ist unser wirtschaftssystem noch zu retten?
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Ist unser Wirtschaftssystem noch zu retten?
Ursachen und Bewältigungsmöglichkeiten der Krise
Pax Christi Vorarlberg
Arbeitsgruppe Gerecht Wirtschaften
2013
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Unsere Wirtschaft ist teilweise krank, unsere Finanzwirtschaft ist sehr krank
…wie Henry Ford einst munkelte: "Es ist gut, dass die Bürger der Nation unser Banken- und Geldsystem nicht verstehen, denn würden sie es verstehen, gäbe es noch vor morgen früh eine Revolution."
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Die „Experten“
„Die Ökonomen haben eine Welt geschaffen, die sie nicht verstehen.“
Heiner FlassbeckChefvolkswirt der Welthandels- und Entwicklungskonferenz
der Vereinten Nationen (UNCTAD)
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Realwirtschaft - Finanzwirtschaft
• Handelt mit realen Gütern und Dienstleistungen
• Daher Anbindung an begrenzte Güter >
• Begrenztes Wachstum
• Beziehung zu Kunden (Menschen)
• Handelt nur mit Geld und Geldprodukten
• Keine oder wenig Anbindung an die Realwirtschaft >
• Potentiell unbegrenztes Wachstum
• Hohe Kriminalität• Keine Beziehung zu
Kunden
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Symptome der Krise
• Fast keine Guthabenzinsen• Hohe Kreditzinsen (8-13% VKi 2013)• Bankenrettungspakete• Sparpakete• Kreditklemme in der Realwirtschaft• Mangel an bezahlter Arbeit• Schnell steigende Staatsverschuldung• Immer mehr Reiche und Arme (Wohnungsnot,
Flüchtlingsproblematik usw.)
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Mitursachen für die Finanzkrise
Eine Demokratie, in der Politiker vor
allem wiedergewählt werden wollen.
Große Unwissenheit der Be-völkerung über Finanzen
Ein Geldschöpfungssystem,das für nachhaltige Wirtschaft ungeeignet ist
Fast alle Staaten habensich überschuldet
Wirtschafts(de)regulierungen,
die die Krise ermöglichen
oder begünstigen
Die Rolle der Rating-Agenturen
Halbherzige politische
Entscheidungen z.B. EURO
Bonussystem für Banker und Broker
Steuerflucht
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Trennbankensystem
• Geschäftsbanken für die Realwirtschaft– Bewahren Geld
(Spareinlagen) auf– Geben Kredite– Interesse an
langfristigen Beziehungen zu Kunden
• Banken der Finanzwirtschaft (Investmentbanken)– Investieren in
Geld(produkte) (z.B. Leerverkäufe) ohne Interesse an wirklichen Waren oder Dienstleistungen
– Einziges Interesse: Geldvermehrung
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Derzeitiges Bankensystem
• Vermischung verschiedener Geschäftsfelder– Sparen– Kredite– Devisen- und Wertpapierhandel– Spekulation– Nationale und internationale Vernetzung
• Fehlende Transparenz– geringes Vertrauen der Kunden und der Banken
untereinander– Geringes Wissen der Sparer über die Anlageformen
(Rüstung, Kinderarbeit usw.)• Verschleppte Neuregulierungen
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Schnittstellen zwischen Real- und Finanzwirtschaft
• Nahrungsmittelspekulation• Rohstoffspekulation• Aufkauf von Immobilien (Rücklagenbildung oder
Spekulation)• Ständige Suche nach Monetarisierung (z.B.
Wasser, Luft, Saatgut, Privatisierungen)• Ständige Suche nach neuen Geschäftsfeldern
(z.B. Zugrunde richten ganzer Währungen oder Volkswirtschaften, Wetten, )
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Ethik 1- Leitbild
• Leitfrage: In was für einer Gesellschaft wollen wir leben?
• Globales Ziel: Ein gutes Leben für alle – Die Goldene Regel gilt global
• Gerechte Handelsbeziehungen
• Solidarität mit allen als Grundhaltung
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Ethik 2 - Natur
• Natur vor Mensch (Einpassung in das Ökosystem Erde; nicht Umweltschutz, sondern Frieden mit der Natur)– Generationengerechtigkeit – Reduzierung des Ressourcenverbrauchs u.a. Energie– Sanfter Tourismus– Nachhaltige Landwirtschaft– Kostenwahrheit im Transport
• Leitbild VerwalterInnen: die Erde ist uns anvertraut. Wir sind verantwortlich, dass alle von ihr leben können.
