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INSTITUT UND POLIKLINIK FÜR ARBEITS-, SOZIAL- UND UMWELTMEDIZIN DIR.: PROF. DR. MED. DENNIS NOWAK Krank durch Stress? Belastung & Beanspruchung – auch psychomental – Prof. Dr. med. Dennis Nowak SS 2012

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INSTITUT UND POLIKLINIK FÜR ARBEITS-, SOZIAL- UND UMWELTMEDIZIN DIR.: PROF. DR. MED. DENNIS NOWAK. Krank durch Stress? Belastung & Beanspruchung – auch psychomental –. Prof. Dr. med. Dennis Nowak. SS 2012. Lernziele (1). - PowerPoint PPT Presentation

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INSTITUT UND POLIKLINIK FÜR ARBEITS-, SOZIAL- UND UMWELTMEDIZIN

DIR.: PROF. DR. MED. DENNIS NOWAK

Krank durch Stress?

Belastung & Beanspruchung– auch psychomental –

Prof. Dr. med. Dennis Nowak

SS 2012

– das Belastungs-Beanspruchungs-Konzept auch bezüglich psychischer Faktoren zu verstehen und anzuwenden.

– die Rolle psychosozialer Stressoren am Arbeitsplatz für die Manifestation von Erkrankungen, insbesondere der Depression, zu verstehen und solche zu erfragen.

– die Prinzipien der Prävention, Pufferung und Ressourcenstabilisierung hinsichtlich arbeitsplatz-bezogener Stressoren zu verstehen und Anlaufstellen zu benennen, an die sich der Patient wenden kann.

Lernziele (1)

Die Studierenden sollen nach der Lektüre des Kapitels 6 und nach der Vorlesung in der Lage sein,

– konkret „Mobbing“ und „Burnout“ zu erkennen und Patienten hierzu zu beraten.

– moderne betriebliche Gesundheitsförderung als wichtigen und einem breiten Bevölkerungssegment zugänglichen Weg der Prävention von häufigen Erkrankungen in der Allgemeinbevölkerung zu sehen und im Praxisalltag solche Möglichkeiten zu stimulieren (Interaktion Betriebsarzt – Hausarzt).

– die gesundheitliche Bewertung von Schichtarbeit vorzunehmen, um Patienten auf diesem Gebiet qualifiziert zu beraten.

Lernziele (2)

Stress*

Fehlzeiten

Fluktuation

Leistungsabfall

Betriebliche Folgen

Muskuloskeletale Beschwerden

Psychische Erkrankungen

Koronare Herzkrankheit

Gesundheitliche Folgen

Langfristige Folgen von Belastung

* Belastung und Beanspruchung durch

die Organisation, in der die Arbeit getan wird die Arbeitsaufgaben die menschlichen Beziehungen am Arbeitsplatz

Berufliche Faktoren, die mit Störungen der psychischen Gesundheit einhergehen

Michie and Williams OEM 2003

• Arbeitsüberlastung und Arbeitsdruck

• Widersprüchliche Anforderungen

• Mangelnde Kontrolle über die Arbeit

• Mangel an Partizipation bei Entscheidungen

• Geringe soziale Unterstützung bei der Arbeit

• Unklare Führung und unklare Definition der eigenen Rolle

• Zwischenmenschliche Konflikte

• Konflikte zwischen den Anforderungen der Arbeit und der Familie

Missverhältnis zwischen • hohen Anforderungen durch die Arbeit• niedriger Kontrollmöglichkeit in der Arbeit (wenig

Entscheidungsspielraum, geringe berufliche Qualifikation)

Geringe soziale Unterstützung

Anforderungs-Kontroll-Modell (Karasek)

Anforderungs-Kontroll-Modell (Karasek)

Gratifikationskrisenmodell (Siegrist)Missverhältnis zwischen

• Verausgabung

(geforderte berufliche Leistungen)• „Belohnungen“:

– Bezahlung– Wertschätzung– Beruflicher Aufstieg und/oder Arbeitsplatzsicherheit

Persönlichkeit: Gesteigerte Verausgabungsneigung (Overcommitment)

Teamklima

• Sicherheit bei Beteiligung: Aktive Beteiligung im Team wird durch eine unterstützenden und nicht-bedrohliche Atmosphäre gefördert

