ifo konjunkturprognose 2004/2005: konjunktur gewinnt an fahrt

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ifo Schnelldienst 12/2004 – 57. Jahrgang 10 Überblick: Weltweiter Aufschwung Die weltwirtschaftliche Entwicklung ist im Frühsommer 2004 aufwärts gerichtet. Die USA, Südostasien, Japan und – wenn auch deutlich schwächer – die eu- ropäischen Volkswirtschaften sind ge- meinsam im konjunkturellen Aufwind. Nach den Ergebnissen des ifo World Economic Survey (WES) bewegt sich das Weltwirtschaftsklima seit Jahresanfang auf hohem Niveau (vgl. Abb. 1). Der Kli- maindikator lag im April mit 110,1 (1995=100) deutlich über dem langfris- tigen Durchschnitt (1990–2003: 93,0). Anders als im Januar 2004 verbesserten sich im April allerdings nur die Urteile zur aktuellen wirtschaftlichen Lage, die Er- wartungen für die nächsten sechs Mo- nate dagegen fielen weniger optimistisch aus. Nur ein kleines Risiko für die Welt- konjunktur geht vom gegenwärtigen Hö- henflug der Ölpreise aus, der zum über- wiegenden Teil das Ergebnis der weltweit steigenden Nachfrage nach Mineralöl- produkten ist. In den USA ist es zu einem selbsttragen- den Konjunkturaufschwung gekommen. Die monetären Rahmenbedingungen wa- ren bis zuletzt expansiv. Zudem gingen von der Finanzpolitik anhaltend kräftige Impulse aus. Im ersten Quartal betrug das Wachstumstempo der US-Wirtschaft im Vergleich zum Vorquartal 4,5% (laufende Jahresrate), befördert vom privaten und auch öffentlichen Konsum, den privaten Investitionen und dem Export. In Japan hat sich die konjunkturelle Erholung fort- gesetzt, die gesamtwirtschaftliche Pro- duktion expandierte zuletzt mit 5,6% kaum langsamer als zuvor. Zur konjunk- turellen Dynamik trugen zum einen die Ex- porte insbesondere in die asiatischen Schwellenländer bei, zum anderen die Binnennachfrage und hier insbesondere die privaten Investitionen und der Kon- sum. Auch in der europäischen Wäh- rungsunion (EWU) ist die Konjunktur in- zwischen in Gang gekommen. Nach ers- ten Schätzungen von Eurostat belief sich das Wachstumstempo im ersten Quartal 2004 auf 2,4%. Haupttriebfeder war die Auslandsnachfrage, die sich im Gefolge gewinnt an Fahrt G. Flaig, W. Nierhaus, O.-E. Kuntze, A. Gebauer, S. Henzel, O. Hülsewig, A. Kaltschütz, E. Langmantel, W. Meister, M. Ruschinski, B. Schimpfermann und T. Wollmershäuser ifo Konjunkturprognose 2004/2005: Konjunktur Die weltwirtschaftliche Entwicklung ist im Frühsommer 2004 aufwärts gerichtet. Die USA, Süd- ostasien, Japan und – wenn auch deutlich schwächer – die europäischen Volkswirtschaften sind gemeinsam im konjunkturellen Aufwind. Im weiteren Verlauf dieses Jahres und 2005 wird sich die Dynamik allmählich abschwächen, mitbedingt durch den jüngsten Preisschub bei Öl- und Roh- stoffpreisen. Auch lassen die stimulierenden Wirkungen von Geld- und Fiskalpolitik nach. Die deutsche Konjunktur allerdings zeigt sich zur Jahresmitte 2004 immer noch nicht durchgreifend gefestigt. Zwar ist die gesamtwirtschaftliche Produktion seit der zweiten Jahreshälfte 2003 wie- der aufwärts gerichtet, die Lage auf dem Arbeitsmarkt hat sich dabei aber weiterhin verschlech- tert. Nach wie vor ist in Deutschland das Trendwachstum – im Vergleich zu anderen Mitgliedstaa- ten der EWU – relativ niedrig. Insgesamt ist das reale Bruttoinlandsprodukt im ersten Halbjahr 2004 gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum nach Schätzungen des ifo Instituts um 1,6% gestiegen; das konjunkturelle Wachstumstempo im zweiten Quartal dürfte wohl aufgrund der höhe- ren Ölpreise etwas geringer als im ersten Quartal gewesen sein. Im Jahresdurchschnitt 2004 wird das Wirtschaftswachstum voraussichtlich 1,7% betragen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass rund 0,5 Prozentpunkte der Mehrproduktion auf die ungewöhnlich große Zahl an Arbeitstagen zurückzuführen sind. Im kommenden Jahr wird sich das reale Bruttoinlandsprodukt erneut um 1,7% erhöhen. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt bleibt im Prognosezeitraum desolat. Die Zahl der Er- werbstätigen dürfte zunächst noch weiter abnehmen, erst ab Ende dieses Jahres zeichnet sich ei- ne leichte Besserung ab. Die Arbeitslosenquote wird 2004 und auch 2005 durchschnittlich 10,3% betragen.

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i fo Schne l ld ienst 12/2004 – 57. Jahrgang

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Überblick: Weltweiter Aufschwung

Die weltwirtschaftliche Entwicklung ist imFrühsommer 2004 aufwärts gerichtet.Die USA, Südostasien, Japan und –wenn auch deutlich schwächer – die eu-ropäischen Volkswirtschaften sind ge-meinsam im konjunkturellen Aufwind.Nach den Ergebnissen des ifo WorldEconomic Survey (WES) bewegt sich dasWeltwirtschaftsklima seit Jahresanfangauf hohem Niveau (vgl. Abb. 1). Der Kli-maindikator lag im April mit 110,1(1995=100) deutlich über dem langfris-tigen Durchschnitt (1990–2003: 93,0).Anders als im Januar 2004 verbessertensich im April allerdings nur die Urteile zuraktuellen wirtschaftlichen Lage, die Er-wartungen für die nächsten sechs Mo-nate dagegen fielen weniger optimistischaus. Nur ein kleines Risiko für die Welt-konjunktur geht vom gegenwärtigen Hö-henflug der Ölpreise aus, der zum über-wiegenden Teil das Ergebnis der weltweitsteigenden Nachfrage nach Mineralöl-produkten ist.

In den USA ist es zu einem selbsttragen-den Konjunkturaufschwung gekommen.Die monetären Rahmenbedingungen wa-ren bis zuletzt expansiv. Zudem gingenvon der Finanzpolitik anhaltend kräftigeImpulse aus. Im ersten Quartal betrug dasWachstumstempo der US-Wirtschaft imVergleich zum Vorquartal 4,5% (laufendeJahresrate), befördert vom privaten undauch öffentlichen Konsum, den privatenInvestitionen und dem Export. In Japanhat sich die konjunkturelle Erholung fort-gesetzt, die gesamtwirtschaftliche Pro-duktion expandierte zuletzt mit 5,6%kaum langsamer als zuvor. Zur konjunk-turellen Dynamik trugen zum einen die Ex-porte insbesondere in die asiatischenSchwellenländer bei, zum anderen dieBinnennachfrage und hier insbesonderedie privaten Investitionen und der Kon-sum. Auch in der europäischen Wäh-rungsunion (EWU) ist die Konjunktur in-zwischen in Gang gekommen. Nach ers-ten Schätzungen von Eurostat belief sichdas Wachstumstempo im ersten Quartal2004 auf 2,4%. Haupttriebfeder war dieAuslandsnachfrage, die sich im Gefolge

gewinnt an Fahrt

G. Flaig, W. Nierhaus, O.-E. Kuntze, A. Gebauer, S. Henzel, O. Hülsewig, A. Kaltschütz, E. Langmantel, W. Meister, M. Ruschinski, B. Schimpfermann und T. Wollmershäuser

ifo Konjunkturprognose 2004/2005: Konjunktur

Die weltwirtschaftliche Entwicklung ist im Frühsommer 2004 aufwärts gerichtet. Die USA, Süd-

ostasien, Japan und – wenn auch deutlich schwächer – die europäischen Volkswirtschaften sind

gemeinsam im konjunkturellen Aufwind. Im weiteren Verlauf dieses Jahres und 2005 wird sich die

Dynamik allmählich abschwächen, mitbedingt durch den jüngsten Preisschub bei Öl- und Roh-

stoffpreisen. Auch lassen die stimulierenden Wirkungen von Geld- und Fiskalpolitik nach. Die

deutsche Konjunktur allerdings zeigt sich zur Jahresmitte 2004 immer noch nicht durchgreifend

gefestigt. Zwar ist die gesamtwirtschaftliche Produktion seit der zweiten Jahreshälfte 2003 wie-

der aufwärts gerichtet, die Lage auf dem Arbeitsmarkt hat sich dabei aber weiterhin verschlech-

tert. Nach wie vor ist in Deutschland das Trendwachstum – im Vergleich zu anderen Mitgliedstaa-

ten der EWU – relativ niedrig. Insgesamt ist das reale Bruttoinlandsprodukt im ersten Halbjahr

2004 gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum nach Schätzungen des ifo Instituts um 1,6%

gestiegen; das konjunkturelle Wachstumstempo im zweiten Quartal dürfte wohl aufgrund der höhe-

ren Ölpreise etwas geringer als im ersten Quartal gewesen sein. Im Jahresdurchschnitt 2004 wird

das Wirtschaftswachstum voraussichtlich 1,7% betragen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass

rund 0,5 Prozentpunkte der Mehrproduktion auf die ungewöhnlich große Zahl an Arbeitstagen

zurückzuführen sind. Im kommenden Jahr wird sich das reale Bruttoinlandsprodukt erneut um 1,7%

erhöhen. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt bleibt im Prognosezeitraum desolat. Die Zahl der Er-

werbstätigen dürfte zunächst noch weiter abnehmen, erst ab Ende dieses Jahres zeichnet sich ei-

ne leichte Besserung ab. Die Arbeitslosenquote wird 2004 und auch 2005 durchschnittlich 10,3%

betragen.

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des weltweiten Aufschwungs trotz der Aufwertung des Eu-ro gegenüber den Währungen wichtiger Handelspartnermerklich beschleunigte. Auch der private Konsum zog et-was an, nahezu unverändert blieben hingegen die Investi-tionen. Die Arbeitslosigkeit in der EWU nahm, bis zuletzt sai-sonbereinigt zu, die Arbeitslosenquote betrug im April 9,0%.

In Deutschland hat sich demgegenüber die Konjunkturschwächer belebt; in den ersten Monaten des Jahres 2004ist das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Vergleich zumJahresendquartal 2003 nach vorläufigen Angaben des Sta-tistischen Bundesamts um 0,4% (laufende Jahresrate:1,8%) gestiegen. Nach der Entstehungsrechnung konn-te der Anstieg der Industrieproduktion den kräftigen Rück-gang der Bauproduktion überkompensieren. Von denDienstleistungsbereichen gingen per saldo keine nen-nenswerten konjunkturellen Impulse aus. Auf der Ver-wendungsseite ist für die Zunahme der gesamtwirt-schaftlichen Produktion der positive Impuls des Export-überschusses maßgeblich (+ 0,8%); die Exporte expan-dierten doppelt so stark wie die Importe. Der negativeWachstumsbeitrag der Inlandsnachfrage in Höhe von 0,4Prozentpunkten wurde dadurch mehr als ausgeglichen.Von den Komponenten der Binnennachfrage nahmen le-diglich die Investitionen in Sonstige Anlagen zu, alle an-deren Investitionssparten waren rückläufig. Der privateKonsum, der als Konjunkturmotor seit Mitte 2001 ausfällt,kam wiederum nicht in Schwung. Zwar wurde zum Jah-resanfang die Lohn- und Einkommensteuer erneut ge-senkt, zugleich kam es aber im Gefolge der Gesund-heitsreform und durch die Anhebung von indirekten Steu-ern zu merklichen Kaufkrafteinbußen. Auch ist die Spar-quote im Gefolge der steuerlichen Entlastungen saison-bereinigt etwas gestiegen.

Auf dem Arbeitsmarkt hat sich die Lage wei-ter verschlechtert. Seit dem letzten Be-schäftigungshöhepunkt im Mai 2001 hatsich die Zahl der Erwerbstätigen um knapp850 000 oder um 2,2% verringert. Die Zahlder Arbeitslosen, die seit dem vergange-nen Frühjahr als Folge von Statistikbereini-gungen und einer geänderten Abgrenzungim amtlichen Rechenwerk tendenziell ge-sunken war, ist ab Februar wieder be-trächtlich gestiegen. Im Mai 2004 belief siesich saisonbereinigt auf 4,37 Mill.; die Ar-beitslosenquote (Arbeitslose in % aller zivi-len Erwerbspersonen; nach Berechnungender Bundesanstalt für Arbeit) betrug zuletzt10,5%.

