„elevia, man denkt fast an utopia

108
Dokumentation „Elevia, ... Man denkt fast an Utopia !“ „Schule als Staat“ - Handlungsorientiert Demokratie lernen? Ein Unterrichtsprojekt am Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium Heilbronn

Upload: others

Post on 29-Nov-2021

2 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

Dokumentation

„Elevia, ...Man denkt fast an Utopia !“

„Schule als Staat“ -Handlungsorientiert Demokratie lernen?

Ein Unterrichtsprojekt amElly-Heuss-Knapp-Gymnasium Heilbronn

Page 2: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

.

Herausgegeben von der Landeszentralefür politische Bildung Baden-Württemberg

Redaktion:Martina Geiger, Dr. Clauß Peter Sajak, Martin Wedel

EDV:Ralf Geiger

Die abgedruckten Beiträge stellen keine Meinungsäußerung der Herausgeberin dar.Sie dienen lediglich der Unterrichtung und Meinungsbildung.

Heilbronn / Stuttgart, September 2001

Page 3: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

InhaltsverzeichnisVorwort der Landeszentrale 4

Vorwort der Redaktion 5

Didaktische Grundlegung des Projektes „Schule als Staat“

Clauß Peter Sajak Handlungsorientiert für das Leben lernen –Das Projekt „Schule als Staat“

7

Martin Wedel Handlungsorientiert Demokratie lernen ? –Das Projekt „Schule als Staat“ aus politikdidaktischer Sicht

11

Handreichung für die praktische Durchführung des Projektes

Martina Geiger Grundsätzliche Überlegungen 15

Martin Wedel Der Bereich Politik 25

Martina Geiger Der Bereich Wirtschaft 39

Clauß Peter Sajak Der Bereich Kultur und Gesellschaft 51

Nachlese und kritische Reflexion des Projektes

Hans-Ulrich Dollmann Ein Blick zurück: Wie ein Schulleiter „Schule als Staat“ erlebt hat 67

Norbert Giegling Beobachtungen eines SMV-Lehrers: Manöverkritik 69

Katja Fiedler / StefanieKaiser / Lisette Keller

Schülerbeobachtungen: Das Projekt „Schule als Staat“ 73

Pressestimmen 75

Tobias Hartmann Der Staatspräsident blickt zurück 77

Klaus Karnetzky Elevia, ein Superstaat? – Reflexion eines Parlamentariers 79

Marieke Leist /Anne Scheu

Blumenladen „Flower Power“ –Ein Unternehmen aus der Unterstufe

81

Pia Lorenz / Katja Rossi /Christine Steinbrecher

Cha-Cha und Mambo gegen High-Tech-Food –Ein Unternehmen aus der Mittelstufe

83

Fabian Eber /Juliane Gründl

Pizzeria „ Bella Elevia“ – Ein Betrieb aus der Oberstufe 85

Heinrich Staubitz Auf dem Weg zu einer „Kultur der Selbstständigkeit“? – Das Pro-jekt „Schule als Staat“ aus der Sicht des BOGY-Beauftragten

87

Carolin Hartmann /Eva Lauermann

Zwischen Theater und Inliner-Hockey –Zwei Ministerinnen berichten

89

Christoph Beck Zu Gericht bei „Schule als Staat“ –Ein Richter im Einsatz für die Gerechtigkeit

91

Martina Geiger Kann man Demokratie lernen?Auswertung einer Umfrage zum Projekt „Schule als Staat“

93

Page 4: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

4

Vorwort der Landeszentrale

Die politische Bildung kann nur dann erfolgreich sein, wenn es immer wieder neu

gelingt, Wege zu finden, um vor allem die junge Generation zu begeistern und

zum Mitmachen zu bewegen.

Das Projekt "Schule als Staat", bei dem sich das Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium

für vier Tage in einen eigenständigen Staat verwandelt hat, ist ein Weg, die Be-

deutung des politischen Lebens stark ins Bewusstsein zu bringen und Erfahrun-

gen zu sammeln, die über den Politikunterricht hinaus prägende Wirkung haben.

Die Landeszentrale für politische Bildung möchte dieses geglückte Projekt mit

dieser Dokumentation auch anderen Schulen vorstellen und sie zur Nachahmung

ermuntern.

So ein Werk kann nur gelingen, wenn eine Schule insgesamt mitzieht. Deshalb

danke ich dem Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium in Heilbronn für die Aufgeschlos-

senheit und für den langen Atem. Besonders danke ich aber Frau Martina Geiger

und den Herren Clauß Peter Sajak und Martin Wedel, die das Projekt initiiert,

durchgeführt und jetzt auch so aufbereitet haben, dass es eine echte Einladung zur

Nachahmung geworden ist.

Siegfried Schiele

Direktor der Landeszentralefür politische BildungBaden-Württemberg

Page 5: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

5

Vorwort der Redaktion

„Elevia...- Man denkt fast an Utopia“: Mit diesemVers aus der Hymne unseres Schulstaates habenwir unsere Projektdokumentation überschrieben.Tatsächlich ist Elevia in gewisser Weise eine Uto-pie gewesen, allerdings nicht in dem Sinne, mitdem wir die Staatsentwürfe eines Platon, ThomasMorus oder Tommaso Campanella als „U-topia“bezeichnen. Während diese Staaten „keinen Ort“in der Wirklichkeit haben und „nirgendwo“ indieser Welt existieren, hat es unseren Staat im Juli2000 wirklich gegeben. Der Ort: Heilbronn. Uto-pisch erscheint aber die Form von Schule, die imRahmen des Projektes „Schule als Staat“ prakti-ziert wurde. Dass etwa 900 Schüler und 70 Lehrerfast eine Woche lang mit großer Ernsthaftigkeitund Engagement ein handlungsorientiertes Groß-projekt verwirklichen und einen eigenen Staatgründen, trägt in der Tat Züge des Utopischen.

An fünf Tagen im Juli 2000 hat sich das Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium Heilbronn in den etwa1000 Bürger umfassenden Staat Elevia verwandelt,der von einer durch das Parlament gewählten elf-köpfigen Regierung geleitet und von einem direktgewählten Staatspräsidenten repräsentiert wurde.Innerhalb der Grenzen dieses Staates, also auf denca. 6000 m2 des Schulgeländes, entstanden über 50Betriebe und Unternehmen, die durch Angebote inden Bereichen Dienstleistung, Gastronomie undKultur den Grundstein für das wirtschaftlicheLeben des Staates legten.

Auch wenn man das Verhältnis von organisatori-schem Aufwand und konkreten Lernerfolgendurchaus kritisch sehen kann, sind wir der Auffas-sung, dass dieses Projekt es wert ist, einer breitenÖffentlichkeit vorgestellt zu werden und vieleNachahmer zu finden. Wir haben in den letztenMonaten bereits zahlreiche Anfragen von anderenSchulen und Hochschulen bekommen, in denennach unseren Erfahrungen mit „Schule als Staat“gefragt und um Hilfestellung und Rat für ähnlicheProjektveranstaltungen gebeten wurde. Entspre-chend hoffen wir, mit der vorliegenden Doku-mentation interessierten Schülergruppen, Fachdi-daktikern und Pädagogen eine Handreichung fürPlanung und Durchführung des faszinierendenGroßprojektes „Schule als Staat“ liefern zu kön-nen.

Die Dokumentation ist in drei Teile gegliedert:

Auf eine Didaktische Grundlegung, in der wirdas Projekt aus pädagogischer wie politikdidakti-scher Perspektive reflektiert haben, folgt eine um-fangreiche Handreichung für die praktischeDurchführung des Projektes. Hier finden inte-

ressierte Leser1 die wichtigsten Informationen,

Tipps und Materialien (als Kopiervorlagen), umdas Projekt selbst zu planen und durchzuführen.Dass sich diese Anstrengung lohnt, zeigen dieverschiedenen Berichte und Reflexionen, die wirin der Nachlese gesammelt haben. Dabei habenwir durchaus auch kritische Stimmen zu Wortkommen lassen.

Aber machen Sie sich selbst ein Bild!

Martina GeigerDr. Clauß Peter SajakMartin Wedel

Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium Heilbronn

1 Aus Platzgründen werden in der gesamten Dokumentation diegenerischen Maskulina in der normalen, nicht exklusivenBedeutung verwendet.

Page 6: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

6

Page 7: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

HANDLUNGSORIENTIERUNG

7

Clauß Peter Sajak

Handlungsorientiert für das Leben lernen– Das Projekt „Schule als Staat“

Dr. Clauß Peter Sajak, StR, ist Lehrer für Katholische Religionslehre, Deutsch und Philosophie am Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium Heilbronn. Er unterrichtet auch das neu eingerichtete Seminarfach und be-treut als Verbindungslehrer die Schülermitverantwortung.

In vielen Schulen in Baden-Württemberg wirdderzeit das Projekt „Schule als Staat“ durchge-führt. Obwohl dieses pädagogische Unternehmenmit einem immensen organisatorischen und zeitli-chen Aufwand verbunden ist, scheint die Popula-rität des Projektes in engagierten Kollegien wie beiinteressierten Schülern ständig zu wachsen. EinGrund mag die komplexe didaktische Ausrichtungdes Projektes sein, werden doch hier gleich dreiinteressante pädagogische Ansätze mit dem gesell-schaftlichen Anliegen des Demokratielernensverbunden: die Projektmethode und das Planspielim Rahmen eines handlungsorientierten Lernpro-zesses. Im Folgenden sollen diese drei didakti-schen Dimensionen des Projektes vorgestellt wer-den.

1. Die Grundzüge des Projektes

Die Idee, im Rahmen einer Projektwoche dieSchule in einen „kleinen“ Staat umzugestalten, indem Lehrer wie Schüler mit gleichen Rechtenausgestattet sind und durch wirtschaftliche Tätig-keit ihren Lebensunterhalt verdienen müssen, istMitte der neunziger Jahre in Schleswig-Holsteinentstanden1. Die hier entwickelten Leitideen wur-den auch am Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium inHeilbronn als Bezugsrahmen verwendet. Sie lau-ten:

� Lehrer wie Schüler sind gleichberechtigt, dietraditionellen Rollen sind aufgehoben.

� Politik und Gesellschaft bilden ein funktiona-les System: Politische Entscheidungen wirkensich sofort auf die Wirtschaft aus, gesell-schaftliche Entwicklungen haben direkte Kon-sequenzen für die politisch Verantwortlichen.

� Alle Bürger müssen für ihren Lebensunterhaltaufkommen: Sie werden entweder Unterneh-mer oder versuchen, als Beamte / AngestellteEinkommen zu erwerben.

1 Vgl. zur Entstehungsgeschichte Detjen (1998), 229-237 undOberschulamt Stuttgart (1999).

� Schüler erleben unmittelbar, wie Staat undUnternehmen funktionieren.

� Die Schüler bestimmen so weit wie möglichdas Geschehen selber und sind so verantwort-lich für das Wohl des Staates und das Funkti-onieren der Wirtschaft2.

Am Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium entstand so imJuli 2000 für fünf Tage ein knapp 1000 Bürgerumfassender Staat, der von einer durch das Parla-ment gewählten elfköpfigen Regierung geleitetund von einem direkt gewählten Staatspräsidentenrepräsentiert wurde. Innerhalb der Grenzen diesesStaates, also auf den ca. 6000 m2 des Schulgelän-des, entstanden über 50 Betriebe und Unterneh-men, die durch Angebote in den BereichenDienstleistung, Gastronomie und Kultur denGrundstein für das wirtschaftliche Leben desStaates legten.

Der Aufwand für ein solches Projekt ist erheblich.Kritiker fragen nicht zu Unrecht, ob sich die orga-nisatorische Mühe in Anbetracht des zu erzielen-den Lernerfolges lohnt, oder ob hinter dem Projektnicht nur „wilder Aktionismus“ aus Prestige-gründen oder ein „mit didaktischem Schnick-schnack verbrämtes Schulfest“ stecke. DieserPolemik lässt sich allerdings entgegnen, dass inder Tat hinter dem am Ende als gemeinschaftlichesFest durchgeführten Projekt eine Reihe interes-santer didaktischer Ideen steckt, über die es sichdurchaus nachzudenken lohnt.

2. „Schule als Staat“ - ein schul-umfassendes Großprojekt

Das Projektlernen gilt nicht erst seit den grundle-genden Arbeiten von Johannes Bastian, HerbertGudjons, Karl Frey und Dagmar Hänsel3 als päda-gogisch verheißungsvolle Lernform, die besonders

2 Vgl. Detjen (1998), 234.3 Vgl. Bastian/Gudjons (1986), Frey (1998) und Hänsel (1997).

Page 8: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

DIDAKTISCHE GRUNDLAGEN

8

immer dann ins Gespräch kommt, „wenn auch dieLeistungsfähigkeit der Schule generell ins Geredegekommen ist angesichts von Krisen, die mit ‚her-kömmlichem Unterricht‘ nicht mehr bewältigbarerscheinen.“4 Die Grundidee dieses themenzent-rierten offenen Lernens geht auf die amerikani-schen Pädagogen John Dewey und William H.Kilpatrick zurück, die im Kontext des „ProgressiveEducation Movement“ besonders den Zusammen-hang von „Demokratie und Erziehung“ fördernwollten5. In der deutschen Reformpädagogik er-blühte die Projektidee ein erstes Mal um 1920,eine glanzvolle Renaissance erlebte sie dann imZuge der Bildungsreform in den siebziger Jahren.Die wohl deutlichste Spur, welche die Euphorie fürdie Projektmethode in dieser Zeit hinterlassen hat,sind die Projektwochen, die an vielen Schulenunserer Republik inzwischen zum festen Ritual desSchuljahres gehören und die deshalb – vielleichtauch wegen des traditionellen Termins kurz vorden Sommerferien – kaum noch Begeisterunghervorrufen. Ansonsten ist das Schulprojekt inzwi-schen eher in den Schatten modernerer didakti-scher Ansätze wie dem fächerverbindenden Unter-richt geraten, auch wenn ihm im Zuge der innerenSchulreform inzwischen eine neue Funktion zuge-wiesen worden ist.6 „Schule als Staat“ bietet nundie Gelegenheit, handlungsorientiertes und fächer-verbindendes Lernen im Rahmen eines Großpro-jektes in neuer Form zu verbinden.

Das Projekt wird in der Regel als „von Lehrerin-nen und Schülerinnen unternommener Versuch“definiert, der das Ziel hat, „ein gesellschaftlichwichtiges und den Interessen der Beteiligten ent-gegenkommendes Problem gemeinsam“7 zu bear-beiten und zu einem Ergebnis, in engerem Sinnealso zu einem Produkt zu kommen. Dabei geltennach K. Frey folgende Grundregeln8:Die Projektteilnehmer greifen ein Thema auf –hier: die Schule als einen demokratischen Staat zuorganisieren – und entwickeln die Projektinitiati-ve, in deren Rahmen sinnvolle Beschäftigungsge-biete für alle Beteiligten gesucht werden.Sie organisieren sich in einem begrenzten zeitli-chen Rahmen – hier: neun Monate – selbst undnutzen diese Zeit für Planung und Organisation.Sie informieren sich gegenseitig in gewissen Ab-ständen – hier: ein monatliches Koordinations-treffen der Arbeitsgruppen – , während sie in un-abhängigen Gruppen an ihren Aufgaben arbeiten.Sie setzen sich Arbeitsziele – hier: die Erarbeitungeiner Staatsverfassung und die Etablierung leis-tungsfähiger Staatsorgane – , vereinbaren einen

4 Wolters (1998), 121.5 Zur Geschichte der Projektmethode vgl. Frey (1995), hier 48-52.6 Vgl. Wolters (1998), 127-133.7 Meyer (1997), 171.8 Vgl. Frey (1995), 16-17.

Arbeitsrahmen und entwickeln Methoden für dieAuseinandersetzung mit den Aufgaben.Sie spüren auftretende Spannungen und Konflikteauf, um sie zu lösen, und helfen sich in verschie-denen Situationen aus.Sie befassen sich mit realen Situationen und Ge-genständen – hier: die Institutionen eines demo-kratischen Staatswesens und deren Arbeitsweise –und setzen sich mit aktuellen und sie selbst betref-fenden Fragen – hier: Welcher Berufstätigkeit willich nachgehen? Engagiere ich mich in einemstaatlichen Gremium? – auseinander.

Die Teilnehmer gestalten folglich alle Dimensio-nen des Projektlernens selbst: Organisation, Me-thodenpakete und Lernformen sowie die Ergebnis-präsentation und Bewertung9. Dabei ist entschei-dend, dass sich das Projekt nicht in der Planung,Gestaltung und öffentlichen Präsentation er-schöpft, sondern dass es von den Teilnehmernselber kritisch reflektiert und ausgewertet wird.Dies gestaltete sich bei „Schule als Staat“ schwie-rig, erschien hier der Höhepunkt der öffentlichenInszenierung eines „Staatsaktes“ am Besuchertagunzweifelhaft als Schlussakkord für Lehrer wieSchüler. Unsere Dokumentation ist der Versuch,wenigstens mit einer kleinen Gruppe von enga-gierten Teilnehmern eine kritische Aufarbeitungund Bewertung des Projektes zu versuchen.

3. „Schule als Staat“ – ein wirt-schaftspädagogisches Planspiel

Die Methode des Planspiels ist in den militärischenSandkastenspielen der Generalstäbe entstanden, indenen Schlachten, Feldzüge oder politische Kri-senszenarien mit dem Ziel taktischer Schulungoder strategischer Diskussionen durchgespieltwurden. In den Sechzigerjahren des 20. Jahrhun-derts wurde dieses Spielmodell auf die Schulpäda-gogik, und hier im Besonderen auf den Gemein-schaftskunde- und Politikunterricht, übertragen10.Fragestellungen und Konflikte im Bereich derPolitik, der Arbeitswelt und der Wirtschaftstheoriewerden seitdem spielerisch im Klassenzimmernachgestaltet, wobei die Schüler jeweils die Rollender beteiligten Parteien einnehmen und unter ei-nem gewissen Entscheidungsdruck Auseinander-setzungen austragen und eine Lösung finden sol-len. Materialien und Medien zur Rollen-erarbeitung werden den Schülern dafür zur Verfü-gung gestellt11.

Auch „Schule als Staat“ kann nach dieser Definiti-on als Planspiel verstanden werden, geht es doch

9 Vgl. zu den Dimensionen des Projektunterrichts Wolters(1998), 134-153.10 Zur Geschichte des Planspiels vgl. Meyer (1987), 366.11 Vgl. Meyer (1987), 366-368.

Page 9: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

HANDLUNGSORIENTIERUNG

9

auch hier darum, Verhältnisse und Prozesse despolitischen und wirtschaftlichen Lebens in einemRollenspiel (Rollen sind in diesem Sinne z. B. dieMitglieder der Regierung, die Parlamentarier, dieBeamten der Exekutivorgane, die Unternehmer,die Angestellten) nachzuspielen und dabei kon-krete Probleme zu lösen und zu Entscheidungen zukommen. Dabei ist es wichtig festzuhalten, dassein Planspiel niemals die ganze Wirklichkeit ab-bilden kann, sondern nur einen Ausschnitt diesersozialen Komplexität12. Kritiker bemängelten, dieRegeln des Projektes seien unvollständig oderwürden die abgebildete Wirklichkeit in nicht legi-timer Weise verkürzen, so z. B. dass es im Rahmenvon „Schule als Staat“ bei den Gerichtsverhand-lungen keinen höheren Instanzenweg mit Beru-fungsmöglichkeiten gebe. Eine solche Kritik über-sieht die Grundregel des Planspiels, dass eben nurAusschnitte der gesellschaftlichen Wirklichkeit„durchgespielt“ werden können.

4. „Schule als Staat“ im Kontexthandlungsorientierter Lern-methoden

„Handlungsorientierter Unterricht ist ein ganzheit-licher und schüleraktiver Unterricht, in dem zwi-schen dem Lehrer und den Schülern vereinbarteHandlungsprodukte die Organisation des Unter-richtsprozesses leiten, so dass Kopf und Handar-beit der Schüler in ein ausgewogenes Verhältniszueinander gebracht werden können“13 – so lautetdie wohl bekannteste Definition des handlungsori-entierten Lernens, aufgestellt von Hilbert Meyer.Handlungsorientierte Unterrichtsformen bestim-men schon seit einigen Jahren unübersehbar dieMethoden der Unterrichtsgestaltung und die In-halte der Curricula14. Wer zur Zeit ein Unterrichts-praktikum, eine Lehrerfortbildung oder sein Refe-rendariat durchläuft, weiß, mit welcher Überzeu-gung hier der handlungsorientierte Unterricht alsAllheilmittel schlechthin für methodische, didakti-sche und pädagogische Probleme angepriesenwird. Je mehr diese Methode zur Mode und Ma-sche aufgebaut wird, desto stetiger wächst die Zahlder zweifelnden und skeptischen Stimmen imLager der Praktiker. Herbert Gudjons hat aller-dings vor wenigen Jahren in einem konzisen Bei-trag aufgezeigt, dass der handlungsorientierteUnterricht jenseits aller Moden durch eine ganzeReihe von wissenschaftlichen Erkenntnissendurchaus wohl begründet erscheint15. Dabei stütztGudjons seine Grundthese, der handlungsorien-

12 Vgl. Meyer (1987), 366.13 An verschiedenen Orten, hier Jank/Meyer (1994), 354.14 Aus der Fülle der Literatur vgl. exemplarisch Aebli(1980/1981), Gudjons (1994), Gudjons (1997), Huwendiek(1998) und Jank/Meyer (1994), Kösel (1993).15 Vgl. Gudjons (1997).

tierte Unterricht sei weder bloßer Aktionismusnoch Beschäftigungstherapie, sondern solle Schü-ler befähigen, Handlungskompetenzen für ver-schiedene Lebenssituationen zu erwerben16, durchdie neuen Erkenntnisse der Kognitionspsycholo-gie, der Gehirnforschung, der Motivations- undSozialisationstheorie.

Diese vier exemplarischen Bereiche sollen etwasgenauer in den Blick genommen werden. Seit JeanPiaget geht die Kognitionspsychologie davon aus,dass sich unsere Denkstrukturen aus verinnerlich-ten Handlungen entwickeln. Das hat Konsequen-zen für unsere Lerntechnik, welche Gudjons miteinem Zitat von John Dewey deutlich macht:Wenn unser Denken aus dem Handeln hervorgeht,„...dann kann man Wissen, Begriffe und ‚Stoffe‘nicht einfach in fertiger Form weitervermittelnoder wie Ziegelsteine von Generation zu Generati-on weiterreichen.“17 Der Mensch muss stattdessenLerninhalte in Handlungen umsetzen und dannhandelnd die entsprechenden Denkstrukturen auf-bauen. Mit Blick auf das Projekt „Schule als Staat“kann man einen Begriff wie den der „Demokratie“als Beispiel wählen: „Demokratie“ bleibt als Beg-riff für Schüler in der Regel abstrakt und bedeu-tungslos. Werden diese Schüler aber zu Subjektendemokratischer Verfahren, indem sie z. B. selberwählen und gewählt werden dürfen oder sogar alspolitischer Entscheidungsträger aktiv werden,erschließt sich ihnen das Wesen der Demokratieaus ihren im Handeln erworbenen Erfahrungen.Sie sind damit den meisten Erwachsenen voraus,die dieses „learning by doing“ (J. Dewey) erst mitder Wahlmündigkeit einleiten dürfen.Außerdem lehrt die neurologische Gehirnfor-schung, dass in der hochkomplexen, netzartigenStruktur unseres Gehirns Informationen sowohl ander Oberfläche als auch in der Tiefenschicht abge-speichert werden. Während aber die Informationenan der Oberfläche rasch wieder verloren gehen,also vergessen werden, garantiert die multipleEincodierung der Informationen in den Tiefen-strukturen deren langfristige Speicherung undAbrufbarkeit. Diese multiple Eincodierung aberbedarf des ‚Tuenden-Lernens‘, also des Han-delns18. Es leuchtet ein, dass eine Definition desTerminus „Umsatzsteuer“ Minuten später wiederentfallen ist. Die schmerzliche Erfahrung, vonseinem mühsam erarbeiteten Umsatz eine Steuerzahlen zu müssen, wird kaum ein Schüler soschnell vergessen.

Mit diesen Erkenntnissen korrespondiert auch derwissenschaftliche Beitrag der modernen Motivati-onstheorie. Sie hat herausgearbeitet, dass es nichtnur einen engen Zusammenhang von Abrufbarkeit

16 Vgl. Gudjons (1997), 9.17 Gudjons (1997), 7.18 Vgl. Gudjons (1997), 7.

Page 10: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

DIDAKTISCHE GRUNDLAGEN

10

und Gehirnstruktur, sondern auch ein Zusammen-spiel von Kognition und Emotion gibt. Personalund emotional wichtige Informationen werdenbesser memoriert, weil das Limbische System inder Großhirnrinde Denkprozesse ständig emotional‚einfärbt‘. Da es eine klare Korrelation von Sinn-haftigkeit bzw. subjektiver Bedeutung und Moti-vation gibt, lernen und memorieren Menschenleichter, wenn sie Spaß an einer Sache haben19. FürPädagogen ist dies eine Binsenweisheit: Unterrichtist dann spannend und interessant, wenn denSchülern die Lebensrelevanz eines Themas ver-mittelt werden kann. Das zeigt sich auch bei„Schule als Staat“: Durch die aktive, engagierteLeitung und Verwaltung eines eigenen Kleinunter-nehmens lernt ein Schüler mehr und längerfristigdie Grundregeln der Betriebswirtschaftslehre als injedem theoretischen Wirtschaftsunterricht.

Schließlich gilt es, einen Blick vom Individuumund seinen kognitiven Möglichkeiten auf die ge-sellschaftlichen Faktoren zu richten. Die Verände-rung der Sozialisationsbedingungen in unsererpostmodernen „Risikogesellschaft“ (U. Beck)liefert ein weiteres Argument für die Förderunghandlungsorientierter Unterrichtsformen. Geradedie pädagogischen Postulate der modernen Schul-theorie können im Rahmen eines handlungsorien-tierten Schulprojektes konzentriert eingeholt wer-den. So zeigt sich die Lebensnähe des Unterrichtsin der Einübung von Demokratie und Arbeitsleben,die Öffnung der Schule in der Kooperation mitFachleuten aus den Medien, der Wirtschaft und derPolitik, die Demokratisierung des Lernens in derfreien Wahl von Tätigkeiten, Aufgaben und Me-thoden. Folglich bieten sich gerade im handlungs-orientierten Lernen zahlreiche Möglichkeiten, dieVisionen einer Schule der Zukunft als „Lebenshil-fe-“ (P. Struck) und „Erfahrungsschule“ (H. v.Hentig) zumindest für einen beschränkten Zeit-raum Wirklichkeit werden zu lassen.

5. Die Erfahrungsschule wirdWirklichkeit

Das schulumfassende Großprojekt „Schule als„Staat“ bietet also die Möglichkeit, moderne di-daktische Ansätze wie Planspiel und Handlungs-orientierung mit einem faszinierenden Versuch desDemokratielernens zu verbinden. Die Anstrengun-gen und aufwändigen Vorbereitungen können sichdurchaus lohnen, gilt es doch gerade in Zeiten derPolitikverdrossenheit und Institutionenmüdigkeitnach neuen Wegen zu suchen, den jungen Men-schen den Wert unseres politischen Systems klar-zumachen und sie in die Spielregeln der parla-mentarischen Demokratie einzuführen. Dass„Schule als Staat“ mit der Forderung nach eigen-

19 Vgl. Gudjons (1997), 7-8.

ständiger Erwerbstätigkeit auch auf einer wirt-schaftspädagogischen Lernzielebene Einblicke inwichtige volks- und betriebswirtschaftliche Grund-regeln und Abläufe ermöglicht, kommt zudemeiner häufigen Forderung aus der Wirtschaftsweltentgegen, die Schüler müssten in der Schule vonheute mehr Wissen im Bereich von Wirtschaft undFinanzen erwerben. Skeptiker, die bei der Lektüresolcher Sätze sofort ideologiekritische Vorbehalteins Feld führen wollen, können sich schließlichdamit trösten, dass ein solches Schulprojekt auchauf der menschlichen Ebene Schüler und Lehrerenger zusammenrücken lassen kann.

Literatur:

Aebli, Hans (1980/1981), Denken. Das Ordnen desTuns. 2 Bde., Stuttgart 1980/1981.

Bastian, Johannes/Gudjons, Herbert (Hg.) (1986), DasProjektbuch. Theorie – Praxisbeispiele – Er-fahrungen, Hamburg 1986.

Detjen, Joachim (1998), Handlungsorientierung – Prak-tische Anwendung im Politikunterricht, in: Breit,Gotthard/Schiele/Siegfried, Handlungsorientierungim Politikunterricht, Bonn 1998, 226-257.

Frey, Karl (1998), Die Projektmethode. Der Weg zumbleibenden Tun, Weinheim/Basel 81998.

Gudjons, Herbert (1994), Handlungsorientiert lehrenund lernen, Bad Heilbrunn 41994.

Gudjons, Herbert (1997), Handlungsorientierter Unter-richt. Begriffskürzel mit Theoriedefizit?, in: Päda-gogik 1/1997, 6-10.

Hänsel, Dagmar (1997), Handbuch Projektunterricht,Weinheim/Basel 1997.

Huwendiek, Volker (1998), Didaktisches Denken undUnterrichtsplanung, in: Bovet, Gislinde/Huwendiek,Volker, Leitfaden Schulpraxis. Pädagogik und Psy-chologie für den Lehrerberuf, Berlin 1998, 74-120.

Jank, Werner/Meyer, Hilbert (1994), Didaktische Mo-delle, Berlin 31994.

Kösel, Edmund (1995), Die Modellierung von Lernwel-ten. Ein Handbuch zur Subjektiven Didaktik, 21995.

Meyer, Hilbert (1987), Unterrichtsmethoden. Bd. II:Praxisband, Berlin 1987.

Meyer, Hilbert (1997), Schulpädagogik. Bd. II: FürFortgeschrittene, Berlin 1997.

Oberschulamt Stuttgart (Hg.) (1998), Handlungsorien-tierter Unterricht als fächerübergreifende Projektar-beit. „Schule als Staat“ – Ein Großprojekt am Gym-nasium Neckartenzlingen, Stuttgart 1998.

Wolters, Angelika (1998), Projekt- und Fächerübergrei-fender Unterricht, in: Bovet, Gislinde/Huwendiek,Volker, Leitfaden Schulpraxis. Pädagogik und Psy-chologie für den Lehrerberuf, Berlin 1998, 121-158.

Page 11: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

POLITISCHE BILDUNG

11

Martin Wedel

Handlungsorientiert Demokratie lernen?- Das Projekt „Schule als Staat“ aus politik-didaktischer SichtMartin Wedel, StR, ist Lehrer für Gemeinschaftskunde, Geschichte und Französisch am Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium in Heilbronn. Er unterrichtet auch das Seminarfach und ist Ausbildungslehrer.

Handlungsorientierung1 ist nicht nur in der allge-meinen Pädagogik, sondern auch in der Didaktikder politischen Bildung derzeit en vogue. Insbe-sondere vor dem Hintergrund einer allgemeindiagnostizierten Politik- und Politikerverdrossen-heit, die sich leicht zu einer generellen Demokra-tieverdrossenheit ausweiten könnte, erhoffen sichnicht wenige Politikbildner von diesem didakti-schen Prinzip wesentliche Impulse sowohl fürihren eigenen Unterricht wie auch darüber hinausfür eine größere Partizipation im gesellschaftli-chen, sozialen und politischen Bereich. Hand-lungsorientierung soll nach diesem Verständniseinen wichtigen Beitrag zum Erlernen elementarerSpielregeln der Demokratie und des gesellschaftli-chen Miteinanders leisten. Dies umso mehr, alsErfolge in der politischen Bildungsarbeit seltenkonkret und anschaulich gemacht, umgekehrt abernegative Befunde, wie beispielsweise das Anwach-sen von Rechtsradikalismus, leicht als Versagender politischen Bildung qualifiziert werden kön-nen.

Wie Handlungsorientierung im Allgemeinen, sowird auch der handlungsorientierte Ansatz in derPolitikdidaktik2 kontrovers beurteilt. „WährendBefürworter sich politisches Lernen nur hand-lungsorientiert vorstellen können, äußern skepti-sche Stimmen die Sorge, daß handlungsorientierterPolitikunterricht blindem Aktionismus Vorschubleistet. Angemahnt wird, daß das Politische ausge-blendet wird und das Tun die Reflexion in denHintergrund drängt.“3 Im Folgenden soll nun derFrage nachgegangen werden, ob und inwiefern dasProjekt „Schule als Staat“ einen Beitrag zum De-

1 Aus der Fülle der Definitionen wird hier, wie im Beitrag vonClauß Peter Sajak, auf die Definition von Hilbert Meyer zu-rückgegriffen: "Handlungsorientierter Unterricht ist ein ganz-heitlicher und schüleraktiver Unterricht, in dem die zwischendem Lehrer und den Schülern vereinbarten Handlungsproduktedie Unterrichtsprozesse leiten, so daß Kopf- und Handarbeit derSchüler in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander gebrachtwerden können." Jank/Meyer (1994), 354.2 An einschlägiger Fachliteratur sei u.a. verwiesen auf:Breit/Schiele (1998), Grammes (1997), Klippert (1991), Rein-hardt (1997).3 Schiele (1998), VII.

mokratielernen bieten kann. Oder mit anderenWorten: Kann Handlungsorientierung ein Konzeptsein, welches das Leitbild des „mündigen Bürgers“in der politischen Bildung fördert? Dafür ist zu-nächst ein Blick auf die (Global)ziele politischerBildung bzw. des Politikunterrichts nötig.

1. Ziele politischer Bildung

Jede Demokratie lebt vom politischen Engagementund der Bereitschaft ihrer Bürger, aktiv am politi-schen Leben und am politischen Willensbildungs-prozess teilzunehmen. Eine lebendige Demokratiesetzt einen „Aktivbürger“ voraus, der sich infor-miert, mitdenkt und mitentscheidet.4 Erst die Parti-zipation der Bürger am politischen Prozess gibt derDemokratie ihre Legitimität.

