erinnerungen an friedrich mohr

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IW NN ERUKG 13 AN FII I ED RICH 1101 I I(, In dem Nachruf, welcher in diesen Berichten 12 [1879], Bd. 11, S. 1932 dem verstorbeuen Friedrich Mohr gewidmet war, wird eine eingehendere Studie iiber die Wiirdigung seiner Verdienste iii Aussicht gestellt. Es wurde schon damals bervorgehoben, dass Mob r auf verschiedenen naturwissenschnftlichen Gebieten thtitig ge- wesen sei , seine Ansichten aber keine ungetbeilte Anerkennung ge- fundcn hatten; sie zogen vielmehr dem Ver~torbenen rnannigfache Gegnerschaft zu und wurden in der That auch sebr schroff vor- getragen. Letzterem Umstnnde ist es wohl zuzuschreiben, dass Mnbr’s Kame nnch seinem Tode zeitweise in der Wissenscbaft in Vergesseiihyit gerieth; daher war seinen Freunden das Auftauchen ron Briefen sehr erwunscht, welche J u s t u s von L i e b i g seiner Zeit an den Verstorbenen gerichtet hat. Dime Correspondenz, welche sein Sohn demnschst veriiffentlichen wird, ist geeignet, das Ansehen Mohr’s zu heben, dh sie Zeugniss dason ablegt, wie grosse Stiicke Liebi g nuf diesen scinen Freund gehalten hat. Karl Friedrich Mohr, 1806 zu Coblenz geboren, absolvirte d;is Gymnasium irt seiner Vaterstndt, studirte 1825 in Heidelberg iiiiter Gmelin Chemie und setzte seine Studien it1 Berlin und Bonti fort. S:ich seines Vaters Tod ubernahm er 1840 dessen Apotheke ill Coblenz und fiihrte das Geschiift bis rum Jahre 1856, iinmer ~rebenlier rnit wissenschaftlichen Arbeiten beschkigt. Die t-orliegende Correspondenz zwischen Liebig und hlo Iir be- ginnt rnit dern Jnhre 1834. Liebig siicht Mohr’s Arbeiten in den’ Annnleii zu rerwerthen, uod ea erscheirien in dieser Zeitschrift eine Reihe von (etwn 30) Abbandlungen. Aus den Briefen geht ferner herror, dass Liebig MoIir als Rdat:tenr fir die Aiinnlen z~i gewiimen suchte; wenii nuch diese Verbiirdirng iticlit Intige dauerte, so wurden die Frtxunde durch ihr Aufliiiren doch riiclit entzweit, wovon die nachfolgenhen Rriefe Zeiig- iris3 geberi: I;ericlita d. U. clieiii. Gcse.l~~~li:~l~, Jaltr;. SSSl It. S4r;

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Page 1: Erinnerungen an Friedrich Mohr

IW NN ERUKG 1 3 AN FII I ED RICH 1101 I I(,

In dem Nachruf, welcher in diesen Berichten 12 [1879], Bd. 11, S. 1932 dem verstorbeuen F r i e d r i c h M o h r gewidmet war , wird eine eingehendere Studie iiber die Wiirdigung seiner Verdienste i i i

Aussicht gestellt. Es wurde schon damals bervorgehoben, dass M o b r auf verschiedenen naturwissenschnftlichen Gebieten thtitig ge- wesen sei , seine Ansichten aber keine ungetbeilte Anerkennung ge- fundcn hatten; sie zogen vielmehr dem Ver~torbenen rnannigfache Gegnerschaft zu und wurden in der That auch sebr schroff vor- getragen. Letzterem Umstnnde ist es wohl zuzuschreiben, dass M n b r ’ s Kame nnch seinem Tode zeitweise in der Wissenscbaft in Vergesseiihyit gerieth; daher war seinen Freunden das Auftauchen ron Briefen sehr erwunscht, welche J u s t u s v o n L i e b i g seiner Zeit an den Verstorbenen gerichtet hat. Dime Correspondenz, welche sein Sohn demnschst veriiffentlichen wird, ist geeignet, das Ansehen M o h r ’ s zu heben, dh sie Zeugniss dason ablegt, wie grosse Stiicke L i e b i g nuf diesen scinen Freund gehalten hat.

K a r l F r i e d r i c h Mohr, 1806 zu Coblenz geboren, absolvirte d;is Gymnasium i r t seiner Vaterstndt, studirte 1825 i n Heidelberg iiiiter G m e l i n Chemie und setzte seine Studien it1 Berlin und Bonti fort. S:ich seines Vaters Tod ubernahm er 1840 dessen Apotheke i l l Coblenz und fiihrte das Geschiift bis rum Jahre 1856, iinmer ~rebenlier rnit wissenschaftlichen Arbeiten beschkigt .

Die t-orliegende Correspondenz zwischen L i e b i g und hlo Iir be- ginnt rnit dern Jnhre 1834. L i e b i g siicht M o h r ’ s Arbeiten in den’ Annnleii z u rerwerthen, uod ea erscheirien in dieser Zeitschrift eine Reihe von (etwn 30) Abbandlungen.