Der Anstieg der Lebenshaltungskosten hatsich in den ersten Monaten des Jahres 2004deutlich beschleunigt. Im Mai erreichte dieInflationsrate zum ersten Mal seit März 2002

wieder die 2-Prozentmarke. Ausschlaggebend hierfür warzum einen, dass die Preise für Mineralölerzeugnisse starkgestiegen sind. Zum anderen haben sich Gesundheits-dienstleistungen im Zuge der Gesundheitsreform spürbarverteuert.

Weltwirtschaftlicher Aufschwung 2005 immernoch kräftig

Die Weltwirtschaft hat sich auch im ersten Halbjahr 2004kräftig entwickelt. Im weiteren Verlauf dieses Jahres und2005 wird sich die Dynamik allmählich abschwächen,mit bedingt durch den jüngsten Preisschub bei Öl- undRohstoffpreisen. Der Preisanstieg ist wesentlich das Er-gebnis des weltweiten Konjunkturaufschwungs, in ge-ringerem Ausmaß gibt es exogene Einflüsse (z.B. politi-sche Unsicherheiten in wichtigen Ölexportländern). Erkann deshalb zwar den Konjunkturaufschwung ab-schwächen, doch kann er ihn nicht umkehren. Wegen desHöhenflugs der Öl- und Rohstoffnotierungen erhöhen sichdie Verbraucherpreise etwas stärker als noch vor kur-zem erwartet. Die stimulierenden Wirkungen von Geld-und Fiskalpolitik lassen nach. Am stärksten expandierenweiterhin die Volkswirtschaften Ostasiens, gefolgt vonNordamerika, Mittel- und Osteuropa sowie Lateinameri-ka, während die konjunkturelle Erholung in Westeuropaerst spät eingesetzt hat und erst langsam an Dynamik ge-winnt. Das Volumen des Welthandels dürfte im Jahr 2004in einer Größenordnung von 93/4% und 2005 von 8% ex-pandieren. Für den Rohölpreis wurde für den Jahres-durchschnitt 2004 ein Barrel-Preis von ca. 34 US-Dollarunterstellt, für das kommende Jahr dürfte er nur wenigniedriger liegen.

Abb. 1

Daten und Prognosen

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USA: Weiter hohes Doppeldefizit bei konjunktureller Verlangsamung

Der im Winterhalbjahr 2001/2002 begonnene Aufschwunghat sich im zweiten Halbjahr 2003 deutlich verstärkt undist anschließend kräftig geblieben. Seine Dynamik wirdnur allmählich von dem mit dem jüngsten Ölpreisschub ver-bundenen Kaufkraftentzug gedämpft. Stimulierend wir-ken eine ausgesprochen expansive Geld- und Finanzpoli-tik. Zudem ist der Wechselkurs des US-Dollar gegenüberdem Euro und dem Yen erheblich gesunken.

Die Finanzpolitik gibt der Konjunktur auch im laufendenJahr durch Steuersenkungen und stark steigende Ausga-ben (wesentlich bedingt durch das amerikanische Enga-gement im Irak) kräftige Anregungen. Das Finanzierungs-defizit der öffentlichen Haushalte dürfte mit 43/4% des Brut-toinlandsprodukts annähernd jenem von 2003 entspre-chen. Im Jahr 2005 lassen die Impulse erheblich nach. ImAnschluss an die Präsidentschaftswahlen im kommendenNovember dürfte ein Konsolidierungskurs eingeschlagenwerden. Weitere Senkungen der Einkommensteuer sindnicht abzusehen, und der Ausgabenanstieg wird gedämpft.Die gesamtstaatliche Finanzierungslücke dürfte sich auf ei-ne Größenordnung von 4% des Bruttoinlandsprodukts ver-ringern. Die Geldpolitik war und ist ebenfalls sehr expan-siv. Die Federal Funds Rate liegt seit Mitte 2003 bei 1%,was negative kurzfristige Realzinsen impliziert.

Mit Blick auf den sehr lebhaften und breit basierten Wirt-schaftsaufschwung einerseits, und die zunehmenden In-flationsgefahren andererseits, wird die Zentralbank in derzweiten Jahreshälfte mit einer Straffung der monetären Zü-gel beginnen. Sowohl die Höhe der Inflationsrate als auch

ihre starke Beschleunigung hätte bereits jetzt eine Leit-zinsanhebung erfordert. Gleichwohl bleibt die Geldpolitiknoch bis in das nächste Jahr hinein expansiv, wiewohl mitallmählich abnehmender Intensität.

Im Jahr 2004 dürfte das reale Bruttoinlandsprodukt um43/4% (nach 3,1% im Jahr 2003) und 2005 um 31/2% ex-pandieren, bei verlangsamtem Wirtschaftswachstum imVerlauf. Dabei bleiben die Defizite in den öffentlichen Haus-halten sowie in der Leistungsbilanz (sog. Doppeldefizit)hoch. Das stärkste Wachstum werden die Exporte auf-weisen, angeregt vor allem von der nach wie vor sehr leb-haften Konjunktur in Ostasien (dorthin gingen 2003 52%der Warenlieferungen) und dem niedriger bewerteten US-Dollar. Aber auch die Einfuhr zieht stark an, so dass dieLeistungsbilanz in beiden Jahren in einer Größenordnungvon 43/4% des BIP passiv bleiben wird.

Kräftig nehmen in diesem Jahr auch die Bruttoanlagein-vestitionen zu. Das gilt besonders für die Ausrüstungsin-vestitionen, da sich die Auslastung der Kapazitäten wei-ter erhöht, Absatz- und Ertragsperspektiven günstig unddie Zinsen noch niedrig sind. Auch laufen Ende 2004 Steu-ervergünstigungen aus, was zu Vorzieheffekten führt. Die-se und die weniger dynamische Nachfrage lassen im Jahr2005 eine langsamere Zunahme erwarten. Gleiches giltfür die Bauinvestitionen, zumal der Wohnungsbau im kom-menden Jahr von den steigenden Zinsen gebremst wird.Beim öffentlichen Bau macht sich allmählich die konsoli-dierungsorientierte Finanzpolitik bemerkbar.

Der private Konsum expandiert in diesem Jahr kräftig,zumal Beschäftigung und Reallöhne steigen und es imFrühjahr zu Steuerrückzahlungen kam. Da letztere im kom-

menden Jahr entfallen, die Zinsen weitersteigen und die Beschäftigung konjunktur-bedingt langsamer ausgeweitet wird, ver-liert der private Verbrauch allmählich anSchwung. Die Arbeitslosenquote sinkt imSchnitt dieses Jahres auf 51/2% und wird2005 nicht viel niedriger sein. Die Verbrau-cherpreise dürften 2004 um 21/2% und2005 um 23/4% über dem Niveau des je-weiligen Vorjahres liegen.

Japan: Konjunkturelles Tal der Tränen allmählich durchschritten

Beginnend im Frühjahr 2003 hat die Volks-wirtschaft Japans zur Überwindung derlangjährigen Durststrecke angesetzt, wennauch zahlreiche Strukturprobleme noch derLösung harren. Das Wirtschaftswachstum(2,5%) wird zwar vermutlich überhöht aus-

Abb. 2

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gewiesen, aber die aufwärts gerichtete Tendenz von Nach-frage und Produktion dürfte anhalten. Dabei wirkt die Geld-politik bis ins Jahr 2005 hinein expansiv, da die Zentral-bank den Diskontsatz bei 0,1% belassen und so lange füreine sehr reichliche Liquidität der Banken (u.a. durch denAufkauf von Staatsanleihen, Aktien und verbrieften Ver-bindlichkeiten von Unternehmen) sorgen will, bis das bis-her noch ungenügende Durchwirken monetärer Impulseauf die Wirtschaft spürbar ist. Denn die weitere Konsoli-dierung der Bank- und Unternehmensbilanzen, bei derbereits deutliche Erfolge zu verzeichnen sind, soll von die-ser Seite nicht gestört werden.

Die seit 2000 zu verzeichnende Abwertung des realeneffektiven Wechselkurses des Yen hat zur Belebung derjapanischen Konjunktur beigetragen. Allerdings stimu-liert die Finanzpolitik angesichts eines diesjährigen öf-fentlichen Finanzierungsdefizits in der Größenordnungvon 71/2% des Bruttoinlandsprodukts, und einer Staats-verschuldung von etwa 160% des Bruttoinlandsproduktskaum noch.

Das reale Bruttoinlandsprodukt dürfte im Jahresdurch-schnitt 2004 mit 41/2% (sehr hoher Überhang zu Jahres-beginn, vgl. Abb. 3) breit basiert, im Verlauf jedoch etwasschwächer zunehmen als im Vorjahr.

Weit überdurchschnittlich steigt nach wie vor die Ausfuhr,stark angeregt vom Wirtschaftswachstum in Ostasien undin den USA. Damit erweist sich einmal mehr, dass dieExportentwicklung stärker vom Wachstum des Welthan-dels als vom Wechselkurs abhängt. Die Bruttoanlagein-vestitionen dürften sich etwa im vorjährigen Tempo er-höhen. Die Investitionskonjunktur bleibt gespalten. Ei-

nerseits werden die öffentlichen Investi-tionen nochmals stark eingeschränkt. An-dererseits findet der Wohnungsbau all-mählich aus der Rezession heraus, und dieUnternehmensinvestitionen nehmen beiverbesserten Absatz- und Ertragserwar-tungen deutlich zu, auch weil die Kapa-zitäten in der verarbeitenden Industrie be-reits stärker als im langfristigen Durch-schnitt ausgelastet sind. Der öffentlicheVerbrauch dürfte sich mit Blick auf die Wah-len zum Oberhaus verstärkt erhöhen. Auchder private Konsum nimmt allmählich ra-scher zu, stimuliert von höheren Arbeits-einkommen und zunehmender Beschäf-tigung.

Die seit Mitte vorigen Jahres gestiegenenlangfristigen Zinsen sind ein Indikator für denlaufenden Aufschwung, auch weil sie das all-mähliche Verlassen der Liquiditätsfalle re-

flektieren. Damit hat die fünfjährige Phase der Deflation einEnde. Die Konsumentenpreise liegen im Jahresdurchschnitt2004 etwas über dem Niveau des Jahres 2003, wesentlichbedingt durch die kräftige Verteuerung von Mineralöler-zeugnissen.

Im Jahre 2005 werden die Impulse seitens der Außen-wirtschaft bei langsamer steigender Ausfuhr und rascherexpandierendem Import schwächer, vor allem infolge desetwas weniger starken Wirtschaftswachstums im übrigenOstasien (dem Hauptabsatzmarkt) sowie in den USA, demzweitwichtigsten Abnehmer. Die Inlandsnachfrage ex-pandiert in wenig verändertem Tempo. So nimmt der pri-vate Konsum bei allmählicher Besserung der Arbeits-marktlage und schwach steigenden Reallöhnen etwa imderzeitigen Tempo zu. Die weniger günstigen Ausfuhr-perspektiven dürften zu einem verlangsamten Anstieg derUnternehmensinvestitionen führen, obwohl die Kapazitä-ten gut ausgelastet bleiben und die Zinsen noch niedrigsind. Günstige Finanzierungsmöglichkeiten sowie diegünstigeren Einkommensverhältnisse der privaten Haus-halte stützen den Wohnungsbau. Nach zweijährigem aus-geprägtem Rückgang werden die öffentlichen Investitio-nen vermutlich weniger stark eingeschränkt als bisher. DieKonsumentenpreise steigen nur sehr verhalten. Das rea-le Bruttoinlandsprodukt erhöht sich gegenüber dem Vor-jahr um 21/2%.

Ostasiatische Schwellenländer: Weiter starkesWirtschaftswachstum

Die Konjunktur hatte im zweiten Halbjahr 2003 sprunghaftTritt gefasst, vor allem in Folge der sich gegenseitig ver-stärkenden Dynamik in diesen Ländern, wo die Wirt-

Abb. 3

Daten und Prognosen

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schaftspolitik fast überall weiter kräftig stimulierte. Zudementfielen nun jene Faktoren (SARS, Irak-Konflikt, Ölpreis-anstieg), die im ersten Semester stark dämpfend auf dieKonjunktur gewirkt hatten.