Nach dem Darmstädter Appell von 1995 ist „dieBefähigung von Schülerinnen und Schülern zurWahrnehmung ihrer Bürgerrolle“5 eine zentraleAufgabe der politischen Bildung. Nach diesemVerständnis soll der politisch kompetente undinteressierte, sich für das Gemeinwesen verant-wortlich fühlende „mündige Bürger“6, in der Lagesein, auf der Grundlage notwendigen Basiswissenspolitische Vorgänge selbstständig zu untersuchenund zu beurteilen. Über diese Denkleistungenhinaus soll er dazu befähigt werden, politischeAktivitäten (Beteiligung an Wahlen und Volksab-stimmungen), aber auch demokratisches Verhalten(Akzeptanz abweichender Meinungen, Achtungund Schutz der Grund- und Menschenrechte, Ein-treten für Gewaltlosigkeit) umzusetzen.

Diese Zieldimension des „mündigen Bürgers“deckt sich mit dem schulischen Erziehungs- undBildungsauftrag des Landes Baden-Württemberg,wonach „jeder junge Mensch ohne Rücksicht auf

4 Zur Rolle des Bürgers in der Demokratie vgl. Ackermann(1998).5 Darmstädter Appell (1995), 140.6 Natürlich handelt es sich beim Begriff des „mündigen Bür-gers" um einen Formelkompromiss, der unterschiedlich inter-pretiert werden kann.

Page 12: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

DIDAKTISCHE GRUNDLAGEN

12

Herkunft oder wirtschaftliche Lage das Recht aufeine seiner Begabung entsprechende Erziehungund Ausbildung hat und daß er zur Wahrung vonVerantwortung, Rechten und Pflichten in Staat undGesellschaft sowie in der ihn umgebenden Ge-meinschaft vorbereitet werden muß.“7

Integration in Staat und Gesellschaft heißt dem-nach auch Kennenlernen der Rechte und Pflichtendes Staatsbürgers. Dies wird explizit formuliert imBildungsauftrag des Faches Gemeinschaftskunde.Hier heißt es:

„Das Fach ... hat die Aufgabe, den Schülerinnenund Schülern auf der Grundlage solider Kenntnis-se, Einsichten in politische, wirtschaftliche, gesell-schaftliche und rechtliche Zusammenhänge zuvermitteln ... und sie zu selbständig denkenden,rational urteilenden und verantwortlich handelndenStaatsbürgerinnen und Staatsbürgern zu erziehen,die die Regeln für ein rationales Austragen politi-scher Konflikte kennen und achten. Sie sollen dieGrundwerte und Rechtsnormen der freiheitlichendemokratischen Grundordnung verstehen undanerkennen.“8

Als Globalziel für die politische Bildung kannmithin der „mündige Bürger“ gelten, der die Fä-higkeit zur eigenen, unangepassten Analyse, zumunabhängigen Urteil und zum selbstständigenHandeln besitzt, und sich somit vom „Passivbür-ger“ unterscheidet, dessen Rolle sich im Zuschau-en erschöpft. Denn politische Unabhängigkeit undHandlungskompetenz, aber auch die Identifikationmit der Demokratie sind zentrale Forderungen, dieeine offene, pluralistische Gesellschaft von ihrenBürgerinnen und Bürgern erwartet. „Ohne einebestimmte Anzahl von Bürgerinnen und Bürgernmit dieser Bereitschaft und mit diesen Fähigkeitenist der Bestand des demokratischen Verfassungs-staates gefährdet.“9

Inwiefern kann nun der handlungsorientierte Poli-tikunterricht die für den Bestand des demokrati-schen Verfassungsstaates wichtige politischeHandlungskompetenz fördern? Dies soll im Weite-ren beleuchtet werden.

2. Handlungsorientierung undpolitische Handlungskompetenz

Es ist hier nicht der Ort, über die allgemeinenanthropologischen sowie lern- und motivations-psychologischen Gründe des handlungsorientierten

7 Schulgesetz für Baden-Württemberg § 1.8 Bildungsplan für das Gymnasium in Baden-Württemberg(1994), 21.9 Breit (1998), 104.

Unterrichts zu sprechen. Diese hat Gudjons10 mo-dellhaft herausgearbeitet. Hier soll es um die poli-tikdidaktischen Aspekte gehen.Das Konzept der Handlungsorientierung im Poli-tikunterricht geht davon aus, dass für die SchülerPolitik über „die rein intellektuelle Aneignung vonSach- und Fachwissen“11 hinausgeht und sie selbstaktiv werden und sowohl durch das Handeln wieauch während des Handelns lernen. Wie eingangsangedeutet, gilt es zu unterscheiden zwischenHandlungsorientierung im engeren Sinne als me-thodischem Lehr- und Lernkonzept und Hand-lungsorientierung in einem weiteren Sinne alsallgemeine - didaktische - Zielsetzung politischerBildung.

Handlungsorientierung als Lehr- und Lernkonzeptsetzt insbesondere auf die Selbstständigkeit undSelbsttätigkeit der Schüler und rückt schülerakti-vierende Methoden in den Vordergrund des Unter-richts. Nach Klippert12 sind hier drei Formen desHandelns zu unterscheiden:

Durch reales Handeln (Erkundigungen, Praktika,Expertenbefragungen, Fall- und Sozialstudien etc.)wird das schulische Lernen aufgelöst und durchaktive Politik ersetzt. Die Schüler haben Gelegen-heit, „die politische Realität ansatzweise aktiv zuerforschen ... und/oder demokratische Prozessekonkret zu erleben und mitzugestalten.“13 Sinn undNutzen dieses realen Handelns werden allerdingskontrovers beurteilt. Während einerseits Selbst-ständigkeit, -tätigkeit und Motivation der Schülerbesonders hoch seien, so sei andererseits eineVerlegung unterrichtlicher Arbeit in die politischePraxis problematisch, da die Jugendlichen „eineunzureichende Vorstellung, um nicht zu sagen, einverfälschtes Bild von Politik“14 bekämen. Sie wür-den, so Breit, die Akteure als Personen und nichtdie dahinter stehenden Institutionen und derenAufgaben sehen.Simulatives Handeln, das heißt „die modellhafteSimulation politischer Planungs-, Entscheidungs-,Interaktions- und Konfliktregelungsprozesse imUnterricht“15, ist die häufigste Variante von hand-lungsorientiertem Politikunterricht. Die verwen-deten Methoden (Rollen- und Planspiel, Debatten,Hearing, Talkshow, Tribunal, Zukunftswerkstattetc.) zielen auf die spielerische bzw. simulativeLösung politischer Konflikte und Probleme undsollen den Schülern Einblicke in politische Strate-gien und Prozesse vermitteln. So lässt sich bei-spielsweise im Simulationsspiel exemplarisch dieBedeutung des Kompromisses als zentrale Katego-rie der Politik erfahrbar machen. Die Gefahr be- 10 Vgl. Gudjons (1997).11 Ackermann u.a. (1994), 148.12 vgl. Klippert (1991)13 Klippert (1991), 12.14 Breit (1998), 106.15 Klippert (1991), 12.

Page 13: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

POLITISCHE BILDUNG

13

steht allerdings, dass die für den Schüler notwen-dige Reduzierung der komplexen Strukturen zueiner Vereinfachung oder gar einer unzulässigenVerfälschung politischer Prozesse führen kann.Beim produktiven Gestalten (Erstellen von Tabel-len, Schaubildern, Flugblättern, Wandzeitungen,Collagen, Reportagen, Hörspielen, Referaten,Ausstellungen etc.) fertigen die Schüler ein Hand-lungsprodukt. Mit diesem sollen sie allerdingsweniger ihre Gestaltungsfähigkeit unter Beweisstellen, als vielmehr ihr Politikverständnis. Beimproduktiven Gestalten üben sich die Schüler inSelbstständigkeit, Selbstbestimmung und Selbst-verantwortung - drei für die politische Bildungelementare Zielmaximen.

Handlungsorientierung als über den Unterrichthinaus gehende allgemeine Zielsetzung politischerBildung zielt auf die Vermittlung von Handlungs-kompetenz im demokratisch verfassten Gemein-wesen. In diesem Sinne programmatisch ist diedidaktische Trias vom Sehen - Beurteilen - Han-deln wie sie Gagel/Hilligen/Buch16 formulierten.Übergeordnete didaktische Leitidee ist die „Mün-digkeit des Bürgers“.

Mündigkeit und Demokratiefähigkeit könntenjedoch von Schülern nur dort gelernt werden, woentsprechende Freiheitsgrade und Herausforderun-gen vorhanden seien. Dies sei in einem konventio-nellen Politikunterricht mit seinem „überwiegenddirektiv-belehrenden Zuschnitt“17 nicht gegeben.„Mündigkeit ist weder abstrakt noch kontemplativ,noch dadurch zu erlernen, daß der Lehrer dieSchüler belehrt, die Sachverhalte für sie ordnet undihre Urteile prädeterminiert. Notwendig ist viel-mehr ein entsprechendes (Probe-)handeln derSchüler, das zum politischen Denken, Argumentie-ren, Urteilen, Planen und Entscheiden herausfor-dert, das Partizipations- und Verantwortungsspiel-räume erfahrbar macht, das politische Kreativitätund Problemlösungskompetenz entfalten hilft.“18

Wenn man mit Schulz19 konform geht und Mün-digkeit vor allem als Selbstständigkeit, Selbstbe-stimmung und Selbstverantwortung sieht, so istsicherlich Handlungsorientierung eine Möglich-keit, die Mündigkeit des Schülers zu fördern undinsofern einen Beitrag zum Kardinalziel des De-mokratielernens zu leisten.

3. „Schule als Staat“ und Demo-kratie lernen

Misst man das Projekt „Schule als Staat“ an all-gemeinen pädagogischen Maßstäben, so wird es

16 Vgl. Gagel/Hilligen/Buch (1984).17 Klippert (1991), 24.18 Klippert (1991), 24.19 Vgl. Schulz (1990).

ohne Zweifel den Erfordernissen des Prinzips derHandlungsorientierung gerecht. Insbesondere derdidaktische Grundsatz der Selbsttätigkeit undSelbstständigkeit sowie das Kriterium der Ganz-heitlichkeit scheinen par excellence verwirklicht.Auch aus politikdidaktischer Sicht wird sich dieFrage, ob das Projekt den Erfordernissen derHandlungsorientierung entspricht, bejahen lassen.Denn die - wenn auch in der Simulation - vollzo-genen Handlungen weisen große Analogien zuwirtschaftlichen und politischen Aktivitäten derrealen Welt auf. So betrachtet, kann das Projektdurchaus dazu beitragen, Schüler auf ihre Rolle alsWirtschafts- und Staatsbürger vorzubereiten undihnen Wege und Möglichkeiten der Partizipationam politischen Geschehen aufzuzeigen. Damitwäre dem Postulat der politischen Bildung nachdem „mündigen Bürger“ Rechnung getragen.

Einige Beispiele mögen das Lernpotenzial desProjektes verdeutlichen: Besondere Lernchancenbietet die Vorgabe, eine gemeinsame Verfassungfür den zu gründenden Staat auszuarbeiten. Hierbeilernen die beteiligten Schüler nicht nur elementareBausteine und Spielregeln einer parlamentarischenDemokratie kennen, sie können darüber hinausauch die Konsequenzen ihrer Entscheidungenanhand der konkreten Umsetzung im Projekt erfah-ren und sie kritisch überprüfen: Eine Möglichkeit,die sich im Unterrichtsalltag nicht bietet.Auch die Vorbereitung und Durchführung vonWahlen verlangt von den Schülern sowohl dieentsprechenden Kenntnisse über Wahlsystem undAuszählungsmodus wie auch ein großes Maß anOrganisations- und Teamfähigkeit. Gleichzeitigwerden alle Schüler - auch bereits die der Unter-stufe - an eine essenzielle Partizipationsmöglich-keit, das Wählen, herangeführt. Untersuchungen inden USA im Rahmen ähnlicher Demokratielern-projekte haben gezeigt, dass das frühe Einüben vonDemokratie zu einem verstärkten politischen Inte-resse führt und die Häufigkeit der Lektüre politi-scher Zeitungen verdoppelt. Vor allem würden dieSchüler die Politik in die Familien tragen, wasdazu führe, dass die Eltern eine zweite Chance zurpolitischen Sozialisation bekämen.20

Ein weiteres Beispiel ist das Engagement in politi-schen Parteien. Bei den meisten Jugendlichenspielen Parteien bzw. deren Jugendorganisationenals Forum politischer Partizipation eine nur margi-nale Rolle.21 Mit der Notwendigkeit, im Rahmendieses Projektes Parteien zu gründen und sich alsKandidat bei Wahlen zur Verfügung zu stellen,kann sicherlich ein Stück Parteienverdrossenheitaufgebrochen und abgebaut werden.

20 Vgl. Der Spiegel 45/2000, 208.21 Vgl. die Auswertung der Umfrage in diesem Band.

Page 14: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

DIDAKTISCHE GRUNDLAGEN

14

Gleichwohl muss einschränkend gesagt werden,dass aufgrund des Simulationscharakters des Pro-jektes und der notwendigen inhaltlichen Reduktioneine hundertprozentige Übertragung der im Projektpraktizierten Handlungsweisen auf die reale Weltnicht möglich ist, eine solche aber auch nicht in-tendiert wird. Hierin liegt sicherlich ein Defizit desProjektes wie generell simulativen Handelns. DieGefahr, dass eine vom Erfahrungshorizont desSchülers allzu stark abweichende simulierte Weltdie Rezeption erschwert oder gar die Akzeptanzmindert, ist nicht ganz auszuschließen. Würdenbeispielsweise im Bereich der Wirtschaft zu großeAbweichungen von dem in der Bundesrepublikpraktizierten Modell der „Sozialen Marktwirt-schaft“ festgelegt, so könnte dies zu Widerständenbei Schülern wie Eltern führen.

Dennoch ermöglicht die Simulation Erfahrungen,die die Schüler in der realen Welt nicht machenkönnen. Hinzu kommt eben jene Simulations- undPlanspielen eigene Möglichkeit des Probehan-delns, wie sie Klippert als konstitutiv für die Her-ausbildung von Mündigkeit und Demokratiefähig-keit ansieht. Darüber hinaus können sekundäreLerneffekte wie Planungs-, Entscheidungs-,Kommunikations- und Problemlösungsfähigkeitvermittelt werden.

Die Erfahrungen mit diesem Projekt zeigen, dasssich diese positiven Lerneffekte allerdings nur aufeine Minderheit von engagierten Schülern be-schränken. In sehr hohem Maße erleben die Mit-glieder der Vorbereitungsgruppe, die Vertreter inParlament und Regierung politische Prozesse unddemokratische Strukturen und lernen Grundprinzi-pien einer parlamentarischen Demokratie hautnahkennen. Weniger Einsichten in politische, alsvielmehr wirtschaftliche Prozesse werden dagegendie Unternehmer für sich verbuchen können. Beieiner Vielzahl von Arbeitnehmern wird man aberkonzedieren müssen, dass sie sich im Rahmendieser Simulation politische Prozesse allenfalls amRande und wirtschaftliche Zusammenhänge nuroberflächlich erschließen können. Bei dieserGruppe mag sicherlich der Vorwurf zutreffen, dassdas Tun die Reflexion über das Tun überlagert,dass die Aktion die Kognition in den Hintergrunddrängt. Insofern ist aber die Simulation von derRealität gar nicht so weit entfernt.

Wenn nun bei einem solchen Projekt wenige vielund viele wenig über Demokratie „lernen“22, sobleibt doch der Trost, dass bei solchen Unterneh-mungen niemals alle Schüler gleichermaßen er-reicht werden können. Wenn sich aus dem Kreisder im Projekt engagierten Schüler auch die späte-ren „Aktivbürger“ unserer Gesellschaft rekrutie-ren, so ist der Aufwand sicherlich nicht umsonst. 22 Vgl. die Auswertung der Umfrage in diesem Band.

Oder mit anderen Worten: Wenn dieses Projektden „Lebensraum Schule“ zum Lernfeld für De-mokratie werden lässt und nur ein wenig dazubeiträgt, Politikapathie zu überwinden und Demo-kratieabstinenz aufzubrechen, so kann man ihmnur viele Nachahmer wünschen.

Literatur:

Ackermann, Paul (1998), Zur Bürgerrolle in der Demo-kratie, in: Breit, Gotthard / Schiele, Siegfried (Hg.),Handlungsorientierung im Politikunterricht, Bonn1998.

Ackermann, Paul/Breit, Gotthard/Cremer, Will/Reiß,Giselinde (1994), Politikdidaktik kurzgefasst. Pla-nungsfragen für den Politikunterricht, Bonn 1994.

Breit, Gotthard/Schiele, Siegfried (Hg.) (1998), Hand-lungsorientierung im Politikunterricht, Bonn 1998.

Breit, Gotthard (1998), Handlungsorientierung im Poli-tikunterricht, in: ders./Schiele, Siegfried (Hg.),Handlungsorientierung im Politikunterricht, Bonn1998.

Darmstädter Appell - Aufruf zur Reform der „politi-schen Bildung“ in der Schule (1995), in: PolitischeBildung, 4/1995, S. 139-143.

Gagel, W./Hilligen, W./Buch, U. (1984), Sehen - Beur-teilen - Handeln. Ein Arbeitsbuch für den politischenUnterricht in der Sekundarstufe 1, Frankfurt/M.1984.

Grammes, Tilmann (1997), Handlungsorientierung imPolitikunterricht. (Schriftenreihe der Niedersächsi-schen Landeszentrale für politische Bildung), Han-nover 21997.

Gudjons, Herbert (1997), Handlungsorientierter Unter-richt. Begriffskürzel mit Theoriedefizit?, in: Pä-dagogik 1/1997, S. 6-10.

Jank, Werner/Meyer, Hilbert (1994), Didaktische Mo-delle, Frankfurt 41994.

Klippert, Heinz, (1991), Handlungsorientierter Politik-unterricht. Anregungen für ein verändertesLehr-/Lernverständnis, in: Bundeszentrale für politi-sche Bildung (Hg.), Methoden in der politischenBildung - Handlungsorientierung, Bonn 1991.

Reinhardt, Sibylle (1997), Handlungsorientierung, in:Sander, Wolfgang (Hg.), Handbuch politische Bil-dung, Schwalbach/Ts. 1997, S. 105-114.

Schiele, Siegfried (1998), Vorwort, in: Breit, Gott-hard/ders. (Hg.), Handlungsorientierung im Politik-unterricht, Bonn 1998.

Schulz, Wolfgang. (1990), Selbständigkeit - Selbstbe-stimmung - Selbstverantwortung, in: Pädagogik,6/1990, S. 34ff.

Page 15: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN

15

Martina Geiger

Grundsätzliche Überlegungen zum Projekt

Martina Geiger, StR’in, unterrichtet am Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium Heilbronn die Fächer Deutsch,Französisch und Gemeinschaftskunde. Als Verbindungslehrerin betreut sie seit 1998 die Schülermitver-antwortung.

1. Einführung

Wenn sich eine Schule dazu entschlossen hat, dasProjekt „Schule als Staat“ durchzuführen, müssenzunächst einige grundsätzliche Fragen entschiedenund auf den Weg gebracht werden. Zunächst giltes, sich darüber Klarheit zu verschaffen, welcheStrukturen man dem zu gründenden Staat verleihenmöchte: Um welche Art von Staat soll es sichhandeln, welche Art von Wirtschaftssystem, wel-che politischen und rechtlichen Grundlinien willman diesem Staat geben etc.?Dabei kann es möglicherweise nicht ausbleiben,dass sich an dieser Stelle bereits heftige Diskussi-onen über das Projekt ergeben. So steht etwa zurDebatte, ob man im Kleinen ein einigermaßengetreues Abbild der uns umgebenden politischen,wirtschaftlichen und sozialen Strukturen schafft,oder ob man die Freiheiten, die der Simulations-charakter des Planspiels bietet, auch ausschöpfenwill und völlig andere Staatsmodelle verwirklicht.Man könnte sich überlegen, ob „Schule als Staat“sich unbedingt am Vorbild westlicher Demokratienorientieren und sich die staatliche Gewalt durchWahlen, eine Verfassung usw. legitimieren muss.Vielleicht wären ja auch ganz andere staatlicheund gesellschaftliche Strukturen vorstellbar underprobungswürdig.Weiterhin ist zu überlegen, inwiefern man dieKehrseiten der uns umgebenden Wirklichkeit, wieetwa Arbeitslosigkeit, Armut und Reichtum, Kri-minalität usw., im Planspiel zulassen will. Sollteman möglicherweise einen utopischen Idealstaaterschaffen, in dem beispielsweise finanzieller Ruinoder Arbeitslosigkeit für die Staatsbürger keineGefahren darstellen?Auch die Entscheidung über das Wirtschaftssys-tem wirft grundsätzliche Fragen auf. Ist es pä-dagogisch sinnvoll, ein „kapitalistisches“ Systemder Freien Marktwirtschaft einzurichten und damitden Aspekt des Gelderwerbs und des Erwirtschaf-tens von Gewinnen für den Einzelnen wie auch fürdie Betriebe in den Vordergrund zu stellen? Oderist es wünschenswert, ein Wirtschaftssystem ein-zurichten, das eine gerechte und gleiche Gewinn-verteilung auf alle Staatsbürger anstrebt, dabei

aber möglicherweise beim Einzelnen das Gefühlhinterlässt, dass sich entweder die eigene Anstren-gung nicht lohnt oder dass man gar nichts zu ar-beiten braucht und trotzdem eine Belohnung er-hält?All diese Überlegungen sind letztendlich vor demHintergrund der Zielsetzung politischer Bildunganzustellen. Wenn das Planspiel dazu beitragensoll, elementare Spielregeln unserer Demokratieund des gesellschaftlichen Miteinanders zu erler-nen und die Schüler zu „mündigen Bürgern“ zuerziehen, dann sollte die simulierte Staatsweltdeutliche Analogien zu wirtschaftlichen und politi-schen Aktivitäten der realen Welt aufweisen undnicht allzu sehr vom Erfahrungshorizont derSchüler abweichen. 1

Neben den Fragen nach den staatlichen Strukturenist es wichtig, sich über die Vorgehensweise beider Planung und Durchführung des Projektes zuverständigen: „Schule als Staat“ ist ein dynami-sches Projekt, in dem zahlreiche Personen, Grup-pen, Interessen und Zielsetzungen sich gegenseitigantreiben, entwickeln und verändern. TradierteRollenbilder und Hierarchien verändern sich, Ent-scheidungsprozesse laufen anders als gewohnt ab.Gleichzeitig sprengt das Projekt durch seine Größeund Dauer den Rahmen üblicher Projekte, wie mansie etwa von schulischen Projekttagen kennt.Es seien hier nur kurz einige der neuralgischenPunkte angedeutet:� Arbeiten Schüler und Lehrer gemeinsam am

Projekt?� Von wem sollen die Initiativen ausgehen?� Wer trifft letztendlich die Entscheidungen?� Wie reagiert man auf Fehlentwicklungen2?

1 Ich verweise in diesem Zusammenhang auch auf die Überle-gungen von Martin Wedel in den „Didaktischen Grundlagen“ indieser Dokumentation.2 Hierzu nur ein kurzes Beispiel aus unserer Erfahrung im StaatElevia: Bei den Parlamentswahlen gewann nicht etwa diePartei, deren Kandidaten sich von Anfang an in der SMV undim Vorbereitungsteam engagiert hatten und deren Wahlsiegerhofft wurde, sondern die Partei, die den aufwändigsten Wahl-kampf geführt hatte (Musik, bedruckte T-Shirts, Wahlgeschen-ke etc.), aber bis dahin noch keinerlei Einblick in den Planungs-stand des Projektes hatte. Es galt also, einerseits bei den „treu-en“ Mitarbeitern des Projektes Frust über die Wahlniederlagezu bekämpfen und andererseits die neue Regierung so schnell

Page 16: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

16

� Wie kann man unwillige Schüler oder Lehrerin das Projekt integrieren?

� Welche Rolle spielen die Eltern?� Inwieweit kann und soll die Schulleitung

steuernd oder korrigierend eingreifen?

2. Kommentar zu den Materialien

Nachfolgend findet sich Material, das dazu beitra-gen kann, die Anfangsphase von „Schule als Staat"zu erleichtern und dieses Mammutprojekt über-schaubarer zu machen. Es handelt sich dabei zu-nächst um einige Tipps (M 1 – M 2), die die we-sentlichen Entscheidungen sowie Arbeitsschrittezu Projektbeginn stichwortartig aufnehmen undsomit als eine Art „Checkliste“ verwendet werdenkönnen. Dazu noch eine kurze Anmerkung ausunserer eigenen Erfahrung. Die politischen Verfah-ren (wie etwa Wahl und Regierungsbildung), aberauch die Diskussion über die wirtschaftlichen undfinanziellen Bereiche des Staates (Festsetzung desSteuersystems, Berechnung der Staatsausgabenetc.) sind äußerst komplizierte Angelegenheiten.Es ist deshalb wirklich ratsam, dass die Schülerdabei nicht „alleine“ gelassen werden, ohne dassLehrer oder Eltern jedoch zu den eigentlichenMotoren des Projektes werden. Gleichzeitig emp-fiehlt es sich, Kollegen aus verschiedenen Fachbe-reichen (z.B. Mathematik, Gemeinschaftskundeetc.) einzubinden.

In der realen Welt basieren Staaten in der Regelauf einer (schriftlichen) Verfassung. So ist denndie Erarbeitung einer Verfassung notwendigerwei-se der erste Arbeitsschritt, mit dem sich das Vorbe-reitungsteam zu beschäftigen hat. Dabei werdendie grundlegenden Strukturen des Staates festge-legt und Grundsatzdiskussionen, wie sie schonoben erwähnt wurden, ausgetragen. Der beigefügteVerfassungsvorschlag (M 3) beruht auf einer Vor-lage des Gymnasiums Neckartenzlingen3, dermehrfach überarbeitet und auf die Bedürfnisseunserer Schule zugeschnitten wurde. Die Verfas-sung wurde sowohl vom Vorbereitungsteam alsauch später vom Parlament per Abstimmung legi-timiert und hat sich in der Durchführung des Pro-jektes bewährt.Von grundlegender Bedeutung ist auch, dem Pro-jekt eine Zeitschiene zu geben (M 4). „Schule alsStaat“ ist in seiner Organisation so aufwändig,dass ein ganzes Schuljahr dafür eingeplant werdensollte. Dieses großzügige Zeitpolster führt einer-seits zu einer Entzerrung der Arbeitsschritte, wasfür die beteiligten Schüler und Lehrer, die glei-

einzuarbeiten, dass sie das Projekt weiter verantwortlich voran-treiben konnte.3 Vgl. hierzu: Oberschulamt Stuttgart (Hg.) (1998), Handlungs-orientierter Unterricht als fächerübergreifende Projektarbeit.„Schule als Staat“ – Ein Großprojekt am Gymnasium Neckar-tenzlingen, Stuttgart 1998, Anlage 1.

chermaßen durch Korrekturen, Klassenarbeiten,Studienfahrten o.ä. belastet sind, die Mitwirkungam Projekt erleichtert. Andererseits ermöglichtdieser Zeitplan eine kontinuierliche Präsenz desProjektes im Schulalltag und schafft somit dasBewusstsein, dass hier gemeinsam auf etwas Gro-ßes hingearbeitet wird. Manche Schulen werdensich vielleicht überlegen, das Projekt nicht amSchuljahresende in der allgemeinen Ferienvorfreu-de oder „Abschlusspartystimmung“ durchzufüh-ren, sondern eher zu Beginn oder in der Mitte einesSchuljahres, damit dem Projekt die nötige Ernst-haftigkeit der Beteiligten gewiss ist und ihm aucheine kritische Reflexionsphase folgen kann. Indiesem Fall müsste der Zeitplan entsprechendumgearbeitet werden, keinesfalls jedoch sollte mandie Vorbereitungsphase verkürzen.

Die vorgeschlagene Aufteilung der Verantwortli-chen in verschiedene Arbeitsgruppen (M 5) hatsich sehr bewährt. Das Projekt ist zu komplex, alsdass einzelne Lehrer oder Schüler es in seinerGesamtheit organisieren könnten. Vielmehr wirdarbeitsteilig vorgegangen; die Gruppen treffen sichin regelmäßigen Abständen und arbeiten in ihremBereich selbstständig. Entscheidend dabei ist, obund wie der Informationsfluss zwischen den Ar-beitsgruppen funktioniert. Hier sind etwa regelmä-ßige Sitzungen eines Gesamtarbeitskreises, Proto-kolle der einzelnen Arbeitstreffen usw. denkbar.Der Erfolg des Projektes „Schule als Staat“ hängtstark davon ab, ob das „Staatsvolk“ den zu grün-denden Staat, seine Verfassung mit ihren Ausprä-gungen akzeptiert und inwieweit es ihn unterstützt.Dies stellt insbesondere auch die Frage danach,wie den jüngeren Schülern das Projekt verständlichgemacht werden kann und wie man sie sinnvollintegriert. M 6 zeigt einen Versuch, den Schülernmit einfachen Worten das Projekt begreiflich zumachen. Spätestens hier wird jedoch auch klar,dass das Vorbereitungsteam bei der Organisation(Initiativen, Motivation) wie auch bei der Durch-führung (Auf- und Abbau, Beschaffung von Mate-rial) des Projekts auf die Hilfe aller (Klassen-)Lehrer und der Eltern angewiesen ist.

Nachdem die Staatsstrukturen durch eine Verfas-sung festgelegt sind, gliedert sich die Arbeit amProjekt in die drei großen Bereiche: Politik, Wirt-schaft, Gesellschaft / Kultur.Diese werden in den nachfolgenden Kapiteln aus-führlich beschrieben.

Page 17: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN

17

3. Materialübersicht

M 1 Grundsatzentscheidungen über die Art und Weise der ZusammenarbeitM 2 Liste der beteiligten PersonengruppenM 3 VerfassungsvorschlagM 4 ZeitplanM 5 Vorschlag zur Einrichtung von ArbeitsgruppenM 6 Was ich schon immer über „Schule als Staat“ wissen wollte...

4. Materialien

M 1

M 2

Grundsatzentscheidungen

� „Basisdemokratischen“ (schülerorientierten) Ansatz zulassenoder „Lenkung“ (lehrerzentriert)?

� Vermeintlichen Fehlentwicklungen freien Lauf lassen oder inentsprechende Bahnen lenken?

� Von wem sollen die Initiativen ausgehen (Schüler oder Lehrer)?� Welche politischen, wirtschaftlichen, sozialen Strukturen soll der

Staat erhalten?

Beteiligte Personengruppen

� Kontinuierlich informieren bzw. Zustimmung einholen: SMV-Vollversammlung, Lehrerkonferenz und Schulleitung, Eltern-beirat, Schulkonferenz;

� Verantwortung und Arbeit möglichst früh auf verschiedeneSchultern verteilen;

� Schüler und Lehrer einbeziehen;� Um Unterstützung durch Eltern bitten;� Kontakt zu potenziellen Sponsoren und Förderern in Eltern-

und Schulumfeld aufnehmen;� Den Hausmeister früh in das Projekt integrieren und informie-

ren.

Page 18: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

18

M 3

Vorschlag für eine Verfassung zum Projekt „Schule als Staat“

I. Grundrechte� Jeder Mensch hat in unserem Staat das Recht, in Würde, Frieden und Freiheit zu leben.� Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt.� Die Regierung und Gerichte sind für die Gewährleistung des inneren Friedens verantwortlich.� Alle Personen aus Schülerschaft und Lehrerschaft sind gleichberechtigt. Sie sind alle vor dem Gesetz gleich.� Es soll vor allem darauf geachtet werden, dass keine Gruppe bevorzugt oder benachteiligt wird. Gegenseitiger

Respekt und gegenseitige Toleranz sind grundlegende Voraussetzungen für ein reibungsloses Zusammenleben inunserem Staat.

Der Staat garantiert jedem seiner Bürger:� das Recht auf körperliche Unversehrtheit;� das Recht auf eine eigene Meinung und diese öffentlich kundzutun;� das Recht auf Presse- und Informationsfreiheit. Zensur findet nicht statt;� das Recht auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit;� das Recht eine Partei zu gründen. Näheres regeln Gesetze;� das Recht auf Glaubens- und Religionsfreiheit;� das Recht auf freie Berufswahl. Einschränkungen regelt das Wirtschaftsministerium.

II. Die Pflichten eines Bürgers� Das öffentliche Leben unserer Staatsgemeinschaft spielt sich während der offiziellen Öffnungszeiten ab. Für die

einzelnen Bürger besteht eine Anwesenheitspflicht von 6 Stunden, in denen sie 4 Stunden ihrer Arbeit nachgehenmüssen. Abweichungen davon regeln einzelne Gesetze (z.B. Bereich Kultur).

� Staatsangehörige sind verpflichtet, ihren Ausweis bei Betreten des Staates vorzuweisen. Für ausländische Besu-cher besteht die Pflicht ein Visum zu beantragen. Dieses Visum beinhaltet einen Pflichtumtausch von Geld. Ein-getauschte Devisen werden nicht zurückerstattet. Darüber hinaus muss sich jeder Bürger nach Aufforderung durchdie Ordnungskräfte ausweisen können. Personen des öffentlichen Lebens müssen ihre Amtsinsignien stets sicht-bar tragen.

� Den Beschlüssen des Parlaments ist Folge zu leisten.� Ziel jedes Unternehmens ist es, wirtschaftlich zu arbeiten und den Betriebsangehörigen einen möglichst hohen

Lohn zu ermöglichen und die Bedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen.� Eine Umsatzsteuer für jedes Unternehmen (ca. 20 – 25%) wird vom Staat festgesetzt. Darüber hinausgehende

Steuererhöhungen oder –senkungen beschließt das Parlament im Einvernehmen mit dem Wirtschafts- und Fi-nanzministerium.