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Ethik 3 - Beurteilung
• Strukturelle Gewalt (Galtung)– Bedürfnisse könnten besser befriedigt werden– Reiche werden reicher, Arme ärmer
• Strukturelle Sünde (Johannes Paul II, PXÖ)• Widerspricht den globalen Menschenrechten• Widerspricht dem Gerechtigkeitsempfinden
(Folge: Ärger mit sozialen Folgen) • Widerspricht dem Verursacherprinzip: Gewinne
werden privatisiert, Verluste sozialisiert• Schafft unnötig großen sozialen Reparaturbedarf
und ist damit frauenfeindlich
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Politische Beurteilung
• Undemokratische (nicht legitimierte) Entscheidungen über ganze Länder
• Völlig unzureichende Finanzmarktregulierung – Staat schützt Finanzmärkte anstelle von
BürgerInnen
• Schädigt die Realwirtschaft (Kreditklemme) und Teile des Finanzmarktes (z.B. private Pensionen)
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Stützen des Unrechts 1
• Als Gesellschaft sind wir reich– Größerer Handlungsspielraum– Katastrophenresistenz, Versicherungen
• Geldordnung (Eigentumsbegriff, Geldschöpfung, Zins, Staatsfinanzierung, Wachstumszwang, Geldmenge, exponentielles Wachstum, System“zwänge“)
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Stützen des Unrechts 2: Zu hinterfragende Sprüche Teil A
Weiter, höher, schneller In der Natur hat alles Grenzen
Geld arbeitet Menschen arbeiten
Meine Kinder sollen es einmal besser haben
Kinder haften für ihre Eltern
Was nichts kostet, ist nichts wert
Die wichtigsten Dinge des Lebens kosten kein Geld
Das kann ich mir leisten. Geiz ist geil
Eine Schwarzafrikanerin und mein Enkel auch?! Was bringt das wem? Ist das ein gerechtes Gut?
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Stützen des Unrechts 2: Zu hinterfragende Sprüche Teil B
Konkurrenz belebt das Geschäft
Kurzfristig richtig, langfristig schafft sie Stress und Monopole
Das sind Sie sich wert. Wert und das Glück hängen nicht vom Geld ab
Jeder ist seines Glückes Schmied.
Das Leben verteilt die Chancen sehr ungleich
Wir haben uns das durch den Fleiß unserer Hände erarbeitet.
85% von allem haben wir geschenkt bekommen
Es ist alles so kompliziert Wir müssen uns aktiv informieren
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UmdenkenKooperation statt Konkurrenz
• Kooperation – Mensch neigt von Natur zu
Kooperation1
– Wertschätzung– Vertrauen– gemeinsame Freude über
Zielerreichung (intrinsische Motivation)
– Sicherheit
• Kooperationsgruppen gründen
• Konkurrenz– Wettbewerb führt nicht zu
besserer Leistung (extrinsische Motivation)
– Druck – Angst– Stress– Selbstzweifel– Scham – Krankheit
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Nachhaltige Auswege – gerechtes Wirtschaften
Kooperation statt Konkurrenz• Interdisziplinarität statt Expertentum:
Grenzüberschreitung als Normalfall• Verstehen von und sich auseinandersetzen mit
fremden Meinungen• Mitmischen statt resignieren (Beißhemmung
verlieren)• Mythen entzaubern (z.B. freier oder sozialer
Markt)• Ego- und Selbstkult durchschauen• Fairer Informationsaustausch für alle• Solidarität als Grundeinstellung
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Abschied vom Profitstreben
• Es muss nicht immer alles mehr werden • Sich so viel wie möglich vom Gewinnstreben
lösen• Eigene Beteiligung erkennen und beenden• Fehlentwicklungen unseres Wirtschaftssystems
fördern die Gier• Viele Bedürfnisse werden ohne Geld und
Gewinnmotiv befriedigt• Alternative Organisationsformen kennen:
Genossenschaften, Tauschkreise, Fair Trade, Zusammenarbeit im World Wide Web, Solidarökonomien, Gewerkschaften, Klöster
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Gerecht Wirtschaften und politisches Handeln 1
• Trennung von Geschäfts- und Investmentbanken
• Geordnete Insolvenzverfahren für (Investment-) Banken und Staaten (keine Bankenrettungen mehr)
• Überprüfung der Regelung, dass Staaten Geld nicht direkt von der EZB leihen können
• Klare ausgewogene Bankenregulierungen (z.B. keine Leerverkäufe, Hebel,)
• Wahrnehmung einer effektiven Bankenaufsicht• Finanztransaktionssteuer
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Gerecht Wirtschaften und politisches Handeln 2
Kapitalsammelstellen nach dem Genossenschafts- oder Gemeinnützigkeitsprinzip
• Banken mit Mitspracherecht (kleine Raiffeisenbanken)
• Spar(kassen)vereine• Gemeinnützige Versicherungen• Freiwillige Katastrophenhilfe• Gemeinnützige Bausparkassen
• Ethisch agierende Banken
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Gerecht Wirtschaften und politisches Handeln 3
• Völlige Transparenz bei Stiftungen, Trusts und Briefkastenfirmen.
