hydrodynamik und stofftransport in einem perlschnurreaktor für gas/flüssig/fest-reaktionen

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Forschungsarbeit Hydrodynamik und Stofftransport in einem Perlschnurreaktor für Gas/Flüssig/Fest-Reaktionen Robert Langsch, Stefan Haase und Rüdiger Lange* DOI: 10.1002/cite.201200189 Herrn Prof. Dr. Werner Weisweiler zum 75. Geburtstag gewidmet In dieser Arbeit wurden die Hydrodynamik einer Gas/Flüssig-Zweiphasenströmung und erzielbare Stofftransportraten in einem Perlschnurreaktor charakterisiert. Die Katalysatorpackung im Reaktor besteht aus runden Kanälen mit einem Kanaldurchmesser von 1,41 mm, in die kugelförmige Katalysatorpartikel mit einem Durchmesser von 0,8 mm integriert sind. Bei gleichzeitig ablaufender Reaktion (Flüssigphasenhydrierung von a-Methylstyrol) konnten volumetrische Gesamt- stoffdurchgangskoeffizienten für Wasserstoff zwischen 0,8 und 5,5 s –1 ermittelt werden. Aufgrund der hohen erzielbaren Stofftransportraten und des einfachen Aufbaus können Perlschnurreaktoren schnell in der Industrie implementiert wer- den und tragen zur Generierung hocheffizienter Reaktionsapparate bei. Schlagwörter: Festbettreaktor, Gas/Flüssig-Systeme, Mehrphasenströmung, Minikanal, Stofftransport Eingegangen: 31. Oktober 2012; revidiert: 22. Dezember 2012; akzeptiert: 08. Januar 2013 Hydrodynamics and Mass Transfer in a Pellet String Reactor for Gas-Liquid-Solid Reactions In this work, a pellet string reactor was characterized with respect to hydrodynamics and mass transfer. The catalyst pack- ing consists of a cylindrical channel with a diameter of 1.41 mm, which was filled with spherical catalyst particles, having an outer diameter of 0.8 mm. Under reaction conditions (liquid phase hydrogenation of a-methylstyrene) overall (gas- liquid-solid) volumetric mass transfer coefficients for hydrogen between 0.8 and 5.5 s –1 were computed. Due to high mass transfer rates and simple reactor geometry, pellet string reactors can be applied in industry as highly efficient reaction units. Keywords: Gas-liquid systems, Mass transfer, Minichannel, Multiphase flow, Packed-bed reactor 1 Einleitung In der Feinchemie werden Synthesen vorrangig in diskonti- nuierlich betriebenen Rührkesselreaktoren mit suspendier- tem Katalysator durchgeführt. Die Produktivität und Ener- gieeffizienz der Prozesse werden durch Rüstzeiten und energieintensive Aufheiz- und Abkühlungsvorgänge zwi- schen den einzelnen Produktionschargen sowie die aufwen- dige Katalysatorabtrennung begrenzt. Die Überführung der Prozesse in die kontinuierliche Betriebsweise mit ortsfesten Katalysatoren wird zu effizienteren und kostengünstigeren Verfahren führen und eine zeitlich konstante Produktquali- tät gewährleisten [1 – 7]. Miniaturisierte Strömungsreaktoren mit fixierter Kataly- satorpackung, sogenannte Milli- oder Mikrofestbettreak- toren, sind für die Neugestaltung der Prozesse ein interes- santer Ansatz. Die Verkleinerung der charakteristischen Abmessungen und die dadurch hervorgerufenen Strö- mungsphänomene bewirken im Allgemeinen eine enge Verweilzeitverteilung und hohe Stoff- und Wärmetransport- raten. Dadurch kann eine hohe Produktqualität und Raum- Zeit-Ausbeute gewährleistet werden. Von besonderer Be- deutung sind Perlschnurreaktoren, deren Packung aus iner- ten und parallel angeordneten Strömungskanälen besteht, in die Katalysatorpartikel (Kugeln, Pellets oder Extrudate) integriert sind, wobei das Kanal/Partikeldurchmesser- Verhältnis kleiner zwei ist [8]. Die spezielle Anordnung der Partikel ist eine wirksame Methode zur weiteren Verengung der Verweilzeitverteilung und ermöglicht eine Erhöhung der Produktionsleistung durch Erhöhung der Kanalanzahl (Numbering-up). Aufgrund der praktischen Handhabung www.cit-journal.com © 2013 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Chemie Ingenieur Technik 2013, 85 No. 5, 642–655 Robert Langsch, Stefan Haase, Prof. Dr.-Ing. Rüdiger Lange ([email protected]), Technische Universität Dresden, Professur für Chemische Verfahrens- und Anlagentechnik, Münchner Platz 3, 01069 Dresden, Deutschland. 642 R. Lange et al.

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Page 1: Hydrodynamik und Stofftransport in einem Perlschnurreaktor für Gas/Flüssig/Fest-Reaktionen

Forschungsarbeit

Hydrodynamik und Stofftransport in einemPerlschnurreaktor für Gas/Flüssig/Fest-ReaktionenRobert Langsch, Stefan Haase und Rüdiger Lange*

DOI: 10.1002/cite.201200189

Herrn Prof. Dr. Werner Weisweiler zum 75. Geburtstag gewidmet

In dieser Arbeit wurden die Hydrodynamik einer Gas/Flüssig-Zweiphasenströmung und erzielbare Stofftransportraten in

einem Perlschnurreaktor charakterisiert. Die Katalysatorpackung im Reaktor besteht aus runden Kanälen mit einem

Kanaldurchmesser von 1,41 mm, in die kugelförmige Katalysatorpartikel mit einem Durchmesser von 0,8 mm integriert

sind. Bei gleichzeitig ablaufender Reaktion (Flüssigphasenhydrierung von a-Methylstyrol) konnten volumetrische Gesamt-

stoffdurchgangskoeffizienten für Wasserstoff zwischen 0,8 und 5,5 s–1 ermittelt werden. Aufgrund der hohen erzielbaren

Stofftransportraten und des einfachen Aufbaus können Perlschnurreaktoren schnell in der Industrie implementiert wer-

den und tragen zur Generierung hocheffizienter Reaktionsapparate bei.

Schlagwörter: Festbettreaktor, Gas/Flüssig-Systeme, Mehrphasenströmung, Minikanal, Stofftransport

Eingegangen: 31. Oktober 2012; revidiert: 22. Dezember 2012; akzeptiert: 08. Januar 2013

Hydrodynamics and Mass Transfer in a Pellet String Reactor for Gas-Liquid-Solid Reactions

In this work, a pellet string reactor was characterized with respect to hydrodynamics and mass transfer. The catalyst pack-

ing consists of a cylindrical channel with a diameter of 1.41 mm, which was filled with spherical catalyst particles, having

an outer diameter of 0.8 mm. Under reaction conditions (liquid phase hydrogenation of a-methylstyrene) overall (gas-

liquid-solid) volumetric mass transfer coefficients for hydrogen between 0.8 and 5.5 s–1 were computed. Due to high mass

transfer rates and simple reactor geometry, pellet string reactors can be applied in industry as highly efficient reaction

units.

Keywords: Gas-liquid systems, Mass transfer, Minichannel, Multiphase flow, Packed-bed reactor

1 Einleitung

In der Feinchemie werden Synthesen vorrangig in diskonti-nuierlich betriebenen Rührkesselreaktoren mit suspendier-tem Katalysator durchgeführt. Die Produktivität und Ener-gieeffizienz der Prozesse werden durch Rüstzeiten undenergieintensive Aufheiz- und Abkühlungsvorgänge zwi-schen den einzelnen Produktionschargen sowie die aufwen-dige Katalysatorabtrennung begrenzt. Die Überführung derProzesse in die kontinuierliche Betriebsweise mit ortsfestenKatalysatoren wird zu effizienteren und kostengünstigerenVerfahren führen und eine zeitlich konstante Produktquali-tät gewährleisten [1 – 7].

Miniaturisierte Strömungsreaktoren mit fixierter Kataly-satorpackung, sogenannte Milli- oder Mikrofestbettreak-toren, sind für die Neugestaltung der Prozesse ein interes-santer Ansatz. Die Verkleinerung der charakteristischenAbmessungen und die dadurch hervorgerufenen Strö-mungsphänomene bewirken im Allgemeinen eine engeVerweilzeitverteilung und hohe Stoff- und Wärmetransport-raten. Dadurch kann eine hohe Produktqualität und Raum-Zeit-Ausbeute gewährleistet werden. Von besonderer Be-deutung sind Perlschnurreaktoren, deren Packung aus iner-ten und parallel angeordneten Strömungskanälen besteht,in die Katalysatorpartikel (Kugeln, Pellets oder Extrudate)integriert sind, wobei das Kanal/Partikeldurchmesser-Verhältnis kleiner zwei ist [8]. Die spezielle Anordnung derPartikel ist eine wirksame Methode zur weiteren Verengungder Verweilzeitverteilung und ermöglicht eine Erhöhungder Produktionsleistung durch Erhöhung der Kanalanzahl(Numbering-up). Aufgrund der praktischen Handhabung

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–Robert Langsch, Stefan Haase, Prof. Dr.-Ing. Rüdiger Lange([email protected]), Technische Universität Dresden,Professur für Chemische Verfahrens- und Anlagentechnik,Münchner Platz 3, 01069 Dresden, Deutschland.

642 R. Lange et al.

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und der Abmessungen kommerzieller und standardisierterKatalysatorpartikel erscheinen Reaktoren mit Kanalabmes-sungen zwischen 1 und 4 mm besonders geeignet.

Perlschnurreaktoren werden meist zur Vorhersage derReaktionsgeschwindigkeit von konventionellen Festbett-katalysatoren in großskaligen Rieselbettreaktoren undgepackten Blasensäulenreaktoren verwendet. Obwohl Perl-schnurreaktoren im Labormaßstab geringere Bettporositä-ten aufweisen, werden bei identischen Raumgeschwindig-keiten ähnliche Katalysatornutzungsgrade wie in derindustriellen Großanalage erzielt [9 – 12]. Die deutlich ge-ringeren Reaktorquerschnitte ermöglichen eine kosten-günstige und schnelle reaktionstechnische Charakterisie-rung der verwendeten Katalysatoren.