III. Die Parteien� Ihre innere Ordnung und ihre politische Zielsetzung muss demokratischen Grundsätzen entsprechen.� Eine Partei muss aus mindestens 8 Mitgliedern bestehen; Unter-, Mittel- und Oberstufe müssen vertreten sein.� Jede Partei muss mindestens 5 ihrer Mitglieder zur Parlamentswahl stellen, wobei auch hier Unter-, Mittel- und

Oberstufe vertreten sein müssen. Der / Die Spitzenkandidat/in hat gleichzeitig den Parteivorsitz inne. Aus jedergewählten Partei muss sich eine Person zur Präsidentschaftswahl stellen.

� Jede Partei muss ein öffentlich zugängliches Parteiprogramm vorweisen.

IV. Das Wahlsystem� Jeder Bürger, jede Bürgerin hat eine Stimme für eine Partei zu vergeben.� Bei der Vergabe der Parlamentssitze gilt das Verhältniswahlrecht, d.h. die Parlamentssitze werden nach dem

prozentualen Anteil der Parteien bei der Wahl verteilt.� Gewinnt eine Partei bei der Wahl mehr Sitze, als sie Listenplätze hat, muss sie zusätzliche Kandidaten werben, die

für diese Partei ins Parlament einziehen. Diese müssen vom Parlament anerkannt werden.� Die stärkste Partei wird mit der Regierungsbildung beauftragt. Ihr/e Spitzenkandidat/in leitet die Koalitionsver-

handlungen. Scheitern diese Verhandlungen innerhalb von 8 Schultagen, erhalten die anderen im Parlament ver-tretenen Parteien den Auftrag, eine Mehrheit für eine Regierungsbildung zu suchen. Erhält eine Partei mehr als50% der Sitze, kann sie alleine die Regierung bilden.

� Mit der Wahl des Parlaments findet gleichzeitig auch die Präsidentschaftswahl statt.� Staatsangehörige haben je eine Stimme für eine Präsidentin oder einen Präsidenten. Dieses Staatsoberhaupt wird

mit relativer Mehrheit (= die meisten Stimmen) gewählt. Den stellvertretenden Präsidentschaftssitz erhält die Per-son, die die zweitmeisten Stimmen auf sich vereint.

V. Das Parlament� Das Parlament ist die Vertretung des Volkes. Es hat die Aufgabe, Gesetze zu beschließen und die Regierung zu

kontrollieren. Diese Kontrolle übt es vor allem durch die Bewilligung des Haushaltsplanes aus. Der Haushaltsplangibt vor, wie viel Geld die Regierung durch Steuern und Abgaben einnimmt und wie viel Geld sie ausgeben darf.Der Staatshaushalt muss in Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen sein. Der Haushaltsentwurf wird von der Fi-nanzgruppe des Vorbereitungsteams im Einvernehmen mit dem Finanzminister eingebracht.

� Die Parlamentsabgeordneten werden von den Bürger/innen gewählt und von den Parteien zur Wahl aufgestellt.� Das Parlament umfasst 32 Sitze.� Ein/e Parlamentspräsident/in wird vom Parlament vorgeschlagen und mit relativer Mehrheit (= den meisten Stim-

men) gewählt. Er / Sie leitet die Sitzungen und verhält sich gegenüber den Parteien neutral. Stellvertretend amtiert,wer die zweithöchste Stimmenzahl auf sich vereint.

Page 19: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN

19

� Das Schriftführeramt wird vom Parlament durch Wahl vergeben und kann auch von Parteilosen bekleidet werden.� Das Parlament muss so schnell wie möglich nach der Wahl zusammentreten. Den ersten Sitzungstermin legt die

Vorbereitungsgruppe fest.� Das Parlament selbst bestimmt Schluss und Wiederbeginn der Sitzungen. Der Parlamentspräsident / die Parla-

mentspräsidentin kann das Parlament früher einberufen und ist hierzu verpflichtet, wenn ein Drittel der Mitgliederdes Parlamentes dies verlangt. Während der Projekttage tritt es täglich zu bestimmten Uhrzeiten zusammen.

� Jedes Parlamentsmitglied ist bei den Sitzungen zur Anwesenheit verpflichtet, ansonsten droht eine Geldbuße, dievom Parlament mit einfacher Mehrheit festgelegt werden kann. Das Parlament kann die Anwesenheit jedes Mit-gliedes der Regierung verlangen.

� Alle Parlamentssitzungen sind öffentlich.

VI. Das Staatsoberhaupt (Präsident/Präsidentin)� Der Präsident bzw. die Präsidentin hat repräsentative Funktion: Er / Sie empfängt Staatsbesuch, gibt Interviews

und hält Reden über den Zustand des Staates und vertritt den Staat nach außen.� Das Staatsoberhaupt darf weder der Regierung noch dem Parlament angehören und darf kein anderes besolde-

tes Amt übernehmen (Neutralität).� Das Staatsoberhaupt wird mit relativer Mehrheit (= die meisten Stimmen) direkt vom Volk gewählt. Es wird vertre-

ten von dem, der die zweithöchste Stimmenzahl auf sich vereint.

VII. Die Regierung� Die Regierung ist die Leitung des Staates. Sie besteht aus Regierungschef/in und Minister/innen. Diese dürfen

kein weiteres bezahltes Amt ausüben.� Erhält eine Partei bei den Parlamentswahlen mehr als 50% der Mandate, kann sie allein die Regierung bilden,

andernfalls müssen sich mehrere Parteien zu einer Koalition zusammenschließen.� Ein(e) Regierungschef/in wird baldmöglichst nach den Parlamentswahlen vom Parlament mit relativer Mehrheit

gewählt und vom Präsidenten/in ernannt.� Jede/r Staatsbürger/in kann sich um ein Ministeramt bewerben. Er/Sie wird vom Regierungschef dem Parlament

vorgeschlagen und von diesem gewählt. Steht nur eine Person zur Wahl zur Verfügung, muss sie mindestens 50%der Stimmen erreichen, bei mehreren gilt die relative Mehrheit.

� Jeder Minister erhält einen Lehrer als Staatssekretär. Die Entscheidungen der Minister werden im Einvernehmenmit den Staatssekretären getroffen.

� Falls jemand sein Ministeramt nicht zufriedenstellend ausübt, kann das Parlament mit einer 2/3-Mehrheit dasMisstrauen aussprechen und die Person aus dem Amt entlassen. Unmittelbar darauf muss jemand anderes alsNachfolger gewählt werden.

� Die Regierung hat folgende Aufgaben:Der Regierungschef/die Regierungschefin gibt am Anfang der Regierungszeit vor dem Parlament das Regierungs-programm bekannt. Er/ Sie trägt die Verantwortung für die innen- und außenpolitische Entwicklung des Staates.

� Zur Unterstützung werden folgende Ministerien eingerichtet:Außenministerium, Innenministerium, Arbeitsministerium, Wirtschaftsministerium, Finanzministerium, Umweltmi-nisterium, Kulturministerium und Sportministerium. Diese werden in ihrer Arbeit durch die jeweiligen Arbeitsgrup-pen des Vorbereitungsteams unterstützt.

VIII. Gesetzgebung� Ein Gesetzentwurf kann von der Regierung oder von den Mitgliedern des Parlaments oder von der Vorbereitungs-

gruppe in Absprache mit den jeweiligen Ministerien eingebracht werden. Das Parlament berät darüber und kannden Gesetzentwurf mit einfacher Mehrheit verabschieden.

� Der Haushalt darf nur vom Finanzministerium im Einvernehmen mit der Finanzvorbereitungsgruppe vorgelegtwerden.

IX. Rechtsprechung� Das Gericht besteht aus vier Richtern, je einer aus der Unter-, Mittel- und Oberstufe und aus dem Lehrerkollegium.� Der Staatspräsident/Die Staatspräsidentin schlägt ausreichend viele Kandidaten vor. Das Parlament wählt die

Kandidaten in vier verschiedenen Wahlgängen und bestätigt die Richter mit einfacher Mehrheit.� Das Richteramt ist hauptberuflich und wird nach den Richtlinien der Besoldung für Staatsbeamte vergütet.� Jeder Mensch im Staat hat das Recht, andere Personen, auch Parlaments- und Regierungsmitglieder wegen einer

Straftat anzuzeigen.� Es gibt kein Strafgesetzbuch. Die Richter stellen einen Rechtskatalog auf und entscheiden nach eigenem Ermes-

sen im Einklang mit der Verfassung.

X. NotstandsgesetzDie Vorbereitungsgruppe gibt mit dem Zusammentritt des Parlaments Kompetenzen an Parlament und Regierung ab.Sie arbeitet jedoch weiterhin an der Organisation des Projektes mit und behält sich in Notfällen das Recht vor, Parla-ment und Regierung bei der Organisation des Staates zu unterstützen und gegebenenfalls geeignete Maßnahmen zurDurchführung des Projektes zu ergreifen.

Page 20: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

20

M 4

Der Zeitplan des Projektes –Vom ersten Arbeitstreffen bis zum Präsentationsbeginn

November bis Dezember� Zustimmung durch SMV-Vollversammlung, Gesamtlehrerkonferenz, Schulkonferenz� Wettbewerb für Staatsnamen, Hymne, Flagge & Geld ausschreiben� erste Informationen an Schüler, Eltern usw.� Verfassung erarbeiten� Arbeitsgruppen einteilen� Festlegung des Umtauschkurses (Vorschlag 1:1)� Banken wegen Sponsoring des Geldes ansprechen� Auswertung der Wettbewerbe zu Flagge, Geld und Staatsnamen

Januar� Auswertung des Wettbewerbes der Hymne� Bekanntgabe von Staatsnamen, Flagge, Währung, erste Präsentation der Hymne� Beginn der Parteigründungen

Februar� Bekanntgabe der Parteiprogramme� Kandidaten für Wahl aufstellen� Vorbereitung der Wahlen

März� Wahlkampf� Parlaments- und Präsidentschaftswahlen� erste Hinweise zur Betriebsgründung� Geldpräsentation bei den Banken, Druck des Geldes� Gestaltung von Pass und Visum, Druck, evtl. Laminierung� Anregung zu kulturellen Beiträgen

April� Geld einsammeln und Konto anlegen� Betriebsgründungen� Hygienebedingungen überdenken, Strom- und Wasserverbrauch kalkulieren� Regierungsbildung, Aufteilung der Ministerien

Mai� Parlamentssitzung� Aushang der angemeldeten Betriebe und Anzahl der Arbeitsplätze

Juni� ausführliche Elterninfo� Arbeitssuche� Einteilung der Arbeitsplätze und Betriebsstandorte� Stromversorgung sicherstellen� Staatshaushalt berechnen

Juli� Beamteneinweisungen und Beratungsstunden für Betriebsgründer� Formulare anfertigen� Kredite für Betriebe berechnen/Kreditauszahlung an Betriebsleiter� Kultur- und Sportprogramm festschreiben� Staatsgeld austeilen� Eröffnungszeremonie, Staatsakt usw. planen

Page 21: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN

21

M 5

Arbeitsgruppen

� Parteien / Wahlen� Betriebe / Finanzen� Kultur / Sport� Öffentlichkeitsarbeit� Dokumentation / Homepage� Außenhandel / Zoll

� regelmäßige Treffen, Protokolle für alle;� zentrale Dokumentationsstelle (verantwortlicher Schüler);� monatliches Treffen des Gesamtarbeitskreises.

Staatsakt in Elevia:

Die Mitglieder derRegierung singen dieStaatshymne.

Page 22: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

22

M 6

Was ich schon immer über „Schule als Staat“ wissen wollte –Die 20 häufigsten Fragen

1. Muss ich an dem Projekt "Schule als Staat"teilnehmen?

Ja, die Teilnahme ist verpflichtend. Wenn wir dasProjekt nicht durchführen würden, wäre an diesenTagen normaler Unterricht. Das würde dir sicherauch nicht besser gefallen.

2. Warum muss ich für das Projekt an einemSamstag in die Schule kommen?

Eure Eltern sollen auch die Gelegenheit haben,unseren Staat zu besuchen, und die meisten Elternhaben eben samstags Zeit. Als Ausgleich für denSamstag findet am Montag kein Unterricht statt,sondern es wird ein allgemeines Aufräumen undder Geldrücktausch durchgeführt.

3. Muss ich arbeiten oder kann ich Arbeitslosersein?

Jeder Bürger hat die Pflicht, jeden Tag 4 Stundenzu arbeiten. Das scheint viel zu sein, ist aber not-wendig, damit die Betriebe während des Projekteswirtschaftlich arbeiten und Gewinne erzielen kön-nen.

4. Wie will man denn kontrollieren, ob jederLehrer und Schüler auch wirklich arbeitet?

Ein staatlicher Wirtschaftskontrolldienst wird 2xtäglich die Betriebe kontrollieren und die Anwesen-heit der Mitarbeiter überprüfen.

5. Von jedem Staatsbürger sollen 20 DM kas-siert werden. Ist das nicht zu viel?

Von den eingesammelten 20 DM erhält bei Pro-jektbeginn jeder den Gegenwert von 18 DM inunserer Staatswährung zurück. Also werden nur 2DM als eine Art Startgebühr für das Projekt einbe-halten.

6. Muss ich Steuern zahlen?

Bürger müssen keine Steuern zahlen, nur die Be-triebe werden besteuert.

7. Kann ich am Ende mein Geld wieder in DMzurücktauschen?

Ja, am Ende des Projektes kann das verbliebeneGeld der einzelnen Bürger und der Betriebe (nachAbzug der Steuern) in DM zurückgetauscht wer-den.

8. Was passiert, wenn ich mich nicht an dieVerfassung halte?

Unabhängig von der Verfassung gilt auch währenddes Projektes die Schulordnung weiter. Verstößegegen Verfassung und Schulordnung werden vomStaat, bei entsprechender Schwere der Tat auchvon der Schulleitung bestraft.

9. Wird es Polizei und andere staatliche Kon-trollen geben?

Ja, es wird eine Polizei und eine Gerichtsbarkeitgeben, die über die Einhaltung der Gesetze wa-chen.

10. Was muss ich beachten, wenn ich einenBetrieb gründen will?

Jeder Betriebsgründer trägt ein Risiko, er kann mitseinem Betrieb Gewinne, aber auch Verluste ma-chen. Das solltest du wissen! Über das genaueVerfahren der Betriebsgründung informiert dich dieGruppe "Betriebsgründung / Finanzen".

11. Welche Betriebe haben überhaupt Gewinn-chancen?

Viele denken bei Betriebsgründung natürlich zu-nächst an Essensbetriebe (Pizzeria, Café, Saftbaretc). Aber hier wird die Konkurrenz ganz schöngroß sein, außerdem können die Besucher ja nichtden ganzen Tag nur essen und trinken. Deshalbhaben auch andere Betriebe, wie z.B. Kultur- oderDienstleistungsbetriebe (Blumenladen, Auto-waschbetrieb, Friseur, Theater usw.) sehr guteGewinnchancen.

Page 23: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGUNGEN

23

12. Warum werden die Betriebe besteuert?

Auf den Staat kommen einige Kosten zu (z.B. Ma-terial- und Stromkosten), außerdem müssen dieStaatsbeamten bezahlt werden. Dafür braucht derStaat Steuern.

13. Was passiert, wenn ein Betrieb Verlustemacht?

Jeder Betrieb hat grundsätzlich das Risiko, Ver-luste zu machen. Um dieses Risiko ein wenig kal-kulieren zu können, macht jeder Betriebsleiter fürseinen Betrieb einen Wirtschaftsplan und besprichtihn in einer Beratungssprechstunde. Sollte den-noch ein Unternehmen bankrott gehen oder Ver-luste machen, wird am Ende des Projektes ent-schieden, ob der Staat für die Schulden aufkommt.

14. Wie gründe ich einen Betrieb?

Folgende Schritte sind notwendig:- setze dich mit der Gruppe "Betriebsgründung /

Finanzen" in Verbindung- besuche unbedingt das Seminar zur Betriebs-

gründung- dort oder bei der SMV erhältst du ein Formular

"Betriebsanmeldung", auf dem alle weiterenInformationen stehen

- besuche die Beratungssprechstunde für Be-triebsgründer.

15. Wie kann ich überhaupt Arbeit finden?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten:- du gründest einen Betrieb- du lässt dich in einem Betrieb anstellen- du wirst Staatsbeamter (Polizei, Zoll, Ministe-

rien usw.)Es wird auch ein Arbeitsamt geben, das diejenigen,die keine Arbeit finden, vermittelt.

16. Zur Zeit wird für Parteigründungen gewor-ben. Wozu sollte ich eine Partei gründen oderParteimitglied werden? Das ist doch unnötigeArbeit.

Nur wer Mitglied in einer Partei ist und bei der Wahlkandidiert, kann ins Parlament gewählt werden. ImParlament werden alle wichtigen Entscheidungenim Staat getroffen. Wer also bei dem Projekt etwasmitbestimmen will, sollte versuchen, Parlaments-abgeordneter zu werden.

17. Was muss ich bei einer Parteigründungbeachten?

Parteien müssen die Staatsverfassung und dieSchulordnung achten. Parteien, die in ihren Zielengegen die Verfassung arbeiten oder den Erfolg desProjekts gefährden, werden nicht zur Wahl zuge-lassen.

18. Warum sollte ich Parlamentsabgeordneterwerden? In einem Betrieb kann ich doch vielmehr verdienen.

Nur die Minister, der Regierungschef und derStaatspräsident arbeiten hauptberuflich. Die Arbeitals Abgeordneter und die Arbeit in einem Betriebschließen sich nicht aus. Du kannst beides machenund verdienst dabei sogar doppelt.

19. Unser Klassenlehrer hat uns gefragt, ob wirbei dem Projekt etwas aufführen wollen, z.B.einen Tanz oder einen Sketch. Wozu?

Je mehr kulturelles Angebot in unserem Staatgeboten wird, desto interessanter und abwechs-lungsreicher wird er. Kultur macht den Staat auchattraktiver für die Besucher von außerhalb.

20. Kann man auch hauptberuflich im BereichKultur arbeiten, z.B. als Maler oder Theater-schauspieler?

Ja, das ist möglich. In diesem Fall werden die 4Stunden Arbeitszeit pro Person und Tag etwaslockerer gehandhabt.

Page 24: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

24

Page 25: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

DER BEREICH POLITIK

25

Martin Wedel

Der Bereich Politik

Martin Wedel, StR, ist Lehrer für Gemeinschaftskunde, Geschichte und Französisch am Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium Heilbronn. Er unterrichtet auch das Seminarfach und ist Ausbildungslehrer.

1. Einführung

Ist der Verfassungsgebungsprozess abgeschlossenund damit der Rahmen für das zu schaffendeStaatswesen gesetzt, so kann nun dessen konkreteinhaltliche Ausgestaltung erfolgen. Die eigentlichepolitische Arbeit kann beginnen.In diesem Bereich bieten sich große Chancen, diegesamte Schulöffentlichkeit auf die „gemeinsameSache“ aufmerksam zu machen und sie in dasProjekt miteinzubeziehen. Hier werden für Schülerund Lehrer gleichermaßen Partizipations- undGestaltungsmöglichkeiten eröffnet, die sie auch im„realen Leben“ befähigen können, sich aktiv in derGesellschaft und am politischen Leben zu beteili-gen. Ob bei der Gründung von Parteien, bei derOrganisation und Durchführung von Parlaments-und Präsidentschaftswahlen, bei der Mitarbeit inParlament und Regierung - auf vielen Feldern istpolitisches Engagement bei der Vorbereitung desneu zu schaffenden Staates möglich und notwen-dig.

Dies gilt es der gesamten Schülerschaft zu vermit-teln, um sie für die politische Alltagsarbeit zuinteressieren und zu einem aktiven Mitwirken zuermuntern. Gerade hier liegt aber auch ein Kern-problem der Vorbereitungsphase des Projektes:Wie kann es gelingen, eine breite und zumeistträge Masse von Schülern - die Lehrerschaft seihier nicht ausgenommen - für eine Tätigkeit zumotivieren, die sehr viel Idealismus, Eigeninitiati-ve, Zeit und Frustrationsbereitschaft verlangt,gleichzeitig aber eine vergleichsweise geringematerielle Entlohnung bereit hält und darüberhinaus mit einem negativen Image im „wirklichenLeben“ zu kämpfen hat? Einige Hilfestellungenseien hier gegeben.

2. Kommentar zu den Materialien

Bereits kurze Zeit nach der Ausarbeitung der Ver-fassung - spätestens mit Beginn des zweitenSchulhalbjahres – sollte die Arbeitsgruppe Partei-en/Wahlen (M 1) die Schüler über die Möglichkeitund insbesondere über die Notwendigkeit und

Bedeutung der Parteiengründung informiert wer-den. Dies kann mit Merk- und Informationsblättern(M 2, M 3) geschehen oder durch Informationsver-anstaltungen im Schulhaus. Wichtig ist den Schü-lern bewusst zu machen, dass sie nur als Vertretereiner Partei ins Parlament gewählt werden und nurals Abgeordnete oder Mitglied der Regierung dieGeschicke des Staates lenken können.Für das Gelingen des Projektes ist es von großerBedeutung, dass die zu gründenden Parteien ver-fassungskonform sind, demokratischen Grundsät-zen entsprechen und in ihrer Zielsetzung (Partei-programm) die Grundintention des Projektes stüt-zen. Daher muss sich das Vorbereitungsteam vor-behalten, Parteien, die diesen Auflagen nicht ent-sprechen, nicht zu den Wahlen zuzulassen.1

Der politische Höhepunkt in der Vorbereitungs-phase des Projektes sind die Parlaments- und Prä-sidentschaftswahlen. Sie sollten im Frühjahr statt-finden und entsprechend ihrer Bedeutung mit dernötigen Sorgfalt vorbereitet und auch medienwirk-sam inszeniert werden. Aus Gründen der Praktika-bilität können beide Wahlen zusammen abgehaltenwerden.Wie bei der Gründung der Parteien ist es besonderswichtig, die Schüler über die Wahlmodalitäten unddie Bedeutung der Wahlen aufzuklären. Ein be-sonderes Desiderat ist die Information der Schülerder Unter- und unteren Mittelstufe. Neben kurzenWahlinfos (M 4) können auch kleinere Informati-onsveranstaltungen organisiert werden; Gemein-schaftskundelehrer bzw. geeignete Schüler könn-ten die Klassen in Kenntnis setzen.Im Vorfeld der Wahlen sollte ein zeitlich be-grenzter (2 - 3 Wochen) Wahlkampf stattfinden,der sich an vorher festgelegten Spielregeln orien-tiert. Entscheidend ist, dass er eine breite Öffent-lichkeit bekommt und die Bedeutung der Wahlenins Bewusstsein der Schüler rückt. Hierzu bietensich Wahlveranstaltungen an, bei denen beispiels-weise die Spitzenkandidaten der Parteien ihre

1 Beim Projekt am Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium wurde einePartei, die sich für die freie Ausgabe von Alkohol in der Schuleeinsetzte, nicht zugelassen, da sie damit das in der Verfassungverankerte Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit sowie dieSchulordnung missachtete.

Page 26: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

26

Positionen darlegen und den Fragen der versam-melten Schülerschaft Rede und Antwort stehen.Die Organisation und Moderation dieser Veran-staltungen könnte von Schülern übernommen wer-den. Darüber hinaus sind der Kreativität bei derGestaltung von Wahlplakaten (M 5), Info-Blätternund sonstigen werbewirksamen Maßnahmen derParteien keine Grenzen gesetzt.2

Großes organisatorisches Geschick verlangt dieDurchführung der Wahlen. Zwei konträre Prämis-sen sind in Einklang zu bringen. Zum einen sollteder Unterricht an diesem Tag so wenig wie mög-lich tangiert werden, zum anderen sollten alleSchüler und Lehrer - bei großen Schulen immer-hin 800 bis 1000 Wahlberechtigte - die Gelegen-heit zur Wahl bekommen. Eine enge Absprachemit der Schulleitung und eine rechtzeitige Infor-mation des Kollegiums ist daher unerlässlich. Einepraktikable Lösung ist die klassen- bzw. kursweiseDurchführung der Wahl nach einem exakt erstell-ten Zeitplan (ca. 20 Minuten pro Klasse) in mehre-ren Wahllokalen mit zahlreichen Wahlhelfern.Auch wenn selbstverständlich keine Wahlpflichtherrscht, so garantiert dieses Verfahren doch einerelativ hohe Wahlbeteiligung.Besonderes Augenmerk kann bei der Durchfüh-rung der Wahlen auf die Beteiligung von Schülerngelegt werden. Aufgaben, wie die Erstellung desStimmzettels (M 6), die Erstellung einer Wahl-prognose eventuell unter Anleitung eines Informa-tiklehrers sowie die Auszählung der Stimmen(nach dem d'Hondtschen Höchstzahlverfahren beiden Parlamentswahlen) und die Dokumentationdes Wahlergebnisses (M 7) können von Schüler-seite übernommen werden.

Nach den Wahlen als dem bisherigen politischenHöhepunkt in der Vorbereitungsphase des Projek-tes steht man nun vor der Schwierigkeit, das ein-mal geweckte Interesse für die weitere Arbeit desParlaments und der Regierung aufrechtzuerhalten.Die konstituierende Sitzung des Parlaments solltedaher in nicht zu großer zeitlichen Distanz zu denWahlen stattfinden. Als Termin bietet sich derMonat Mai an. Bei dieser Sitzung stehen vor allemFragen organisatorischer Natur auf der Tagesord-nung (M 8). Ein ganz wesentlicher Punkt ist dieVerabschiedung der von der Vorbereitungsgruppeausgearbeiteten Verfassung durch das Parlament,so dass diese - wenn auch nachträglich - ihre de-mokratische Legitimation erhält. Für den weiterenVerlauf der parlamentarischen Arbeit ist die Ver-abschiedung einer von der Vorbereitungsgruppeausgearbeiteten Geschäftsordnung des Parlamentes(M 9) von Bedeutung. Neben den Wahlen des

2 Wie die Erfahrungen zeigen, sind die von den Schülern for-mulierten Positionen und Ziele eher diffus, meist auf das Pro-jekt und das Schulleben allgemein bezogen. Es handelt sich

nicht um eigentliche politische Wahlziele.

Parlamentspräsidenten und Schriftführers steht dieWahl des Regierungschefs und damit der Auftragzur Regierungsbildung im Vordergrund der erstenParlamentssitzung.

Mit der Übernahme der Regierungsverantwortungdurch die neugewählte Regierung tritt die Vorbe-reitungsgruppe des Projektes noch weiter in denHintergrund und überträgt viele ihrer Kompeten-zen der Regierung. Wie im „Notstandsartikel“ derVerfassung verankert „arbeitet [sie] jedoch weiter-hin an der Organisation des Projektes mit undbehält sich in Notfällen das Recht vor, Parlamentund Regierung bei der Organisation des Staates zuunterstützen und gegebenenfalls geeignete Maß-nahmen zur Durchführung des Projektes zu ergrei-fen.“ Dieser Sicherungsmechanismus ist notwen-dig, um den Erfolg des Projektes zu garantierenund „unliebsame Überraschungen“ zu verhindern,da keineswegs gewährleistet ist, dass sich die imVorfeld engagierenden und das Projekt vorantrei-benden Schüler auch in der Regierung wiederfin-den.

Einer effizienten Parlaments- und Regierungsarbeitfällt für den weiteren Verlauf des Projektes eineganz entscheidende Rolle zu. In der Vorberei-tungsphase und während der Durchführung desProjektes sollten daher die Parlamentssitzungeneinen festen Platz im Terminkalender bekommenund entsprechend öffentlich gemacht werden. DieGefahr besteht, dass die vermeintlich wenig att-raktiven Sitzungen insbesondere in der Vorberei-tungsphase des Projektes weitgehend unter Aus-schluss der Öffentlichkeit stattfinden. Hier müsstedurch gezielte Hinweise die Schülerschaft beson-ders angesprochen werden. Außerdem ist darauf zuachten, dass sich während der Sitzungen eine ander Geschäftsordnung des Parlamentes orientierteDiskussionskultur entwickelt. Dem Parlamentsprä-sidenten kommt hierbei eine wichtige Rolle zu. Eroder sie sollte von Beginn an auf die Einhaltungder Spielregeln achten. Eine dem hohen Hausewürdige Kleiderordnung der Abgeordneten könntedarüber hinaus die Bedeutung des Parlaments nochunterstreichen.

Je nach Verlauf des Projektes können die Sitzun-gen des Parlaments eine ganz besondere Eigendy-namik entfalten und sich zu äußerst kontroversgeführten Diskussionen entwickeln. Themenkönnten sein: Der vom Finanzminister vorgelegteHaushaltsplan, die Höhe der Unternehmenssteuern,die Gehälter des Staatspräsidenten und der Regie-rungsmitglieder sowie die Beamtengehälter, dieUmtausch- und Visagebühren etc.3

3 Im Staate „Elevia“ schlug beispielsweise die Regierungaufgrund finanzieller Engpässe vor, die Beamtengehälter zukürzen. Daraufhin traten die Zollbeamten in Streik und ver-langten eine Beibehaltung der Höhe ihrer Gehälter. In der hitzig

Page 27: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

DER BEREICH POLITIK

27

Die Regierungsmannschaft des neu gewähltenRegierungschefs benötigt - wie im wirklichenpolitischen Leben - bis zum reibungslosen Funkti-onieren eine gewisse Einarbeitungszeit, insbeson-dere dann, wenn die Regierungsmitglieder vorihrer Wahl nicht mit der Organisation des Projek-tes und seiner Intention befasst waren. Insofernhängt die Effizienz der Regierungsarbeit maßgeb-lich vom Regierungschef und den von ihm vorge-schlagenen Ministern ab. Große Unterschiede inder Qualität der Ausübung des Amtes müssendaher mit einkalkuliert werden.

Wie in der Verfassung verankert wird jedem Mi-nister ein Staatssekretär in der Person eines Leh-rers oder einer Lehrerin beigeordnet. Dabei ent-scheiden die Minister selbst, welche Lehrpersonsie für ihr Ministerium ansprechen. Gleichzeitigwird jedem Ministerium ein definierter Aufgaben-bereich übertragen, den es eigenverantwortlichauszufüllen gilt (M 10).4

Wie oben erwähnt, ist mit einer sehr unterschiedli-chen Qualität in der Amtsführung der Minister zurechnen, sodass die Staatssekretäre nicht seltenstark unterstützend tätig sein müssen. Gleichwohlgelingt es zahlreichen Schülern in ihr Amt hinein-zuwachsen und zu unerwarteter Größe und Quali-tät zu gelangen.

� Dem Regierungschef obliegt die gesamteKoordination der Regierungstätigkeit sowiedie Vermittlung zwischen den einzelnen Ar-beitsgruppen und Bereichen des Projektes.Darüber hinaus fällt ihm während der Durch-führung des Projektes zusammen mit demStaatspräsidenten auch eine repräsentativeAufgabe zu.

� Das Außenministerium ist für die Abwicklungder Zollformalitäten, den Geldwechsel undinsbesondere für die Visa- und Passausgabezuständig, eine Aufgabe, die großes organisa-torisches Geschick und einen Sinn für Logis-tik verlangt.

� Das Innenministerium hat die Aufsicht überdie Polizei und kooperiert mit der Rechtsspre-chung.

� Das Arbeitsministerium hat die Aufgabe, imVorfeld des Projektes alle Betriebe und dieverfügbaren Arbeitsplätze zu erfassen, dieZuteilung jedes Schülers auf die Betriebe zuübernehmen sowie während des Projektes dieMitarbeiterlisten zu kontrollieren und sich im

geführten Parlamentsdebatte wurde dann eine Kompromisslö-sung gefunden. Es wurden nur die Bezüge des Regierungschefsund seiner Minister gekürzt. Der Streik der Zollbeamten wargleichzeitig auch Anlass für eine Verfassungsklage, in der esum die grundsätzliche Frage ging, ob Beamte ein Streikrechthaben sollen.4 Die Zuordnung der einzelnen Aufgabenbereiche kann je nachSchule differieren. M 9 zeigt eine Möglichkeit, wie sie am Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium durchgeführt wurde.

Stile eines Arbeitsamtes um die Vermittlungvon Arbeitslosen zu kümmern.

� Im Finanzministerium wird bereits vor derDurchführung des Projektes der Staatshaushalterstellt. Während der Projekttage hat es dieAufgabe, die Währung sowie die Staatsein-nahmen und -ausgaben zu überwachen. Au-ßerdem ist es für die Steuerverwaltung zu-ständig.

� Dem Wirtschaftsministerium ist der Wirt-schaftskontrolldienst unterstellt. Seine Aufga-be ist es, die Anwesenheit der Mitarbeiter inden Betrieben sowie in regelmäßigen Abstän-den die Betriebe auf Sauberkeit und die ord-nungsgemäße Lagerung der Lebensmittel zukontrollieren. Der Wirtschaftskontrolldienstkann bei Verstößen Geldbußen verhängen o-der gar die Schließung des Betriebes anord-nen. Er verschafft sich einen Überblick überdie Einnahmen der Betriebe und legt so dieGrundlage für die Besteuerung bzw. Subven-tionierung. Eine enge Koordination und Zu-sammenarbeit mit dem Finanzministerium istdaher notwendig.

� Die wesentliche Aufgabe des Umweltministe-riums ist in Abstimmung mit dem Wirt-schaftskontrolldienst die Kontrolle der Betrie-be auf ihre hygienischen Bedingungen sowiedie Müllentsorgung.

� Kultur- und Sportministerium sind für dieKoordination der Kultur- und Sportereignissezuständig. Veranstaltungen dieser Art könnenvon staatlicher Seite subventioniert werden,um ein attraktives Programm während derProjekttage zu gestalten.

� Der Staatspräsident hat vor allem repräsenta-tive Aufgaben und widmet sich zusammen mitseinem persönlichen Pressereferenten vor-nehmlich der publikumswirksamen Öffent-lichkeitsarbeit.

Als Fazit kann festgehalten werden, dass die sichim Bereich der Politik bietenden Partizipations-chancen von einer großen Zahl von Schülern ge-nützt werden müssten und dass insbesondere wäh-rend der Durchführung des Projektes der politi-sche Aspekt genügend Beachtung finden und nichtvom wirtschaftlich-kommerziellen gänzlich über-lagert werden sollte.