• Offen legen von Umsatz, Gewinn, Steuern und Angestelltenzahl
• Weltweite Abschaffung des Bankgeheimnisses• Weltweiter automatischer Informationsaustausch
der Steuerbehörden über alle Arten von Kapitaleinkommen
• Abschaffung von Steuerparadiesen
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Gerecht Wirtschaften und politisches Handeln 4
• EU-Finanzausgleich mit klaren, sozial gerechten und durchsetzbaren Kriterien
• Erforschung von Komplementärwährungen:Unterschiedliche Währungen für unterschiedliche Zwecke: – Weltwährung (Bancor, Terra), – nationale Währung zB als Vollgeld, – regionale W. und – Sparwährung
• Unabhängige Erforschung von alternativer Geldschöpfung (zB Monetative, Vollgeld)
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Gerecht Wirtschaften und politisches Handeln 5
Staatliche Regulierungen z.B.:
• Stärkerer Ausgleich zwischen Armen und Reichen (z.B. Reichensteuer, Nord-Süd-Ausgleich)
• Finanztransaktionssteuer
• Zurückdrängen von Bankeneinfluss auf die Politik
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Gerecht Wirtschaften Was kann ich machen? 1
• Mir klar werden, was ich wirklich brauche
• Einkaufen wenn möglich bei Fair Trade, Clean Clothes, Weltläden etc.
• Regionaler Einkauf: Tauschkreise (z.B. Talente), Konsumenten-Produzenten-Kooperationen, Gemüsekiste usw.)
• Vorsicht bei Billig-Verkaufsketten
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Gerecht Wirtschaften Was kann ich machen? 2
Geld ethisch anlegen
• Oikocredit (AT)
• Steyler Bank (AT)
• GLS (DE)
• Alternativbank Schweiz (CH)
• Bank für Gemeinwohl (AT, im Aufbau)
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Gerecht Wirtschaften Was kann ich machen? 3
Schritte aus der Krise
• Nein zur Ohnmacht! Ja zur Verantwortung!
• Kleine Schritte setzen – der persönliche Wirkungskreis
• Alternative Informationen aneignen
• Sich organisieren
• Für mehr Mitbestimmung streiten
• Bausteine für eine solidarische Gesellschaft entwickeln*
• Gesamtgesellschaftliche Alternativen anstreben
• Forschung einfordern
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Literatur, Medien• Doughwaite, Richard: Die Ökologie des Geldes. Forschungsstätte
der Evangelischen Studiengemeinschaft, November 2002, 92 S.• Felber, Christian: Retten wir den Euro. Wien 2012• Flassbeck, Heiner: Zehn Mythen der Krise. Berlin 2012• Huber Joseph: Monetäre Modernisierung. Zur Zukunft der
Geldordnung. Metropolis Verlag, Marburg 32013• Kennedy, Margrit: Occupy Money - damit wir zukünftig ALLE die
Gewinner sind. Marburg 32012• Lietaer, Bernard et al.: Geld und Nachhaltigkeit - von einem
überholten Finanzsystem zu einem monetären Ökosystem ; ein Bericht des Club of Rome. München Europa-Verl. 2013
• Plettenbacher Tobias: Neues Geld - Neue Welt. Die drohende Wirtschaftskrise - Ursachen und Auswege. Wien 42010
• von Bock, Max: Wie funktioniert Geld? Aachen 2005. Animationsfilm 17 min. (auf youtube.com)
• Pax Christi Vorarlberg - AG Gerecht Wirtschaften: Artikel auf www.paxchristi-vorarlberg.at
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Probleme kann man nicht
mit derselben Denkweise lösen,
durch die sie entstanden sind.
Albert Einstein