Aufgrund eines hohen radialen Wärmetransportvermö-gens werden Millifestbettreaktoren zunehmend für eineAnwendung der Fischer-Tropsch-Synthese untersucht, de-ren Prozess durch eine starke Exothermie und eine schnelle

Katalysatordeaktivierung durch die Entstehung von Hot-spots gekennzeichnet ist [13, 14]. Diese Forschungsergeb-nisse der letzten Jahre sowie die Arbeiten von Bauer et al.[15] und Haase et al. [16] zeigen, dass diese Reaktorbauartbei höheren Fluidgeschwindigkeiten eine effektive Produk-tionseinheit zur Erzeugung von Feinchemikalien darstellenkann.

Tab. 1 gibt einen Überblick über ausgewählte Reaktions-studien in Millifestbettreaktoren, wobei sich die Rechercheauf Reaktoren mit einem gasförmigen und flüssigen Zu-laufstrom konzentriert. Es ist ersichtlich, dass diese Reakto-ren vorrangig zur Katalysatortestung bzw. hinsichtlich derEignung als Laborreaktor für die Maßstabsübertragung inverschiedenen industriellen Hydrierprozessen eingesetztworden sind [17]. Zum Einfluss der Betriebsbedingungenauf die erzielbare Stoffumwandlung, d. h. die Reaktorleis-tung, werden in der Fachliteratur widersprüchliche Abhän-gigkeiten berichtet.

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Chemie Ingenieur Technik 2013, 85, No. 5, 642–655 © 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.cit-journal.com

Tabelle 1. Zusammenfassung der veröffentlichten Reaktionsstudien in Millifestbettreaktoren.

Quelle Reaktor(Strömungsrichtunga /Kanalquerschnittb /Katalysatorpartikelformc)

KanalabmessungendK x LR

[mm]

dK/dP

[–]Reaktion p [MPa] T [K] Strömungsregime

[9] PSR(↓ / � / �)

9,25 × 116 1,21 Hydrierungvon AMS

0,1 298 – 328 Filmströmung

[10] PSR(→ /� / �)

4,0 × 9000 1,00 Hydrierungvon Propadien

2,4/ 3,0 n. a. Blasen-/geschichteteStrömung

[11] Spiralreaktor(→ / � / ✻)

2,1 × 2000 / 4000 /6000

1,75 HDS 5,0 593 – 623 n. a.

[12] Spiralrektor(→ / � / ✻)

2,1 × 2100 1,91 HDS 5,1 613 geschichteteStrömung

Hydrierungvon Benzol

1,7 343

Absorptionvon O2 in Wasser

0,1 295

[15] PSR(↓ / � / �)

0,96 × 200 ∼1,25 Hydrierungvon AMS

1,0 313 Kolbenströmung

[16] PSR(↓ / � / �)

1,00 × 192 1,25 Hydrierungvon AMS

1,1 343 Kolbenströmung

[18] MFBR, verdünnt(↓ / � / ✻)

8,0 × n. a. 6,67 HDS 5,4 593 – 613 n. a.

[19] MFBR, verdünnt(↓↑ / � / ∴)

25,4 × 70 63/81 Hydrierungvon Benzol

1,6 343 – 373 Filmströmung

[20] lFBR(→ / � / ∴)

0,78 × 60 13/ 6,90 Hydrierungvon o-Nitroanisole

0,345 – 1,72 298 – 328 Kolbenströmung

[21] MFBR, verdünnt(→ / � / ✻)

25,4 × 122 16 Hydrierungvon Benzol

1,7 343 – 523 Filmströmung

[27] MFBR, verdünnt &unverdünnt(↓↑ / � / ✻)

8,0 × 1408,0 × 169

6,67 HDS 5,4 593 – 623 n. a.

a) ↑ aufwärts, → horizontal, ↓ abwärts. b) � rechteckig, � rund. c) ✻ Extrudate, ∴ gemahlene Partikel, � Kugeln.n.a.: nicht angegeben

Mehrphasenströmung 643

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In der Mehrheit der Studien konnte der Umsatz des flüssi-gen Edukts durch Erhöhung des Gasdurchsatzes gesteigertwerden [10, 11, 15, 16, 18, 19]. Jedoch beobachteten Tadepalliet al. [20] einen gegenläufigen Trend. Eine Erhöhung desFlüssigkeitsdurchsatzes führte in den meisten Studien auf-grund der verkürzten Verweilzeit zu einer Verringerung desUmsatzes [9 – 12, 15, 16, 18, 20, 21]. Lediglich Metaxas et al.[19] ermittelten eine vernachlässigbare Abhängigkeit zwi-schen Flüssigkeitsdurchsatz und Umsatz. Völlig konträreEinflüsse des Systemdruckes wurden in der Fachliteratur be-richtet. So wurde durch einen erhöhten Druck im Reaktoreine Erhöhung des Umsatzes [9], ein konstanter Umsatz [10]sowie ein steigender und fallender Umsatz bewirkt [20].

Hinsichtlich des Stofftransportes in Millifestbettreaktorensind in der Fachliteratur nur wenige Informationen verfüg-bar. Die Messdaten von Kallinikos und Papayannakos [12],Metaxas und Papayannakos [19] und Satterfield et al. [9] zei-gen, dass der Gesamtstoffdurchgangskoeffizient nicht odernur marginal von der Flüssigkeitsgeschwindigkeit im Reak-tor abhängt. Hingegen wurden in den Experimenten vonBauer und Haase [15] und Haase et al. [16] höhere Stoff-transportraten bei Erhöhung der Flüssigkeitsgeschwin-digkeit festgestellt. Alle Autoren sind sich einig, dass eineErhöhung der Gasgeschwindigkeit eine Erhöhung des Stoff-transportes zur Folge hat [9, 11, 15, 19].

Es lässt sich schlussfolgern, dass die zugrundeliegendenEffekte zum Einfluss der Betriebsbedingungen auf das Ver-halten im komplexen Reaktionsprozess noch unzureichendverstanden sind. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die teilsgegenläufigen Trends auf unterschiedliche hydrodyna-mische Zustände in den Reaktoren der verschiedenenForschergruppen zurückzuführen sind. Beispielsweise be-obachteten Kallinikos und Papayannakos [12] eine schwer-kraftgetriebene radiale Trennung der Gas- und Flüssigphaseüber dem Kanalquerschnitt bei horizontaler Strömungsfüh-rung, während die vertikal abwärts gerichtete Strömung inden Experimenten von Bauer et al. [22] zu einer axial seg-mentierten Strömung, ähnlich der Kolbenströmung in lee-ren Kanälen, führte. Es ist offensichtlich, dass diese differie-renden Strömungsregime verschiedene Austauschflächenzwischen den fluiden Phasen und dem festen Katalysatorerzeugen und damit erzielbare Stofftransport- und Reak-tionsraten beeinflussen.

Auftretende Strömungsregime in Perlschnurreaktorenfür vertikal angeordnete Reaktoren wurden von Bauer et al.[22] und Vonortas et al. [23] charakterisiert. Vonortas et al.untersuchten drei Reaktoren mit einem identischen Kanal/Partikeldurchmesser-Verhältnis von 1,4 und Kanalabmes-sungen zwischen 2,5 und 4,0 mm sowie quadratischem undrundem Querschnitt [23]. Für Gasleerrohrgeschwindigkei-ten kleiner 0,08 m s–1 und Flüssigkeitsleerrohrgeschwindig-keiten kleiner 0,05 m s–1 wurden im Aufstrom entsprechendder kontinuierlichen Phase zwei Hauptregime a) Film-strömung und b) Blasenströmung identifiziert. Filmströ-mung trat bei Gasgeschwindigkeiten von über 0,03 m s–1

auf und ist durch eine kontinuierliche strömende Gasphase

und dünne Flüssigkeitsfilme auf den Katalysatoren undder Reaktorwand gekennzeichnet. Bei niedrigeren Gasge-schwindigkeiten wird die Flüssigkeit zur kontinuierlichenPhase und das Gas strömt in Form von kleinen, in der Flüs-sigkeit dispergierten Blasen um die Katalysatorpartikel. DieAutoren unterteilten das Regime in eine isolierte und kon-tinuierliche Blasenströmung. Bei der isolierten Strömungtreten die Gasblasen als Schwarm auf, der durch einen gas-freien Flüssigkeitskolben vom nächsten Blasenschwarmgetrennt ist. Bei der kontinuierlichen Blasenströmung gibtes keine gasfreien Flüssigkeitskolben und die Gasblasensind gleichmäßig in der Flüssigphase verteilt.

Derartige Strömungsregime wurden auch von Bauer et al.[22] bei Abstromexperimenten im gepackten quadra-tischen Kanal (dK = 1,0 mm, dP = 0,8 mm) beobachtet. DieAutoren untersuchten einen höheren Bereich von Gas-(0,04 < uG,S < 50 m s–1) und Flüssigkeitsleerrohrgeschwin-digkeiten (0,02 < uL,S < 1,00 m s–1) und konnten auch dieBlasen- und Filmströmung beobachten. Zusätzlich wur-den die Kolbenströmung, aufgewühlte Strömung sowiemehrere Unter- und Übergangsregime klassifiziert unddefiniert. Im Regime der Kolbenströmung strömen gas-freie Flüssigkeitskolben im regelmäßigen Wechsel mitlanggestreckten Gasblasen, die fast den gesamten Kanal-querschnitt ausfüllen, durch die Katalysatorpackung. Die-ses Strömungsregime wurde von Vonortas et al. [23] nichtbeobachtet, was durch die Kanäle mit größeren Innen-durchmessern zu erklären ist. Aus Hydrodynamikstudienin leeren Kanälen ist bekannt, dass die Kolbenströmungnur in Kanälen bis zu einem bestimmten kritischen Durch-messer auftritt. Experimente von Chen et al. zeigten, dassder kritische Kanaldurchmesser 2,0 mm beträgt [24]. Chao-tische Strömungsbedingungen mit nicht zu identifizieren-den Phasenverhältnissen und -kontaktflächen bei hohenLeerrohrgeschwindigkeiten der Fluide (uG,S > 1,0 m s–1,uL,S > 0,5 m s–1) wurden nach Bauer et al. [22] als aufge-wühlte Strömung bezeichnet.