Page 28: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

28

3. Materialübersicht

M 1 Checkliste für die Arbeitsgruppe Parteien / WahlenM 2 Merkblatt für die Information zur ParteiengründungM 3 Wie gründe ich eine Partei?M 4 WahlinfoM 5 WahlplakateM 6 StimmzettelM 7 WahlergebnisseM 8 Tagesordnung: Konstituierende Sitzung des ParlamentsM 9 Geschäftsordnung des ParlamentsM 10 Aufgabenbereiche der Regierung

4. Materialien

M 1

Gruppe Parteien / Wahlen

� Bürgern deutlich machen, warum Parteien wichtig sind (ohne Par-teien keine Regierung => kein Staat);

� Die Schüler, die sich bereits bei SAS engagieren, sollen Parteiengründen => Kontinuität nach der Wahl in der Regierungsarbeit;

� Nicht darauf vertrauen, dass gute Arbeit des Vorbereitungsteamsbei der Wahl für sich spricht!

� Merke: Wer den aufwändigsten und lautesten Wahlkampf betreibt,erhält viele Stimmen!

� Wahlkampf zeitlich begrenzen, Plakatierung regeln, Wahlforumorganisieren;

� Rechtzeitig über das Wahlsystem aufklären!� Organisation und Durchführung der Wahl während der Unterrichts-

zeit, klassenweise (Zeitplan erstellen, Absprache mit der Schullei-tung);

� Wie kann das gewählte Parlament ins Zentrum der Aufmerksam-keit rücken (geeignete Räumlichkeiten finden, Tagungszeiten öf-fentlich bekannt machen)?

� Während der Durchführung des Projektes politische Aspekte ver-deutlichen und entsprechende Rahmenbedingungen für politischePartizipation schaffen (Wirtschafts- und Staatsleben verbinden)!

Page 29: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

DER BEREICH POLITIK

29

M 2

Merkblatt für die Information zur Parteiengründung

- Zettel mit Bedingungen zur Parteiengründung austeilen.

Warum soll ich eine Partei gründen oder in einer mitarbeiten?

Nicht nur die freie Wirtschaft ist bei unserem Projekt ein interessanter Bereich, sondernauch die Politik ---> die Mitarbeit in einer Partei kann interessant sein.

Nur als Mitglied einer Partei kann man ins Parlament kommen.

Durch einen Sitz im Parlament:� Leistet man einen aktiven Beitrag zu unserem Projekt.� Hat man die Möglichkeit, die Regierung zu wählen.� Hat man die Möglichkeit mitzuentscheiden.

Die Aufgaben des Parlaments:� Es erlässt Gesetze.� Es löst Probleme, die im Rahmen unseres Projektes auftreten.� Es entscheidet über den Haushalt (was mit dem Geld unseres Staats unternommen

wird).� Es wählt die Regierung.

---> Alle grundlegenden Entscheidungen werden vom Parlament getroffen.

----------------------------------------------------------------------------------------------------------

Bedingungen für die Parteigründung:� Das Parteiprogramm muss der Verfassung entsprechen.� Radikale Parteien werden nicht zugelassen.� Jede Partei muss demokratisch organisiert sein und ihren Zielen treu bleiben.

Formulare zur Gründung einer Partei sind am Infostand oder beim Klassensprecher er-hältlich.

Die Gründung einer Partei ist nur bis zum ............ möglich.

Bei weiteren Fragen oder Problemen wendet Euch an den Infostand.

Page 30: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

30

M 3

Wie gründe ich eine Partei?

1. Um eine Partei zu gründen, benötigt man mindestens 8 Gleichgesinnte. Jede Stufe(Unter-, Mittel-, Oberstufe) muss vertreten sein.

2. Jede gegründete Partei muss sich bis zum ..................... mit Parteiname, Mitglie-derliste und Ansprechpartner am Infostand anmelden.

3. Jede Partei muss bis zum ...................... ein Parteiprogramm verfassen, dessenInhalt nicht gegen die Verfassung verstößt. Ab .................... müssen die Parteipro-gramme öffentlich zugänglich sein, z.B. durch Plakate, öffentliche Parteisitzungen o-der Flugblätter.

4. Jede Partei muss mindestens 5 ihrer Mitglieder zur Parlamentswahl stellen, wobeiauch hier jede Stufe vertreten sein muss. Außerdem muss sie 1 Kandidat für diePräsidentschaftswahl stellen. Die Parlaments- und Präsidentschaftskandidaten müs-sen bis zum ........................ angegeben werden.

5. Wenn eine Partei gegründet wurde, soll der Parteiname, das Parteiprogramm undder Name eines Ansprechpartners ausgehängt werden, damit sich andere informierenbzw. eventuell Parteimitglied werden können. Falls Eure/Deine Partei trotzdem nichtgenügend Mitglieder haben sollte, bitten wir Euch/Dich, einfach selbst Leute anzu-sprechen.

M 4

Wahlinfo

1. Jeder Bürger und jede Bürgerin hat zwei Stimmen. Eine für die Partei, die er/sie insParlament wählen möchte (linke Spalte), und eine zweite Stimme für den jeweiligenPräsidentschaftskandidaten bzw. -kandidatin seiner/ihrer Wahl (rechte Spalte).

2. Man darf also ein Feld der linken Spalte und ein Feld der rechten Spalte ausfül-len.

3. Alle nicht eindeutig und korrekt ausgefüllten Wahlformulare, d. h. mit mehr als ei-nem Kreuz pro Spalte werden automatisch ungültig und nicht berücksichtigt.

Page 31: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

DER BEREICH POLITIK

31

M 5

Wahlplakate

Page 32: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

32

M 6

Page 33: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

DER BEREICH POLITIK

33

M 7

Wahlergebnisse

Parlamentswahl:

Prozentuale Stimmverteilung und Sitzverteilung

Stimmverteilung (Absolute Stimmen)

Die Fö (Die Föderation) : 413MfG (Multi-funktionelle Gruppe) : 160PC-Elevia (Progress Cooperation Elevia) : 102APP (Attraktiv und Preiswert Partei) : 87KPE (Klo Partei Elevias) : 64ERVP (Elevianische R-Volkspartei) : 49PFUT (Partei für Umwelt und Tiere) : 36DSUPI (Demokratische Soziale Umweltpartei) : 31

ungültige Stimmzettel: 5 Wahlbeteiligung: 95%

6

33

2

111

15

43,8%

17,0%10,8% 9,2% 6,8% 5,2% 3,8% 3,3%

Die Fö MfG PC-Elevia APPKPE ERVP PFUT DSUPI

Page 34: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

34

Präsidentschaftswahl:

Prozentuale Stimmverteilung

Stimmverteilung (Absolute Stimmen)

ungültige Stimmzettel: 5 Wahlbeteiligung: 95%

Grafische Gestaltung der Wahlergebnisse: Malte Ahrens

Tobias Hartmann : 358 Heiko Knobloch : 66Isabella Bienias : 197 Klaus Karnetzky : 62Dorian Ströbel : 73 Björn Bertram : 55Anja Keller : 69 Anne Budai : 25

39,6%

21,8%

8,1% 7,6% 7,3% 6,9% 6,1%2,8%

Tobias HartmannIsabella BieniasDorian StröbelAnja KellerHeiko KnoblochKlaus KarnetzkyBjörn BertramAnne Budai

Page 35: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

DER BEREICH POLITIK

35

M 8

Freie Republik Elevia

Konstituierende Sitzung des Parlaments von Eleviaam 15. Mai 2000, 14.00 Uhr

Tagesordnung

1) Eröffnung der Sitzung durch den Alterspräsidenten des Parlaments

2) Feststellung der Anwesenheit der Abgeordneten

3) Verabschiedung der Verfassung

4) Verabschiedung der Geschäftsordnung des Parlaments

5) Wahl des Parlamentspräsidenten und seines Stellvertreters

6) Wahl des Schriftführers und seines Stellvertreters

7) Vereidigung des Staatspräsidenten

8) Wahl des Regierungschefs, Auftrag zur Regierungsbildung

9) Vereidigung des Kabinetts

10) Hymne

Einblicke in die Arbeit des Parlaments von Elevia.

Page 36: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

36

M 9

Geschäftsordnung des Parlaments von Elevia

§ 1 Aufgabe des ParlamentsDas Parlament ist die Vertretung des Volkes. Es hat die Aufgabe, Gesetze zu beschließen unddie Regierung zu kontrollieren.

§ 2 Rechte und Pflichten der ParlamentarierJedes Mitglied des Parlaments folgt bei Reden, Handlungen, Abstimmungen und Wahlen seinerÜberzeugung und seinem Gewissen. Die Mitglieder des Parlaments sind verpflichtet, an denArbeiten des Parlaments konstruktiv teilzunehmen. Es besteht Anwesenheitspflicht.

§ 3 SitzungenDie Sitzungen des Parlaments werden vom Parlamentspräsidenten einberufen. Er eröffnet, leitetund schließt die Sitzungen. Vor Schluss einer Sitzung gibt er den Termin der nächsten Sitzungbekannt. Die Sitzungen des Parlaments sind öffentlich.

§ 4 WorterteilungEin Mitglied des Parlaments darf nur sprechen, wenn ihm der Präsident das Wort erteilt hat.Grundsätzlich gilt der Respekt vor der Meinung des Anderen. Unmutsbekundungen und abfälli-ge Äußerungen sind nicht gestattet. Will der Präsident sich selbst als Redner an der Aussprachebeteiligen, so hat er während dieser Zeit den Vorsitz abzugeben.Zwischenfragen und Zwischenbemerkungen, die kurz und präzise sein müssen, dürfen erst ge-stellt werden, wenn der Redner sie auf eine entsprechende Frage des Präsidenten zulässt. ImAnschluss an einen Debattenbeitrag kann der Parlamentspräsident das Wort zu einer Zwischen-bemerkung von höchstens drei Minuten erteilen; der Redner darf hierauf noch einmal antwor-ten.

§ 5 Reihenfolge der RednerDer Präsident bestimmt in Abstimmung mit dem Schriftführer die Reihenfolge der Redner. Da-bei soll ihn die Sorge für die sachgemäße Erledigung und zweckmäßige Gestaltung der Bera-tung, die Rücksicht auf verschiedene Parteirichtungen, auf Rede und Gegenrede und auf dieStärke der Fraktionen leiten. Der erste Redner in der Aussprache zu Vorlagen soll nicht derFraktion des Antragstellers angehören.

§ 6 RedeDie Redner sprechen grundsätzlich in freiem Vortrag. Sie können hierbei Aufzeichnungen be-nutzen. Sie sprechen von dem dafür bestimmten Rednerpult aus.

§ 7 RedezeitGestaltung und Dauer der Aussprache über einen Verhandlungsgegenstand werden vom Präsi-denten und dem Schriftführer festgelegt. Kommt keine Festlegung zustande, darf der einzelneRedner nicht länger als fünf Minuten ununterbrochen sprechen. Spricht ein Mitglied der Regie-rung länger als fünf Minuten, kann die Fraktion, die eine abweichende Meinung vortragen las-sen will, für einen ihrer Redner eine entsprechende Redezeit verlangen.Überschreitet ein Mitglied des Parlaments seine Redezeit, so soll ihm der Präsident nach ein-maliger Mahnung das Wort entziehen.

Page 37: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

DER BEREICH POLITIK

37

§ 8 OrdnungsmaßnahmenSitzungsteilnehmer, die nicht Mitglied des Parlaments sind, sowie Zuhörer unterstehen der Ord-nungsgewalt des Präsidenten.Der Präsident kann den Redner, der vom Verhandlungsgegenstand abweicht, zur Sache verwei-sen. Er kann Mitglieder des Parlaments, wenn sie die Ordnung verletzen, ermahnen. Wegengrober Verletzung der Ordnung kann der Präsident ein Mitglied des Parlaments für die Dauerder Sitzungen des Saales verweisen.

§ 9 VorlagenVorlagen werden gedruckt und in der Regel einen Tag vor einer Parlamentssitzung dem Präsi-denten sowie allen im Parlament vertretenen Fraktionen zugestellt. Werden während des eigent-lichen Projektzeitraumes Vorlagen im Verlauf einer Sitzung eingebracht, kann der Präsident aufWunsch der Fraktionen die Sitzung vor Verabschiedung der Vorlage unterbrechen, um denFraktionen eine Beratung zu ermöglichen.

Heilbronn, den 15. Mai 2000

Einblicke in die Arbeit des Parlaments von Elevia.

Page 38: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

38

M 10

Aufgabenbereiche der Regierung

Ministerium Minister/in undStaatssekretär/in

Beamtenzahl Aufgabenbereich

Regierungschef - Koordination der Regie-rungstätigkeit, Vermittlungzwischen den einzelnen Ar-beitsgruppen und Bereichendes Projektes

Außenministerium 15 Beamte8 Securities

Zoll und Geldwechsel an denStaatsgrenzen, Visa- undPassausgabe, Securitydienstder Wechselstuben

Innenministerium 20 Polizisten4 Richter

Polizei, Richtlinien derRechtssprechung und Gericht

Arbeitsministerium 8 Beamte Zuteilung jedes Schülers aufdie Betriebe, Kontrolle derMitarbeiterlisten, Arbeitsver-mittlung

Finanzministerium 10 Beamte Erstellung des Staatshaushal-tes, abendliche Abrechnung,Überwachung der Währungund der Staatsausgaben,Steuererrechnung und -einzug

Wirtschaftsministerium 20 Beamte Wirtschaftskontrolldienst,Kontrolle der Betriebe, Richt-linien des Wirtschaftslebens

Umweltministerium 20 Beamte Umweltkontrolldienst bei denBetrieben (Hygiene, Müll),Geschirrmobil (Staatsbetrieb),Müllentsorgung, Energie-verbrauch

Kulturministerium 4 BeamteInfozentrale8 Techniker

Koordination von Kulturer-eignissen, Erstellung des Pro-gramms, Bezahlung derKünstler, technische Betreu-ung der Darbietungen (Licht,Ton), Infozentrale

Sportministerium 4 Beamte Koordination aller Sporter-eignisse, Verteilung derSporthalle, Ausrichtung vonTurnieren - Streetballturnierdes Jugendgemeinderats

Staatspräsident 6 BeamteInfozentrale

Öffentlichkeitsarbeit, Verbin-dung zu Radio, TV, Staats-gästen, Erstellung des Pro-grammhefts, Dokumentation

Page 39: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

DER BEREICH WIRTSCHAFT

39

Martina Geiger

Der Bereich Wirtschaft

Martina Geiger, StR’in, unterrichtet am Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium Heilbronn die Fächer Deutsch,Französisch und Gemeinschaftskunde. Als Verbindungslehrerin betreut sie seit 1998 die Schülermitver-antwortung.

1. Einführung

Der große Bereich der Wirtschaft und Finanzengehört zu den komplexesten des Projekts „Schuleals Staat“, weil hier eine Vielzahl von einzelnenPlanungssträngen (Betriebsgründungen, Kalkulati-on des Energieverbrauchs, Vermittlung von Ar-beitsstellen, Einholen der Steuern u.a.) zusam-menlaufen und weil hier auch die großen Unwäg-barkeiten des Projektes liegen. Wie bewerkstelligtman, dass der Haushalt in Einnahmen und Ausga-ben ausgeglichen bleibt, sodass der Staat am Endenicht verschuldet ist? Wie hoch soll man demnachdie Steuern ansetzen? Mit wie vielen Einnahmendurch Besucher und Steuern kann man rechnen?

Eine florierende Wirtschaft gehört neben demBereich der Politik und den kulturellen Aktivitätenzu den Kernpunkten des Staatslebens. Die Staats-bürger arbeiten zum Großteil in Betrieben; sieverkaufen Produkte oder Dienstleistungen auf demMarkt. Mit den erwirtschafteten Gewinnen bezah-len die Betriebsleiter ihre Mitarbeiter und Steuernan den Staat, der mit diesen Einnahmen wirtschaf-ten muss. Dazu sind bei den Schülern wie bei denbetreuenden Lehrern eine Vielzahl an Qualifikati-onen nötig: Kalkulation, Buchführung, Kontrolleder Betriebe, Logistik der Arbeitsvermittlung.

Wenngleich das Motiv des Geldverdienens nichtim Vordergrund der Konzeption von „Schule alsStaat“ steht, so wird doch für viele Schüler ihrEngagement im Projekt dadurch motiviert. Dieeigene Anstrengung in einem Betrieb, das unter-nehmerische Risiko eines Betriebsleiters oder dasmühevolle Einstudieren eines kulturellen Beitragssollen sich auch in finanzieller Hinsicht lohnen.Dem gegenüber steht das Gemeinschaftserlebnis,die Spielidee, die Utopie, einen Staat zu gestaltenund zu erleben. Zwischen diesen beiden Ansprü-chen einen Ausgleich zu finden, erfordert vomVorbereitungsteam viel Fingerspitzengefühl undDiplomatie. Es gilt einerseits, die arbeitswilligen„Unternehmer“ durch zu hohe Steuern oder Ge-winnabgaben nicht zu frustrieren, andererseitssollen die Skeptiker und Kritiker des „kapitalisti-

schen“ Treibens nicht vor den Kopf gestoßen wer-den, indem dem wirtschaftlichen Ertrag allzu gro-ße Bedeutung zugemessen wird. Die Vorberei-tungsgruppe sollte sich dieser Fragestellung schonim Voraus annehmen und eine für alle tragbareLösung ausarbeiten. Möglich wäre etwa, dass einTeil des Staatsgewinns einem guten Zweck ge-spendet wird, oder dass man etwas anschafft, wasallen in der Schule zugute kommt.

2. Kommentar zu den Materialien

Die in diesem Kapitel zusammengestellten Materi-alien sollen helfen, den Bereich der Wirtschaft undFinanzen im Staat zu organisieren. Sie folgen derzeitlichen Chronologie des Projektes und zeigendie wesentlichen Aufgabenbereiche der Arbeits-gruppen Betriebe / Finanzen sowie Außenhandel /Zoll / Währung, die eng kooperieren.Entsprechend stellen die Materialien M 1 – M 2Checklisten für diese beiden Arbeitsgruppen darund nennen deren Aufgaben im Verlauf des Pro-jekts. Zu einzelnen der dort angesprochenen Stich-punkte hier einige Bemerkungen aus unserer Er-fahrung mit „Schule als Staat“: Einige Monate vorStaatseröffnung wurden von jedem Staatsbürger 20DM eingesammelt und auf ein Konto einbezahlt.Von diesem Betrag behielt der Staat jeweils 2 DMzurück, um einen Teil des Staatshaushaltes zufinanzieren. Dieser Beitrag erschien erträglich undkonnte auch vor den Eltern gerechtfertigt werden.Den Rest erhielten die Staatsbürger in der Staats-währung Ellyt kurz vor Projektbeginn in einerStückelung von 10 EL, 5 EL, 2 EL, 1 EL zurück.Mit diesen umgerechnet 18 DM konnte jeder wäh-rend der 3 Tage des Projektes auskommen, auchwenn man kein weiteres Geld verdiente. Am Endedes Projektes konnten alle Staatsbürger ihre Elly-ten wieder in DM zurücktauschen.Die gesamte Menge des gedruckten Geldes wurdeauf etwa 50.000 DM kalkuliert, wobei kleinereGeldnoten in entsprechend höherer Stückzahlgedruckt wurden. Diese hohe Summe zeigt, dass esdabei zu bedenken gilt: Man sollte unbedingt si-cherstellen, dass die Staatswährung fälschungssi-cher ist! Eine Inflation durch eine größere Mengean Falschgeld hätte fatale Folgen für den Staats-

Page 40: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

40

haushalt und für den Rücktausch in DM. Weiterhinsollten diejenigen Schüler, die die Hauptkasseverwalten (Reserven der Staatswährung und De-ckung durch DM) absolut vertrauenswürdig sein!(vgl. hierzu M 9)

Die Materialien M 3 und M 4 zeigen die Kern-punkte der Betriebsorganisation: Betriebsgründungund Information über die Geschäftsordnung derBetriebe (darüber hinaus ist die Zuteilung derBetriebe auf Standorte im Schulgelände sowie dieSicherstellung der Stromversorgung für die Unter-nehmen zu organisieren). Zunächst einmal wurdefestgelegt, dass jeder Betrieb für seine Investitio-nen selbst verantwortlich ist, d.h. dass kein zent-rales Warenlager im Staat eingerichtet werdensollte, bei dem die Betriebe ihre Rohstoffe einkau-fen konnten.1

Gleichwohl brauchen die Betriebsgründer, insbe-sondere was die Kalkulation der Ausgaben undEinnahmen anbelangt, Unterstützung seitens desVorbereitungsteams (z.B. in Form von Sprech-stunden durch versierte Kollegen mit betriebswirt-schaftlichen Kenntnissen). Aber selbst dann istnicht auszuschließen, dass sich die Betriebsleiterbeim Einkauf der Waren oder bei der Berechnungder Preise und Gehälter verkalkulieren.2

Die große Schwierigkeit bei der Organisation desWirtschaftslebens besteht darin, genügend Be-triebsgründungen zu initiieren, damit die Gesamt-heit der Staatsbürger eine Arbeitsstelle findenkann. Hier spielen verschiedene Gesichtspunkteeine Rolle: Zum einen sollte die Konkurrenz derRestaurationsbetriebe nicht zu groß werden, dasonst keine Gewinne mehr möglich sind, anderer-seits gilt es zu vermeiden, dass allzu viele Kinos,Spielecenter o.ä. entstehen, da diese kaum Aus-sicht auf Gewinne haben (vgl. M 8). Schließlich istes aber auch nicht sinnvoll, alle Arbeitslosen beimStaat zu beschäftigen, da sonst der Staatsapparatund damit auch die Ausgaben des Staatshaushaltsunnötig aufgebläht werden (vgl. M 11). Trotz alldieser Überlegungen wird es nicht ausbleiben, dassbei Projektbeginn noch Staatsbürger ohne Arbeitsind. Dem Arbeitsministerium obliegt es, nebender computergestützten Erfassung der Schüler undihrer Aufteilung auf die Betriebe, diese Arbeitslo-sen so schnell wie möglich zu vermitteln. Wer sichschon einmal mit der Organisation von Projektta-gen befasst hat, weiß, dass bei den zuständigenMitarbeitern im Ministerium entsprechend vielFingerspitzengefühl verlangt ist, damit alle Seitenmit dem Ergebnis leben können (M 5).

1 Dieses Modell wurde an verschiedenen anderen Schulen imRahmen des Projektes „Schule als Staat“ getestet und scheitertezumeist, weil die Organisatoren mit den Bestellungen und derAusgabe der Waren überfordert waren.2 Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die Schülerbe-richte aus den Betrieben, die sich im Teil „Nachlese und kriti-sche Refelxion des Projektes“ befinden.

Ist der Staat einmal eröffnet und haben die Wirt-schaftsunternehmen ihre Arbeit aufgenommen (M6), beginnt der zweite große ökonomische Bereichwirksam zu werden: das Steuersystem.Das Modell der Steuerbelastung, der Steuererklä-rungen und des Steuereinzugs muss einfach undeffektiv zugleich sein. Aus diesem Grund habenwir darauf verzichtet, jeden einzelnen Bürger zubesteuern, nur die Betriebe sollten Steuern zahlen.Dabei bieten sich leicht verständliche Steuerfor-mulare an (M 7), auf denen die Betriebe mitStrichlisten ihre Umsätze errechnen können. Dieals M 8 beigefügte Übersicht über die Betriebezeigt, welche Betriebe wirtschaftlich erfolgreichwaren, wie viel jeweils umgesetzt wurde und wiehoch für die jeweiligen Betriebe die Steuerbelas-tungen waren. Diese wurden von Mitarbeitern desFinanzministeriums jeweils abends berechnet undam nächsten Morgen (bzw. am letzten Abend desProjekts) bei den Betriebsleitern eingezogen.Das Steuersystem im Staat Elevia war eine Um-satzsteuer, die im Vorfeld auf 25% festgelegt undspäter vom Parlament auf 20% gesenkt wurde.Dem liegen im Wesentlichen zwei Überlegungenzugrunde: Die Prämisse lautet, dass der Staats-haushalt auf alle Fälle ausgeglichen sein muss,

� daher sind die Steuern zunächst einmal hochanzusetzen. Eine spätere Steuersenkung (wiein der Tat auch geschehen) ist dabei nicht aus-geschlossen;

� daher muss verhindert werden, dass die Be-triebe an der Steuer vorbeiarbeiten. Eine Ge-winnsteuer würde die Gefahr bergen, dass dieBetriebsleiter vor der Steuer zu hohe Löhneausbezahlen und dadurch zu wenig versteuern(da nur die Betriebe, nicht aber der einzelneBürger besteuert werden soll). Also ist eineUmsatzsteuer sinnvoll.

Dieses System der Umsatzsteuer, so einfach undeinleuchtend es klingt, birgt in der Praxis auchGefahren: Betriebe mit sehr wenig Umsatz odermit sehr hohen Investitionskosten werden steuer-lich benachteiligt. Denn die Steuer kann nichtberücksichtigen, ob ein Betrieb seine Investitionengering hält (z.B. Kuchenspenden durch die Eltern)oder ob tatsächlich hohe Investitionen getätigtwerden müssen (z.B. Anschaffung von T-Shirts füreinen Copy-Shop). Die beigefügte Regierungser-klärung (M 10) stellt einen Versuch dar, auf dieseProblematik flexibel zu reagieren.

Der Staatshaushalt von Elevia (M 11) zeigt, dassam Ende alle Ängste bezüglich einer Staatsver-schuldung unbegründet waren. Der Staatsgewinnbelief sich auf etwa 2.500 DM, die je zur Hälfteeinem guten Zweck gespendet wurden bzw. An-schaffungen für die Schulgemeinschaft dienten.

Page 41: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

DER BEREICH WIRTSCHAFT

41

3. Materialübersicht

M 1 Checkliste für die Gruppe Betriebe / FinanzenM 2 Checkliste für die Gruppe Außenhandel / ZollM 3 Antrag auf Zulassung eines BetriebsM 4 Geschäftsordnung für BetriebeM 5 ArbeitsvermittlungM 6 Impressionen vom Wirtschaftsleben in Elevia – Aus den BetriebenM 7 SteuerformularM 8 Übersicht über Betriebe, Einnahmen, SteuerbelastungenM 9 GeldnotenM 10 Regierungserklärung zur wirtschaftlichen Lage im Staat EleviaM 11 Staatshaushalt

4. Materialien

M 1

M 2

Gruppe Betriebe / Finanzen

� Konto anlegen/"Startgeld" rechtzeitig einsammeln und evtl. gewinnbringendanlegen!

� Auswahl der Betriebe organisieren (nicht zu viele gleiche/ ähnliche Betrie-be zulassen, v.a. Kinos / Playstation);

� Umfassende Information der Betriebsgründer, v.a. Unterstufe, evtl. Sprech-stunden einführen;

� Auswahl zwischen Umsatz- und Gewinnsteuer; Steuer hoch ansetzen, umStaatsverschuldung zu vermeiden!

� Unbedingt Mathematiker einbeziehen (Finanz-, Haushaltsplan)!� Zuteilungsliste der Schüler/Klassen auf Betriebe frühzeitig als Computer-

programm installieren!� Geld fälschungssicher machen!� Zahl der Staatsbeamten festlegen, Beamtengehälter nicht zu hoch anset-

zen (maximal 1DM/Stunde)!� Kein zentrales Warenlager einrichten!

Gruppe Außenhandel / Zoll / Währung

� Frühzeitig Ausweise / Visa drucken und evtl.laminieren!

� Stückelung der Geldmenge überlegen (wegenVisagebühren / Geldumtausch)! Kleine Geld-noten in größerer Anzahl bereitstellen!

� Gesamtgeldmenge: etwa 40.000 – 60.000 DM� Verschiedene Wechselstuben und -schalter

einrichten!� Zentrale Hauptkasse im Finanzministerium mit

zuverlässigen Mitarbeitern besetzen!

Page 42: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

42

M 3

Page 43: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

DER BEREICH WIRTSCHAFT

43

M 4

Geschäftsordnung für Betriebe1. Definition

� Betriebe sind selbständige wirtschaftliche Einheiten, die produzieren oder Dienstleistungen erbringen.

2. Aufbau und Organisation

� Ein Betrieb besteht aus einem Betriebsleiter, seinem Stellvertreter und den Mitarbeitern. Die Beleg-schaft eines Betriebs kann aus allen Klassenstufen kommen.

� Der Betriebsleiter und sein Stellvertreter gründen den Betrieb und sind beide für ihn voll verantwort-lich. Sie vertreten den Betrieb gegenüber der Staatsbank, den Ministerien und den anderen Staatsor-ganen, den Kontroll- und Ordnungsdiensten, den Bürgern des Staates und unseren Gästen.

� Der Betriebsleiter und sein Stellvertreter stellen ihre Belegschaft selbst zusammen. Falls sie zusätzli-che Mitarbeiter benötigen, werden diese ihnen vom Arbeitsministerium zugeteilt. Sie informieren ihreMitarbeiter über ihre Aufgaben und Pflichten. Sie teilen die Arbeitszeit ein (2 Schichten à 4 Stundenpro Tag) und sorgen dafür, dass ihre Angestellten ihre Arbeitszeit pünktlich einhalten. (Die Einhaltungder Arbeitszeiten und die Anwesenheit der Mitarbeiter wird außerdem von einem Wirtschafts-kontrolldienst überprüft).

� Der Betriebsleiter und sein Stellvertreter sind auch für Sicherheit und Sauberkeit auf dem Betriebsge-lände verantwortlich. Sie überwachen die Entsorgung des Mülls von ihrem Betriebsgelände (spätes-tens nach jeder Schicht).

� Nach jedem Arbeitstag zahlen die beiden Betriebsleiter den Mitarbeitern das Gehalt aus, legen beimFinanzministerium eine vollständige Abrechnung vor und bezahlen ihre Steuern. Die Art der Steuernund die Höhe der Steuersätze werden noch bekannt gegeben.

3. Öffnungszeiten und Verkauf

� Die Öffnungszeiten der Betriebe richten sich nach den „Öffnungszeiten“ unseres Staates.� Die Waren und Betriebsmittel werden von den Betriebsleitern und ihren Mitarbeitern auf eigene Kos-

ten (als Betriebsmittel) selbst besorgt. Kredite, die für den Einkauf eventuell nötig sind, werden aufschriftlichen Antrag hin von der Staatsbank gewährt und müssen aus dem Umsatz des Betriebesrechtzeitig vor Ende des Projektes zurückgezahlt werden. Ob ein Kredit wegen mangelhaften Umsat-zes erlassen werden kann, entscheidet das Finanzministerium nach Beendigung des Projektes.

� Die Waren und Dienstleistungen werden von den Kunden der Betriebe ausschließlich in der Staats-währung bezahlt. Beschädigte Waren und Waren in unhygienischem Zustand dürfen nicht verkauftwerden. Verstöße werden durch das Umweltministerium und den Umweltkontrolldienst geahndet.

4. Entlohnung der Mitarbeiter

� Der Betriebsleiter und sein Stellvertreter vereinbaren mit den Mitarbeitern Tageslöhne, die in derStaatswährung ausgezahlt werden. Es wird erwartet, dass sie ihren eigenen Tageslohn nicht wesent-lich höher ansetzen als den ihrer Mitarbeiter.

5. Betriebsgewinn

� Nach Abzug von Unkosten, Löhnen und Steuern kann ein Gewinn entstehen, der allen Mitarbeiterndes Betriebs zu gleichen Teilen zusteht. Der Gewinn kann erst nach der Gesamtabrechnung desProjektes in DM rückgetauscht werden.

6. Betriebsgründung

� Die Gründung von Betrieben muss förmlich beantragt werden. Dazu gibt es ein bei der SMV und demVorbereitungsteam erhältliches Antragsformular.

� Die Betriebsleiter müssen ein Konzept für die Arbeit ihres Betriebs und eine Kalkulation erstellensowie diese Betriebsordnung anerkennen.

� Das Vorbereitungsteam entscheidet darüber, ob ein Betrieb seine Arbeit aufnehmen kann.� Einen Betrieb während des Projektes zu führen macht Spaß und lohnt sich – hoffentlich! Aber es

bedeutet auch Verantwortung, Disziplin bei der Arbeit, Kreativität und Risiko, denn nicht überall istGewinn garantiert.

Page 44: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

44

M 5

Arbeitsvermittlung

_____________________________________________________________________________________

Arbeitsminister Philipp Leiß

____________________________________________________________________________________

- Formular zur Arbeitsvermittlung –

Herr / Frau __________________________________________________ wird

� dem Betrieb � der staatlichen Einrichtung

_________________________________________________________________________

als Arbeitskraft zugewiesen.

Die Entlohnung beträgt im Falle der Zuweisung zu einer staatlichen Einrichtung1 Ellyt pro Stunde, andernfalls erfolgt sie gemäß der betrieblich festgelegten

Stundensätze.

__________________________Philipp Leiß, Arbeitsminister

Ich bestätige, dass oben genannte Person bei mir tätig ist.