Einzig die chinesische Volkswirtschaft war mit so hohemTempo das gesamte Jahr hindurch gewachsen, dass sichvielfach Symptome konjunktureller Überhitzung – kräftigerPreisanstieg, Probleme bei der Energieversorgung etc. –zeigten. Mit Maßnahmen zur Dämpfung der Kreditexpan-sion hatte die Zentralbank bereits vorigen Sommer reagiertund diesen Kurs während der letzten Monate noch ver-schärft, da er ohne Wirkung geblieben war. Zusätzlich wer-den jetzt die großen Investitionsvorhaben überprüft, und fürdie Monate Mai/Juli gelten Preiskontrollen. Bisher ist aller-dings noch keine Abschwächung des Booms erkennbar.Vielmehr scheinen die Provinzregierungen die Maßgabender Zentralverwaltung zu ignorieren. Dieser kann an einerverschiedentlich bereits befürchteten »harten Landung« auchgar nicht gelegen sein angesichts der vielen, beträchtlichenund nur durch dynamisches Wirtschaftswachstum lösbarenProbleme des Landes einschließlich der mit faulen Kreditenüberlasteten Kreditinstitute und maroden Staatsbetriebe;tatsächlich wird amtlicherseits ein jährliches Wirtschafts-wachstum von 8% bereits als zu niedrig angesehen.

Die Konjunktur dürfte sich im weiteren Verlauf dieses Jah-res leicht abschwächen. Damit bleibt die Sogwirkung auf dieExporte der anderen ostasiatischen Länder sowie auf La-teinamerika, Nordamerika und Europa bestehen. Das gibtdem interregionalen Handel umso mehr Auftrieb, als dieanderen ostasiatischen Volkswirtschaften hohe Zuwachs-raten bei Ausfuhr und (dank expansiver Wirtschaftspolitik)Inlandsnachfrage ausweisen. Das reale Bruttoinlandspro-dukt der Region dürfte um rund 8% zunehmen, vom jüngs-ten Ölpreisschub nur wenig gedämpft.

Im Jahr 2005 ist mit einer langsamen konjunkturellen Ab-schwächung zu rechnen. Neben China expandiert nunauch der Absatzmarkt USA weniger lebhaft. Das nimmtden Ausfuhren der anderen südostasiatischen Schwel-lenländer einiges an Schwung und bremst damit auch de-ren Inlandsnachfrage etwas, zumal die expansive Wirt-schaftspolitik dort nicht weiter verstärkt wird. Das realeBruttoinlandsprodukt der Region dürfte um ca. 71/2% aus-geweitet werden, womit sie ihr weltwirtschaftliches Ge-wicht auf deutlich mehr als das Doppelte Lateinamerikaserhöht und nach wie vor die wesentliche Stütze der Welt-konjunktur bleibt. Der Preisauftrieb wird insgesamt mo-derat sein, schwächt sich aber kaum ab, da die sehr star-ke Verteuerung der Rohstoffpreise noch auf die Lebens-haltungskosten durchwirkt.

Auf dem Arbeitsmarkt bessert sich die Lage weiter. An denderzeitigen Wechselkursregimen, d.h. an der mehr oder

minder engen Bindung verschiedener Währungen an denUS-Dollar dürfte sich wenig ändern. Das gilt auch für denWechselkurs des Yuan, welcher angesichts der mit denBemühungen um eine Verlangsamung des Wirtschafts-wachstums verbundenen Unwägbarkeiten vermutlich zu-nächst noch fest an den US-Dollar gebunden bleibt.

Lateinamerika: Im Exportsog Flaute überwunden

Mit der konjunkturellen Belebung im zweiten Halbjahr2003, von der fast alle Länder erfasst wurden, fand einemehr als dreijährige Phase der Stagnation ihr Ende. ImJahr 2004 gewinnt die Entwicklung an Schwung und anBreite. Wesentliche Stütze bleibt die sehr kräftig expan-dierende Ausfuhr im Zuge des weltweiten Wirtschafts-aufschwungs, wobei besonders die Lieferungen von In-dustrierohstoffen und Agrargütern nach China sprunghaftausgeweitet werden.

Hiervon erhält auch die Inlandsnachfrage zunehmendImpulse; privater Konsum und Bruttoanlageinvestitio-nen erhöhen sich allmählich. Denn die in vielen Ländernvon vertrauensbildenden Maßnahmen geprägte Wirt-schaftspolitik, der verlangsamte Preisauftrieb sowie dieSchwäche des US-Dollar erlaubten spürbare Zinssen-kungen, die zunehmend wirken. Auch sind die Absatz-und Ertragserwartungen der Unternehmen günstiger ge-worden.

Entscheidend ist die weitere Expansion von Nachfrage undProduktion in Brasilien, wo die im Laufe des Jahres 2003erfolgten monetären Lockerungen stimulieren, währenddie Finanzpolitik auf konsolidierungsorientierter Linie bleibt;allerdings schwankt das Vertrauen ausländischer Anlegerin die wirtschaftspolitische Linie stark, was sich in Wech-selkurs- und Zinsentwicklung niederschlägt. Mexiko pro-fitiert vom Aufschwung in den USA, wohin etwa 90% derExporte gehen. Allerdings macht sich die Konkurrenz ausChina und anderen südostasiatischen Schwellenländerntrotz tendenzieller Peso-Abwertung immer mehr bemerk-bar. Argentinien, belastet mit großen Schuldenproblemenund Energieknappheit, kann das hohe Wirtschafts-wachstum des Vorjahres nicht halten. In Venezuela mildertder hohe Ölpreis die krisenhafte Situation. Bei langsamerals der Export steigenden Importen und dank zunächstnoch haussierender Rohstoffpreise errechnet sich wiederein Überschuss der zusammengefassten Leistungsbilanz.Das reale Bruttoinlandsprodukt der Region dürfte um 33/4%expandieren, nach 13/4% im Jahr 2003. Die Lage auf demArbeitsmarkt beginnt sich zu bessern.

Für das kommende Jahr ist im Verlauf eine Verlangsamungdes Wirtschaftswachstums zu erwarten, bedingt durch dienachlassende Dynamik der Weltwirtschaft im Allgemeinen

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und der USA (was besonders die AusfuhrMexikos tangiert) sowie Chinas im Beson-deren; das reale Bruttoinlandsprodukt ex-pandiert etwa in der Größenordnung desVorjahres.

Die Inlandsnachfrage nimmt nicht schnellgenug zu, um den abflauenden Schwungder Exporte auszugleichen. Da außerdemdie Hausse der Rohstoffpreise nachlässt,die Einfuhren beschleunigt ausgeweitetwerden und die Zinsen weltweit steigen,geht der Überschuss der zusammenge-fassten Leistungsbilanz Lateinamerikasgegenüber der übrigen Welt stark zurück.Die Wechselkurse schwanken wieder stär-ker, auch weil das Vertrauen in die brasili-anische Wirtschaftspolitik schwächer wird.Die Konsumentenpreise dürften sich stär-ker als im Jahr 2004 (rund 6%) erhöhen.Die Lage auf dem Arbeitsmarkt bessert sichallmählich weiter.

Europäische Union

Euroraum: Langsame Festigung der Inlandsnachfrage

Im Euroraum haben Nachfrage und Produktion im zweitenHalbjahr 2003 die seit Herbst 2002 zu beobachtende Stag-nation im Schlepp der lebhaft angesprungenen Weltkon-junktur überwunden; gegenüber 2002 erhöhte sich das re-ale BIP um 0,4%. Dabei blieb die Finanzpolitik etwa kon-junkturneutral, und die Geldpolitik wirkte deutlich expansi-ver, während die starke Aufwertung des Euro gegenüber denValuten des Dollarraumes spürbar gebremst hat. Die kon-junkturelle Erholung hatte sich infolge des flauen weltwirt-schaftlichen Umfelds, der Rohölverteuerung, des Konfliktsim Irak sowie der in Asien ausgebrochenen Lungenkrank-heit SARS verzögert.

Die Erholung war vom Export getragen, weniger durch Lie-ferungen in die USA , als infolge des erheblich gestiege-nen Absatzes in Ostasien, in Mittel- und Osteuropa sowiein anderen Regionen. Da der Import früher und kräftiger an-sprang als die Ausfuhr, verzeichnete die zusammengefas-ste Leistungsbilanz ein auf 0,5% des BIP verringertes Ak-tivum. Die Inlandsnachfrage entwickelte erst im Herbstetwas Dynamik. Das galt allerdings trotz weiter gestiege-ner Reallöhne nicht für den privaten Konsum (+ 1,1%gegenüber 2002) als Folge verschlechterter Arbeitsmarkt-lage (gegenüber 2002 blieb die Beschäftigung unverän-dert, die Arbeitslosenquote stieg im Jahresdurchschnitt auf8,8%) und der Diskussion über Einschnitte bei den So-zialleistungen.

Die Rezession bei den Bruttoanlageinvestitionen (– 1%) wur-de erst im Herbst überwunden. Während der Rückgangder Bauinvestitionen nur noch gering war, verzeichnetendie Ausrüstungsinvestitionen nochmals ein deutliches Mi-nus. Denn die Absatz- und Ertragserwartungen hatten sichnur allmählich aufgehellt, und in der verarbeitenden Indus-trie war die Auslastung der Kapazitäten auch im Sommer-halbjahr weiter gesunken. Lediglich der öffentliche Verbrauch(+ 2%) nahm weiter ziemlich stetig zu. Nach zunächst ra-schem Anstieg beruhigte sich die Teuerung. Die Konsu-mentenpreise (HVPI) lagen um 2,1% über dem Niveau von2002.

Die Finanzpolitik im Euroraum im vergangenen Jahr war weit-gehend geprägt durch das deutliche Überschreiten des3-Prozent-Kriteriums des Stabilitäts- und Wachstumspaktsdurch die beiden größten Volkswirtschaften Deutschlandund Frankreich und die damit verbundene Diskussion umseine Neuausgestaltung. Im Durchschnitt erhöhte sich dasHaushaltsdefizit im Euroraum von 2,3% im Jahr 2002 auf2,7% des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2003. Im Gegen-satz dazu reduzierte sich das strukturelle Defizit, das denEinfluss der konjunkturabhängigen automatischen Stabili-satoren aus dem Budgetdefizit herausrechnet und somitals Maß für diskretionäre Politikentscheidungen zu inter-pretieren ist, von 2,5% in 2002 auf 2,2% des Bruttoin-landsprodukts im Jahr 2003.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Leitzinsen seitMitte vergangenen Jahres unverändert belassen. Der Drei-monatsgeldmarktsatz liegt seitdem bei wenig mehr als 2%,was bei einer gegenwärtigen Kerninflationsrate von 1,9% ei-nen kurzfristigen Realzins nahe null impliziert (vgl. Abb. 4).

Abb. 4

Daten und Prognosen

i fo Schne l ld ienst 12/2004 – 57. Jahrgang

Auch die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen, die zur Jah-reswende vorübergehend angezogen hatte, liegt mit gegen-wärtig knapp über 4% auf einem niedrigen Niveau. Die Kre-ditzinsen blieben weitgehend unverändert. Die Expansionder Geldmenge M3 hat sich seit Mitte 2003 deutlich abge-flacht, was zum Teil auf eine verringerte Unsicherheit der An-leger nach dem lang anhaltenden Aktienkursverfall der ver-gangenen Jahre zurückzuführen sein dürfte. Dennoch über-steigt die gegenwärtige Jahreswachstumsrate von M3 mitetwa 51/2% weiterhin den von der EZB festgelegten Refe-renzwert von 4,5%. Während sich die Expansion der Buch-kredite an den privaten Sektor insgesamt in den vergange-nen Monaten etwas beschleunigt hat und bei durchschnitt-lich 5,5% im ersten Quartal lag, war die Kreditausweitungan den Unternehmenssektor im ersten Quartal mit 3,3%gegenüber dem Vorjahr weiterhin niedrig.

Der Aufwertungstrend des Euro, der Anfang 2002 begon-nen hatte, fand im Dezember 2003 sein vorläufiges Ende.Während der Euro zwischen Januar und Dezember 2003gegenüber dem US-Dollar nominal noch um 16,0% auf-wertete, verlor er zwischen Januar und Mai dieses Jahres4,7% an Wert. Real und effektiv gerechnet entsprach dieseiner Aufwertung um 8,6% und einer Abwertung um 3,6%.Die Wechselkursentwicklung der letzten Monate unterstütztedaher den von der EZB eingeschlagenen zinspolitischen Ex-pansionskurs, so dass sich insgesamt die monetären Rah-menbedingungen wieder verbesserten (vgl. Abb. 4).