In Abb. 1 sind die Leerrohrgeschwindigkeitsbereiche dervorgestellten Reaktionsstudien aus Tab. 1 (sofern angege-ben) in einer Strömungskarte dargestellt. Es ist ersichtlich,dass vorrangig niedrige Flüssigkeitsleerrohrgeschwindig-keiten im Zentrum der Untersuchungen standen, da iden-tische Raumgeschwindigkeiten wie im industriellen Reak-tor simuliert werden sollten. Erste Experimente beiFlüssigkeitsleerrohrgeschwindigkeiten von größer 0,01 m s–1

wurden von Haase et al. [16] und Bauer und Haase [13]durchgeführt. Jedoch fehlen Erfahrungen zum Betrieb beisehr hohen Gasleerrohrgeschwindigkeiten und bei hohenGasüberschussraten. Aufgrund der Stöchiometrie derReaktion sind hohe Gasüberschussraten von besondererBedeutung, um die Reaktion bei niedrigem Systemdruckin einem kontinuierlich betrieben Reaktor durchführen zukönnen.

In der vorliegenden Arbeit wird ein Perlschnurreaktor(dK = 1,41 mm, dP = 0,80 mm, dK/dP = 1,76) hinsichtlich derauftretenden Strömungsregime und der Gesamtstoffdurch-

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644 R. Lange et al.

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gangskoeffizienten für Wasserstoff bei gleichzeitig ablaufen-der chemischer Reaktion charakterisiert.

2 Experimenteller Teil

Hauptkomponenten der Versuchsanlage für die Hydrodyna-mik- und Reaktionsstudien sind die Gas- und Flüssigkeits-versorgung, der Perlschnurreaktor, der Gas/Flüssigkeits-Separator sowie das Temperatur- und Druckregelsystem.Eine detaillierte Beschreibung der Versuchsanlage wurdevon Haase und Bauer veröffentlicht [25].

Zur Simulation eines einzelnen Strömungskanals desPerlschnurreaktors wurde eine Edelstahlkapillare mit einemInnendurchmesser von 1,41 mm verwendet. Diese wurdemit kugelförmigen Katalysatorpartikeln mit einem Durch-messer von 0,8 mm befüllt. Das resultierende Kanal/Parti-keldurchmesser-Verhältnis beträgt 1,76. Dieses Verhältnisist klein im Vergleich zu konventionellen Schüttbettreakto-ren mit dK/dP > 10 [17] beziehungsweise dK/dP > 18 [26] oderMikroreaktoren, die mit Katalysatorpulver gefüllt sind, wiez. B. dK/dP = 7 [27]. Im Allgemeinen wird bei Mehrphasenre-aktoren ein großes Kanal/Partikeldurchmesser-Verhältnisgewählt, um eine Bypass-Strömung an der Reaktorwandaufgrund der veränderten Porosität nahe der Kanalwand zuverhindern. Aufgrund der Vorteiler einer einfachen undreproduzierbaren Befüllung von Perlschnurreaktoren, wirdeine potenzielle Randströmung in diesen Strukturen akzep-tiert. Die Strömungsvisualisierungsexperimente zeigten,dass Randströmungseffekte im untersuchten Perlschnur-reaktor nur im Bereich der Filmströmung bei geringenFlüssigkeitsleerrohrgeschwindigkeiten und großem Gas-überschuss auftraten.

Die zu erwartende regelmäßige Anordnung der Katalysa-torpartikel im Strömungskanal ist in Abb. 2 dargestellt. Die

theoretische Bettporosität der Schüttung ergibt sich nachdem VDI-Wärmeatlas [28] gemäß Gl. (1) zu 0,67.

eB�T � 1 � 23

dK

dP

� �3��������������2

dK

dP

� 1

���������

�����1

(1)

In Schüttungsexperimenten wurde eine mittlere Bettpo-rosität der Packung anhand des Verhältnisses von Katalysa-torvolumen zu Reaktorvolumen von 0,72 ermittelt (Gl. (2)).

eB � 1 � VP

VR� 1 �

Np6

d3p

VR(2)

Die geringfügig höhere experimentelle Porosität kann aufFertigungstoleranzen der Edelstahlkapillare oder der Kataly-satorpartikel oder eine nicht ganz regelmäßige Schüttungzurückzuführen sein. Beispielsweise stimmt die theore-tische mit der experimentell bestimmten Bettporosität über-ein, wenn ein um 1,3 % erhöhter Katalysatordurchmesserangenommen wird. Weitere charakteristische Parameterder Katalysatorpackung sind in Tab. 2 zusammengefasst.

Als Gasphase wurde in den Reaktionsexperimenten Was-serstoff (Air Liquide, Reinheit 5.0) und als Flüssigphase einGemisch aus a-Methylstyrol (AMS, Masseanteil von 0,20)und Lösungsmittel Cumol (beide Sigma Aldrich Co. LLC,Reinheit 98 %) verwendet. Die Flüssigkeit wurde nicht mitWasserstoff vorgesättigt.

Es wurde in der Fachliteratur berichtet, dass die Aktivitätvon Palladiumkatalysatoren im untersuchten Reaktions-system sehr stark von kleinen Mengen Wasser [29, 30] oder4-tert-Butylbenzen-1,2-diol [30 – 32] herabgesetzt wird. Letz-tere Verbindung wird gewöhnlich kommerziell erhältlichemAMS zugegeben, um dessen Selbstpolymerisation zu unter-binden. Um beide Hemmstoffe aus der Reaktionsmischungzu entfernen, wurde diese mit aktiviertem Aluminiumoxid(2 g L–1; Roth Aluminiumoxid 90 neutral) und Molekular-sieb 3A (4 gL–1; Roth) behandelt. Die Lösung wurde für min-destens zwei Stunden mit beiden Additiven gerührt und vor

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Abbildung 1. Übersicht zu untersuchten Leerrohrgeschwindig-keitsbereichen veröffentlichter Reaktionsstudien sowie zumBereich der Stofftransportuntersuchungen in dieser Arbeit.

Abbildung 2. Schematische Darstellungder Partikelanordnung in einem Perl-schnurreaktor mit einem Kanal/Partikel-durchmesser-Verhältnis von 1,76.

Mehrphasenströmung 645

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den Experimenten filtriert. Nach Stein et al. [33] ergibt sichbei Raumbedingungen ein maximaler AMS-Massenanteilvon 0,23, bei dem keine Selbstpolymerisation stattfindenkann. Demzufolge ist eine Selbstpolymerisation von AMSbei einem Masseanteil von 0,20 auszuschließen.

Die Durchführung der Experimente erfolgte nach einheit-lichem Schema. Zuerst wurden die Sollwerte für den Sys-temdruck, die Temperatur des Reaktors sowie der Volumen-ströme von Gas und Flüssigkeit im computergesteuertenProzessleitsystem eingestellt. Während der Reaktionsstu-dien wurde durch regelmäßige Probenahme (alle 10 min)mittels Refraktometer der Masseanteil an AMS am Reaktor-ausgang bestimmt. Ein stationärer Zustand des Systemswurde angenommen, wenn in drei aufeinanderfolgen Pro-ben identische Massenanteile enthalten waren. Üblicher-weise stellte sich der stationäre Zustand der Reaktionsstu-dien nach 45 min ein. Eine konstante Katalysatoraktivitätkonnte durch Experimente an verschiedenen Versuchstagenbei identischen Betriebsbedingungen nachgewiesen wer-den.

Die Charakterisierung der Strömungsverhältnisse in denHydrodynamikstudien erfolgte mittels einer Hochgeschwin-digkeitskamera (HCC1000VDS-Vosskühler, Stroboskopbe-lichtung) in einem kugelgepackten Glaskanal mit ähnlichemKanalinnendurchmesser (dK = 1,5 mm) wie der Reaktions-kanal bei einem Absolutdruck von 1,1 MPa und Umge-bungstemperatur. Leider waren Glaskanäle mit identischemDurchmesser wie der des Reaktionskanals nicht erhältlich.Die Autoren gehen davon aus, dass die resultierenden Un-terschiede zwischen den beiden Kanälen vernachlässigbarsind, da die Volumenströme der Fluide entsprechend derQuerschnittsänderung angepasst wurden. Zusätzliche Strö-mungsvisualisierungen mit Glaskapillaren mit Kanalinnen-durchmessern von 1,0 mm und 2,0 mm zeigten eine Ver-schiebung der Strömungsregimegrenzen zu höherenFlüssigkeitsgeschwindigkeiten mit Vergrößerung des Kanal-innendurchmessers. Die theoretische Bettporosität des Ka-nals der Strömungsvisualisierung beträgt nach Gl. (1) 0,61,die mit der experimentell ermittelten Bettporosität von 0,65gut übereinstimmt.

Bei der Ausbildung der Strömungsregime kommt demGas/Flüssigkeitsmischsystem eine besondere Bedeutungzu. In den Hydrodynamik- und Reaktionsstudien wurde einNadelinjektor verwendet, d. h. Gas wird mittels einer Nadelin eine kontinuierlich strömende Flüssigkeit injiziert. DerAbstand zwischen Injektornadel und Katalysatorpackungbetrug 2,5 cm. Folglich konnten sich im leeren Strömungs-kanal die typischen Zweiphasenströmungsformen (Blasen-,Kolben- und Filmströmung) ausbilden, bevor die Strömungdie Kugelpackung passierte. Auf eine inerte Einlaufstreckein der Kugelpackung wurde verzichtet. In den Hydro-dynamikstudien wurde Stickstoff (Air Liquide, Reinheit 5.0)anstatt Wasserstoff als Gasphase verwendet. In früherenStudien in leeren Kanälen konnte kein Unterschied in derZweiphasenströmung von Wasserstoff bzw. Stickstoff beiniedrigen Drücken (p < 1,1 MPa) beobachtet werden.

Für die Hydrodynamikstudien wurde nach der Ausbildungeiner stabilen, stationären Strömungsform – ca. 5 Minutennach der Eingabe der Sollwerte für Gas- und Flüssigkeits-volumenstrom – ein Video mit der Hochgeschwindigkeits-kamera aufgenommen. Auf der Basis der Videoaufnahmender Zweiphasenströmung wurde eine Strömungskarte er-stellt. Die Leerrohrgeschwindigkeiten der beiden Fluide be-ziehen sich auf den leeren Kanal ohne Katalysatorpackung.