• Unterstützung für Neuerungen: Neue und verbesserte Wege, die Arbeit zu tun, sind willkommen und werden unterstützt

• Vision: Vorstellung von einem gemeinsamen Ziel, das einen Wert hat, klar definiert, verstehbar, akzeptiert und erreichbar ist

• Aufgabenorientierung: Grundlegendes Engagement für herausragende Arbeit; unterstützendes Klima für Verbesserungen

Ylipaavalniemi et al Social Science & Medicine 2005

Soziale Unterstützung und Gesundheit

Soziale Unterstützung

Belastung Gesundheitnegative Auswirkungen auf

reduziert stärkt

puffert

1 2 3

BAuA (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin). Mitarbeiterorientiertes Führen und soziale Unterstützung am Arbeitsplatz) Dortmund: 2004

Häufigkeit von chronischen Schmerzen und Depressionen

• Depression in der Normalbevölkerung, 18-65 Jahre.:

4 Wochen : 6,3 % 12 Monate : 10,8 % Lebenszeit : 18.1 %.

Frauen haben ein doppelt so hohes Risiko(Wittchen, Müller et al 1999)

• Chronische Schmerzen: Ca. 5 Mio. Betroffene in D

Körperliche Symptome bei Depression

“Elendsgefühl“

Erschöpfung,Müdigkeit

Rücken- und Gelenkschmerz

Gewichtsverlust

Menstruations-störung

Übelkeit undErbrechen, Verstopfung

Brustschmerz

Kopfschmerz

Schlafstörung

„Gedächtnisverlust“

Frühe Zeichen (“Warnsymptome”) einer sich entwickelnden psychischen Beeinträchtigung

(Depression, beginnende Alkoholabhängigkeit, ..)

Veränderung der Arbeitsfähigkeit:

Mehr Fehler

Langsamer im Arbeitsablauf

Verminderte Arbeitsdisziplin, schwankende Arbeitsmotivation

Unpünktlich

Hektisch, unruhig

Misstrauisch

Vermehrte Fehltage

Depression und Fehlerrate bei Ärzten

Untersuchung an Krankenhausärzten in Facharztausbildung (Assistenzärzte)

• 123 Ärzte• Davon 20% mit Depression

• Ässistenzärzte mit Depression machen 6,2 mal mehr Medikamentenverschreibungsfehler als solche ohne Depression

Fahrenkopf et al BMJ 2008

Zwischen-Zusammenfassung

Bestimmte berufliche Faktoren erhöhen das Risiko für Depression

• Hohe Anforderung-niedrige Kontrolle• Gratifikationskrisen• Schlechte Teams• Ungerechtigkeit der Organisation• Schlechte Vorgesetzte• Isolation und Mobbing am Arbeitsplatz

Depression kann führen zu• Verminderter Produktivität (trotz unveränderter

Fehltage)• Vermehrten Fehlern

Gesundheitsgerechte Führung

bedeutet:

Gestaltung gesunder Arbeitsbedingungen

Mitarbeiterorientiertes Führungsverhalten

(Beispiele):

Arbeitsstrukturierung (soziotechnisch)

Arbeitsumgebung (ergonomisch, unterstützend)

Arbeitszeit (gesund, autonom)

Vergütung (leistungsbezogen, sozial gerecht, polyvalent)

Führungssystem (mitarbeiterorientiert)

Information und Transparenz

Kollegen (kohäsive, teilautonome, kleine Gruppen)

Arbeitsaufgaben (vollständig, motivierend, belastungsarm)

Ressourcen (Spielräume, soziale Unterstützung)

Lernchancen und Entwicklungsperspektiven

u.v.m.

