oberflächennahe schädigung von superlegierungen unter

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Oberflächennahe Schädigung von Superlegierungen unter Hochtemperatur Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Ingenieurwissenschaften (Dr.-Ing.) Vorgelegt von: John-Björn Steger im Fachbereich Maschinenbau der Universität Kassel Tag der mündlichen Prüfung: 03.06.2020 1. Gutachterin: Frau Prof. Dr. rer. nat. Angelika Brückner-Foit Universität Kassel 2. Gutachter: Herr Prof. Dr.-Ing. Adrian Rienäcker Universität Kassel Kassel, der 26.02.2020

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Oberflächennahe Schädigung von Superlegierungenunter Hochtemperatur

Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors derIngenieurwissenschaften (Dr.-Ing.)

Vorgelegt von: John-Björn Stegerim Fachbereich Maschinenbauder Universität Kassel

Tag der mündlichen Prüfung: 03.06.2020

1. Gutachterin: Frau Prof. Dr. rer. nat. Angelika Brückner-FoitUniversität Kassel

2. Gutachter: Herr Prof. Dr.-Ing. Adrian RienäckerUniversität Kassel

Kassel, der 26.02.2020

I

Kurzfassung

In der vorliegenden Arbeit wird die Alterung von Nickelbasislegierungen in Oberflächennä-he betrachtet. Dabei wird der Einfluss von Temperatur und Zeit in Zusammenhang mit derOberflächenrauheit, Deformation und der Konzentration von Natriumsulfat an der Proben-oberfläche untersucht. Zur Quantifizierung der Schädigung kommen rasterelektronenmikro-skopische Methoden wie EBSD und EDX zum Einsatz.Es wird gezeigt, dass die analysierten Verarmungs- und Vergröberungsprozesse der γ′-Aus-scheidungen eine deutliche Legierungsabhängigkeit haben. Besonders die γ′-Bildner Tantalund Titan zeigen das Potenzial die Ausscheidungen zu stabilisieren. Darüber hinaus ist derAnteil von Kirkendall-Poren in Legierungen mit mittlerem Titangehalt niedriger. Jedoch zeigtsich auch die Anfälligkeit zu innerer Oxidation und Bildung von Ausscheidungen, welche dieStabilität von Oxidschichten herabsetzen.Die plastische Deformation resultiert, neben sporadischer Rekristallisation in γ′-verarmtenBereichen, in der verstärkten Oxidation von Nickel. Diese Änderung der Oxidationskinetikwird durch die höhere Versetzungsdichte begründet. Ein Korrosionsfortschritt an den Korn-grenzen kann in dieser Experimentreihe nicht beobachtet werden.Im abschließenden Kapitel dieser Arbeit wird gezeigt, dass Natriumsulfat bei gleichzeitigerAuslagerung auf Temperaturen zwischen 900 ◦C - 1000 ◦C Rekristallisationsprozesse auslösenkann. Diese finden unabhängig von äußerlich aufgebrachter Deformation durch die Volumen-zunahme der sich im Inneren bildenden Oxide statt. Durch die Bildung einer Nickeloxidschichtan der Oberfläche ist der oxidative Fortschritt der Schädigung auf die neugebildeten Korn-grenzen beschränkt. An diesen werden selektiv γ′-Bildner und Oxidschichtbildner gebunden.Es wird weiterhin gezeigt, dass die Bildung dieser strukturierten Schicht den Schädigungs-prozess durch einen Schwefeltreibeffekt aufrecht erhält.

II

Abstract

In this thesis, the ageing behavior of nickel-based alloys near the surface is considered. Theinfluence of temperature and time in connection with surface roughness, deformation andthe concentration of sodium sulfate on the sample surface is investigated. Scanning electronmicroscopic methods like EBSD and EDX are used to quantify the damage.It is shown that the analysed depletion and coarsening processes of the γ′-precipitates have aclear dependence on the alloying chemistry. Especially the γ′-formers tantalum and titaniumshow the potential to stabilize the precipitates. Furthermore, the amount of Kirkendall poresin alloys with a medium titanium content is lower. However, the susceptibility to internaloxidation and precipitate formation, which reduces the stability of oxide layers, is also appa-rent.The plastic deformation results, besides sporadic recrystallization in γ′-depleted areas, in in-creased oxidation of nickel. This change in oxidation kinetics is due to the higher dislocationdensity. A corrosion of grain boundaries cannot be observed in this series of experiments.In the concluding chapter of this work, it is shown that sodium sulphate can trigger recrystal-lisation processes when simultaneously aged at temperatures between 900 ◦C - 1000 ◦C. Theseprocesses take place independently of externally applied deformation, due to the increasein volume of the oxides formed inside. By the formation of a nickel oxide layer on the sur-face, the oxidative progress of the damage is limited to the newly formed grain boundariesto which γ′-formers and oxide layer-formers are selectively bound. It is further shown thatthe formation of this structured layer maintains the damage process by a cascading sulphureffect.

Inhaltsverzeichnis

Nomenklatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI

I. Einleitung, Motivation und untersuchtes Material 1

1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

2. Nickelbasis-Superlegierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.1. Phasen und Legierungselemente in Superlegierungen . . . . . . . . . . . . . . 5

3. Charakterisierung der untersuchten Legierungen . . . . . . . . . . . . . . . 8

4. Analysemethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124.1. Probenvermessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124.2. Beurteilung von Oxidationsvorgängen mittels EDX Analytik . . . . . . . . . . 134.3. EBSD Analytik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154.4. Atomsondentomographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

II. Thermische Belastung 17

5. Stand der Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185.1. Oxidationsmechanismen in Festkörpern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185.2. Oxidschichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215.3. Schichtwachstum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

5.3.1. Parabolisches Oxidationsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235.3.2. Lineares Oxidationsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

5.4. Oxidation von Nickelbasislegierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

6. Oxidationsversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276.1. Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

6.1.1. Geometrieveränderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286.1.2. Untersuchung im Schliff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

6.2. EDX Analysen der Oxidationsproben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386.3. Ermittlung der Diffusionskoeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426.4. Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

Inhaltsverzeichnis IV

III. Thermo-mechanische Belastung 46

7. Stand der Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 477.1. Rekristallisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

8. Rekristallisationsversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 518.1. Versuchsaufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 518.2. Deformationstemperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528.3. Auslagerungstemperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 578.4. Auslagerung bei extremer Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

8.4.1. Vorversuche mit Härteeindrücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 638.4.2. Kornfragmentation nach Hochtemperaturauslagerung . . . . . . . . . . 65

8.5. Rekristallisation und γ′ Verarmung unter Druck . . . . . . . . . . . . . . . . . 678.6. Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

IV. Thermische Belastung bei Schwefelzugabe 73

9. Stand der Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 749.1. Typ I Heißgaskorrosion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 759.2. Typ II Heißgaskorrosion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

10.Versuche mit Natriumsulfat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7810.1. Versuchsdurchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7810.2. Untersuchung des Temperatureinflusses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79

10.2.1. Oxidation und Sulfidation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8010.2.2. Rekristallisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86

10.3. Einfluss des Na2SO4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9210.3.1. Abschließende Bemerkung zur Beurteilung des Schädigungsfortschritts

in IN 100 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9310.3.2. Einfluss von Natriumsulfat im Vakuum . . . . . . . . . . . . . . . . . 9510.3.3. Geometrieänderung nach Vorschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . 9710.3.4. Poren und Rissbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98

10.4. Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

V. Fazit 104

11.Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

12.Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIIA. Skript zur Aufnahme von Punktspektren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIIB. Rauheitsmessung mittels Weißlichtinterferometrie an Oxidationsproben . . . IX

Nomenklatur V

Nomenklatur

AbkürzungenBSE Rückstreuelektronen (engl. back scattered elexctrons)EBSD Elektronenrückstreubeugung (engl. electron backscatter diffraction)EDX energiedispersive Röntgenanalyse (engl. energy dispersive X-ray analysis)IPF Inverse PolfigurKfz kubisch flächenzentriertM MetallMO MetalloxidNa2SO4 NatriumsulfatREM RasterelektronenmikroskopSE Sekundärelektronen

Griechische Formelzeichenγ Phase in Nickelbasislegierungen (Matrix)γ′ Phase in Nickelbasislegierungen (Ausscheidung)

1

Teil I.

Einleitung, Motivation und

untersuchtes Material

1. Einleitung 2

1. Einleitung

Einer der Hauptbeitragsleister für den Treibstoffverbrauch und Schub in Flugzeugturbinen

sind die Drücke und Temperaturen, bei denen diese Maschinen arbeiten können. Die obere

Grenze dieser Parameter wird besonders durch die thermisch und mechanisch beanspruchten

Bauteile direkt hinter der Brennkammer beeinflusst. Die Legierungen, welche für die dort

verbauten Turbinen- und Leitschaufeln verwendet werden, setzen gleichzeitig die Grenzen für

das gesamte Triebwerk [1]. Eine Steigerung der Effizienz impliziert immer auch eine höhe-

re Turbineneintrittstemperatur. In modernen Flugzeugturbinen werden dabei Temperaturen

von über 950 ◦C erreicht. Dies wird ermöglicht durch innere Kühlung der Schaufeln, durch

den Wegfall von Korngrenzen mittels einkristalliner Bauteile und durch ineinandergreifende

Deckbänder (sog. Shrouds) [2]. Diese Deckbänder reduzieren zum einen den „Leckstrom“ an

Luft über die Schaufelspitzen, zum anderen erhöhen sie die Stabilität der Expansionsstufe

durch die Verspannung der Schaufeln untereinander, wodurch auch Vibrationen gedämpft

werden sollen [3, 4].

Diese verspannten Bauteile sind anfällig für erhöhten Verschleiß durch eine Vielzahl an Me-

chanismen, deren Beiträge zur Gesamtschädigung Thema dieser Arbeit sind. Infolge ihrer

einkristallinen Struktur können diese Schaufeln nicht als Blisk gegossen werden und sind ein-

zeln zu fertigen. Wegen der einzelnen Bauweise entstehen unter anderem in der Kontaktstelle

der Schaufeln hoch komplexe Belastungsszenarien, welche in dieser Arbeit einzeln untersucht

werden sollen.

Die Arbeit unterteilt sich in drei Hauptkapitel, in denen jeweils ein Schädigungsmechanismus

untersucht wird. Teil II behandelt Experimente zum oxidativen Verhalten unter Laboratmo-

sphäre. Maßgeblich wird die Alterung der Mikrostruktur nahe der Oberfläche und die Bildung

1. Einleitung 3

von Oxidschichten untersucht. Teil III betrachtet den kombinierten Effekt eingebrachter De-

formation, oxidativer Atmosphäre und Hochtemperatur. Dabei steht die Quantifizierung der

Rekristallisation der Legierungen im Fokus. Die Wirkung von Natriumsulfat unter Hoch-

temperatur auf Superlegierungen ist Gegenstand von Teil IV dieser Arbeit. Im Zentrum

der Untersuchung steht die Frage, inwiefern ein zusätzlicher Reaktant diffusive und oxida-

tive Mechanismen beschleunigen und ändern kann. Die Grundlagen zur Untersuchung der

jeweiligen Mechanismen werden innerhalb der entsprechenden Teile beschrieben. Die analy-

tischen Methoden sowie die Vorstellung der untersuchten Legierungen erfolgt in Kapiteln 3

und 4.

2. Nickelbasis-Superlegierungen 4

2. Nickelbasis-Superlegierungen

Sims und Hagel definieren Superlegierungen als solche Legierungen, die für hohe Temperatu-

ren entwickelt wurden, dabei hohen mechanischen Belastungen widerstehen können und eine

hohe Oberflächenstabilität besitzen [5]. Diese Legierungen benötigen einen hohen Schmelz-

punkt (Tm) und müssen ihre mechanischen Eigenschaften bis zu 0,8 Tm beibehalten, da

sie in den heißesten Regionen von Gasturbinen ihre Anwendung finden. Die Grenzen der

thermischen Belastbarkeit für hochwarmfeste austenitische Stähle liegen, je nach Dauer und

Höhe der mechanischen Belastung, bei 600-800 ◦C [6]. Bei höheren Temperaturen oder in

aggressiven Medien eignen sich Legierungen auf Nickel- und Cobaltbasis aufgrund ihrer her-

vorragenden mechanischen und thermischen Eigenschaften. Bis zum Schmelzpunkt (1455 ◦C

für Nickel 1495 ◦C für Cobalt) durchlaufen diese Elemente keine allotrope Umwandlung und

verbleiben kubisch-flächenzentriert (kfz) [7].

Mit zum Teil über 12 hinzulegierten Elementen werden seit den 1950er Jahren vor allem

Legierungen auf Nickelbasis chemisch immer komplexer, um die thermische und mechanische

Langzeitfestigkeit sowie Gefügestabilität weiter zu steigern. Primär werden Al und Ti hin-

zulegiert, um eine Ausscheidungshärtung durch die γ′-Phase zu ermöglichen. Cr, Co, Mo,

W und Ta werden zur Mischkristallverfestigung hinzugefügt. Weitere Bestandteile sind zum

Beispiel Hf, was den Widerstand gegen Sulfidation erhöht, oder B, Zr und C als Korngren-

zenausscheidung zur Erhöhung der Kriechfestigkeit.

Je nach Einsatzgebiet sind die Werkstoffe dieser Gruppe in feinkörniger, stängelkristalliner

oder einkristalliner Form verfügbar. Die Legierungselemente sind auch in einkristallinen Su-

perlegierungen nicht homogen verteilt, sondern halten sich selektiv in unterschiedlichen Pha-

sen auf. In Superlegierungen sind neben der γ-Matrix, die γ′- und γ′′-Phasen zu finden. Vor

2. Nickelbasis-Superlegierungen 5

allem in polykristallinen Legierungen finden sich Carbide und Boride. Schlussendlich kön-

nen sich auch unerwünschte Phasen bilden, wie zum Beispiel die topoligically closed packed

(TCP) Phase.

2.1. Phasen und Legierungselemente in Superlegierungen

Die γ-Phase Neben Nickel und Cobalt werden der Matrixphase vor allem Cr, Mo, Re und

W hinzulegiert um eine Mischkristallverfestigung zu erzielen. Die hohe Dichte der Refrak-

tärelemente resultiert in ihrem langsamen Diffusionskoeffizienten, dadurch werden Vergröbe-

rungsvorgänge der γ′-Phase verlangsamt [8]. Außerdem steigern diese Elemente die Kriechfes-

tigkeit. Ein Nachteil von Molybdän und Wolfram ist ihre Neigung sich in interdendritischen

Ausscheidungen anzureichern. Mo steigert indirekt den Volumenanteil der γ′-Phase durch die

Verdrängung von Aluminium aus der Matrix. Über die letzten Jahrzehnte zeichnet sich der

Trend ab immer größere Mengen seltener Erden hinzuzufügen. Die Menge an hinzulegiertem

Rhenium (z. T. auch Ruthenium) wird in der Regel herangezogen, um die Legierung der

jeweiligen Entwicklungsgeneration zuzuordnen. Bei ausreichend hinzulegierter Menge Chrom

wird bis zu einer Temperatur von ca. 900 ◦C eine schützende Cr2O3-Deckschichten gebildet.

Über 950 ◦C verflüchtigt sich Chromoxid [9].

Die γ′-Phase Eine gesonderte Rolle kommt der γ′-Phase zu, da sie dem Werkstoff seine

Kriechfestigkeit verleiht und somit den Einsatz bei hohen Temperaturen ermöglicht. Die ge-

ordnete γ′-Phase, des Strukturtyps L12, besteht aus Ni3(Al, Ti, Ta) (siehe Abb. 2.1). Dabei

sitzt Al in den Ecken des kfz-Gitters und Nickelatome an den Flächen. Al lässt sich durch

Ti und Ta substituieren und Ni zum Teil durch Co. Die Zugabe von Al erlaubt die Bildung

einer Al2O3-Deckschicht, welche einen effektiven Schutz vor Oxidation bietet. Aufgrund des

fast ausschließlichen Aufenthalts in der γ′-Phase geht eine Oxidation von Al immer auch mit

der Verarmung dieser Phase in Oberflächennähe einher. Der Entwicklungstrend neuer Legie-

rungen zeigt, dass Titan als γ′-Bildner seltener zum Einsatz kommt. Durch das Hinzufügen

von Titan erhöht sich der kp-Wert für die Bildung von Aluminiumdeckschichten. Darüber

2. Nickelbasis-Superlegierungen 6

1800

1600

1400

1200

1000

800

600

400

200

00 0,2 0,4 0,6 0,8 1

L12-F

CC

Ni / (Al+Ni)

Liquid

B2_BCC FCC-A1

Al3Ni(s)+FCC_A1 Al 3N

i 5

Al3

Ni2

Al 3N

i(s)

T [

°C]

Abbildung 2.1.: Phasendiagramm für Nickel-Aluminium [10]

hinaus kann das zyklische Oxidationsverhalten verschlechtert werden. Allerdings beeinflusst

Titan die Dichte von Legierungen weniger stark als Tantal. Obendrein kann Titan Stickstoff

an sich binden und so die Bildung von Poren während der Nitridation unterdrücken [8].

Die Form der Ausscheidungspartikel ist abhängig von der Fehlpassung zwischen γ- und γ′-

Phase. Zwischen 0,5-1% Fehlpassung werden kubische Ausscheidungen beobachtet, darun-

ter rundliche, darüber plattenförmige. Kubische Ausscheidungen richten sich nach der elas-

tisch weichsten 〈001〉-Richtung aus [11]. In modernen Superlegierungen macht diese Phase

zwischen 40-70% des Gesamtvolumens aus, wobei laut Reed et al. mit 70% das Optimum

der Kriechfestigkeitssteigerung erreicht ist [1]. Durch den hohen Volumenanteil dieser Pha-

se entsteht der positive Nebeneffekt, dass Legierungen erst nach Auflösung der γ′-Partikel

rekristallisieren können. Infolgedessen ist das Korngefüge einer ausscheidungsgehärteten Le-

gierung stabil, solange Deformationsgrade nicht zu hoch und Temperaturen unterhalb des

γ′-Lösungstemperatur bleiben [6]. Die Lösungstemperatur ist abermals abhängig von der Art

und Menge der hinzulegierten Elemente, welche die Breite des Temperaturfensters für das

Lösungsglühen beeinflussen [12, 13].

2. Nickelbasis-Superlegierungen 7

Karbide Aus geringen Restkonzentrationen von Kohlenstoff und zum Teil auch Stickstoff

in der Schmelze kommt es mit reaktiven Elementen wie Ti, Ta und Hf zur Bildung von MC-

Karbiden [1]. Sie lagern sich interdendritisch als Seigerung während der Erstarrung ab und

können in Form von M23C6 und M6C Cr, Mo, W und Re binden. Zum einen kann die Bil-

dung von Karbiden erwünscht sein, zur Verringerung des Korngrenzabgleitens. Zum anderen

können sie Versagensursprung bei mechanischer Belastung sein und lokal den Oxidationswi-

derstand herabsetzen [7].

3. Charakterisierung der untersuchten Legierungen 8

3. Charakterisierung der untersuchten

Legierungen

In diesem Kapitel wird die Mikrostruktur und Zusammensetzung der zu untersuchenden

Legierungen dargestellt. Dieses Gefüge stellt den wärmebehandelten Zustand der jeweiligen

Legierung dar und dient als Ausgangszustand für die in dieser Arbeit durchgeführten Expe-

rimente zur Betrachtung von Alterungs- und Schädigungsprozessen. Untersucht wurden die

vier in Tabelle 3.1 aufgeführten Nickelbasislegierungen, welche für den Hochtemperaturein-

satz in der 1. und 2. Expansionsstufe von Flugzeugturbinen entwickelt wurden. IN 100 ist eine

regellos erstarrte polykristalline Grobkornlegierung (ø 1-3 mm) [14]. PWA 1480 stammt aus

der 1. Generation von Superlegierungen und ist eine einkristalline Legierung. Erkennbar an

den rund 3%-wt Rhenium, gehören PWA 1484 und LEK 94 zur zweiten Generation, welche

ebenfalls in einkristalliner Form untersucht werden. Bei allen Legierungen handelt es sich

um γ′-gehärtete Cr-/ Al-Oxid-Bildner, welche neben guten Kriecheigenschaften hervorragen-

de Heißgaskorrosions- und Oxidationseigenschaften besitzen. Zur Einstellung der Größe und

Verteilung der γ′-Phasen werden alle Legierungen nach dem Gießen lösungsgeglüht, worauf

eine in der Regel zweistufige Wärmebehandlung folgt. Die jeweils exakten Temperaturen,

Tabelle 3.1.: Chemische Zusammensetzung der Legierungen in mass-%.Cr Al Ti W Mo Ta Re Hf V Co Ni Quelle

IN 100 10 5,5 4,7 - 3 - - - 0,95 15 bal. [15]

PWA 1480 10 5 1,5 4 - 12 - - - 5 bal. [16]

PWA 1484 5 5,6 - 6 2 8.7 3 0,1 - 10 bal. [16]

LEK 94 6,2 6,5 1,0 3,4 2,3 2,3 2,4 0,1 - 7,5 bal. [17]

3. Charakterisierung der untersuchten Legierungen 9

Zeiten und Abkühlraten sind für die Legierungen unterschiedlich. Abbildung 3.1 zeigt mi-

kroskopische Aufnahmen des wärmebehandelten Gefüges. Deutlich erkennbar sind die in den

einkristallinen Legierungen kubisch ausgeprägten γ′-Partikel. Im Fall von PWA 1480 sind die

Ecken der Ausscheidungen abgerundet. Für die Legierung IN 100 ergibt sich eine bimodale

Population von γ′-Ausscheidungen und die Form ist nur teilweise kubisch. Nach Booth et

al. [12] kann das Fehlen von Ta zu einer bimodalen rundlichen Verteilung von γ′ Partikeln

in einer Legierung führen. Die schwankenden Größen und Verteilung der γ′-Ausscheidungen

und die Grobkörnigkeit begründet unter anderem die niedrigere Temperatureinsatzgrenze für

IN 100 von ca. 800 ◦C [3]. Aufgrund der Helligkeitsunterschiede zwischen γ-Matrix und γ′-

Ausscheidungen in Abbildung 3.1a-d lassen sich qualitative Aussagen über die Dichte treffen.

(a) PWA 1484 (b) PWA 1480

(c) IN 100 (d) LEK 94

Abbildung 3.1.: Gefüge der Legierungen im wärmebehandelten Zustand, Inlens Aufnahmen,10kV

3. Charakterisierung der untersuchten Legierungen 10

Die γ′-Partikel von PWA 1480 werden im Rückstreukontrast heller dargestellt, was auf eine

höhere Dichte im Vergleich zur umgebenden Matrix schließen lässt. Dies ist auf die präferierte

Anlagerung von Tantal in der γ′-Phase zurückzuführen. Weiterhin fehlen in dieser Legierung

schwere Elemente wie Rhenium und Molybdän, welche sich vorrangig in der γ-Phase aufhal-

ten.

Einkristalline Legierungen erreichen eine bessere chemische Homogenität gegenüber polykris-

tallinen Legierungen [18]. Dennoch gibt es lokal interdendritische Ausscheidungen und es

existiert ein Gradient von Legierungsbestandteilen über den Dendritenquerschnitt [19]. Dies

kann zu Unterschieden im Oxidationsverhalten von dendritischen und interdendritischen Be-

reichen führen [20, 21]. Für polykristalline Legierungen können Korngrenzen und Korngrenz-

ausscheidungen Orte bevorzugter Oxidation sein. Eine Darstellung der Morphologie solcher

Ausscheidungen für die betrachteten Legierungen findet sich in Abbildung 3.2.

Die Zusammensetzungen der Ausscheidungen wurde anhand von punktuellen EDX-Analysen

charakterisiert, die Ergebnisse sind zusammengefasst in Tabelle 3.2. Hauptsächlich lagern sich

die γ′-Bildner Ti und Ta in Ausscheidungen an. Dadurch ist in diesen Bereichen die Morpho-

logie der γ′-Phase gestört. Zum Teil finden sich in den Ausscheidungen auch Molybdän und

Rhenium, welche schlechte Hochtemperaturkorrosions- und Heißgaskorrosionseigenschaften

haben.