3 Ergebnisse und Diskussion

3.1 Strömungsregime

In den Strömungsvisualisierungsexperimenten im unter-suchten Perlschnurreaktor wurden in Anlehnung an dieKlassifikation von Bauer et al. [22] in der vorliegenden Ar-beit vier Hauptregime a) Blasenströmung, b) Kolben-strömung, c) Filmströmung und d) aufgewühlte Strömungsowie ein Übergangsgebiet identifiziert. Das Übergangsge-biet kommt der Bezeichnung als Kolben-Blasenströmungam nächsten. In Abb. 3 sind die beobachteten Strömungsre-gime in einer Strömungskarte dargestellt.

Die Kolbenströmung trat bei niedrigen Gas- und Flüs-sigkeitsgeschwindigkeiten (uG,S < 0,2 m s–1, 0,001 < uL,S

< 0,02 m s–1) auf. Bei diesen niedrigen Strömungsgeschwin-digkeiten wachsen Gasblasen an der Injektorspitze unge-stört bis sie den ganzen Kanalquerschnitt ausfüllen. Ab die-sem Zeitpunkt staut sich Flüssigkeit hinter der Gasblaseund es entsteht ein Druckgradient, der zur Ablösung derGasblasen vom Injektor führt. Dieser Blasenbildungs-mechanismus wird im Englischen oft als squeezing me-chanism bezeichnet. Die abgelösten Gaskolben strömen inRichtung Katalysatorbett und expandieren dort entspre-chend der Verringerung des freien Kanalquerschnittes. Siefüllen aber auch in der Kugelpackung nahezu den gesamtenKanalquerschnitt aus. Ab einem Gasanteil von größer 0,7wurden nur noch sehr kurze Flüssigkeitskolbenlängen vonca. 0,4 mm im leeren Kanal beobachtet. Diese Flüssigkeits-kolben wandern durch die Katalysatorpackung, sind aber

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Tabelle 2. Eigenschaften des verwendeten Perlschnurreaktors.

Parameter Wert

Kanaldurchmesser dK 1,41 mm

Kanalform rund

Katalysatorpartikeldurchmesser dP 0,8 mm

Porosität des Katalysators eKAT 0,54

Anzahl der Katalysatorpartikel 220

Tortuosität (Annahme) 3

Reaktorlänge LR 140 mm

Bettporosität (ohne eKAT) eB 0,72

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aufgrund der geringen Flüssigkeitsmenge nicht mehr inder Lage, alle Partikel mit Flüssigkeit zu bedecken. Bei er-höhten Flüssigkeitsgeschwindigkeiten wird die am Injektorentstehende Gasblase abgerissen, bevor sie den ganzen Ka-nalquerschnitt ausfüllen kann. Folglich tritt Blasenströmungim leeren Kanal auf, die auch in der Kugelpackung erhaltenbleibt (uG,S < 0,2 m s–1; 0,02 m s–1 < uL,S < 0,15 m s–1). ImRegime der Blasenströmung besitzen die Gasblasen in etwadie Größe der durchschnittlichen Freiraumgröße zwischenden Katalysatorkugeln und der Reaktorwand. Bei einer wei-teren Erhöhung der Flüssigkeitsgeschwindigkeit werden dieGasblasen beim Aufprall auf die Katalysatorpartikel aufge-brochen und fein dispergiert. Dieses Regime wird als dis-pergierte Blasenströmung bezeichnet und besitzt eine mitt-lere Gasblasengröße, die um ein Vielfaches kleiner ist alsbei der reinen Blasenströmung. Zur besseren Unterschei-dung der Gasblasendimensionen, werden im Folgenden dieGasblasen der Kolbenströmung als Gaskolben (Gasblasen,deren Länge größer als der Durchmesser ist) und die derBlasenströmung immer als Gasblasen (kugelförmige Gas-blasen) bezeichnet.

Bei niedrigen Flüssigkeitsgeschwindigkeiten (uL,S <0,01 m s–1) und hohen Gasanteilen (eG > 0,85) entsteht Film-strömung mit einer kontinuierlich strömenden Gasphase imFreiraum der Packung und dünnen Flüssigkeitsfilmen aufden Katalysatorpartikeln und an der Kanalwand. Eine Erhö-hung der Flüssigkeitsgeschwindigkeit (0,01 m s–1 < uL,S <0,10 m s–1) bei hohen Gasgeschwindigkeiten (uG,S > 0,2 m s–1)führt zum Übergangsregime. Dieses ähnelt dem Regime derKolbenströmung, jedoch enthalten die Flüssigkeitskolbenfein dispergierte Gasblasen. Es kann auch als eine periodi-sche Abwechslung zwischen Blasenströmung (während derFlüssigkeitskolben) und Filmströmung (während der großenGasblasen) betrachtet werden. Eine weitere Erhöhung der

Geschwindigkeiten beider Fluide führt zur aufgewühltenStrömung, die eine optische Unterscheidung der beiden Pha-sen mit der eingesetzten Messtechnik nicht mehr erlaubt.

3.1.1 Einfluss der Strömungsregime auf dieVerweilzeit im Reaktor

Die Verweilzeit der flüssigen Phase im Reaktor bestimmtdie Kontaktzeit mit dem heterogenen Katalysator und damitdie erzielbaren Umsätze am Reaktorausgang. In Mehrpha-senreaktionsprozessen wird die Verweilzeit signifikant vonder Charakteristik der Zweiphasenströmung beeinflusst.Im Filmströmungsregime strömt die Flüssigkeit größten-teils schwerkraftgetrieben und verhältnismäßig langsamüber die Katalysatorpartikel. Die mittlere Geschwindigkeitdes Flüssigkeitsfilms wird im niedrigen Gasgeschwindig-keitsbereich nur gering von der Gasgeschwindigkeit beein-flusst [34]. Folglich sind aufgrund der großen Kontaktzeithohe Umsatzgrade in diesem Bereich zu erwarten, die nurschwach durch den Gasdurchsatz beeinflusst werden. FürGasgeschwindigkeiten größer als 0,6 m s–1 konnte in denStrömungsvisualisierungen eine Wellenbildung und Be-schleunigung der Flüssigkeitsfilme beobachtet werden, wasfolglich zu einer Beschleunigung der Flüssigphase undniedrigeren Verweilzeiten führt.

Gegensätzliche Effekte sind in Regimen mit einer kon-tinuierlichen flüssigen Phase (Blasenströmung, Kolben-strömung, Kolben-Blasenströmung und aufgewühlte Strö-mung) zu erwarten. Eine Erhöhung des Gasdurchsatzes beikonstantem Flüssigkeitsdurchsatz sollte unter Erhöhungdes Gasphasenanteils zu einer Beschleunigung der Flüssig-keit und damit zu reduzierten Verweilzeiten für die Flüssig-phase führen. Dadurch werden in diesen Strömungs-regimen geringere Umsatzgrade erwartet, die merklich vomGasdurchsatz abhängig sind. Bei dieser Betrachtung istjedoch zu beachten, dass Stoffdurchgangskoeffizienten mitsteigender Strömungsgeschwindigkeit ansteigen. Für Fest-bettreaktoren korreliert der Stoffübergangskoeffizient mitder Strömungsgeschwindigkeit zur Potenz 2/3 [10].

3.1.2 Stofftransportschritte für die gasförmigeKomponente

Heterogen katalysierte Gas/Flüssig-Reaktionen weisenmeist geringe Gaslöslichkeiten in der flüssigen Phase undhohe Reaktionsraten auf. Folglich stellt im Allgemeinen derStofftransport der gasförmigen Komponente durch die Flüs-sigkeit an den festen Katalysator den geschwindigkeits-bestimmenden Schritt des gesamten Prozesses dar. Betrach-tet man den Stofftransport der gasförmigen Komponente indiesen Systemen, ergeben sich drei mögliche Einzelstoff-transportschritte über a) die Phasengrenzfläche zwischenGas und Flüssigkeit (GL), b) die Phasengrenzfläche zwi-schen Flüssigkeit und dem festem Katalysator (LS) sowie c)durch den katalysatorbenetzenden Flüssigkeitsfilm (GLS).Spezifiziert man diese Schritte für die Kolben-Blasen-

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Abbildung 3. Strömungskarte für den untersuchten Perlschnur-reaktor (dK = 1,5 mm, dP = 0,8 mm, p = 1,1 MPa, T = 298,15 K,wAMS = 0,2, Stickstoff).

Mehrphasenströmung 647

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strömung, so wird der Transport aus den dispergierten Gas-blasen in den Flüssigkeitskolben als GL-Transportschrittbezeichnet. Der nachgeschaltete Transport des in der Flüs-sigkeit gelösten Gases sowie der flüssigen Edukte an dieKatalysatoroberfläche wird als LS-Transportschritt dekla-riert. Der Gastransport aus den großen Gaskolben direkt andie mit Flüssigkeit komplett benetzten Katalysatorpartikelentspricht dem GLS-Transportschritt.

Metaxas und Papayannakos stellten in ihren Experimen-ten fest, dass aufgrund der guten Benetzbarkeit der Kataly-satorpartikel das Gas keinen direkten, trockenen Kontaktmit der Katalysatoroberfläche aufweist, sondern immer einsehr dünner Flüssigkeitsfilm dazwischen vorhanden ist[19]. Eigene Simulationsrechnungen des untersuchten Perl-schnurreaktors mithilfe eines mathematischen Reaktor-modells validieren diese Betrachtung. Das mathematischeModell basiert auf dem von Haase et al. [35] vorgestelltenSystem aus Massebilanzen, das für den untersuchten Perl-schnurreaktor adaptiert wurde. Die Massebilanzen derbeteiligten Komponenten sind durch Korrelationen zurAbschätzung der volumetrischen Stoffdurchgangskoeffizi-enten der Einzelstofftransportschritte gekoppelt. Wird derGLS-Transportschritt mit einer empirischen Korrelation zurBeschreibung des trockenen gasseitigen Stofftransport inRieselbettreaktoren (Nelson und Galloway) dargestellt, sowird bereits nach 10 % der untersuchten Reaktorlänge vollerUmsatz erzielt, was im Gegensatz zu den experimentellenDaten steht.