Nach einem konjunkturell überraschend günstigen erstenQuartal deuten nicht nur Klimaindikatoren, sondern auch dieAuftragseingänge in der Industrie auf eine Fortsetzung derErholung von Nachfrage und Produktion auf sich verbrei-ternder Basis im Jahre 2004 hin. Das reale Bruttoinlands-produkt dürfte um 13/4% expandieren. Weitaus dyna-mischstes Aggregat bleibt die Ausfuhr, stimuliert vom leb-haften Wirtschaftswachstum in den anderen Weltregionen.Auch lassen die retardierenden Effekte der Euro-Aufwertungnach. Trotz kaum noch gestiegener Terms of Trade weist diezusammengefasste Leistungsbilanz erneut einen Über-schuss in der Größenordnung des Vorjahres aus, da die Ein-fuhr infolge der sich langsam erholenden Inlandsnachfrageetwas langsamer wächst als der Export. Diese wird nun aller-dings erstmals seit dem Jahre 2000 wieder von allen gro-ßen Nachfrageaggregaten getragen. Das gilt bei anhaltendniedrigen Zinsen besonders für die Bruttoanlageinvestitio-nen, da die Absatz- und Ertragsaussichten günstiger beur-teilt werden und die Kapazitätsauslastung im späteren Ver-lauf des Jahres wieder steigt. Auch die Bauinvestitionen zie-hen an, zumal vielfach die öffentliche Hand mehr investiertund sich der Wohnungsbau nach längerer Flaute langsambelebt. Letzterer gibt dem privaten Konsum einen leichtenImpuls. Dessen Erholung festigt sich indes – worauf auchdie Entwicklung des auf der Basis von Verbraucherumfra-gen ermittelten Konsumklimas hindeutet – nur sehr lang-

sam, da die realen verfügbaren Einkommen bei modera-tem Lohnanstieg und annähernd stagnierender Beschäfti-gung nur wenig höher sein werden als 2003. Die Arbeitslo-senquote wird im Jahresdurchschnitt wieder knapp unter9% liegen. Die Teuerung, einschließlich der zuvor längereZeit stabilen Großhandelspreise, hat sich zunächst als Fol-ge der rasch gestiegenen Preise für Rohöl, Industrierohstoffeund Zwischenprodukte beschleunigt erhöht. Zuletzt ist in-folge wieder sinkender Erdölpreise eine Beruhigung einge-treten. Im Jahresdurchschnitt dürften sich die Konsumen-tenpreise (HVPI) um rund 2% erhöhen.

Im Jahre 2005 setzt sich die Zunahme von Nachfrage undProduktion annähernd stetig fort. Das reale Bruttoinlands-produkt dürfte sich um 21/4% erhöhen. Bei etwa konjunk-turneutraler Wirtschaftspolitik wird die Expansion nunmehrstärker von der Inlandsnachfrage getragen. Die Ausfuhr –das Nachfrageaggregat mit der weitaus größten Dynamik –verliert hingegen allmählich an Schwung, obwohl die dämp-fenden Folgen der Euro-Aufwertung auslaufen und der Ab-satz in Mittel- und Osteuropa weiter floriert. Doch das Wirt-schaftswachstum lässt in den USA, sowie in geringerem Ma-ße auch in den ostasiatischen Schwellenländern nach, weildort die Wirtschaftspolitik bremst. Da die Einfuhr etwa imRhythmus des Exports wächst und die Terms of Trade et-wa unverändert bleiben, schließt die zusammengefassteLeistungsbilanz mit einem etwas höheren Überschuss abals 2004.

Die Bruttoanlageinvestitionen expandieren bei immer nochniedrigen Zinsen lebhaft, wobei die Konjunktur gespaltensein dürfte. Überdurchschnittlich werden die Ausrüstungs-investitionen ausgeweitet. Absatz- und Ertragserwartun-gen bleiben günstig, die Kapazitäten werden besser aus-gelastet sein, vielfach muss noch Nachholbedarf aus denJahren der Investitionsrezession 2001/2003 gedeckt sowiezur Verbesserung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit zu-nehmend in die Rationalisierung der Produktion und in denErsatz veralteter Anlagen investiert werden. Die Bauinvesti-tionen erhöhen sich hingegen etwa im vorjährigen Tempo;während sie u.a. in Frankreich und in Finnland beschleunigtsteigen, dürften sie in Deutschland auf dem Niveau von 2004verharren. Der öffentliche Verbrauch nimmt ziemlich stetigetwa im Tempo des Vorjahres zu. Demgegenüber be-schleunigt sich die Zunahme des privaten Konsums etwas.Die realen verfügbaren Einkommen erhöhen sich etwas stär-ker als 2004, auch weil die Talsohle auf dem Arbeitsmarktlangsam überwunden und die Beschäftigung leicht ausge-weitet wird. Die Arbeitslosenquote sinkt auf 83/4% im Jah-resdurchschnitt. Bei diesen konjunkturellen Bedingungensind kaum inflationäre Spannungen zu erwarten, zumal derLohnauftrieb insgesamt moderat bleibt, die Rohölpreise et-was nachgeben dürften und sich die Hausse bei Industrie-rohstoffen nicht fortsetzt. Die Konsumentenpreise (HVPI) lie-gen um knapp 2% über dem Niveau von 2004.

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57. Jahrgang – i fo Schne l ld ienst 12/2004

Daten und Prognosen 17

Die Entwicklung der Inflationsrate wird entscheidend vomÖlpreis bestimmt, da vom sich langsam durchsetzendenkonjunkturellen Aufschwung und von einem als konstant an-genommenen Euro/US-Dollar Wechselkurs kein Einfluss aufdie Preise zu erwarten ist. Nach Berechnungen des ifo Ins-tituts zeigt ein Anstieg der Ölpreise seine volle Auswirkungauf die Konsumentenpreise im Euroraum nach drei bis vierQuartalen. Im Jahr 2004 wird die durchschnittliche Infla-tionsrate bei 2,1% (vgl. Abb. 6) liegen, und somit zum fünf-ten Mal in Folge über dem Inflationsziel der EZB. In 2005hängt der Verlauf der Inflationsrate entscheidend von der an-genommenen Ölpreisentwicklung ab. In der vorliegendenPrognose wird davon ausgegangen, dass der Ölpreis bisEnde 2004 auf 32 US-Dollar pro Barrel zurückgeht und in2005 auf diesem Niveau verbleibt. Unter dieser Annahme

wird die Inflationsrate im Verlauf des Jahres2005 wieder unter die 2%-Marke sinken.Bleibt der Ölpreis allerdings entgegen die-ser Annahme auf einem Niveau von 35 US-Dollar, wird die Inflationsrate im Durchschnittdes Jahres 2005 auf 2,2% verharren und da-mit zu einer erneuten Verfehlung des Infla-tionsziels führen.

Die Europäische Zentralbank wird im lau-fenden Jahr auf den Anstieg der Inflations-rate nicht reagieren und die Leitzinsen bei 2%belassen. Historische Erfahrungen (bspw. derBundesbank) zeigen, dass Notenbanken beiAuftreten eines Angebotsschocks, wie einesüberraschenden Ölpreisanstieges, zumin-dest kurzfristig einen »unvermeidlichen Preis-anstieg« akzeptieren und auch bei einer prog-nostizierten Verfehlung des Inflationszielsnicht mit einer restriktiveren Geldpolitik rea-gieren. Dieses Verhalten lässt sich durch den

Zielkonflikt erklären, mit dem eine Notenbank in einer sol-chen Situation konfrontiert wird: Zum einen steigen die Kon-sumentenpreise schneller an, was für höhere Leitzinsen sprä-che; zum anderen wird das gesamtwirtschaftliche Wachs-tum gedämpft, was für niedrigere Leitzinsen spräche. So-fern eine Notenbank der Stabilisierung der gesamtwirt-schaftlichen Aktivität eine gewisse Rolle beimisst und nichtein strenges Inflationsziel verfolgt – und es wird gemeinhinunterstellt, dass die EZB zumindest in der kurzen Frist ei-nen solchen Auftrag hat (siehe Kasten) – sollte sie eine ak-komodierende Rolle einnehmen und einen temporären An-stieg der Inflationsrate tolerieren.

Für das Jahr 2005 ist eine Einschätzung der EZB-Politikdagegen weitaus schwieriger. Unter den An-nahmen der vorliegenden Prognose wird derLeitzins unverändert bleiben. Sollte jedochder Ölpreis höher bleiben, als hier ange-nommen wurde, und sich die Gefahr einerLohn-Preis-Spirale abzeichnen, wird die EZBdem Ziel der Preisniveaustabilität Vorrang ein-räumen, selbst wenn es dabei zu einem tem-porären Rückgang der Beschäftigungkommt. Um die Inflationserwartungen wie-der in Einklang mit dem Inflationsziel zu brin-gen, müsste sie die Leitzinsen anheben. Miteinem höheren Leitzins wäre auch zu rech-nen, wenn die konjunkturelle Belebung imEuroraum deutlich kräftiger als hier prog-nostiziert ausfallen würde.

Von der Finanzpolitik sind im laufenden undim kommenden Jahr kaum zusätzliche Im-pulse zu erwarten. Sie dürfte etwa konjunk-turneutral ausgerichtet bleiben, zumal einige

Abb. 5

Abb. 6

Daten und Prognosen

i fo Schne l ld ienst 12/2004 – 57. Jahrgang

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der Länder, in denen die öffentlichen Finanzierungsdefiziteüber das Maastricht-Limit von 3% hinaus gestiegen sind, ei-ne mehr konsolidierungsorientierte Linie fahren werden.

EU-Beitrittsländer: Fortsetzung des breit basierten Aufschwungs

Obwohl die Konjunkturentwicklung auch dieser Region zuBeginn des Jahres 2003 von externen Schocks betroffenwar, erhöhten sich Nachfrage und Produktion um 3,6%. Ent-scheidend war die lebhafte Expansion der Inlandsnachfra-ge, stimuliert durch die Wirtschaftspolitik. Von dieser dürf-ten auch in den Jahren 2004 und 2005 Impulse ausgehen.Die Geldpolitik war mit Ausnahme Ungarns im vergange-nen Jahr auf einen weniger restriktiven Kurs eingeschwenkt.Angesichts der teilweise hohen öffentlichen Finanzierungs-defizite werden die finanzpolitischen Zügel vermutlich all-mählich angezogen. Sehr viel Spielraum bleibt hierfür aller-dings nicht, da in den beitretenden Ländern ganze Regio-nen und Wirtschaftszweige von der EU-Mitgliedschaft zu-nächst spürbare Nachteile, und folglich staatliche Unter-stützung erwarten. Auch eilt es gerade den größeren Län-der mit einer Konsolidierung der Staatshaushalte nicht sosehr, da die Einführung des Euro vielfach bis zum Ende desJahrzehnts hinausgeschoben wurde. Damit hat auch dieGeldpolitik vorübergehend Möglichkeiten zur Lockerung un-

ter Inkaufnahme von stärkeren Währungs-abwertungen und relativ hohen Inflations-raten.

Im laufenden Jahr sowie 2005 dürfte das re-ale Bruttoinlandsprodukt in einer Größen-ordnung von 41/4% zunehmen. Besonderskräftig wird der Export ausgeweitet, da sichdie Konjunktur im Hauptabsatzmarkt West-europa etwas lebhafter entwickelt und diepreisliche Wettbewerbsfähigkeit dank fort-gesetzt großer Produktivitätsfortschrittesteigt. Nennenswerte Anstöße sind von demzum 1. Mai 2004 erfolgten Beitritt zur EU nichtzu erwarten, da der Außenhandel mit West-europa bereits weitgehend liberalisiert ist unddie weitere Integration schrittweise über meh-re Jahre hinweg erfolgt. Das Passivum derzusammengefassten Leistungsbilanz, dasweiterhin durch Kapitalzuflüsse – zu einemerheblichen Teil in Form von Direktinvestitio-nen – gedeckt wird, erhöht sich jedoch wei-ter, da die Terms of Trade ungünstiger unddie Importe dynamisch ausgeweitet werden.Denn die Inlandsnachfrage bleibt deutlich auf-wärts gerichtet. Das gilt besonders für dieBruttoanlageinvestitionen. Anregend wirkendas deutliche Wirtschaftswachstum, ver-besserte Absatz- und Ertragserwartungen,

der immer noch große Nachholbedarf auf fast allen Gebie-ten, der Zwang zur weiteren Rationalisierung der Produk-tion sowie die nun fließenden Mittel aus den EU-Struktur-fonds. Der private Konsum nimmt spürbar, aber verlangsamtzu, auch weil (meist als Teil der Angleichung an die EU-15)weiter erhöhte administrierte Preise und indirekte Steuernden Anstieg der Reallöhne dämpfen. Die Beschäftigung er-holt sich nach jahrelangem Rückgang allmählich. Die Ar-beitslosenquote bleibt mit rund 14% allerdings immer nochsehr hoch, da sich die Erwerbsbeteiligung erhöht. Im Jah-resdurchschnitt 2004 dürften die Konsumentenpreise mit33/4% auch infolge der Ölverteuerung deutlich stärker stei-gen als im Jahr 2003, und die Inflationsrate wird im kom-menden Jahr nicht nennenswert niedriger liegen.