3. Charakterisierung der untersuchten Legierungen 11

(a) PWA 1484

Pore

(b) PWA 1480

(c) IN 100 (d) LEK 94

Abbildung 3.2.: Ausscheidungen der Legierungen im interdendritischen Bereich bzw. im Be-reich der Korngrenzen, Inlens Aufnahmen, 10kV

Tabelle 3.2.: Chemische Zusammensetzung der interdendritischen Ausscheidungen in mass-%Element C Ta Ti Mo Hf V Rest

LEK 94 16,2 44,2 19,32 4,7 2,9 - 12,67

PWA 1484 14,3 81 - - 1,8 - 4,7

PWA 1480 14,7 68,8 7,8 - - - 8,7

IN 100 14,5 - 35,1 21,3 - 7 22,1

4. Analysemethoden 12

4. Analysemethoden

4.1. Probenvermessung

Für die Nachverfolgung der Änderung der Probengeometrie, ausgelöst durch oxidativen Auf-

wuchs oder Abplatzen wurden die in Abbildung 4.1 dargestellten Markierungen mittels Här-

teeindrücken eingebracht. Diese Methode erlaubt die Untersuchung mehrerer Rauheitszu-

stände an gegenüberliegenden Stirnseiten der gleichen Probe. Gleichzeitig kann oxidativer

Aufwuchs und Abplatzen einem Oberflächenzustand lokal zugeordnet werden. Eine Vermes-

sung der Härteeindrücke vor und nach der Politur ermöglicht das Herausrechnen von et-

waigem ungleichmäßigem Abtrag, der während der Präparation stattgefunden haben kann.

oxidierte

Fläche

Vermessung des Abstands zwischenHärteeindruck und oxidierter Oberfläche vor und nach dem Ofentest

Abbildung 4.1.: Probenvermessung zur Quantifizierung des Abtrags

4. Analysemethoden 13

4.2. Beurteilung von Oxidationsvorgängen mittels EDX

Analytik

Für die Untersuchung der lokalen Legierungskomposition, welche der Mikrostruktur zu Grun-

de liegt, wird die Zusammensetzung mittels EDX quantifiziert. Dies soll eine Aussage über

die diffusiven Mechanismen nahe der oxidierenden Oberfläche ermöglichen. Ziel der Aufnah-

men ist es ein Raster aus Punkten über den Querschnitt der Probe zu legen und für jeden

der Punkte ein quantifiziertes EDX-Resultat zu erhalten. Hierfür wurde die Bruker interne

Anwendungsprogrammierschnittstelle „Quantax Scripting“ verwendet, welche eine Delphi-

Variante nutzt (siehe Anhang A). Der minimale Punktabstand in z-Richtung (vgl. Abb. 4.2)

ist beschränkt durch das während der EDX-Messung angeregte Werkstoffvolumen. Dies ist

wiederum bestimmt von der Atomzahl z bzw. den Atomzahlen der lokal in der Legierung

vertretenen Elemente. Unterhalb dieses Punktabstandes überdecken sich die Anregungsvolu-

mina, sodass die Quantifizierung relativ zur z-Richtung „verschmiert“ und diskrete Grenzen

(wie von z. B. Oxidschichten) als kontinuierliche Übergänge dargestellt werden. Im gewähl-

ten Setup aus 20 kV mit einer 30 µm Apertur ist für die untersuchten Legierungen, aufgrund

ihrer chemischen Zusammensetzung, ein Punktabstand von 1 µm realisierbar. Die Messung

weiterer Punkte entlang der oxidierten Oberfläche ermöglicht eine bessere Statistik und er-

laubt das Herausrechnen von Messrauschen und Inhomogenitäten aus den Messwerten. Die

Anregungsspannung von 20 kV gestattet die Quantifizierung von Elementen mit hoher Ord-

nungszahl wie Rhenium und Molybdän. Die Beschränkung der Apertur auf 30 µm ermöglicht

0 10 20 300

5

10

15

[mas

s-%

]

Abstand zur Oberfläche z [µm]

oxidierte

Fläche

Abbildung 4.2.: Vorgehensweise in automatisierter EDX Messung

4. Analysemethoden 14

eine Totzeit von 50 % der EDX Sensoren und maximiert die Auflösung der Energiespektren

des EDX Messsystems auf 4096 Kanäle im Bereich 0-20 keV.

Eine hohe Messdauer ist unerwünscht, da es während der Aufnahme zum „Drift“ kommen

kann und die Taktzeit geringer wird. Da die zu erwartenden Alterungsmechanismen mit der

Diffusion von Aluminium einhergehen, wurde die Messdauer anhand des quantifizierten Al-

Gehalts optimiert. Abbildung 4.3b zeigt Messergebnisse für Aluminium, gewonnen an einem

Einkristall aus PWA 1484 im wärmebehandelten Zustand. Es zeigt sich, dass die Streuung

des gemessenen Aluminiumgehalts bis zu einer Messdauer von 10 Sekunden abnimmt. Da-

nach bleibt die Standardabweichung vergleichsweise konstant und der Mittelwert schwankt in

einem Bereich von 0,1 wt-%. Für Elemente, die in geringer Menge hinzulegiert wurden oder

denen eine höhere charakteristische Röntgenstrahlung zuzuordnen ist, sind z. T. deutlich län-

gere Messdauern notwendig, um vergleichbar gering streuende Messergebnisse zu erhalten.

Obgleich die Messung am intakten dendritischen Gefüge vorgenommen wurde, verbleibt eine

restliche Streuung zwischen den quantifizierten Daten einer Messdauer. Diese ist charakteris-

tisch für das mehrphasige Gefüge der Legierung und der damit verbundenen Mikrostruktur

und ist unvermeidbar.

10

8

6

4

2

0

µm

(a) Messstellen

0 5 10 15 20 25 30 35

4

6

8

10

time [s]

Alum

iniu

m[m

ass-

%]

Ergebnis QuantifizierungMittelwert

(b) Einfluss der EDX Messdauer auf den ermittelten Al-Gehalt

Abbildung 4.3.: Einfluss der Messdauer auf die Streuung des berechneten Aluminiumgehalts,ermittelt anhand gleicher Messstellen einer einkristallinen PWA 1484 Probe

4. Analysemethoden 15

4.3. EBSD Analytik

Zur Charakterisierung der Mikrostruktur kommt in dieser Arbeit unter anderem die EBSD-

Analytik (electron back scattered diffraction - Rückstreuelektronenbeugung) zum Einsatz.

Das Messprinzip basiert auf der Beugung von Elektronen des fokussierten Elektronenstrahls

an der Probenoberfläche im Rasterelektronenmikroskop (REM). Die Intensität des rückge-

streuten Signals wird durch die Beugungsbedingungen des Kristalls moduliert und formt ein

Beugungsmuster. Dieses ist spezifisch für die lokale Kristallstruktur und Orientierung. Eine

weitere Voraussetzung für ein ungestörtes Signal ist eine möglichst ebene, defektfreie und

durch Politur präparierte Oberfläche.

Durch die Ausrichtung der Probe zum auftreffenden Elektronenstrahl in einem Winkel von

70◦ wird die Ausbeute an gebeugten Elektronen maximiert, sodass der optimale Kontrast

in den Beugungsmustern bzw. Kikuchi-Pattern erzeugt wird [22]. Die gebeugten Elektronen

treffen auf einem fluoreszierenden Detektorbildschirm auf und werden in dieser Arbeit durch

die Software Quantax von Bruker auf Basis der in den Mustern auftretenden Doppellinien-

position und -winkel automatisch ausgewertet. Durch die Software wird jedem Messpunkt

eine kristallographische Phase und Orientierung zugeordnet. Durch den Abgleich benachbar-

ter Messpixel können Korngrenzen, Texturen und Misorientierungen berechnet werden. Für

die Berechnung dieser Informationen und die quantitative Auswertung kommt in dieser Ar-

beit die auf Matlab basierende open source Toolbox MTex [23, 24] zum Einsatz. Für das

Erkennen einzelner Körner wird in dieser Arbeit ein Misorientierungswinkel von 10◦ verwen-

det.

4.4. Atomsondentomographie

In der Atomsondentomographie wird die Ionenprojektionsmikroskopie mit der Flugzeit-Mas-

senspektroskopie kombiniert. Diese Methode kann verwendet werden für die Analyse von

lokalen Zusammensetzungen, Phasen und Korngrenzen. Grundprinzip ist die Verdampfung

von Oberflächenatomen einer nadelförmigen Probe von weniger als 200 nm Durchmesser.

4. Analysemethoden 16

Die Herstellung solcher Proben erfolgt entweder elektrochemisch oder in Ionenfeinstrahlanla-

gen. Die Verdampfung erfolgt unter Temperaturen von ca. 40 K im Ultrahochvakuum. Durch

Laserimpulse oder Spannungsimpulse werden Ionen aus der Probenoberfläche herausgelöst.

Danach durchlaufen die Ionen eine konstante Strecke, bevor sie auf einem Detektor auftreffen.

Die Flugzeit vom Verdampfungsimpuls bis zum Aufschlag auf dem Detektor wird gemessen,

um ein Masse-Ladungsverhältnis für die auftreffenden Ionen zu berechnen. Der Detektor ist

in der Lage den Ort des Aufschlags auf dem Bildschirm zu registrieren und kann somit eine

3D-Rekonstruktion der Probe errechnen. Die räumliche Genauigkeit liegt dabei, in Abhän-

gigkeit der Ausrichtung zum Detektor und der Art des verwendeten Geräts, zwischen 0,1 und

0,001 nm. Die Nachweisgrenze für Atome liegt bei ca. 5 ppm [25].

17

Teil II.

Thermische Belastung

5. Stand der Forschung 18

5. Stand der Forschung

5.1. Oxidationsmechanismen in Festkörpern

Viele Legierungen werden in Milieus verwendet, in denen das umgebende Luft- bzw. Gasge-

misch eine thermodynamische Instabilität des Werkstoffs verursacht. Am häufigsten ist das

Gas Sauerstoff, welches mit dem Metall ein Oxid bildet. Die Stabilität des Oxids, die herr-

schende Temperatur und der Sauerstoffpartialdruck bestimmen, welches Oxid sich durchsetzt.

Die Interaktion von Chemie, Mikrostruktur und Oberflächenzustand beeinflussen ihrerseits

die Schichtbildungskinetik [26].

In Gleichung 5.1 ist die Reaktion zwischen einem Metallkation (Mk+) und Sauerstoff (O2) ge-

geben. MxOb entspricht dem Metalloxid. Die Variablen x und y stehen stellvertretend für die

unterschiedlichen stöchiometrischen Zusammensetzungen des gebildeten Oxids.

xM + 12yO2 MxOy (5.1)

In welche Richtung die Reaktion in Gl. 5.1 verläuft, hängt von den thermodynamischen Eigen-

schaften der Reaktion für das gegebene Paar von Reaktionspartnern ab. Durch das Auftragen

der freien Standardreaktionsenthalpie ∆G◦ für eine Reaktion über die Temperatur erhält man

das Ellingham-Richardson Diagramm (siehe Abb. 5.1). Aus diesem lässt sich eine Aussage

über die thermodynamische Stabilität von Oxiden unter gegebenen Bedingungen treffen. Un-

ter Berücksichtigung des Partialdrucks von Sauerstoff kann so z. B. der Dissoziationsdruck

eines Oxids direkt abgelesen werden. Eine Chromoxidschicht, die sich bei 1080 ◦C auf einer

Legierung bildet (rote Markierung Abb. 5.1), senkt den Sauerstoffpartialdruck für das un-

ter der Oxidschicht liegende Material auf pO2 = 10−20 bar. Unter dieser Oxidschicht können

5. Stand der Forschung 19

Abbildung 5.1.: Ellingham-Richardson Diagramm für Oxidationsreaktionen [6]

sich somit nur noch Oxide bilden, welche unterhalb der schwarz gestrichelten Linie liegen. Für

binäre Legierungen lässt sich eine hohe Vorhersagegenauigkeit für die sich bildenden Oxide

erreichen. Beim Hinzulegieren von weiteren Elementen finden durch die komplexe Zusammen-

setzung Diffusionsprozesse statt, welche eine Vorhersage des Oxidationsverhaltens zunehmend

erschweren [27]. Über die Betrachtung von Oxiden hinaus kann dieser Ansatz auch für die

Vorhersage der Bildung von Karbiden, Nitriden und Sulfiden verwendet werden. Eine Aussage

über die Bildungskinetik einer Schicht bzw. ob es sich um eine geschlossene Oxidschicht han-

delt und wie dick diese ist, ist mittels eines Ellingham-Richardson-Diagramms nicht möglich

[6].

Aufgrund von Transportmechanismen innerhalb von Oxiden findet die Oxidation eines Me-

talls, trotz der Trennung beider Reaktionspartner durch ihr gemeinsames Reaktionsprodukt,

weiterhin statt. Abhängig davon, ob Anionen oder Kationen durch die Oxidschicht diffun-

5. Stand der Forschung 20

dieren, bildet sich neues Oxid durch ionisierende Phasengrenzenreaktionen an der Schnitt-

stelle von M/MO bzw. MO/O (vgl. Abb. 5.2a und b). Typische Vertreter für Kationen-

transport sind NiO, Al2O3 und Cr2O3. Anionentransport findet für TiO2 oder ZnO statt.

Metall Oxid Gas

O2-

M→Mk++ke- O+2e- → O2-

(xM)y++ yO2-

→MxOy2-

12

(a) Sauerstoffanionen wandern schneller durchdie Schicht, sie wächst an der M/MO Grenz-fläche

Metall Oxid Gas

Mk+

O+2e- → O2-M→Mk++ke-

(xM)y++ yO2-

→MxOy2-

12

(b) Metallkationen wandern schneller durch dieSchicht, sodass die Oxidschicht außen wächst

Abbildung 5.2.: Wagner’sches Oxidationsmodell für parabolisches Deckschichtwachstum

Im Gitter können sich Oxide mit nichtstöchiometrischer Zusammensetzung bilden, da die

Möglichkeit der Ladungskompensation durch Leerstellen bzw. Zwischengitteratome existiert.

Dieser Mechanismus erleichtert den Transport von Anionen bzw. Kationen durch Oxid-

schichten. Je weniger solcher Punktfehler existieren, das heißt je genauer die stöchiome-

trie aus Gl. 5.1 eingehalten wird, desto protektiver ist die Oxidschicht (siehe Tabelle 5.1).

Tabelle 5.1.: Übersicht relevanter Oxide und ihrer Eigenschaften [6]Oxid Dichte [g/cm3] Leerstellenkonzentration PBVNiO 6,6 10−3 [28] 1,65Al2O3 3,9 10−4 [29] 1,28Cr2O3 5,2 10−3 [29] 2,07TiO2 4,24 1,78Ta2O5 8,2 2,5

Ein Ansatz, um die Fähigkeit von Oxiden zur Bildung einer Deckschicht vorherzusagen, ist das

5. Stand der Forschung 21

Pilling-Bedworth-Verhältnis (PBV). Dabei werden die molaren Volumina eines metallischen

Elements und seines Oxids ins Verhältnis gesetzt. Ein Pilling-Bedworth-Verhältnis zwischen

1-2 entspricht einer deckenden Schicht, darunter neigt die Schicht zum Einreißen, darüber zum

Abplatzen. Besonders aufgrund mehrstufiger Oxidation und der Bildung gemischter Oxide er-

laubt das Pilling-Bedworth-Verhältnis jedoch keine sicheren Aussagen.

5.2. Oxidschichten

Die beschriebenen allgemeinen Mechanismen der Oxidation gelten im Prinzip auch für Legie-

rungen, wobei zwischen den einzelnen Legierungsbestandteilen Wechselwirkungen entstehen

können, wodurch sich das Oxidationsverhalten ändert. Durch die beschriebenen unterschied-

lichen Affinitäten von Elementen zu Sauerstoff kommt es zur selektiven Oxidation. So kann

z. B. in einer NiCrAl-Modelllegierung durch die Bildung einer deckenden Chromoxidschicht

die Sauerstoffkonzentration für das darunterliegende Substrat herabgesetzt werden. Aufgrund

der niedrigere Sauerstoffkonzentration ist die Oxidation von Nickel ausgeschlossen, durch Ein-

dringen von Sauerstoff findet die innere Oxidation von Aluminium jedoch weiter statt [30].

Darüber hinaus ist die Bildung ternärer Oxide und Spinelle möglich. Besonders zu Beginn

der Oxidation von Legierungen findet eine Phase der transienten Oxidation statt, in der

Sauerstoff alle Legierungselemente oxidiert, ehe sich eine schützende Oxidschicht bilden kann

[31]. Ob das Oxid eine schützende Wirkung für die Legierung hat, ist u. a. davon abhän-

gig, ob die Konzentration des Oxidschichtbildners nahe der Oberfläche hoch genug ist, um

eine zusammenhängende Schicht zu bilden. Die Haftung der Oxidschicht ist wiederum auch

abhängig davon, ob Spannungen zwischen Legierung und Oxidschicht ausgeglichen werden

können. Innere Ausscheidungen, an denen sich Spannungen konzentrieren, können ihrerseits

ein Schichtversagen auslösen [21]. Weitere Gründe für ein verschlechtertes Oxidationsverhal-

ten sind eine gröbere Oberflächenrauheit, die das Kriechen von Oxidschichten und somit den

Ausgleich von Wachstumsspannungen erschweren [32], und eingebrachte Spannungen [33].

Aufgrund der Vielzahl von Mechanismen, die zum lokalen Versagen der Oxidschicht führen

können, ist ebenfalls entscheidend, dass nach dem Einreißen die Schicht ausheilen kann. Das

5. Stand der Forschung 22

Ausheilvermögen ist abermals von der Konzentration des oxidschichtbildenden Elements und

dessen Diffusionsgeschwindigkeit abhängig. Eine hohe Konzentration von Gitterfehlern oder

auch eine hohe Korngrenzendichte ermöglicht dabei eine schnellere Diffusion zur Oberfläche

[33].

Für Hochtemperaturanwendungen ist primär die Bildung von Chrom- und Aluminiumoxid

wichtig. Für Temperaturen über 950 ◦C verliert Chrom zunehmend an Bedeutung, da es

bei dieser Temperatur instabil wird. Laut Pettit et al. [34] muss einer Nickellegierung Al

mit 13 wt-% oder Chrom mit ca. 15 wt-% hinzulegiert werden, damit sich eine schützen-

de Deckschicht bildet. Wie der Oxidationskarte in Abbildung 5.3 zu entnehmen ist, kann

durch das gleichzeitige Hinzulegieren beider Elemente bereits bei niedrigeren Gehalten ei-

ne Schutzwirkung erreicht werden. Aufgrund des Einflusses der lokalen Mikrostruktur auf

das Oxidationsverhaltens sowie der ausgeprägten Wechselwirkung aller Legierungselemente

untereinander ist eine Prognose für das Oxidationsverhalten von Legierungen fehleranfäl-

lig.

PWA 1484PWA 1480

IN100LEK 94

Ni

Al (m

ass-%)

Cr (mass-%)

10

20

20 1030

III

III

Abbildung 5.3.: Einordnung der untersuchten Legierungen anhand der Oxidationskarte nach[34] für NiCrAl-Legierungen bei 1000 ◦C, I Bildung einer NiO Schicht, IIäußere Cr2O3 und innere Al2O3 Schicht, III äußere Al2O3 Schicht

5. Stand der Forschung 23

5.3. Schichtwachstum

Im Folgenden werden Möglichkeiten zur Beschreibung des Schichtwachstums vorgestellt. Im

Allgemeinen wird von Legierungen für Hochtemperaturanwendungen parabolisches Oxid-

schichtwachstum gefordert (siehe Kapitel 5.3.1) [6]. Unter bestimmten Umständen kann die

Wachstumsrate von diesem Verhalten abweichen und die in Abbildung 5.4 dargestellten For-

men annehmen. Einflüsse dabei sind unter anderen Material, Temperatur und Oberflächen-

zustand.

lineares Wachstum

parabolisch

Durchbruchoxidation

linearer Verlust "katastrophale Oxidation"

Zeit [t]

Oxi

dsc

hic

htd

icke

z]

T1

T2

T3

T3>T2>T1

Abbildung 5.4.: Typische Oxidationsverläufe, angelehnt an [6]

5.3.1. Parabolisches Oxidationsverhalten

Langfristig folgen Oxidwachstumskurven typischerweise einem wurzelförmigen Verlauf. Dies

fasste Wagner 1933 [35] erstmals in einer allgemeinen Oxidationstheorie zusammen und er-

möglichte damit die Vorhersage von Oxidschichtdicken und Schichtdickenwachstum in Ab-

hängigkeit der Temperatur. Diese Oxidationstheorie basiert auf der Vereinfachung, dass der

Transport von Anionen und Kationen durch die Oxidschicht der geschwindigkeitskontrollie-

rende Prozess für das Wachstum ist, wodurch ein linearer Konzentrationsgradient durch die

Schicht entsteht. Darüber hinaus muss es sich um ein kompaktes Oxid handeln, an dessen

5. Stand der Forschung 24

Schnittstellen M/MO und MO/O ein thermodynamisches Gleichgewicht herrscht. Nach Gl.

5.2 nimmt das Wachstum einer Oxidschicht z mit der Quadratwurzel der Zeit t ab, da die

Nachlieferung an Anionen bzw. Kationen erschwert wird. Dies beruht auf der Vereinfachung,

dass Prozesse an der Phasengrenze so schnell ablaufen, dass sie keinen Einfluss auf die resul-

tierende Oxidationsgeschwindigkeit haben.

z2 = 2 kp t (5.2)

kp ist die Zunderkonstante, sie wird in Abhängigkeit der Temperatur durch die Arrhenius-

Gleichung beschrieben [36]:

kp = k0 exp

(− Q

RT

)(5.3)

Q ist die Aktivierungsenergie in kJ/mol, R ist die universelle Gaskonstante und T die Tem-

peratur in Kelvin. Der Vorfaktor k0 oder „Frequenzfaktor“ ist eine experimentell bestimmte

Konstante. Der Frequenzfaktor beschreibt die stattfindende chemische Reaktion und wird in

der Regel unabhängig von T betrachtet. Analog zur Oxidschichtdicke lässt sich Gl. 5.2 eben-

falls verwenden, um die Massenzunahme ∆m einer oxidierenden Probe zu beschreiben.

Einsetzen von Gl. 5.3 in Gl. 5.2 ergibt Gl. 5.4 und beschreibt das zeit- und temperaturab-

hängige Wachstum von Oxidationsschichten.

z =√

k0 exp

(− Q

RT

)t (5.4)

5.3.2. Lineares Oxidationsverhalten

Zu Beginn der Oxidation ist die Wachstumsrate abhängig von der Geschwindigkeit der Re-

aktionen von Metall und Sauerstoff an der Metall / Gas Phasengrenze. Dies führt in diesem

kurzen Zeitraum zu einem linearen Schichtwachstum [30]. Stellt die gebildete Oxidschicht kein

Hindernis für den Transport von Sauerstoff zum Metall / Oxid Phasengrenze dar, bleibt die

Wachstumsrate konstant. Besonders poröse Schichten können ein solches Verhalten hervor-

rufen [37]. Gleiches gilt für Oxidschichten, die zum Einreißen neigen (Durchbruchoxidation)

und somit Sauerstoff erneut in Kontakt mit Metall bringen [38]. Dies führt zu einer tempo-

5. Stand der Forschung 25

rären Beschleunigung der Oxidation und verläuft, nach einer anfänglichen Inkubationszeit,

im Mittel linear. In einigen Fällen führt das Einreißen der Oxidschicht zum Abplatzen und

folglich zu einem Materialverlust. Sowohl von außen wirkende mechanische Kräfte als auch

thermische Spannungen und Wachstumsspannungen begünstigen das Abplatzen von Oxid-

schichten.

5.4. Oxidation von Nickelbasislegierungen

Die primäre Strategie zum Schutz von Nickelbasislegierung ist die selektive Oxidation der

vorhandenen Legierungselemente, um eine schützende Oxidschicht zu bilden. Nach der an-

fänglichen transienten Oxidation, in der hauptsächlich die Matrixelemente Nickel und Cobalt

oxidiert werden, bildet die Legierung im Idealfall eine Deckschicht aus dem Opferelement

[31]. Hauptsächlich werden Chrom und Aluminium in einem Verhältnis hinzulegiert, welches

die Bildung des jeweiligen Oxids ermöglicht. Deckschichten aus Al2O3 und Cr2O3 behindern

die weitere Oxidation der meisten anderen Legierungselemente aufgrund ihrer Fähigkeit die

Sauerstoffkonzentration unterhalb der Schicht erheblich zu senken.

Die Schutzwirkung der selektiven Oxidation kann durch zahlreiche Mechanismen beeinträch-

tigt werden. Durch mechanische Schädigung der dünnen Opferoxidschicht kann das Ausheilen

der Schicht gestört werden. Zyklische Oxidationsbedingungen führen dazu, dass Oxidschich-

ten aus Al2O3 oder Cr2O3 brechen und abplatzen. Die Schutzbarrieren müssen neu gebildet

werden, was dazu führt, dass die selektiv oxidierten Elemente sukzessive erschöpft werden und

schließlich der selektive Oxidationsprozess nicht mehr möglich ist [34]. Wenn die Schicht nicht

deckend ist, ist ihre Wirksamkeit als Diffusionsbarriere gegen Sauerstoff deutlich reduziert.

Die Stabilität der Oxidschicht wird auch durch andere gering hinzulegierte Elemente stark

beeinflusst. So fördert beispielsweise die Zugabe von Bor, Silizium und Yttrium zu Superle-

gierungen die Haftung der Oxidschicht, reduziert Abplatzungen und erhält die Integrität der

schützenden Oxidschicht [6]. Die Wirkung der Zugabe von Tantal wird im Legierungsdesign

kontrovers diskutiert. Jonowski et al. [39] beobachteten, dass Tantal diskrete Oxidschichten

bilden kann, was aufgrund des hohen Pilling-Bedworth-Verhältnisses in zyklischen Tests zu

5. Stand der Forschung 26

vermehrtem Abplatzen führte. Durch eine höhere Zugabe von Al wird dieser Effekt wieder-

um abgemildert. Andere Studien kamen zum Schluss, dass Tantal die selektive Oxidation von

Aluminium verstärkt [34] und zu weniger Massenzunahme während der Oxidation führt [40,

41].