Aus den Briefen geht ferner herror , dass L i e b i g MoIir als Rdat: tenr f i r die Aiinnlen z ~ i gewiimen suchte; wenii nuch diese Verbiirdirng iticlit Intige dauerte, so wurden die Frtxunde durch ihr Aufliiiren doch riiclit entzweit, wovon die nachfolgenhen Rriefe Zeiig- iris3 geberi:

I ;ericl i ta d. U. clieiii. G c s e . l ~ ~ ~ l i : ~ l ~ , Jaltr;. S S S l I t . S4r;

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G i e s s e n , den 24. Januar 1838.

Werthester Freund! BHr. W i n t e r machte mir heute einige Bemerkungen in Beziehung

:luf den Vorbericht, in welcheni ich die Verlnderung in der Redaction :iuzeige, uiid icb firrde sie so begriindet, dass ich Sie hiermit crsuchen wollte, folgende Phrase zu Ende einzuscbalten :

*Die umfassende und miibsnme Bearbeituog der Pharmacopoea uuirersdis macht es Hrn. Dr. Molir wiinscheuswerth, metir Zeit zu seiner Verfiigung zu erhalten, als e r bis jetzt darauf verweiiden konnte. M i t seinem und des Herrn Medizinalrath M e r c k Riicktritt bleibeii nber die friihereii Verhiiltnisse ungeiindert , beide Herren werdeii nach \vie Tor als Mitnrbeiter thiitigen Antheil an dsni Jour- nnle tiehn1en.c t

Sie kiiiineii wohl ermessen, wir uiiaiigenehrn mir iu dem gegen- wiirtigen Augenhlicke unsere 'hennung ist, alleiii d i e Verscliiederiheit nnserer Ansichteri m?clit sie uiierILsslich. lcli nclite niid ehre die Meiriuiigen eiiies J.eden, uiid, weiin ich iiicht Griinde habe, ihnen eirt- gegenzutreten, so lnsse icli sic unangefochten. Seit. 5 Jahreii Lemiihe ich mich niit Aufbietuiig nller ineiner Ihiifte, uin einer Aiisicht iiber (lie Constitution der orgaiiischeii Iciirper den Sieg iiber eiue andere zii rerschaffen, die icli fur eine blnssc Fiction hnlte. Uebernll und : I I I nlleii Orteii h b e n rneirie Griinde Eingatig gefundeii. Sir haben d le in dns G m z e wieder a u f dell schwaiikenden Fuss gestellt, wn die Sncht: friiher stand, in den] Jourunl, was bis jetzt die Elauptstiitze dieser Aiisiclit war. Zwischeri uns beiden konnte dies einen Gegeii- stand der Discussion abgeben, denii a11 uiid fiir iicli ist das, was Sie sogteii, die Meinung einer Person; als Liericliterstatter sind Sie aber Organ des Joiiriiah und Sie mussteii Ibre Kraft init der nieinigeii vereinigen, anstatt sie gegen inicli zu weiiden. Dass dies zu einer Trellnuilg fiihren musste, konnten Sie sich nicht verhehlen, weiin ich iiicht uieius Selbststiindigkeit aufgebeii wollte. Lnssen Sie uiis dariiber nicht mehr sprechen, ich wiinsclie damit unsere tieundlichen Verhiilt- iiisse riiclit gestiirt zii seheii. Niem:lnd erkeriiit \vie icli das Gute ~ I I ,

W;LS Sie zu leisteii verwiigeri und vollbringen werderi; ich habe iii ineiiiem Lrben mehr gearbeitet :ils riele andere uiid weiss den Wertli eiiier Arbeit zu schiitzrii. Sie kiiiiiieu darnuf iechiien, dass weit ent- fernt, Ihneii entgegeiizutreten, nlle Ihre Leistuirgeii stets :in i n k deu eifiigsten Vertreter uiid alle Airerkennung' fiiideii werden. Bei meiuer A r t zu deiiken, habeii alle persOii!icheii Beriilirungeri in wissenschaft- licher Hinsicht nicht deu mindesteii Eiufluss nuf meine Denliuiigs- weise, und wenii ich nuch friiher rnaiichem welie gethnii habe, so biii ich doch iiberzeugt , dnes in dieseni Augenblick keiner die Meinurig hegt, nls habe ltleinlicher Neid oder sonst eine nieder triichtige Gc-

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sinnung Antheil damn gehabt. Ich habe ein grosses und schones - Ziel mit Aufopferung meiner selbst verfolgt, und dieses Ziel ist er-

reicht. Die chemiscbe Literatur Deutschlands ist selhststandig ge- worden und nicht mehr wie friiber dem Hobn und der Veracbtung des Auslandes preisgegeben ; bei meinern zweijahrigen Aufenthalte in Paris habe ich darunter gelitten, es wird kein Deutscher mehr darunter leiden<.

Freundlichst der Ihrige J u s t . L i e b i g .