Arbeitsgestaltungsmaßnahmen

Unternehmen:• weniger Fehlzeiten• geringere Fluktuation• weniger Unfälle• bessere Qualität• mehr Leistung• höhere Attraktivität

Mitarbeiter:• günstigere Bedingungen• bessere Gesundheit• mehr Zufriedenheit• höhere Motivation• mehr Sicherheit• bessere Unternehmens-

identifikation

Mitarbeiterorientierte Arbeitsgestaltung als win-win-Strategie

www.dgaum.de

Grundformen der Schichtarbeit

1. Wechselschichtsysteme1.1 Systeme ohne Nachtarbeit

– Systeme ohne Wochenendarbeit – Systeme mit Wochenendarbeit

1.2 Systeme mit Nachtarbeit – Systeme ohne Wochenendarbeit – Systeme mit Wochenendarbeit

2. Permanente Schichtsysteme2.1 Dauerfrühschicht2.2 Dauerspätschicht2.3 Dauernachtschicht2.4 geteilte Schichten zu konstanten Zeiten

Schichtplanmerkmale zur Beurteilung von Schichtsystemen

nach Knauth

Aufeinanderfolge der Schichten

• Rotationsgeschwindigkeit• Rotationsrichtung

Dauer und Verteilung der Arbeitszeit

• Anzahl hintereinander liegender Arbeitstage• Schichtdauer• Ruhezeit zwischen zwei Schichten

Lage der Arbeitszeit

• Frühschichtbeginn• Spätschichtende• Nachtschichtende• Wochenendarbeit

Kurzfristige Abweichungen vom Sollplan

• durch Arbeitgeber veranlasst• auf Wunsch des Mitarbeiters

Arbeitsbelastung (Anforderungen, Risiken, Ressourcen)

• Leben gegen die innere Uhr• Merkmale des

Schichtsystems• Arbeitsaufgabe, Arbeitsplatz,

Arbeitsumgebung• Unterstützung durch

Vorgesetzte, Kollegen

Bewältigung

problem-, emotions- und gesundheitsbezogenes Verhalten

Beanspruchung

• Störungen des Wohlbefindens

• Schlafstörungen• Appetitstörungen• Leistungsminderung

Erkrankungen

Individuum

• interne Anforderungen in Bezug auf Arbeit/ Familie

• interne Ressourcen - Alter, Schichterfahrung - Arbeitsfähigkeit - Gesundheit - Geschlecht - Persönlichkeitsmerkmale

externe nicht arbeitsbezogene Anforderungen, Risiken, Ressourcen

• Kinderbetreuung, Pflege• Ehrenamt• Wohnsituation• Leben gegen den Rhythmus des

sozialen Umfeldes• Unterstützung durch Familie

Bewertung, Gestaltung

nach Hornberger 2006

Integratives Belastungs- Beanspruchungskonzept für Schichtarbeit

Maßnahmen für Schichtarbeiter

1

ergonomische Schichtplan-gestaltung

8

Schlaf zu Hause

9

persönliche Gesund-heitsmaßnahmen und Ressourcen

10

Unterstützung durch Familie und soziales

Umfeld

7

Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz

6

Gesundheits-management

5

Schulung der Schichtarbeiter und

Führungskräfte

4

Wachsamkeits- und Wohlbefindens-

management

3

Arbeits-bedingungen

2

Beteiligung der Schichtarbeiter

Präventive und kompensatorische Maßnahmen für Schichtarbeiter

nach Knauth und Hornberger 2003

RotationsrichtungFSN = VorwärtswechselNSF = Rückwärtswechsel

8) einzelne Arbeitstage zwischen freien Tagen

– F –– S –– N –

7) N – V vermeidenN – N

SpezielleSchichtfolgen

6) mind. 2 freie Tage nach der letzten Nachtschicht

N – F

5) Vorwärtswechsel

4) möglichst wenige hintereinanderliegende Spätschichten (max. 3)

Spät-schichten

3) möglichst wenige hintereinander-liegende Nachtschichten (max. 3)(s. auch Empfehlung 12)

Früh-schichten

2) Dauernachtschicht vermeiden

1) möglichst weniger hintereinanderliegende Nachtschichten (max. 3)

Nacht-schichten

maximale Anzahl hintereinander-liegender gleicher Schichten

erwartete Wirkungen bei Berücksichtigung der Empfehlung

vermeiden, minimieren, reduzieren verbessern, erhöhen

EmpfehlungenKriterien

• mögliche langfristige Gesundheitsschäden

• Anhäufung von Schlafdefiziten

• soziale Kontakte

• Umstellungsprobleme (biologische Tagesrhythmik)

• Anhäufung von Schlafdefiziten• soziale Kontakte

• Anhäufung von Schlafdefiziten

• soziale Kontakte

• Umstellungsprobleme (biologische Tagesrhythmik)