Der volumetrische Gesamtstoffdurchgangskoeffizient fürdie Gaskomponente ist mit den Durchgangskoeffizientenzwischen den einzelnen Phasen folgendermaßen korreliert:

kOVaOV � 1kGLaGL

� 1kLSaLS

� ��1

� kGLSaGLS (3)

In dieser Modellannahme werden die Transportwider-stände (reziproke Werte des Stoffdurchgangskoeffizienten)für den GL- und LS-Widerstand zu einem Widerstand inReihe zusammengefasst, der parallel zum GLS-Widerstandgeschaltet ist.

Jeder spezifische volumetrische Stoffdurchgangskoeffi-zient ist das Produkt aus dem Stoffdurchgangskoeffizient kund der volumenspezifischen Austauschfläche a, wodurchsich die Koeffizienten kGL, kLS, kGLS und AustauschflächenaGL, aLS, aGLS ergeben. Es ist wichtig zu betonen, dass nichtalle genannten Stofftransportschritte in jedem Strömungs-regime auftreten. Da in der Blasenströmung die Gasblasennur vereinzelt direkten Kontakt zum Katalysatorpartikelhaben, ist davon auszugehen, dass der GLS-Transporttermvernachlässigt werden kann. Das Gas muss demnach erstaus den dispergierten Gasblasen in die Flüssigkeit diffun-dieren (GL-Transportschritt) und von dort an die Kataly-satoroberfläche durch konvektive und diffusive Prozesse(LS-Transportschritt) transportiert werden. Bei der Filmströ-mung mit dünnen Flüssigkeitsfilmen wird das Gas aus-

schließlich über den GLS-Transportschritt (Filmtheorie) be-schrieben.

Anhand der hydrodynamischen Charakteristik der Strö-mungsregime können aufgrund theoretischer Überlegun-gen Zusammenhänge zwischen Prozessbedingungen undPhasengrenzflächen sowie Stofftransportraten abgeleitetwerden, die im Folgenden diskutiert werden.

3.1.3 Vorüberlegungen zum Einfluss der Strömungs-regime auf Stofftransportprozesse

Der Stofftransport der gasförmigen Komponente an dieaktiven Zentren auf dem festen Katalysatorpartikel findetbei den Regimen der Kolbenströmung und der Kolben-Blasenströmung über die LS-Austauschfläche (während derFlüssigkeitskolben) sowie die GLS-Austauschfläche (wäh-rend der Gaskolben) statt. Die Summe beider Stoffaus-tauschflächen ist gleich der Gesamtoberfläche der Kataly-satorpartikel:

aOV � aGLS � aLS (4)

Die Anteile beider Stoffaustauschflächen in Bezug auf dieGesamtoberfläche der Katalysatorpartikel sind für beideStrömungsregime proportional zum Gasanteil der Zweipha-senströmung eG

aGLS � eG aOV (5)

aLS � �1 � eG�aOV (6)

Mit steigendem Gasanteil – äquivalent mit einer erhöhtenGasleerrohrgeschwindigkeit bei konstanter Flüssigkeitsleer-rohrgeschwindigkeit – vergrößert sich die Austauschflächedes GLS-Transportschritts im gleichen Maße wie sich dieAustauschfläche des LS-Transportschrittes verringert. Dader direkte GLS-Stofftransport durch die dünnen Filmeschneller abläuft als der LS-Transport, wird mit erhöhterGasgeschwindigkeit ein höherer gesamter Stofftransporterwartet.

Der Einfluss der Gasgeschwindigkeit auf die Größe derGL-Austauschfläche muss für jedes Strömungsregime spe-zifisch erfolgen. Für die reine Kolbenströmung führt eineVariation der Gas- oder Flüssigkeitsgeschwindigkeit zu kei-ner Veränderung der GL-Austauschfläche zwischen Gasund Flüssigkeit an den Blasenenden, aber zu unterschied-lichen Längen der Einheitszelle (Summe aus Gas- und Flüs-sigkeitskolbenlänge) [25]. In dieser Arbeit wurde beobach-tet, dass mit Erhöhung der Gasgeschwindigkeit bis zueinem Gasanteil eG von ca. 0,7 bei konstanter Flüssigkeits-geschwindigkeit sich die Einheitszellenlänge verringert. Indiesem Bereich bleiben die Gasblasenlängen konstant,wobei die Flüssigkeitskolben kürzer werden. Mit weitererErhöhung der Gasgeschwindigkeit bleiben die Flüssigkeits-kolben mit einer Länge von 0,4 mm konstant, während dieGaskolben und die Einheitszellen größer werden. Folglichwerden in Abhängigkeit der Gas- und Flüssigkeitsgeschwin-

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648 R. Lange et al.

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digkeit sehr verschiedene volumenspezifische GL-Austausch-flächen generiert.

Für die reine und dispergierte Blasenströmung wird,unter der Annahme konstanter Gasblasengrößen, die GL-Austauschfläche mit Erhöhung der Gasgeschwindigkeitund damit des Gasphasenanteils ansteigen, da sich die An-zahl an Gasblasen erhöht, wie es bei Blasensäulenreaktorenbekannt ist [36, 37].

Eine Erhöhung der Flüssigkeitsgeschwindigkeit bei kons-tanter Gasgeschwindigkeit wird die GL-Austauschfläche füralle relevanten Strömungsregime verringern. Bei der Kol-ben-Blasenströmung kann der Einfluss der Gasgeschwin-digkeit auf die GL-Austauschfläche derzeit nicht abge-schätzt werden, da in den Experimenten nicht ermitteltwerden konnte, ob das Gas eine Vergrößerung der Gaskol-ben bewirkt oder die Anzahl der dispergierten Gasblasenerhöht.

Die LS-Austauschfläche der reinen Blasenströmung unddispergierten Blasenströmung ist unabhängig von der Gas-geschwindigkeit und entspricht der Oberfläche der Kataly-satorpartikel, da diese vollständig von der Flüssigkeit um-schlossen sind.

Für das Regime der Filmströmung wird für niedrige Gas-geschwindigkeiten bis 0,6 m s–1 kein Einfluss der Gas-geschwindigkeit auf die GLS-Austauschfläche sowie denGLS-Stoffdurchgangskoeffizienten aufgrund einer geringenWechselwirkung beider Phasen erwartet. Mit dem Beginnder Wellenbewegung der Flüssigkeitsfilme bei größerenGasgeschwindigkeiten steigen die GLS-Austauschflächedurch eine bessere Benetzung der Katalysatorpartikel undder GLS-Stoffdurchgangskoeffizient durch entstehendeMikroturbulenzen innerhalb der Filme an. Eine Erhöhungder Flüssigkeitsgeschwindigkeit führt in diesem Regime zueiner besseren Katalysatorbenetzung und höheren Phasen-grenzflächengeschwindigkeiten, wodurch ein höherer Ge-samtstoffdurchgangskoeffizient erwartet wird.

Für das Strömungsregime der aufgewühlten Strömungkönnen anhand der experimentellen Daten nur Spekulatio-nen bezüglich der Abhängigkeit der Austauschflächen vonden Fluidgeschwindigkeiten getroffen werden, da weder diePhasengrenzflächen identifiziert werden können, noch ein-deutig klar ist, ob das Gas dispergiert (dispergierte Blasen-strömung) oder die Flüssigkeit dispergiert (Spray- oderAerosolströmung) vorliegt. Generell ist jedoch davon auszu-gehen, dass die volumenspezifischen Austauschflächendurch kleine Gasblasen oder Flüssigkeitstropfen sehr großsein müssen. Tab. 3 fasst die Abhängigkeiten der spezifi-schen Austauschflächen von der Gasgeschwindigkeit für dieStrömungsregime zusammen.

Neben den Austauschflächen werden die Stoffdurch-gangskoeffizienten von den Fluidgeschwindigkeiten beein-flusst. In jedem Strömungsregime müssen die Edukte ausdem Innern der Flüssigkeitsphase an die Oberfläche derKatalysatorpartikel transportiert werden. Dieser Prozesswird im Allgemeinen durch die Filmtheorie bzw. durch diePenetrationstheorie beschrieben. Bei der Filmtheorie liegt

der Transportwiderstand überwiegend in der laminarenGrenzschicht, die sich auf den Katalysatorpartikeln ausbil-det. Generell verringert sich die Dicke der Grenzschicht mitErhöhung der Strömungsgeschwindigkeit durch eine Erhö-hung der Scherspannung, so dass eine Erhöhung des Stoff-übergangskoeffizienten zu erwarten ist [38, 39].

3.2 Stofftransport der gasförmigen Komponente

Anhand der Reaktionsexperimente sollten die volumetri-schen Gesamtstoffdurchgangskoeffizienten (k a)OV für dengasförmigen Wasserstoff durch die flüssige Phase zumfesten Katalysator unter reaktiven Bedingungen bestimmtwerden. Dies erforderte umfangreiche Untersuchungen beiverschiedenen Prozessbedingungen, die in Tab. 4 zusam-menfasst sind.

3.2.1 Bestimmung des limitierenden Transport-schrittes

Mehrphasenreaktionen sind durch eine komplexe Makro-kinetik gekennzeichnet, bei der Stofftransportschritte dieintrinsische Kinetik überlagern können. Für eine Berech-nung der Stoffdurchgangskoeffizienten muss sichergestelltwerden, dass der Gesamtprozess nicht kinetisch kontrolliertist. Als verlässlicher Indikator dienen die scheinbaren Reak-tionsgeschwindigkeitskonstanten bei verschiedenen Reak-tionstemperaturen, die die Abschätzung der Aktivierungs-energie ermöglichen. Da die Reaktion stark exotherm

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Tabelle 3. Einfluss einer erhöhten GasleerrohrgeschwindigkeituG,S auf die volumenspezifischen Stoffaustauschflächen für ver-schiedene Strömungsregime bei konstanter Flüssigkeitsleerrohr-geschwindigkeit.

Strömungsregime aGL aLS aGLS

Blasenströmung ↑ → –

Dispergierte Blasenströmung ↑ → –

Kolbenströmung ↑↓ ↓ ↑

Kolben-Blasenströmung unklar ↓ ↑

Filmströmung – – →

Tabelle 4. Betriebsbedingungen der Reaktions- und Stofftrans-portuntersuchungen.