Großbritannien: Geldpolitik bremst den Aufschwung

Deutlich stimuliert von der Wirtschaftspolitik, der weiter ver-besserten Arbeitsmarktlage und den weiter haussierendenImmobilienpreisen hat das reale Bruttoinlandsprodukt Groß-britanniens im Jahr 2003 um 2,2%, und damit wesentlichstärker als im westeuropäischen Durchschnitt expandiert.Ausschlaggebend war die Beschleunigung der Inlands-nachfrage auf breiter Front, die zum Teil von dem immer nochbeträchtlichen Immobilienpreisanstieg getragen wurde, der

KastenGeldpolitische Ziele der EZB

Im Oktober 1998 gab der EZB-Rat die Hauptelemente der stabilitätsorientiertenGeldpolitik der EZB bekannt. Bezüglich des Endziels ihrer Politik beruft der Ratsich auf Artikel 105 Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Ge-meinschaft: Das vorrangige Ziel des ESZB [Europäisches System der Zentral-banken] ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten. Soweit dies ohne Beeinträch-tigung des Zieles der Preisstabilität möglich ist, u n t er st ü tzt d as ESZ B d ie a ll ge -m ei n e W i rt sc h af ts p o l it ik in d er Ge me i n s ch af t, um zu r Ve rw i rk li c h u n g d e r in Ar ti ke l 2festgelegten Ziele der Gemeinschaft beizutragen. Gemäß Artikel 105 Absatz 2gehören zu den Zielen der Gemeinschaft ein »hohes Beschäftigungsniveau« sowieein »beständiges, nichtinflationäres Wachstum«. Bei der quantitativen Festlegungdes Ziels der Preisstabilität präzisiert der EZB-Rat, »dass er beim Streben nachPreisstabilität darauf abziele, mittelfristig eine Preissteigerungsrate unter, abernahe 2% beizubehalten« (EZB Monatsbericht Juni 2003, S. 87).

Durch die mittelfristige Ausrichtung des Ziels der Preisstabilität und den zu-sätzlichen Auftrag zur Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik lassen sichklare Handlungsanweisungen beim Auftreten von Angebotsschocks ableiten. Dadie Inflationsrate mittelfristig unter, aber nahe 2% liegen soll, sind kurzfristige Über-oder Unterschreitungen mit diesem Ziel vereinbar. Im Hinblick auf die Un-terstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik schreibt die EZB: »Insbesondere inAnbetracht der Tatsache, dass die Geldpolitik kurzfristig die reale Wirtschafts-tätigkeit beeinflussen kann, sollte die EZB es in der Regel vermeiden, übermäßigeProduktions- und Beschäftigungsschwankungen auszulösen, sofern dies in Ein-klang mit ihrem vorrangigen Ziel steht« (EZB, Die Geldpolitik der EZB, 2004,S. 44). Diese beiden Dimensionen des Mandats zusammengenommen ergebenfür die EZB folgende Handlungsanweisung: »Da es der Geldpolitik aufgrund derWirkungsverzögerungen des Transmissionsprozesses nicht möglich ist, unerwar-tete Preisschocks kurzfristig auszugleichen (zum Beispiel solche, die durch Än-derungen der internationalen Rohstoffpreise ausgelöst werden), ist eine gewissekurzfristige Volatilität der Teuerungsraten unvermeidbar. Zusätzlich herrscht auf-grund der Komplexität des Transmissionsprozesses stets große Unsicherheithinsichtlich der Wirkung geldpolitischer Impulse. Aus diesen Gründen sollte dieGeldpolitik mittelfristig ausgerichtet sein, um übertriebenem Aktivismus und un-nötiger Volatilität in der Realwirtschaft vorzubeugen« (EZB, Die Geldpolitik derEZB, 2004, S. 51).

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Daten und Prognosen 19

den Marktwert des Vermögens der Briten erhöhte. Die Aus-rüstungsinvestitionen zogen demgegenüber erst im zweitenHalbjahr an. Trotz des weltwirtschaftlichen Aufschwungs undder keineswegs starken Aufwertung des Pfund Sterling ver-harrte die Ausfuhr auf dem Niveau von 2003, während dieEinfuhr mäßig zunahm. Die Verbraucherpreise (HVPI) stie-gen um 1,4% im Jahresdurchschnitt; das war deutlich we-niger als das Inflationsziel der Bank of England.

Mit dem Ziel, die Überhitzungserscheinungen am Immobi-lienmarkt zu bekämpfen, begann die Bank of England imHerbst 2003 die geldpolitischen Zügel – zuletzt sogar be-schleunigt – zu straffen. Seither hat sie ihren Leitzins in vierSchritten um einen Prozentpunkt auf 4,5% heraufgesetzt.Bisher ist von der beabsichtigten Dämpfung der kräftigenExpansion des privaten Konsums sowie der starken Infla-tion bei Wohnimmobilien (+ ca. 20% gegenüber dem Vor-jahr) nichts zu spüren, und die Auslastung der Kapazitätennimmt weiter zu. Daher ist eine Verschärfung des restrikti-ven Kurses zumindest bis Ende 2004 zu erwarten. 2005werden die retardierenden Wirkungen auf die Konjunktur zu-nehmend spürbar. Mit wachsendem Zinsgefälle gegenüberdem Euroraum und den USA wertet zudem das Pfund Ster-ling auf. Demgegenüber bleiben Lohn- und Finanzpolitik ex-pansiv, wenn auch mit abnehmender Intensität. Das Finan-zierungsdefizit der öffentlichen Hand dürfte in diesem wie imnächsten Jahr bei 3% des BIP liegen.

Diese Wirtschaftspolitik, begleitet von einer allmählichenVerlangsamung des weltwirtschaftlichen Wachstums birgtdie Gefahr eines abrupten konjunkturellen Abschwungs.Wahrscheinlicher erscheint jedoch die Prognose einer erst

ansatzweisen Konjunkturabkühlung im weiteren Verlauf von2004, die sich leicht verstärkt im Jahr 2005 fortsetzt. An-gelpunkt wird der private Konsum sein. Zwar bleibt die Be-schäftigung noch längere Zeit hoch, und die Reallöhne neh-men nur allmählich verlangsamt zu. Erhöhte Zinsbelastungund langsamer bzw. nicht mehr steigende Hauspreise en-gen den Spielraum zur Aufnahme von Hypotheken immermehr ein. Und da diese zum überwiegenden Teil zu kon-sumtiven Zwecken aufgenommen werden, schwächt sichdie Konsumkonjunktur ab. Gleiches gilt für den Woh-nungsbau. Die Unternehmensinvestitionen neigen nach kur-zer Erholung ebenfalls zur Schwäche, da sich die Finan-zierung verteuert und die Gewinnmargen infolge lebhaftenWettbewerbs sowie rasch steigender Lohnkosten weitersinken. Der Export verliert bei verschlechterter preislicherWettbewerbsfähigkeit und schwächerer weltwirtschaftlicherDynamik ebenfalls an Schwung. Einzig der öffentliche Ver-brauch lässt im Zuge der Bemühungen um Leistungsver-besserungen im öffentlichen Dienst eine stärkere Zunah-me erwarten. Das reale Bruttoinlandsprodukt dürfte im Jahr2004 um 31/4% und im Jahr 2005 um 21/2% wachsen, wo-bei die Teuerung etwas nachlässt (HVPI: + 1,9% imJahr 2005).

Deutschland: Konjunktur gewinnt allmählich anDynamik

Die deutsche Konjunktur zeigt sich zur Jahresmitte 2004 im-mer noch nicht durchgreifend gefestigt. Zwar ist die gesamt-wirtschaftliche Produktion seit der zweiten Jahreshälfte 2003wieder aufwärts gerichtet, die Lage auf dem Arbeitsmarkt ver-schlechterte sich dabei aber weiterhin. Nach wie vor ist inDeutschland das Trendwachstum – im Vergleich zu anderenMitgliedstaaten der EWU – relativ niedrig. Maßgeblich hierfürist, dass dringend erforderliche Arbeitsmarkt- und Sozialre-formen bisher noch nicht oder nicht in ausreichendem Maßeangepackt worden sind.1 Zudem belastet die ökonomischmisslungene Wiedervereinigung; Jahr für Jahr fließen um-fangreiche Finanztransfers von West- nach Ostdeutschland,die den Spielraum für weitreichende Steuer- und Abgaben-senkungen begrenzen. Schließlich ist es anderen EWU-Mit-gliedstaaten gelungen, im Gefolge der Konvergenz der Zin-sen (auf das niedrige deutsche Niveau) seit 1995 in großemMaße Kapital zu attrahieren, was das Wirtschaftswachstumdieser Länder zu Lasten Deutschlands befördert hat.

Kurzfristige Hoffnungen auf ein rasches Mehr an konjunk-tureller Dynamik werden zurzeit durch den Höhenflug derRohstoffpreise, und hier insbesondere der Rohölpreise ge-dämpft: Zwar hat die Aufwertung des Euro gegenüber demUS-Dollar den Ölpreisanstieg in heimischer Währung bis-

Tab. 1 Reales Bruttoinlandsprodukt in ausgewählten Regionen der Weltwirtschaft Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %

2002 2003 2004 (s) 2005 (s)

IndustrieländerUSA 2,2 3,1 4,7 3,4

Japan –0,3 2,5 4,5 2,6

Euroraum 0,9 0,4 1,8 2.2

Schwellenländer

EU-Beitrittsländer 2,2 3,1 4,3 4,2

Ostasien1) 6,1 6,4 8,1 7,6

Lateinamerika2) –1,2 1,8 3,8 3,7

s) Schätzungen des ifo Instituts. – 1) Gewichteter Durch-schnitt aus: China. Hongkong, Singapur, Südkorea, Taiwan,Indonesien, Malaysia, Thailand, Philippinen. – 2) GewichteterDurchschnitt aus: Brasilien, Argentinien, Kolumbien, Venezu-ela, Chile; jeweils mit dem Bruttoinlandsprodukt des Jahres2002 in US-Dollar.Quelle: Berechnungen des ifo Instituts auf der Grundlage vonUrsprungsdaten nationaler Institutionen, der Weltbank unddes Internationalen Währungsfonds; 2004 und 2005 Berech-nungen und Schätzungen des ifo Instituts. 1 Vgl. Hans-Werner Sinn, Ist Deutschland noch zu retten? Econ-Verlag, Mün-

chen 2003.

Daten und Prognosen

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her abzuschwächen vermocht (vgl. Abb. 7), gleichwohl mussderzeit ein größerer Teil der gesamtwirtschaftlichen Pro-duktion als noch im letzten Jahr für die Ölrechnung2 aufge-wendet werden, was für sich genommen die Binnennach-frage dämpft.

Ein neuerlicher Einbruch der Konjunktur im Gefolge des Öl-preisanstiegs ist jedoch deshalb nicht zu befürchten, weildieser Anstieg, wie schon erwähnt, im Wesentlichen das Er-gebnis des weltweiten Konjunkturaufschwungs ist. Er hatalso primär den Charakter eines negativen konjunkturellenSekundäreffektes, der den Primäreffekt grundsätzlich nichtkompensieren kann. Solange davon ausgegangen werdenkann, dass die weltweite Konjunktur trotz des Ölpreisan-stiegs anzieht, bleibt netto ein positiver Effekt des weltwirt-schaftlichen Aufschwungs für die deutsche Volkswirtschaft

erhalten. Das gilt umso mehr, als die Ölab-hängigkeit der deutschen Wirtschaft heutedeutlich geringer als die vieler anderer Län-der und jedenfalls auch deutlich geringer alsbei den beiden historischen Ölpreisschocksder Jahre 1973/74 bzw. 1979/80 ist, dieschwere Rezessionen mit entsprechend gro-ßen Beschäftigungsverlusten ausgelöst hat-ten. Auch fällt der gegenwärtige Anstieg derÖlpreise in realer Rechnung weit schwächeraus als damals. Schließlich sind die Ölprei-se nach dem jüngsten Beschluss der OPEC-Mitgliedstaaten, die Fördermengen auszu-weiten, bereits wieder merklich gesunken.

