illustrieren SieIhren Entwurf und vergleichen Sie ihn mit den Vor-‐schlägen von anderen. Vergleichen Sie Ihren Vorschlagauch mit dem Entwurf zur Online-‐Gemeinscha^ Me-‐diencommunity (Buchem & Hamelmann, 2010, onlinezugänglich!)
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Kommunika@on und Modera@on. Internetgestützte Kommunika@on zur Lernunterstützung — 7
bilden. Sozialisationsphase und Beseitigung kultu-reller Barrieren kennzeichnen diesen Schritt zurBildung der Lerngemeinschaft.
▸ Im Zuge des Informationsaustauschs sichten,sammeln und verarbeiten die Lernenden Informa-tionen. Es sollten vorwiegend asynchrone Kom-munikationstools verwendet werden, damit jederLernende sein Tempo selbst bestimmen kann undsich an die Nutzung der technischen Möglich-keiten gewöhnt.
▸ Erst in der Phase der Wissenskonstruktion wirdzuerkannt, dass die Lernenden das Potential derKommunikationstools ausschöpfen. Es erfolgtlaut Salmon aktiver Austausch. Das neu erworbeneWissen wird mit der eigenen Erfahrung und jenerder anderen kombiniert. Diese Phase ist durch In-teraktivität und Aktivität gekennzeichnet.
▸ In der Phase der Entwicklung übernehmen dieLernenden selbst die Verantwortung für dasLernen. Die Anwendung des neuen Wissens stehtab jetzt im Vordergrund. Reflexion und kritischeAuseinandersetzung sollten mit den entspre-chenden Applikationen unterstützt werden. E-Mo-derator/innen sollen Hinweise auf vertiefendeMaterialien geben und beenden die Veranstaltungmit einer Abschlussrunde.
5. Fazit
Zwar kann Online-Kommunikation zum Lernen unddas Lernen in Online-Gemeinschaften zu einemSelbstläufer werden, denn man möchte sich austau-schen, engagiert zeigen und auch anerkannt werden.Jedoch können durch die soziale Interaktion und Ex-position auch Ängste, Konkurrenzsituationen undFrustrationen auftreten, gerade wenn gemeinsameArbeiten und Ergebnisse vorgelegt werden müssen.Diese Probleme müssen frühzeitig erkannt und ange-messen behandelt werden, um ein „Einschlafen“ derKommunikation und damit ein Scheitern des Lern-prozesses zu verhindern. Im Unterschied zumPräsenz-Setting unterscheiden sich Online-Lernge-meinschaften auf der einen Seite in der wahrgenom-menen Verbindlichkeit und auf der anderen in derbesseren Transparenz der Beiträge und Aktivitätender Beteiligten.
Abbildung 4: Das Fünf-‐Stufen-‐Modell der E-‐Moderation nach Salmon (2002)
Entwerfen Sie einen Ablaufplan für eine gelungene E-‐Modera@on einer Lerngruppe zu einer Lehrveran-‐staltung Ihrer Wahl. Bi<e beziehen Sie sich zunächstauf ein Kommunika@onsmedium, dass Sie kennen.Welche Fragen stellen Sie, wie gewährleisten Sie, dassalle zur Sprache kommen, wie gehen Sie vor? Präsen-‐@eren Sie und vergleichen Sie Ihren Entwurf!
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8 — Lehrbuch für Lernen und Lehren mit Technologien (L3T)
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