Parameter Wert

Temperatur T 343,15 – 373,15 K

Druck (absolut) p 1,1 MPa

Strömungsrichtung abwärts

Gasleerrohrgeschwindigkeit uL,S 0,010 – 0,10 m s–1

Flüssigkeitsleerohrgeschwindigkeit uG,S 0,002 – 1,18 m s–1

Mehrphasenströmung 649

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(DRHT = –109 kJ mol–1) ist, konnte keine isotherme Betriebs-weise des Reaktors erzielt werden. Anhand der umgesetztenMenge von AMS und der Reaktionsenthalpie wurde die Er-höhung der Reaktionstemperatur im Reaktor berechnet.Alle in dieser Arbeit ermittelten Parameter beziehen sichauf die über die Reaktorlänge gemittelte Reaktionstempe-ratur. In Abb. 4 sind die scheinbaren Aktivierungsenergiengegenüber der reziproken mittleren Reaktionstemperaturdargestellt.

Für Temperaturen zwischen 347 und 358 K ist ein starkerAnstieg der scheinbaren Geschwindigkeitskonstanten beob-achtbar. Die scheinbare Aktivierungsenergie in diesem Be-reich beträgt 21 kJ mol–1. Intrinsische Aktivierungsenergiender Hydrierung von AMS an Pd/c-Al2O3-Katalysatoren lie-gen zwischen 31,8 und 38,8 kJ mol–1 [9, 29, 40, 41]. Diesesind signifikant größer als die Aktivierungsenergie der Dif-fusion von Wasserstoff in dem porösem Katalysatorpartikel(EA,DIFF = 12,5 kJ mol–1, berechnet gemäß [42]). Für denBereich der Porendiffusion ist bekannt, dass die scheinbareAktivierungsenergie dem arithmetischen Mittel der Aktivie-rungsenergien der Kinetik und Porendiffusion entspricht.

EA�APP � EA�INT � EA�DIFF

2(7)

Die experimentell bestimmte Aktivierungsenergie(EA,APP = 21 kJ mol–1) stimmt gut mit der berechneten Ak-tivierungsenergie (EA,APP = 23,9 kJ mol–1) überein. Es kanngeschlussfolgert werden, dass für Temperaturen zwischen347 und 358 K die messbare Reaktionsgeschwindigkeitwesentlich durch Porendiffusionsprozesse begrenzt wird.Für den Temperaturbereich zwischen 358 und 379 K beträgtdie scheinbare Aktivierungsenergie 2,7 kJ mol–1, was einIndikator für externe Stofftransportlimitierungen (außer-halb der Katalysatorpartikel) ist. In Konsequenz wurden dieExperimente zur Bestimmung der Stoffdurchgangskoeffi-

zienten bei einer Reaktoreintrittstemperatur von 353 Kdurchgeführt.

3.2.2 Berechnung der Stofftransportkoeffizienten

Bei der Bilanzierung des Gesamtsystems für die Berechnungder Stofftransportkoeffizienten muss unter Umständen dieRückvermischung der flüssigen Phase berücksichtigt wer-den. In einem ähnlichen Perlschnurreaktor ermittelten Kalli-nikos und Papayannakos [43] Peclet-Zahlen von mindestens100 bei niedrigeren Flüssigkeitsgeschwindigkeiten als indieser Arbeit. Turek und Lange [41] stellten in ihren Experi-menten fest, dass für Reynolds-Zahlen der Flüssigkeit > 1,0die axiale Rückvermischung vernachlässigt werden kann.Der minimale Flüssigkeitsdurchsatz in dieser Arbeit ent-spricht einer Reynolds-Zahl von 4,4.

Aufgrund der Stöchiometrie der Reaktion kann damit derStoffstrom des übergehenden Wasserstoffs �nH2�OV der Reak-tionsgeschwindigkeit von Wasserstoff rH2 bzw. AMS rAMS

gleichgesetzt werden.

�nH2�OV � rH2 � rAMS � UAMS cAMS�0�VL (8)

Die Reaktionsrate beider Edukte kann aus dem Produktvon Umsatz von AMS (UAMS), der Eintrittskonzentrationvon AMS am Reaktoreingang (cAMS,0) und dem Flüssigkeits-durchsatz � �VL� berechnet werden. Die Menge des übergehen-den Wasserstoffs im Reaktor pro Zeiteinheit entspricht demProdukt aus dem volumetrischen Gesamtstoffdurchgangsko-effizienten (k A)OV und dem treibenden Konzentrationsgra-dienten zwischen der Gas/Flüssig-Phasengrenze (cL,H2,SAT)und der Katalysatoroberfläche (cS,H2,0).

�nH2�OV � kA� �OV�cL�H2�SAT � cS�H2�0� (9)

In dieser Betrachtung wird der Stofftransportwiderstandinnerhalb der Gasphase vernachlässigt, da reiner Wasser-stoff als Gasphase verwendet wird und die übergehendeMenge an Flüssigkeit vernachlässigbar klein ist. Es gilt an-zumerken, dass sowohl der volumetrische Stoffdurchgangs-koeffizient als auch die Oberflächenkonzentration cS,H2,0

über die Reaktorlänge gemittelten Werten entsprechen.Die Oberflächenkonzentration am Katalysator kann aus

der intrinsischen Kinetik und dem Thiele-Modul berechnetwerden. Die Kinetik wurde in einem Rührkesselreaktor imLabormaßstab bestimmt.

cS�H2�0 � cS�H2�MU

tanh U� � (10)

cS�H2�M � rV�KAT

kINT(11)

Die Variablen sind wie folgt definiert: cS,H2,M beschreibtdie mittlere Konzentration von Wasserstoff innerhalb desKatalysators, U ist der Thiele-Modul, rV,KAT ist die Reak-tionsgeschwindigkeit bezogen auf das freie Katalysatorvolu-men der aktiven Schicht und kINT steht für die intrinsische

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Abbildung 4. Scheinbare kinetische Konstanten bei verschiede-nen Reaktionstemperaturen im untersuchten Perlschnurreaktor(uG,S = 1,18 m s–1, uL,S = 0,05 m s–1).

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Reaktionsgeschwindigkeitskonstante. In experimentellenReaktionsstudien wurde festgestellt, dass bis zu einemAMS-Masseanteil von 0,05 die AMS-Konzentration keinenEinfluss auf die Reaktionsgeschwindigkeit hat und dieReaktion vereinfacht als 1. Ordnung bezüglich Wasserstoffbetrachtet werden kann. Diese Ergebnisse stimmen mitDaten aus der Fachliteratur überein [29, 32, 44, 45].

Durch eine Kombination der Gln. (8) – (11) und die Divi-sion mit dem Reaktorvolumen VR ergibt sich die verwen-dete Berechnungsgleichung zur Bestimmung der volumen-spezifischen Stoffübergangskoeffizienten.

k a� �OV � UAMS cAMS�0�VL

cL�H2�SAT � rV�KAT

kINT

Utanh U

1VR

(12)

Mit der vorgestellten Gleichung wurden die Stoffüber-gangskoeffizienten in Abhängigkeit der Strömungsge-schwindigkeiten der beiden Fluide bestimmt. Es gilt anzu-merken, dass das Reaktorvolumen in dieser Betrachtungdem gesamten Reaktor mit Katalysator entspricht.

3.2.3 Einfluss der Strömungsgeschwindigkeiten

Der Einfluss der Gas- und Flüssigkeitsleerrohrgeschwindig-keiten wurde in den Bereichen 0,002 m s–1 < uG,S < 1,18 m s–1

und 0,005 m s–1 < uL,S < 0,1 m s–1untersucht. Abb. 5 zeigtdie erzielten Umsätze von AMS in Abhängigkeit beiderFluidgeschwindigkeiten bei einem Druck von 1,1 MPa undeiner Temperatur von 353 K. Es ist wichtig zu bemerken,dass für die Versuchspunkte im niedrigen Gasgeschwindig-keitsbereich (0,002 m s–1 < uG,S < 0,009 m s–1) der zugeführteWasserstoff im Reaktor vollständig verbraucht wurden und

deshalb diese Punkte bei der Bestimmung der Stoffdurch-gangskoeffizienten nicht berücksichtigt wurden.

Die Experimente zeigen, dass aufgrund der verkürztenVerweilzeit bei Erhöhung der Flüssigkeitsleerrohrgeschwin-digkeit niedrigere Umsätze vorliegen. Bei konstanter Flüs-sigkeitsgeschwindigkeit führte eine Erhöhung der Gasge-schwindigkeit zu einem Anstieg des Umsatzes, unabhängigvom Strömungsregime. Basierend auf den theoretischenVorbetrachtungen verringert eine steigende Gasgeschwin-digkeit die Verweilzeit der Flüssigkeit im Reaktor bei allenRegimen außer der Filmströmung und der Kolbenströ-mung für hohe Gasgeschwindigkeiten. Folglich kann dasbeobachtete Verhalten nur durch eine Verbesserung desStofftransports durch größere Phasenaustauschflächen undgeringere Grenzschichtdicken bzw. Phasengrenzgeschwin-digkeiten durch eine höhere Strömungsgeschwindigkeiterklärt werden. Die zugehörigen volumetrischen Stoff-durchgangskoeffizienten sind in Abb. 6 dargestellt. Zusätz-lich zu den Ergebnissen aus Abb. 5 wurde in einem kür-zeren Reaktor (LR = 0,085 m) mit gleicher Bettgeometrie dieFlüssigkeitsleerrohrgeschwindigkeit von 0,005 m s–1 imgleichen Gasgeschwindigkeitsbereich hinsichtlich des Stoff-übergangs untersucht.

Die volumetrischen Gesamtstoffdurchgangskoeffizientenfür Wasserstoff steigen mit Erhöhung der Gas- und Flüssig-keitsgeschwindigkeit über nahezu den gesamten Untersu-chungsbereich. Der Einfluss der Flüssigkeitsgeschwindigkeitauf die volumetrischen Gesamtstoffdurchgangskoeffizientenist für die Flüssigkeitsgeschwindigkeiten zwischen 0,005und 0,05 m s–1 und für alle Gasgeschwindigkeiten stets grö-

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Abbildung 5. Einfluss der Leerrohrgeschwindigkeiten von Gasund Flüssigkeit auf den Umsatz von AMS am Austritt des unter-suchten Perlschnurreaktors.