Durch die selektive Oxidation von Aluminium sinkt die Konzentration in Oberflächennähe,

und für γ′-gehärtete Nickelbasislegierungen setzt dadurch eine Verarmung der zweiten Phase

ein. Der Schichtaufbau der im Inneren ablaufenden Schädigung wird dabei in einigen Studien

[27, 33, 42, 43, 44] wie folgt beschrieben:

Zone 1: Oxidschicht

Zone 2: γ′-verarmte Zone

Zone 3: γ′-vergröberte Zone

Zone 4: intakte Nickelbasislegierung

In den Zonen 2 und 3 kommt es während der Oxidation vermehrt zur Ausscheidung legie-

rungsspezifischer, innerer Oxide und Spinelle [45], Nitride [21, 43] und intermetallischen Ver-

bindungen [46]. Durch die Verarmung an γ′ und durch zum Teil nadelförmige Ausscheidungen

verschlechtern sich die mechanischen Eigenschaften in Oberflächennähe. Darüber hinaus kann

es durch die zum Teil stark unterschiedlichen Diffusionsgeschwindigkeiten zu Porenbildung

kommen [47, 48].

6. Oxidationsversuche 27

6. Oxidationsversuche

Im Folgenden werden die Ergebnisse der zyklischen Auslagerung der vier in dieser Arbeit

untersuchten Nickelbasislegierungen vorgestellt. Dabei wird zunächst auf die legierungs- und

oberflächenzustandsabhängige Änderung der Probengeometrie eingegangen. Hiernach folgt

die Untersuchungen des Gefüges im Schliff und die Betrachtung der EDX Ergebnisse. Ab-

schließend erfolgt die Ermittlung der Al-Diffusionskoeffizienten anhand der γ′-Verarmung in

Abhängigkeit der Temperatur.

Zur Untersuchung des zyklischen Oxidationsverhaltens wurden Quader von 3 mm × 8 mm × 8

mm durch Drahterodieren aus Nickelbasis-Probenmaterial geschnitten. Anschließend erfolgte

ein schrittweiser Schliff der Probenoberfläche mit SiC-Papier abnehmender Körnung von P320

bis P1000 unter Wasser. Dies hat zum Ziel, die durch Drahterosion beeinflusste Oberfläche zu

entfernen, eine einheitliche Oberflächenrauheit zu erzeugen und gleichzeitig das Einbringen

von plastischer Deformation in die Oberfläche zu vermeiden.

Die Oxidation der Proben erfolgte durch Auslagerung bei konstanten Temperaturen von 750-

1050 ◦C im vorgeheizten Ofen. Die untersuchten Legierungen sind für die Verwendung in

Turbinen bei über 750 ◦C ausgelegt. Das obere Ende des untersuchten Temperaturfensters

stellt dabei eine Spitzentemperatur dar, die lediglich unter Extrembedingungen zu erwar-

ten ist. Nach Ablauf von je 12 Stunden wurden die Proben aus dem Ofen entnommen und

unter Laborluft auf Umgebungstemperatur abgekühlt. Durch das zyklische Aufheizen und

Abkühlen der Proben sollen Verschleißmechanismen wie das Einreißen und Abplatzen von

Oxidschichten untersucht werden.

Die in dieser Arbeit durchgeführten Wärmebehandlungen wurden mit einem 2,4 kW Muffel-

ofen LT 5/13 von Nabertherm durchgeführt. Die Einstellung des PID Reglers erfolgte anhand

6. Oxidationsversuche 28

Tabelle 6.1.: Experimentplan zur zyklischen Oxidation, die Zeitpunkte einer detailliertenEDX-Analyse sind gekennzeichnet durch ein ×

Temperatur [◦C] Auslagerungsdauer [h]12 24 36 48 72 96

750 - × - × × ×800 - × - × × ×850 - × - × × ×900 × × × × - ×950 × × × × - ×1000 × × × × - ×1050 × × × × - ×

von vier Temperatursensoren, welche in einem 70×70×40 mm großen Gebiet in der Mitte des

Ofenraums installiert wurden. Für isotherme Wärmebehandlungen wurde eine Abweichung

vom Zielwert von weniger als ±2 ◦C erreicht.

Vor der REM Analyse wurden die Proben in kaltaushärtendes Harz eingebettet, um die Fläche

quer zur oxidierten Stirnseite mit SiC-Papier von P800 bis P4000 zu polieren. Anschließend

erfolgte eine Behandlung mit 5 µm und 3 µm Diamantpaste sowie MasterPrep. Eine raster-

elektronenmikroskopische Analyse des so behandelten Querschnitts ermöglicht die Quantifi-

zierung der Tiefe der γ′-Verarmung, eine EDX-Analyse frei von toplogischen Einflüssen und

die Betrachtung von Oxidschichten. EDX-Analysen erfolgten zu allen im Versuchsplan (Ta-

belle 6.1) markierten Zeitpunkten.

6.1. Ergebnisse

6.1.1. Geometrieveränderung

Die zyklische isotherme Auslagerung im 12-Stunden-Rhythmus ermöglicht die fortlaufende

Betrachtung der Geometrieveränderung einer Probe (gemessen über die Härteeindrücke s.

Abschnitt 4.1). Da Schliffe angefertigt werden, und da anhand einer Probe unterschiedliche

Oberflächenzustände untersucht werden sollen, ist eine Betrachtung der Massenänderung der

Proben über die Zeit nicht möglich bzw. zielführend.

6. Oxidationsversuche 29

0 12 24 36 48 60 72 84 96−20

−10

0

10

Zeit [h]

Diff

eren

z[µ

m]

(a) 850 ◦C

0 12 24 36 48 60 72 84 96−60

−40

−20

0

Zeit [h]

Diff

eren

z[µ

m]

(b) 950 ◦C

0 12 24 36 48 60 72 84 96−60

−40

−20

0

Zeit [h]

Diff

eren

z[µ

m]

IN100LEK94PWA1484PWA1480

(c) 1050 ◦C

Abbildung 6.1.: Einfluss der Temperatur auf Aufwuchs und Abplatzen während der Oxidation

In Abbildung 6.1 sind die Geometrieveränderungen der Legierungen zwischen 850 und 1050 ◦C

dargestellt. Wie in Abbildung 6.1(a) zu erkennen, führen mittlere Temperaturen erwartungs-

gemäß nur zu geringen Änderungen der Probengeometrie. Das stimmt mit der Beobachtungen

überein, dass sich bis 800 ◦C lediglich Anlauffarben auf der Probenoberfläche entwickelten.

Darüber hinaus ist in Abbildung 6.1(a) für IN 100 nach 36 Stunden zu erkennen, dass nach

einem großflächigen Abplatzen eine stärkere Oxidation und nachfolgend beschleunigter Auf-

wuchs stattfindet. Es ist zu vermuten, dass nach dem Einreißen von schützenden Al2O3 und

Cr2O3 Deckschichten (vgl. Abb. 6.2a) die Oxidation von Nickel lokal erneut beginnt. Da-

durch wird inneres Material stärker oxidativ angegriffen (vgl. Abb. 6.2b). Auffällig ist das

Verhalten von PWA 1484 während der ersten drei Auslagerungsschritte auf Temperaturen

6. Oxidationsversuche 30

(a) IN 100, Aufsicht Auf Oxidschicht (b) IN 100, Schliff

Abbildung 6.2.: Abplatzen von Oxidschichten und verstärkte innere Oxidation an Proben ausIN 100, Auslagerung bei 850 ◦C für 36 h

zwischen 950 ◦C-1050 ◦C (Abb. 6.1b und Abb. 6.1c). Zwischen dem Neuzustand und dem ers-

ten Auslagerungsschritt konnte nur eine Geometrieveränderung innerhalb des Messrauschens

festgestellt werden. Dafür verschiebt sich die Geometrie der Probe während der darauf fol-

genden zwei Zyklen bis zu 54 µm nach innen. Der gleiche Effekt findet in geringerem Maße

bei 1050 ◦C ebenfalls statt.

Neben geometrischen Einflüssen ist die Stabilität von Oxidschichten mit der Fähigkeit ver-

knüpft, thermische- wie auch Wachstumsspannungen durch Spannungsrelaxation auszuglei-

chen. Diese Fähigkeit kann von der Oberflächenrauheit beschränkt werden. Für die Unter-

suchung des Einflusses wurden gegenüberliegende Seiten der Proben mit Schleifpapier bis

P320 respektive P1000 angeschliffen. Vermessungen mit dem Weißlichtinterferometer erga-

ben für P320 ein Ra von 150 nm und für P1000 ein Ra von 60 nm. Das Abplatzverhalten für

IN 100 zeigt in den hier betrachteten Fällen keine Abhängigkeit von der Oberflächenrauheit.

Die grobkörnige Legierung besitzt zahlreiche Korngrenzausscheidungen, welche aufgrund ih-

rer höheren Härte nach dem Schleifen und Polieren hervorstehen und Oxidschichten beim

Ausgleich thermischer Spannungen behindern können. Diese Behinderung scheint einen grö-

ßeren Einfluss als die Oberflächenrauheit zu haben, sodass keine Unterschiede zwischen den

Oberflächenzuständen festgestellt werden konnten. Der höhere Rauheitszustand führt bei

PWA 1480 zu einem Materialverlust innerhalb der ersten zwei Auslagerungszyklen. Aufgrund

des Abplatzens bildet sich eine neue Oberfläche, an der die Oxidschicht im weiteren Aus-

lagerungsverlauf stabiler anhaftet. Nach 48 h wird der Unterschied im Schliffbild deutlich

6. Oxidationsversuche 31

0 12 24 36 48 60 72 84 96−30

−20

−10

0

10

Zeit [h]

Diff

eren

z[µ

m]

IN100LEK94PWA1480

(a) 900 ◦C - P320, 150 nm

0 12 24 36 48 60 72 84 96−30

−20

−10

0

10

Zeit [h]

Diff

eren

z[µ

m]

IN100LEK94PWA1480

(b) 900 ◦C - P1000, 60 nm

(c) PWA1480 900 ◦C 48 h P320, 150 nm (d) PWA1480 900 ◦C 48 h P1000, 60 nm

Abbildung 6.3.: Einfluss der Oberflächenrauheit auf die Oxidschichtstabilität

(siehe Abb.6.3d und 6.3c). Auf der mit P1000 präparierten Oberfläche hat sich eine dicke

Oxidschicht gebildet, auf der mit P320 polierten ist die Oxidschicht im Vergleich deutlich

dünner.

6.1.2. Untersuchung im Schliff

Die Erstellung eines Anschliffs erlaubt die Betrachtung von Veränderungen der Mikrostruk-

tur oxidierter Proben. Die EDX Analyse der PWA 1484 Probe 950 ◦C 96 h, dargestellt in

Abbildung 6.4, zeigt, dass der von hoher Temperatur beeinflusste Bereich sich für die hier

betrachteten Legierungen in vier Zonen unterteilen lässt.

Zone 1: Oxidschicht

Zone 2: γ′-verarmte Zone

Zone 3: γ′-vergröberte Zone

Zone 4: Substrat bzw. ungeschädigter Einkristall

Generell geht die Oxidation eines Legierungselements an der Oberfläche mit der Verarmung

im Grundwerkstoff einher, wodurch wiederum eine Destabilisierung bzw. Verarmung sekun-

6. Oxidationsversuche 32

05

1015

20010203040

Abs

tand

[µm

]

Al [wt-%]

05101520Ta [wt-%]

1

2

3

4

AlCr

Abbildung 6.4.: Qualitative EDX Aufnahme im Randbereich einer PWA 1484 Oxidationspro-be

därer Phasen stattfindet. Die im Folgenden betrachteten Legierungen zeigen prinzipiell ein

zu dem in Abbildung 6.4 dargestellten analoges Verhalten. Aus der qualitativen Messung

wird deutlich, dass der primäre Aufenthalt der γ′-bildenden Elemente in den Ausscheidungen

ebenso detektierbar ist, wie der selektive Aufenthalt Matrix stabilisierender Elemente in der

γ-Phase. Eine Quantifizierung dieser Messergebnisse unterliegt den in Kapitel 4.2 beschrie-

benen Einschränkungen. Nachfolgend werden die Einflüsse von Temperatur und Zeit auf das

oberflächennahe Gefüge einzeln vorgestellt.

Die REM Aufnahmen in Abbildung 6.5 - 6.7 zeigen alle Legierungen in Oberflächennähe für

die Temperaturen 850 ◦C-1050 ◦C nach 96h. In allen Fällen oxidieren die Oberflächen der

Proben. Die Oxidationsprodukte unterscheiden sich hinsichtlich Temperatur und Legierung.

Bei 850 ◦C ist der Einfluss der Auslagerung auf alle Legierungen gering. Die PWA 1480 und

PWA 1484 Legierungen zeigen eine ungleichmäßige Oxidation an der Oberfläche mit ersten

Anzeichen innerer Oxidation. Eine geringe Verarmung an γ′ ist für alle Proben messbar und

in Abbildung 6.8a über die Zeit aufgetragen. Eine Vergröberung der zweiten Phase ist nicht

erkennbar. PWA 1480 bildet weiße Ausscheidungen, welche von der Oberfläche ins γ′ gehär-

tete Material hineinreichen. Punktspektroskopische Untersuchungen ergeben, dass diese aus

20 wt-% Tantal bestehen und somit Indiz für eine stattfindende Verarmung der zweiten Phase

sind.

6. Oxidationsversuche 33

(a) PWA 1484 (b) PWA 1480

(c) LEK 94 (d) IN 100

Abbildung 6.5.: SE Schliffbilder nach 96 h auf 850 ◦C

950 ◦C ist für Legierungen auf Nickelbasis häufig eine Einsatzgrenze. Zum einen verlaufen

Oxidative Prozesse zunehmend schneller, zum anderen kann sich durch Kriechen die Bau-

teilgeometrie ändern. Im Falle von PWA 1480 und PWA 1484 ist vermehrt innere Oxidation

und Nitridation zu beobachten. In Abb. 6.6b stellen sich die trapezoiden schwarzen Ausschei-

dungen als Aluminiumnitride dar, die rundlichen Ausscheidungen innerhalb des γ′-verarmten

Bereichs sind Aluminium-Sauerstoffverbindungen. Die bereits für 850 ◦C beobachteten tantal-

reichen nadelförmigen Ausscheidungen in PWA 1480 treten ebenfalls bei 950 ◦C auf. Darüber-

hinaus reichen schwarze TiN Ausscheidungen bis zu 15 µm ins Material hinein. Die Bildung

dieser inneren Al- und Ti-Nitride kann zur γ′-Auflösung beitragen. An den Enden dieser na-

delförmigen Ausscheidungen bilden sich Spannungsspitzen, welche zum frühzeitigen Versagen

der Oxidschicht führen können. Darüber hinaus sorgt die innere Nitridation und Oxidation da-

für, dass betroffene Legierungselemente nicht mehr oder nur noch teilweise zur Bildung einer

6. Oxidationsversuche 34

(a) PWA 1484 (b) PWA 1480

(c) LEK 94 (d) IN 100

Abbildung 6.6.: SE Schliffbilder nach 96 h auf 950 ◦C

deckenden und somit schützenden Oxidschicht zur Verfügung stehen. Ein lokales Einreißen

und Abplatzen der Oxidschicht begründet die für PWA 1480 und PWA 1484 in Abbildung

6.8b beobachtbaren Abweichungen gegenüber dem erwarteten parabolischen Verarmungs-

verhalten. LEK 94 weist keine Bildung innerer Ausscheidung auf. An der Grenze zwischen

Oxidschicht und Metall finden sich kleine TiTaN Ausscheidungen, welche einen positiven Ef-

fekt auf die Haftung von Oxidschichten haben können [6]. Über Oxidation und den Abbau

härtender Phasen im Randbereich hinaus ist Hochtemperaturschädigung von γ′-gehärteten

Nickelbasislegierungen im unbelasteten Zustand am Verrunden der Ausscheidungsphase er-

kennbar. Diese Alterung der zweiten Phase ist für PWA 1480 am weitesten fortgeschritten,

wobei zu beachten ist, dass das Ausgangsgefüge von PWA 1480 bereits leicht abgerundete

γ′-Ausscheidungen besitzt. Die Unterschiede zwischen den einkristallinen Gefügen sind an-

hand ihrer Legierungszusammensetzung erklärbar. Die Stabilisierung der zweiten Phase in

6. Oxidationsversuche 35

PWA 1484 stützt sich auf Al und Ta (siehe Kapitel 2). Ta ist dabei ein schweres, langsam

diffundierendes Element und kann die Vergröberung auf Hochtemperatur hinauszögern [49].

Weiterhin enthalten LEK 94 und PWA 1484 ca. 3 wt-% Rhenium, welches sich in der Legie-

rung um die zweite Phase herum anlagern, und die Diffusion zwischen den Phasen behindern

kann [8]. Abschließend ist die stärkere Vergröberung von LEK 94 gegenüber PWA 1484 durch

den deutlich geringeren Tantalgehalt zu erklären. Die Ergebnisse für 1050 ◦C sind für die hier

(a) PWA 1484 (b) PWA 1480 (c) LEK 94

Abbildung 6.7.: SE Schliffbilder nach 96 h auf 1050 ◦C

untersuchten einkristallinen Legierungen in Abbildung 6.7 dargestellt. PWA 1484 bildet Poren

im Bereich der γ′-Verarmung, diese können ähnlich zur Bildung innerer Ausscheidungen zum

Versagen der Oxidschicht führen. Innere Ausscheidungen bilden sich auf 1050 ◦C lediglich für

PWA 1480, diese Titannitride reichen zum Teil 20 µm tief in den γ′ gehärteten Bereich hinein,

werden aber nicht größer als 2 µm. Die Oxidschicht von LEK 94 löst sich zu diesem Zeitpunk

am linken Bildrand von der Probe ab, was in Abwesenheit innerer Ausscheidungen auf thermi-

sche Spannungen zwischen Probe und Oxidschicht zurückzuführen ist. Die γ′-Ausscheidungen

von PWA 1484 und PWA 1480 wachsen, zusätzlich zur Abrundung der Kanten, nach 96 h auf

1050 ◦C teilweise zusammen.

Grundlegend ist in Abbildung 6.8 für alle Legierungen eine über die Zeit langsamer werdende

γ′-Verarmung zu beobachten. Beim Abkühlen nach dem Auslagern wurde bei Temperaturen

über 900 ◦C verstärkt Abplatzen beobachtet. Die stärkere Neigung zur Bildung innerer Al-

Ausscheidungen von PWA 1484 begründet die im Hochtemperaturbereich zum Teil mehr als

doppelt so tiefe γ′-Verarmung.

6. Oxidationsversuche 36

0 12 24 36 48 60 72 84 9602468

10

Zeit [h]

Vera

rmun

g[µ

m]

(a) 850 ◦C

0 12 24 36 48 60 72 84 9602468

10

Zeit [h]

Vera

rmun

g[µ

m]

(b) 950 ◦C

0 12 24 36 48 60 72 84 9602468

10

Zeit [h]

Vera

rmun

g[µ

m]

IN100LEK94PWA1484PWA1480

(c) 1050 ◦C

Abbildung 6.8.: γ′-Verarmungsmessungen anhand REM Aufnahmen für die Auslagerung beiunterschiedlichen Temperaturen

Einfluss der Oberflächenrauheit

Im Folgenden soll der Einfluss der Oberflächenrauheit auf das Verarmungsverhalten unter-

sucht werden. In Kapitel 6.1.1 wurde bereits angesprochen, dass eine höhere Rauheit mit

einem geringeren Vermögen zur Spannungsrelaxation der Oxidschicht und folglich häufige-

rem Abplatzen einhergeht.

0 12 24 36 48 60 72 84 9602468

10

Zeit [h]

Vera

rmun

g[µ

m]

IN100 LEK94 PWA1480

(a) 950 ◦C P320

0 12 24 36 48 60 72 84 9602468

10

Zeit [h]

Vera

rmun

g[µ

m]

IN100 LEK94 PWA1480

(b) 950 ◦C P1000

Abbildung 6.9.: γ′-Verarmungsmessungen für unterschiedliche Oberflächenrauheiten für dieAuslagerung bei 950 ◦C

6. Oxidationsversuche 37

Die in Abbildung 6.9 und 6.10 dargestellten Ergebnisse aus der zyklischen Vermessung der

γ′-Verarmung beziehen sich auf die durch den Anschliff mit P320 (links) und P1000 (rechts)

hergestellten Rauheiten. Wie auch im Abschnitt 6.1.1 beobachtet, sind die Unterschiede zwi-

schen den Oberflächenzuständen besonders zu Beginn deutlich ausgeprägt. Eine durch höhe-

re Oberflächenrauheit vergrößerte Oberfläche ist eine potenzielle Erklärung für eine stärkere

Oxidation. Jedoch ergaben Messungen mit dem Weißlichtinterferometer Verhältnisse von rea-

ler zu projizierter Oberfläche von lediglich 1:1,005 für den Fall P320, respektive 1:1,0005 für

P1000. Ebenfalls konnten etwaige durch das Schleifen eingebrachten Versetzungen keinen

Rekristallisationsprozess in der γ′ verarmten Zone starten, sodass auch Korngrenzoxidation

oder Pipediffusion auszuschließen sind. Birks et al. [30] beschreiben den Rauheitseinfluss auf

das Oxidationsverhalten als einen geometrischen Faktor. Durch die erhöhte Rauheit sollen

thermische Spannungen zwischen Oxidschicht und Substrat schlechter ausgleichbar sein, was

zu schnellerem Versagen an der Grenzschicht M/MO führt. Die höhere Rauheit kann auch zu

einem schlechteren Ausgleichsvermögen thermischer Spannungen führen [50]. Abplatzen bzw.

Einreißen der Oxidschicht bewirkt eine zeitweise Beschleunigung des γ′-Verarmungsprozesses.

0 12 24 36 48 60 72 84 960

5

10

15

Zeit [h]

Vera

rmun

g[µ

m]

LEK94 PWA1480

(a) 1050 ◦C P320

0 12 24 36 48 60 72 84 960

5

10

15

Zeit [h]

Vera

rmun

g[µ

m]

LEK94 PWA1480

(b) 1050 ◦C P1000

Abbildung 6.10.: γ′-Verarmungsmessungen für unterschiedliche Oberflächenrauheiten für dieAuslagerung bei 1050 ◦C

6. Oxidationsversuche 38

6.2. EDX Analysen der Oxidationsproben

Im Folgenden werden, unter Verwendung der in Abschnitt 4.2 beschriebenen Methode, die

Oxidationsproben analysiert. In Abbildung 6.11 sind die drei am häufigsten festgestellten

Oxidschichten anhand eines Schliffes dargestellt. Die Oxidschichten bilden diskrete Schich-

ten. Direkt auf der oxidierten Legierung bildet sich Al2O3, darüber Cr2O3, und in der tran-

sienten Phase der Oxidation bildet sich zuoberst eine voluminöse Nickeloxidschicht. Diese

Reihenfolge entspricht der Vorhersage des Ellingham-Diagramms. Es sei an dieser Stelle

angemerkt, dass die Bildung von Nickeloxid untypisch für Superlegierungen ist. Aufgrund

der geringen Schutzwirkung und der schlechten Haftung am Substrat ist die Bildung die-

ses Oxids unerwünscht und findet in der Regel lediglich während des transienten Stadiums

der Oxidation statt. An der Oberfläche von Proben aus PWA 1484 ist dieses Oxid jedoch

auch zu späteren Auslagerungszyklen vorhanden, da die Oxidschichten zum Einreißen und

Abplatzen während des Abkühlens neigen. Das Ablösen der Nickeloxidschicht ist ebenfalls

in Abbildung 6.11 zu sehen. Über die in Abb. 6.11 dargestellten Oxide hinaus finden sich

vor allem Ti- und Ta-Oxide, welche in den untersuchten Fällen nicht zur Bildung diskreter

Schichten neigen. Das Abrastern der Anschliffe mittels EDX Spektroskopie zeigt in Abbil-

dung 6.12a-6.12c erwartungsgemäß ein Absinken des primären γ′-Bildners Aluminium in der

γ′-verarmten Zone. Die Oberfläche der einzelnen Proben ist deutlich durch das Maximum

02040

Cr [wt-%]

02040

Al [wt-%]

0204060

Ni [wt-%]

05

1015

02040

Abst

and

z[µ

m]

O [wt-%]

Abbildung 6.11.: Quantitative EDX Messung der Oxidschicht, Probe PWA 1484 ausgelagertbei 1050 ◦C für 96 h

6. Oxidationsversuche 39

der Aluminiumkonzentration markiert. Das Konzentrationsprofil von Al nimmt für alle un-

tersuchten Legierungen innerhalb der γ′-verarmten Zone ab. Im Bereich der γ′-Vergröberung

werden vereinzelt höhere Al-Konzentrationen gemessen, aufgrund innerer Al-Ausscheidungen.

