ein versuch über accommodation und intraokularen druck am überlebenden kinderauge

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Ein Versuch tiber Accommodation und intraokularen Druck am tiberlebenden Kinderange. Von Dr. L. Heine in Breslau. Kann es aueh als erwiesen gelten, dass der intraokulare Druck unabh~ngig yon dcr Accommodation istl), so seheint mir die Um- kehrung der Frage: Ist die Accommodation unabhitngig yore intra- okularen Druek, doch nicht iiberfliissig und bisher wenig in die Dis- kussion gezogen. Ich bin in der Lage, hierfiir einen am iiberlebenden Kinderauge angestellten Versuch beizubringen, der geeignet erseheint, die Unab- h~ngigkeit des Accommodationsspieles yore Intraokulardruck beim Menschen darzutun. Der Freundlichkeit des Herrn Kollegen Otto Meyer, dirigierendem Arzt der Schtesischen Augenklinik, verdanke ich den Bulbus eines zehn Jahre alten Knaben, bei dem sich inner- halb weniger Wochen oben am Corneosklerallimbus ein Tumor ent- wickelt hatte, der die Enueleation des sonst normalen Auges erfbrderte. Die ].~efraktion wies Astigmatismus inv. ~ 5,0 D mit etwas schr~ger Achsenstellung: wie das Keratoskop zeigte, offenbar corneal bedingt. +~" ¥isus o. C. 6/1 ~ ...... 6/s , c. cyl. -t-3,0 ~/6. ]~ - - - - o I Spontanaecommodation bei Konvergenz auf den vorgehaltenen Finger liess sich skiaskopiseh messen: • Es land also eine in gewissem Grade as~igmatisehe Accommodation start. Feinster Druck wurde in 8 em gelesen. Die Accommodationsbesehrankung am verti- kalen Meridian war, wie die sp~tere mikroskopische Untersuchung 1) Siehe Hess und Heine, v. Graefe's Arch. f. 0phthalm. Bd. XLVI.

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Ein Versuch tiber Accommodation und intraokularen Druck

am tiberlebenden Kinderange. Von

Dr. L. H e i n e in Breslau.

Kann es aueh als erwiesen gelten, dass der intraokulare Druck unabh~ngig yon dcr Accommodation istl), so seheint mir die Um- kehrung der Frage: Ist die Accommodation unabhitngig yore intra- okularen Druek, doch nicht iiberfliissig und bisher wenig in die Dis- kussion gezogen.

Ich bin in der Lage, hierfiir einen am iiberlebenden Kinderauge angestellten Versuch beizubringen, der geeignet erseheint, die Unab- h~ngigkeit des Accommodationsspieles yore Intraokulardruck beim Menschen darzutun. Der Freundlichkeit des Herrn Kollegen Ot to Meyer , dirigierendem Arzt der Schtesischen Augenklinik, verdanke ich den Bulbus eines zehn Jahre alten Knaben, bei dem sich inner- halb weniger Wochen oben am Corneosklerallimbus ein Tumor ent- wickelt hatte, der die Enueleation des sonst normalen Auges erfbrderte. Die ].~efraktion wies Astigmatismus inv. ~ 5,0 D mit etwas schr~ger Achsenstellung: wie das Keratoskop zeigte, offenbar corneal bedingt.

+~" ¥isus o . C . 6/1 ~ ...... 6/s , c. cyl. -t-3,0 ~/6. ]~ - - - - o

I Spontanaecommodation bei Konvergenz auf den vorgehaltenen

Finger liess sich skiaskopiseh messen: • Es land also eine in

gewissem Grade as~igmatisehe Accommodation start. Feinster Druck wurde in 8 em gelesen. Die Accommodationsbesehrankung am verti- kalen Meridian war, wie die sp~tere mikroskopische Untersuchung

1) Siehe Hess und Heine, v. Graefe's Arch. f. 0phthalm. Bd. XLVI.

Ein Versuch tiber Accommodatidn und intraokularen Druck usw. 4 4 9

:~,eigte, anscheinend mechanisch bedingt dutch Druck des Tumors auf den Ciliarmuskel.