______________________________________________Betriebs- / Einrichtungsleiter

Page 45: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

DER BEREICH WIRTSCHAFT

45

M 6

Impressionen vom Wirtschaftsleben in Elevia – Aus den Betrieben

An der Staatsgrenze – Im Friseursalon – Andenkenshop – Kulturcafé

Page 46: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

46

M 7

Steuerformular

Name des Betriebs:

Einnahmen gesamt: Steuern:

Produkt / Dienst-leistung

Preis pro Stück Verkauft1. Schicht

Verkauft2. Schicht

Page 47: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

DER BEREICH WIRTSCHAFT

47

M 8

Übersicht über Betriebe, Einnahmen und Steuerbelastungen

Name des Betriebs Klasse Einnahmen1. Tag

Einnahmen2. Tag

Einnahmen3. Tag

Einnahmengesamt

Steuern

"Lecker-Schmecker-Laden" 5c 94,5 151 227 472,5 106Casino (Spiele-Center) 5c 20,5 61 74,5 156 35Dosenwerfen "Megamarkt" 5e 41 174 149 364 83Flohmarkt " 85 147 78 310 73,5

Waffelstand "Zum heißen Eisen" 6a 45 284 92 421 99,5Andenkenshop " 49 284 366,5 699,5 137Eiscafé "Sunshine" " 36 154 298 488 107J & H’s Gebrauchtwaren 6b 20,5 99 153 273 63Café "Bon Flair" " 60,5 186 270,5 517 116Cocktailbar "Paradise" " 26 106 192 324 70,5Schnittblumen "Flower Power" 6c 140 429 724 1293 286,5Café "Zum Elly" " 85,5 256,5 432,5 774,5 172Schönheitssalon: "Beautiful wo-man"

6d 49,5 107 169,5 326 46

Copy-World 6d 52 210 308,5 570,5 127

Fast Food Restaurant "Mc Jo" 7a 202 337,5 315 854,5 198Getränkebar "Earthquake" " 55,5 209,5 182 447 102,5Café-Restaurant "Clementine" " 53 208 208 469 107Auto-Reinigung "Clean & Clear" " 63 162 227 452 103Süßigkeiten "Sweets" 7b 37,5 110,5 145,5 293,5 56,5Früchte-Cocktail-Bar: "HappyHour"

" 77 168,5 215 460,5 104,5

Restaurant "Burger Queen" 7d 188,5 251,5 232 672 156Eiscafé "Mama Mia" " 22,5 152 164 338,5 76,5Game Center " 30,5 68,5 81 180 41

Play-Station "Playzone" 8a 12 29,5 35,5 77 17Sandwich-Bar 8b 54 91 99 244 55,5US-Waren "American Shop" " 111,5 169,5 240,5 521,5 117Kultur-Café mit Schachspiel " 45 175,5 183 403,5 90,5"Kino-World" " 0 18 10 28 6,5"Cine Art" 8c 29 101,5 2 132,5 16Vom Dreirad aufs Einrad " 0 0 0 0 0Theater "The new generation" 8d 0 68 245 313 66

Spiele-Center "Player's Paradise" 9a 27 106 0 133 26,5Bar "Havanna-Club" 9b 92 315,5 865 1272,5 274,5Russisches Kultur-Café " 67,5 286,5 467 821 164,5Esswaren "Lollipop" " 224,5 463 734 1221 268Lotto-Spiel "Lucky -balls" 9c 8 82 68 158 34Spielkasino "Media Center" " 17 14 20 51 8Kino "Movie Palace" " 0 7 25 32 5

Torwand-Schießen "The Wall" 10a 19 26 10 55 8,5Massagen "Wellness-Center" " 12 22 26 60 13,5Kino "Chillout" 10b 4 4 6 14 3

Page 48: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

48

Pizzeria "Bella Elevia" " 324,5 1003 1576 2903,5 647Kultur-Café "Kult" " 54,5 191 233 478,5 107,5Tanzschule "House of Dance" 10d 7,5 65 136 208,5 45Eisstand "Eiszeit" " 41,5 150,5 148,5 340,5 77,5Play-Station "Lan-Party" " 31 40 30 101 24

Silberschmuck, Kosmetika „Fa-ked“

11a 54 124,5 525,5 704 149,5

Waffeln/Crêpes "Sweet Dreams" " 54 531 570 1155 214"Hairstudio" " 24 170 165 359 81,5Foto-Hurry 11c 10 56 139 205 44,5Discothek 11d 39 132 109 280 64,5

Musikunterricht "Musiclines" 12 13 15 25 53 12"Hawaii-Bistro" " 145 183 411,5 739,5 164Jamaikanisches Café "Afrodite" " 45,5 100,5 125,5 271,5 61,5Café "Sahnehäubchen" " 23 57,5 12 92,5 22Radio-Café "Radio-Bar" " 0 105 160,5 265,5 52Kino "Galaxis" " 4 34,5 25 63,5 14,5

M 9

Geldnoten

Page 49: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

DER BEREICH WIRTSCHAFT

49

M 10

Regierungserklärung zur Wirtschaftslage im Staat Elevia

Liebe Bürgerinnen und Bürger von Elevia,geschätzte Gäste!

Ich möchte den heutigen Tag zum Anlass nehmen, eine Erklärung zur Lage des Staates Elevia und zurArbeit meiner Regierung abzugeben.Wir stehen gut da! Dank der flexiblen Arbeit im Arbeitsministerium ist es uns gelungen, die Beschäfti-gungsquote in unserem Staat von 75 % auf über 99% zu erhöhen d.h. wir haben in Elevia Vollbeschäfti-gung. Um nur 1 Beispiel für die kreative und effektive Arbeit im gleichnamigen Ministerium zu nennen:Arbeitslose Eisverkäufer wurden zu zupackenden Kinderwagen-Treppen-Trägern umgeschult.

Auch freue ich mich, dass infolge des regen Zustroms von Besuchern aus dem Ausland das Steuerein-kommen in unserem Staat und die Erträge der Betriebe stark gesteigert werden konnten.

Im Hinblick auf das Steuersystem möchte ich noch folgende Aspekte erklärend hervorheben.Unser Staat funktioniert nach folgenden 3 Grundsätzen:� Der Staatshaushalt muss in den Einnahmen und den Ausgaben mindestens ausgeglichen sein. Elevia

darf keine Staatsschulden aufnehmen, damit nach Staatsschluss keine Folgekosten auf die Bürgerin-nen und Bürger zukommen.

� Der Staat muss gewährleisten, dass kein Bürger und kein Betrieb von Elevia nach Staatsschluss ohneeigenes Verschulden wirtschaftliche Verluste erleidet. Der Staat muss stark sein und Gewinne erwirt-schaften, damit der Starke für den Schwachen einstehen kann.

� Jeder (Betrieb) muss nach seiner Wirtschaftskraft besteuert werden und unser Steuersystem muss soeinfach verständlich sein, dass auch unsere jüngeren Bürger damit umgehen können.

Dazu brauchen wir unsere Steuereinnahmen!

Um diesen Grundsätzen gerecht zu werden und aufgrund der Erfahrungen, die andere Schulstaaten aufdiesem Gebiet machen konnten, haben wir uns dazu entschieden, nicht den Gewinn sondern den Umsatzder Betriebe zu besteuern. Dieses Steuersystem wurde immer wieder seit Anfang des Jahres auf Be-triebsleiterversammlungen publik gemacht.Der bisherige Verlauf unseres Staates hat uns aber auch gezeigt, dass dieses Steuersystem bestimmteBetriebe begünstigt, andere jedoch stärker belastet. Dazu gehören Betriebe mit geringem Umsatz sowieBetriebe mit hohen Investitions- und Materialkosten. Dieses Ungleichgewicht soll durch eine flexible Be-steuerung im Einzelfall ausgeglichen werden. Dies bedeutet: sorgfältig begründete Anträge auf Steuerer-mäßigung oder -erlass können ab sofort beim Finanzministerium in schriftlicher Form abgegeben werden.Nach Prüfung der Unterlagen entscheidet das Ministerium über eine Steuerminderung.Darüber hinaus setzt sich meine Regierung zum Ziel die Staatsausgaben, insbesondere die Personalaus-gaben, sowie die Steuerbelastung für die Wirtschaftsbetriebe zu senken. Dazu wird in der nächsten Par-lamentssitzung, die im Anschluss an diese Regierungserklärung stattfindet, ein Gesetzentwurf von meinerRegierung eingebracht. Dieser hat zum Inhalt:

� Senkung der Beamtengehälter von 2 EL auf 1EL;� Senkung der einheitlichen Umsatzsteuer von 25% auf 20%;� Prämien für einzelne Betriebe, die besonders originelle Geschäftsideen haben oder sich besonders

für das Gemeinwohl einsetzen.

Dieses MEHR in den Taschen der überwiegenden Mehrheit der Staatsbürger dient dem Wohl aller!!!

Philip Hauber, Regierungschef von Elevia

Regierungschef Philip Hauber

Page 50: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

50

M 11

Staatshaushalt

I. EinnahmenStartkapital pro Schüler / Leh-rer

2 DM x 8401.680,00 DM

Visagebühren für ausländi-sche Besucher

2 DM x 10002.000,00 DM

Sponsorengelder zugesagt: 1200 DM1.200,00 DM

Verkauf des Programmhefts 1 DM x 500500,00 DM

Steuern 1. Tag: 914,00 DM2. Tag: 2.368,50 DM3. Tag: 2.047,50 DM 5.330,00 DM

Gesamt:_________________

10.710,00 DM

II. AusgabenBeamtengehälter:- Außenministerium- Innenministerium- Arbeitsministerium- Finanzministerium- Wirtschaftsministerium- Kulturministerium- Sportministerium- Umweltministerium- Staatspräsident- Infozentrale

2 EL/Std x 22 Pers. x 3 Tage2 EL/Std x 24 Pers. x 3 Tage2 EL/Std x 08 Pers. x 3 Tage2 EL/Std x 14 Pers. x 3 Tage2 EL/Std x 20 Pers. x 3 Tage2 EL/Std x 12 Pers. x 3 Tage2 EL/Std x 06 Pers. x 3 Tage2 EL/Std x 84 Pers. x 3 Tage2 EL/Std x 06 Pers. x 3 Tage2 EL/Std x 09 Pers. x 3 Tage

528,00 DM576,00 DM192,00 DM336,00 DM480,00 DM288,00 DM144,00 DM

2.016,00 DM144.00 DM216,00 DM

Richtergehälter: 15 EL/Tag x 3 Pers. x 3 Tage135,00 DM

Ministergehälter: 15 EL/Tag x 8 Pers. x 3 Tage360,00 DM

Regierungschef: 15 EL/Tag x 1 Pers. x 3 Tage45,00 DM

Staatspräsident: 15 EL/Tag x 8 Pers. x 3 Tage45,00 DM

Parlamentspräsident: 15 EL/Tag x 8 Pers. x 3 Tage45,00 DM

Abgeordnetendiäten: 2 EL / Sitz. x 32 Pers. x 3 Tage384,00 DM

Kulturetat: ½ EL /> ½ h Aufführung / Pers.1 EL / < ½ h Aufführung / Pers. 400,00 DM

Geschirrmobil: Miete: 480,00 DMGeschirr: 250,00 DM 730,00 DM

DRK: 40 DM x 2 Pers. x 2 Tage160,00 DM

Stromkosten:500,00 DM

Sonstiges:- Geschenke- Staatsessen- Staatsbesuch- Doku / Film- Versicherung

200,00 DM40,00 DM10,00 DM48,00 DM

100,00 DM 398,00 DM

Gesamt:__________________

8.130.00 DM

Page 51: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

DER BEREICH KULTUR UND GESELLSCHAFT

51

Clauß Peter Sajak

Der Bereich Kultur und Gesellschaft

Dr. Clauß Peter Sajak, StR, ist Lehrer für Katholische Religionslehre, Deutsch und Philosophie am Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium Heilbronn. Er unterrichtet auch das neu eingerichtete Seminarfach und be-treut als Verbindungslehrer die Schülermitverantwortung.

1. Einführung

Kultur und GesellschaftAuch wenn eine demokratische Verfassung, dasZusammenspiel von Parlament und Regierungsowie eine florierende Wirtschaft die unabdingba-ren Voraussetzungen für einen funktionierendenStaat sind, so wird die Lebensqualität in diesemmaßgeblich über die kulturellen Angebote undMöglichkeiten definiert. Das ist im „Schulstaat“nicht anders als in der Wirklichkeit. Von den Pro-jekttagen werden die meisten Bürger die Theater-aufführungen, Kinobesuche, Konzerte, Sportveran-staltungen und Ausstellungen im Gedächtnis be-halten. Das Leben im Staat wird entsprechend nachder Fülle wie auch nach der Qualität der Freizeit-angebote gemessen werden. Entsprechend ist eswichtig, neben der zu erwartenden Vielzahl anCafés, Bars und Restaurants auch kulturelle odersportliche Angebote bieten zu können. Schließlichlebt der Mensch nicht nur „vom Brot allein“.

Neben diesem spielimmanenten Aspekt erfüllt dasKulturleben im Schulstaat eine zweite wichtigeFunktion. Kulturelle Aktivitäten sind eine unver-zichtbare Option für die Lehrer und Schüler, diedem wirtschaftlichen Treiben in den Unternehmeneher skeptisch gegenüberstehen. Gerade die immusischen und sportlichen Bereich begabten Bür-ger können durch die Gestaltung eines umfangrei-chen kulturellen Programms ihre Kreativität mitEngagement einbringen, ohne sich als Unterneh-mer oder Angestellte dem von ihnen kritisch be-werteten „kapitalistischen“ System andienen zumüssen.Um den Künstlern ein Auskommen zu sichern, dasihnen zur Lebensgrundlage im Staat dienen kann,ist in unserem Fall für alle Künstler eine staatlicheAlimentierung eingeführt worden. Allerdings wur-den diese „Bezüge“ nicht täglich (wie bei denelevianischen Beamten), sondern nur in Verbin-dung mit durchgeführten Aufführungen ausge-zahlt. Sportler finanzierten sich allein durch dieTurniereinnahmen.

Ein dritter Aspekt ist die repräsentative Funktionder Kultur. Das Gelingen der Staatspräsentation anden Besuchertagen ist fundamental von einemvitalen Kulturleben abhängig. Das beginnt mitChor und Orchester, die den Staatsakt mitgestal-ten, und reicht bis zu Kino-, Theater- und Sport-programm, das die Besucher wahrnehmen wollen.

RechtZum Bereich der Kultur haben wir auch den Be-reich der Rechtsprechung gezählt. Zum einen istdie Ausgestaltung eines rechtsstaatlichen Justiz-systems eine bedeutende Leistung im Sinne einerpolitischen Kultur, zum anderen erfreuten sich dieöffentlichen Sitzungen des Gerichtes in unseremSchulprojekt einer solch großen Beliebtheit, dassman sie durchaus als kulturelles Angebot verstehenkann.

ÖffentlichkeitsarbeitFür Kultur und Gesellschaft ist auf einer Meta-ebene auch die Gruppe Öffentlichkeitsarbeit zu-ständig. Diese Arbeitsgruppe zeichnet für die In-formation der Schulöffentlichkeit (Schülerschaft,Lehrerkollegium, Schulleitung und Elternvertreter)wie auch für den Kontakt zur außerschulischenÖffentlichkeit (Lokalzeitung, Rundfunk, TV, Bür-germeisteramt, Stadtrat, Oberschulamt, Kultusmi-nisterium) verantwortlich. Auch die Akquise vonfinanzkräftigen Sponsoren aus der lokalen Wirt-schaft sowie die Gestaltung eines Programms fürdie Tage der offenen Tür gehört zu den Aufgabendieser Gruppe. Entsprechend liegt sowohl eingroßer Teil der finanziellen Verantwortung wieauch der Schlüssel für die Wahrnehmung undAkzeptanz des Projektes in Schulöffentlichkeit wieKommune in den Händen dieser Schüler und Leh-rer.

2. Kommentar zu den Materialien

Die folgenden Materialien sollen helfen, das kultu-relle Leben im Staat zu organisieren. Auch für denBereich der Kultur gelten verschiedene Tipps undTricks. Das bedeutet zu allererst, dass bereits inder frühen Planungsphase des Projektes eine Ar-beitsgruppe „Kultur“ eingerichtet werden sollte, in

Page 52: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

52

der ein betreuender Lehrer mit einer Gruppe enga-gierter Schüler eine langfristige Planung des Kul-tur- und Sportprogramms (und eventuell desRechtssystems) angeht. Parallel dazu muss dieGruppe Öffentlichkeitsarbeit versuchen, dieSchulgemeinde durch überzeugende Informationund Präsentation von dem Projekt zu überzeugen.In einer späteren Phase, wenn das Projekt läuft,wird vor allem die Zusammenarbeit mit den örtli-chen Medien und Politikern zu den Aufgabendieser Gruppe gehören (M 1 – M 2).

Die Aufstellung der weiteren Materialien orientiertsich an der bisher verwendeten Gliederung: AmAnfang stehen die Materialien für die Einrichtungund Arbeit einer Kulturarbeitsgruppe (M 3 – M 6),dann folgt die Rechtsordnung für den juristischenBereich (M 7), Materialien für den Staatsakt (M 8– 10) und schließlich die wichtigsten Hilfsmittelder Gruppe Öffentlichkeitsarbeit (M 11 – 13).

Die Protokolle zu den Arbeitsgruppen „Kultur“und „Öffentlichkeitsarbeit“ (M 3 und M 12) sollenbeispielhaft zeigen, welche Themen und Aufgabendie Vorbereitungsgruppen zu leisten haben und inwelcher Form diese Treffen zur Information allerfestgehalten werden sollten. Es ist sinnvoll, einenSchriftführer für das Gesamtprojekt auszuwählen,bei dem alle Arbeitsgruppenprotokolle eingereichtwerden und der diese vervielfältigt, sammelt undan Verantwortliche (betreuende Lehrer, Verbin-dungslehrer, Schulleitung) weiterleitet.

Drei Monate vor Beginn der Projekttage werden inallen Klassen Anmeldebögen für kulturelle Veran-staltungen ausgegeben, auf denen Schüler ihregeplanten Veranstaltungen anmelden sollen (M 4;vgl. auch M 14). Die Bögen sollten rechtzeitig(hier: 6 Wochen) vor den Projekttagen eingesam-melt und von der Kulturgruppe ausgewertet wer-den. Als Ergebnis kann die Kulturgruppe danneinen Kulturkalender für die Projekttage vorlegen,in dem sie die verschiedenen Veranstaltungenkoordiniert (M 5).

Eine große Bereicherung für das kulturelle wiegesellschaftliche Leben des Staates ist das regel-mäßige Erscheinen einer Tageszeitung (M 6).Diese wird wie alle anderen Betriebe als Unter-nehmen geführt und finanziert sich aus Werbeein-nahmen und den Verkaufserlösen. Allerdings kannhier der Staat Subventionen vornehmen, schließ-lich geht es um ein Anliegen aller. So durfte imRahmen unseres Projektes das Zeitungsteam dieKopierer der Schule kostenlos benutzen. Auch eineSenkung der Umsatzsteuer ist wie in der Realitätmöglich.

Die Rechtsprechung im Staat „Elevia“ wurde voneiner vierköpfigen Kammer durchgeführt, dem je

ein Richter aus Unter-, Mittel- und Oberstufe so-wie ein Vertreter des Kollegiums angehörten.Diese Gruppe wurde durch das Parlament nachSelbstvorschlag ausgewählt und bestätigt. DieSammlung der „Allgemeinen Grundsätze derRechtsprechung“, eine Art Verfahrensordnung, dievon den Richtern im Vorfeld erarbeitet wurde (M7), enthält die wichtigsten Grundprinzipien, aufderen Basis im Bereich der Judikative verhandeltund entschieden wurde.

Natürlich gehören zu einem Staatswesen auchidentitätsstiftende Insignien und Symbole, wieetwa die Fahne (M 8), eine Nationalhymne (M 9),komponiert von einem Musikkollegen, und einStaatspräsident als offizieller Repräsentant desStaates. Letzterer war besonders im Rahmen derStaatsakte, also der feierlichen Eröffnung desStaates, bei welcher der Schulschlüssel symbolischaus den Händen der Schulleitung in die Hände desPräsidenten überging, und bei der „Staatsschlie-ßung“ am letzten Tag gefordert: M 8 zeigt dieRede des Präsidenten anlässlich der Staatseröff-nung.

Wie in den Grundsätzlichen Überlegungen zumProjekt erwähnt, ist das Gelingen der Projekttageauch von der Arbeit der Öffentlichkeitsgruppeabhängig. Wichtig ist hier, die Schulöffentlichkeitdurch Werbeaktionen oder Rundschreiben (M 11)zu informieren. Das Plakat mit den „FAQs“ derSchulgemeinde, also den „Frequently AskedQuestions“, wurde im Foyer, im Kopierraum undam Schwarzen Brett ausgehängt, sodass eine mög-lichst breite Schulöffentlichkeit erreicht werdenkonnte. Es findet sich in den GrundsätzlichenÜberlegungen unter „Was ich schon immer über„Schule als Staat“ wissen wollte ...“ (M 6).

Zur Aufgabe dieser Gruppe gehörte auch Sponso-renakquise und der Kontakt mit interessiertenPersönlichkeiten des öffentlichen Lebens. So hatdie Kultusministerin einen Beitrag für das Pro-gramm verfasst, Bundestagsabgeordnete undStadträte aller demokratischen Parteien konnten alsEhrengäste zum Staatsakt begrüßt werden. Ver-schiedene Banken und Dienstleister konnten alsSponsoren für die Tage der offenen Tür geworbenwerden. All dies setzt eine rege Korrespondenztä-tigkeit voraus, als deren typisches Beispiel einAnschreiben an Frau Dr. Schavan angefügt ist (M13).

Page 53: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

SCHULLEITER

53

3. Materialübersicht

M 1 Checkliste der Gruppe Öffentlichkeit / DokumentationM 2 Checkliste der Gruppe KulturM 3 Protokoll der Kultur-ArbeitsgruppeM 4 Anmeldebogen für KulturveranstaltungenM 5 Endgültiges KulturprogrammM 6 Ausgabe der „Elysia daily“M 7 Grundsätze der RechtsprechungM 8 FlaggeM 9 HymneM 10 Rede des PräsidentenM 11 Info-Schreiben an das KollegiumM 12 Protokoll der Öffentlichkeitsarbeit-GruppeM 13 Musterbrief an Förderer- und Sponsoren, hier: Die KultusministerinM 14 Eindrücke vom kulturellen leben im Staat Elevia

4. Materialien

M 1

M 2

Gruppe Öffentlichkeit / Dokumentation

� Kompetente Mitarbeiter engagieren, die die Schülermasse überdas Projekt umfassend informieren können!

� Informationsfluss garantieren (Protokolle schreiben / weiterleiten)!� Sponsoren für Projekt und Programmheft suchen!� Rechtzeitige Einladung/Kontakt zu Ehrengästen (Bürgermeister,

Stadträte, Landtags- und Bundestagsabgeordnete);� Programmheft erstellen und Kosten kalkulieren (Programmpreis mit

dem Eintrittspreis für Besucher verrechnen!);� PR- Maßnahmen für das Projekt: Zeitungen und Rund-

funk/Fernsehen einladen!� Internet-Homepage pflegen!� Mitarbeiter für die Dokumentation auswählen!� Überlegen, wie die Dokumentation gestaltet werden kann (Fotos,

Video etc.)!� Ordner anlegen, in dem sämtliche Unterlagen gesammelt werden.

Gruppe Kultur

� Den Bürgern deutlich machen, dass Kultur und Sport für die Att-raktivität des Staates (v.a. für Besucher) wichtig sind => Schwer-punkt darf nicht allein auf Wirtschaftsbetrieben/Geldverdienenliegen.

� Lehrer motivieren, Kulturbeiträge mit Klassen einzustudieren!� Sportturniere (Olympiade, Fußballturnier o.ä.) organisieren!� Evtl. Subvention von Kulturbeiträgen (Gage an Künstler, z.B. 1

DM pro Aufführung);� Während der Durchführung des Projektes Kultur und Sport ent-

sprechenden Stellenwert zumessen (Zeitplan, Räumlichkeiten,Kollisionen mit Parlamentssitzungen und Gerichtsverhandlungen)wenn möglich vermeiden)

Page 54: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

54

M 3

Protokoll der Kultur-Arbeitsgruppe

Projekt Schule als Staat

Gruppe Kultur/SportTreffen vom: 20. 12. 1999

Anwesende Schüler und Lehrer: Bettina F., Anja B., Sonja B., Andrea F.-A.,

Bettina M. , Patrick G., Pascal K., Anna B., Annette B., Pia B., Fr. S und Fr. R.

Fehlende Personen: Philipp K.

1. Neubearbeitung des Lehrer- und Schülerbriefs, in dem zu kulturellem

Engagement aufgefordert wird. (-> Andrea und Bettina)

2. Kulturbriefkasten muss gebastelt und gebaut werden (-> Pascal)

3. Kooperation mit Chor und Orchester muss aufgebaut werden (-> Bettina)

4. Nächstes Treffen: Donnerstag, 13. Januar 2000

Für das Protokoll: Pia B.

Page 55: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

SCHULLEITER

55

M 4

Anmeldebogen für Kulturveranstaltungen

Freie Republik EleviaMinisterium für Kultur und Sport

_____________________________________________________________________________

Anmeldung einer kulturellen Veranstaltung in Elevia

Teilnehmerzahl (gesamt):

davon keine Bürger von Elevia:

verantwortlicher Ansprechpartner:

Klasse:

Häufigkeit der Aufführung während desProjekts (Do – Fr – Sa)

Häufigkeit der Aufführung pro Tag:

Dauer der Aufführung:

Zeitpunkt der Aufführung (Wunsch)

Ort der Aufführung (Wunsch)

Titel der Vorführung:

Wir bitten um eurer Verständnis, dass ihr schon wieder ein Formular von uns bekommt, aber wir brau-chen noch genauere Angaben von euch für unsere Planung und unsere Finanzkalkulation.

Danke für eure Mithilfe!!!

Euer Sport- und Kulturteam

Abgabetermin: 15.5.2000 – SMV-Briefkasten

Page 56: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

56

M 5

Endgültiges Kulturprogramm

Der Elevia-Kulturkalender

DonnerstagUhrzeit Titel / Art Verantwortlich Dauer Ort10.00 Hockeymanie Daniel B., Kl. 10c 2 h Betonplatz11.00 Jazzdance Fr. L., Kl. 11d 1 h Bühne außen12.00 The Canterville Ghost Fr. E., Kl. 6 30 min Aula

FreitagUhrzeit Titel / Art Verantwortlich Dauer Ort10.00 – 12.00 Hockeymanie Daniel B., Kl. 10c 2 h Betonplatz11.00 – 11.20 Der Kobold in der

MühleFr. S., Kl. 5e 20 min Theaterraum

12.00 – 12.15 Gogol – Mogol Fr. S., Kl. 9b 10 min Bühne innen12.30 – 12.45 English Sketches Fr. H./Fr. F., 7c 10 min 214/21513.00 – 15.00 Miss/Mr. Elevia-Wahl Pia B. 2 h Brunnen außen

Jazz-Dance Fr. L., 11d 30 min Bühne außenTeletubbies Urte D., 10c 20 min Bühne außenTanz-Aufführung Anna H., 5e 15 min Bühne außenRumba-/Jive-Formation Stephan B., Nadine R., 10c 10 min Bühne außenJazz for Fun Hr. B. 20 min Bühne außen

15.00 – 17.00 Hockeymania Daniel B., 10c 2 h Betonplatz17.00 – 18.00 Come together Fr. G., 8a 1 h Bühne innen

SamstagUhrzeit Titel / Art Verantwortlich Dauer Ort10.30 – 10.45 English Sketches Fr. H./Fr. F. 10 min 214/21511.00 – 11.20 Staatsakt:

EröffnungFr. H./Hr. W., Hr. H.Chor und beide Orchester

1 h Hof

12.00 – 13.00 Basketball-Turnier Tobias H., Kl. 12 2 h Hartplatz12.00 – 14.00 Hockeymania Daniel B., 10c 2 h Betonplatz13.30 – 13.50 Der Kobold in der

MühleFr. S., Kl. 5. 20 min 001

14.00 - 14.15 English Sketches Fr. H./Fr. F., 7c 15 min 00114.15 – 15.15 Schultheater Hr Dr. S./Anja L. 1 h 00114.15 – 14.30 Balken über alles Marielle S., Kl. 10c 15 min Turnhalle14.35 – 14.45 Teletubbies Urte D., Kl. 10c 10 min Turnhalle14.45 – 14.50 Tanz Anna H./Emilia S, 5e. 5 min Turnhalle14.55 – 15.00 Rumba-/Jiveformation Stephan B, Nadine R., 10c 20 min Turnhalle15.30 – 16.00 The Canterville Ghost Fr. E, Kl. 6 30 min 00116.30 – 17.30 So schön war die Zeit Hr. Dr. J., Heiko K., 12 1 h 00117.00 – 18.00 Come together Fr. G., Kl. 8a 1 h Fußballplatz18.00 – 18.30 Staatsakt

„Staatsschließung“Fr. H./Hr. W., Hr. H.Chor und beide Orchester

30 min Hof

Viel Vergnügen!

Page 57: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

SCHULLEITER

57

M 6

Ausgabe der „Eylsia daily“-Zeitung

Page 58: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

58

Page 59: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

SCHULLEITER

59

M 7

Grundsätze der Rechtsprechung

Page 60: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

60

M 8

Flagge des Staates Elevia

M 9

Hymne des Staates Elevia (Text und Melodie: Alexander Bertsch)

Page 61: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

SCHULLEITER

61

M 10

Rede des Staatspräsidenten beim Staatsakt

Sehr geehrte Gäste, liebe Elevianer,

seit nunmehr drei Tagen blüht und gedeiht unser Staat ELEVIA.Nach der anfänglichen Hektik und Aufregung bei Planung undAufbau ist nun eine gewisse Routine eingekehrt, allerdings einesehr geschäftige Routine. Wer am gestrigen Tag oder heuteMorgen über die Außenanlage oder über die Flure unsererSchule geschlendert ist, der wird sicher von der Vielfalt auf un-serem Jahrmarkt der Kreativität begeistert gewesen sein.

Was hat unser Staat nicht alles zu bieten:Cafés und Bars, Restaurants und Waffelstände, Tanzschulenund Diskotheken.Da gibt es amerikanisches Fast-Food-Essen, italienische Pizze-rien und sogar ein russisches Café.Überhaupt hat sich in den Grenzen unseres Staates eineDienstleistungskultur etabliert, von der andere Staaten nurträumen können. Zu diesem Angebot gehört auch eine großeAuswahl von kulturellen Veranstaltungen, so z. B. verschiedeneTheateraufführungen, Konzerte, Tanzveranstaltungen, Lesungenund sogar eine Modenschau.

Besonders den Aktiven im Kulturbereich will ich an dieser Stelleausdrücklich meinen Dank aussprechen. Gerade sie bemühensich, die Sache der Kunst um ihrer selbst Willen zu betreiben.

Page 62: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

62

Am heutigen Tag freue ich mich besonders über unsere vielenGäste. Ich begrüße ganz herzlich unsere Eltern und Freunde so-wie die Förderer, die zum einen einzelne Betriebe direkt unter-stützt haben, zum anderen dem Staat insgesamt unter die Armegegriffen haben. Hier sind vor allem die ZEAG, dieKreissparkasse Heilbronn, das Autohaus Assenheimer-Mulfingerund AUDI Neckarsulm zu erwähnen.

Des weiteren möchte ich unsere Ehrengäste begrüßen:den Bundestagsabgeordneten Dr. Thomas Strobl,die Landtagsabgeordneten aus Heilbronn und Umgebung,die Mitglieder des Heilbronner Stadtrats,aber auch die ehemaligen Lehrer und Schüler.

Ich hoffe, gerade Sie bekommen wenigstens einen kleinen Ein-druck von der Fülle der demokratischen Prozesse, die in unse-rem Projekt ganz praktisch gelebt und umgesetzt werden. Wirhaben ein äußerst effizient arbeitendes Parlament, eine unab-hängige Rechtsprechung und eine Vielzahl von engagierten Gre-mien in der Exekutive, wie zum Beispiel den Zoll, die Polizei, denWirtschafts- und Umweltkontrolldienst.

Ich denke, wir können an dieser Stelle bereits das Fazit ziehen,dass wir Bürgerinnen und Bürger von ELEVIA in diesen Tagenalle viel gelernt haben. Wir haben ganz neue wertvolle Erfahrun-gen aus den Bereichen der Politik und Wirtschaft gemacht. Er-fahrungen, die so in einem rein theoretischen Unterricht nichtzu vermitteln gewesen wären. Deshalb glaube ich, dass unabhän-gig von wirtschaftlichen und finanziellen Gewinnen der Betriebeunser Staat ein voller Erfolg ist.

Allen, die durch ihr Engagement dazu beigetragen haben, sageich herzlich Dank!

Es lebe ELEVIA !

Page 63: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

SCHULLEITER

63

M 11

Infoschreiben an das Kollegium

Page 64: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

64

M 12

Protokoll der Öffentlichkeitsarbeit-Gruppe

Projekt Schule als Staat

Gruppe Öffentlichkeitsarbeit

Treffen vom: 14. Januar 2001

Anwesende Schüler u. Lehrer: Diana S., Jenny S., Christine M., Lina S. Viktoria L. Dr. S.

Fehlende Personen: Teresa G., Nicole M.

1. Rückblick: Stimmung in der Schule

2. Weitere Aufgaben:

a. „Verfassungshappening“ soll als Zusammenfassung im Mai veranstaltet werden.

b. Handzettel mit den wichtigsten Stichworten zur Verfassung wurden von Diana

vorgestellt und einstimmig angenommen. Sie sollen im März verteilt werden.

c. Handzettel werden am 28. Januar 2000 über die Klassenlehrer ausgegeben.

Tippen: Jenny, Kopieren: Diana

d. Briefkopf wird von Jenny erstellt

e. Mittwoch, 19. Januar 2000, große Pause: Happening. Filmdokumentation wird an

Externe delegiert:

Helga D. und Christian S.

3. Nächstes Treffen: Donnerstag, 27. Januar 2001, 13.05 Uhr

Für das Protokoll: Christine M

Page 65: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

SCHULLEITER

65

M 13

Musterbrief an Förderer, hier Kultusministerin Dr. Schavan

Page 66: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRAKTISCHE DURCHFÜHRUNG

66

M 14

Eindrücke vom kulturellen Leben in Elevia

Blechbläserquartett – Jazztanz – Modenschau

Page 67: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

SCHULLEITER

67

Hans-Ulrich Dollmann

Ein Blick zurück:Wie ein Schulleiter „Schule als Staat“ erlebt hat

Hans-Ulrich Dollmann, OStD, ist seit 1988 Schulleiter des Elly-Heuss-Knapp-Gymnasiums in Heilbronn.Während des Projektes „Schule als Staat“ übergab er die Hausmacht an den elevianischen Staatspräsi-denten...