G i e s s e n , den 2F. J u n i 1840. Theurer Freund !

>Es war rnir leid, Sie nicht mehr vor Ibrer Abreise gesehen zu Ilnbeo, icb wollte Ihnen deli Vorschlag machen, sich die Bande des Jonrnal de pharmacie, die Sie friiher den Wunsch ausserteu ZII be- nutzen, niitzunehrnen, ich kann die friihereri yochenlang ganz gut eiitbebren. Kornmen Sie reebt bald wieder, Sie sind etets berzlich \villkonimen. Ein so feuriger Geist wie der Ibrige bedarf zuweilen der BrennstofTe, die bier uiemals fehlen. So wenig ich nuch von der kAektricitiitslehre verstehe, so hat mich die Unterhaltong init B u f f dariiber hochlichst interessirt, ich habe mit ibm Iiachher noch vieles- dnriiber gesprocben und I h r letzter Brief wird ihn, wie ick glaube, veranlasseii, sich mit Ibnen iii Correspondenz zu setzen. Der Ge- dankentatisch so unterrichteter Manner muss meiner Meinung zu einem guten Resultate fubren, es ist aber nothig, dass beide die gegenseiti- gen Griinde erwagen, ohne das zu verwerfen, was sich uicht erklareu lasst; a n einem gewissen Punkte werden und miissen sich die Mei- nungen ausgleicben. - -

Zur Bestimrnung von Koblensaure dem Volumeu nacli bei Ann- Ijsen am Braunstein , kohlensauren Miueralieti scheint mir Ibre Me- thode der Messung sebr anwendbar zu seina.

Voii Herzen der Ihrigc Dr. J u s t . L i e b i g .

G i e s s e n , den 24. Mai 1842.

Mein tlieuerster Freund! BSie sind ein merkwiirdiger Mnnn, Sie haben mit eiuer Schiirfe

des Geistes, die micb in Erstaunen setzt, die Lebren aufgefasst, yon clenen ich zwar die Hoffnung hegte, dass sie in die Medizin eingreifen wiirdeu, zu deren Anwendung mir aber leider Talent und Kenntniss fehlen. Sie als Arzt warden die Revolutioii, die sich Torbereitel, zu ihrer viilligen Entwickeluiig gefiihrt haben. Die Aerzte versteheo

146 *

L

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uns nicbt, es wird ein halbee Jahrhundert dauern, ebe eie auf den Standpunkt sind, der ihnen gestattet, eine wabre Einsicbt in den LeLeosprocess zu gewinnen. Warum sind Sie nicht Arzt geworden? Wahrlich icb beklage es in meinem und in dem Interesse aller Menscheii.

Tausend Dank iiir Ihre interessanten Mittheilungen; sobald ich das Bucb babe, erhalten Sie das erste Exemplar. Fiir die Besorguug der Eisengussgefasse auf der Sayner Hiitte nieinen beaten Dank.

Lassen Sie mich doch etw:ts naheres iiber den Aspirator wissen. Ich mochte ihn gerne habene.

Von Herzen I h r treuer Freund J u s t . L i e b i g .

In das J a h r 1837 f d l t auch die Veriifferitlichung einer Abhand- lung roil M o h r in Baurngiirtner’s Zeitschrift fiir Physik, Band 5, Seite 419, iiber die Natur der Warme, welche f i r den Verfasser selbst in Vergessenheit gerathen war und in seinern Buche hllgemeine Theorie der Beweguug und Kraftc, das 1869 erschien, wieder ab-

. gedruckt wurde. Verschiedene Physiker haben rnit Interesse von den Ansichten Mohr’a iiber die Energie aus so friiher Zeit Kenntniss genommen. Prof. P l a n c k sagt in seinem von der philnsophischeii Facultat in Giittingen preisgekronten Bucbe iiber das Princip der Er- haltung der Energie, Leipzig, Verlag von Teubner, 1887, Fol. 31 :

$\Vie weit aber einzelne Physiker schon in der Erkenntniss dcr Einheit und gegenseitigen Verwandelbarkeit der verschiedenen Natur- krafte gekomrnen waren, das zeigt am Besten folgende Stelle aus einer Abhandlung von K. Fr. M o h r iiber die Natur der Warme, i n welcher der Verfasser, hauptsachlich angeregt durcb die Versucbe von M e l l o n i und R u m f o r d , lebbaft fiir die dpnarnische Theorie der Warme eintritt: Ausser den bekannten 54 chemischen Elerneriten giebt es in der Natur der Dinge nur noch ein Agens, und diess heisst Krafi, es kann unter den passenden Verhiiltnissen als Bewegung, chemiscbe Affinitiit, CohBsion, Elektricitat, Licht, Warme und Magne- tiemus hervortreten, und aus jeder dieser Erscheinungsarten konnen alle ubrigen hervorgebracht werden. Dieselbe Kraft, wenn sie deli Hammer hebt, kann, wenn sie anders angewendet wird, jede der iibrigen Eracheinungen hervorbringen.c

Da jede Andeutung fa r eine Zahlenangabe Mohr’s fiir das me- chanische Wlrmeiiquivalent fehlt, kann rnau l? I a n c k nur beipflicbten, wenn e r beinr Citiren der Mohr’schen Arbeit sngt:

>)Man siebt: es ist nur rioch ein Schritt bis zur Frege nacli dem gerneitischaftliclien Maass aller dieser als gleicliartig erkniinteri Naturkriiftecc,

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und wenn er und andere Physiker Mohr’s Geninlitat zwnr aner- kennen, ihm aber erhebliche Leistungen in dieser Wissenschnft, die einen entscheidenden Einfluss ausgeiibt htitten, nicht zuschreiben kirnnen.