In diesem Bereich der vergröbernden Ausscheidungen kommt es gleichzeitig zu einem Anstieg

des relativen Gehalts an Tantal, mit einem Höhepunkt der Tantalkonzentration exakt am

Übergang von γ′-vergröberter zu γ′-freier Zone. Das Anlagern von Tantal in Zone 3 ist auch

in Abbildung 6.4 erkennbar. Hier zeigt sich im Rückstreukontrast ein hellerer Grauton der γ′-

Ausscheidungen am Rande zur γ′-verarmten Zone. Das spricht für einen Anstieg der relativen

Dichte der Ausscheidungen durch Verarmung an Aluminium. Es bleibt das schwerere Tantal

zurück. Der Höhepunkt im Tantalgehalt wird gefolgt von einem diskontinuierlichen Abfall.

Für die Legierungen PWA 1480 und LEK 94 zeigt Titan ein ähnliches Verhalten. Zum einen

zeigt dies die Unterstützung von Ti und Ta bei der Bildung und Stabilisierung von γ′. Zum

0 5 10 15 200

10

20

30

40

Abstand z [µm]

Al[w

t-%]

(a) 950 ◦C PWA 1484 Al

0 5 10 15 200

10

20

30

40

Abstand z [µm]

Al[w

t-%]

(b) 950 ◦C PWA 1480 Al

0 5 10 15 200

10

20

30

40

Abstand z [µm]

Al[w

t-%]

(c) 950 ◦C LEK 94 Al

0 5 10 15 200

5

10

15

20

Abstand z [µm]

Ta[w

t-%]

(d) 950 ◦C PWA 1484 Ta

0 5 10 15 200

5

10

15

20

Abstand z [µm]

Ta[w

t-%]

(e) 950 ◦C PWA 1480 Ta

0 5 10 15 200

5

10

15

20

Abstand z [µm]

Ta[w

t-%]

(f) 950 ◦C LEK 94 Ta

Abbildung 6.12.: EDX-Analyse der γ′ verarmten Bereiche einkristalliner Nickelbasislegierun-gen, PWA 1484, PWA 1480 sowie LEK 94

6. Oxidationsversuche 40

anderen erklärt sich die Anhäufung von Tantal in diesem Bereich durch einen langsameren

Diffusionskoeffizienten aufgrund des höheren Atomdurchmessers [49].

Analyse der γ′ Ausscheidungen mittels Atomsonde

Zum tieferen Verständnis der EDX Messergebnisse wurde die Zusammensetzung der γ′-

Partikel in der Probenmitte und an der Grenze zur γ′-Verarmung verglichen1 (siehe Abb.

6.13). Für die Analyse aus der Probenmitte nimmt der Co- und Cr-Gehalt matrixseitig in

Richtung der Phasengrenze zu. Der Phasenübergang, welcher in der oberflächennahen Analy-

se betrachtet wird, zeigt dieses Verhalten weniger deutlich ausgeprägt. Diese Matrixelemente

scheinen daher bereits an der Diffusion zur Deckschicht beteiligt zu sein. Die Bildung eines

Saums aus Rhenium um die Ausscheidung herum kann in diesen Analysen nicht beobachtet

werden. Durch die stattfindende Auflösung der Ausscheidungsphase reichert sich die Matrix

zunehmend mit Nickel an. Der im vorangegangenen beobachtete Effekt einer Anreicherung

der γ′-Phase mit Tantal kann in diesen Analysen wiedergefunden werden. Es zeigt sich, dass

die Nickelkonzentration bei gleichzeitiger Verarmung an Aluminium konstant bleibt. Der grö-

ßere Atomradius resultiert für Tantal in einem langsameren Diffusionskoeffizienten gegenüber

Aluminium, wodurch es länger in der γ′-Phase verbleibt, bis diese sich schlussendlich auflöst.

(a) Proben Mitte (b) Grenze zur γ′-Verarmung

Abbildung 6.13.: Atomkonzentrationsprofile im Übergang γ′- zu γ-Phase, Vergleich zwischenProbenmitte und Rand der 1050 ◦C Probe nach 96 h

1Atomsondenmessung wurde durchgeführt von Paraskevas Kontis am MPIE in Düsseldorf

6. Oxidationsversuche 41

Verhalten weiterer Legierungselemente in der γ′-verarmten Zone

Während der Auslagerung auf Hochtemperatur kommt es zeitgleich zum Fortschreiten der γ′-

Verarmung auch sukzessive zur Anhäufung von Matrixelementen innerhalb der γ′-verarmten

Zone. Im Falle großer Elemente wie W und Re ist dies dem niedrigen Diffusionskoeffizienten

dieser Elemente zuzuschreiben (Tab. 6.2). Dieses Verhalten lässt sich allerdings auch für

Chrom feststellen (Abb. 6.14a).

Tabelle 6.2.: Quantifizierung von Refraktärelementen und Chrom in der γ′-verarmten Zone,gemittelt über alle Temperaturen

Legierung Cr W Re MoPWA 1484 6,7 6,2 2,9 3,2PWA 1480 11,3 4,6 - -LEK 94 8,6 3,4 2,1 3,1IN 100 12,5 - - 3,1

Das Absinken des für alle Legierungen ermittelten Cr-Gehalts für Temperaturen über 1000 ◦C

entspricht der allgemeinen Beobachtung, dass Cr2O3 bei hohen Temperaturen flüchtig wird.

Molybdän zeigt in geringerem Maße eine Tendenz zur Anhäufung in der γ′-verarmten Zone.

900 950 1000 10500

5

10

15

20

25

Temperatur [◦C]

wt-%

IN100PWA1480LEK94PWA1484

(a) Chrom in Gleichgewichtszone

900 950 1000 10500

2

4

6

Temperatur [◦C]

wt-%

IN100LEK94PWA1484

(b) Molybydän in Gleichgewichtszone

Abbildung 6.14.: Quantifizierung der Massenanteile in der γ′-verarmten Zone

6. Oxidationsversuche 42

6.3. Ermittlung der Diffusionskoeffizienten

Anhand der im vorherigen Abschnitt vorgestellten Verarmungsmessungen wurde die Glei-

chung 5.4 an die Daten angefittet. Die Ergebnisse für den Fit auf drei unterschiedliche Tem-

peraturen sind beispielhaft für die Legierung PWA 1480 in Abbildung 6.15 abgebildet. Es ist

erkennbar, dass das parabolische Verhalten nicht allen Messdaten entspricht. Zwar stimmen

für 900 ◦C und 1000 ◦C die ersten Schichtvermessungen relativ genau mit dem Fit überein,

sobald es allerdings zum Abplatzen der Oxidschicht kommt, weichen ab diesem Zeitpunkt

Fit und Messdaten voneinander ab. Aufgrund des Fits wird für 750 ◦C und 96 h nicht ei-

ne Verarmung von 0 µm vorhergesagt, sondern im Beispiel von PWA 1480 mit 650 nm eine

schlechtere, als die gemessene Phasenstabilität. Eine Übersicht für alle ermittelten Parameter

k0 und Q ist in Tabelle 6.3 dargestellt. Das zum Teil schlechte Bestimmtheitsmaß ergibt sich

aus dem diskontinuierlichen Sprung der Messwerte zwischen 800 ◦C und 750 ◦C auf 0 µm.

Überdies ist durch häufiges Abplatzen und Einreißen von Oxidschichten eine erneute Be-

schleunigung der Verarmungsvorgänge zu beobachten, wodurch die Messwerte schwanken.

Schlussendlich finden während der γ′-Verarmung mehrere Diffusionsvorgänge parallel statt,

deren Überlagerung im legierungsspezifischen Verarmungsverhalten resultiert. Eine ganzheit-

liche Betrachtung der bei der γ′-Verarmung beteiligten Prozesse und ein Fit auf die lokal

gemessene Materialzusammensetzung wie von Senge et al. [51] erreicht eine bessere Vorher-

sagekraft.

0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5

·105

0

1

2

3

4

Zeit [s]

Vera

rmun

g[µ

m]

850 ◦C Fit850 ◦C900 ◦C Fit900 ◦C1000 ◦C Fit1000 ◦C

Abbildung 6.15.: Fit von Gleichung 5.4 auf die γ′-Verarmungsmessung

6. Oxidationsversuche 43

Tabelle 6.3.: Fit auf die vermessene γ′-Verarmung

Legierung k0[m2

s ] Q [ kJmol ] R2

PWA 1484 0,146 72,22 0,53PWA 1480 0,127 84,09 0,95LEK 94 1,4e-4 14,64 0,81IN 100 0,45e-4 14,03 0,34

6.4. Diskussion

Die dargestellten Analysen dienen der Beurteilung des Einflusses zyklischer Oxidation auf

die Schädigung und die Phasenstabilität. Im Rahmen der Untersuchung der Geometriever-

änderung wurde vor allem bei PWA 1484 starkes Abplatzen festgestellt, welches bei 950 ◦C

die deutlichste Ausprägung hat. Diesem Effekt kann die temperaturabhängige Bildung von

Chrom- und Aluminiumoxid zugrunde liegen, die auch von Akhtar et al. [9] und Saber et al.

[52] beobachtet wurde. Akhtar et al. zeigten für CMSX-4 die stärkste Oxidationsschädigung

in einem ähnlichen Temperaturbereich, was auf die zunehmende Verflüchtigung von Chrom-

oxid zwischen 900-950 ◦C zurückgeführt wurde. Dies ist im Einklang mit der Tatsache, dass

die γ′-verarmte Zone für hohe Temperaturen deutlich an Chrom verarmt. In diesem Bereich

ist außerdem eine Verarmung des Refraktärelements Molybdän zu beobachten, welche auf

die Flüchtigkeit von MoO3 zurückzuführen ist [53]. Weiterhin konnten Kawagishi et al. [54]

zeigen, dass das Hinzulegieren von Hafnium zu vermehrtem Abplatzen von Oxidschichten am

Anfang zyklischer Oxidationsversuche führt.

Des Weiteren zeigten Oberflächenrauheiten innerhalb der ersten Oxidationszyklen einen Ein-

fluss auf das Oxidwachstumsverhalten. Dass Oxidschichten auf Proben höherer Rauheit häu-

figer einreißen, kann auf die eingeschränkte Kriechfähigkeit der Oxidschicht zurückgeführt

werden [55]. Dadurch kommt es zur Ablösung der Oxidschichten an Spannungsspitzen. Ein

Einfluss der beim Schleifprozess eingebrachten Versetzungen, wie von Ndjeng [32] und Foss

[33] beobachtet, wird in diesem Zusammenhang ausgeschlossen. Durch den zum Teil hohen

Materialabtrag für PWA 1484 wird etwaiges oberflächennahes deformiertes Material entfernt.

Zum anderen wurden keine Rekristallisationseffekte, wie sie durch plastische Deformation zu

erwarten sind, festgestellt.

6. Oxidationsversuche 44

Im weiteren Verlauf der Untersuchung stellt sich nach dem Abplatzen eine neue Oberflächen-

rauheit ein [30, 56], sodass die unterschiedlichen Ausgangszustände im Schnitt nach dem drit-

ten Auslagerungszyklus eine vergleichbare Oxidationscharakteristik aufweisen.

Die Unterschiede zwischen den Legierungen sind vor allem durch die Variation der γ′-Bildner

zu begründen [57]. Tantal zeigte positive Eigenschaften bei der zyklischen Oxidation [34, 39].

Durch die mit der Atomgröße verbundene langsamere Diffusion von Tantal, sind γ′-Ausschei-

dungen resistenter gegenüber Hochtemperaturalterung [12, 58, 34]. Der plötzliche Abfall des

Tantalgehalts im Übergang zwischen γ′-vergröbertem und γ′-verarmten Bereich stimmt mit

der Beobachtung von Ren et al. [59] überein, dass Tantaloxid erst nach dem Aufbrauchen von

Aluminium gebildet wird. Jedoch führten hohe Anteile von Tantal (PWA 1480) bzw. Titan

(LEK 94) zu einer verstärkten inneren Nitridation, wodurch die Deckschichtbildung gestört

wird [60, 61]. Die lokale Legierungszusammensetzung hat einen hohen Einfluss auf das Maß

innerer Nitrierung [21]. Das sich, gegenüber Aluminiumnitrid, bereits bei geringeren Stick-

stoffkonzentrationen bildende Titannitrid trägt für PWA 1480, LEK 94 und IN 100 zu einer

tieferen inneren γ′-Vergröberung bei. In PWA 1484 bilden sich aufgrund der höheren not-

wendigen Stickstoffkonzentration Aluminiumnitride nur in Oberflächennähe [43]. Über den

Beitrag zur γ′-Verarmung hinaus bildet AlN nadelförmige Ausscheidungen, die zum Oxid-

schichtversagen beitragen können. Durch das Entstehen innerer Nitride ist außerdem die Bil-

dung und Ausheilung einer diskreten Al2O3-Deckschicht gestört. Diese Faktoren erklären das

für PWA 1484 beobachtete stärkere γ′-Verarmungsverhalten. Im Vergleich zu allen anderen

Legierungen hatte PWA 1484 ab 1000 ◦C die Neigung zur Bildung innerer Poren. Ursäch-

lich ist der hohe Unterschied der Diffusionsgeschwindigkeiten einzelner oxidierter Elemente

[48]. Aufgrund der negativen Wechselwirkung von Titan bei der Hochtemperaturkorrosion

wurde in dieser Legierung auf dieses Element verzichtet. In den verbleibenden Legierungen

kann die Bildung von Titannitrid die Entstehung von oberflächennahen Poren unterbinden

[8].

Ein verzögertes Einsetzen der Ostwald-Reifung durch die Anlagerung eines Re-Saums um

die γ′-Phase, wie von Warren et al. sowie Amouyal et al. beobachtet [62, 63], konnte in

Atomsondenanalysen für PWA 1484 nicht festgestellt werden, wenngleich die rheniumhalti-

6. Oxidationsversuche 45

gen Legierungen in den hier vorgestellten Experimenten eine höhere Stabilität der γ′-Phase

aufwiesen.

Korngrenzen, wie sie in IN 100 vorhanden sind, spielten im Verarmungsverhalten einen un-

tergeordnete Rolle. Lediglich in vereinzelten Fällen konnte lokal die selektive Oxidation von

Carbiden an den Korngrenzen beobachtet werden.

46

Teil III.

Thermo-mechanische Belastung

7. Stand der Forschung 47

7. Stand der Forschung

7.1. Rekristallisation

Rekristallisation bedeutet Kornneubildung. Bei der Rekristallisation wird eine vorhandene

versetzungsreiche Kornstruktur so umgeordnet, dass eine versetzungsarme neue Kornstruktur

entsteht [6]. Sie ist zu unterteilen in dynamische und statische Rekristallisation. In der dy-

namischen Rekristallisation findet die Kornneubildung während der Umformung eines Werk-

stoffs statt, bei statischer Rekristallisation im Anschluss an die Umformung durch den Einfluss

hoher Temperatur.

Die primäre Rekristallisation braucht die mechanische Gitterverzerrungsenergie größtenteils

auf. Verbliebene Grenzflächenenergie wird durch Kornvergröberung bei ausreichend hoher

Temperatur und Glühdauer abgebaut [6]. Gemäß der Hall-Petch-Beziehung nimmt die Festig-

keit mit steigendem durchschnittlichem Korndurchmesser ab [64]. Sekundäre Rekristallisation

findet bei knappem Überschreiten des Mindestverformungsgrades statt und resultiert im über-

proportionalen Kornwachstum einzelner Körner. Der im Folgenden verwendete Term „Rekris-

tallisation“ bezieht sich durchgehend auf die primäre Rekristallisation.

Rekristallisation in fertigen Bauteilen ist in der Regel unerwünscht. Es bildet sich ein wei-

cheres Gefüge mit meist globularen Körnern. Zur Bildung neuer Körner bedarf es eines Min-

destverformungsgrades und einer Mindesttemperatur. Bei der Rekristallisation nimmt die

Versetzungsdichte ab [6]. Wobei die thermodynamische Triebkraft der Abbau der gespei-

cherten elastischen Gitterverzerrungsenergie ist. Allgemein wird das Phänomen in die zwei

Schritte Keimbildung oder Inkubationsphase und die Wachstumsphase unterteilt [65]. Wäh-

rend der Inkubationsphase entstehen neue Körner (siehe Abbildung 7.1 - I). Danach findet

7. Stand der Forschung 48

das Wachstum statt, bis die Korngrenzen aneinander stoßen und somit das bisherige Gefüge

vollständig aufgezehrt wurde (Abb. 7.1 - II). Stoßen die Grenzen der wachsenden Körner zu-

sammen, verlangsamt sich das Wachstum (Abb. 7.1 - III).

Initiierung

Zusammenstoßen der wachsenden Körner

Log Zeit

Ante

il Rek

rist

allis

atio

n

I II III

1

0

Abbildung 7.1.: Zeitlicher Verlauf der Rekristallisation angelehnt an [65]

Der Terminus „Keimbildung“ wird in der Literatur häufig genutzt, da im thermodynamischen

Sinne allerdings keine Keimbildung auftritt, wäre „Initiierung“ eine akkuratere Bezeichnung

des Vorgangs. Der Mechanismus der Keimbildung kann ausgeschlossen werden, da die den

Rekristallisationsprozess antreibende Energie im Vergleich zu der Energie einer Phasenum-

wandlung gering ist, jedoch die Grenzflächenenergie hoch ist. Daraus folgt, dass die Kornur-

sprünge präexistente, kleine inhomogene Volumina im deformierten Gefüge sein müssen [65].

Die primäre Rekristallisation wird durch die folgenden Parameter beeinflusst [6]:

• Kaltverformungsgrad η

• Verformungs- und Auslagerungstemperatur T

• Zeit t

• Ausgangskorngröße dK0

• gelöste Fremdelemente einer Konzentration c

7. Stand der Forschung 49

• Mehrphasigkeit, z. B.in Form einer zweiten Phase mit den Dispersionsparametern Teil-

chendurchmesser dT und Teilchenabstand λT

Das Zusammenspiel dieser Größen wird im Folgenden durch die Gesetzmäßigkeiten der Re-

kristallisation beschrieben.

Bei einaxialen Zugversuchen wird zur Initiierung der Kornneubildung ein Mindestumform-

grad von 1 [42] bis 15% plastischer Dehnung [6] benötigt. Die Deformation muss zur Bil-

dung eines Keims ausreichen und ist die treibende Kraft des Kornwachstums. Je höher die

Temperatur nach der Verformung ist, desto geringer ist der kritische Umformgrad. Unter-

halb dieses Umformgrads kann sich nur Erholung abspielen. Weiterhin kann eine Erhöhung

der Umformtemperatur ebenfalls Erholungsprozesse während des Umformprozesses ermögli-

chen, wodurch weniger Energie im Werkstoff gespeichert ist. Ein knappes Überschreiten des

Mindestverformungrads erzeugt nur wenige Rekristallisationskeime und führt somit zu grö-

beren Körnern einschließlich sekundärer Rekristallisation. Ein hoher Umformgrad erhöht die

Keimbildungsrate und Keimwachstumsgeschwindigkeit und führt folglich zu einer kürzeren

Rekristallisationszeit. Daraus folgt auch, dass bei gleicher Glühdauer die Rekristallisations-

temperatur mit steigendem Umformgrad abnimmt. Zu beachten ist allerdings, dass während

der Aufheizphase bereits signifikante Erholung stattfinden kann [6].

Die Initiierung von Körnern und das anschließende Wachstum sind thermisch aktivierte Pro-

zesse, deren Geschwindigkeiten exponentiell von der Temperatur abhängig sind. Begründung

dafür ist das diffusive Klettern von Stufenversetzungen, welches zur Veränderung des Sub-

korngefüges notwendig ist. Aufgrund des diffusionskontrollierten Kletterns sinkt die Rekristal-

lisationszeit mit zunehmender Temperatur exponentiell. Wobei die finale Rekristallisations-

korngröße vornehmlich vom Deformationsgrad abhängig ist. Die Temperatur ist für der end-

gültigen Korngröße von nachrangiger Bedeutung [6, 66]. Zusätzlich spielt die Konzentrationen

gelöster Legierungselemente sowie die Verteilung von Teilchen innerhalb einer Legierung eine

Rolle bei der Rekristallisation. Fremdatome können das Fortschreiten der Korngrenzen brem-

sen und müssen von diesen beim Kornwachstum durch das Gitter mittransportiert werden.

Dies erhöht die zur Rekristallisation notwendigen Temperaturen. Korn- sowie Subkornwachs-

tum wird auch durch Teilchen einer zweiten Phase behindert. Die Ausscheidungen verhindern

7. Stand der Forschung 50

das Wandern von Korngrenzen und erschweren Versetzungsbewegungen [6]. Bei Präsenz einer

zweiten dicht gepackten Phase bzw. bei einem hohen Teilchenvolumenanteil, kann dadurch

das Kornwachstum örtlich beschränken werden [67, 68].

Die Wechselwirkung der Kraft zwischen Ausscheidung und Korngrenze bzw. der resultie-

renden rückhaltenden Kraft mehrerer Ausscheidungen auf die Korngrenze wird als Zener-

Reibung (Zener pinning) bezeichnet [68]. Um Korngrenzen von Partikeln zu befreien, wird

eine zusätzliche Menge an Grenzflächenenthalpie benötigt. Demzufolge rekristallisieren Legie-

rungen mit dispersen Ausscheidungen bei wesentlich höheren Glühtemperaturen als homogene

Legierungen oder Materialien mit groben Teilchen. Zum Teil kann durch feinverteilte, klei-

ne Partikel in einer Legierung die Rekristallisation bis knapp unterhalb des Schmelzpunktes

unterdrückt werden [6, 16]. Durch eine hohe lokale Versetzungsdichte, können im Gegensatz

dazu grobe Teilchen ab ca. 1 µm Größe, bei plastischer Verformung des inhomogenen Werk-

stoffs, die Korninitiierung fördern [6, 68].

Kohärente Ausscheidungen unterdrücken Korngrenzenwachstum effektiver als inkohärente

[69]. Bei ersteren muss zunächst eine inkohärente Grenzfläche zur neuen Kornseite hin ge-

schaffen werden, sobald die Korngrenze auf das Teilchen trifft [6]. Dies ist mit erhöhtem En-

ergieaufwand verbunden. Dieser Effekt lässt sich insbesondere in, durch γ’-Ausscheidungen,

gehärteten Nickelbasislegierungen beobachten.

Der Zusammenstoß dreier Körner an einer Kante wird als Korngrenzentripelpunkt bezeichnet.

Im Volumen handelt es sich meist um Tripellinien, aufgrund ihrer Erkennbarkeit als Punkte

im zweidimensionalen Schliff, werden sie dennoch als Tripelpunkte bezeichnet. Tripelpunkte

können das Kornwachstum und die Entwicklung der Mikrostruktur beeinflussen [65]. Experi-

mente und Simulationen zeigen, dass die Beweglichkeit von Tripelpunkten ausreichend klein

ist, um Korngrenzenwanderung zu unterbinden. Das bedeutet, dass die Korngrenzenbeweg-

lichkeit nicht allein die Kornwachstumsrate bestimmt [65].

8. Rekristallisationsversuche 51

8. Rekristallisationsversuche

8.1. Versuchsaufbau

Experimente zur Rekristallisation werden in dieser Arbeit mit dem in Abbildung 8.1 darge-

stellten Versuchsstand durchgeführt. Die Hammergeometrie besteht aus einer 500 µm breiten

Schneide mit 1 mm breiten und um 45◦ angefasten Flanken. Die Hammerschneide wird aus

der gleichen Legierung wie die zu deformierenden Probe durch Drahterodieren hergestellt.

Durch die angefasten Flanken entsteht eine mehrachsige Belastung an den Kanten der Ham-

merfläche. Weiterhin erlaubt der definierte Abdruck ein einfacheres Wiederfinden der de-

formierten Stelle bei der Probenpräparation. Die Wärmebehandlung erfolgt zyklisch, um das

Kornwachstum über die Zeit nachverfolgen zu können. Darüber hinaus ist Ziel dieser Versuche

Oxidschichten in wiederholten Abkühlphasen einreißen zu lassen. Die plastische Deformation

wird mittels statischen Drucks durch eine Mikrotron Prüfmaschine von Rumul eingebracht.

Auslagerung im verspannten Zustand unter Temperatur wird durch induktive Erwärmung

der Probe mittels des in Abbildung 8.1 dargestellten Ringinduktors ermöglicht. Die Geome-

trie des Induktors wurde von der Firma EFD Induction ausgelegt. Der Frequenzumrichter

ist eine 6 kW Minac 6/10 SM Anlage. Die Programmsteuerung erfolgt über einen Eurotherm

3504 4-Kanal Temperaturregeler mit einer Temperaturabweichung gegenüber des angezeig-

ten Werts von max. 0,2 %. Vor Inbetriebnahme des Versuchsstands erfolgte die Einstellung

der Temperatur und der Abgleich von Soll- und Ist-Wert durch auf der Probenoberfläche

angeschweißte Temperatursensoren. Während der Aufheizphase kommt es zu einem Über-

schwingen der Temperatur von 2 %. Die Deformation erfolgt erst nach Einpendeln auf die

Zieltemperatur.

8. Rekristallisationsversuche 52

Temperaturregelung

Temperkontrolle

Temperkontrolle

Induktor

Hammer

Probe

Wasserkühlung

Kraftmessdose

Abbildung 8.1.: Versuchsstand für Rekristallisationsexperimente

Zur Beurteilung der Rekristallisation werden EBSD-Analysen von verformten Querschnitten

angefertigt. Die verwendete Kornbestimmung schließt sich gängigen Methoden an [22] und

definiert ab einem Orientierungsunterschied von 10◦ ein neues Korn. Weiterhin müssen mehr

als fünf Messpixel gleicher Orientierung zusammenhängen, um als Korn zu gelten.