Produktion und Auftragseingang sind dennauch von der Grundtendenz weiter aufwärtsgerichtet (vgl. Abb. 8). Insbesondere der Be-stelleingang aus dem Ausland läuft recht gut.So meldete der VDMA im April 2004 gegen-

über dem vergleichbaren Vorjahresmonat immerhin 19% mehrAuslandsaufträge im deutschen Maschinen- und Anlagen-bau. Auch die Industrieproduktion konnte ein merkliches Plusverbuchen; sie zog im April saisonbereinigt gegenüber Märzmit 2,2% deutlich an. Im etwas weniger volatilen Zweimo-natsvergleich (März und April gegenüber Januar und Febru-ar) nahm die Produktion um 0,6% zu, wobei die Produktionvon Investitionsgütern mit 2,3% am stärksten stieg, wäh-rend sich die Fertigung von Vorleistungs- und Konsumgü-tern um 0,5 bzw. 0,3% leicht abschwächte. Im Bauhaupt-gewerbe fiel dagegen die Produktion im Zweimonatsvergleichsaisonbereinigt um – 9,1% zurück. Leicht verbessern konn-ten sich zuletzt die Umsätze im Einzelhandel; diese stiegenpreis- und saisonbereinigt im Zweimonatsvergleich um 0,6%.

Nach den neusten Ergebnissen des ifo Konjunkturtests hatsich die Geschäftslage der Industrieunter-nehmen3 im Mai weiter verbessert, allerdingshaben sich die Geschäftserwartungen derbefragten Unternehmen zum vierten Mal inFolge etwas eingetrübt (vgl. Kasten: Zum Zu-sammenhang zwischen Geschäftslage undErwartungen). Die Produktionspläne sahenSteigerungen vor, wenn auch weniger kräf-tig als zuvor. Die Perspektiven für das Ex-portgeschäft waren weiter aussichtsreich.

Insgesamt ist das reale Bruttoinlandsproduktim ersten Halbjahr 2004 gegenüber dem ver-gleichbaren Vorjahreszeitraum nach Schät-

Abb. 7

Abb. 8

2 Im Mai 2004 mussten die inländischen privaten Haus-halte z.B. für leichtes Heizöl 19,2% und für Krafftstof-fe 11,6% mehr bezahlen als vor einem Jahr.

3 Verarbeitendes Gewerbe ohne Nahrungs- und Ge-nussmittel.

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Daten und Prognosen 21

zungen des ifo Instituts um 1,6% gestiegen; das konjunk-turelle Wachstumstempo im zweiten Quartal dürfte wohl auf-grund der höheren Ölpreise etwas geringer als im erstenQuartal gewesen sein. Im Jahresdurchschnitt 2004 wird dasWirtschaftswachstum voraussichtlich 1,7% betragen (vgl.Abb. 10). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass rund0,5 Prozentpunkte der Mehrproduktion auf die ungewöhn-lich große Zahl an Arbeitstagen zurückzuführen sind.4 Die

konjunkturelle Grundtendenz wird deshalb zuverlässiger vonder Veränderung der kalenderbereinigten Produktion wieder-gegeben, die mit nur 1,2% zu veranschlagen ist. Im nächs-ten Jahr dürfte die kalenderbereinigte Produktion sogar et-was stärker, nämlich um 1,9% steigen. Da aber dann dieZahl der Kalendertage wieder geringer ist, wird sich dem Ur-sprungswert nach das reale Bruttoinlandsprodukt um 1,7%erhöhen.

Die Exporte dürften im Prognosezeitraum aufgrund desgünstigen internationalen Umfelds die wichtigste Stütze derKonjunktur bleiben. Die Binnennachfrage wird dagegen erstallmählich kräftiger. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt bleibtdabei außerordentlich prekär. Zu einem – wenn auch nurschwachen – Beschäftigungsaufbau kommt es erst imnächsten Jahr; die Zahl der Arbeitslosen wird weiter hochsein. Die Inflationsrate dürfte trotz des jüngsten Ölpreis-schubs im Durchschnitt des Prognosezeitraums unter der2-Prozentmarke liegen.

Die Prognose wird nach unten hin zu revidieren sein, wennes zu massiven Terrorattacken bis hin zu einer Beeinträchti-gung der bisher weitgehend reibungslosen Ölversorgungkommt. Selbst vorübergehende Ausfälle (etwa durch An-schläge auf Pipelines oder Verladestationen) könnten rascherhebliche Ölpreissteigerungen nach sich ziehen, was die hierprognostizierte konjunkturelle Belebung dämpfen würde.

Exporte im Aufwind der Weltkonjunktur

Die Ausfuhr expandierte zu Beginn dieses Jahres außeror-dentlich stark. Saison- und kalenderbereinigt nahmen dierealen Exporte gegenüber dem Vorquartal um 4,6% zu, an-nualisiert sind das fast 20%. Ausschlaggebend dafür war das

verbesserte außenwirtschaftliche Umfeld imZuge der guten wirtschaftlichen Entwicklungin den USA und in Südostasien. Auch derHandel mit Ländern der europäischen Unionbelebte sich seit Mitte des letzten Jahresmerklich. Die Exporterwartungen der deut-schen Industrie verharren seit Jahresbeginnauf hohem Niveau und zeigen keine Ab-

KastenZum Zusammenhang zwischen Geschäftslage undErwartungen

Das ifo Geschäftsklima1 ist der Mittelwert aus den Komponenten»Geschäftslage« und »Geschäftserwartungen für die nächsten6 Monate«. Der Zusammenhang zwischen den beiden Kompo-nenten kann in einem 4-Quadranten-Schema dargestellt werden(»ifo Konjunktur-Uhr«). Auf der Abszisse der Konjunktur-Uhr wer-den die Meldungen der befragten Unternehmen zur Geschäfts-lage (Salden aus den Meldungen »gut« bzw. »schlecht«) aufge-tragen, auf der Ordinate die Geschäftserwartungen (Salden ausden Meldungen »günstiger« bzw. »ungünstiger«). Durch das Fa-denkreuz der beiden Nulllinien wird das Diagramm in vier Qua-dranten geteilt, die die vier Phasen der Konjunktur markieren (vgl.Abb. 9).

Sind die Urteile der im ifo Konjunkturtest befragten Unternehmenzur Geschäftslage und zu den Geschäftserwartungen per saldoschlecht, d.h. im Minus, so befindet sich die Konjunktur in derRezession (Quadrant links unten). Gelangen die Geschäftser-wartungen ins Plus (bei noch schlechter Geschäftslage), so gerätman in die Aufschwungsphase (Quadrant links oben). SindGeschäftslage und Geschäftserwartungen gut, d.h. im Plus, soherrscht Boom (Quadrant rechts oben). Drehen die Geschäfts-erwartungen ins Minus (bei noch guter Geschäftslage), so ist dieAbschwungsphase erreicht (Quadrant rechts unten). Idealtypischbewegt sich die Konjunktur in diesem Diagramm im Uhrzeigersinnim Kreis; die Erwartungen laufen dabei der Lage voraus.

1 Das ifo Geschäftsklima GK ergibt sich au s der Fo r m elGK = [(GL+200)(GE+200)]1/2 - 200, wobei GL den Saldo aus den positiven undnegativen Meldungen zur aktuellen Geschäftslage bezeichnet und GE den Saldoaus den positiven und negativen Meldungen zu den Geschäftsaussichten in dennächsten sechs Monaten. Zur Vermeidung von negativen Werten in der Wurzelwerden die beiden Variablen GL und GE jeweils um die Konstante 200 erhöht.

Abb. 9

4 Das Jahr 2004 weist eine besondere Kalenderkons-tellation auf. So fallen vier mindestens regional gelten-de Feiertage auf einen Sonntag (Mariä Himmelfahrt,3. Oktober, Reformationstag und 26. Dezember), zweiweitere (1. Mai und 25. Dezember) auf einen Samstag,hinzu kommt der Schalttag. Dies hat zur Folge, dass11/2% mehr Arbeitstage zur Verfügung stehen als 2003.Nach dem hier verwendeten Verfahren zur Zeitreihen-analyse (Census X-12-ARIMA) geht von der größerenZahl von Arbeitstagen ein positiver Impuls auf das rea-le Bruttoinlandsprodukt – über ein volles Jahr gerech-net – von 0,5 Prozentpunkten aus. Bei den einzelnenVerwendungsaggregaten des realen BIP kann der ka-lendarische Einfluss numerisch größer (Investitionen,Außenhandel) oder auch kleiner sein (privater und öf-fentlicher Konsum).

Daten und Prognosen

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schwächung der Exportkonjunktur für diekommenden Monate an. Im Prognosezeit-raum wird die deutsche Ausfuhr an der Aus-weitung des Welthandels weiterhin merklichpartizipieren, wobei sie auch von der besse-ren Konjunktur im Euroraum profitiert. Die ver-gleichsweise geringen Preissteigerungen inDeutschland werden zudem die internatio-nale Wettbewerbsfähigkeit der Exporteureleicht verbessern. Im Jahresdurchschnitt wer-den die Exporte 2004 voraussichtlich um7,9% und 2005 um etwa 5,1% zunehmen(vgl. Abb. 11).

Auch die Nachfrage nach Importen stieg zuJahresbeginn an. Die reale Einfuhr nahmsaison- und kalenderbereinigt um 2,9%gegenüber dem Vorquartal zu, blieb damitaber deutlich hinter der Entwicklung derAusfuhr zurück. Im Prognosezeitraum wer-den die Importe deutlich an Fahrt gewin-nen. So wird zum einen die Vorleistungs-einfuhr der deutschen Exportgüterprodu-zenten bei hoher Weltnachfrage ausge-dehnt, zum anderen wird eine Belebung derinländischen Investitionstätigkeit die Nach-frage nach ausländischen Kapitalgütern er-höhen. Bremsende Impulse dagegen ge-hen von höheren Rohstoffnotierungen undGüterpreisen aus, die nicht mehr durch ei-ne weitere Aufwertung des Euro gegenüberdem US-Dollar kompensiert werden. Die re-alen Importe werden im laufenden Jahr miteiner durchschnittlichen Rate von 7,0% zu-nehmen. Für 2005 wird mit einer durch-schnittlichen Jahresrate von etwa 6,0% ge-rechnet (vgl. Abb. 12).

Die Importpreise ziehen im Zuge der welt-weiten konjunkturellen Belebung und beiim langfristigen Vergleich relativ hohen Roh-stoffnotierungen im Prognosezeitraummerklich an. Auch die deutschen Expor-teure werden allmählich wieder Preiserhö-hungsspielräume nutzen, um ihre durch dievorangegangene Wechselkursentwicklunggedrückten Gewinnmargen zu verbessern.Für das laufende Jahr wird aufgrund vonnoch dämpfenden Wechselkurseffekten im1. Quartal und einem beträchtlichen sta-tistischen Unterhang bei den Importprei-sen mit einer leichten Verbesserung derTerms of Trade gerechnet, während 2005keine Verbesserung mehr eintreten wird(vgl. Tab. 3).