- -~

Von bleibendem Interesse sind Mo h r ’ s Leistungen auf pharma- ceutischem Gebiete, wie dies ron Geheimrath S c h m i d t , Prof. der Pharmakologie in Marburg, in folgendem Briefe anerkannt wird :

Marburg, den 12. Ju l i 1900.

),Dns bleibendste Verdienst, welches sich M o h r urn die Pharmacie erworben hat, ist der Ausbau der Maassanalyse, die fur den Apotheker die gleiche Wichtigkeit besitzt, wie fiir den Techniker. Auch von den Methoden, welche M o h r in friiheren Jahren zur Darstellung und Priifung pharmaceutischer, chemischer und galenischer Priiparate gab, ist heute noch Vieles im Gebrauche.

Grosse Verdienste hat sich M o h r urn die praktische Pharmacie durch sein in mehreren Auf lagen erschienenes Lehrbuch der pharma- ceutischen Technik erworben. In den 60-er und auch noch in den 70-er Jahren war dieses Buch in den meisten Apotheken als zuver- liissiger Rathgeber zu finden. Seit dieser Zeit haben sich jedoch die Verhaltnisse in den Apotheken so rerschoben, dass man derartige Biicher nicht mehr braucht. D e r jiingeren Generation der praktischen Apotheker ist dieses Buch daher unbekannt. Von ebenso grosser Bedeutung sind die Commentare zur preussischen und deutschen PharmacopBe gewesen, die zu Lebzeiten M o h r ’ s iiberall zu finden waren, umsomehr, als es die einzigen in ihrer Art waren. I n diesen Commentaren ha t M o h r den Inbalt der Pharmacopbeen mit dem ihm eigenen Scharfsinn einer erschopfenden Kritik unterzogen und hier- durch wesentlich zur Verbeaserung der Pharmacopire-Vorschriften nach Form und Inhalt beigetragen. Nach dem Tode Mohr’s ist dieser Conimentar nicbt wieder aufgelegt, dn von 3, spater 4 anderen Au- toren dernrtige Bucher erschienen, die zum Theil :iuf der Basis des M o hr’echen Commentars standen.

Die spateren Jahre Mohr’s sind der Pharmacie kauni zu Gute gekommen, da sie sich fast nur geologischen und physiologischen (Gahrung u. 8. w.) Problemen zuwendeten. Trotzdem ist auch noch heute der Name * Mahr g in pharmaceutischen Kreisen ein aehr be- kannter und hocbgeschatzter(<.

Gerade die Titrirmethode, welche S c h m i d t bier ale fiir die Apotheker wichtig bezeichnet, ist es, mit welcher M o h r sich vom J a h r e 1852- 1864 eingebend beschiiftigte, besonders nachdem seine

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Apotheke rerkauft war und er sich auf seinem Lnudlinus bei Cobleaz ganz der Wissenschaft widmen koniite. Wenn seine Gegner behaup- ten, dass die herrorragendsten Titrirmethoden nicht von ihm her- riihrten, so ist ein derartiger Ansprucli auch niemals ron iLrn er- haben worden. Er iiberschrieb rielmehr in der ersten Auflage in der Eintlieiluiig seines Buches die einzelnen Abschnitte mit dem Name11 desjenigen Forschers, welcher die betreffende Titrirmethode einfiihrte : > G a y - L u e s a c , M a r g u e r i t e , R o b e r t H u n s e n , A u g u s t S t r e n g r uiid lugte diesen d a m seine eigenen Metboden uuter der Aufschrift. s sFr iedr ich hlo hrcc hinzu. lhrn gebuhrt unbedingt das Verdienst, die in der Literatur zerstreuten Titrirrnetboden gesnrnmelt, nach eiit- heitlichen Gesichtspunkten znsnminengestellt uttd durch schiitzeiis- we1 the Keuerungeu bereichert zu haben.