8.2. Deformationstemperatur

Für statische Rekristallisation muss zunächst plastische Verformung eingebracht werden, wo-

zu die in Kapitel 8.1 beschriebene Versuchseinrichtung benutzt wird. Bei der ausgewählten

Kraft von 10 kN wird die Probe plastisch verformt, wobei die Ausdehnung des plastisch ver-

formten Bereichs und die Stärke der plastischen Verformung mit zunehmender Probentem-

peratur steigen. Der Temperaturbereich, in dem die Proben erwärmt werden, liegt zwischen

RT und 900 ◦C, was den üblichen Einsatztemperaturen entspricht. Für die nachfolgende zy-

klische Auslagerung wurde die Spitzentemperatur 900 ◦C betrachtet. Alle Versuche erfolgten

mit Proben aus PWA 1484. Das an die Deformation anschließende Kornwachstum wird durch

zyklisches Auslagern auf 900 ◦C ermöglicht. Die Auslagerungsdauer eines Zyklus beträgt 6 h.

Eine Ausnahme bildet der erste Zyklus für die Proben 414 und 415 mit 4 h. Nach jedem

Zyklus wurde der Querschnitt der deformierten Probe nach der in Kapitel 6 beschriebenen

8. Rekristallisationsversuche 53

Methode präpariert, um eine EBSD Analyse des Querschnitts aufzunehmen.

Abbildung 8.2 zeigt die Oberfläche einer Probe aus PWA 1484, welche bei 800 ◦C umgeformt

und anschließend 36 h lang bei 900◦C ausgelagert wurde. Anhand der Abbildung lässt sich

der Hammerabdruck nachvollziehen. Während neben dem Hammerabdruck noch Schleifriefen

von der Probenpräparation zu erkennen sind, zeigt sich im Bereich des Abdrucks ein stär-

kerer Aufwuchs und eine Veränderung der Probenoberfläche. Die Phasendarstellung einer

Einkristall

Bereich der Umformung /stärkere Oxidation

100 µm

Schleifriefen

Oberfläche

Abbildung 8.2.: SE Aufnahme einer PWA 1484 Probe bei 800 ◦C verformt anschließend bei900 ◦C für 36 h ausgelagert

EBSD-Analyse diesen Bereichs zeigt, dass der aufgewachsene Bereich als Nickeloxid indiziert

wird (siehe Abb. 8.3). Der rot eingefärbten Bereiche wurden in der EBSD-Analyse als Ni-

ckel indiziert. Die Bereiche innerer Oxidation stehen immer oxidativem Aufwuchs gegenüber.

Aus diesen Bereichen diffundiert Nickel an die Oberfläche und wird oxidiert. Auffällig ist,

dass die Bildung von Bunsenit, einem Nickeloxid, auf den deformierten Bereich beschränkt

ist (siehe grüne Bereiche in Abb. 8.3). Nickeloxid hat im Vergleich zu den verbleibenden Le-

gierungselementen in PWA 1484 einen sehr hohen Dissoziationsdruck und muss sich daher

an der Oberfläche bilden. Aufgrund des großen Unterschieds der Atomabstände im Nickel-

bzw. Bunsenit-Kristallgitter, ist die Phasenidentifikation direkt anhand der Kikuchipattern

möglich. Eine EDX gestützte Phasenidentifikation findet für diese Phasen nicht statt. In

Abbildung 8.4 ist der Querschnitt einer bei 900 ◦C deformierten Probe nach dem ersten Aus-

lagerungsschritt dargestellt. Auch hier ist an der Probenoberfläche deutlich Oxidation zu

erkennen, welche sich aufgrund der geringen elektrischen Leitfähigkeit auflädt und somit im

REM weiß erscheint. Die Flanken des Abdrucks weisen eine höhere Misorientierung im Ein-

8. Rekristallisationsversuche 54

100 µm

Bunsenit

Nickel

Hammergeometrie

kein Aufwuchs

Abbildung 8.3.: Phasendarstellung einer PWA 1484 Probe, bei 800 ◦C verformt anschließendbei 900 ◦C für 36 h ausgelagert, Nickeloxidaufwuchs liegt immer innerer Oxi-dation gegenüber

kristall auf (in Abbildung 8.4 grün-gelb dargestellt). Diese Misorientierung verbleibt auch

nach weiteren Auslagerungsschritten im Einkristall und wird nicht von Erholungsprozessen

aufgezehrt. Der Bereich hoher Misorientierung ist in Abbildung 8.5 vergrößert dargestellt.

6 10 14 18 22

Misorientierungswinkel

Hammergeometrie

100 µm

Abbildung 8.4.: Mittlere kornbezogene Misorientierung einer PWA 1484 Probe bei 900 ◦C ver-formt anschließend bei 900 ◦C für 6 h ausgelagert, Misorientierungswinkel anden Flanken des Eindrucks deutlich größer, Korngrenzen sind rot dargestellt

Die Deformation ist so stark, dass lokal keine Pattern mehr indiziert werden können. Die

neu gebildeten Körner befinden sich zwischen der Oxidschicht und dem Einkristall und sind

Misorientierungsfrei. Die vermehrte Bildung von Bunsenit an den Flanken des Hammerab-

drucks geht einher mit verstärkter lokaler Rekristallisation. Dabei sind die Schichten innerer

Rekristallisation und bunsenitischen Aufwuchs getrennt durch eine Schicht innerer Oxidati-

on (vgl. Abb. 8.6). In diesem Bereich diffundiert Nickel nach außen und bildet Nickeloxid in

stängelkristalliner Form. Das Nickeloxid ist wenig protektiv und kann die Eindiffusion von

Sauerstoff nicht stark genug herabsenken, um die verbleibenden Legierungselemente vor Oxi-

dation zu schützen. Dadurch werden über längere Auslagerungszeiten auch die neugebildeten

Körner oxidiert, was zu einem Schrumpfen der Körner führen kann.

Wie Abbildung 8.5 nahe legt, zeigt auch die Auswertung der Seitenverhältnisses der Körner

8. Rekristallisationsversuche 55

10 µm

Rekristallisierte Körner

innere Oxidation

nicht indizierte Pattern

10 µm

rekristallisierte Körner

innere Oxidation

nicht indizierte Pattern

Einkristall

Abbildung 8.5.: Mittlere kornbezogene Misorientierung einer PWA 1484 Probe bei 900 ◦C ver-formt anschließend bei 900 ◦C für 6 h ausgelagert, Korngrenzen sind rot dar-gestellt

[111]

[011][001]

20 µm

[111]

[011][001]

20 µm

stängelförmigesNickeloxid

Einkristall

rekristallisierte Körner

Abbildung 8.6.: IPFZ-Darstellung einer PWA 1484 Probe, bei 500 ◦C verformt anschließendbei 900 ◦C für 28 h ausgelagert, Rekristallisation und oxdischer Aufwuchs anFlanke des Eindrucks erkennbar

in Abbildung 8.7, dass sich in der Rekristallisationsschicht besonders flache Körner bilden. Im

Mittel steigt dieses Seitenverhältnis minimal über die Zeit an. Dies ist durch ein Zusammen-

wachsen von Körnern zu erklären. Für die Korngröße (siehe Abb. 8.9) sind zwei gegensätzliche

Prozesse verantwortlich. Zum einen das oxidationsgetriebene Schrumpfen an der Schnittstel-

le von rekristallisierten Körnern und Oxidschicht. Zum anderen ist das Wachstum limitiert

durch die γ′-Phase an der Schnittstelle der rekristallisierten Körner und dem Einkristall

(vgl. Abb. 8.8). Wie im vorangegangenen Teil beschrieben wird die weitere Verarmung an

γ′-Partikeln durch die Diffusion von Aluminium zur Deckschicht bestimmt. Sobald dieser

Prozess zum Erliegen kommt, kann ein Wachstum der Körner nur noch durch Assimilation

kleinerer benachbarter Körner stattfinden. Lokal sind Bereiche nicht rekristallisierten Einkris-

talls zu finden, welcher γ′-verarmt ist. In diesem Bereich reicht die vorhandene Verformung

8. Rekristallisationsversuche 56

0 6 12 18 24 30 360

1

2

3

Zeit [h]

Seite

nver

hältn

isRT500◦C700◦C800◦C900◦C

Abbildung 8.7.: Seitenverhältnis analysierter Körner für unterschiedliche Verformungstempe-raturen und anschließender zyklischer Auslagerung auf 900 ◦C

2 µm

-Verarmungγ‘

äußere Oxidation

innere Oxidation

Rekristallisation

plastische Deformation

Abbildung 8.8.: Übergang zwischen Rekristallisation und γ′ gehärtetem Einkristall in einerPWA 1484 Probe, bei 900 ◦C verformt anschließend bei 900 ◦C für 6 h ausge-lagert

nicht aus, um den Rekristallisationsprozess zu starten. Direkt neben diesem γ′-verarmten und

nicht rekristallisierten Bereich in Abbildung 8.8, ist im Rückstreukontrast plastische Verfor-

mung anhand eines Grauschleiers im Einkristall zu erkennen. Auch in diesem Bild ist die sich

bildende Nickeloxidschicht ein Anzeichen dafür, dass neugebildeter Körner bzw. Matrixma-

terial oxidieren. Eine Interaktion der inneren Nitride mit den sich bildenden Körnern kann

nicht beobachtet werden.

Die über die Auslagerungsdauer ermittelte Korngröße ist starken Schwankungen unterworfen

(vgl. 8.9). Die geringe Anzahl an Körnern und die Sensibilität der Rekristallisationsneigung

gegenüber lokalen Unterschieden der Mikrostruktur sind hier ausschlaggebend. Über die Aus-

8. Rekristallisationsversuche 57

0 6 12 18 24 30 360

5

10

15

Zeit [h]

Korn

größ

e[µ

m]

RT500◦C700◦C800◦C900◦C

Abbildung 8.9.: Durchschnittliche Korngröße im Probenquerschnitt über die Zeit für unter-schiedliche Verformungstemperaturen

lagerungszeit von 36 h beginnen die Körner im Mittel zu schrumpfen. Dieser Effekt ist kleiner

als die beobachtete Varianz zwischen den Proben.

8.3. Auslagerungstemperatur

Die nächste zu untersuchende Einflussgröße ist die Auslagerungstemperatur. Ziel ist es, Schä-

digungsbilder zu erzeugen, bei denen die Rekristallisation und die Oxidation an Grenzflächen

gleichzeitig ablaufen. Da wie in Kapitel 8.2 dargestellt die Verformungstemperatur keinen

Einfluss auf die neugebildeten Körner hat, werden alle Proben bei RT vorverformt und an-

schließend zyklisch ausgelagert. Es wird ein Temperaturbereich von 850 ◦C - 1050 ◦C beob-

achtet, wobei dieser Bereich an der oberen Grenze der Einsatztemperatur liegt. Es werden

alle vier zur Verfügung stehenden Ni-Basis-Legierungen untersucht.

Auslagerung bei 850 ◦C

Die mittlere Korngröße und Kornanzahl bei Auslagerung bei 850◦C sind in Abb. 8.10 für

alle untersuchten Legierungen dargestellt. Für die ausgelagerten Proben ist kein kontinuier-

liches Kornwachstum beobachtbar und die Größe der Körner streut stark. Zum einen gibt

es Schwankungen zwischen den unterschiedlichen analysierten Querschnitten innerhalb einer

Probe. Zum anderen bilden sich große Körner hauptsächlich an den Flanken des Hammer-

abdrucks, sodass die Anzahl dieser Körner niedrig ist. Die sich einstellende durchschnittliche

Dicke der rekristallisierten Schicht bei 850 ◦C ist größer als die gemessene γ′-Verarmung in

8. Rekristallisationsversuche 58

Kapitel 6.1.2 für die gleiche Temperatur.

0

3

6

9

12

15

18

Kor

ngrö

ße

[µm

²]

6

18

42

0

3

6

9

12

15

18

Kor

ngrö

ße

[µm

²]

6

18

42

(a) Korngröße

0

50

100

150

200

250

300

350

An

zah

l

6

18

42

(b) Kornanzahl

Abbildung 8.10.: Auswertung der EBSD Daten innerhalb des deformierten Bereichs in Ab-hängigkeit der Auslagerungszeit, 850 ◦C

Weiterhin unterscheidet sich IN 100 gegenüber den einkristallinen Legierungen dadurch, dass

über die Auslagerungsdauer mehr Körner gefunden werden. Wie in Abbildung 8.11 darge-

stellt, entstehen in Proben aus IN 100 auch am tiefsten Punkt des Hammerabdrucks Körner.

Eine Erklärung hierfür sind die zum Teil 2 µm großen γ′-Ausscheidungen, welche als Nuklea-

tionskeim für Körner dienen können [65]. Wie auch in den reinen Oxidationstest wurde bei

dieser Temperatur keine deutliche Oxidschichtbildung auf den Probenoberflächen beobach-

tet.

20 µmgroßflächige Rekristallisation

[111]

[011][001]

Abbildung 8.11.: IPFZ Darstellung des Übergangs tiefster Punkt des Abdrucks zu Flankeeiner Probe aus IN 100, Auslagerung 42 h bei 850 ◦C

8. Rekristallisationsversuche 59

Darüber hinaus ist das Maß an Kristallerholung nach 42 h Auslagerung innerhalb der ein-

kristallinen Legierunge so gering, dass im Einkristall deutliche Spuren plastischer Defor-

mation zu finden sind (vgl. Abb. 8.12). Dies kann bei länger andauernder Auslagerung

Triebfeder für weitere Rekristallisationsprozesse sein, insofern eine γ′-Verarmung vorausgeht.

20 µm

Rekristallisationund verbleibende Deformation

[111]

[011][001]

Abbildung 8.12.: IPFZ Darstellung der rechten Flanke von einer Probe aus PWA 1484, Aus-lagerung 42 h bei 850 ◦C

Auslagerung bei 950 ◦C

In Abbildung 8.13 ist die durchschnittliche Korngröße für die untersuchten Legierungen nach

Auslagerung auf 950 ◦C dargestellt. Die in IN 100 beobachtete Kornanzahl ist erneut deutlich

höher als in den einkristallinen Legierungen und nimmt über die Zeit zu. Die maximalen

hier ermittelten Korngrößen bleiben zum Teil hinter denen auf 850 ◦C beobachteten zurück.

Grund hierfür kann der in Abbildung 8.14 dargestellte oxidative Abbau der Körner sein.

Dieser geht auch in dieser Versuchsreihe einher mit Nickeloxidbildung, wobei IN 100 mit 20 µm

Aufwuchs zu stärkerer Oxidschichtbildung neigt, als die einkristallinen Legierungen (siehe

Abbildung 8.14a). An der Oberfläche von LEK 94 wurde zudem beobachtet, dass Schleifriefen,

resultierend aus der Probenpräparation vor dem Versuch, im Schleifgrund mehr Nickeloxid

aufwiesen als daneben (vgl. Abb. 8.14b).

8. Rekristallisationsversuche 60

0

3

6

9

12

15

18

Kor

ngrö

ße

[µm

²]

6

18

42

(a) Korngröße

0

50

100

150

200

250

300

350

An

zah

l

6

18

42

(b) Kornanzahl

Abbildung 8.13.: Auswertung der EBSD Daten innerhalb des deformierten Bereichs in Ab-hängigkeit der Auslagerungszeit, 950 ◦C

20 µm

Bunsenit

[111]

[011][001]

(a) IN 100

40 µm

Rekristallisation

Oxidation anSchleifriefen

[111]

[011][001]

(b) LEK 94

Abbildung 8.14.: IPFZ Darstellung von Rekristallisation und Oxidation, Auslagerung 42 hbei 950 ◦C

8. Rekristallisationsversuche 61

Auslagerung bei 1050 ◦C

Bei 1050 ◦C ist für die einkristallinen Legierungen eine Zunahme der mittleren Korngröße

gegenüber den Versuchen auf 950 ◦C zu verzeichnen. PWA 1484 und LEK 94 verhalten sich,

die Menge der gebildeten Körner betreffend, unauffällig. Für IN 100 ist ein geringer Rückgang

zu verzeichen. PWA 1480 jedoch zeigt einen deutlichen Zuwachs in Korngröße und Anzahl.

Der in Abbildung 8.16a dargestellte Ausschnitt zeigt, dass die Körner auf dieser Temperatur

in PWA 1484 zum Teil tiefer ins Material wachsen als bei den niedrigeren Temperaturen (vgl.

Abb. 8.6). Wie in Abbildung 8.17 markiert, wurden ursprünglich in der Probe vorhandene

0

3

6

9

12

15

18

Kor

ngrö

ße

[µm

²]

6

18

42

(a) Korngröße

0

50

100

150

200

250

300

350

An

zah

l

6

18

42

(b) Kornanzahl

Abbildung 8.15.: Auswertung der EBSD Daten innerhalb des deformierten Bereichs in Ab-hängigkeit der Auslagerungszeit, 1050 ◦C

Korngrenzen auf 1050 ◦C in IN 100 oxidiert. Dieser Effekt ist in Bereichen der Rekristallisa-

tion nicht zu beobachten. Jedoch ist auch bei 1050 ◦C die Nickeloxidschicht dieser Legierung

gegenüber den einkristallinen Legierungen sehr dick, was für eine Assimilation der Körner

durch Oxidation spricht.

8. Rekristallisationsversuche 62

20 µm

[111]

[011][001]

(a) PWA 1480

20 µm

[111]

[011][001]

(b) LEK 94

Abbildung 8.16.: IPFZ Darstellung von zwei Proben, Auslagerung 42 h bei 1050 ◦C

[111]

[011][001]10 µm

Rekristallisation

(a) rekristallisierte Flanke

[111]

[011][001]

20 µm

oxidierteKorngrenze

Bunsenit

(b) Korngrenzenoxidation im Grund

Abbildung 8.17.: IPFZ Darstellung von zwei Bereichen einer IN 100 Probe, Auslagerung 42 hbei 1050 ◦C

8. Rekristallisationsversuche 63

8.4. Auslagerung bei extremer Temperatur

Die bislang getesteten Temperaturen waren angelehnt an im Betrieb zu erwartende Werte.

In diesem Abschnitt wird das Verhalten von PWA 1484 auf Temperaturen in der Nähe der

Schmelztemperatur untersucht. Ziel ist das Erzeugen großer Körner um anschließend zu un-

tersuchen, wie die Fragmentierung von Körnern auf unterschiedlichen Temperaturen verläuft.

Darüber hinaus soll untersucht werden, ob in Abhängigkeit der Temperatur eine bevorzugte

Oxidation der Korngrenzen stattfindet.

8.4.1. Vorversuche mit Härteeindrücken

Im Folgenden wird im Rahmen einer Vorstudie untersucht, wie sich oberflächennahe Berei-

che bei 1200 ◦C und 1300 ◦C verhalten. Die Verformung wurde in die Proben mittels HV 20

Vickershärteeindrücken eingebracht. Die Betrachtung der Schädigung und der sich einstellen-

den Mikrostruktur erfolgt im Schliff. Untersucht werden die Auslagerungsdauern 5, 20 und

60 Minuten.

In Abbildung 8.18 sind für 1200 ◦C die drei untersuchten Zeitpunkte dargestellt. Bei Her-

ausnahme der Proben aus dem Ofen platzte großflächig Oxid ab, sodass die verbleibenden

Oxidschichten in diesem Versuch sehr dünn ausfallen. Die Größenordnung des γ′-verarmten

und rekristallisierten Bereichs ist vergleichbar mit den Versuchen auf 900-1000 ◦C. Jedoch fin-

det die Oxidation neugebildeter Körner in Abbildung 8.18c deutlicher statt. Darüber hinaus

ist die Bildung neuer Körner beschränkt durch die γ′-Phase. Des Weiteren ist eine deutliche

Alterung der γ′-Ausscheidungen zu erkennen, in Abb. 8.18a ist das großflächige Zusammen-

wachsen mehrerer Ausscheidungen beobachtbar.

Die EBSD-Aufnahmen in Abbildungen 8.19 zeigen das langsam in die Tiefe fortschreitende

Wachstum der Körner über die Zeit. Im Gegensatz zu Versuchen auf niedrigeren Temperatu-

ren bildet sich keine gleichmäßige Schädigungstiefe. Vielmehr wachsen einzelne Körner lokal

tiefer in den Einkristall hinein. Diesem inneren Fortschritt der Rekristallisationsfront folgt

die Oxidation, welche neugebildete Körner aufzehrt (sie Abb. 8.19b).

8. Rekristallisationsversuche 64

2 µm

gealterte γ‘

Rekristallisation

Oberfläche

(a) 1200 ◦C 5 min

2 µm

gealterte γ‘

Rekristallisation

Oberfläche

(b) 1200 ◦C 20 min

2 µm

Rekristallisation

oxidierte Körner

verbleibende plastische Deformation

Oberfläche

(c) 1200 ◦C 60 min

Abbildung 8.18.: SE-Aufnahmen an Schliffen von PWA 1484 Proben, Auslagerung bei 1200 ◦Cfür 5-60 Minuten

10 µm

[111]

[011][001]

(a) 1200 ◦C 5 min

10 µm

[111]

[011][001]

(b) 1200 ◦C 60 min

Abbildung 8.19.: IPFZ Darstellung von PWA 1484 Proben, Auslagerung bei 1200 ◦C

Für PWA 1484 liegt die γ′-Lösungstemperatur bei 1299 ◦C [16]. Dadurch rekristallisiert die

Probe auf 1300◦C vollständig. Bereits nach 5 Minuten sind Körner, ausgehend von der Ober-

fläche, bis zu 250 µm tief ins Material vorgedrungen. Interdendritische Ausscheidungen beein-

8. Rekristallisationsversuche 65

flussen lokal die Richtung des Kornwachstums (siehe Abb. 8.20) [42].

80 µm

Härteeindruck

Einkristall

interdendritische Ausscheidungen

Abbildung 8.20.: Argus Detektor-Aufnahme einer PWA 1484 Probe, Auslagerung bei 1300 ◦Cfür 5 Minuten

8.4.2. Kornfragmentation nach Hochtemperaturauslagerung

Auf Basis der Vorversuche in Kapitel 8.4.1 wurden Proben auf Raumtemperatur mit 10 kN in

dem Versuchsstand aus Kapitel 8.1 deformiert. Eine anschließende 60 minütige Auslagerung

auf 1200 ◦C hat zum Ziel große Körner innerhalb des deformierten Bereichs zu erzeugen. Die

Fragmentation dieser Körner wird in einem zweiten Schritt durch Auslagerung auf unter-

schiedlichen Temperaturen zwischen 800 ◦C und 1000 ◦C untersucht.

Die Korngröße zum Zeitpunkt 0 h in Abbildung 8.21 definiert den Auslagerungszustand nach

60 Minuten auf 1200 ◦C. Zu diesem Zeitpunkt gibt es bereits eine große Streuungen zwischen

den unterschiedlichen Proben, trotz gleicher Wärmebehandlung und Belastung. Diese Unter-

schiede sind in Abbildung 8.22a und b gegenübergestellt und können, wie in vorherigen Ex-

perimentreihen beobachtet, aus der inhomogenen Mikrostruktur und der lokalen plastischen

Verformung stammen. In den darauf folgenden Zyklen kommt es immer wieder zu einem

Schrumpfen und teilweise erneutem Wachstum der Körner (siehe Abb. 8.23). In Abbildung

8.23a und b ist die gleiche Probe vor (a) und nach 36 h (b) Auslagerung auf 850 ◦C dargestellt.

Aufgrund der Auslagerung handelt es sich um zwei unterschiedliche Schliffe an derselben Pro-

be. Die anfänglich noch großen Körner an den Flanken des Abdrucks zeigen zwischen 8.23a

und 8.23b eine Größenabnahme, während die kleinen Körner am tiefsten Punkt des Abdrucks

gänzlich verschwunden sind. Die Körner schrumpfen durch Oxidation aus Richtung der Pro-

8. Rekristallisationsversuche 66

0 12 24 36 480

2

4

6

8

10

12

Zeit [h]

Korn

größ

e[µ

m]

800 ◦C850 ◦C900 ◦C950 ◦C1000 ◦C

Abbildung 8.21.: Auswertung der EBSD Daten innerhalb des deformierten Bereichs vonPWA 1484 Proben in Abhängigkeit der Auslagerungszeit für unterschied-liche Auslagerungstemperaturen

20 µmRekristallisation

[111]

[011][001]

(a) nach 60 Minuten auf 1200 ◦C

20 µmRekristallisation

[111]

[011][001]

(b) nach 60 Minuten auf 1200 ◦C

Abbildung 8.22.: IFPZ Aufnahmen der deformierten Bereiche von PWA 1484 Proben, nachAuslagerung bei 1200 ◦C

benoberfläche. Eine Bevorzugung der Korngrenzen während des Oxidationsprozesses konnte

nicht beobachtet werden.