Schuljahresende: Schul- und Sportfeste, Aktions-und Projekttage werden landesweit in den Schulenveranstaltet, um die letzten Tage vor den Feriensinnvoll zu gestalten oder ein besonderes Erlebnisfür die gesamte Schulgemeinde zu schaffen.Meistens steht der Spaß- und Unterhaltungswertdabei im Vordergrund, daran werden diese Veran-staltungen schließlich auch gemessen.

„Schule als Staat“ hat dabei von vornherein eineandere Dimension und Dignität. Demokratie undStaatsaufbau erleben, zeigt einen Anspruch aufNachhaltigkeit, einen Lerneffekt für den Einzelnenund Auswirkungen auf das Gemeinwesen Schule.Die Frage lautet also ganz einfach: Was hat dasGanze denn gebracht ?

Um es gleich vorweg zu sagen: Es war wirklicheine ganz großartige Veranstaltung, die mit jedemTag an Spannung und Lebendigkeit gewonnen hat,vielleicht auch deshalb, weil sich im Laufe der Zeitimmer mehr Besucher einstellten, die den Staat zueinem richtigen Fest werden ließen.

Ganz besonders beeindruckend war dabei, dass dieSchüler in vielen Bereichen eine große Selbststän-digkeit an den Tag legten und die Hilfestellungvon Seiten der Lehrer oft gar nicht so stark sicht-bar wurde, obwohl auf diese in vielen Bereichennatürlich nicht verzichtet werden konnte. VieleSchüler haben, weil sie eben gefordert waren,Höchstleistungen gebracht und große Arbeitspen-sen verrichtet. Von der oft so typischen Schüler-mentalität, dass man sich so schnell wie möglichaus dem Staube macht, wenn etwas in Arbeit aus-artet, war vielerorts nichts mehr zu spüren. DieArbeit, die getan werden musste, wurde eben erle-digt.

Am meisten hat mich jedoch die Ernsthaftigkeitbeeindruckt, mit der Staat „gespielt“ wurde. Dasbegann schon mit der Kleiderordnung, die sich dieOffiziellen des Staates gegeben hatten. Kleidermachen nicht Leute, aber sie vermögen doch dieWürde eines Amtes zum Ausdruck zu bringen.Auch die Form, in der Parlamentssitzungen undGerichtsverhandlungen abgehalten wurden, gab

diesen Veranstaltungen von vornherein den not-wendigen ernsthaften Rahmen.

Erfreulich natürlich auch der Eifer, mit dem in deneinzelnen Projekten zu Werke gegangen wurde.Die Schüler mussten sich hier schon als Glied ineiner Kette wähnen, in der sie ihre Rolle zu spielenhatten. Da ging es größtenteils nicht primär umsGeldverdienen, ein Kritikpunkt, der sich ja bis zumSchluss nicht ganz ausmerzen ließ. Aber hierin wardas Projekt eben auch Spiegelbild der Wirklich-keit. Besonders erfolgreich waren die Gruppenoder Betriebe, die den ‚richtigen Riecher‘ hatten.Bei den einen zahlte sich das in klingender Münzeaus, die anderen hatten den entsprechenden Zulaufund die ideelle Anerkennung.

Überhaupt war für viele der Einblick in die Funk-tionsweise von Wirtschaft sehr wertvoll. Um ü-berleben zu können, musste etwas umgesetzt wer-den. Man nahm aber das Geld eben nicht nur ein,sondern hatte noch die Buchhaltung zu führen,Steuern zu entrichten und Gehälter auszuzahlen.Das war gerade für die Jüngeren eine sehr lehrrei-che Erfahrung.

Besonders positiv war auch das enge Zusammen-wirken von Schülern der verschiedensten Klassen-stufen. Viele neue Schulbekanntschaften konntendabei geschlossen werden, sicherlich auch alsGrundlage für einen neuen Gemeinschaftsgeist, einneues Wir-Gefühl, das nicht ohne Nachwirkungauf den kommenden Schulalltag bleiben wird.

Im Verlauf der Vorbereitungen wurde die Gruppean Aktiven zwangsläufig immer größer. Am Endekonnten viele Schüler stolz sein, etwas Besonde-res, Großartiges für die Schule auf die Beine ge-stellt zu haben und dies auch zu einem anerkanntenErfolg werden zu lassen. Hier ist auch Selbstbe-wusstsein und Selbstwertgefühl entstanden wieauch die Gewissheit, sich nicht nur in der Schule,sondern auch im praktischen Leben sinnvoll underfolgreich einbringen zu können.

Deshalb hat sich diese große Anstrengung auchgelohnt: Die Aktiven haben etwas für das Leben

Page 68: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

KRITISCHE REFLEXION

68

gelernt. Und welchen Stellenwert dies hatte, zeigtihr Bestreben, eine entsprechende Bemerkung imZeugnis dafür zu erhalten.

„Schule als Staat“ war ein langer Weg zu einemschließlich großen Ziel, das, aus dem Blickwinkeldes Schulleiters betrachtet, gleichzeitig ein loh-nendes gewesen ist.

Page 69: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

SMV-LEHRER

69

Norbert Giegling

Beobachtungen eines SMV-Lehrers:Manöverkritik

Norbert Giegling, OStR, ist Lehrer für Deutsch und Sport und war langjähriger Verbindungslehrer amElly-Heuss-Knapp-Gymnasium Heilbronn.

Aus dem Blickwinkel eines langjährigen Verbin-dungslehrers (1980 bis 1982 und 1990 bis 2000)stellte das Großprojekt „Schule als Staat“ - imVergleich zu bekannten Projektformen wie Jahres-abschluss-, Sport-, Jubiläums-, Begrüßungsfesten,Turnieren, Katastrophen-Hilfssammlungen, Schul-bällen, Schuldiscos, Weihnachts- und Kulturcafésan Schulleitung, Kollegium und Schülerschaftbesondere Anforderungen.

Erfahrungen mit Demokratie ander Basis

Außerunterrichtliche Aktivitäten verlangen dieErarbeitung inhaltlicher Aufgabenstellungen, Or-ganisationsvermögen, Teamarbeit und Ausdauer.Das Projekt „Schule als Staat“ stellt darüber hinausin hohem Maße Anforderungen an soziale Kom-petenz, Kommunikationsfähigkeit, Geduld, Durch-haltevermögen, Frustrationstoleranz und Kon-fliktlösungsstrategien.

Im Rahmen des Projektes galt es, möglichst vieleEntscheidungen basisdemokratisch von Schüler-gruppen entwickeln zu lassen: Entscheidungspro-zesse wurden von Schüler initiiert, vorangetrieben,an andere Projektgruppen weitergereicht, demPlenum vorgestellt, korrigiert und in einen opti-mierten Prozess eingearbeitet, abgeschlossen unddokumentiert.

Bei einem solchen Großprojekt wird Selbststän-digkeit und Initiative von Schülern zum Programmerhoben, was dazu führte:Schüler erleben den Organisationsalltag von Leh-rern am eigenen Leib - Lehrer begleiten Schülerbei diesem Abenteuer in ihren selbstgewähltenUmwegen, Abwegen, Irrwegen. Lehrer erleben inkomprimiertester Form das Erfahrungsspektrumvon jungen Menschen und finden sich in der Rollewieder, Schüler in Sackgassen laufen lassen zumüssen, sie herausholen zu sollen und sie mitneuem Mut auf die weitere Suche nach Selbst- undWelterfahrung entlassen zu dürfen.

Repräsentative Beispiele für die auf allen Seitenerlebten Wechselbäder der Gefühle bieten� die Regierungsarbeit in der Vorbereitungspha-

se, die über langwierige Debatten zu umset-zungsfähigen Lösungen führte: Die begleiten-den Lehrer durften sich in Geduld und Lang-mut üben und sich immer wieder bewusstwerden, dass schließlich der Weg das Ziel sei.Gleichzeitig galt es, das Ziel nicht aus denAugen zu verlieren.

� das Missverhältnis zwischen Aufwand undpolitischem Ertrag der Vorbereitungsgruppeim Wahlkampf bzw. bei der Parlaments- undRegierungswahl: Eine hochmotivierte Schü-lergruppe engagierte sich bei der Ausarbeitungder Staatsverfassung, beim Wettbewerb umStaatshymne, Staatsname, Staatswährung, beider Wahlvorbereitung, bei Unternehmens-gründungen. Im Vertrauen auf die Überzeu-gungskraft ihrer bisher geleisteten Arbeitstellten sie sich den Wählerinnen und Wählernvon Elevia zur Wahl und mussten die Erfah-rung machen, dass der adressatenbezogeneWahlkampf, der den Wähler hofiert mit Pau-senhofbeschallung, uniformierten Wahlkämp-fern, Wahlgeschenken und Entertainment vonErfolg gekrönt war - während der vernunftbe-zogene Wahlkampf, der auf Inhalte und Pro-gramm setzte, nicht in entsprechenden Wahl-ergebnissen gewürdigt wurde.

Als Verbindungslehrer - mehr noch als Deutsch-lehrer - galt es auszuhalten, dass vermittelte undpraktizierte Werte nicht den ihnen gebührendenStellenwert fanden. Auf Inhalte und Überzeu-gungskraft konnten sich die Schüler nicht verlas-sen - die besseren Menschenfänger, die talentierte-ren Entertainer, die eloquenteren Lautsprechermachten das Rennen. Schüler haben sich auf In-halte ihres Deutsch-, Gemeinschaftskunde-, Reli-gions- und Ethikunterrichts verlassen undschmerzlich erkannt, „...was die Welt im Innerstenzusammenhält“ (Goethe, Faust I).

Page 70: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

KRITISCHE REFLEXION

70

Wenn man unerbittlich kritisie-ren möchte ...

Ein Betrachter, der sich ausschließlich auf Kritikkonzentriert, könnte festhalten:� Auf Schüler- und Lehrerseite traten allgemei-

ne Erschöpfungszustände auf.� Die selbstregulierenden Kräfte, die während

des Projektes sich z.B. als Kontrolldienst fürOrdnung und Einhaltung selbstbestimmterRegeln (Sauberkeit, Lärmvermeidung) ver-antwortlich fühlten, können ihren Vorbildcha-rakter nicht unmittelbar auf das Leben nachden Projekttagen übertragen.

� Drei Tage lang wurden schulische Konfliktevon einem Schulgerichtshof unter Schülervor-sitz verhandelt und mit Autoritätsanspruch ge-klärt, außerunterrichtliches Leben von einemSchulparlament bestimmt und geregelt. Derdirekte und unmittelbare Transfer in denSchulalltag - die Institutionalisierung dieserbeiden „Staatsorgane“ - kann nicht geleistetwerden, was bei dem aufgebrachten Aufwandan Kraft und Zeit erwünscht sein könnte.

� Der basisdemokratischen Ausrichtung gemäßfolgte eine stärkere Orientierung an realen ge-sellschaftlichen Verhältnissen: Lehrerwünschten sich mehr Kultur und Geist, Schü-ler begriffen, dass Geld mit Pizza zu machenist: „Essen muss jeder - denken nicht!“

� Schüler erlebten sich als Gefangene des Wirt-schaftslebens: Zeit für die rezeptive Teilhabean Kultur und Politik gab es aufgrund vonWirtschaftszwängen und Profitstreben kaum.

� Eine unmittelbare Weltverbesserung fandnicht statt.

Gedanken eines unverbesser-lichen Optimisten ...

Ausgesprochen gelungen schien dagegen das Ge-richtswesen im schulischen Zusammenleben:� Die Bürger von Elevia konnten in der

Transparenz von Konfliktlösungen, in derunmittelbaren Nachvollziehbarkeit des Ge-richtsverfahrens, im Aufgreifen realer Kon-flikte, die einer sofortigen Lösung bedurften,in der Verbindlichkeit des Verfahrens und desMonopols des Urteilrechtes die abstrakte Di-mension von Gerechtigkeit sinnlich und kon-kret erleben. Von welchem Interesse dieseTransparenz der Gerichtsbarkeit war, zeigtesich regelmäßig an den hohen „Zuschauer-quoten“.

� Die Zeitnähe von „Vergehen“ und „Ahn-dung“, von Brechen der Regeln und Sanktio-nierung des Regelbruchs trug zu dieser Trans-parenz bei, stiftete Vertrauen in die Regelbar-

keit von Konflikten und verdeutlichte dieNotwendigkeit, Regeln einzuhalten, da beiNichtbeachtung die Sanktion auf dem Fußefolgte.

� Die Handlungskompetenz auf Seiten derSchüler, die Einordnung auch von Lehrernunter die Gerichtsbarkeit - ausgeübt vonSchülern - bedeutete nicht nur die Umkehr derüblichen Rollenzuweisungen, sondern ver-pflichtete die Schüler zu Eigenverantwortungund Selbstbestimmung - immer auf der Ebene,sich dem Volk von Elevia und der veröffent-lichten Meinung in der „Elysia daily“ stellenzu müssen.

Um diesen positiven Kreislauf zu verdeutlichen,zwei Beispiele:� Ein Nahrungsmittelbetrieb wurde nach Anzei-

gen durch den Wirtschaftskontrolldienst sym-bolisch bestraft wegen fortgesetzt unzurei-chender Hygiene.

� Im Streit um ein Bühnenbild zwischen Kolle-gen wurde erfolgreich in einem Vergleichvermittelt, auf die Hierarchie Lehrer - Schülerwurde in der während der Durchführung desProjektes zugeteilten Rollendefinition nichtRücksicht genommen. Lehrer hatten sich als„Delinquenten“ vor den kritischen Augen derSchüler als „Gesetzeshüter“ zu verantworten.

Das gesamte Projekt wurde prozessorientiertdurchgeführt und ging damit über die reine Ergeb-nisorientierung hinaus: Der Weg war das Ziel!Aber selbstverständlich war auch das Ankommendas Ziel. Eine engagierte Schülerelite gewanneinen großen, intensiven Erfahrungszuwachs inintellektueller, emotionaler und sozialer Hinsicht.Die Zusammenarbeit mit außerschulischen Institu-tionen und Unternehmen - örtliche Kreissparkasse,Industrie- und Handelskammer, Jugendgemeinde-rat Heilbronn - gab Schülern innerhalb ihrer Rollendie Bestätigung, ernst genommen zu werden undals gleichberechtigte Geschäftspartner Verant-wortung tragen zu dürfen und zu können.

Am Rande bemerkt

Innerhalb des Drei-Tage-Events konnten Staats-bürger und Staatsgäste in einer kulturellen „Rand-zone“ der Schule ein Alternativprojekt erleben,erfühlen, ertasten, erhören.Unter der Leitung weniger Lehrer fanden sichSchüler zusammen, um einen Ruhepol, eine „Aus-zeit“, einen Meditationsort, eine Rückzugsmög-lichkeit anzubieten. Phantasiereisen, „Dada - Fil-me“, „Unsinn - Sinn - Tiefsinn - Gedichte“, Apho-rismen, Installationen, Skulpturen, Malerei, Musik,Gespräche entführten den Besucher aus den Wirt-schafts-, Konsum- und Politikzwängen in daszwecklose Reich der Träume und Poesie.

Page 71: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

SMV-LEHRER

71

Ich bedauere als Verbindungslehrer, als Deutsch-lehrer, ich bedaure als Menschenfreund, dass die-ser Bereich sozialer und emotionaler Kompetenz,diese sinnstiftende Facette menschlichen Lebenseine zu geringe Aufmerksamkeit erfahren hat.

Was bleibt?

... das erhebende Gefühl auf allen Seiten, nacheinem Jahr Teamarbeit ein großartiges Projektverwirklicht zu haben;... die Anerkennung der hohen Professionalitäteiner Schülerelite;... die Frage, inwieweit gemeinsam Erlebtes denzukünftigen Schulalltag und Schulgeist bestimmt.Aber auch:... die Erkenntnis, dass Schüler, die sich erfolgreichfür das Projekt engagiert haben und sich im Wis-sen um ihre Arbeit im folgenden Schuljahr alsSchülersprecher zur Wahl stellten, nicht gewähltwurden. Herausragende Einzelleistungen wurdenvon der Schülervollversammlung nicht gewürdigt.

Auf Schüler- wie auf Lehrerseite mussten Rollenneu gefunden und abgegrenzt werden, auf demGrat zwischen „Arbeit um des Projektes Willen“und „Engagement um der Selbstdarstellung Wil-len“ durften alle balancieren.

Die anfänglichen Bedenken auf allen Seiten, sichmit dem Projekt zu übernehmen, wurden durch diePraxis, durch Willens- und Kraftanstrengung wi-derlegt. Schüler waren die Hauptakteure - wirLehrer wussten, wenn etwas schief geht, wird diesauf uns zurückfallen.

Wir können aufatmen, der errungene Erfolg gehörtallen.

Page 72: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

KRITISCHE REFLEXION

72

Page 73: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

SCHÜLERBEOBACHTUNGEN

73

Katja Fiedler / Stefanie Kaiser / Lisette Keller

Schülerbeobachtungen:Das Projekt „Schule als Staat“

Katja Fiedler, Stefanie Kaiser und Lisette Keller sind Schülerinnen des Elly-Heuss-Knapp-GymnasiumsHeilbronn. Sie besuchten zum Zeitpunkt des Projekts die 10. Klasse.

Vom 19. – 22. Juli 2000 verwandelte sich unsereSchule in den Staat „Elevia“. Die Idee für diesesProjekt hatte die SMV im Herbst 1999. Schon baldwar das Grundgerüst des Staates fertiggestelltsowie Staatsflagge, Hymne und Namen des Geldesfestgelegt. Die zur Wahl stehenden Parteien war-ben um die Gunst der Schüler.

Für alle die Schüler, die nicht schon vorher inArbeitsgemeinschaften engagiert waren, beganndas Projekt im März 2000 mit den Präsident-schafts- und Parlamentswahlen und der Aufforde-rung Betriebe zu gründen. Von diesem Zeitpunktan waren nicht alle, aber doch viele Schüler eifrigdabei ihre Gedanken und Ideen in den Staat mit-einzubringen. Das Ergebnis waren ca. 70 Betriebe,die von den Schülern selbst organisiert werdenmussten. Dazu gehörten die Erstellung von Mitar-beiterlisten und die Kalkulation von Einnahmenund Ausgaben. Nachdem all diese Vorbereitungengetroffen waren, konnte das Projekt „Schule alsStaat“ beginnen.

Der erste Tag diente zum Aufbau und zur Ein-richtung der Betriebe. Die Schüler ließen ihrerPhantasie freien Lauf und gestalteten die sonst solangweilig wirkenden Klassenzimmer sowie dasrestliche Schulgebäude in wenigen Stunden zueinem ansehnlichen Staat um. Das Treppenhausund die Gänge wurden mit zahlreichen Werbepla-katen der Betriebe tapeziert. Das große Engage-ment aller Beteiligten zeigte, wie viel uns allendaran lag, dass aus dem Staat „Elevia“ ein gelun-genes Projekt wird.

Der zweite Tag war als Probedurchlauf gedacht. Erbegann mit der feierlichen Eröffnung des Staatesund der Schlüsselübergabe durch unseren DirektorHerrn Dollmann an den Staatspräsidenten TobiasHartmann. Diese Geste demonstrierte das großeVertrauen, das Herr Dollmann gegenüber den fürdas Projekt verantwortlichen Schülern hatte. Da-nach nahmen die Betriebe ihre Arbeit auf undkonnten schon bald ihre ersten Einnahmen ver-zeichnen. Des weiteren diente dieser Tag als Gene-ralprobe für die Tanz- und Kulturveranstaltungen.

Viele Unternehmen mussten am Ende des Tageseinsehen, dass es gar nicht so einfach war, einenBetrieb erfolgreich zu führen. Man nahm sichdeshalb vor, an den folgenden Tagen einige Dingebesser zu machen, zumal am dritten und viertenTag die Tore für die Besucher geöffnet wurden.

Jeder Besucher musste an den beiden Öffnungsta-gen 10 DM umtauschen, als Gegenleistung erhielter ein „Einreisevisum“ sowie 8 Ellyten. DiesesUmtauschsystem führte allerdings zu so mancherBesucherbeschwerde. Doch an diesen beiden Ta-gen wurde den Gästen auch einiges geboten. Sosorgten an den Vormittagen die vielen Sportturnie-re für Unterhaltung und an den Nachmittagenbegeisterten die Tanz- und Theatervorführungensowie eine Modenschau die Zuschauer. Außerdembemühten sich die Besitzer zahlreicher gemütlicherCafés und Restaurants um das leibliche Wohl derBesucher. Trotz der vielen Anwesenden kämpfteneinige Unternehmen ums Überleben. Ursachehierfür war die hohe Umsatzsteuer von 25%, fal-sche Kalkulationen und der Konkurrenzkampfunter den Betrieben. Dennoch gab es Unterneh-men, vor allem im Gastronomiebereich, die großewirtschaftliche Erfolge erzielten. Auch die Beam-ten mussten sich nicht mit Existenzproblemenauseinandersetzen, weil sie ihr Gehalt vom Staatbekamen. Da aber die Regierung und das Parla-ment durch ihre ständigen Sitzungen flexibel undschnell auf die verschiedenen organisatorischenwie wirtschaftlichen Probleme reagieren konnten -so wurde zum Beispiel die hohe Einkommensteueram dritten Tag gesenkt - konnten die beiden öf-fentlichen Tage durchaus zur Zufriedenheit dermeisten Bürger von Elevia ablaufen.

Alles in allem können wir auf ein gelungenes Pro-jekt zurückblicken, bei dem die Lehrer und wirSchüler uns näher gekommen sind. Auch hattenwir die Gelegenheit unsere Ideen und Gedanken zuverwirklichen und selbstständig mit anderenSchülern etwas auf die Beine zu stellen. Des Wei-teren konnten wir Erfahrungen im Umgang mitFinanzen und deren Kalkulationen sammeln underhielten einen Einblick ins Berufsleben.

Page 74: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

KRITISCHE REFLEXION

74

Abschließend können wir sagen, dass uns dasProjekt „Schule als Staat“ trotz der Arbeit vielSpaß bereitet hat und es ein toller Abschluss desSchuljahres 1999/2000 war.

Page 75: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PRESSESTIMMEN

75

Pressestimmen

Page 76: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

KRITISCHE REFLEXION

76

Page 77: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

STAATSPRÄSIDENT

77

Tobias Hartmann

Der Staatspräsident blickt zurück

Tobias Hartmann war bis zu seinem Abitur im Sommer 2001 Schüler des Elly-Heuss-Knapp-GymnasiumsHeilbronn. Er wurde im Rahmen der elevianischen Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am 29. März2000 zum Präsident des Staates Elevia gewählt.

Blicke ich auf meine viermonatige Amtszeit alsPräsident von Elevia zurück, so erinnere ich michvor allem positiver Dinge. Es hat großen Spaßgemacht, mit Stufenkameraden wie auch mit jün-geren Mitschülern gemeinsam auf die Gestaltungund Präsentation unseres Staates hinzuarbeiten.

Voraussetzung war allerdings von Anfang an, sichganz auf das Projekt „Schule als Staat“ einzulassenund sich persönlich von der Idee des Planspielsfaszinieren zu lassen. Auch wenn der Arbeitsauf-wand im Laufe der Wochen und Monate immergrößer wurde, so stieg doch auch das Maß anFreude und Begeisterung, mit der sich vor allem inder Vorbereitungsgruppe Schüler wie Lehrer derSache des Projektes widmeten. Dabei darf an die-ser Stelle aber nicht vergessen werden, dass geradeohne das ungeheuer zeitraubende Engagementdieser Experten-Gruppe – die Planung hat sichschließlich über ein ganzes Schuljahr hingezogen –die Präsentation am Ende des Schuljahrs niemalsmöglich gewesen wäre.

Die Aufgaben des Präsidentenamtes waren viel-seitig: Neben den „klassischen“ Tätigkeiten, wieStaatsempfänge geben, Reden halten oder Sporttu-niere besuchen, waren es vor allem die vielenmenschlichen Begegnungen im Alltag, die demAmt die „Würze“ gaben. Auch die Zusammenar-beit mit lokalen Wirtschaftsunternehmen und dieinteressanten Diskussionen mit den „echten“ Poli-tikern, die während der öffentlichen Tage meineGäste waren, trugen zu meinen positiven Erfah-rungen bei. So konnte ich z. B. einen örtlichenAuto-Händler einer schwäbischen Nobelmarkeüberreden, uns eine Limousine für Staatsbesuchezur Verfügung zu stellen.

Ich denke, alle, die mit mir in diesen Projekt enga-giert waren, können mir zustimmen, wenn ich dasFazit ziehe, dass wir alle von den vielfältigen Er-fahrungen dieser Tage profitiert haben. Gerade mitBlick auf die stressige Abiturzeit steht für michfest, dass ich während unseres Projektes mehr undnachhaltiger für das Leben gelernt habe als wäh-rend der Abiturvorbereitung.

Eröffnung des Staates Elevia:Der elevianische Staatspräsident Tobias Hartmann erhält von SchulleiterHans-Ulrich Dollmann symbolisch den Schulschlüssel ausgehändigt.

Page 78: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

KRITISCHE REFLEXION

78

Page 79: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

PARLAMENTARIER

79

Klaus Karnetzky

Elevia, ein Superstaat? –Reflexion eines Parlamentariers

Klaus Karnetzky ist Schüler am Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium Heilbronn. Er besuchte zur Zeit des Pro-jekts die 11. Klasse.

Während dieses Projekts war ich Abgeordneter imParlament und Beamter des Wirtschaftskontroll-dienstes.

Am Anfang hatte ich allerdings keine große Lustan einem Projekt mitzuarbeiten, das mich dazuzwingen sollte, auch nachmittags immer in derSchule zu sein. Erst als die Fünftklässler, die ichals Pate betreute, auf die Idee kamen eine Partei zugründen, wurde ich etwas aktiver. Wir gründetendie P.F.U.T. (Partei für Umwelt und Tiere) und ichwurde Präsidentschafts- und Spitzenkandidat unse-rer kleinen Ökopartei. Da aber unsere Wahlziele,zu denen hauptsächlich Umweltschutz gehörte, ineinem Betonbunker von Schule bei den Wählernnicht all zu gut ankamen und wir als „Zwergpartei“nur einen kleinen Wahlkampf mit einigen Plakatenund mehreren persönlichen Gesprächen führten,wurde nur ich von unserer Partei ins Parlamentgewählt.

Motiviert durch diesen Einzug ins Parlament, be-gann mein Interesse an diesem Projekt nun konti-nuierlich zu steigen. Die nächste Hürde war dieJobsuche. Dies war jedoch keine besonders hohe,da man nach sieben Jahren an einer Schule seineMitschüler kennt. So wurde ich beim Wirtschafts-ministerium im Wirtschaftskontrolldienst ange-stellt. Meine WKD-Tätigkeit außerhalb der parla-mentarischen Sitzungstermine war nicht anstren-gend, denn da muss man fast alle loben, die Be-triebe waren sauber und hygienisch. Meine Arbeitim Parlament schließlich war im Gegensatz zumanchen Freiberuflern recht angenehm. Die Sit-zungen dort waren in der Regel diszipliniert, esgab eigentlich auch kaum Differenzen zwischender Opposition, der auch ich angehörte, und derRegierung.

Inhaltlich musste auf Grund der guten Vorberei-tung nicht mehr viel getan werden. Wir verab-schiedeten die Verfassung und sprachen sonst überjene Themen, die am jeweiligen Sitzungstag an-

standen, also zum Beispiel über den Staatsbesuchaus der Nachbarrepublik Trebla1.Eine wirkliche aufgebrachte Stimmung herrschtenur, als es um die Kürzung der Abgeordneten- undMinisterdiäten ging. Das lag wohl daran, dass wirvon Anfang an unsere Arbeit als gut bewertetenund uns im Vergleich zur freien Wirtschaft nichtallzu gut entlohnt sahen.Die zweite interessante Debatte, nämlich die überdie Frage, ob Beamte streiken dürfen, wurde vonmir vor Gericht ausgefochten. Ich hatte dabei mei-nen persönlichen Höhepunkt während des Pro-jekts, nämlich eben jene Klage gegen den Staat vordem höchsten (und einzigen) Gericht. Es ging wiegesagt darum, ob Beamte streiken dürfen, wie etwain Frankreich, oder ob es wie hierzulande verbotensein sollte. Den Anlass dazu gaben einige Zollbe-amte, die wohl merkten, dass gute Firmen einVielfaches von ihrem Lohn verdienten und siediese Parallelen zur Realität nicht all zu stark aus-geprägt sehen wollten. Das Gesetz hatte dies imVorfeld nicht geklärt. Letztendlich wurde denBeamten das Streiken zwar nicht erlaubt, aber eswar eine nette Erfahrung, die geballte Staatsmacht,bestehend aus Innenminister, Präsident undRechtsbeiständen, zu sehen, wie sie doch zeitweisesiegesungewiss war. Zudem endete dieser Streit inder Debatte um die Diäten. Es wurden übrigensnur die Ministerdiäten gekürzt.

Zum Schluss will ich jetzt noch eine kleine per-sönliche kritische Zusammenfassung abgeben:

� Ältere Schüler und Lehrer sollten jüngerenRespektspersonen auch den nötigen Respektzollen und auch fair gegenüber den restlichenJüngeren sein.

� Es gab meines Wissens nach nur einen Schü-ler, der während des ganzen Projekts arbeits-los war. Meiner Meinung nach ein Erfolg un-serer Arbeitspolitik.

� Die Gerichtsverhandlungen waren der abso-lute Publikumsmagnet. Dies führte mir deut-

1 Trebla: „Schule als Staat“-Projekt des Albert-SchweitzerGymnasiums Neckarsulm.

Page 80: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

KRITISCHE REFLEXION

80

lich vor Augen, dass der Rechtsstaat nicht nuretwas Langweiliges sein muss.

� Als Parlamentarier habe ich gelernt, dassVerantwortung mitzutragen nicht nur bedeu-tet, dass man direkte Verantwortung über-nimmt, sondern auch etwas mitgestaltet.

� Außerdem war es das erste Mal, dass unteruns Schülern auf Disziplin Wert gelegt wurde.Für unentschuldigtes Fehlen bei Sitzungen gabes beispielsweise ein Bußgeld.

� Die Regeln, die wir uns durch die Verfassunggaben, wurden größtenteils eingehalten. Allesin allem hat das Projekt der Schülerschaft ge-zeigt, dass sie etwas erreichen kann, wenn sienur will. Und solche Schwachpunkte wie klei-nere Gesetzeslücken sehe ich nicht als weiterschlimm an. Dafür gab es schließlich das Par-lament und die Gerichtsbarkeit.

„Schule als Staat“ ist ein Projekt, das man, obwohles sehr arbeitsintensiv ist, nur weiterempfehlenkann. Elevia war ein Superstaat!

Page 81: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

UNTERNEHMEN DER UNTERSTUFE

81

Marieke Leist / Anne Scheu

Blumenladen „Flower Power“ -Ein Unternehmen aus der Unterstufe

Marieke Leist und Anne Scheu sind Schülerinnen am Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium Heilbronn. Währenddes Projektes besuchten sie die 6. Klasse. Als Betriebsleiterinnen waren sie für einen Blumenladen ver-antwortlich.

Etwas Außergewöhnliches, Einmaliges und fastUnmögliches: das sollte unser Betrieb sein, des-halb entscheiden wir uns für einen Blumenladen.Wir waren von dem Projekt „Schule als Staat“noch nicht ganz überzeugt. Wie sollte beispiels-weise eine Gärtnerei in einem ganz normalenSchulhaus existieren? Uns erschien es unmöglich,fast unmöglich.

Ende Juli sollten die drei Projekttage stattfinden,doch wir begannen schon Anfang Mai, also fastdrei Monate vor dem Ereignis, mit den Vorberei-tungen. Wir planten, kalkulierten und sammeltenIdeen, wie wir die Pflanzen besorgen könnten. Wirgingen in eine Gärtnerei und erwarben uns dortSamen und Setzlinge, die wir bald darauf ein-pflanzten. In der Nachbarschaft fragten wir nachPflanzen und Ablegern. Wir bastelten Dutzendevon Grußkarten und Blumensteckern. Langsam,aber sicher waren wir auf dem Weg einen Betriebzu gründen.

Mit Spenden von unseren Eltern und unseren eige-nen Ersparnissen finanzierten wir die Pflanzen undSamen. Am Mittwoch, dem Aufbautag, schmück-ten wir aufeinandergestellte Tische mit buntenTüchern und stellten Lampen dahinter, so dass dasKlassenzimmer zusammen mit den Pflanzen undMineralien ein bisschen wie im Urwald wirkte.Am Mittwochabend kauften wir 20 rote Rosen füreinen ermäßigten Preis. Die Rosen verwendetenwir für den Rosenservice (Bringdienst und gebas-telte Karte), der schon am Donnerstagmorgenfreudig von den Schülern und Lehrern genutztwurde. Der Rosenservice kam so gut an, dass wiram Abend keine Rosen mehr übrig hatten.

Am Freitag, dem Besuchertag, hatten wir, dieBetriebsleiter und unsere sieben Mitarbeiter, schonmehr zu tun. An der Kasse drängelten sich schondie Leute und obwohl wir die doppelte Menge anRosen eingekauft hatten, war am Abend wieder derRosenständer leer. Auch die anderen Schnittblu-men waren ausverkauft.

Am Samstag hatten wir mit 45 Rosen vorgesorgtund weitere Schnittblumen gekauft. Da unserPflanzenvorrat am Mittag fast aufgebraucht war(300 Pflanzen!), spendete uns ein HeilbronnerGartengroßhandel Blumen im Wert von 50 DM.Gegen Nachmittag neigte sich unser Rosenvorratdem Ende zu. Deswegen eilten wir zum nächstenBlumengeschäft und kauften noch einmal 20 Ro-sen. In Kürze waren diese verkauft. Die Projektta-ge gingen langsam zu Ende und wir waren er-schöpft. Obwohl wir jeden Tag Steuern zahlenmussten, erwirtschafteten wir doch am Ende diestolze Summe von 594 DM für uns.

Im Rückblick können wir sagen, dass uns die Ar-beit im Blumenladen viel Freude bereitet hat, weilwir alles selbst auf die Beine gestellt haben und dieVerantwortung dafür trugen, andererseits weil wirauch einen guten Lohn für unsere Arbeit bekamen.