So fiihrte er z. B. die Oxalsaure zur Reiiutzung in drr .\l:inss- analyse ein, bei Chlorbestirnmungen, fiir welche bisher iiur Flillungs- aiialyseii iiblich waren, diis chromsaure Kaliurn als Indicator und ala constante Eiscnrerbindung bei der Titerbestimmung das Doppelsalz \-on schwefelsaurem Eisenoxydul und schwefelsaurem Ammonium etc. Nach seiner Angabe wurden fur die Untersuchung von Soda, Chlor- kalk etc. gr6ssere Mengeu eingewogen, gelost, die LBsung nuf ein Liter gestellt und daron ein alirluoter Theil durch die Pipette ztir Analyae entnommen, ein Verfahren, welches, von der Technik aufgr- iiommen, VOD der grijssten Bedeutung fur die Controllaualysen geworden ist. Es wurde dadurch vermiedeu, auf feinen analytischeii Waagen geririge Siibstanzmeiigen f i r die A n a l p e n einzuwiegen; hierdurch Itarnmen gewisscnhafte Laboranten, die nicht Chemiker LU seiii br;iuchen, in die Lage, Techniker durch rascha Ausfiihrung exnctcr Arialysen zu irriterstiitzen, sodass seitdmi ein rntionellerer Betriel) gef'uhi t werdeii konnte.

Mitte des vorigen Jahrhunderts beschriinkten sich ill Sodafabrikeit die Titratioiieii :iuf die Bestimmungen des Gehaltes ron Nntron durch Saure und niiigen bei der Rhenilnia in Stollberg tiiglich etwa 50 Unter- suchungeii aiisgefiihrt worden sein. Heute machen ebendasrlhst 1 (; L:iboranten ttiglich etwa 650 Aiialysen, niimlich:

Rein1 Bleikammerbetrieb . . . 2 Laboranten 80 'L'itrationen Bei der Su1fatf:ibricatioii . . . 1 3 56 W

Im Chlorbetrieb . . . . . . 4 )) 230 D

l u der Sodafabrik . . . . . 3 > 137 >

111 rerschiedenen anderen Eetrieben 4

> >, >) n. H a r g r a e v e s 2 n 78 >)

60 - -. -~ ~ ~ ~ -

16 Laboranten 641 Titrationen.

Hieraue geht die Wichtigkeit der Maaasanalyse fiir die Gross- industrie wohl zur Geniige her ror , wiihrend in vielen anderen 111-

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dostriezweigen die Titrirmethoden ebenfalls oiitzliche Anwendung ge- funden haben.

In kurrer Aufeinanderfolge erlebte Mo br’s Titrirbuch eine Auf- loge nacb der anderen; das Buch feblte in keinem Laboratorium, der beste Beweie dnfiir, wie sehr daselbe von allen Seiten geschiitzt warde.

L i e b i g rerfolgte Mobr’s Titrirmethoden mit Interesse und Anerkennung, wie die folgenden Ausziige aus rerscbiedenen Briefen beueisen :

Miinched, den 27. Januar 1853. Meio theurer Mohr!

- - - _ - - - - - - - - - - - aF6r die Uebersendang Deines Commentars und der neuen Auflage Deines Apothekerbuches meinen besten Dank. Dn bast iibrigens Unrecht, eu glauben, es sei n6thig gewesen, die Biicher aufzuschneiden, damit icli sie lese. Deine Biicher leae ich imrner. Do hast vieles Neue hinzugefiigt, lauter Dinge, die onsereins gut brauchen kann und wofiir Dir a h , welche arbeiten, Dank wissen miissen. Der Spass, dass man die Iangweilige Arbeit fiber Amglnm nicht eu kenneu braucht, urn Eleister zu machen, iet sebr gut. Warurn hast Du Deine TitrirgerHthe in dem Buch nicbt bescbriebeo? Bedenke, wie niitzlich es wHre, wenn diese in die Apotheke eingefiibrt wijrden; sie when anwandbar und gut fir tausend Arneibereitungen. Anstatt zu wiegen, zu messen; das Messen i_at ja weit einfacher. Eiii Mann wie Du kann uod eoll den Anfang machen und zu den rorhnndenen ein neues l’rincip i n grorser Anwendang bringen. Ich habe eine Beschreibung Deiner Pipetten und Biiretten geh6rt und wiineche sehnlichst, diese Inetrumente nacb Deiner Angabe verfertigt zu besiteen. Du bist vielleicht so gut, mir eine Pipette und eine Biirette ale Muster zu be- sorgenc .

Dein treuer Jus tus Liebig.

Miinchen, den 15.Mai 1853. Mein theurer Freund!

- - - - - - - - - - - - - - - JDeine graduirten Pipetten sind sehr bequem und genau, dabei prak- tiscb, wie alles, w m Du machst. Unter Deinen Hiinden nehmen die cbemischen Gerdithe sogleich eine andere Gestalt an; es ist doch eigentlich auffallend, wie weoig Geschick in dergleichen Dingen ver- breitet ist; man hat zwar die Pipetten von G a y - L u s s a c etc. ver- beesert, aber ea waren doch keine eigentlichen Verbesserungen: sie waren nur anders; das war dies, keiri neuer Gedanke. Dnrch meine

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Deiu treuer J u s t u s L i e b i g .

M i i n c h e n , den 16. December 1856. Mein theurer M o h r !