8. Rekristallisationsversuche 67

20 µm

Rekristallisationkleine Körner im tiefsten Punktdes Abdrucks

[111]

[011][001]

(a) Ausgangszustand, Auslagerung auf 1200 ◦C nach 60 Minuten

20 µm

oxidierte Körner[111]

[011][001]

(b) Anschließende Auslagerung bei 850 ◦C für 36 h

Abbildung 8.23.: IFPZ Aufnahmen des deformierten Bereichs einer PWA 1484 Probe

8.5. Rekristallisation und γ′ Verarmung unter Druck

In den Forschungsarbeiten von Foss et al. [33, 27] zeigte sich, dass die statische Biegung von

Proben während der Hochtemperaturauslagerung zu einer beschleunigten Oxidation führen

kann. Weiterhin wurde in vorangegangen Versuchen beobachtet, dass vordeformierte Proben

zu einer verstärkten Bildung von Nickeloxid neigen. Im Folgenden soll das Rekristallisations-

verhalten unter statischen Druck untersucht werden. Ziel dieses Versuchs ist herauszufinden,

ob die Verspannung von Proben unter Temperatur eine Veränderung der Reaktionsprodukte

hervorrufen. Weiterhin wird die Schädigungstiefe ausgewertet und mit Oxidationstests ohne

statische Verformung verglichen. Dafür wurden Proben aus PWA 1484 mittels des Aufbaus

in Abbildung 8.1 mit 10 kN beaufschlagt und deformiert. Die Verspannung erfolgte im An-

schluss durch eine statische Last von 1 kN, während die Probe gleichzeitig auf Temperatur

gehalten wurde. Die Erwärmung der Probe für diesen Versuch erfolgte induktiv. Es wurden

die Temperaturen 800, 850, 900 und 1000 ◦C getestet, für 24-168 h.

In Abbildung 8.24 ist die Auswertung der Kornanzahl dargestellt. Mit zunehmender Auslage-

rungsdauer steigt die Anzahl der Körner. Für 1000 ◦C konnte kein 168 h Versuch durchgeführt

werden, da die Probe zu kriechen begann, was die Einkopplung des Induktors und damit die

Temperaturverteilung beeinträchtigte.

8. Rekristallisationsversuche 68

0

50

100

150

200

250

300

350

400

24 72 168

Anz

ahl

Zeit [h]

800°C

850°C

900°C

1000°C

Abbildung 8.24.: Anzahl indizierter Nickelkörner in unter Druck ausgelagerten Proben ausPWA 1484

Die Auswertung der Korngrößen (Abb. 8.25) zeigt jedoch, dass über die Auslagerungsdauer

kein deutliches Kornwachstum erzeugt wird. Gegenüber den Versuchen in Kapitel 8.3 wird ei-

ne ähnliche mittlere Korngröße erreicht. Die Streuung dabei ist jedoch größer.

0

5

10

15

20

25

30

24 72 168

Kor

ngrö

ße

[µm

²]

Zeit [h]

800°C

850°C

900°C

1000°C

Abbildung 8.25.: Median der Korngröße und Standardabweichung unter Druck ausgelagerterProben

Abbildung 8.26 zeigt einen Ausschnitt des plastisch deformierten Bereichs. Im Rückstreu-

kontrast ist die oberflächennahe Rekristallisation erkennbar. An der markierten Stelle kam

das Kornwachstum zum stehen, jedoch hat zur Bildung einer Al2O3-Deckschicht weitere γ′-

8. Rekristallisationsversuche 69

Verarmung stattgefunden.

2 µm

-Verarmungγ‘

Rekristallisation

Abbildung 8.26.: Probenquerschnitt nach 168 h auf 850 ◦C unter Druck

Eine qualitative EDX Aufnahme im Kontakt von Hammer zu Probe in Abb. 8.27c zeigt die

Bildung einer Al2O3-Schicht im Inneren der Probe. Die durch die Rekristallisation entstan-

denen Körner werden im Nachfolgenden oxidiert (als „innere Oxidation“ markierter Bereich

in Abb. 8.27a). Aus diesem Bereich diffundiert Nickel an die Oberfläche und bildet Nickel-

oxid (äußere Oxidation). Darüber hinaus ist auf der Nickeloxidschicht in Abbildung 8.27c eine

lückenhafte Al2O3-Schicht zu erkennen. Es ist anzunehmen, dass durch die statische Verspan-

nung diese Schicht zerbrach und die Oxidation von Nickel lokal ermöglicht wurde, ehe sich im

Inneren eine Aluminiumoxidschicht gebildet hat. Diese innere Schutzschicht wird durch eine

γ′-verarmte Zone vom gehärteten Einkristall getrennt. In Abbildung 8.28 sind die Ergebnisse

für die gemessene γ′-Verarmung aus Teil II mit den Experimenten unter Druck gegenüberge-

stellt. Die γ′-Verarmung verläuft für alle Temperaturen während des ersten Auslagerungszy-

klus unter Druck schneller ab. Danach verhält sich die Steigung der Zeit-Verarmungskurven

ähnlich.

8. Rekristallisationsversuche 70

5 µm

-Verarmungγ‘

äußere Oxidation

innere Oxidation

(a) EDX Aufnahmestelle, Kontaktstelle Hammer zu Probe (850 ◦C nach 168 h)

O 10 µm

(b) Sauerstoff

Al 10 µm

innere Al2O3 Barriere

(c) Aluminium

Ni 10 µm

(d) Nickel

Abbildung 8.27.: Qualitative EDX-Aufnahme im Bereich plastischer Deformation nach 168 hauf 850 ◦C

0 24 48 72 96 120 144 1680

2

4

6

8

10

Zeit [h]

Vera

rmun

g[µ

m]

800 850 900 1000D800 D850 D900 D1000

Abbildung 8.28.: Gegenüberstellung der γ′-Verarmung von Proben aus PWA 1484, mit undohne Druckbelastung während der Auslagerung

8. Rekristallisationsversuche 71

8.6. Diskussion

Die hier durchgeführten Experimente zur Rekristallisation von Nickelbasislegierungen zei-

gen eine deutliche Legierungsabhängigkeit bezüglich der Anzahl und Größe der beobachteten

Körner. Die über einen Mikrometer großen γ′-Ausscheidungen in IN 100 können als Start-

punkte der Kornbildung dienen [68]. Bereits in Teil II wurde für PWA 1480 beobachtet, dass

sich in Oberflächennähe große Nitride bilden, welche in den Rekristallisationsexperimenten

als weitere Stelle der Kornbildung dienen können. Die geringe Temperaturabhängigkeit der

Rekristallisation wie von Bürgel et al. [70] beschrieben, kann bestätigt werden, mit Ausnahme

der temperaturabhängigen Bildung von Ausscheidungen.

Eine Gemeinsamkeit der Experimente ist die überproportionale Bildung von Körnern im Be-

reich der Flanken des Hammerabdrucks. Dies fand unabhängig der Deformationstemperatur

und der geprüften Legierung statt und ist auf den höheren Umformgrad und die mehrachsige

Belastung an den Kanten zurückzuführen [71].

Über die Zeit und zwischen unterschiedlichen Schliffen konnte eine starke Streuung der mitt-

leren Korngröße beobachtet werden. Hierfür ist zum einen die generell geringe Anzahl an

beobachtbaren Körnern verantwortlich. Zum anderen wiesen interdendritische Bereiche ei-

ne stärkere Neigung zur Rekristallisation auf. In diesen Bereichen verläuft die γ′-Verarmung

schneller [72], und es liegen große Ausscheidung für die Kornbildung vor [19]. Deshalb verzerrt

z. B. das Zusammentreffen von interdendritischen Bereichen und der Hammerabdrucksflanke

das Ergebnis. Schlussendlich reißen Oxidschichten während des Abkühlens häufig ein, sodass

darunterliegende rekristallisierte Körner oxidieren und somit, unter Bildung von NiO an der

Oberfläche, schrumpfen [73]. Eine schnellere Oxidation der rekristallisierten Bereiche und der

Proben unter Druck wurde ebenfalls von Giraud et al. [74] und Xu et al. [75] festgestellt

und ist auf zwei Ursachen zurückzuführen. Zum einen ermöglichen Korngrenzen eine Kurz-

schlussdiffusion reaktiverer Elemente [76]. Zum anderen konnten Kontis et al. [77] zeigen,

dass Oxidschichtbildner bevorzugt in Versetzungskanälen an die Probenoberfläche diffundie-

ren.

Der Effekt des Zener-Pinnings lässt sich für die statische Rekristallisation insofern bestäti-

8. Rekristallisationsversuche 72

gen, als dass die Rekristallisation in den hier durchgeführten Experimenten auf γ′-verarmte

Bereiche beschränkt ist. Lokal wurden nicht rekristallisierte Bereiche beobachtet, die jedoch

γ′-verarmt waren. Einerseits kann aufgrund des anfänglichen hohen Umformgrades davon

ausgegangen werden, dass in diesen Bereichen Kristallerholung stattgefunden haben muss.

Andererseits wurde von Xie et al. [78] beobachtet, dass die in γ-Kanälen gespeicherten Ver-

setzungen sich nicht gänzlich durch Kristallerholung entfernen lassen und in Bereichen der

γ′-Verarmung, Rekristallisationsprozesse auslösen können.

73

Teil IV.

Thermische Belastung bei

Schwefelzugabe

9. Stand der Forschung 74

9. Stand der Forschung

Heißgaskorrosion beschreibt die Reaktion einer Legierung mit einem Reaktant, typisch für

die Gaszusammensetzung von Turbinen. Sie wird in Turbinen in der Regel nur in Nickelba-

sislegierungen beobachtetet, da in den interessierenden Temperaturbereichen keine anderen

Werkstoffe eingesetzt werden. Dies beinhaltet Reaktionen durch Sulfidation und Oxidation.

Weitere Prozesse wie Vanadisierung und andere auftretende Chemikalien und spezifische At-

mosphären sind ebenfalls unter diesem Begriff zusammengefasst. Die Reaktionen von Schwe-

fel mit einem Metall verlaufen, aufgrund ähnlicher Mechanismen, analog zur Oxidation [30].

Durch den niedrigen Schmelzpunkt und der vergleichsweise hohen Temperatur in Gasturbinen

können sich geschmolzene Schwefelsalze während des Betriebs bilden. Dies führt zu einer Be-

schleunigung der Korrosionskinetik. Nach Hancock et al. [79] ist diese Beschleunigung vor al-

lem bei Temperaturen zwischen 700-900 ◦C zu beobachten. Einer der Hauptbeitragsleister für

Heißgaskorrosion ist Natriumsulfat. Weitere Kandidaten sind Vanadium, verwandte Sulfate

und gasförmiger Schwefel, stammend aus dem Treibstoff. Gemische der genannten Stoffgrup-

pen können eine potenzierende Wirkung auf die Korrosionsrate haben.

Heißgaskorrosion lässt sich als zweistufiger Prozess beschreiben, bestehend aus der Initiierungs-

und der Fortschrittsphase. Erstere verhält sich ähnlich wie normale Korrosionsprozesse. Wäh-

rend dieses Schrittes können sich Poren in ansonsten schützenden Oxidschichten bilden, in

denen sich geschmolzenen Reaktionsprodukte ansammeln. Im Falle von Natriumsulfatanla-

gerungen werden schützende Schichten in jedem Fall durchdrungen. Wie lange das Einsetzen

der Fortschrittsphase hinausgezögert werden kann, hängt von der Atmosphäre, der Legie-

rung, der Temperatur und besonders von Temperaturzyklen ab [30]. Die Menge und genaue

Zusammensetzung des aufgebrachten Sulfats, Gaszusammensetzung und -geschwindigkeit, so-

9. Stand der Forschung 75

wie eventuell vorhandener Materialabtrag und die Geometrie des Bauteils spielen ebenfalls

eine Rolle [80]. In der Fortschrittsphase kann die Verarmung von oxidbildenden Legierungsele-

menten und ein nach innen gerichteter, beschleunigter Oxidations- und Sulfidationsfortschritt

beobachtet werden. Die Charakteristika der resultierenden Oxidschicht können sich deutlich

von denen einer unter reiner Sauerstoffatmosphäre gebildet Schicht unterscheiden [34].

Neben der zeitlichen Einteilung des Verlaufs von Heißgaskorrosion lässt sich diese Korrosion

weiterhin in zwei Typen unterteilen.

9.1. Typ I Heißgaskorrosion

Liegt das Sulfatdepot in flüssiger Form vor, handelt es sich um „Heißgaskorrosion Typ I“

oder „Hochtemperatur-Heißgaskorrosion“. Gewöhnlich werden Legierungen von Typ I Heiß-

gaskorrosion zwischen Temperaturen von 825 ◦C und 950 ◦C angegriffen. Dies ist in Abb. 9.1

durch den rechten Hügel angedeutet. Geschädigte Legierungen weisen eine Verarmung des

reaktiven Elements im Substrat auf. Zudem weist die ehemals schützende Oxidschicht eine

hohe Porosität auf. Die Dauer der Inkubationsphase dieses Heißgaskorrosionstyps wird von

der lokalen Auflösung der Oxidschicht durch das Sulfatdepot bestimmt. Als Konsequenz ist

auch der pH-Wert der Salzschicht von Bedeutung [81]. Während der Heißgaskorrosion kön-

nen sich Verbindungen bilden, die löslich im Natriumsulfatdepot sind. Dieses „Fluxing“ ist

verbunden mit der Auflösung von schützenden Oxidschichten und kann sauer oder basisch

verlaufen.

Während eines basischen Verlaufs wird Schwefel aus dem Na2SO4 gelöst und basisches Salz-

fließen findet statt. Das Angebot von Sauerstoffionen ist limitiert durch die Menge des Depots.

Resultierend daraus ist dieser Prozess nicht selbsterhaltend [82]. Saures Salzfließen kann aus

einem geschmolzenen Depot erfolgen. Saure Komponenten können sowohl bereits im Gas

vorliegen, als sich auch durch ein Oxidationsprodukt bilden. Im Besonderen können Mo und

W dazu führen, dass Natriumsulfat sauer reagiert. Dies führt zur Bildung nicht-protektiver

Schichten und zu einer selbsterhaltenden Heißgaskorrosion von Superlegierungen [34, 83].

In diesem Rahmen kann es auch zu Treibeffekten von Sulfiden kommen, welche durch eine

9. Stand der Forschung 76

Oxidation

Typ II

Temperatur

Kor

rosi

onsr

ate

Typ I

900°C

700°C

Abbildung 9.1.: Heißgaskorrosion für NiAlCr-Legierungen, angelehnt an [83]

selektive Oxidation ins Materialinnere „getrieben“ werden [30].

9.2. Typ II Heißgaskorrosion

„Niedertemperatur-Heißgaskorrosion“ findet unterhalb der Schmelztemperatur des Sulfat-

depots statt. Charakteristisch für diesen Typ des Heißgasangriffs ist die Bildung von oxi-

dierten „Gruben“, welche über die Oberfläche verteilt sind und in einem ungleichmäßigen

Schädigungsbild resultieren. Weiterhin sind Legierungselemente wie Al und Cr nicht stark

verarmt, und es lässt sich nur eine geringe Menge an Sulfiden an der Schnittstelle M/MO

nachweisen [81]. Wie in Abb. 9.1 dargestellt, ist die Korrosionsrate von Niedertemperatur-

Heißgaskorrosion im Temperaturbereich von 650 ◦C-750 ◦C am höchsten. Da Natriumsulfat

in diesem Temperaturfenster fest vorliegt, sind dem zweiten Typ der Heißgaskorrosion an-

dere Prozesse zu Grunde zu legen. Solange eine schützende Al2O3- oder Cr2O3-Deckschicht

vorliegt, wird bei diesen Temperaturen das darunterliegende Material nicht angegriffen, da

in der Regel der SO3 Partialdruck zu niedrig ist. Für Nickelbasislegierung in schwefelhalti-

gen Atmosphären ist die Konzentration von CoSO4 und NiSO4 an der Oberfläche des Ma-

terials entscheidend, da beide einen niedrigeren Schmelzpunkt als Natriumsulfat besitzen.

Luthra [84] konnte die Bildung einer Na2SO4-MSO4 eutektischen Schmelze als einen Haupt-

9. Stand der Forschung 77

beitrag zum Schädigungsfortschritt ausmachen. Eine Voraussetzung dafür, dass sich diese

Schmelzen bilden können, ist ein moderater Schwefelpartialdruck von SO3 von ca. 105 atm

[83].

Weiterhin beobachteten Pettit et al. und Lutz et al. in ihren Studien, dass Natriumsulfat

unterhalb des Schmelzpunktes eine niedrigschmelzende Verbindung mit Molybdän eingehen

kann. Dieser sogenannte „legierungsindizierte saure Aufschluss“ führte in diesen Studien zu

saurem Salzfließen bei 700 ◦C [34, 83].

Mit höheren Temperaturen nimmt die Konzentration an MSO4 Verbindungen ab, wodurch

sich die Verringerung der Korrosionsrate hin zu höheren Temperaturen erklären lässt [30].

10. Versuche mit Natriumsulfat 78

10. Versuche mit Natriumsulfat

Die in den vorherigen Abschnitten durchgeführten Versuche zeigten, dass bei Auslagerung

der betrachteten Legierungen Oxidation mit Materialverlust stattfindet. Wird die Probe vor

dem Auslagern plastisch verformt, bilden sich in der γ′-verarmten Zone meist sehr klei-

ne Körner, die bei längeren Auslagerungszeiten ebenfalls in Oxide übergehen, mechanisch

aber stabiler sind. In diesem Kapitel wird als weitere Einflussgröße für eine mögliche Schä-

digung die Sulfidation betrachtet, wobei zunächst keine plastische Verformung überlagert

wird.

10.1. Versuchsdurchführung

Im folgenden werden die in Kapitel III vorgestellten Experimente wiederholt. Dabei wird vor

der Auslagerung ein Gemisch aus Alkohol und Natriumsulfat auf die Probenoberfläche pipet-

tiert. Natriumsulfat ist schlecht in Alkohol löslich. Experimente zur Applikation von Na2SO4

zeigten, dass eine wässrige Lösung das Salz während des Trocknungsprozesses vom Rand

her kristallisieren lässt. Anders als beim Alkohol, in dem das Salz innerhalb des applizierten

Tropfens auf die Probenoberfläche fällt, entsteht in der wässrigen Lösung eine inhomogene

Verteilung des Salzes über die Probenoberfläche.

Zur Quantifizierung der Schädigung in Abhängigkeit der Menge des aufgebrachten Natri-

umsulfats, wurden die in Tabelle 10.1 aufgeführten Mengen untersucht. Die Abweichun-

gen der pipettierten Menge war dabei kleiner 10 %. Eine repräsentative Darstellung der

Proben mit der jeweiligen aufgebrachten Natriumsulfatmenge ist in Abbildung 10.1 darge-

stellt.

10. Versuche mit Natriumsulfat 79

Tabelle 10.1.: Versuchsmatrix für SulfidationsexperimenteK1 K2 K3

(10 mg) (5 mg) (1 mg)1050 ◦C × × ×1000 ◦C × - ×950 ◦C × 2× ×900 ◦C × - ×850 ◦C × × ×

Die Auslagerung der Proben erfolgte im 12 h Rhythmus mit einer Schliffbetrachtung nach Ab-

lauf von 24 h, 48 h und 96 h. Ein Auftragen einer, die Oxidschicht schützenden, Platinschicht

ist aufgrund der zyklischen Versuche nicht möglich.

(a) K1: 10 mg (b) K2: 5 mg (c) K3: 1 mg

Abbildung 10.1.: Getestete Mengen Natriumsulfat

10.2. Untersuchung des Temperatureinflusses

Es wird sich im Folgenden zeigen, dass die Schädigung an der grobkörnigen Legierung IN 100

schneller voranschreitet, als an den einkristallinen Legierungen. Aufgrund dessen werden für

den Vergleich für die einkristallinen Legierungen die Experimente mit der größten (10 mg)

geprüften Menge Na2SO4 betrachtet und für IN 100 die geringste (1 mg) Menge Na2SO4. Eine

genaue Darstellung der Schädigung durch größere Mengen Na2SO4 auf IN 100 erfolgt weiter

unten in Abschnitt 10.3.1. Im Folgenden wird der prinzipielle Aufbau der Randzone nach

Auslagerung auf unterschiedlichen Temperaturen betrachtet.

10. Versuche mit Natriumsulfat 80

10.2.1. Oxidation und Sulfidation

Schädigung bei 850 ◦C

850 ◦C liegt unterhalb der Schmelztemperatur von Natriumsulfat und hat erwartungsgemäß

lediglich eine geringe Schädigungswirkung auf die einkristallinen Legierungen. Nach der Aus-

lagerung befand sich das zuvor aufgebrachte Natriumsulfat als gelblich verfärbtes Salz lose

auf der Probenoberfläche. Das Verhalten der untersuchten einkristallinen Legierungen auf

850 ◦C zeigt ein einheitliches Bild. Exemplarisch ist ein Schliff der Legierung PWA 1484 in

Abbildung 10.2a abgebildet.

Bemerkenswert ist, dass diese Proben bereits nach 24 h Auslagerung eine sichtbare γ′-Ver-

armung von ca. 2 µm aufweisen. Schwefel, welches in die Legierung eindringt, verbindet sich

mit Aluminium zu Al2S3 und destabilisiert die γ′-Phase. Aluminium- und Chromsulfide sind

als kleine schwarze Punkte innerhalb der γ′-verarmten Zone in Abbildung 10.2a zu erkennen.

Das bedeutet, dass trotz des Unterschreitens der Natriumsulfat-Schmelztemperatur um mehr

als 30 ◦C Schwefel aus dem Salz gelöst wird. Ein Mechanismus hierfür wurde von Gregoire

et al. [85] vorgeschlagen. Nickel kann unter einer aufgebrachten Schicht Na2SO4 niedrig-

schmelzende Nickelsulfide bilden (NiS (797 ◦C) und Ni2S3 (787 ◦C)). Aufgrund der höheren

freien Enthalpie für die Bildung von Al2S3 und Cr2S3, werden bei niedrigeren Schwefelkon-

zentrationen im Probeninneren nur noch Al und Cr selektiv sulfidiert. Trotz der sulfidier-

ten Oxidschichtbildner kann noch eine schützende Schicht gebildet werden, die den weiteren

Schadensfortschritt behindert. Die stärkere interdendritische Schädigung der einkristallinen

5 µm

Sulfide

(a) PWA 1484

20 µm

Carbide

(b) Interdendritischer Schaden

20 µmKorngrenze

(c) IN 100

Abbildung 10.2.: Schädigung durch Auslagerung bei 850 ◦C für 24 h

10. Versuche mit Natriumsulfat 81

Legierungen (Abb. 10.2b), ist anhand der lokal geänderten Legierungskomposition und der

Präsenz von Carbid-Phasen zu erklären. Letztere sind typische Initiationsstellen für Heißgas-

korrosion, da die innere Sulfidation schnell voranschreiten kann und das Ausheilvermögen von

Oxidschichten lokal schlechter ist [34]. Für IN 100 gilt dies im besonderen Maße aufgrund der

an Korngrenzen lokalisierten zahlreichen Carbide. Die Sulfidation und Oxidation schreitet vor

allem an den Korngrenzen schneller voran. Die auf IN 100-Proben unter diesen Bedingungen

gebildeten Oxidschichten neigten bereits bei 850 ◦C zum Abplatzen.

Schädigung bei 950 ◦C

Die Schädigung oberhalb der Schmelztemperatur von Natriumsulfat verläuft deutlich rascher

und weist klar strukturierte Schichten wie in Abbildung 10.3 und 10.4 auf. Das ASB-Bild in

Abb. 10.3 zeigt den analysierten Querschnitt der PWA 1484 Probe und ist vom prinzipiellen

Aufbau her repräsentativ für die anderen einkristallinen Legierungen. Im darunter abgebil-

deten Diagramm zeigen die Matrixelemente Ni und Co eine deutliche Oxidation nahe der

Probenoberfläche (im Bild rechts). Die Maxima der darunter dargestellten Matrixelemente

wechseln sich mit denen des eindringenden Sauerstoff ab. Durch den höheren Massenanteil

ist dies für Nickel deutlicher. Wie die späteren Ergebnisse (vgl. Kap. 10.2.2) zeigen werden,

sind die nickelreichen Bereiche rekristallisiert. An den in der oxidischen Schicht neu entstan-

denen Korngrenzen findet selektiv die Oxidation von Aluminium und Chrom statt. Dabei

kann Sauerstoff über mehrere hundert µm entlang der Korngrenzen bis ins Probeninnere

transportiert werden. Ein Absinken der Sauerstoffkonzentration kann zum einen anhand des

auf die Oberfläche beschränkten Nickeloxids festgestellt werden. Zum anderen finden sich

Chrom- und Tantaloxide bis tief in die oxidische Schicht hinein. Zwischen rekristallisierter-

und oxidischer Schicht bildet sich jedoch ausschließlich Aluminiumoxid. Dies unterstreicht,

dass zwar keine protektiven Oxidschichten ausgebildet werden können, aber über die großen

Distanzen die Konzentration von Sauerstoff dennoch sinkt. Durch die Nickeloxidschicht an

der Oberfläche können die von Al2O3 und Cr2O3 umgebenen nickelreichen Bereiche nicht wei-

ter oxidiert werden (vgl. Ellingham-Diagramm Kapitel 5.1). Die sich bei ca. 30 µm Messlänge

überlappenden Peaks von Schwefel und Chrom markieren das untere Ende der Schädigung

zwischen dem Einkristall und der rekristallisierten Schicht. Dies ist der einzige Ort über die

10. Versuche mit Natriumsulfat 82

0 25 50 75 100 125 150 175 200 225 250 275 300 325 3500

20

40

60

80

Messlänge [µm]

[wt%

]

ONiCo

Messlänge [µm]0 25 50 75 100 125 150 175 200 225 250 275 300 325 350

0

20

40

60

80

[wt%

]

SAlCrTa

Oberfläche

oxidische Schicht NiO/CoOEinkristallrekristallisierte Zone

[mas

s-%

][m

ass-

%]

Abbildung 10.3.: EDX-Linescan über die geschädigte Schicht, Schädigung durch Auslagerungvon PWA 1484 bei 950 ◦C für 96 h

gesamte Schicht, an dem Schwefel nachweisbar ist. Hier bilden sich Chromsulfide in Form

fein verteilter (im ASB Kontrast) schwarzer Ausscheidungen mit einer Größe von 20 nm bis

in Einzelfällen zu 1,5 µm. Die größten Ausscheidungen befinden sich an den unteren Korngren-

zen der rekristallisierten Schicht. Die räumliche Beschränkung des Schwefels auf die untere

Grenze der geschädigten Schicht weist auf einen Treibeffekt hin.