Abb. 10

Tab. 2 Eckdaten der Prognose für die Bundesrepublik Deutschland

2002 2003 2004 2005(1) (1)

Veränderung in % gegenüber demVorjahra)

Private Konsumausgaben –1,0 –0,1 0,5 1,5Konsumausgaben des Staates 1,7 0,9 –0,2 0,3Bruttoanlageinvestitionen –6,7 –2,0 1,8 1,7 Ausrüstungen und sonstige Anlagen –7,6 –0,4 3,4 3,7 Bauten –5,8 –3,4 0,5 –0,1Inländische Verwendung –1,6 0,4 1,1 1,8 Exporte 3,4 1,8 7,9 5,1 Importe –1,7 3,4 7,0 6,0Bruttoinlandsprodukt (BIP) 0,2 –0,1 1,7 1,7

Erwerbstätigeb) (1 000 Personen) 38671 38246 38101 38159Arbeitslose (1 000 Personen) 4061 4377 4368 4382Arbeitslosenquotec) (in %) 9,5 10,3 10,3 10,3Verbraucherpreised) (Veränderungin % gegenüber dem Vorjahr) 1,4 1,1 1,6 1,4Finanzierungssaldo des Staatese)

– in Mrd. EUR –74,3 –82,1 –79,4 –75,2 – in % des Bruttoinlandsprodukts –3,5 –3,9 –3,6 –3,4Erlaubter Finanzierungssaldo(in Mrd. Euro)f) –63,3 –63,9 –65,4 –67,0Zinslasten des Staates(in Mrd. Euro)g) 65,2 66,2 68,4 71,8

nachrichtlich:Reales Bruttoinlandsprodukt imEuroraum (Veränderung in %gegenüber dem Vorjahr) 0,9 0,4 1,8 2,2Verbraucherpreisindex imEuroraumh) (Veränderung in %gegenüber dem Vorjahr) 2,3 2,1 2,1 1,91) Prognose des ifo Instituts. – a) In Preisen von 1995. – b) Inlandskonzept. –c) Arbeitslose in % der inländischen Erwerbspersonen (Wohnortkonzept). –d) Verbraucherpreisindex (VPI). – e) In der Abgrenzung der Volkswirtschaftli-chen Gesamtrechnung (ESVG 95). – f) Nach dem Stabilitäts- und Wachstums-pakt. – g) Geleistete Vermögenseinkommen. – h) HVPI-EWU (1996=100).Quelle: Eurostat, Statistisches Bundesamt, Bundesanstalt für Arbeit, Progno-se des ifo Instituts.

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Daten und Prognosen 23

Moderates Wachstum der Ausrüstungs-investitionen

Der Trend bei den Investitionen in Ausrüstungsgüter hat sichim Verlaufe des letzen Jahres stabilisiert. In diesem und imkommenden Jahr werden die Ausrüstungsinvestitionen wie-der zunehmen. Darauf deutet die Zunahme der Bestellun-gen aus dem Inland bei den Investitionsgüterproduzentenhin. Positiv wirken sich dabei die im Zuge der weltweitenKonjunkturerholung besser werdenden Absatz- und Er-tragserwartungen aus. Die Finanzierungsbedingungen dürf-ten weiterhin günstig bleiben. Die Kreditzinsen sind im lang-fristigen Vergleich relativ niedrig, und mit der Festigung der

Aktienkurse hat sich auch die Mittelbeschaffung über denKapitalmarkt verbessert. Andererseits gehen dämpfendeEinflüsse von der vor allem bei mittelständischen Betriebenhäufig zu geringen Eigenkapitalquote aus, die die Kredit-aufnahme erschwert. Auch ist die Kapazitätsauslastunggegenwärtig noch niedrig, und das für dieses und das nächs-te Jahr erwartete moderate Wirtschaftswachstum dürfte dieAuslastung nur maßvoll erhöhen. Deshalb ist nicht damit zurechnen, dass die Investitionstätigkeit im Verlaufe des Prog-nosezeitraums weiter an Schwung gewinnen wird. In die-sem und im nächsten Jahr werden die Investitionen in Aus-rüstungen und sonstige Anlagen real um jeweils um rund31/2% wachsen (vgl. Abb. 13).

Vorübergehende Stabilisierung der Bauinvestitionen

Die Talfahrt der Bauinvestitionen kam im Ver-lauf des vergangenen Jahres zum Stillstand.Ausschlaggebend waren vorgezogene Bau-aktivitäten privater Haushalte im Zusam-menhang mit der Diskussion um die Kürzungder Eigenheimzulage, einzelne Großprojek-te im gewerblichen Bau und noch von derFlutkatastrophe 2002 ausgelöste Aufbauar-beiten im Infrastrukturbereich.

Der Wohnungsbau dürfte auch im Prog-nosezeitraum von vorgezogenen Investi-tionen profitieren. In den Vorjahren hattenprivate Haushalte vorsorglich Baugeneh-migungen beantragt, um den Anspruch aufEigenheimzulage nach altem Recht zu si-chern. Nunmehr werden diese Bauvorha-ben verstärkt realisiert. Dämpfende Wir-kungen auf die Wohnungsbautätigkeit ge-hen aber nach wie vor von der nur gerin-gen Zunahme der real verfügbaren Ein-kommen aus. Im Mietwohnungsbau setztsich der Rückgang fort, da das Überange-bot an Wohnraum in regionalen Teilmärk-

ten sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland weiter-hin groß ist. Im Verlauf des nächsten Jahres schwächensich die Sondereffekte ab. Die Wohnungsbauinvestitionenwerden in diesem Jahr um real 2% zunehmen, im nächs-ten Jahr noch um 1% (vgl. Tab. 4).

Die gewerblichen Bauinvestitionen werden trotz der kon-junkturellen Erholung noch weiter sinken. Hierauf weisendie rückläufigen Baugenehmigungen hin. Maßgeblich da-für sind die vielerorts immer noch beträchtlichen Leerstän-de. Für dieses Jahr ist im Wirtschaftsbau mit einem Rück-gang um real gut 1% zu rechnen, für das nächste Jahr mit2% Rückgang.

KastenAnnahmen der Prognose

• Der Welthandel expandiert im laufenden Jahr um 93/4% undim Jahr 2005 um 8%.

• Der Ölpreis liegt im Jahresdurchschnitt 2004 bei 34 US-Dol-lar, im Jahr 2005 beträgt er 32 US-Dollar pro Barrel.

• Der Wechselkurs des Euro gegenüber dem US-Dollar bewegtsich im Prognosezeitraum in einer Spanne zwischen 1,15 und1,25.

• Die Europäische Zentralbank (EZB) belässt die Leitzinsen bisEnde 2005 auf dem gegenwärtigen Niveau. Die Kapitalmarkt-zinsen ziehen im Laufe des Prognosezeitraums wieder etwasan.

• Die Tariflöhne in Deutschland erhöhen sich im gesamtwirt-schaftlichen Durchschnitt auf Stundenbasis im laufenden Jahrum 2% und im kommenden Jahr um 21/4%.

• Die Finanzpolitik in Deutschland ist im Prognosezeitraum res-triktiv ausgerichtet.

KastenZur EU-Osterweiterung

Am 1. Mai wurde die Europäische Union auf 25 Länder erweitert. Neben den achtmittel- und osteuropäischen Ländern Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tsche-chische Republik, Slowakische Republik, Ungarn und Slowenien traten auch diebeiden Mittelmehrländer Malta und Zypern bei. Dies war ein bedeutender Schritt,der die politische und wirtschaftliche Integration Europas weiter vorantreiben wird.

Der Beitritt für sich genommen hat aber für die konjunkturelle Entwicklung inDeutschland im Prognosezeitraum eine geringe Bedeutung. Die Liberalisierungdes Güterhandels war bereits vor dem Beitritt mit Ausnahme von Agrargüternweitestgehend abgeschlossen. Schon in den neunziger Jahren hat sich dieAußenhandelsverflechtung stark intensiviert. Ein strukturelles Problem für diedeutsche Wirtschaft ist vor allem die Lohnkonkurrenz durch die mittel- undosteuropäischen Reformländer. Das dortige Lohnniveau wird noch lange Zeit weitunter dem deutschen liegen, während der Abstand der Produktivität zwischenDeutschland und den exportorientierten Unternehmen in den östlichen Nach-barländern wesentlich geringer ist. Dies erfordert hier einen Strukturwandel, deraber nur gelingen kann, wenn Lohnniveau und -struktur hinreichend flexibel sind.Aufgrund institutioneller Regelungen der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik ist diesaber heute noch nicht in ausreichendem Maße der Fall. Gesamtwirtschaftlich zeigtsich dies in der äußerst schwachen Verfassung des Arbeitsmarktes und dergeringen Trendwachstumsrate der deutschen Wertschöpfung. Daher werdenArbeitsplatzverluste (z.B. durch Outsourcing) wegen der Konkurrenz aus Ost-europa nicht durch neue Arbeitsplätze kompensiert.

In den vergangenen Jahren hatten die Beitrittsländer ein Leistungsbilanzdefizit, dasmit den Nettokapitalimporten korrespondierte. Durch den EU-Beitritt verbessernsich trotz der bereits weitgehend existierenden Liberalisierungen auf dem Kapi-talmarkt tendenziell die Rahmenbedingungen für den Zufluss an Kapital. Ins-besondere ist zu erwarten, dass die Risikoprämien für die Finanzierung vonInvestitionen deutlich sinken, wenn der Fahrplan für die Einführung des Euro indiesen Ländern festliegt. Die Inanspruchnahme von Mitteln aus den Strukturfondsder EU wird ebenfalls zu einem Anstieg der Direktinvestitionen in Osteuropaführen.

Daten und Prognosen

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Die öffentlichen Bauinvestitionen werden imPrognosezeitraum erneut zurückgehen, aller-dings deutlich langsamer als in den Jahrenzuvor. Die Kommunen, Hauptinvestor der öf-fentlichen Hand, werden sich wegen der ab2004 gesenkten Gewerbesteuerumlage fi-nanziell zwar etwas besser stehen, jedochbleibt ihre Haushaltslage angespannt. Fürden gesamten öffentlichen Bau ist für diesesJahr mit einem Rückgang um real um reich-lich 2% zu rechnen, für das nächste Jahrmit etwa 1% Rückgang.

Alles in allem werden die Bauinvestitionenin diesem Jahr real um 0,5% steigen, imnächsten Jahr werden sie das erreichte Ni-veau in etwa halten (vgl. Abb. 14).

Privater Konsum belebt sich nur allmählich

Der private Konsum hat im Verlauf des ers-ten Halbjahrs 2004 nur wenig zugenommen.Im Durchschnitt dürfte das Vorjahresniveaugerade erreicht worden sein. Zwar trat zuJahresanfang eine neue Entlastungsstufeder Steuerreform 2000 in Kraft. Der Ein-gangssteuersatz sank um 3,9 Prozent-punkte, der Spitzensteuersatz um 3,5 Pro-zentpunkte; allerdings wurde der Beginn deroberen Proportionalzone des Steuertarifs auf52 152 q abgesenkt (vgl. Tab. 5). Dämp-fend wirkte aber die Gesundheitsreform, inderen Gefolge für private Hauhalte die Prei-se von Gesundheitsdienstdienstleistungenkräftig stiegen. Da der durchschnittliche Bei-tragssatz in der gesetzlichen Krankenversi-

Abb. 11

Tab. 3 Indikatoren zur Außenwirtschaft1

2000 2001 2002 2003 2004 2005

Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %Exporte, real2 13,7 5,6 3,4 1,8 7,9 5,1

Importe, real2 10,5 0,9 –1,7 3,4 7,0 6,0

Preise

Exporte 2,9 1,0 0,2 –0,7 –0,3 1,0

Importe 7,6 1,0 –1,7 –2,0 –0,7 1,9

Terms of Trade –4,4 0,0 1,9 1,3 0,4 –0,8

in Mrd. Euronachrichtlich:

Außenbeitrag, real2 34,8 66,8 101,1 92,5 105,8 104,7

Außenbeitrag, nominal 7,5 41,2 90,7 89,2 105,3 98,31) In der Abgrenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. – 2) In Preisen von 1995.

Quelle: Statistisches Bundesamt; Deutsche Bundesbank; 2004 und 2005: Prognose des ifo Instituts.

Abb. 12

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Daten und Prognosen 25

cherung (GKV) bisher nur wenig sank, kames per saldo zu einer merklich Einbuße anKaufkraft. Zusätzlich bremsten höhere Ar-beitnehmersozialbeiträge zur privaten Al-tersvorsorge (Verdoppelung des Eigenbei-tragssatzes zu Altersvorsorgeplänen im Rah-men der Riesterrente, verstärkte Entgelt-umwandlung). Außerdem schlug ab April dievolle Übernahme der Beiträge zur Pflege-versicherung durch die Rentner5 kaufkraft-mindernd zu Buche. Schließlich stieg dieSparquote leicht.

Im weiteren Jahresverlauf wird sich der pri-vate Konsum nur wenig beschleunigen. DieEntwicklung der Arbeitseinkommen bleibt al-les in allem schwach, die turnusmäßige An-passung der Altersrenten zur Jahresmittewird diesmal sogar ausgesetzt. Allein dieSelbständigen- und Vermögenseinkommenexpandieren im Gefolge der konjunkturellenBesserung nennenswert. Insgesamt werdendie verfügbaren Einkommen im Jahr 2004nominal um 2,3% zulegen, real aber nur um0,5%. Die Sparquote dürfte sich nur unwe-sentlich erhöhen. Die Entlastungen im Rah-men der Einkommensteuer sprechen zwarfür einen Anstieg der Sparquote, da Ein-kommenszuwächse nicht in voller Höhe undsofort verausgabt werden. Allerdings dämpftdas allmähliche Auslaufen des Beschäfti-gungsabbaus das Vorsorgesparen. Zudemmüssen die privaten Haushalte im Zuge derGesundheitsreform deutlich höhere mone-täre Eigenleistungen für die Gesundheits-pflege erbringen. Der reale private Konsumsteigt damit voraussichtlich um 0,5% (vgl.Abb. 15).