3Fiir Deinen Brief voll der interessantesten Neuigkeiten meinen besten Dank. Wenn D u gerecht sein und nachsehen willst, so wirst Du finden, dass unsere CorrespoLdenz mit einem Briefe oon mir und iiicht umgekehrt ins Stocken geratlien ist. Duss ich Dein Titrirbuc.1- auc' ohne Deine Aufforderung angesehen hatte, rerstebt sich wohl vo selbst, und es ist ein Scherz, wenn Du glaubst, dass ich dazu e .lee Anstosses bediirfe; ich so11 Dir meine Ansicht dariiber sagen uiid ich glaube, es ist geniigend, wenn ich die Xeinung ausspreche, dass es gut, sehr gut und sehr niitzlich ist; manches ist etwas breit gehalten, aber dies echadet nicht und ist fiir viele nothwendig. Du hast Dir ein wahres Verdienst erworben, uud, iudem Du das isolirt Heruruschwimmende gesammelt und in ein System g e b r a d t hnst, ist der Analyse dudiircb ein neues und eigenes Gebiet fiir inimer ge- wonnen. Alle Deine Methoden sind bei mir in bestandigem Gebraucht.

Von Herzen Dein treuer J u s t u s L i e b i g

In der Nahe der Mohr ' schen Villa bei Coblenz wurde eine chrmische Fabrik betrieben, bei welcher M o h r geschaklich GL,rheiligt war. Dieselbe gerieth irn J a h r c 1864 in Concurs, wodurcb Mol ir grossere Znhlungen zu leisten hatte und gezwungen war , eine Stel- l u n g zu suchen, in wclcher e r mehr verdiente a h dies bei seiuer rnehr wissenscbaftlichen Thatigkeit miiglich war. Er siedelte 1564 nach Bonn iiber, wurde durch Vermittelung Ihrer Majestat der Kaiserin A u g u s t a dort Professor und las daselbst Pharmacie und Toxikologie bis zu eeinem Tode im J a h r e 1579.

In wissenschaftlichen Vereinen, narnentlich ini nacurhistorischen Verein von Rheinland und Westfalen, traf e r mit den Geologeri zu- sarnmen und gerieth mit denselben in hefrige Auseinandersetzungen, indem e r ihnen Mange1 a n Kenntnissen in der Chernie vorwarf.

Er verfolgte die Studien auf diesein Gebiete, mit welchen e r sich schon friiher beschlftigt hatte, mehr und mehr und schrieb seiii Bucli ZGeschichte der Erdec , welches mehrere Auflagen erlebte. Be- merkenswerth sind darin seine Theorien der Steinkohlenbildung urid die Lehre von der Entstehung der Gesteine. Er huldigte hierbei hauptsachlich neptunistischeii Anschauungen und liess sogar deu Basalt

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a d wiissiigem Wege entstehen. Bemerkenswerth sind die nachfolgenden Ausziige aus Briefen L i e b i g ' s an M o h r , in welchen auch die geo- logisclien Anschauungen zur Sprache kommen :

M i i n c h e n , 13. Aug. 1859. Mein theurer M o h r !

>Es ist ill der T h a t , was das Chemische betrifft, eine greuliche Wir thsclinft in der Geologie. Man sollte denken, die Geologen ii,iissreii gr iiudliche Kenntnisse in der Cheniie haben und keiner konnte etwss machen ohne sie, und doch reratehen weder die Englilnder noch die Deutschen etwas davon. Dies macht denn, dass Du viele Schwierigkeiten zu iiberwindeu hast, urn Deinen Ansichten die richtige Wiirdigung zu verschaffen. Geduld muss marl schon haben. Nimm Dir ein Beispiel a n mir und wie es mir mit den Bauern geht. Schlage nur nicht gleich - nach Deiner Natur und Gewohnheit (Du nimrnst rnir dies nicht iibel) - mit dem Kolben darein. Die Leute bediirfeii eher Belehrung als Streitc.

Icli bin wie immer Deiu treuer J u s t . L i e b i g .

M i i n c h e n , den 1. December 1867. Meiii theurer M o h r!

>Du bist ein guter treuer Freund; dies habe ich in Deinem Aof- satze in A u e r b n c h ' s Kalender gesehen, don ich mir gleich ver- schaffte. Vielleicht, so scheint es mir , sind Deine Farben zu stark aufgetrsgen. Wen'n ich so mein Leben iibersehe, so ist doch im Ganzen die Wirksamkeit eines einzelnen Mnnnes sehr gering, und man muss sich stets suf die neue Generation verlassen; die nlte ist nicht zu bekehren: dies sah ich an den Landwirthen, zuerat mussten die nlten aussterben, wenigstens die Stimmfiihrer, und so erlebte ich denii manche Erfolge, weil ich inzwischen alt wurde. I n allen neueii Dingen ist der Kampf ein langer, und man muss vor allem eine grosse Portion Geduld in sich ansammeln. Ich sprach oft mit dem hiesigeri Palioiitologen Professor Zi t t e l , einem jungen, sehr begabten Manne, vori Deineru Buche; e r sagt, dass in Deinem Buche unendlicb vie1 Il'iclltiges sei, nber in vielen Deinen Hauptsnsichten iiber Steinkohleii- bildung, Hebung der Gebirge etc. kiinne er iiicht mit Di r iiberein- stimmen. Es sei Dir nachtheilig, dasv Du nicht grosse Reiseri gernaeht und mebr gesehen hiittest. Ich weiss, wie mir es anging; obgleich ich Recht im Ganzen hatte, so wurden mi; doch einzelne Thatsachen nls irrig nacbgewiesen, und man glaubte dnmit meiue Lebre widerlegt, clbwohl es an uud f h sich ganz gleicbgiiltig gewesen wiire, ob ich diese Thatsachen nufgenommen hiitte oder nicht; so wird es deiin bei Di r seine.