Im Vergleich der Legierungen untereinander werden Unterschiede deutlich. Die Anzahl und

Größe der Poren zwischen der Oxidschicht und der rekristallisierten-Schicht sind für PWA 1480

und LEK 94 deutlicher ausgeprägt. Die Oxidation der rekristallisierten-Schicht von PWA 1480

10. Versuche mit Natriumsulfat 83

50 µm

(a) PWA 1484

50 µmPoren

Ni-Oxid

(b) PWA 1480

50 µmPoren

Ni-Oxid

(c) LEK 94

50 µm

(d) IN 100

Abbildung 10.4.: Schädigung durch Auslagerung bei 950 ◦C für 24 h

verläuft schneller, sodass auf der rekristallisierten-Schicht eine dicke Nickel- und Cobaltoxid

Schicht gebildet wird. Durch die großen, nahe beieinanderliegenden Poren ist die Oxidschicht,

an der mit einem Pfeil markierten Stelle, während des Abkühlens bzw. während der Prä-

paration abgeplatzt (Abb. 10.4b). Dagegen verläuft für IN 100 das Abplatzen bei jedem

Abkühlprozess über die gesamte Probenoberfläche und hinterlässt eine rekristallisierte, von

Oxiden durchzogene Schicht. Der Schädigungsfortschritt ist auch bei dieser Temperatur an

bereits in der Legierung vorhandenen Korngrenzen und Carbiden schneller, sodass durch

das Abplatzen eine zerklüftete Oberflächenstruktur entsteht. Bei diesem Schädigungsablauf

befindet sich Schwefel ausschließlich gebunden an Chrom unterhalb der rekristallisierten Zo-

ne.

Schädigung bei 1050 ◦C

Die Auslagerung auf 1050 ◦C verursacht ein starkes Abplatzen. In Abbildung 10.5 sind die

entstehenden Schichten nach 24 h dargestellt. Nach zwei Auslagerungszyklen ist fast aus-

schließlich Nickeloxid zu finden. Lokal haften Oxidschichten von bis zu 150 µm Dicke an den

einkristallinen Legierungen. Das bevorzugte Abplatzen in interdendritischen Bereichen führt

10. Versuche mit Natriumsulfat 84

50 µm

(a) PWA 1484

50 µm

Rekristallisation

(b) PWA 1480

50 µm

(c) LEK 94

50 µm

Riss

(d) IN 100

Abbildung 10.5.: Schädigung durch Auslagerung bei 1050 ◦C für 24 h

zu einer furchigen Oberfläche. IN 100 ist, ähnlich zu den Ergebnissen bei 950 ◦C, besonders

stark betroffen (vgl. Rissentwicklung in Abbildung 10.5d). Die Bildung einer strukturierten

Schicht ist für alle Legierungen nur abschnittsweise zu beobachten und auf eine Kornrei-

he beschränkt, da die Oxidation ab 1000 ◦C sich zunehmend von den Korngrenzen auf das

Korninnere verlagert. Das Abplatzen der Oxidschichten beschränkt sich dabei auf Bereiche

oberhalb der rekristallisierten Schicht und der inneren Sulfidierung, sodass Sulfide durch zy-

klisches Abplatzen nicht aus dem Grundmaterial entfernt werden.

Die Ergebnisse der Schichtdickenvermessung für die untersuchten Legierungen sind in Abbil-

dung 10.6 dargestellt. Die Fehlerbalken entsprechen den minimal und maximal gemessenen

Schichtdicken über den Probenquerschnitt. Wie in Kapitel 9.1 erläutert, ist die höchste Kor-

rosionsrate bei 900 ◦C zu erwarten. Die größten Schichtdicken wurden in dieser Experiment-

reihe bei ca. 950 ◦C erreicht. Die Bildung legierungsspezifischer niedrigschmelzender Oxide,

wie z. B. MoO3, kann eine solche Verschiebung [86] und eine Zusammenlagerung [83] der

Korrosionsraten-Scheitelpunkte von Typ I und II verursachen. PWA 1480 entwickelt nur bei

950 ◦C eine Deckschicht. Diese besteht im ersten Auslagerungsschritt, wie auch im Schliff-

bild 10.4b zu erkennen, hauptsächlich aus Nickeloxid. Erst in weiteren Auslagerungsschritten

entwickelt sich für diese Legierung eine strukturierte Schicht. Die Notwendigkeit einer Inku-

bationszeit für den Start einer beschleunigten Oxidation wurde nicht festgestellt. Die hier be-

10. Versuche mit Natriumsulfat 85

850 900 950 1000 10500

200

400

600

Temperatur [◦C]

Schi

chtd

icke

[µm

]

24 h48 h96 h

(a) PWA 1484 10 mg

850 900 950 1000 10500

200

400

600

800

Temperatur [◦C]

Schi

chtd

icke

[µm

]

24 h48 h96 h

(b) PWA 1480 10 mg

850 900 950 1000 10500

200

400

600

Temperatur [◦C]

Schi

chtd

icke

[µm

]

24 h48 h96 h

(c) LEK 94 10 mg

850 900 950 1000 10500

200

400

600

Temperatur [◦C]

Schi

chtd

icke

[µm

]24 h48 h96 h

(d) IN 100 1 mg

Abbildung 10.6.: Median der Dicke der geschädigten Schicht über Zeit und Temperatur mitAngabe der Minimal- und Maximalwerte in den Fehlerbalken

schriebenen Ergebnisse quantifizieren nicht das Abplatzen, was bei Temperaturen über 950 ◦C

deutlich beobachtet wurde (siehe Einbrüche in den Kurvenverläufen in Abb. 10.6 für LEK 94

und PWA 1484 bei 1000 ◦C und 48 h). Diese Einbrüche bzw. das Abplatzen wird vorangekün-

digt durch die zunehmende Streuung im vorangehenden Zyklus. Eine Ermittlung des Mate-

rialverlusts in Abhängigkeit der Temperatur erfolgt in Kapitel 10.3.3.

10. Versuche mit Natriumsulfat 86

10.2.2. Rekristallisation

Zur genaueren Auswertung der strukturierten Schichten und Bewertung des Rekristallisati-

onsverhaltes wurden die Schliffe mittels EBSD analysiert. Um gezielt die Größe der Körner

innerhalb der rekristallisierten Zone zu bewerten, wurden die Daten in 10.8a und 10.8b gefil-

tert. Nur Körner mit mehr als 50 Messpixeln wurden in die Berechnung miteinbezogen. Der

mitgemessene Teil des Einkristalls wurde ebenfalls entfernt. In diesem Kapitel erfolgte die

Quantifizierung der Körner mittels MTex anhand einer Misorientierung von 10◦.

Die in Abbildung 10.7 genannten Messparameter wurden für alle Proben beibehalten.

Wie das Ergebnis für 950 ◦C beispielhaft zeigt (Abb. 10.7), werden „löcherige“ Körner in-

diziert. An diesen Stellen ist die Patternindizierung aufgrund von Oxidbildung innerhalb

der Körner nicht mehr möglich bzw. entspricht nicht mehr Nickel, sodass die berechnete

Korngröße sinkt. Die Ermittlung der Korngröße erfolgt nur an zusammenhängenden Flächen,

aufgrund der Oxidation werden keine kornweitenden Algorithmen verwendet oder nicht indi-

zierte Löcher gefüllt.

Weiterhin sind in Abbildung 10.7 nahe beieinanderliegender Körner gleicher Orientierung zu

erkennen. Diese können sowohl in der Tiefe noch zusammenhängen als auch in Richtung der

Oberfläche durch Oxidation separiert worden sein. Da keine nachträgliche plastische Defor-

mation erfolgt, ist diese rein oxidativen Ursprungs. Darüber hinaus ist der für Korngrenzen-

oxidation typische, geringere Angriff von Zwillingskorngrenzen zu verzeichnen [87, 88, 89].

Die in Abb. 10.7 markierte Rissbildung nahe des Einkristalls ist für LEK 94 und PWA 1480

häufig zu beobachten, für PWA 1484 wurden in REM-Analysen keine Risse detektiert.

Bei 850 ◦C wurde in interdendritischen Bereichen die Bildung kleiner Körner beobachtet. Die-

se liegen außerhalb des Filterbereichs und werden in der Auswertung in Abb. 10.8a und Abb.

10.8b der Rekristallisation mit 0 µm2 angegeben. Im darüberliegenden Temperaturbe reich ist

ein schwankendes Verhalten für die Korngröße und Kornanzahl festzustellen. Zwei entgegen-

gesetzte Mechanismen laufen hier gleichzeitig ab. Zum einen steigt mit der Temperatur die

Rekristallisationsneigung und die zu erwartende Korngröße. Zum anderen verlaufen oxidati-

ve Prozesse wie die γ′-Verarmung aber auch die Oxidation der neugebildeten Körner selbst

beschleunigt ab. Diese Mechanismen laufen in den untersuchten Legierungen mit unterschied-

10. Versuche mit Natriumsulfat 87

50 µmEinkristall

Oberfläche

Riss

[111]

[011][001]

fragmentiertes Korn

nicht oxidierterZwilling

(a) LEK 94-Probe mit 10 mg Natriumsulfat Auslagerung bei 950 ◦C für 96 h

50 µmEinkristall

Oberfläche

fragmentiertes Korn

(b) PWA 1484-Probe mit 10 mg Natriumsulfat Auslagerung bei 950 ◦C für 48 h

Abbildung 10.7.: IPFZ Darstellung für indizierten Nickel, Pixel: 1 µm Messung mit 20 kV und120 µm Apertur

lichen Geschwindigkeiten ab und führen so zu spezifischen Schichtaufbauten. Mit Ausnahme

von LEK 94 steigt über 1000 ◦C die Korngröße in der rekristallisierten Schicht. Die oxidative

Fragmentierung verläuft dabei so schnell, dass sich lediglich eine rekristallisierte Schicht und

eine Nickeloxidschicht bildet. Als Resultat der schnellen Umwandlung rekristallisierter Kör-

ner zu Nickeloxid sinkt die beobachtbare Anzahl an Körnern (vgl. Abb. 10.8b). Zusätzlich ist

zu beobachten, dass durch die zügige Korngrenzenoxidation die Körner vom Einkristall durch

Oxide unterwandert werden, wodurch sie herausbrechen können (siehe Abbildung 10.9).

Vergleichbar der Schichtentwicklung, ist das Rekristallisationsverhalten der einkristallinen

Legierungen im Detail unterschiedlich. PWA 1480 bleibt sowohl in Kornanzahl als auch in

10. Versuche mit Natriumsulfat 88

850 900 950 1000 10500

200

400

600

Temperatur [◦C]

Korn

größ

e[µ

m2 ]

PWA1484PWA1480LEK94

(a) Durchschnittliche Korngröße

850 900 950 1000 10500

100

200

300

400

Temperatur [◦C]

Anza

hlKö

rner

PWA1484PWA1480LEK94

(b) Durchschnittliche Anzahl der Körner

Abbildung 10.8.: Körner innerhalb der fragmentierten Schicht nach 24 h in Abhängigkeit derTemperatur, das Messfeld entspricht der Schichtdicke x 1 mm in der Breite

Korngröße hinter den anderen Legierungen zurück (siehe Abbildung 10.8a). Nach 24 h be-

steht die geschädigte Schicht maßgeblich aus oxidiertem Matrixmaterial, unter dem sich nur

lokal rekristallisierte Körner befinden (vgl. Abb.10.10c).

Die meisten davon sind unter 50 Messpixel groß und werden in der Auswertung vernachläs-

sigt. Die neu gebildeten Körner dieser Legierung erweisen sich, im Vergleich zu LEK 94 und

50 µmEinkristall

Oberfläche

abgelöstes Korn

[111]

[011][001]

Abbildung 10.9.: IPFZ für indizierten Nickel einer LEK 94-Probe mit 10 mg Natriumsulfat,Auslagerung bei 1050 ◦C für 96 h

10. Versuche mit Natriumsulfat 89

Einkristall

Oberfläche

100 µm

Korngröße [µm²]

(a) PWA 1484 24 h

Oberfläche

100 µm

Einkristall

(b) PWA 1484 96 h

Oberfläche

100 µm

Einkristall

starke oxidation neuer Körne

(c) PWA 1480 24 h

Oberfläche

100 µm Einkristall

(d) PWA 1480 96 h

Oberfläche

100 µmEinkristall

(e) LEK 94 24 h

Oberfläche

100 µmEinkristall

(f) LEK 94 96 h

Abbildung 10.10.: Korngröße nach 24 h und 96 h Auslagerung

PWA 1484, als temperaturempfindlicher und zeigen innerhalb des ersten Auslagerungszyklus

lediglich auf 950 ◦C einen geringen Oxidationswiderstand. Das breite Temperaturfenster, in

welchem LEK 94 eine Schichtbildung aufweist, stimmt mit den geringen Schwankungen der

mittleren Korngröße zwischen den Temperaturen überein. Dies ist zu begründen durch den

geringen oxidativen Abbau der Körner in dieser Legierung. Die Korngröße der LEK 94-Schicht

10. Versuche mit Natriumsulfat 90

ist deutlich größer im Vergleich zu PWA 1484. Besonders nach 24 h besteht die Schädigung

in LEK 94 maßgeblich aus neugebildeten Körnern und, im Vergleich zu anderen Legierungen,

wenig fragmentierten Körnern (vgl. Abb. 10.10e). Die Auswertung der Korngröße nach 96 h

deutet im Fall von LEK 94 auf eine längere Lebensdauer großer Körner hin. Im Bereich der

fragmentierten Schicht verbleiben einige große Körner zusammenhängend. Für die anderen

Legierungen gilt, dass sobald das Korn durch Korngrenzenoxidation von der rekristallisierten

Schicht getrennt ist, die Fragmentierung zügig voranschreitet. Es ist anzunehmen, dass ein

größeres Korn sich aufgrund eines günstigeren Volumen-zu-Oberflächenverhältnisses durch

die Bildung von Aluminiumoxid und Chromoxidschichten besser schützen kann. Einem klei-

nen Korn steht zur Selbstpassivierung ein geringeres Reservoir für eine im Verhältnis größere

Oberfläche zur Verfügung.

Im Vergleich der linken und rechten Seite in Abbildung 10.10 zeigt sich ein langsames Wachs-

tum der Körner innerhalb der rekristallisierten Zone zwischen 24 h und 96 h. Nach der Se-

paration der Körner von der rekristallisierten Zone durch Oxidation ist kein Kornwachstum

mehr feststellbar.

Aus der Quantifizierung der Korngrößen für die einkristallinen Legierungen in Abb. 10.11 lässt

sich für PWA 1484 nach 24 h ein schwach zunehmendes Wachstum folgern. PWA 1480 weist

die bereits angesprochene Verzögerung in der Schichtbildung auf, entspricht danach in der

Kornwachstumsrate PWA 1484. Betrachtet man den Verlauf des Kornwachstums von LEK 94

und PWA 1484 ist anzunehmen, dass auch diese Legierungen eine verzögerte Bildung der

Rekristallisationsschicht aufweisen, diese Verzögerung allerdings innerhalb des ersten Zyklus

überwunden wurde.

Das in Abbildung 10.12 dargestellte Seitenverhältnis nimmt für den Bereich der rekristalli-

sierten Zone zwischen 24 h und 96 h zu. Das im Vorangegangenen beobachtete Kornwachstum

in dieser Schicht verläuft primär quer zur Schädigung. Allerdings finden sich „quer liegende“

Körner lediglich in dieser Schicht. Innerhalb der fragmentierten Zone finden sich zwar eben-

falls Körner mit Verhältnis von längster zu kürzester Seite von über 3, die Ausrichtung folgt

jedoch der Richtung des Schädigungsfortschritts. Das Verhalten von LEK 94 und PWA 1484

bei 1050 ◦C ist analog. Es bilden sich wenige, dafür sehr große Körner. Das Wachstum der

10. Versuche mit Natriumsulfat 91

0 24 48 72 960

100

200

300

Zeit [h]

Korn

größ

e[µ

2 m]

PWA 1484PWA 1480LEK 94

Abbildung 10.11.: Durchschnittliche Korngröße im Probenquerschnitt pro Auslagerungs-schritt

Körner ist dabei weitestgehend quer zum Schichtwachstum, was sich in einer steigenden Sei-

tenverhältnis zeigt.

10. Versuche mit Natriumsulfat 92

Oberfläche

100 µm

Seitenverhältnis

Einkristall

(a) PWA 1484 24 h

Oberfläche

100 µm

Einkristall

(b) PWA 1484 96 h

Oberfläche

100 µm

Einkristall

(c) PWA 1480 24 h

Oberfläche

100 µm Einkristall

(d) PWA 1480 96 h

Oberfläche

100 µm Einkristall

(e) LEK 94 24 h

Oberfläche

100 µm Einkristall

(f) LEK 94 96 h

Abbildung 10.12.: Seitenverhältnis der Körner nach 24 h und 96 h Auslagerung

10.3. Einfluss des Na2SO4

Die Ergebnisse für die in Tabelle. 10.1 dargestellte hohe und mittlere Menge an Na2SO4

unterscheiden sich in der Auswertung nicht. Während der Wärmebehandlung schmilzt das

Salz, überschüssiges Sulfat kann dabei an den Probenseiten herunterlaufen. Dadurch ist die

10. Versuche mit Natriumsulfat 93

auf die untersuchte Fläche einwirkende Menge Na2SO4 ähnlich.

PWA 1480 und PWA 1484 verhalten sich unter Einfluss von 1 mg Na2SO4 analog. Ein Eindrin-

gen von Schwefel ist zwar innerhalb von 1-5 µm Tiefe erkennbar, aber kein kontinuierlicher

Schädigungsfortschritt (siehe Abb. 10.13). Lokal finden sich Chromsulfid-Ausscheidungen im

γ′-verarmten Bereich, darüber bildet sich eine stabile Al- und Cr-haltige Oxidschicht. Das

Eindringen weiteren Sauerstoffs ist somit nicht mehr möglich, ein Treibeffekt kann nicht statt-

finden und der Prozess kommt zum Erliegen. Rekristallisation findet für diese Legierungen

ebenfalls nicht statt. Lediglich interdendritische Ausscheidungen werden zum Teil einherge-

hend mit deutlicher Volumenzunahme selektiv sulfidiert und oxidiert.

1 µm

innere Chromsulfide

(a) Innere Sulfidbildung PWA 1480, Auslagerungbei 900 ◦C für 48 h

10 µm

Sulfidation interdendritischerAusscheidung

Aufwuchs

(b) Volumenzunahme an interdendritischenAusscheidungen PWA 1480, Auslagerung bei950 ◦C für 96 h

Abbildung 10.13.: Innere Sulfidation unter geringer Natriumsulfatkonzentration (1 mg)

10.3.1. Abschließende Bemerkung zur Beurteilung des

Schädigungsfortschritts in IN 100

Eine Quantifizierung der Schädigung von IN 100 ist im Rahmen dieser Experimente für den

Hochtemperaturbereich nicht möglich. Durch die im Grundzustand vorhandenen Korngrenzen

verläuft der Fortschritt von Oxidation und Sulfidation zeitgleich und ohne einen Zwischen-

schritt über die Rekristallisation. Dies resultiert in einer schnell fortschreitenden inneren

Schädigung. In Abbildung 10.14a sind Proben aus IN 100 nach 24 h Auslagerung dargestellt.

Die in Abbildung 10.14a rechts dargestellte Probe erhielt dabei 1 mg Na2SO4 und zeigt bereits

10. Versuche mit Natriumsulfat 94

(a) Na2SO4 10 mg links, 1 mg rechts

200 µm

Korn

(b) Gefüge nach 24h 950 ◦C (10 mg Na2SO4)

Abbildung 10.14.: IN 100 Schädigung nach 24 h auf 950 ◦C

deutliche Spuren der Oxidation, die Oxidschichten lösen sich von der Probenoberfläche be-

reits beim Hantieren der Probe. Bei 10 mg zerfällt die Probe, sodass eine Präparation für die

Rasterelektronenmikroskopie unmöglich ist. Das in Abb. 10.14b dargestellte Schliffbild zeigt

den starken Korngrenzenzerfall anhand schwarzer poröser Strukturen, welcher nach 24 h auf

950 ◦C bereits die Mitte der Probe erreicht hatte. In 10.15 ist die Schädigung von IN 100 Abge-

bildet. Aufgrund der großen Menge hinzulegierten Titans und des Gehalts von 70-wt% Titan

innerhalb der Korngrenzausscheidungen verläuft der Sulfidationsprozess primär dort. Durch

das während der Auslagerung stattfindende Abplatzen wird großflächig Titansulfid an der

Oberfläche sichtbar. Wie in Kapitel 9 erläutert, wird Vanadium eine gewichtige Rolle bei der

Heißgaskorrosion zugeschrieben. Dieses soll mit einem Gehalt von bis zu 0,95 wt-% die Guss-

fähigkeit der Legierung verbessern. Durch die Reaktion von Vanadium mit Na2SO4 bilden

sich niedrigschmelzende Verbindungen, welche die Schädigung bereits ab unter 700 ◦C auslö-

sen können [83, 90]. Innerhalb der Korngrenzenausscheidungen befinden sich bis zu 4,3 wt-%

Vanadium, wodurch lokal abermals die Heißgaskorrosion beschleunigt wird [30]. Dies ent-

spricht den streifenförmigen Ablagerungen von Ti, V und S in Abbildung 10.15a-c. Zwar

findet sich unterhalb der Oxidschicht eine Schicht rekristallisierter Körner (Abb. 10.15d), je-

doch senkt die Oxidschicht die Sauerstoffkonzentration nicht genug, um oxidative Prozesse

auf die neugebildeten Korngrenzen zu beschränken.

10. Versuche mit Natriumsulfat 95

800 µmTi

(a) Titan nach 24 h

800 µmS

(b) Schwefel nach 24 h

800 µmV

(c) Vanadium nach 24 h

100 µm

Korngrenzen-ausscheidungen

einreihige Rekristallistation

[011][001]

[111]

(d) IPFZ Darstellung nach 96 h

Abbildung 10.15.: Ablagerung auf der Probenoberfläche von IN 100 nach Auslagerung bei950 ◦C mit 1 mg Na2SO4

10.3.2. Einfluss von Natriumsulfat im Vakuum

Zur Verifikation der Notwendigkeit von Sauerstoff für den Schädigungsfortschritt wurde in

diesem Experiment PWA 1484 in Natriumsulfat 96 h lang bei 950 ◦C unter Vakuum ausge-

lagert. Eine repräsentative Darstellung der großflächigen Schädigungzone dieser Probe ist

dargestellt in Abbildung 10.16. In der EDX-Analyse werden, neben den bereits bekann-

ten Cr2S3-Ausscheidungen (Abb. 10.16b), nadelförmige Tantalsulfid Ausscheidungen (Abb.

10.16d) erkannt. Für die selektive Oxidation dieser Ausscheidungen ist die Sauerstoffkonzen-

tration zu niedrig. Nachdem der vorhandene Sauerstoff durch die Oxidation von Al zu Al2O3

aufgebraucht wurde, kann die γ′-Verarmung nur noch durch die Sulfidierung von Tantal zu

TaS2 voranschreiten. Mit dem Verbauch des Schwefels kommt der Prozess zum Erliegen. Ent-

10. Versuche mit Natriumsulfat 96

50 µmAl

Al-Sulfide

(a) Aluminium

50 µmCr

Cr-Sulfide

(b) Chrom

50 µmS

(c) Schwefel

50 µmTa

Ta-Sulfide

(d) Tantal

Abbildung 10.16.: Ausscheidungen in der Randschicht einer im Vakuum durch Natriumsulfatgeschädigten Probe aus PWA 1484, Auslagerung bei 950 ◦C für 96 h

scheidend ist, dass Bereiche, in denen sich diese Sulfide befinden, vollständig an γ′ verarmt

sind, diese jedoch keine Rekristallisation aufweisen. Lokal führt der im Natriumsulfat gebun-

dene Sauerstoff auch zur inneren Oxidation der Probe, jedoch ist der Sauerstoffpartialdruck

so niedrig, dass fast ausschließlich Al2O3 gebildet wurde, wodurch der Prozess schnell zum

Erliegen kommt. Abplatzen, deutliche innere Oxidation und Rekristallisation sind nicht zu

beobachten. Es ist somit davon auszugehen, dass die Bildung neuer Korngrenzen, an denen

Sauerstoff transportiert werden kann, eine Voraussetzung für den Treibeffekt und somit für

den Fortschritt der Schädigung ist.