• Schlafreduzierung vor der Frühschicht

• Umstellungsprobleme (biologische Tagesrhythmik)

• Unterbrechung von Freizeitblöcken

Arbeitswissenschaftliche Empfehlungen in Bezug auf das Schichtplanmerkmal „Aufeinanderfolge der Schichten“

Knauth 2005

Arbeitswissenschaftliche Empfehlungen in Bezug auf dasSchichtplanmerkmal „Dauer und Verteilung der Arbeitszeit“

10) lange Arbeitsschichten (>8 Stunden) sind nur dann akzeptabel, wenn

Schichtdauer

9) maximal fünf bis sieben Arbeitstage(siehe auch Empfehlung 10)

maximale Anzahl hintereinander-liegender Arbeitstage

erwartete Wirkungen bei Berücksichtigung der Empfehlung

vermeiden, minimieren, reduzierenverbessern, erhöhen

EmpfehlungenKriterien

• Anhäufung von Ermüdung• Fehlleistungen

• Unfälle

• Anhäufung von Ermüdung

• Mögliche langfristige Gesundheitsschäden

• die Arbeitsinhalte und die Arbeitsbelastungen eine längere Schicht zulassen

• ausreichend Pausen vorhanden sind• das Schichtsystem so angelegt ist, dass eine

Ermüdungsanhäufung vermieden wird• die Personaldecke zur Abdeckung von Fahrzeiten

ausreicht• keine Überstunden hinzugefügt werden• die Einwirkung gesundheitsgefährdender

Arbeitsstoffe begrenzt ist

• eine vollständige Erholung nach der Arbeitszeit möglich ist

11) Die Dauer der Ruhezeit sollte >11 Stunden betragen. • SchlafreduzierungRuhezeit zwischen zwei Schichten

Knauth 2005

Arbeitswissenschaftliche Empfehlungen in Bezug auf das Schichtplanmerkmal „Lage der Arbeitszeit“

• soziale Kontakte15) Wochenendarbeit vermeidenWochenendarbeit

• Anzahl der Schlafstunden während der Nachtzeit

14) so früh wie möglichNachtschichtende

• soziale Kontakte16) geblockte freie Wochenenden (wenn Empfehlung 15 nicht realisierbar)

• Schlafreduzierung13) nicht zu spät

(d.h. 22.00 besser als 23.00 Uhr,

23.00 besser als 24.00 Uhr usw.)

Spätschichtende

• soziale Kontakte• in Sonderfällen frühes Ende (z.B. 18.00 Uhr am Wochenende)

• Schlafreduzierung12) nicht zu früh (d.h. 6.30 besser als 6.00 Uhr,

6.00 besser als 5.00 Uhr usw.)

Frühschichtbeginn

erwartete Wirkungen bei Berücksichtigung der Empfehlung

vermeiden, minimieren, reduzieren verbessern, erhöhen

EmpfehlungenKriterien

Knauth 2005

Arbeitswissenschaftliche Empfehlungen in Bezug auf das Schichtplanmerkmal „Kurzfristige Abweichung vom Soll-Plan“

20) Flexibilität ermöglichen (z.B. flexible Schichtwechselzeiten, Wahlarbeitszeit, Schichttausch, Zeitfenster, zeitautonome Arbeitsgruppen, individualisierte Dienstpläne)

auf Wunsch des Mit-arbeiters

19) Mitarbeiter bestimmen selbst die Arbeitszeit und übernehmen Verantwortung für die fristgerechte Erledigung der Aufgaben (zeitautonome Arbeitsgruppen)

18) “Spielregeln“ in Bezug auf Vorankündigungsfrist und Ausgleich festlegen

17) Kurzfristige Abweichungen vermeidendurch Arbeit-geber veranlasst

Kurzfristige Abweichungen vom Soll-Plan

erwartete Wirkungen bei Berücksichtigung der Empfehlung

vermeiden, minimieren, reduzieren verbessern, erhöhen

EmpfehlungenKriterien

• Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben

• Planbarkeit der Freizeit

• Planbarkeit der Freizeit

• Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben

Knauth 2005

Lernfall zum Thema „Krank durch Stress?“

* AM = Arbeitsmedizin

Low back pain (AM*) Chronische Rückenschmerzen und Stress

Internationaler Lernfall (spielt in Brasilien, Chile und Deutschland)