Nach der in, Chloroformnarkose ausgeftthrten Enucleation wurde der Bulbus zwischen zwei ringfSrmigen Elektroden gehalten~ deren eine dem Corneoskterallimbus auflag, deren andere den Optikuseintritt umfasste. Jede Verdriickung.wurde hierbei tunliehst vermieden. Dass sich dies hatte erreichen tassen~ zeigte die Xgestimmung der Refraktion, denn diese war dieselbe wie in situ. Auch die Accommodation spielte sieh auf Reizung mit schwitchsten faradischen StrSmen genau so ab~ wie oben geschildert.

Run wurde mit dem Graefeschen Messer am Aquator eine kleine Lappenwunde yon 3--4 mm Lgnge angelegt, in die sich sofort eine kleine GlaskSrperperle einstellte.

+ 6

Die Refraktion Iiess sich nun zu - - ~ 1 bestimmen. Bei Rei-

z, ung dutch den faradisehen Strom abet -.--+2_ 12"

Dabei eilte die Accommodation deutlich der Miose voraus, so dass die Bestimmung mittels Skiaskopes hinreichend leicht mSglieh war. Etwa 10 Minuten lang liess sich dies gerhalten beobaohten. Auch Kollege Meyer und seine Herren Assistenten iiberzeugten sieh yon der Richtigkeit der Beobaehtung.

Dabei trat an der Glask~Srperperle auoh ftir die Lupenbetrach- tung nicht die geringste ger~tnderung ein.

Dieser Versueh seheint mir zu beweisen~ dass das Aceommoda- tionsspM anch bei aufgehobenem Intraokulardruck in natih'lichem Umfang m5glieh ist und dass aueh unter diesen Verh~Lltnissen der OlaskSrper dureh die Kontraktion des Ciliarmuskels keine Kom- pression erf~ihrt.

Th. :Beer hat diesen Versueh bereits am Affenauge angestellt (~Wiener klin. Wochensehr. 1898, Nr. 42), aber die OrSsse der Ac- commodation wohl nicht gemessen~ sondern nur die VorwSlbung der Linse konstatiert. Er benutzt den Versuoh zur Bek~mpthng der Gegner der Entspannungstheorie, maeht abel" durchaus mit Reeht darauf aufmerksam, dass die t te lmhol tzsehe Theorie des Accom- modationsmeehanismus vielleicht etwas zu modifizieren wi~re: H elm- hol tz sagt: ,,Lins% Zonula und Aderhaut bitden eine vollstiindig gesehlossene, veto Glask6rper prall ausgefiillte Kapset. Der Druck der Fltissigkeit wird die Spannung der genannten Teile unterhalten

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miissen." Hierzu bemerkt Th. Beer : .,Da nun trotz ErSffnung des GlaskSrperraumes keine Entspannung der Linse . . . eintritt, so wird die Linse im Ruhezustand des Auges auch unabh~ngig yore intra- oku]aren Druck durch die Festigkeit der Sk]era, an der schliesslich alles befestigt ist, angespannt erhalten. So wfirde auch eine aus einem steifen Gummiballon geschnittene Zone ihre Form nieht ver- listen, nicht kollabieren m~issen."

Aueh racine Leichenversuehe spreehen far diese Auffassung~), denn die Refraktion des Leichenauges ist noch mehrere Stunden post mortem dieselbe xvie intra vitam. Auch an kindiiehen Leiehen habe ieh diese Verh~ltnisse spgter noch mehrfach kontrolliert.

Ferner ist mir keine klinisehe Beobachtung bekannt geworden, wo die Hypotonie die Aecommodationsbreite beeintrgehtigt hgtte.

Die HShe des intraokularen Druekes ist fiir die Spannung der Zonula und der zugehSrigen Chorioidealzone - - mindestens innerhaib weiter G r e n z e n - bedeutungslos. Auch ist ja die Form der Augen- h[illen sehr wenig durch Druekschwankungen zu beeinflussen. Die Sklera an sieh ist steif genug, die Zonula geniigend gespannt zu halten.

2) Heine, v. Graefe's Arch. f. Ophthalm. Bd. XLYI. S. 530.