10. Versuche mit Natriumsulfat 97

10.3.3. Wachstumsänderung einer Na2SO4 vorgeschädigten Schicht unter

Temperatur

Zur weiteren Analyse des Schadensbeitrags der Temperatur wurde, analog zu den in Kapi-

tel 10.2 beschriebenen Experimenten, 5 mg Na2SO4 auf Proben aus PWA 1484 appliziert.

Durch eine anschließende Auslagerung für 48 h bei 950 ◦C wurde eine Vorschädigung in

die Proben eingebracht. In diesem Experiment werden die Proben, analog zur in Kapitel

4.1 beschriebenen Methode, nach je 24 h vermessen. Die Auslagerung ermöglicht die Quan-

tifizierung der Geometrieänderung unter Berücksichtigung unterschiedlicher Temperaturni-

veaus.

Die unten stehenden Diagramme zeigen den oxidativen Aufwuchs (Abb. 10.17b) und die

im Inneren verlaufende Schädigung (Abb. 10.17a) in Relation zu der in schwarz gepunktet

dargestellten ursprünglichen Probenoberfläche. Die Vorauslagerung zeigt die erwartete Ent-

wicklung einer geschädigten Schicht. Wie sich an der Vermessung zum Zeitpunkt 48 h zeigt,

findet diese Schädigung hauptsächlich im Inneren der Probe statt.

Anhand der Daten in Abbildung 10.17 ist zu erkennen, dass auch nach starker Vorschädi-

850 ◦C 900 ◦C Probenoberfläche zu t=0 h950 ◦C 1000 ◦C

48 72 96 120−300

−200

−100

0

100

Zeit [h]

Inne

reSc

hädi

gung

[µm

]

(a) Innere Schädigung

48 72 96 120−300

−200

−100

0

100

Zeit [h]

Aufw

uchs

[µm

]

(b) Aufwuchs

Abbildung 10.17.: Natriumsulfat Vorschädigung und der Einfluss von Temperatur auf denweiteren Verlauf der Schädigung in PWA 1484

10. Versuche mit Natriumsulfat 98

gung der Proben auf 850 ◦C kaum Schädigungsfortschritt stattfindet. Auffallend ist, dass

für PWA 1484 zwar die stärkste Schädigung in Form der Schichtdicke bei 950 ◦C festge-

stellt wurde, die deutlichste Geometrieänderung aber bei 900 ◦C stattfindet. Dieser Effekt

kommt zum einen aus dem verlangsamten Fortschritt der inneren Schädigung, zum ande-

ren werden die im Bereich der Oberfläche liegenden rekristallisierten Körner langsam oxi-

diert. Das daraus entstehende Bunsenit ist mit einer deutlichen Volumenzunahme verbunden.

Bei 900 ◦C wurden überdies die größten Körner für PWA 1484 beobachtet. Hier entstehende

Körner haben über den gesamten beobachteten Temperaturbereich das größte Oberflächen-

zu-Volumenverhältnis, d. h. für diese Körner steht theoretisch am meisten Al und Cr zur

Verfügung bei dem gleichzeitig günstigsten Verhältnis zur Oberfläche, welche vor Oxidation

geschützt werden muss. Die zuvor aufgestellte Vermutung, dass das Abplatzen der oxidischen

Schicht ab 1000 ◦C den dominierenden Verschleißmechanismus darstellt, kann in diesem Ex-

periment quantitativ bestätigt werden. Es ist festzustellen, dass geometrisch positive Ver-

änderungen lediglich oxidativem Ursprungs sind. Eine langsamere Korrosionsrate für hohe

Temperaturen, wie in der Literatur für Heißgaskorrosion beschrieben [30], bleibt aus. Die

oxidische Schicht ist nicht protektiv. Die den Hauptbestandteil ausmachenden Nickelkörner

werden auf hohen Temperaturen rasch oxidiert, was zum Abplatzen der obersten Schicht

führt. Ab 1000 ◦C enstehen Rissen entlang der Grenzfläche zwischen rekristallisierter Schicht

und oxidischer Schicht. Ein eventuelles Verlangsamen des Schichtwachstums wird durch Ab-

platzen der gesamten Schicht an diesen Stellen verhindert.

10.3.4. Poren und Rissbildung

Die Abbildungen 10.10d und 10.10f zeigen für LEK 94 und PWA 1480 zwischen der rekristal-

lisierten Zone und der fragmentierten Schicht Risse, welche quer zum Schädigungsfortschritt

verlaufen. Ein mögliches Schichtversagen soll im Folgenden an diesen Bereichen genauer un-

tersucht werden. Um die Limitierung der Schliffanalysen zu umgehen und den Beitrag der

Rissbildung zum Versagen der geschädigten Schicht abschließend beurteilen zu können, wer-

den im Folgenden zwei µCT Analysen der einkristallinen Legierungen LEK 94 und PWA 1484

vorgestellt. In Abbildung 10.18 ist je eine der µCT Analysen dargestellt. Durch die nicht-

10. Versuche mit Natriumsulfat 99

leitende Oxidschicht musste die Probenentnahme von Hand mittels Niedertourensäge durch-

geführt werden. Der Probendurchmesser ist aufgrund der hohen Dichte der Legierungen auf

2 mm begrenzt, für ein optimales Signal-zu-Rauschverhältnis sollte dieser aber unterschrit-

ten werden. Für PWA 1484 war eine Reduktion des Probenquerschnitts auf 500 µm möglich.

Im Fall von LEK 94 war aufgrund der brüchigen Oxidschicht ein größerer Probenquerschnitt

notwendig und das Einbetten in Epoxydharz nach jedem Schnitt. Ein partielles Abbrechen

der Oxidschicht war nicht zu vermeiden.

Im Bereich des Einkristalls ist stärkeres Rauschen der Grauwerte unvermeidbar. In beiden

Legierungen sind die interdendritischen Ausscheidungen hoher Dichte zu erkennen. Deren

geringerer Sulfidationswiderstand erzeugt in PWA 1484 eine wellenförmige Schädigungsfront.

PWA 1484 weist über die Schicht verteilt zahlreiche Poren auf, wobei keine Neigung zur Bil-

dung von Clustern festgestellt werden kann. Die Bildung der Poren findet im Bereich der

Oxide statt, welche die neugebildeten Körner säumen. Im Verlauf der oxidativen Fragmen-

tierung der Körner lagern sich diese Poren zusammen und bilden größere. An diesen kann

schlussendlich das Schichtversagen einsetzen. In der Nähe der Oberfläche steigt die Porengrö-

ße sprunghaft an. Das Ergebnis der Segmentierung in Abbildung 10.18c und d bestätigt die

in Kapitel 10.2 gemachte Vermutung. Risse bilden sich direkt oberhalb der rekristallisierten

Zone (siehe Querschnitt in Abbildung 10.18 e und f). Die in 10.18f markierten Risse trennen

diese Zone und die darüber liegende oxidische Schicht auf bis zu 500 µm Länge. Durch thermi-

sche und mechanische Belastung welche auf die Probe einwirken kann, platzt die Oxidschicht

an dieser Stelle ab.

10. Versuche mit Natriumsulfat 100

400 µm

(a) PWA 1484 µCT Analyse

1 mm

(b) LEK 94 µCT Analyse

(c) Segmentierte Poren 3D

Risse

(d) Segmentierte Poren 3D

100 µm

Riss

Einkristall

(e) Poren und Risse 2D

100 µm

Riss

Einkristall

(f) Poren und Risse 2D

Abbildung 10.18.: Segmentierte µCT Analysen von PWA 1484 und LEK 94 Proben nach 96 hauf 950 ◦C, Voxelsize 0,9 µm.

10. Versuche mit Natriumsulfat 101

10.4. Diskussion

Die vorliegende Analyse der durch Natriumsulfat geschädigten einkristallinen Superlegierun-

gen zeigt eine gegenseitige Bedingung der Rekristallisation und des Schädigungsfortschritts.

Es ist anzunehmen, das Sulfide kaskadenartig oxidiert werden und der freie Schwefel weiter

ins Material hineindiffundiert. Der Transport des Sauerstoffs ist dabei auf die Korngrenzen

beschränkt. Die Diffusionsrichtung des Schwefels wird von der fortschreitenden Sauerstoff-

front vorgegeben. Das bei niedrigen Sauerstoffkonzentrationen, wie sie im Materialinneren

herrschen, die Diffusion von Sauerstoff maßgeblich entlang von Korngrenzen verläuft, wur-

de auch in einer Studie von Sinharoy und Narasimhan [91] für feinkörnige Superlegierungen

beobachtet. Im hier betrachteten Fall ist für den unteren Bereich der oxidischen Schicht und

die rekristallisierte Zone das Korninnere nicht von Oxidation betroffen. Daher ist weiterhin

anzunehmen, dass die Rekristallisation des durch die Sulfidation γ′-verarmten Bereichs ein

notwendiger Schritt für das Voranschreiten des Schadens ist. Diese These wird gestützt von

der Beobachtung, dass der Verschleiß von IN 100 am schnellsten entlang der im Grundzustand

bereits vorhandenen Korngrenzen voranschreitet.

Die nach Bürgel et al. geforderten Bedingungen für die lokale Rekristallisation von gering de-

formierten Superlegierungen sind die lokale Verarmung von (i) γ′ und (ii) das Vorhandensein

von Nukleationskeimen [42]. In der Detailbetrachtung lässt sich erkennen, dass Chromsulfide

stets an den Korngrenzen der rekristallisierten Schicht zu finden sind. Diese können die ge-

nannten Bedingungen gleichzeitig erfüllen. Die Bildung neuer rekristallisierter Körner unter

einer Oxidschicht wurde von Foss [27] beobachtet bei der Oxidation von Nickelbasislegierun-

gen, darüber hinaus konnten auch Kitashima et al. [92] ähnliche Effekte bei der Hochtempe-

raturoxidation nachweisen. An den neuen Korngrenzen ist die Diffusionsgeschwindigkeit um

Größenordnungen schneller als im defektfreien Kristall [89]. Die Beobachtungen, dass es keine

γ′ verarmten Bereiche gibt, die nicht gleichzeitig rekristallisiert sind und dass die erste rekris-

tallisierte Schicht keine oxidierten Korngrenzen aufweist, legt die Vermutung nahe, dass die

Rekristallisation von den Chromsulfiden am Übergang Verarmung/Grundwerkstoff ausgelöst

wird. Jedoch zeigten die Sulfidationsexperimente unter Vakuum, dass eine ausschließlich von

10. Versuche mit Natriumsulfat 102

Schwefel verursachte γ′-Verarmung keine Rekristallisation auslösen kann.

Pint et al. konnten nachweisen, dass bereits geringe Anteile von Hafnium in der Legierung

den Oxidationsfortschritt auf die Korngrenzen verlagern [93]. Potenziell könnte dieser Un-

terschied für die instabilere Schichtbildung bei PWA 1480 verantwortlich sein. Der weitere

Unterschied, das Fehlen von Molybdän, ist eher vorteilhaft für die Hochtemperaturkorrosi-

on.

Für den Erhalt der strukturierten Schicht ist weiterhin die Bildung einer deckenden Ni-

ckeloxidschicht notwendig, um die Sauerstoffkonzentration für die darunterliegende oxidi-

sche Schicht soweit zu senken, dass Matrixmaterial nicht weiter oxidiert werden kann [94].

Die in Schliffen und den µCT Analysen festgestellte Porosität ist Indiz für stark selekti-

ve Diffusionsprozesse nach außen. Prisedsky und Vinogradov konnten für Kupferlegierungen

einen ähnlichen Mechanismus zeigen, in dem eine deckende, nur im geringen Maße schüt-

zende Oxidschicht die oxidative Fragmentierung des darunterliegenden Materials ermöglicht

[95].

Aufgrund der heterogenen Struktur bilden größere Körnern große oxidische Flächen zwi-

schen den Kornlagen, die wie große Kerben bzw. Sollbruchstellen wirken. Weglewski et al.

[96] konnten zeigen, dass Korngrenzoxidation an großen Körnern zu einem schlechteren Aus-

gleichsvermögen thermischer Spannungen führt als die gleiche Oxidation an kleinen Körnern.

Dies legt nahe, dass es eine bestimmte Korngröße gibt, in der die Körner nicht zu klein

sind, um nicht sofort oxidiert zu werden und gleichzeitig keine schlechte Risszähigkeit auf-

weisen.

Überdies ist zu erkennen, dass die Breite des Temperaturfensters, in dem oxidische Schich-

ten festgestellt werden konnten, mit der Menge des hinzulegierten Tantals in der Legierung

korreliert. Ein höherer Ta Gehalt geht im Experiment einher mit einem schmaleren Tempera-

turfenster, in dem die Legierung eine strukturierte Schicht ausbildet. Han et al. [40] konnten

für Superlegierungen mit erhöhtem Tantalgehalt eine verzögerte und vor allem langsamere

Massenzunahme unter Heißgaskorrosion nachweisen. Dies wurde zurückgeführt auf die Fä-

higkeit von Tantal Schwefel an sich zu binden.

10. Versuche mit Natriumsulfat 103

Vergleichbare Schädigungen, wie die hier beobachteten, konnten in Turbinenschaufeln beob-

achtet werden [97, 98] und im Labor unter Verwendung von Na2SO4 [99]. Jedoch wurde in die-

sen Quellen nicht das Stattfinden eines Rekristallisationsprozesses abgeklärt.

104

Teil V.

Fazit

11. Zusammenfassung 105

11. Zusammenfassung

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden Alterungs- und Schädigungsmechanismen, wel-

che unter Hochtemperatur auf Superlegierungen einwirken können, untersucht und beur-

teilt.

Die in Teil II untersuchte Stabilität der γ′-Ausscheidungen zeigte über 850 ◦C eine deutliche

Legierungsabhängigkeit. Tantal hat das Potenzial die Vergröberung und Verarmung dieser

Partikel zu verlangsamen. Darüber hinaus wurde gezeigt, dass die Haftung von Oxidschichten

ebenfalls von der Legierungszusammensetzung beeinflusst wird. Hierbei wiesen Legierungen

mit moderaten Titangehalten eine insgesamt geringere γ′-Verarmung und eine bessere An-

haftung der Oxidschicht auf. Ebenso konnte festgestellt werden, dass das Fehlen von Titan ab

1000 ◦C zu innerer Porenbildung führen kann. Außerdem kann auch die Rauheit der Legie-

rungsproben die Oxidschichthaftung zu Beginn der Oxidation stören.

In Teil III der vorliegenden Arbeit wurden das, durch Oberflächendeformation ausgelöste,

Rekristallisationsverhalten von Proben bei Temperaturen zwischen 850 ◦C und 1050 ◦C un-

tersucht. Der Bereich, in dem in diesem Experiment Rekristallisation stattfinden kann, ist

begrenzt durch die Oberfläche der Probe und die Grenze des γ′-verarmten Bereichs. Bei-

de Grenzen verschieben sich während der Hochtemperaturauslagerung. Die neugebildeten

Körner wiesen, im Vergleich zur ursprünglichen Superlegierung, einen geringeren Oxidations-

widerstand auf, wodurch kein konstantes Wachstum beobachtet werden konnte. Im Vergleich

der Experimente von Teil II und III ist die geschädigte Zone im Experiment mit plastischer

Verformung dicker. Korngrenzen und Versetzungen erlauben eine Kurzschlussdiffusion von

Legierungselementen zur Oberfläche, sowie eine verstärkte Eindiffusion von Sauerstoff. Da-

durch oxidieren unedle Legierungselemente im Inneren der Probe. Darüber hinaus wurde

11. Zusammenfassung 106

die vermehrte Bildung von Nickeloxid in verformten Bereichen beobachtet, welches stabil an

der Probe haftet. Unterschiede in Rekristallisationstiefe und Anzahl neugebildeter Körner in

Abhängigkeit der Verformungstemperatur wurden nicht festgestellt.

Die in Teil IV untersuchten Proben wiesen einen Treibeffekt auf, welcher durch innere kaska-

denartige Sulfidation und anschließende Oxidation von Aluminium und Chrom die Bildung

schützender Deckschichten an der Oberfläche verhinderte. Zudem konnte nachgewiesen wer-

den, dass Rekristallisationsprozesse derart verarmter Bereiche durch die Volumenzunahme

von Oxiden ausgelöst werden. Die Bildung von Korngrenzen ist notwendig, für den inneren

Schadensfortschritt. Ein zweiter notwendiger Schritt ist die Bildung einer anhaftenden Nickel-

oxidschicht. Durch diese konnte in einigen Legierungen bei 950 ◦C die Oxidation neu gebildeter

nickelreicher Körner verhindern werden, sodass die geschädigte Schichten ausschließlich durch

die Oxidation von Korngrenzen wachsen.

Die Bedeutung der hier analysierten Schädigungen für den Schaufel-zu-Schaufel Kontakt lässt

sich durch kontinuierlichen Abtrag schützender Oxidschichten begründen. Bei wiederholtem

Abtrag sinkt die Konzentration deckschichtbildender Elemente im Randbereich, was zu ver-

mehrter Oxidbildung im Inneren der Legierung führt. Im Zusammenspiel mit geringen Kon-

zentrationen von Na2SO4 kann dies zur Rekristallisation und der Bildung der in Teil IV

beobachteten Schichten führen.

Mit den hier durchgeführten Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Rekristallisation

in einkristallinen Nickelbasislegierungen von einer Vielzahl von Faktoren abhängt. Neben der

in der Literatur vielfach besprochenen dynamischen und statistischen Rekristallisation durch

plastische Verformung gibt es einen chemisch induzierten Rekristallisationsprozess, der durch

die Kombination von Sulfidation und Oxidation ausgelöst wird. Außerdem konnte gezeigt

werden, dass die Stabilität von rekristallisierten Schichten wesentlich davon abhängt, ob sich

hochtemperaturbeständige oxidische Deckschichten bilden. Es stellte sich heraus, dass in den

für Flugturbinen relevanten Temperaturbereichen die chemisch induzierte Rekristallisation

derjenige Prozess ist, der die größte Schädigungstiefe aufweist, während die mechanisch indu-

zierte Rekristallisation im Hochtemperaturbereich durch Kornoxidation und Abplatzen von

Oxidschichten im Wesentlichen zum Materialabtrag führt. Dies bedeutet, dass bei der Analy-

11. Zusammenfassung 107

se von Schadensfällen, in denen in Oberflächennähe größere rekristallisierte Bereich entdeckt

werden, es zielführender ist, mögliche Quellen für Sulfidation zu identifizieren, als eine detail-

lierte mechanische Analyse durchzuführen.

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[91] S. Sinharoy, and S.L. Narasimhan. „Oxidation Behavior of Two Nickel-Base Superal-loys Used as Elevated Temperature Valves in Spark Ignited Engines and Diesel Ex-haust Recirculation (EGR) Applications“. In: Superalloys 2004 (Tenth InternationalSymposium). Hrsg. von TMS. TMS, 2004, S. 623–626.

[92] Tomonori Kitashima, Toru Hara, Yang Yang und Yuka Hara. „Oxidation–nitridation-induced recrystallization in a near-α titanium alloy“. In: Materials & Design 137(2018), S. 355–360.

[93] B. Pint, S. Dryepondt, K. Unocic. „Oxidation of Superalloys in Extreme Environ-ments“. In: 2010 - 7th International Symposium on Superalloy 718 and Derivatives.Hrsg. von TMS. Superalloy 718. 2010, S. 861–875.

[94] T.S. Gendron, P.M. Scott, S.M. Bruemmer und L.E. Thomas. „Internal Oxidation asa Mechanism for Steam Generator Tube Degradation“. In: Hrsg. von T.S. Gendron,P.M. Scott, S.M. Bruemmer und L.E. Thomas. Proceedings of the Third InternationalConference on Steam Generators and Heat Exchangers. Toronto: Canadian NuclearSociety, 1998, S. 389–406.

[95] V. V. Prisedsky und V. M. Vinogradov. „Fragmentation of diffusion zone in high-temperature oxidation of copper“. In: Journal of Solid State Chemistry 177.11 (2004),S. 4258–4268.

[96] W. Węglewski, M. Basista, A. Manescu, M. Chmielewski, K. Pietrzak und Th. Schu-bert. „Effect of grain size on thermal residual stresses and damage in sintered chromium–alumina composites: Measurement and modeling“. In: Composites Part B: Engineering67 (2014), S. 119–124.

[97] J.M Gallardo, J.A Rodrı́guez und E.J Herrera. „Failure of gas turbine blades“. In:Wear 252.3-4 (2002), S. 264–268.

[98] T. J. Nijdam und R. van Gestel. „Service experience with single crystal superalloys forhigh pressure turbine shrouds: National Aerospace Laboratory NLR-TP-2011-547“. In:5th International Gas Turbine Conference - The Future of Gas Turbine Technology.Hrsg. von National Aerospace Laboratory NLR. 2010, S. 1–33.

[99] Xu Liu. „Effects of Trace SO2 and Na2SO4 Deposit on the Reaction Behavior ofAL2O3-Scale Forming Alloys“. Diss. Pittsburgh: University of Pittsburgh, 2014.

[100] J. A. Nesbitt. Hot Corrosion of Single-Crystal NiAl-X Alloys. Techn. Ber. NASATM-113128. National Aeronautics and Space Administration, 1998, S. 1–2.

VII

Anhang

A. Skript zur Aufnahme von Punktspektren

Nachfolgend der Programcode für die Bruker API zum Abrastern von Oxidationsproben zurErmittlung von EDX Spektren.Program SpectrumAcquisition;/*Programm zur Spektrenaquisition in groeber werdendem Raster - Stand 08.08.18

benoetigt 53 Minuten*/var Running : boolean;MeasureState ,WorkingDistance , PulseRate : double;RealTime , LifeTime : LongInt;W,H, Width, Height, PixelAverage : Cardinal;Ch1,Ch2 : boolean;Bitmap : TBitmap;Magnification , HighVoltage , ImageInfo : TImageInfo;SaveFolder ,Sample : string;QuantResults : TSpcQuantResults;aWidth,aHeight,i : integer;Points : array of TPoint;

beginaWidth:=1024;aHeight:=768;//+++++++++++++++++++++/*nachfolgend den Speicherpfad und Probennamen reinkopieren und in " "

setzen zum Schluss nicht \ backslash im Dateinamen vergessen*/SaveFolder := "C:\Quantax..."Sample := "TTT_tt_nm_"// 1. Bild +++++++++++++++++++++ImageSetConfiguration(aWidth,aHeight ,12,true,false);Writeln(SaveFolder);SPUGetMeasureState(2,Running,MeasureState ,PulseRate ,RealTime ,LifeTime);ImageGetConfiguration(Width,Height,PixelAverage ,Ch1,Ch2);if ImageAcquireImage(1,Bitmap,ImageInfo)=0 thenbegin

if assigned(Bitmap) thenbegin

Bitmap.SaveToFile(SaveFolder+"vorher.bmp");Bitmap.Free;

endelse Writeln("No bitmap");

endelse Writeln("ImageAcquireImage failed");// EDX +++++++++++++++++++++GetSEMData(Magnification ,HighVoltage ,WorkingDistance);SetSEMData(Magnification ,20,WorkingDistance);SetSEMExternalOn;SPUCombineSpectrometer(2);

VIII

H:=0;W:=0;StartProgress("Acquire...",0,100,0,"%");try

while (H<Height) and (W<Width) dobegin

ProgressMessage("Acquire at Y="+IntToStr(H)+" X="+IntToStr(W));

if Progress(100*(H*Width+W)/(Width*Height)) thenbegin

ImageSetPoint(W,H);SPUStartMeasurement(2,10000);sleep(10000);SPUStopMeasurement(2);SPUReadSpectrum(2);SaveSpectrum(2,SaveFolder+Sample +IntToStr(H)+"_"

+IntToStr(W)+".spx");W:=W+100;

if W>=Width thenbegin

if H< 300 thenbegin

H:=H+15;W:=0;

endelse

H:=H+90;W:=0;

endend

elsebegin

Writeln("User aborted.");Break;

end;end;

// 2. Bild +++++++++++++++++++++if ImageAcquireImage(1,Bitmap,ImageInfo)=0 thenbegin

if assigned(Bitmap) thenbegin

Bitmap.SaveToFile(SaveFolder+"nachher.bmp");Bitmap.Free;

endelse Writeln("No bitmap");

endelse Writeln("ImageAcquireImage failed");

finallyStopProgress;SetSEMExternalOff;end;

end.

IX

B. Rauheitsmessung mittels Weißlichtinterferometrie anOxidationsproben

Tabelle .1.: Weißlichtinterferometriemessung an ProbenoberflächenKörnung Ra Rz Surface IndexP240 - - + 0,098 %P320 150 nm 2,01 µm + 0,005 %P600 - - + 0,0008 %P1000 60 nm 1,47 µm + 0,0006 %