Abbildung 6. Einfluss der Gas- und Flüssigkeitsleerrohrgeschwin-digkeit auf die volumetrischen Gesamtstoffdurchgangskoeffi-zienten für Wasserstoff im untersuchten Perlschnurreaktor undVergleich mit publizierten Stoffdurchgangskoeffizienten von Me-taxas und Papayannakos [19] (3,7 · 10–5 < uL,S < 1,0 · 10–4 m s–1) undKallinikos und Papayannakos [12] (0,7 · 10–4 < uL,S < 1,4 · 10–3 m s–1).

Mehrphasenströmung 651

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ßer als der Gasgeschwindigkeitseinfluss. Dieser Effekt istbesonders stark im Bereich der Kolbenströmung und Film-strömung ausgeprägt. Für letzteres Strömungsregimestimmt dieser Trend mit den theoretischen Vorbetrachtun-gen aus Abschn. 3.1.3 überein, wonach mit erhöhter Flüs-sigkeitsgeschwindigkeit die Benetzung der Katalysatorenverbessert und der Stoffaustausch intensiviert wird. EineErhöhung der Gasgeschwindigkeit führt erst ab 0,6 m s–1 zueiner Verbesserung der Stofftransportprozesse.

Für die Kolbenströmung wurde ein gegensätzlicher Ein-fluss der Gas- und Flüssigkeitsgeschwindigkeiten auf denvolumetrischen Gesamtstoffdurchgangskoeffizienten er-wartet. Anscheinend sind die Flüssigkeitskolben mit einermittleren Länge von ca. 0,4 mm im Vergleich zu einermittleren Gaskolbenlänge von 10 mm (uG,S = 0,2 m s–1,uL,S = 0,02 m s–1) zu klein, so dass die Kolbenströmung fürGasanteile größer als 0,7 eher der Filmströmung gleicht.Diese Vermutung wird durch den ähnlichen Verlauf dervolumetrischen Gesamtstoffdurchgangskoeffizienten fürdie niedrigeren Flüssigkeitsgeschwindigkeiten bestätigt(0,005 m s–1 < uL,S < 0,02 m s–1).

Für die hohen Flüssigkeitsgeschwindigkeiten von 0,05und 0,1 m s–1 kann bereits bei niedrigen Gasanteilen eineVerbesserung des volumetrischen Gesamtstoffdurchgangs-koeffizienten mit Erhöhung der Gasgeschwindigkeit be-obachtet werden, wodurch sie sich von niedrigeren Flüs-sigkeitsgeschwindigkeiten unterscheiden. Entsprechend derErgebnisse aus den hydrodynamischen Untersuchungen istin diesem Bereich das Regime der Blasenströmung zu er-warten, das durch einen steigenden GL-Stofftransportschrittmit Erhöhung der Gasgeschwindigkeit gekennzeichnet ist.Die experimentell ermittelten Abhängigkeiten des volu-metrischen Gesamtstoffdurchgangskoeffizienten von denFluidgeschwindigkeiten im Bereich der Blasenströmungstimmen mit den theoretischen Vorüberlegungen gut über-ein.

Im Bereich Kolben-Blasenströmung ist der Einfluss derGasgeschwindigkeit auf den Stofftransport sehr gering, wasdarauf hin deutet, dass sich die Kolben-Blasenströmung,ähnlich wie die Kolbenströmung mit langen Gaskolben, inBezug auf den Stofftransport wie die Filmströmung verhält.

Zusammenfassend wurde durch den Vergleich der Hy-drodynamik- und Stofftransportuntersuchungen beobach-tet, dass der Gesamtstoffdurchgangskoeffizient mit steigen-den Fluidgeschwindigkeiten ansteigt. Die Änderung desStoffdurchgangskoeffizienten mit steigender Gasgeschwin-digkeit ist qualitativ und quantitativ von dem Strömungsre-gime und der Gasgeschwindigkeit abhängig.

4 Empirische Stofftransportkorrelationen

Auf der Basis der experimentellen Daten wurden empiri-sche Korrelationen zur Abschätzung des Gesamtstoffdurch-gangskoeffizienten der gasförmigen Komponente in Perl-schnurreaktoren mit dieser Bettgeometrie entwickelt. Um

eine breite Anwendbarkeit zu gewährleisten, wurden in derGleichung nur leicht zugängliche Prozessbedingungen, wiedie Fluidgeschwindigkeiten, verwendet. Die Stofftransport-raten konnten unabhängig vom Strömungsregime mit fol-gender Gleichung hinreichend genau (R2 = 0,973) korreliertwerden:

k a� �OV

s�1� � � 19� 8uG�S

m s�1� �� �0�24 uL�S

m s�1� �� �0�49

(13)

Anhand der Exponenten wird deutlich, dass sich eine Er-höhung der Gasgeschwindigkeit stärker als eine Steigerungder Flüssigkeitsgeschwindigkeit auf die erzielbaren Gesamt-stofftransportkoeffizienten auswirkt. Um die Anwendbar-keit der Gleichung auf andere Stoffsystem zu erweitern,wurden die Gesamtstofftransportkoeffizienten aus Gl. (13)mit dem Diffusionskoeffizient von Wasserstoff in der flüssi-gen Phase und einer charakteristischen Länge in Sherwood-Zahlen übertragen.

Sh� � kOV LChar

DH2�L�

�ka�OV

aOV

dH

DH2�L(14)

Als charakteristische Länge wird für Reaktoren mit gro-ßen Kanal/Partikeldurchmesser-Verhältnissen der Partikel-durchmesser gewählt, da der Kanaldurchmesser bei einergleichmäßigen Fluidverteilung keinen Einfluss auf die Hy-drodynamik und den Stofftransport hat. Millifestbettreakto-ren mit geringen Kanal/Partikeldurchmesser-Verhältnissen(dK/dP < 2,5) sind durch ein starke Abhängigkeit der Bett-porosität von diesem Verhältnis charakterisiert (Gl. (1) nach[28]). Deshalb wird in dieser Arbeit der effektive hydrau-lische Durchmesser (dH) als charakteristische Länge ver-wendet. Dieser wird nach dem Ansatz von Krischer undKast [46] aus dem Partikeldurchmesser und der Bettporo-sität gebildet:

dH � dP169p

e3B

1 � eB� �2

�1�3

(15)

Für die Berechnung der Sherwood-Zahl wird der experi-mentell ermittelte Gesamtstoffdurchgangskoeffizient durchdie volumenspezifische Oberfläche der Katalysatorpartikelim Reaktor dividiert (aOV = 2023 m–1). Diese ergibt sich an-hand geometrischer Betrachtungen gemäß:

aOV � N p d2P

VR(16)

Mit Gl. (16) und Gl. (2) kann die volumenspezifischeOberfläche der Katalysatorpartikel wie folgt berechnet wer-den:

aOV � 6 1 � eB� �dP

(17)

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Einsetzen der Gln. (15) und (17) in Gl. (14) führt nacheiner Vereinfachung zu folgender Gl. (18).

Sh � k a� �OV dH

aOV DH2�L� k a� �OV

DH2�Ld2

P1

121� 5pe3

B

1 � eB� �5

�1�3

(18)

Unter der Beibehaltung der Prozessparameter ausGl. (13) kann die Sherwood-Zahl unabhängig vom Strö-mungsregime wie folgt berechnet werden:

Sh � 801uG�S

m s�1� �� �0�24 uL�S

m s�1� �� �0�49

(19)

Es wird darauf hingewiesen, dass die Anwendung dieserGleichung für Perlschnurreaktoren mit anderen Bettgeo-metrien oder in anderen Reaktionssystemen aufgrund ihreseinfachen empirischen Aufbaus als kritisch anzusehen istund erst in weiterführenden Studien geprüft werden muss.Abb. 7 stellt die korrelierten und experimentell bestimmtenvolumetrischen Gesamtstoffdurchgangskoeffizienten in Ab-hängigkeit des Strömungsregimes dar. Generell sind einegute Übereinstimmung und keine signifikante Abweichun-gen eines Strömungsregimes zu verzeichnen. Um genauereKorrelationen zu entwickeln sind zusätzliche Experimenteinnerhalb der Strömungsregimegrenzen notwendig, um dieKorrelation des Gesamtstofftransportkoeffizienten an dieim Strömungsregime auftretenden Stofftransportschritteanzupassen. Zusätzlich könnten durch CFD-Simulationenzur Bestimmung des Strömungsfeldes und der Stoffaus-tauschflächen wichtige Zusatzinformationen ermittelt wer-den.

5 Vergleich mit anderen Millifestbett-reaktoren

Zur Evaluierung der Leistungsfähigkeit des untersuchtenPerlschnurreaktors wurden die ermittelten Gesamtstoff-durchgangskoeffizienten mit denen von anderen Milli-festbettreaktoren verglichen. Es wurden zwei verschiedeneReaktoren ausgewählt. Kallinikos und Papayannakos [12]bestimmten Gesamtstoffdurchgangskoeffizienten für Was-serstoff anhand der Hydrierung von Benzol im sogenann-ten Spiralreaktor (gewundener Perlschnurreaktor). Der run-de Kanal hatte einen Durchmesser von 2,1 mm, war mitzylindrischen Katalysatorextrudaten (1,1 mm × 4,0 mm) ge-füllt und wurde in nahezu horizontaler Strömungsrichtungbetrieben. Metaxas und Papayannakos [19] ermittelten Ge-samtstoffdurchgangskoeffizienten für Wasserstoff in einemminiaturisierten Rieselbettreaktor in Abwärtsströmungebenfalls anhand der Hydrierung von Benzol. Der Reaktorbestand aus einem runden Kanal (dK = 25,4 mm) in demgemahlene Katalysatorpartikel mit Durchmessern zwischen0,3 und 0,4 mm integriert waren. Zusätzlich wurde das Rie-selbett mit inerten Partikeln (dP = 0,25 mm) verdünnt. Auf-grund der ähnlichen Diffusionskoeffizienten von Wasser-stoff in Benzol und AMS wurde auf eine Skalierung derStofftransportkoeffizienten verzichtet. Die Werte für die ver-schiedenen Reaktortypen sind in Abb. 6 in Abhängigkeitvon der Gasleerrohrgeschwindigkeit dargestellt.