D, in treuer J u s t u s v o n L i e b i g .

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M i i n c h e n , den 29. J n n u n r 186s.

Meiii theiirer M o h r !

XIch achreibe Dir heute einige fliichtige Zeilen, urn Ueine C'ni-ulir zu bescliwichtigen. Ich atecke tief in einer Arbeit iiber Ernahrnng und Nahrnng~rnittel, uiid n i e irnrner bin ich in eineni solchem Zustande des Geisteb, dims gar nichts Anderes Interesse fiir niich hat und in meinen Kopf hineingeht. Icb habe in Deinem Buche geblhttert, aber so gut wie Nichts geleuen; icli bin nicht eine \*on den Naturen, die im Sornrner Holz rnachen, urn es :LIS Wintervorrath zu gebrauchen; ich sarnmle mir die Keirntiiisse erst dnnn, wenn ich eie zu etwns gebrauche; darurn bin icli nnwissend wie eiii Bind in allem, \vomit ich mi& nicht beschaftigt habe und bescbiiftige. Der ober- fiacbliche Einblick in Dein merkwiirdiges Biicli hat mich soglcich iiberzeugt, dass ich Nichts davon irn Grunde rerstelie und ein Stirdiiirn \on vie1 Vorhergegangeneni brauche, um das, was Dii bringst, zu wur- digen. So laiige ich voll bis zurn Hnnde mit nieineii eigenen Dingeii bin, kann icb dies nicht.

Das eine Exemplar Deines Ruches habe ich M a x iibergeben, der dnriiber berichtrn wird. Wie gmz falsch wiirdest Du rnich beurtheilen, n.em Du glaubst, dass irgeiid eine Meinungsverschiedenheit mit Dir ode1 eineni Anderen in Ansichten den allergeringsten Einflnss auf rnich hnbrn 1Gnnr. Ansichten sirid anf Vorstellungen basirt, die ihrer Natiir nach verinderlich Bind ; dsrin liegt der Fortschritt ; kein ver- niinftiger Mensch kann erwarten, dass die seinigen; welche vielleicht der richtigr Ausdriick der in einer gegebenen Zeit bekannten That- s icheii maien, fiir immer geltrn werden. Fui- iriich nun im Heson. deren sind :il'e Ansichten, die ich einmal gelinbt. fiir imrner abge- stor l eu . S i c h t so i i i it rneinen Thatsachen, diese vertheidige ich, weiin ndthig, Init inpineiii Rlute; denn es sind Dinge, die man sich untcr den Fiissen so gerndezu riicht hiriwegziehen lasst.

Den Ytandpunkt, den Du in Deinem Briefe gegen die hestehen- den Ausichten einnirnmet, kann icli nicht billigen. Du sagst, das FIaiidaijrtei buch sei roller falscher Formeln. und so d e n eine Menge anderer Annahrnen falsch. Ich will dies gar nicht beetreitrn, aber Ihi nirisst durchaus Dich zu diesen Dingen ariders stellen; Dii briug-t ein neues Licht in die Sache, und so erscheiut denn allea andere be- leiichtet; das frijhere Licht war das Licht der Zeit, und wir waren floh, es z u haben. Gieb doch Deine Ansichten, obne Steine auf die 1-orhergegsngenen zii werfen, denn dies hat gar keinen Zweck. Er- frerie Dich daran, dass es Dir gelungen ist, was Anderen r o r Di r nicht gelingen konnte und gieb was Du hast rnit heiterem Gemiithe und obne Bitterkeit im Hintergrunde. D u sprichst von Deinen An- sichten wie ein Verliebter von seinem Schatz, aber Verliebte hiilt

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man in Heziehung auf richtige Beurtheilung der Eigenschaften ihrer Geliebten nicht fiir ganz competent, und so lasse Dir dean auch den \Viderapi.iicli gefallpn, ohne Zorn iind ohne ‘zu glauben, dass Jemand pelaijdich gegen Dich sei. DII bist nber eine zu leidenschafrliche Natnr, die noch zu vie1 Feuer der Jugend in sich hat, als dass ich hofferi kiinnte, D u wiirdest hiireii auf nieine Worte. Aber ich werde Dirh immer lieben. J. v. L i e b i g .