Page 82: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

KRITISCHE REFLEXION

82

Page 83: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

UNTERNEHMEN MITTELSTUFE

83

Pia Lorenz / Katja Rossi / Christine Steinbrecher

Cha-Cha und Mambo gegen High-Tech-FoodEin Unternehmen aus der Mittelstufe

Pia Lorenz, Katja Rossi und Christine Steinbrecher sind Schülerinnen am Elly-Heuss-Knapp-GymnasiumHeilbronn. Sie besuchten zum Zeitpunkt des Projekts die 9. Klasse und gründeten gemeinsam eine Tanz-schule.

Im Rahmen des Projektes „Schule als Staat“ ver-suchten wir, 10 Schüler des Elly-Heuss-Knapp-Gymnasiums, unsere Interessen mit der Eröffnungeiner Tanzschule zu verwirklichen. Im Gegensatzzu den meisten gastronomischen Betrieben spezia-lisierten wir uns auf Dienstleistungen. Die Grund-voraussetzungen für eine Betriebsgründung arbei-tete die SMV aus und teilte diese mit der Verfas-sung des Staates „Elevia“ zu Beginn des Schuljah-res an alle Klassen aus. Für eine Tanzschule benö-tigten wir zwei Betriebsleiter sowie weitere Ange-stellte, die den Standardtanz beherrschten. UnsereMitarbeiter wurden seit geraumer Zeit in derselbenHeilbronner Tanzschule unterrichtet, sodass es füruns ein Leichtes war, ein perfekt abgestimmtesTeam zu bilden. Um allem Zeitdruck aus dem Wegzu gehen, liefen die Vorbereitungen bereits imHerbst ’99 auf Hochtouren. Einen passenden Na-men zu finden war eine der ersten Schwierigkeiten.Nach längeren Überlegungen entschieden wir unsfür den englischen und somit zeitgemäßen Titel„House of Dance“. Daraufhin entwarfen wirsogleich ein passendes Logo für die zukünftigenWerbekampagnen.

Aus unserem breiten Wissen an Standard- undLateinamerikanischen Tänzen suchten wir diebeliebtesten und am leichtesten zu unterrichtendenTänze aus: Cha-Cha, Rumba, Jive, Disco-Fox,Mambo und langsamer Walzer. Zusätzlich wurdeunser abwechslungsreiches Programm in mehrereKategorien unterteilt, d.h. in Grund-, Bronze- undSilberkurse aufgespaltet. Weitere Informationenzur Buchführung, Projektdauer, Arbeitstage, Stun-denlohn und Ausarbeitung wurden in mehrerenBetriebssitzungen vermittelt. Aufgrund dieserErläuterungen erarbeiteten wir einen viertägigenStundenplan, der sich aus einem Aufbautag unddrei Werktagen à 8 Stunden zusammensetzte.Nach unseren Berechnungen konnte ein 8-Stunden-Tag mit 4 verschiedenen Tanzkursen undmehreren Pausen ausgefüllt werden. Dies würdejedoch nur 8 Personen für jeweils 1½ Stundenbeschäftigen, was sich nicht mit den vorgeschrie-benen 4 Arbeitsstunden deckte. Zur Behebung des

Stundenproblems schlossen wir zusätzlich zu unse-ren unterrichtenden Paaren eine Snack Bar mitBarkeeper, einen gemeinsamen Übungstanz sowieeinen DJ für die Musik an. Damit tat sich unsernächstes Problem auf: Die Kosten schnellten mitder Besorgung von Nahrungsmitteln, Getränkenund Dekorationsmaterial in die Höhe. Zuerst ver-suchten wir dies mit angemessenen Preisen in derentsprechenden Währung für Tanzstunden undBarverkäufe auszugleichen. Auch dieser Versuchscheiterte, sodass wir uns kurzerhand entschlossenunsere richtige Tanzschule als Sponsor zu gewin-nen. Mit Werbung als Gegenleistung wurde unsfinanzielle Hilfe zugesagt. Mit diesen Vorausset-zungen konnten wir nun unbesorgt die Einkäufeund sonstigen Aufgaben untereinander aufteilen.

Eine Woche vor Projektbeginn teilten wir die An-meldungen aus, brachten mehrere Flyer unter dieLeute und hängten Werbeplakate im gesamtenSchulhaus aus. Selbst das Einrichten des zugeteil-ten Zimmers verlief reibungslos, sodass wir unsam nächsten Tag mit guten Vorsätzen an die Ar-beit machen wollten.

Leider sah die Realität ganz anders aus! Von 50ausgegangenen Anmeldekarten kamen 3 Bewer-bungen für den Mambokurs am Samstag zurück,dies bedeutete Arbeitslosigkeit am ersten Tag. Alsam zweiten Tag noch immer keine Besserung derSituation eintrat, stürmten wir von Zimmer zuZimmer, verbreiteten die Schnäppchen des Tages,stießen aber leider auf taube Ohren. Genau ge-nommen wurden unsere Beschäftigten also fürFaulenzen, dummes Herumstehen, Einkaufengehen und Unterhaltung bezahlt. Das Einzige, waswir am Spätnachmittag positiv bewerten konnten,war der Steuererlass, der wegen erneuter roterZahlen in unseren Bilanzen gewährt wurde.

Nachdem der elevianische Präsident mit derStaatsöffnung die Tore für den „Tourismus“ öff-nete, warfen wir uns mit lauten Werberufen in dieMenge und priesen unsere kompetenten Tanzkräftean. Daraufhin nahmen einige Lehrkräfte und meh-

Page 84: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

KRITISCHE REFLEXION

84

rere Staatsbürger an einem Grundkurs in Rumbaund Cha-Cha-Cha teil. Da unsere Snackbar einenregen Zulauf von Tanzschülern hatte, ging es lang-sam aber sicher in der Haushaltskasse bergauf.Leider mussten wir aber feststellen, dass unsere 20DM Tageseinnahmen mit den 300 DM der Fast–Food–Kette McJo nicht zu vergleichen waren.

Am letzten Morgen verwirklichten wir die letztenStrategien. Zuerst verlegten wir unsere Snackbar inden Flur, passten vorübereilende Fast–Food-Fanatiker ab und boten ihnen ein zweites Frühs-tück zu Niedrigpreisen an. Dann strichen wir unse-ren Plan, den wir anfangs mit vielen Kompromis-sen und Risiken entworfen hatten, und botenTanzkurse nach Belieben an. Auf Nachfrage eini-ger Interessenten frischten wir ihre Wiener-Walzer-Kenntnisse für den abendlichen Ab-schlussball einer Heilbronner Tanzschule auf, dervielleicht mitentscheidend war, dass wir nun mehrGeld einnahmen. Auch das Mamboangebot amNachmittag löste bei der älteren BesucherschaftBegeisterung aus, sodass aus roten langsamschwarze Zahlen wurden.Das Geschäft dieses Tages für uns und unserenBetrieb war jedoch der Verkauf von Getränken

und Snacks an die Parlamentsmitglieder, die beisommerlichen Temperaturen in der Turnhalle fasteingingen. Man kaufte erst gar nicht mehr Gläser,sondern nahm gleich eine ganze Flasche!!

Am Ende der Projekttage mussten wir aber dochnoch einmal ran. Und zwar nicht in unserem Zim-mer, sondern in der Turnhalle. Auf Grund vonMängeln bei der Anzeigenverwaltung der Staats-zeitung sahen wir uns gezwungen, diesen Betriebzu verklagen. Dass das Urteil, welches schließlichunerwarteterweise gegen uns ausfiel, uns nichtsmehr half, hätten wir früher erkennen müssen.Trotzdem trug unser Betrieb zur Unterhaltungwährend der Gerichtsverhandlung bei, da es derStaatszeitung erst beim dritten Mal gelang, unse-ren, am Ende überhaupt nicht besuchten Übungs-tanz, anzupreisen. Schade drum!

Mit Blick auf die praktischen Erfahrungen in die-sen Tagen - z. B. Flexibilität in einem Betrieb oderkollegiale, klassenübergreifende Zusammenarbeit -nahm das Projekt „Schule als Staat“ trotzdem eingutes Ende.

Page 85: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

UNTERNEHMEN OBERSTUFE

85

Fabian Eber / Juliane Gründl

Pizzeria „Bella Elevia“Ein Betrieb aus der Oberstufe

Fabian Eber und Juliane Gründl besuchen beide die 12. Klasse des Elly-Heuss-Knapp-Gymnasiums inHeilbronn. In Elevia leiteten sie mit ihrer Pizzeria das wirtschaftlich erfolgreichste Unternehmen.

Kurze Zeit nachdem das Schuljahr 1999/2000begonnen hatte, wurde den Schülern mitgeteilt,dass während den Projekttagen die Schule zumStaat umfunktioniert werden würde. Dabei solltejeder Schüler und Lehrer eine Aufgabe im Staatübernehmen. Ein Mikrokosmos sollte entstehen:Betriebe, Ministerien und Dienstleistungsberufewaren dafür notwendig. Viele Schüler waren vondieser Idee nicht begeistert und glaubten nicht aneinen Erfolg. Die Meinungen gingen auseinander.

Auch bei uns hielt sich die Begeisterung in Gren-zen, doch wir wollten, ohne uns der Strapazenbewusst zu sein, einen eigenen Betrieb gründen.Wir schlossen uns zu einer achtköpfigen Gruppezusammen und überlegten, welche Art von BetriebErfolg haben könnte. Schließlich kamen wir zudem Entschluss, dass eine Pizzeria wohl eine guteIdee wäre. Wir befürchteten jedoch, dass es großeKonkurrenz für uns geben würde.

Wir meldeten unseren Betrieb beim Staat an. EineKalkulation musste erstellt werden: Wer wird Betriebsleiter? Wie viele Einnahmen?Ausgaben? Löhne? Preise? Arbeitszeiten? Nameder Pizzeria?...All dies war zu klären. Dann machten wir unsGedanken über die Dinge, welche wir benötigenwürden, um exzellente Pizzas backen zu können.Langsam nahmen das Projekt und unser BetriebGestalt an. Mit jedem Tag bekam man mehr In-formationen, beispielsweise die Ergebnisse derParlamentswahlen und die Raumeinteilung für dieBetriebe. Da noch einige Arbeitslose untergebrachtwerden mussten, waren auch wir dazu verpflichtetnoch vier Mitarbeiter zusätzlich einzustellen. Diesestellten sich später als eine große Hilfe heraus.Der Höhepunkt des Projektes rückte immer näherund die letzten Besorgungen mussten erledigtwerden. Wir teilten die Aufgaben auf: Einigekümmerten sich um die Einkäufe, andere um Wer-bung und Dekoration.

Am ersten der fünf schulfreien Tage wurde aufge-baut, dekoriert und vorbereitet. Nun konnte mandie Ausmaße des Projekts erkennen und die Viel-

falt der Betriebe sehen. Wir erledigten unsereEinkäufe, brachten einen kleinen Backofen undeinen Kühlschrank ins Zimmer, rückten Tischeund Stühle zurecht und bereiteten alles so gut wiemöglich vor, damit wir am folgenden Tag sofortmit dem Pizzabacken anfangen konnten. Wirmussten außerdem feststellen, dass wir sehr hoheAusgaben hatten.

Am nächsten Tag, dem Probetag, trafen wir unsalle schon etwas früher und bereiteten die erstenBleche vor. Die Kunden standen schon in der Türe,als wir noch nicht einmal die Pizzas in den Öfender Schulküche hatten. Mit der Zeit bekamen wirRoutine im Pizzabacken, doch trotzdem kam es zuteilweise beträchtlichen Wartezeiten. Dadurch,dass sehr viele Leute Pizzas haben wollten, muss-ten wir die vorher so sorgfältig eingeteiltenSchichten aufheben und alle durchgehend arbeiten.Auch längere Pausen waren uns nicht vergönnt.Wir konnten noch nicht einmal die anderen Betrie-be unter die Lupe nehmen. Unsere für die dreiTage berechneten Lebensmittel waren schon amEnde des ersten Tages aufgebraucht. Auch dieEinnahmen stimmten nicht mit den Ausgabenüberein. Es musste etwas geschehen. Daraufhinerhöhten wir die Preise und tauschten unser einge-nommenes Geld ein, um nochmals einzukaufen,ohne noch mehr Geld auslegen zu müssen.

Am folgenden Tag, es war ein Freitag, durften zumersten Mal auch Verwandte und Bekannte denStaat mit Hilfe eines Visums besuchen. Aus die-sem Grunde mussten wir mehr Pizzastücke undauch mehr ganze Pizzas in noch kürzerer Zeitbacken, was ein großes Problem darstellte, da unsnur drei Backöfen zur Verfügung standen unddiese nicht sehr effizient waren. Somit konnten wirnicht alle Kunden zufrieden stellen, es gab nochlängere Schlangen vor unserer Theke. Zwischen-durch gingen uns sogar wichtige Zutaten, wie zumBeispiel Mehl oder Hefe, aus, welche wir dannkurzerhand nebenan in einem Supermarkt ein-kauften (dort war das Mehl glücklicherweise imSonderangebot, sodass wir deren gesamten Vorrataufkauften). Trotz alledem schien die Qualität

Page 86: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

KRITISCHE REFLEXION

86

unserer Pizzas sehr gut zu sein. Wie am Vortagmussten wir durchgehend arbeiten und wir selbsthatten nicht viel von unseren Pizzas. Schon umdrei Uhr nachmittags waren alle Stücke ausver-kauft und wir waren zu müde um weiterzumachen.Nachdem wir aufgeräumt, die Bleche und Tellerabgespült und geputzt hatten, bot sich uns dieGelegenheit, die anderen Betriebe zu besuchen.Auch an diesem Tag mussten wir wiederum neueEinkäufe tätigen, um für den letzten Tag vorberei-tet zu sein.

Am letzten Verkaufstag trafen wir uns noch früher,da Samstag war und noch mehr Besucher erwartetwurden. Daraufhin beschlossen wir, die Pizzastü-cke zu verkleinern, um die Ausgaben zu decken,mehr Gewinn zu machen und um noch mehr Kun-den noch schneller versorgen zu können. DenKunden schmeckten unsere Pizzas wohl so gut,dass ihnen dies nichts ausmachte. Es gab jedochauch einige wenige unzufriedene Kunden, denendie Wartezeit zu lange dauerte. Wie an den ver-gangenen Tagen mussten wir auch an diesem frü-her schließen. Nachdem wir wieder alles abgewa-schen hatten, konnten wir unser Ergebnis bestau-nen:Durch unsere gute Finanzanalyse hatten wir unsereEinnahmen täglich verdoppeln können. Dadurchwurde das Unternehmen Pizzeria „Bella Elevia“leider auch zum Steuerzahler Nummer eins. Wir waren alle glücklich und zufrieden, die dreiTage relativ gut überstanden zu haben, auch wennes manchmal nicht einfach war, mit anderen ge-stressten Mitarbeitern umzugehen. Auch die Lustauf Pizza ist uns für einige Zeit vergangen.

Am Sonntag hatten wir dann endlich frei und soll-ten erst am Montag wieder zum Abbauen in derSchule erscheinen. Wir mussten das Zimmernochmals gründlich putzen, vom Geruch nachPizza befreien und Tische und Stühle an derenursprünglichen Platz rücken. Der Höhepunkt desTages war jedoch der Umtausch der Ellyten, dieWährung unseres Staates Elevia, in DeutscheMark. Es stellte sich heraus, dass wir durch denerzielten, sehr hohen Gewinn auch selber profitie-ren konnten (s.u.).

Insgesamt war das Projekt sehr aufschlussreich,aber auch sehr anstrengend. In den fünf Tagenerfuhren wir am eigenen Leib, dass es nicht ein-fach ist, einen eigenen Betrieb zu leiten und zubetreiben. Wir wollen diese Erfahrungen aber aufkeinen Fall missen.

Einnahmen 1. Tag: ~ 400 DM, bzw. EllytenEinnahmen 2. Tag: ~ 800 DM, bzw. EllytenEinnahmen 3. Tag: ~1600 DM, bzw. EllytenDavon Steuern insgesamt: ~ 600 DM, bzw. Ellyten (20%)Ausgaben insgesamt: ~ 800 DM, bzw. EllytenLohn pro Person insgesamt: ~ 100 DM, bzw. Ellyten

Page 87: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

BOGY-BEAUFTRAGTER

87

Heinrich Staubitz

Auf dem Weg zu einer „Kultur der Selbststän-digkeit“? -Das Projekt „Schule als Staat“ aus der Sicht desBOGY-Beauftragten

Heinrich Staubitz, OStR, ist Lehrer für Englisch, Gemeinschaftskunde und Geschichte am Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium Heilbronn und BOGY-Beauftragter.

Auf dem Kongress „Schule trifft Wirtschaft“ am15. November 2000 im Congress Center Mann-heim befürwortete Kultusministerin Dr. AnnetteSchavan in ihrer Eröffnungsrede die Gründung vonselbstständigen Unternehmen durch Schülerinnenund Schüler der Oberstufe an allgemeinbildendenGymnasien. Im Rahmen der Veranstaltung wurdenBeispiele solcher Unternehmungsgründungen –zum Beispiel am Lessing-Gymnasium Mannheim– vorgestellt.

Die vom Kultusministerium Baden-Württembergin Zusammenarbeit mit dem Landesarbeitsamtherausgegebenen neuen BOGY-Handreichungenvom September 2000 gehen in die gleiche Rich-tung. Im Modul 12 der Materialien (2.1) heißt es:

„Für die junge Generation wird es daher immerwichtiger, sich mit der Selbstständigkeit als einermöglichen Berufsperspektive auseinander zu set-zen. Dabei kann die Schule einen großen Beitragleisten. Der Lehrer hat die Möglichkeit, diese Weltauch als Berufs- und Arbeitswelt einschließlich derunternehmerischen Selbstständigkeit in den Blickzu nehmen und darauf angemessen vorzubereiten.Nur so kann eine Kultur der Selbstständigkeit inden Schulen auf den Weg gebracht werden.“

Es gilt nun zu fragen, ob das Projekt „Schule alsStaat“ – wie es im Juli 2000 am EHKG Heilbronndurchgeführt wurde – diese „Kultur der Selbst-ständigkeit“ gefördert hat. Das Vorbereitungsko-mitee und später die zuständigen Ministerien leg-ten bei der Gründung der rund 70 Betriebe Wertauf Seriosität. So wurden die Betriebsgründer ineinem Kurz-Seminar, geleitet von einem Mitglieddes Arbeitskreises „Wirtschaft und Schule“ derWirtschaftsjunioren Heilbronn, auf ihre Aufgabevorbereitet und erklärten sich damit einverstanden,vor Zulassung ihrer Betriebe eine durch ein Form-blatt unterstützte Kalkulation zu erstellen, in dersie die Wirtschaftlichkeit ihrer zukünftigen Unter-

nehmen nachzuweisen hatten. Schon hier zeigtesich, dass die meisten Schüler sehr einfallsreichwaren, wenn es darum ging, einen griffigen Na-men für ihren Betrieb zu finden („Flower Power“,„Sahnehäubchen“, „Player’s Paradise“), aber beimBerechnen möglicher Umsätze und Kosten ihrerUnternehmen weitgehend überfordert waren.

Eine Nachschulung und Beratung vieler Betriebs-gründer durch wirtschaftlich versierte Kollegensowie eine Korrektur so mancher amateurhaftenKalkulation sorgten für den Sieg der wirtschaftli-chen Vernunft. Vor allem war den Unternehmernim Staate Elevia schwer beizubringen, dass sieeine hohe Umsatzsteuer (25%, später vom Parla-ment nach unten korrigiert) würden aufbringenmüssen, um den Staat und seine Verwaltung zufinanzieren.

Was haben nun die Betriebsgründer bei der tat-sächlichen Durchführung des Projektes an den dreiTagen des „Staates Elevia“ gelernt? Viele Betrei-ber von Unternehmen, in denen gegessen, getrun-ken, Waren verkauft oder populäre Dienstleistun-gen (Haare legen, Auto waschen) erbracht wurden,erfuhren, dass man durch geschickte Kalkulation,kluge Werbung auf dem Schulgelände, freundli-ches Verhalten gegenüber den Kunden, effektivenEinsatz von Arbeitskräften und Disziplin bei derArbeit Gewinn, manchmal sogar großen Gewinnmachen konnte. Für diese Betriebe war auch dieUmsatzsteuer kein Problem. Manches Kino, man-cher Computer-Party-Betrieb, manches Restaurantund manches Toto-Lotto-Unternehmen lernte aberauch die harten Gesetze des Marktes kennen: dassdas eigene Produkt oder die eigene Dienstleistungnicht gefragt waren oder dass die Konkurrenzschlichtweg besser war. Wie im wirklichen Lebenmusste ein kleiner Teil der Betriebe beim Finanz-ministerium Subventionen beantragen, um die zuerwartenden Verluste in Grenzen zu halten. Essetzte aber auch bei vielen Unternehmern ein

Page 88: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

KRITISCHE REFLEXION

88

Lernprozess ein. Man bot seine Waren und Diensteim Verlauf des Projekts preisgünstiger an undverbesserte seine Werbung.

Wurde in den drei Tagen des Projektes eine „Kul-tur der Selbstständigkeit“ entwickelt? Die Unter-nehmer im Staate Elevia waren gewiss Produzen-ten und Kaufleute, doch stand für alle der Spaß amSpiel und die Möglichkeit, ein wenig Geld zuverdienen, weit mehr im Vordergrund als gewon-nene wirtschaftliche Einsichten. Der Charaktereines Planspiels verblasste im Lauf des Projektes,es wurde – kein Wunder am Ende des Schuljahres!– in allen Betrieben einfach fröhlich gefeiert!

Ganz ohne Folgen blieb das Projekt aber dennochnicht. In dem Schuljahr, in dem das Projekt aufge-arbeitet wurde (2000/01), wurde an der Schule daserste echte Unternehmen gegründet, und im fol-genden Schuljahr soll eine „AG Unternehmens-gründungen“ mit Unterstützung der Wirtschaftsju-nioren Heilbronn weitere Betriebe in der Oberstufeins Leben rufen.

Page 89: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

REGIERUNGSMITGLIEDER

89

Carolin Hartmann / Eva Lauermann

Zwischen Theater und Inliner-HockeyZwei Ministerinnen berichten

Carolin Hartmann war zum Zeitpunkt des Projektes Schülerin in Klasse 12 des Elly-Heuss-Knapp-Gymnasiums und übernahm als Kulturministerin Verantwortung. Sie hat die Schule inzwischen mit demAbitur verlassen.Eva Lauermann ist Schülerin am Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium Heilbronn. Sie besuchte im Schuljahr1999 / 2000 die 10. Klasse und war als Sportministerin für Elevia tätig.

Wir waren während des Projekts als Sport- undKulturministerinnen tätig und übernahmen wieauch die Minister in den anderen Bereichen diePlanung und Organisation der Veranstaltungen.Schon zu Beginn des Jahres entstanden Pla-nungsteams, die sich mit den Aufgaben und Prob-lemen ihres jeweiligen Ministeriums auseinander-setzten und ein Grundkonzept entwarfen. Nach derWahl des Parlaments und der Regierungsbildunggehörten die Minister ihren Teams an und über-nahmen größtenteils deren Leitung.

Da wir nur eine relativ kleine Regierungsparteiwaren, musste fast jeder ein Ministeramt überneh-men, was viel Arbeit und Verantwortung mit sichbrachte, denn das Projekt sollte allen Spaß machenund einen Einblick in das Staatswesen bieten. Wirentschlossen uns für das Sport- und Kulturministe-rium, da uns diese Bereiche interessierten und esgerade dort wichtig ist, ein gutes Programm zubieten, das die Besucher und Bürger anspricht undzum Gelingen des Projektes beiträgt.

Zu unseren ersten Arbeitsschritten im Ministeriumgehörte die Aufstellung eines Kultur- und Sport-programms. Durch die Auswertung von „Anmel-dezetteln“ konnten wir einen Überblick über Artund Anzahl der Veranstaltungen gewinnen, umsomit diese möglichst sinnvoll einzuteilen. Dabeiwar teilweise viel Überredungskunst und Motiva-tion gefragt, um andere Schüler für kulturelle odersportliche Veranstaltungen zu gewinnen. Vieleweigerten sich aus Angst vor einer Blamage amKultur- und Sportprogramm aktiv mitzuwirken.Andere wollten lieber in einem Betrieb Geld ver-dienen.Wir entschlossen uns daher, den Künstlern undSchauspielern eine „Gage" auszubezahlen unddamit die Kultur von Staats wegen zu subventio-nieren...

Für die Organisation und den reibungsfreien Ab-lauf war es sehr wichtig, über die technische Aus-

stattung der Schule wie auch über die uns zur Ver-fügung stehenden Räumlichkeiten informiert zusein. Hierbei nahmen die sportlichen Veranstaltun-gen sehr viel Platz in Anspruch, da bei schlechtemWetter eine Ausweichmöglichkeit in der Hallevorhanden sein musste.Jedoch standen uns bei Problemen, die vor allemim Vorfeld auftauchten, immer die jeweiligen„Staatsekretäre“ mit Rat und Tat zur Seite underleichterten uns somit das Arbeiten.Um unser Spektrum an sportlichen Veranstaltun-gen zu erweitern, wendeten wir uns an den Ju-gendgemeinderat, der ein Basketballturnier organi-sierte, an dem auch Jugendliche anderer Schulenteilnehmen konnten.Im kulturellen Bereich sollten Chor und Orchesterdie Staatsakte musikalisch untermalen. EinigeTheateraufführungen waren geplant.

Mit dem Beginn der Projekttage änderte sich dannauch unser Tätigkeitsfeld, denn die Koordinationder Programmpunkte war bis auf einige zeitlichenVerschiebungen, die während des laufenden Pro-jekts zustande kamen, abgeschlossen und es galtnur noch kleinere Probleme zu lösen. Aber trotz-dem lief unsere Arbeit teilweise unter großemZeitdruck ab und war mit viel Laufarbeit verbun-den. Die regelmäßigen Parlamentssitzungenmussten eingehalten werden, immer wieder war esauch notwendig in den Sport- und Kulturstättennach dem Rechten zu sehen: Klappt dort alles?Werden die Darsteller und Akteure entsprechendbezahlt oder sind Probleme vorhanden? Kann derVeranstaltungsplan eingehalten werden? Stimmtdie Technik? Ebenso war es ab und zu notwendignach den Beamten im Sport- und Kulturministeri-um zu schauen, um herauszufinden, ob sie auchwirklich „arbeiten“ oder ob sie ihre Arbeitszeitenin Cafés, Bistros etc. verbringen.So bekamen wir nur sehr wenig von der wirt-schaftlichen Seite des Projektes mit. Aus diesemGrund wäre eine längere Dauer des Projektes sinn-voller gewesen und entspräche auch dem Ar-

Page 90: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

KRITISCHE REFLEXION

90

beitsaufwand. Ebenso wäre ein größeres Engage-ment im kulturellen Bereich von Schülerseite, vorallem der höheren Klassen, wünschenswert gewe-sen, um eine größere Vielfalt an Veranstaltungenbieten zu können.

Unsere Ministertätigkeit brachte viele neue Erfah-rungen mit sich, wie z.B. die Aufstellung desKultur- und Sportprogramms. Hierbei mussteeiniges organisiert werden, was im Laufe der Vor-bereitungszeit und während des Projekts immerbesser funktionierte, da wir dann schon etwas mehrErfahrung gesammelt hatten. Ebenso war es inte-ressant, Einblicke in das Staatswesen zu bekom-men und somit einmal hinter die Kulissen zuschauen. Durch unsere Ministertätigkeit lerntenwir auch „neue“ Leute unter den Schülern undLehrern kennen, mit denen wir dann auch zusam-men arbeiteten.Abschließend lässt sich sagen, dass uns unsereArbeit sehr viel Spaß machte, da wir freie Handbei der Gestaltung des Programms hatten. DieAngebote im Sport- und Kulturbereich stellteneine willkommene Abwechslung zum restlichenProgramm dar. Jedoch konnten wir feststellen,dass die Sportveranstaltungen mehr von Schülern,die kulturellen Veranstaltungen mehr von Elternangenommen wurden. Insgesamt ist es uns abergelungen, mit einem breitgefächerten Angebot anVeranstaltungen, wie z.B. Turnieren, Tanzschulen,Theateraufführungen oder Modeschauen, zumGelingen des Projektes beizutragen.

Page 91: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

RICHTER

91

Christoph Beck

Zu Gericht bei „Schule als Staat“Ein Richter im Einsatz für die Gerechtigkeit

Christoph Beck besuchte zum Zeitpunkt des Projekts die 10. Klasse des Elly-Heuss-Knapp-GymnasiumsHeilbronn. Er saß mit drei anderen Richtern im Staat Elevia zu Gericht. Im darauffolgenden Schuljahrwurde er zum stellvertretenden Schülersprecher gewählt. Er ist auch Mitglied des Heilbronner Jugend-gemeinderats.

In Elevia gab es ein Gericht mit vier Richtern,jeweils einer aus der Unterstufe, Mittelstufe, Ober-stufe und der Lehrerschaft. Wir waren bei demProjekt für die Rechtsprechung in sämtlichenStreitigkeiten zuständig, wobei immer derjenigebei einer Verhandlung den Vorsitz übernahm, derdem Alter des / der Angeklagten ungefähr ent-sprach.

Da es uns unmöglich erschien, während des Pro-jektes auf echte Gesetzestexte (z.B. BGB, Strafge-setzbuch) zurückzugreifen, erstellten wir vor Pro-jektbeginn einen Katalog mit den Prinzipien unse-rer Rechtsprechung. Die einzelnen Streitfälle ent-schieden wir einvernehmlich auf dieser Basis

Unsere Rechtsverfahren liefen folgendermaßen ab:Klagen konnten von jedem Bürger entweder überdie Polizei oder die Gerichtsdiener bei Gerichteingereicht werden. Diese Klagen wurden gleichals Anklageschriften übernommen. Die Richterentschieden selber über Uhrzeit und Reihenfolgeder Verhandlungen, die sich zum einen nach denAufgaben der Beteiligten und zum anderen nachöffentlichen Ereignissen richteten. Die Verhand-lungstermine wurden dann an einer gut zugängli-chen „Gerichts-Informations-Säule" und direkt amGericht bekannt gegeben. Beteiligte wurden zu-sätzlich durch die Gerichtsdiener persönlich be-nachrichtigt. Die Verhandlungen waren öffentlichund es herrschte Anwesenheitspflicht für die Be-teiligten. Wer ohne dringliche Entschuldigungfehlte, musste mit Bußgeldern wegen Missachtungdes Gerichts rechnen. Wie bei Gericht üblich,hatten die Anwesenden bei Eintreffen der Richteraufzustehen. Zu Beginn der Verhandlung las derVorsitzende die allgemeinen Rechte und Prinzi-pien (wie Rechtsbeistand durch einen Anwalt, etc.)und dann die Anklageschrift vor. Der Kläger schil-derte nun zu Anfang noch einmal den genauenTatverlauf aus seiner Sicht, daraufhin hatte derAngeklagte die Chance sich zu verteidigen. Zielder Verhandlung sollte immer eine genaue Klärungdes Falls und eine mögliche Einigung beider Par-

teien sein. Auch durfte eine Verhandlung nie ei-nem Beteiligten das Gefühl geben, ungerecht be-handelt worden zu sein. So wurden die Strafenmöglichst milde und im Einverständnis beiderParteien, nach einer kurzen Beratungspause derRichter, ausgesprochen. Die Gerichtsdiener hattenauf die Einhaltung der richterlichen Anordnungenzu achten, die aus kleineren Geldstrafen, öffentli-chem Arbeitsdienst und kleinen Wiedergutma-chungen für die Geschädigten bestanden. Bei derErteilung der Strafen wurde immer auch auf diefinanzielle und moralische Lage der Angeklagtengeachtet. So wurden Unterstufenschüler, Wenig-verdiener und Leute, die einen wichtigen Dienstfür den Staat leisteten, milder bestraft. Alle Urteilewurden mit genauer Urteilsbegründung wieder andie „Gerichts-Informations-Säule“ gehängt. Fürdie schriftlichen Aufgaben waren sowohl dieRichter als auch eine Protokollführerin zuständig.

Mein Eindruck von der Arbeit als Richter lässtsich folgendermaßen zusammenfassen:Das Gericht war eher Show als ernst gemeint. Nurdie wenigsten Verhandlungen wurden aufgrundwirklicher Probleme geführt. Das machte die Ver-handlungen meist zu sehr amüsanten, unterhaltsa-men und gut besuchten Veranstaltungen, für die(besonders bei sehr interessanten Fällen) spätersogar Werbung gemacht wurde. Dennoch war eseine große Ehre für mich Richter zu sein, obwohles auch sehr anstrengend war. Die größten Prob-leme bereitete es, die Stimmung im Verhandlungs-saal locker und angenehm, vielleicht sogar lustigzu halten, denn dies bedurfte eines großen Ein-fühlungsvermögens und einer guten Menschen-kenntnis. Man war eher Moderator und Animateurals wirklich Richter. Die Zusammenarbeit zwi-schen den Richtern und mit der Polizei lief sehrgut und reibungslos. Auch wurde den Richtern imAllgemeinen Respekt gezollt, was die Arbeit sehrerleichterte. Das Publikum half durch Applaus (dernach richterlicher Ermahnung aber kontrolliertwerden konnte) und durch die regelmäßige Anwe-senheit, die Verhandlungen stimmungsgemäß zu

Page 92: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

KRITISCHE REFLEXION

92

unterstützen. Ich glaube auch, dass dadurch dieProzess-Beteiligten, insbesondere die Angeklag-ten, ermuntert wurden, nicht alles so ernst zu neh-men oder sich persönlich verletzt zu fühlen.

Mir persönlich hat der Beruf als Richter nicht nursehr viel Spaß gebracht, auch konnte ich dadurch

meinen Bekanntheitsgrad um ein Beträchtlichessteigern. Ich habe durch diese Aufgabe sogar nochim Nachhinein sehr viel Anerkennung von allenSeiten erhalten und mich hat sehr gefreut, dass dieVerhandlungen beim Publikum so gut ankamen.Ich bin immer noch davon überzeugt, den bestenBeruf in dem Projekt erwischt zu haben.