Die Abbildung zeigt, dass in allen Reaktoren ein inten-siverer Stoffaustausch bei erhöhten Gasdurchsätzen erzieltwerden kann. Anhand der Trends ist anzunehmen, dass derminiaturisierte Rieselbettreaktor von Metaxas und Papayan-nakos [19], bei den in dieser Arbeit verwendeten Gasleer-rohrgeschwindigkeiten, zu deutlich höheren Stofftransport-raten führen würde. Dafür sind im Wesentlichen zweiEffekte verantwortlich. Zum einen verwendeten die Autorenin etwa nur halb so große Katalysatorpartikel, wodurch dievolumenspezifische Austauschfläche bereits ohne Berück-sichtigung der Porosität auf den doppelten Wert ansteigt.Zum anderen weist das verdünnte miniaturisierte Rieselbetteine geringere Porosität auf, die zu höherer Strömungs-geschwindigkeiten innerhalb der Katalysatorpackung unddamit indirekt zu reduzierten Filmdicken und Phasen-grenzgeschwindigkeiten führt. Beide Effekte bewirken gro-ße Stoffdurchgangskoeffizienten.

Kallinikos und Papayannakos [12] verwendeten einenReaktor mit einer ähnlichen Reaktorgeometrie wie in dervorliegenden Arbeit, bestimmten aber viel niedrigere Stoff-durchgangskoeffizienten. Das kann durch die Verwendunggrößerer Katalysatordurchmesser und folglich geringerevolumenspezifische Austauschflächen erklärt werden. Zu-sätzlich beobachteten die Autoren eine Trennung der Gas-und Flüssigkeitsphase über dem Kanalquerschnitt auf-grund einer horizontalen Strömungsrichtung, was zu einerineffizienten Katalysatorbenetzung führt und damit dieLeistungsfähigkeit des Reaktors reduziert.

ChemieIngenieurTechnik

Chemie Ingenieur Technik 2013, 85, No. 5, 642–655 © 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.cit-journal.com

Abbildung 7. Darstellung der korrelierten Stoffdurchgangs-koeffizienten gegenüber den experimentell ermittelten Wertenin Abhängigkeit der Strömungsregime im untersuchten Perl-schnurreaktor sowie der experimentellen Daten von Metaxasund Papayannakos [19] und Kallinikos und Papayannakos [12].

Mehrphasenströmung 653

Page 13: Hydrodynamik und Stofftransport in einem Perlschnurreaktor für Gas/Flüssig/Fest-Reaktionen

In Abb. 7 sind die mit Gl. (19) berechneten Gesamtstoff-durchgangskoeffizienten der Reaktionssysteme von Kallini-kos und Papayannakos [12] und Metaxas und Papayannakos[19] gegenüber den von den Autoren experimentell ermittel-ten Koeffizienten dargestellt. Die Daten von Kallinikos undPapayannakos [12] können relativ genau wiedergegebenwerden, wobei Gl. (19) eine ineffiziente Katalysatorbenet-zung durch die horizontale Strömungsrichtung nicht be-rücksichtig und folglich größere Stoffdurchgangskoeffizien-ten bestimmt werden.

Die Stoffdurchgangskoeffizienten von Metaxas und Pa-payannakos [19] werden mit Gl. (19) stark überschätzt, da dieAutoren in ihren Experimenten eine stärkere Abhängigkeitder Stoffdurchgangskoeffizienten von der Gasgeschwindig-keit (Potenz von 1,36) als in dieser Arbeit ermittelten. Alsmögliche Ursache wird eine größere Bypass-Strömung derGasphase zwischen Kanalwand und Katalysatorpartikel fürden Perlschnurreaktor als für das miniaturisierte Rieselbettaufgrund eines kleineren Kanal/Partikeldurchmesser-Ver-hältnisses vermutet. Folglich wird ein Großteil der Gasströ-mung im Perlschnurreaktor keinen Einfluss auf die Stoffaus-tauschprozesse haben.

Daraus folgt, dass die in dieser Arbeit ermittelten empiri-schen Korrelationen sich besonders zur Abschätzung derStoffdurchgangskoeffizienten für Perlschnurreaktoren imAbwärtsstrom mit geringen Kanal/Partikeldurchmesser-Verhältnissen eignen.

6 Zusammenfassung

Die vorliegende Arbeit charakterisiert hydrodynamischeZustände und den Stofftransport unter Reaktionsbedingun-gen in einem mit Mehrphasensströmung betriebenen Perl-schnurreaktor mit einem Kanal/Partikeldurchmesser-Verhältnis von 1,76. Die Untersuchungen erfolgten fürGas- und Flüssigkeitsleerrohrgeschwindigkeiten zwischen0,002 – 1,18 m s–1 bzw. 0,005 – 0,100 m s–1. Die resultieren-den Gas/Flüssigkeits-Verhältnisse liegen zwischen 0,02 und236. Volumetrische Gesamtstoffdurchgangskoeffizientenfür Wasserstoff zwischen 0,8 und 5,5 s–1 konnten ermitteltwerden. In allen Strömungsregimen konnte mit Erhöhungder Gas- und Flüssigkeitsgeschwindigkeit der Stoffaus-tausch intensiviert werden. Eine entwickelte empirischeKorrelation erlaubt die Abschätzung von Gesamtstoffdurch-gangskoeffizienten.

Die Ergebnisse zeigen, dass die gasförmige Komponentein Perlschnurreaktoren ähnlich schnell zum festen Kataly-sator wie in industriellen Rührkesselreaktoren transportiertwerden kann. Die große Variabilität hinsichtlich der Be-triebsbedingungen ermöglicht die optimale Anpassung anden Prozess. Es kann geschlussfolgert werden, dass Perl-schnurreaktoren ein interessantes Apparatekonzept zurÜberführung von schnell ablaufenden Batch-Prozessen ineine kontinuierliche Verfahrensführung darstellen.

Die Autoren bedanken sich bei der Deutschen For-schungsgemeinschaft (DFG) für die finanzielle Unter-stützung. Weiterer Dank geht an die frühere DegussaAG für die Bereitstellung der Katalysatoren und an dasKarlsruhe Institut für Technologie (Institut für Mikro-verfahrenstechnik) sowie an die Parr Instrument(Deutschland) GmbH für die Bereitstellung von Anla-genkomponenten.

Formelzeichen

AOV [m2] Austauschfläche der Katalysator-partikel

aGL [m2mR–3] reaktorvolumenspezifische

Phasengrenzfläche zwischen Gasund Flüssigkeit

aGLS [m2mR–3] reaktorvolumenspezifische

Phasengrenzfläche zwischen Gasund Katalysatorpartikel

aLS [m2mR–3] reaktorvolumenspezifische Pha-

sengrenzfläche zwischen Flüssig-keit und Katalysatorpartikel

aOV [m2mR–3] reaktorvolumenspezifische Ober-

fläche der KatalysatorpartikelcL,H2,SAT [mol mL

–3] Sättigungskonzentration vonWasserstoff in der Flüssigphase

cAMS,0 [mol mL–3] Reaktoreintrittskonzentration

von AMS in der FlüssigphasecS,H2,0 [mol mL

–3] Oberflächenkonzentration vonWasserstoff am Katalysator-partikel

cS,H2,M [mol mL–3] mittlere Konzentration von Was-

serstoff im KatalysatorpartikeldH [m] effektiver hydraulischer Durch-

messerdK [m] KanalinnendurchmesserdP [m] KatalysatorpartikeldurchmesserDH2,L [m2s–1] Diffusionskoeffizient von Wasser-

stoff in der FlüssigphaseEA,DIFF [J mol–1] Aktivierungsenergie der DiffusionEA,INT [J mol–1] Aktivierungsenergie der ReaktionEA,APP [J mol–1] scheinbare AktivierungsenergieDRHT [J mol–1] ReaktionsenthalpiekAPP [s–1] scheinbare Reaktionsgeschwin-

digkeitskonstantekINT [s–1] intrinsische Reaktionsgeschwin-

digkeitskonstantekGL [m s–1] Stoffdurchgangskoeffizient

zwischen Gas und FlüssigkeitkGLS [m s–1] Stoffdurchgangskoeffizient

zwischen Gas und Katalysator-partikel

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654 R. Lange et al.

Page 14: Hydrodynamik und Stofftransport in einem Perlschnurreaktor für Gas/Flüssig/Fest-Reaktionen

kLS [m s–1] Stoffübergangskoeffizient zwi-schen Flüssigkeit und Katalysa-torpartikel

kOV [m s–1] Gesamtstoffdurchgangskoeffizi-ent für Wasserstoff (engl. overall)

LCHAR [m] charakteristische LängeLR [m] ReaktorlängeN [–] Anzahl der Katalysatorpartikel im

Reaktor�nH2�OV [mol s–1] Stoffstrom an Wasserstoffp [MPa] Druck (absolut)R [J mol–1K–1] universelle GaskonstanterAMS [mol s–1] Reaktionsgeschwindigkeit von

AMSrH2 [mol s–1] Reaktionsgeschwindigkeit von

WasserstoffrV,KAT [mol s–1 m–3

KAT,V] Reaktionsgeschwindigkeit bezo-gen auf das Volumen der aktivenSchicht

Sh [–] Sherwood-ZahlT [K] TemperaturUAMS [–] Umsatz von AMSuG,S [m s–1] GasleerrohrgeschwindigkeituL,S [m s–1] Flüssigkeitsleerrohrgeschwindig-

keit�VL [m3s–1] Volumenstrom der Flüssigkeit

VP [m3] Volumen der Katalysatorpartikelim Reaktor

VR [m3] ReaktorvolumenwAMS [kg kg–1] Masseanteil von AMS in Cumol

Griechische Symbole

eB [mV3 mR

–3] BettporositäteB,T [mV

3 mR–3] theoretisch berechnete Bettporo-

sitäteKAT [m3

KAT,V m–3KAT] innere Porosität der Katalysator-

partikelU [–] Thiele-Modul

Abkürzungen

AMS a-MethylstyrolGL gas-flüssig (engl. gas-liquid)GS gas-fest (engl. gas-solid)HDS Hydroentschwefelung (engl. hydrodesulfurization)LS flüssig-fest (engl. liquid-solid)MFBR MillifestbettreaktorlFBR MikrofestbettreaktorPSR Perlschnurreaktor

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