Dns Gahrpulrer, wovon M a r q u a r t sprach, ist eine Mischung r011 trocknem, saurem, phosphoreaurem Kalk mit doppeltkohlensaureni Kali oder statt dessen mit doppeltkohlensaurem Natron und Chlor- kalium; giet t ein wunderschhes, wohlschmeckendes Brode.

M i i n c h e n , den 6. August 18G9.

Mein theurer h lohr ! ~ D e i i i Ruch babe ich oft und wiederholt gelesen, es siiid

viele gnnz vortreffliche Ideen darin, die sich auch fruchtbar erwriseri werden. \Venn Du nur nicht eine so unbiiodige Natiir wiirest, die jeden Widerstand i n den Boden treten mochte und tritt; Deine Ansichten wiirden unendlich weniger Opposition findeli, wenn Du rermeiden kijnntest, Anderc? zu rerletzen. Glaube nur niclit, die herrschenden -4nsichten in der Gegenwart zu andern, dies ist niir in riel eiiif:ic*heren Fragen in der Landwirthschaft nicht geliingen; ich habe die Erfahrung genincht, dass erst mit der jungen Generation eine Urnwaiideluiig der Ansichten eintritt; so lniige die Alten die Herrschalt haben, bleibt es beim Alten. Man miiclite es freilicli friiher erlpben, und nicbt Alle haben das Gliick, was mir zu Theil geworden ist, nlimlich alt genug zn werden, urn die Sant reifen zu sebeli. Ich winsche Dir es von Herzenq.

Dein stets treuer J. L i e b i g .

Der von L i e b i g erwiihnte damalige Dr. Z i t t e l , jetzige PI%- sideiit der Academie der Wissenschaften in Miinchen, Geheimrath v o n Z i t t e l , welcher die Geschichte der Geologie und Pdlontologie bis Ende des 19. Jahrhunderts geschrieben, erwlhnt darin M o h r an verschiedenen Stelleri und schreibt iiber seine Verdienste in der Geo- logic wie folgt:

Miinchen, den 25. Ju l i 1900. BDer Brief von L i e b i g an M o h r , welcheii Sir. die Giite hatten,

mir ZLI schickec, hat mich sehr intereeairt. Er triigt ganz das charak- teristische Geprage des genialen Chemikers, zeigt aber auch, wie grosse Stiicke e r auf seinen Jugendfreund M o h r gebalten hat. Ich

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lernte M o h r als ganz junger Maiin fliichtig bei einer Naturforscher- Veraammlung kennen. Er stand damals in schroffem Conflict mit den herrschenden Anschauungen und hatte eigentlich nur an 0 t t o Yo I g e r einen allerdings sehr wortgemandten Hundesgenosseu.

Sein geologisches Hauptwerk hat sehr auregend gewirkt und zwar in den weitcsten Kreisen. Die Fachgenossen hielten sich zwar i i i sehr vielen Fragen gegen die revolutionare, Tendenz des Autore ablehnend, aber Jedermaun . hatte den Eindrucl;, dass eiu genialer Mann die breitgetretenen Pfade rerlassen und neue Bahnen gewiesen habe. Bleibeuden Werth haben vor Allem seine Anschauungen iiber die Entstehring des mariuen Kdksteins. Sie sind durch apiitere Forschungen vollinhaltlich bestatigt worden. Wenig gliicklich waren seine Ideen fiber Steinkohlen- und Gebirgs-Bildung, und auch die nep- tiinistische Erklarung der Basaltgenesis erhielt sehr rasch durch die mikroskopischeu Untersuchungen Z i r k e l ’ s den Gnadenstoss.

Im Ganzen glaube ich sagen zu diirfen, dass Mohr’s Verdienste urri die Geologie mehr in der Kritik hsltloser Hypothesen, als in der Aufstellung neuer Ideen oder in der Erforschung neuer That- sachen bestelien. Er w a r als Geologe mebr befruchtender Literat als bahnbrechender Forscher. I n der Geschichte unserer Wissenschaft wird dnrum der Name M o h r immer nur eine nebensachliche Bedrutung besitzenK.

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Mob r ’ s eigene Ueberschatzung seiner Verdienste auf geolo- gischem GeLiete sol1 nicht geleugnet oder verschwiegen werden, denn aes hiesse den Todten beleidigen, schatzten wir seine Bedeutung 80

gering, dass sie den Hinweis auf Unvollkommenheiten nicht vertrfigee’). Lnter den Chemikern nahni er jedenfalls seiner Zeit eine hiichst beachtenswerthe Stelle ein. Mlrnche praktische Handgriffe und sinn- reiche Apparatr riihren von ihm her, vor Allem aber erfreuen sich seine Verdienstr um die Anwendring der Titrirmethode bei Technikern und Pharmaceuten einer so ungetheilten Anerkennung, dass die dank- bare Erinnerung an den genialen Forscher nicbt durch den Nachweis ron Irrthiimerri Mo hr’s auf andereu Gebieten getriibt merden kann.

Robert Hasenclerer.

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I) W. v. Oet t ingen in seiner Gediichtnissrede auf den Maler-Geselschap.