Page 93: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

UMFRAGE

93

Martina Geiger

Kann man Demokratie lernen?Auswertung einer Umfrage zum Projekt„Schule als Staat“

Martina Geiger, StR’in, unterrichtet am Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium Heilbronn die Fächer Deutsch,Französisch und Gemeinschaftskunde. Als Verbindungslehrerin betreut sie seit 1998 die Schülermitver-antwortung.

Handlungsorientierung zur Schulung von Selbst-ständigkeit, Problemlösungskompetenz und Selbst-verantwortung, Herausbildung von politischerMündigkeit und Demokratiefähigkeit, Wahrneh-mung der Bürgerrolle und aktive politische Parti-zipation: Viele hier nur schlagwortartig genannteZiele der modernen Pädagogik und insbesondereder politischen Bildung lassen sich mit Recht aufdas Projekt „Schule als Staat“ anwenden.1 Es bleibtjedoch die Frage, ob dieses Projekt seinen Ansprü-chen gerecht werden kann, ob sich die intendiertenLerneffekte auch einlösen und in Einstellung undVerhalten der Schüler nachvollziehen lassen.

Sicherlich ist es grundsätzlich schwierig, die viel-fältigen individuellen Erfahrungen des Demokra-tielernens, die während des Projektes „Schule alsStaat“ gemacht wurden, nachzuprüfen. Allenfallskönnte man kognitives Wissen über die Spielre-geln und Entscheidungsprozesse eines demokrati-schen Staates, das im simulativen Handeln erwor-ben wurde, abfragen. So wären etwa die Wahlhel-fer, die bei den Parlaments- und Präsidentschafts-wahlen mitgewirkt haben, sicherlich in der Lage,das d'Hondtsche Höchstzahlverfahren zu erklären,während die Betriebsleiter möglicherweise überVor- und Nachteile einer Umsatzsteuer referierenkönnten.

Wie aber soll die persönliche Bereitschaft, sich impolitischen, sozialen, wirtschaftlichen Leben einesStaates zu engagieren, wie sollen Demokratiefä-higkeit und politische Partizipation gemessen wer-den?

Gleichwohl soll im Rahmen dieser Dokumentationder Versuch unternommen werden zu untersuchen,inwieweit das Projekt „Schule als Staat“ das An-liegen des Demokratielernens fördern konnte. Zudiesem Zweck wurden zwei Monate nach demProjekt 330 Schülerinnen und Schüler der Klas-

1Vgl. hierzu die einführenden didaktischen Artikel von ClaußPeter Sajak und Martin Wedel in diesem Band.

senstufen 10 bis 13 (während des Projektes nochKlasse 9 bis 12) zu ihrem persönlichen politischenEngagement sowie zu ihren Erfahrungen mit„Schule als Staat“ befragt.2 Die Auswahl der Klas-senstufen begründet sich vor allem dadurch, dassin Baden-Württemberg das Fach Gemeinschafts-kunde am Gymnasium ab Klasse 10 unterrichtetwird.

Erarbeitet und durchgeführt wurde die Umfragevon der Jahrgangsstufe 12 im Rahmen des Grund-kurses Gemeinschaftskunde.

2Bei einigen Fragen konnten die befragten Schüler nicht nurankreuzen, sondern auch Kommentare, Verbesserungsvorschlä-ge o.ä. machen. Diese Ergebnisse finden sich nicht im Einzel-nen dokumentiert, sondern sind in die schriftliche Auswertungder Umfrage integriert.

Page 94: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

KRITISCHE REFLEXION

94

Teil A: Politisches Interesse außerhalb des Projektes

0. Befragte Personengruppe

1. Bist du politisch interessiert?

Männlich Weiblich GesamtKlasse 10 41 66 107Klasse 11 51 48 99Klasse 12 32 31 63Klasse 13 23 38 61Gesamt 147 183 330

Ja Nein Ja Nein

Klasse 10 47 59 43,93% 55,14%Männlich 20 21 48,78% 51,22%Weiblich 27 38 40,91% 57,58%

Klasse 11 43 45 43,43% 45,45%Männlich 24 24 47,06% 47,06%Weiblich 19 21 39,58% 43,75%

Klasse 12 34 27 53,97% 42,86%Männlich 15 13 46,88% 40,63%Weiblich 19 14 61,29% 45,16%

Klasse 13 33 29 54,10% 47,54%Männlich 15 8 65,22% 34,78%Weiblich 18 21 47,37% 55,26%

Gesamt 157 160 47,58% 48,48%Männlich 74 66 50,34% 44,90%Weiblich 83 94 45,36% 51,37%

Klasse 10 Klasse 11 Klasse 12 Klasse 13 Gesamt

0%

20%

40%

60%

80%

100%

Ja Nein

Page 95: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

UMFRAGE

95

2. Liest du regelmäßig den politischen Teil der Tageszeitung?

3. Wie oft siehst du Nachrichten im Fernsehen?

Täglich Wöchentlich Nie Täglich Wöchentlich Nie

Klasse 10 44 51 12 41,12% 47,66% 11,21%Männlich 20 17 4 39,22% 41,46% 9,76%Weiblich 24 34 8 36,36% 51,52% 12,12%

Klasse 11 63 32 4 63,64% 32,32% 4,04%Männlich 39 11 1 76,47% 21,57% 1,96%Weiblich 24 21 3 50,00% 43,75% 6,25%

Klasse 12 30 26 3 47,62% 41,27% 4,76%Männlich 20 7 3 62,50% 21,88% 9,38%Weiblich 10 19 0 32,26% 61,29% 0,00%

Klasse 13 36 21 3 59,02% 34,43% 4,92%Männlich 16 6 1 69,57% 26,09% 4,35%Weiblich 20 15 2 52,63% 39,47% 5,26%

Gesamt 173 130 22 52,42% 39,39% 6,67%Männlich 95 41 9 64,63% 27,89% 6,12%Weiblich 78 89 13 42,62% 48,63% 7,10%

Klasse10

Männlich

Weiblich

Klasse11

Männlich

Weiblich

Klasse12

Männlich

Weiblich

Klasse13

Männlich

Weiblich

Gesamt

Männlich

Weiblich

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

2. Tageszeitung politischer Teil

Ja

Nein

Kla

sse

10

Män

nlic

h

Wei

blic

h

Kla

sse

11

Män

nlic

h

Wei

blic

h

Kla

sse

12

Män

nlic

h

Wei

blic

h

Kla

sse

13

Män

nlic

h

Wei

blic

h

Ges

amt

Män

nlic

h

Wei

blic

h

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Tageszeitung politischer Teil

Ja

Nein

Page 96: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

KRITISCHE REFLEXION

96

4. Bist du aktiv in:

5. Hast du schon einmal an einer Demo / Bürgerinitiative teilgenommen?

Verein SMV Schule Schulzeitung Polit. Partei SonstigesKlasse 10 76,64% 10,28% 27,10% 2,80% 0,00% 16,82%Männlich 80,49% 7,32% 21,95% 0,00% 0,00% 39,02%Weiblich 74,24% 12,12% 30,30% 4,55% 0,00% 3,03%

Klasse 11 63,64% 4,04% 20,20% 1,01% 0,00% 10,10%Männlich 60,78% 3,92% 21,57% 1,96% 0,00% 7,84%Weiblich 66,67% 4,17% 18,75% 0,00% 0,00% 12,50%

Klasse 12 76,19% 4,76% 14,29% 12,70% 0,00% 3,17%Männlich 71,88% 6,25% 15,63% 15,63% 0,00% 6,25%Weiblich 80,65% 3,23% 12,90% 9,68% 0,00% 0,00%

Klasse 13 67,21% 8,20% 18,03% 8,20% 0,00% 8,20%Männlich 60,87% 0,00% 26,09% 8,70% 0,00% 4,35%Weiblich 71,05% 13,16% 13,16% 7,89% 0,00% 10,53%

Gesamt 70,91% 6,97% 20,91% 5,15% 0,00% 10,61%Männlich 68,71% 4,76% 21,09% 5,44% 0,00% 15,65%Weiblich 72,68% 8,74% 20,77% 4,92% 0,00% 6,56%

Demo Bürgerinit. Demo Bürgerinit.Gesamt 37 9 11,21% 2,73%

Männlich 20 8 13,61% 5,44%

Weiblich 17 1 9,29% 0,55%

Page 97: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

UMFRAGE

97

Von allen Befragten geben 47,58% an, politischinteressiert zu sein, während sich 48,48% als poli-tisch desinteressiert bezeichnen. Auffallend istjedoch, dass das politische Interesse mit dem Alterder Schüler und - eventuell damit verbunden - auchmit dem zunehmenden Einfluss der politischenBildung zunimmt (vgl. Frage 1).

Die Informationen zu aktuellen Ereignissen bezie-hen die Jugendlichen vorwiegend über das Medi-um Fernsehen, zum Teil auch über Radio undInternet. Nur 20,30% lesen regelmäßig den politi-schen Teil einer Tageszeitung, wobei die männli-chen Befragten eindeutig öfter die Zeitung zurHand nehmen als die weiblichen (vgl. Frage 2).Dieses Ergebnis bestätigt auch eine neuere Unter-suchung des Allensbacher Instituts, nach der im-mer weniger Jugendliche regelmäßig Tageszeitunglesen, selbst nach Schulprojekten, bei denen ver-sucht werde, jungen Leuten, das tägliche Zei-tunglesen nahezubringen. Vielmehr begnügten sichdie Jugendlichen, so der Meinungsforscher Rüdi-ger Schulz, mit Informationsschnipseln, die sie imFernsehen aufschnappen oder aus dem Internetherunterladen.1

Die Aktivitäten der Jugendlichen außerhalb derSchule konzentrieren sich vornehmlich auf dieMitwirkung in Vereinen (Sportverein, Musikka-pelle); in der Schule selbst (SMV, Klassenspre-cher, Energiebeauftragte, Schülerzeitung, AGs)engagieren sich lediglich 30% der Befragten. Dar-über hinaus arbeiten einige in kirchlichen odersozialen Institutionen mit (CVJM, DRK, Feuer-wehr). Auffällig ist, dass keiner der BefragtenMitglied in der Jugendorganisation einer politi-schen Partei ist - und dies trotz (oder wegen) derTatsache, dass einige der Oberstufenschüler Abge-ordnete im örtlichen Jugendgemeinderat sind oderwaren. Der Mangel an parteipolitischem Engage-ment spiegelt damit den allgemeinen Trend derPolitik- bzw. Parteienverdrossenheit wider.

Die Tendenz, sich eher in sozialen oder „unpoliti-schen“ Bereichen zu engagieren, zeigt sich auchdarin, dass die Jugendlichen im Bereich der politi-schen Partizipation recht wenig Erfahrung haben.Die meisten dürfen noch nicht wählen, nur 11,21%bzw. 2,73 % haben schon einmal an einer De-monstration oder Bürgerinitiative teilgenommen,und dies auch nur dann, wenn es um lokale oderregionale Anliegen ging (Bau von Umgehungs-straßen, Castor-Transporte vom AKW Neckar-westheim, Demonstration für mehr junge Lehrer inBaden-Württemberg, vgl. Fragen 4 und 5).

1Vgl. hierzu den Artikel „Teenies reichen 'Infoschnipsel' aus“,Heilbronner Stimme vom 13.11.2000, S. 7.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass politi-sches Interesse bei etwa der Hälfte der befragtenJugendlichen zwar durchaus vorhanden ist, sichdieses Interesse aber nicht als Engagement imSinne einer aktiven Partizipation an politischenEntscheidungsprozessen niederschlägt. Die andereHälfte hält sich zwar für informiert, aber desinter-essiert. Dies gilt insbesondere für die Schülerinnen(mit Ausnahme der Jahrgangsstufe 12), die weni-ger Interesse an politischen Vorgängen bekundenals die männlichen Befragten (vgl. Frage 1).

Page 98: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

KRITISCHE REFLEXION

98

Teil B: Interesse am Projekt „Schule als Staat“

2. Warst du Parteimitglied?

Gesamt0%

25%

50%

75%

100%

1. Wie fandest du die Idee "Schule als Staat"?

Sehr gut - gut Neutral Schlecht - ganzschlecht

Ja Nein Ja Nein

Klasse 10 1 104 0,93% 97,20%Männlich 0 41 0,00% 100,00%Weiblich 1 63 1,52% 95,45%

Klasse 11 18 79 18,18% 79,80%Männlich 11 39 21,57% 76,47%Weiblich 7 40 14,58% 83,33%

Klasse 12 8 51 12,70% 80,95%Männlich 4 27 12,50% 84,38%Weiblich 4 24 12,90% 77,42%

Klasse 13 19 41 31,15% 67,21%Männlich 6 17 26,09% 73,91%Weiblich 13 24 34,21% 63,16%

Gesamt 46 275 13,94% 83,33%Männlich 21 124 14,29% 84,35%Weiblich 25 151 13,66% 82,51%

Page 99: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

UMFRAGE

99

3. Was war dein Arbeitsbereich?

4. Kanntest du Personen des öffentlichen Lebens (Minister, Parlamentsabgeordnete,Richter usw.)?

Beamter Betriebsleiter Angestellter9,35% 26,17% 62,62%0,00% 34,15% 73,17%

15,15% 21,21% 56,06%

30,30% 18,18% 50,51%13,73% 21,57% 64,71%47,92% 14,58% 35,42%

34,92% 23,81% 33,33%40,63% 28,13% 25,00%29,03% 19,35% 41,94%

37,70% 34,43% 24,59%60,87% 17,39% 21,74%23,68% 44,74% 26,32%

25,76% 24,85% 46,36%23,13% 25,85% 51,70%27,87% 24,04% 42,08%

Klasse 10MännlichWeiblich

Klasse 11MännlichWeiblich

Klasse 12MännlichWeiblich

Klasse 13MännlichWeiblich

GesamtMännlichWeiblich

Ja Nein Ja Nein

Gesamt 244 77 73,94% 23,33%Männlich 92 49 62,59% 33,33%Weiblich 152 28 83,06% 15,30%

Page 100: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

KRITISCHE REFLEXION

100

5. Welche Institutionen haben dir gefallen / nicht gefallen?

49,68%

26,58%

10,13%

13,61%

Staatspräsident

Gut Mittelmäßig Schlecht Keine Meinung

41,52%

20,00%

13,33%

25,15%

Gericht

Gut Mittelmäßig Schlecht keine Meinung

22,15%

33,86%14,24%

29,75%

Parlament

Gut Mittelmäßig Schlecht keine Meinung

20,00%

32,19%

30,63%

17,19%

Zoll

Gut Mittelmäßig Schlecht keine Meinung

38,41%

22,26%

16,16%

23,17%

Müllabfuhr/ Geschirrmobil

Gut Mittelmäßig Schlecht keine Meinung

15,15%

24,24%

27,27%

33,33%

Umweltkontrolldienst

Gut Mittelmäßig Schlecht keine Meinung

21,12%

28,57% 28,88%

21,43%

Wirtschaftskontrolldienst

Gut Mittelmäßig Schlecht keineMeinung

19,27%

26,61%

9,79%

44,34%

Außenministerium

Gut Mittelmäßig Schlecht keine Meinung

Page 101: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

UMFRAGE

101

18,21%

28,75%

15,02%

38,02%

Arbeitsministerium

Gut Mittelmäßig Schlecht keine Meinung

17,61%

29,87%

21,07%

31,45%

Finanzministerium

Gut Mittelmäßig Schlecht keine Meinung

21,25%

28,75%

10,31%

39,69%

Kulturministerium

Gut Mittelmäßig Schlecht keine Meinung

25,71%

25,71%

7,30%

41,27%

Sportministerium

Gut Mittelmäßig Schlecht keine Meinung

14,24%

29,75%

12,03%

43,99%

Umweltministerium

Gut Mittelmäßig Schlecht keine Meinung

19,61%

22,19%

12,22%

45,98%

Innenministerium

Gut Mittelmäßig Schlecht keine Meinung

Page 102: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

KRITISCHE REFLEXION

102

6. Hast du die Staatszeitung „Elysia Daily“ gelesen?

7. Hast du eine Gerichtsverhandlung besucht?

8. Hast du eine Parlamentssitzung besucht?

9. Hast du die Verfassung gelesen?

10. Hast du eine Kultur- oder Sportveranstaltung besucht?

11. Bist du länger im Staat geblieben als du musstest (6 Stunden)?

Gesamt 233 82 70,61% 24,85%Männlich 87 54 59,18% 36,73%Weiblich 146 28 79,78% 15,30%

Ja Nein Ja Nein

Ja Nein Ja Nein

Männlich 70 82 47,62% 55,78%Weiblich 72 112 39,34% 61,20%

Ja Nein Ja NeinGesamt 81 260 24,55% 78,79%Männlich 37 119 25,17% 80,95%Weiblich 44 141 24,04% 77,05%

Ja Nein Ja NeinGesamt 155 168 46,97% 50,91%Männlich 61 85 41,50% 57,82%Weiblich 94 83 51,37% 45,36%

Ja Nein Ja NeinGesamt 206 116 62,42% 35,15%Männlich 84 62 57,14% 42,18%Weiblich 122 54 66,67% 29,51%

Ja Nein Ja NeinGesamt 218 112 66,06% 33,94%Männlich 98 49 66,67% 33,33%Weiblich 120 63 65,57% 34,43%

Page 103: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

UMFRAGE

103

Mehr als 56% der Befragten beurteilten „Schuleals Staat“ von Beginn an als gut bis sehr gut, be-fürworteten das Projekt also prinzipiell, auch wennsich die Schüler vielleicht noch nicht sofort damitauseinander setzten oder daran mitarbeiteten. Etwa20% hatten zu Beginn des Projektes noch keineMeinung und verhielten sich neutral, knapp über20% der befragten Schüler lehnten „Schule alsStaat“ zu Anfang ab (vgl. Frage 1).Entsprechend verteilte sich auch das Engagementder Einzelnen über das Schuljahr hinweg. Wäh-rend eine Gruppe von etwa 40 Schülern (vor-nehmlich aus der damaligen Klassenstufe 12) seitProjektbeginn im November 1999 mitarbeitete,gab die große Mehrzahl der Schüler an, sich ab derPhase der Partei- und Betriebsgründungen imFrühjahr 2000 mit dem zu gründenden Staat ausei-nandergesetzt zu haben. Die Kritiker des Projekteswaren nach eigenen Angaben bis wenige Tage vorStaatseröffnung weder informiert, noch hatten siesich um einen Arbeitsplatz gekümmert.

Lediglich 13,94% der Befragten ergriffen dieMöglichkeit, Mitglied in einer Partei zu werden,um bei den Parlaments- und Präsidentschaftswah-len zu kandidieren und später Regierungsverant-wortung im Staat zu übernehmen. Weiterhin istanzumerken, dass die Parteigründungen im We-sentlichen auf die Aktivität einzelner Klassen oderSchüler, die ohnehin das Projekt vorantrieben,zurückzuführen waren. In dieser Phase des Pro-jektes bekamen die Organisatoren den Widerstandder Jugendlichen, sich in Parteien zu engagierenoder zu organisieren, besonders deutlich zu spüren(vgl. Frage 2). Damit bestätigte sich die in Teil Akonstatierte allgemeine Parteienverdrossenheit derJugendlichen auch innerhalb des Projektes.

Dem gegenüber steht eine deutlich höhere Motiva-tion, im Bereich der Wirtschaft aktiv zu werden.Immerhin ein Viertel der befragten Schüler nah-men die Möglichkeit wahr, selbst einen Betrieb zugründen, um dadurch - laut eigener Aussage -Einblicke ins Wirtschafts- und Finanzleben zugewinnen. Sicherlich stand auch der Aspekt desGeldverdienens bei vielen im Vordergrund, derwirtschaftliche Gewinn wurde von den meistenSchülern höher eingestuft als die Mitsprache inpolitischen Entscheidungsprozessen. Dennochblieben auch hier 70% der Befragten insofernpassiv, als sie sich „nur“ vom Staat oder einemBetrieb beschäftigen ließen, ohne selbst Verant-wortung übernehmen zu müssen (vgl. Frage 3).

Die Frage, ob sie Personen des öffentlichen Lebenskannten, bejahten 73,94%. Meist konnten auchNamen genannt bzw. Aussagen darüber getroffenwerden, welcher Mitschüler für welches Ministeri-um zuständig war, wer Richter war o.ä. Dies ist

insbesondere auch darauf zurückzuführen, dass einGroßteil der Regierung des Staates Elevia sich ausder Oberstufe und damit aus den jetzt befragtenKlassenstufen rekrutierte (vgl. Frage 4). Anderer-seits jedoch konnten viele der Befragten keineAussage darüber machen, wie sie die Arbeit dereinzelnen Ministerien fanden. Beispielsweise ga-ben 62,42% an, das Kultur- oder Sportprogrammgenutzt zu haben (vgl. Frage 10), wussten auchnoch, wer Kultur- bzw. Sportminister war, konntenaber gleichzeitig die Arbeit des Sport- oder Kul-tusministeriums nicht beurteilen. 48,03% habeneine Gerichtsverhandlung besucht (vgl. Frage 7),46,98% konnten aber keine Aussage über die Ar-beit des Innenministeriums treffen. Auch wird dieEinrichtung einer Müllabfuhr bzw. eines Ge-schirrmobils positiv und der Umweltkontrolldienstnegativ bewertet, beides wird aber nicht als Leis-tung des Umweltministeriums erkannt (44% keineAussage).

Das Amt und die Person des Staatspräsidenten, diestark repräsentativen Charakter und hohe Öffent-lichkeitswirkung besaßen, werden als gut bis mit-telmäßig beurteilt. Die Kontrolldienste und Insti-tutionen hingegen, die die Betriebe beaufsichtigten(Wirtschaftskontrolldienst, Umweltkontrolldienst)und besteuerten (Finanzministerium), waren er-wartungsgemäß unbeliebt (vgl. Frage 5).

Erstaunlich ist die negative Einschätzung des Par-laments. Während sich die Parlamentssitzungenbei den erwachsenen Besuchern und den offiziel-len Staatsgästen großer Beliebtheit erfreuten, be-suchten von den befragten Schülern nur knapp einViertel eine Parlamentssitzung (vgl. Frage 8).Scheinbar war das wirtschaftliche, kulturelle undsportliche Angebot im Staat attraktiver als daspolitische - und dies obwohl im Parlament für dieAllgemeinheit durchaus wichtige Fragen, wie etwaeine Steuersenkung oder die Kürzung der Beam-tengehälter, debattiert wurden. Gleichzeitig jedochbeurteilen fast die Hälfte der Befragten die Arbeitdes Parlaments als mittelmäßig bis schlecht (vgl.Frage 5)

Die Umfrageergebnisse zeigen einerseits, dass der„Eventcharakter“ während des Projektes (Theater,Sportturniere) im Vordergrund stand und nicht diepolitischen Entscheidungsprozesse, die sich hinterden Events verbargen. Entscheidend war für dieSchüler, viel zu erleben, Spaß zu haben, real inBetrieben oder im Staat zu handeln, nicht aber diestaatlichen oder wirtschaftlichen Strukturen zureflektieren. Andererseits wird deutlich, dass dasGeschehen im Staat nicht an Institutionen, Struktu-ren oder politischen Prozessen festgemacht wurde,sondern vielmehr an den Personen, die diese In-stitutionen nach außen hin repräsentierten, etwa

Page 104: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

KRITISCHE REFLEXION

104

am Staatspräsidenten, den Regierungsmitgliedernoder den Vertretern der Justiz. Möglicherweise istalso mit der negativen Einschätzung des Parla-ments nicht die Institution als solche gemeint,

sondern vielmehr die Abgeordneten, die „Macher“und Planer des Projekts, denen Mängel im Staatoder Organisationsfehler angelastet werden.

Teil C: Erfahrungen aus dem Projekt

2. Was hast du vom Projekt „Schule als Staat“ erwartet?

84,44%

15,56%

1. Hat dir das Projekt Spaß gemacht?

Ja Nein

Spaß Keine Schule Geld Neue Leute Gleichberech. MitbestimmenKlasse 10 78 54 60 16 46 25Männlich 29 24 24 8 15 6Weiblich 49 30 36 8 31 19

Klasse 11 86 53 59 25 36 36Männlich 41 31 36 9 14 13Weiblich 45 22 23 16 22 23

Klasse 12 54 24 24 13 24 31Männlich 28 16 12 7 12 13Weiblich 26 8 12 6 12 18

Klasse 13 52 17 18 9 26 23Männlich 20 8 7 5 9 11Weiblich 32 9 11 4 17 12

Gesamt 270 148 161 63 132 115Männlich 118 79 79 29 50 43Weiblich 152 69 82 34 82 72

Gesamt % 81,82% 44,85% 48,79% 19,09% 40,00% 34,85%

Page 105: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

UMFRAGE

105

3. Was hast du aus dem Projekt gelernt?�

� Wie ein demokratischer Staat funktioniert� Dass man für sein Geld hart arbeiten muss� Dass in einem Staat alle zusammenarbeiten müssen� Dass politisches Engagement wichtig ist

� Die prozentualen Angaben des Kuchendiagramms (siehe nächste Seite) sind auf 100% normiert. Da beidieser Frage jedoch mehrere Antworten möglich waren, übersteigen die Zahlen in der Tabelle 100% undzeigen andere Werte an als das Kuchendiagramm.

30,37%

16,65%18,11%

7,09%

14,85%

12,94%

2. Was hast du vom Projekt erwartet ?

Spaß Keine Schule Geldverdienen Leute treffen

Gleichberechti-gung

Mitbestimmung

Demokratie Arbeit Staat EngagementKlasse 10 40 57 44 22Männlich 15 22 11 8Weiblich 25 35 33 14

Klasse 11 12 23 27 7Männlich 12 23 27 7Weiblich

Klasse 12 35 30 52 17Männlich 24 18 31 8Weiblich 11 12 21 9

Klasse 13 9 15 18 9Männlich 9 15 18 9Weiblich

Gesamt 96 125 141 55Männlich 60 78 87 32Weiblich 36 47 54 23

Page 106: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

KRITISCHE REFLEXION

106

4. Würdest du dich aufgrund deiner Erfahrungen im Staat Elevia in Zukunft mehrpolitisch interessieren?

5. Würdest du das Projekt wiederholen?

23,02%

29,98%

33,81%

13,19%

3. Was hast du aus dem Projekt gelernt ?

Demokratie Arbeit Staat Engagement

Ja Nein Ja Nein

Klasse 10 47 42 43,93% 39,25%Männlich 15 14 36,59% 34,15%Weiblich 32 28 48,48% 42,42%

Klasse 11 12 51 12,12% 51,52%Männlich 2 26 3,92% 50,98%Weiblich 10 25 20,83% 52,08%

Klasse 12 3 35 4,76% 55,56%Männlich 1 25 3,13% 78,13%Weiblich 2 10 6,45% 32,26%

Klasse 13 13 32 21,31% 52,46%Männlich 1 10 4,35% 43,48%Weiblich 12 22 31,58% 57,89%

Gesamt 75 160 22,73% 48,48%Männlich 19 75 12,93% 51,02%Weiblich 56 85 30,60% 46,45%

Gesamt 231 82 70,00% 24,85%Männlich 100 40 68,03% 27,21%Weiblich 131 42 71,58% 22,95%

Ja Nein Ja Nein

Page 107: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

UMFRAGE

107

Über 80% der befragten Schüler gaben an, dassihnen das Projekt Spaß gemacht hat (vgl. Frage 1),fast genauso viele, nämlich 70%, würden das Pro-jekt sogar noch einmal wiederholen (vgl. Frage 4).Die 20%, denen „Schule als Staat“ nicht gefallenhat, entspricht etwa der Zahl derer, die von Beginnan die Idee negativ beurteilten (vgl. Teil B, Frage1). Natürlich ist nicht nachzuvollziehen, ob es sichhierbei um die gleichen Schüler handelt, d.h. obdie Kritiker auch bis zum Schluss unzufriedenblieben.

Für die meisten stand also der Spaß, das gemein-same Fest, der „Funcharakter“ im Vordergrund -und dies hatten auch über 80% der Schüler erwar-tet (vgl. Frage 2). Auch die Aussicht, keinen Un-terricht zu haben (44,85%), geht in dieselbe Er-wartungsrichtung. Lernen wollte niemand währenddes Projektes, allenfalls noch Geld verdienen oderim Rahmen der betrieblichen Arbeit Erfahrungensammeln (48,79%). Erst an dritter Stelle folgte derWunsch, an demokratischen Prozessen teilzuha-ben, Eigeninitiative und Eigenverantwortung zuzeigen (mit Lehrern gleichgestellt zu sein: 40%,mitbestimmen zu können: 34,85%).

Was bleibt für die Schüler vom Projekt übrig? Diemeisten (42,73%) haben die Einsicht gewonnen,dass Gruppenzusammenhalt und Gemeinschafts-sinn in einem Staat wichtig sind, dass es eine kol-lektive Aufgabe ist, ein Staatswesen mit Leben zuerfüllen. Knapp 38% meinen, Einblicke in wirt-schaftliche Zusammenhänge und in die Praxis desBerufslebens und Arbeitsalltags gewonnen zuhaben. Etwa 30% glauben, durch das ProjektKenntnisse in Strukturen und Institutionen einesdemokratischen Staates bekommen zu haben.Auffallend ist jedoch, dass lediglich 16,67% derBefragten politisches Engagement für notwendigerachten - und dies trotz der Erkenntnis, dass ineinem Staat alle aufeinander angewiesen sind, dasses „ohne Ich kein Wir“ gibt. Politik im engerenSinn wird einer Minderheit überlassen, die großeMehrheit trägt - obwohl sie vielleicht insgeheimden Wunsch nach stärkerer Mitbestimmung hegt(vgl. Frage 2) - die Entscheidungen der politischAktiven lediglich mit.

Dennoch sagten 22% der Befragten aus, sich nachden Erfahrungen mit „Schule als Staat“ mehr fürPolitik zu interessieren. Besonders deutlich ist dasgesteigerte Interesse in den 10. Klassen zu bemer-ken, wo das Fach Gemeinschaftskunde neu unter-richtet wird. (vgl. Frage 4). Auch ist auffällig, dassvor allem bei den weiblichen Jugendlichen, diesich im Vorfeld als politisch eher desinteressiertbezeichneten (vgl. Teil A, Frage 1), das ProjektAnreize schaffen konnte, sich über Zeitung oder

Fernsehen mehr zu informieren und das politischeGeschehen stärker mitzuverfolgen.48,48% der Jugendlichen gaben an, kein gestei-gertes politisches Interesse zu haben. Jedoch isthier zu differenzieren zwischen einer Gruppe, dienach eigenen Angaben tatsächlich keine Lust hatund desinteressiert ist, sowie anderen, die glauben,schon genug Interesse an politischen Vorgängen anden Tag zu legen, wieder anderen, die sich mehrfür andere Dinge interessieren und für politischesEngagement keine Zeit aufbringen können.Schließlich gibt es noch eine Gruppe von Befrag-ten, die aussagten, sich deshalb nicht verstärkt fürPolitik zu interessieren, weil das Projekt nur eineSpielerei gewesen sei und nichts mit dem wirkli-chen Leben zu tun habe.

Den Erfolg des Projektes im Hinblick auf Demo-kratielernen abschließend zu beurteilen, ist schwie-rig. Den Zahlen zufolge hat sich bei den befragtenSchülern eine Steigerung von 22% an politischemInteresse ergeben, und dies insbesondere in Klasse10 (während des Projektes noch Klasse 9). Soscheint „Schule als Staat“ zumindest bei denen, diedas Fach Gemeinschaftskunde noch nicht kennen,Interesse an politischen Vorgängen geweckt zuhaben.

Bei 48% konnte das Projekt nicht ein Mehr anpolitischem Interesse bewirken, es gelang nicht,diesen Teil der Schülerschaft für ein verstärktesEngagement zu motivieren. Die Gründe hierfürsind vielfältig, als wichtiger Kritikpunkt an„Schule als Staat“ ist jedoch der Simulationscha-rakter des Projektes und die Zweifel an der Über-tragbarkeit auf die Bedingungen in der realen Weltzu nennen.

Daraus ergibt sich die Erkenntnis, dass einigeSchüler sehr viel, die Mehrheit eher wenig überdemokratische Strukturen, Mitsprache, Entschei-dungsprozesse gelernt haben. Fest steht auch, dasses sich mit Spaß leichter lernt, auch wenn dasLernen nur indirekt erfolgte: Der „Funaspekt“während des Projektes stand für viele im Vorder-grund, das Lernziel „mündiger Bürger“ wurde vonden Schülern verständlicherweise nicht wahrge-nommen. Dennoch bleiben sicherlich bei vielenBeteiligten individuelle Erfahrungen und persönli-che Lernerfolge, die die Schüler auf ihre Rolle alsWirtschafts- und Staatsbürger vorbereiten und ihreHandlungskompetenzen innerhalb eines demokra-tischen Staatswesens fördern.

Diese Erfolge des Projektes sind nicht messbar, diepolitisch-soziale Motivation, die aus dem Projektentstanden sein könnte, zeigt sich bei den Schülernbisher nur in Absichtserklärungen, (noch) nichtaber in Form von konkretem Engagement.

Page 108: „Elevia, Man denkt fast an Utopia

KRITISCHE REFLEXION

108

Jedoch muss dieses Engagement möglicherweisenicht auf sich warten lassen: Die Schule selbstwird sich aufgrund der Umfrageergebnisse überle-gen müssen, inwieweit sich der Schülerwunschnach stärkerer Mitbestimmung und Mitgestaltungdes Schullebens sowie die Einsicht in die Notwen-digkeit des Zusammenhalts im konkreten Schul-alltag umsetzen lässt (etwa in Form eines Schüler-gerichts oder Schülerparlaments). Vielleicht isthier der Platz, die Erfolge des Projektes im Hin-blick auf Mündigkeit und demokratisches Handelnam ehesten weiterwirken zu lassen.