Im kommenden Jahr werden die Bruttoar-beitseinkommen bei steigender Beschäfti-gung wieder stärker expandieren. Die Net-tobezüge dürften allerdings verlangsamt zu-nehmen. Zwar wird nochmals die Lohn- undEinkommensteuer gesenkt (der Eingangs-steuersatz wird um 1 Prozentpunkt zurück-genommen, der Spitzensteuersatz sogar um3,0 Prozentpunkte), auch dürfte der durch-schnittliche Beitragssatzes zur GKV noch-mals leicht reduziert werden. Allerdings sindvon den privaten Haushalten Beiträge für die

Abb. 13

Tab. 4 Bruttoinvestitionen in Preisen von 1995 Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %

2003 2004 2005

Wohnungsbau –2,7 2,0 1,0 Nichtwohnungsbau –4,3 –1,5 –1,8

Gewerblicher Bau –2,9 –1,2 –2,2

Öffentlicher Bau –7,6 –2,3 –1,0

Bauten –3,4 0,5 –0,1

Ausrüstungen und sonstige Anlagen –0,4 3,4 3,7 Ausrüstungen –0,8 3,3 3,4

Sonstige Anlagen 1,8 3,6 5,7

Bruttoanlageinvestitionen –2,0 1,8 1,7

Bruttoinvestitionen 1,1 4,3 4,3

Quelle: Statistisches Bundesamt, 2004 und 2005: Prognose des ifo Instituts.

Abb. 14

5 Bisher wurde der Beitrag zur Pflegeversicherung je zurHälfte von den Rentenversicherungsträgern und vonden Rentenbeziehern getragen.

Daten und Prognosen

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private Absicherung von Zahnersatzerleistungen6 aufzu-bringen. Ebenfalls nur mäßig werden sich die Sozialleistun-gen erhöhen. Die Altersrenten werden, nicht zuletzt aufgrunddes neu eingeführten Nachhaltigkeitsfaktors in der Renten-formel, nur gering angehoben; außerdem werden die Lohn-ersatzleistungen nicht mehr weiter steigen. Alles in allemdürften die verfügbaren Einkommen im nächsten Jahr um3% zunehmen, real um 1,5%. Bei unverändert hoher Spar-quote wird der reale private Konsum ebenfalls um 1,5%

expandieren; das Aggregat trägt damit am stärksten zumWachstum der Binnennachfrage bei (vgl. Tab. 6).

Vorübergehend höhere Inflationsrate

Der Anstieg der Verbraucherpreise hat sich im Verlauf desJahres 2004 beschleunigt. Am Jahresanfang wurden im Rah-men der Gesundheitsreform Praxisgebühren für Arztbesu-

che eingeführt, Zuzahlungen für Medika-mente bzw. therapeutische Mittel erhöht unddie bisherigen Zuschüsse der Krankenkas-sen für Brillengläser gestrichen. Im März wur-de überdies die Tabaksteuer zur Finanzie-rung versicherungsfremder Leistungen in dergesetzlichen Krankenversicherung erhöht.Im April führte die Neuregelung der Kosten-übernahme für nicht verschreibungspflichti-ge Arzneimittel durch die gesetzlichen Kran-kenkassen nochmals zu einer starken Ver-

Tab. 5 Steuerliche Maßnahmen der Bundesregierung im Bereich private Haushalte

19981) 19991) 20001) 20011) 2002 2003 2004 2005Grundfreibetrag (in Euro) 6322 6681 6902 7206 7235 7235 7664 7664Eingangssteuersatz (in %) 25,9 23,9 22,9 19,9 19,9 19,9 16,0 15,0Allgemeiner Spitzensteuersatz (in %) 53,0 53,0 51,0 48,5 48,5 48,5 45,0 42,0Solidaritätszuschlag (in %) 5,5 5,5 5,5 5,5 5,5 5,5 5,5 5,5Spitzensteuersatz mit Solidaritätszuschlag (in %) 55,92 55,92 53,81 51,17 51,17 51,17 47,48 44,31

Beginn der oberen Proportionalzone (in Euro) 61377 61377 58643 54999 55008 55008 52152 52152Steuerersparnis2) gegenüber 1998 (in Euro)bei einem zu versteuerndem Einkommen von 15 000 Euro - 111 283 525 534 534 814 845 von 25 000 Euro - 72 283 703 707 707 1100 1193 von 50 000 Euro - 22 29 745 751 751 1524 2095nachrichtlich:Sparerfreibetrag (in Euro) 3068 3068 1534 1534 1550 1550 1370 1370Kinderfreibetrag3) (in Euro) 3534 3534 3534 3534 3648 3648 3648 3648Betreuungsfreibetrag für Kinderunter 16 Jahren3) (in Euro) - - 1546 1546 - - - -Freibetrag für Betreuung und Erziehungoder Ausbildung3) (in Euro) - - - - 2160 2160 2160 2160Kindergeld für das erste und zweite Kindpro Monat (in Euro) 112 128 138 138 154 154 154 1541) DM-Beträge umgerechnet und auf ganze Euro-Beträge gerundet. – 2) Jahreswerte nach Grundtabelle, ohne Berücksichtigung desSolidaritätszuschlags. – 3) Unter Anrechnung des Kindergelds.Quelle: Bundesministerium der Finanzen, Berechnungen des ifo Instituts.

Abb. 15

6 Ab dem Jahr 2005 wird im Zuge der Gesundheitsre-form der Zahnersatz aus dem Leistungskatalog derGKV ausgegliedert. Hier wird angenommen, dass diehieraus resultierenden Risiken überwiegend über ei-ne zusätzliche Versicherung innerhalb der GKV ab-gedeckt werden. Die entsprechenden Versicherungs-prämien werden in der VGR als Sozialabgaben ge-bucht. Werden hingegen Verträge mit privaten Kran-kenkassen geschlossen, so würde dies den Verbrau-cherpreisindex erhöhen.

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Daten und Prognosen 27

Tab. 6 Wachstumsbeiträge der Verwendungskomponenten zum Bruttoinlandsprodukt in Preisen von 1995

2003 2004 2005

1.Hj 2.Hj Jahr 1.Hj (s) 2.Hj (s) Jahr (s) 1.Hj (s) 2.Hj (s) Jahr (s)

Beiträge zur Veränderung des Bruttoinlandsprodukts gegenüber Vorjahr in ProzentpunktenPrivate Konsumausgaben 0,2 –0,3 0,0 0,0 0,6 0,3 0,8 0,9 0,8

Konsumausgaben desStaates

0,1 0,2 0,2 0,0 –0,1 0,0 0,1 0,0 0,0

Anlageinvestitionen –0,7 –0,1 –0,4 0,4 0,4 0,4 0,4 0,2 0,3

Ausrüstungen,sonstige Anlagen

–0,1 0,0 0,0 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3

Bauten –0,6 –0,2 –0,4 0,1 0,0 0,1 0,1 –0,1 0,0

Vorratsveränderung 0,9 0,3 0,6 0,2 0,7 0,5 0,5 0,5 0,5

Inländische Verwendung 0,5 0,2 0,3 0,6 1,6 1,1 1,8 1,6 1,7

Außenbeitrag –0,7 –0,2 –0,4 1,0 0,3 0,7 –0,2 0,1 –0,1

Exporte 0,7 0,6 0,6 3,1 2,8 2,9 1,9 2,0 2,0

Importe –1,4 –0,7 –1,1 –2,1 –2,5 –2,3 –2,1 –2,0 –2,1

Bruttoinlandsprodukt (a) –0,2 0,0 –0,1 1,6 1,9 1,7 1,6 1,7 1,7

s) Prognose des ifo Instituts. – a) Veränderung in % gegenüber dem Vorjahr. Das Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts er-gibt sich aus dem Wachstumsbeitrag der Inlandsnachfrage und des Außenbeitrags. Abweichungen in den Summen durch Rundender Zahlen.Quelle: Statistisches Bundesamt, Berechnungen und Schätzungen des ifo Instituts.

Tab. 7 Verbraucherpreisindex für Deutschlanda)

Wägungs- 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004Schema

in Promille Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %Mai

Kerninflationb) 744,98 0,9 0,5 0,8 1,4 1,4 0,7 0,9

Übrige Lebenshaltung 255,02 1,1 0,8 3,5 3,7 1,2 2,1 5,3davon: Saisonabh. Nahrungsmittel 16,26 2,1 –0,7 –0,9 7,9 –0,8 –1,3 –1,6

Heizöl, Kraftstoffe und Gas 51,01 –5,7 6,5 22,8 3,6 –1,0 4,6 10,2 Heizöl 7,90 –17,0 19,5 53,6 -5,9 –9,1 3,8 19,2 Kraftstoffe 33,70 –5,2 7,0 18,9 1,0 2,3 4,6 11,6 Gas 9,41 0,2 –2,1 16,3 21,2 –5,6 5,1 0,8

Güter mit administrierten Preisen

187,75 2,5 –0,2 –0,4 3,3 2,0 1,8 4,6

darunter: Strom 18,65 0,0 3,9 –4,9 4,0 4,5 5,0 4,2 Umlagen für Fernwärme u.ä. 10,37 –2,4 –4,8 16,4 19,4 –0,9 –0,2 0,7 Telefondienstleistungen 20,96 –1,3 –11,5 –12,5 -6,9 2,1 1,1 0,0

Lebenshaltung insgesamt 1000,00 0,9 0,6 1,4 2,0 1,4 1,1 2,0davon:c)

Kerninflation - 0,7 0,4 0,6 1,0 1,1 0,5 0,6Übrige Lebenshaltung - 0,3 0,2 0,9 0,9 0,3 0,6 1,4 Saisonabh. Nahrungsmittel - 0,0 0,0 0,0 0,1 0,0 0,0 0,0 Heizöl, Kraftstoffe und Gas - –0,2 0,3 1,0 0,2 –0,1 0,2 0,5 Güter mit administrierten Preisen - 0,5 0,0 –0,1 0,6 0,4 0,3 0,9a) Alle privaten Haushalte, 2000 = 100. – b) In der Abgrenzung des ifo Instituts. – c) Beiträge der Teilindizes zur Veränderung des Ver-braucherpreisindex in Prozentpunkten.Abweichungen in den Summen durch Runden der Zahlen.Quelle: Statistisches Bundesamt, Berechnungen des ifo Instituts.

Daten und Prognosen

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teuerung von Medikamenten, auch wurden die Preise fürVerkehrsdienstleistungen angehoben. Zuletzt erhöhten sichauch die Preise für Mineralölerzeugnisse sehr kräftig. Im Maierreichte die Jahresteuerungsrate zum ersten Mal seit März2002 wieder die 2-Prozentmarke, die Kerninflationsrate, ausder in Abgrenzung des ifo Instituts u.a. der Einfluss der Prei-se für Energie und Gesundheitsleistungen herausgerech-net ist, betrug zuletzt dagegen nur 0,9% (vgl. Tab. 7).7

Das Preisklima wird im Prognosezeitraum zunächst ange-spannt bleiben. Die an die Ölpreisentwicklung mit zeitlicherVerzögerung gekoppelten Gaspreise dürften im Herbst stei-gen; die Hälfte des deutschen Wohnungsbestands ist in-zwischen mit Gasheizungen ausgerüstet. Auch die Umla-gen für die Fernwärme dürften sich erhöhen. Zu berück-sichtigen sind außerdem die indirekten Preiseffekte, die sichdaraus ergeben, dass teuerer gewordenes Öl als Input in dieheimische Produktion eingeht. Prognoserelevant ist weiter-hin, dass im Dezember dieses Jahres und im September2005 die Tabaksteuer weiter angehoben wird. Im öffentlichenNahverkehr drohen zudem kräftige Tarifanhebungen, weilauch in diesem Bereich staatliche Zuschüsse gekürzt wer-den. Alles in allem dürfte sich die Inflationsrate im Jahres-durchschnitt 2004 auf 1,6% belaufen; im nächsten Jahr,wenn der gegenwärtige Ölpreisschub in der statistischenBasis enthalten ist, fällt sie auf 1,4% zurück.

Arbeitsmarkt bleibt desolat

Die Lage auf dem Arbeitsmarkt hat sich in der ersten Jah-reshälfte 2004 weiter verschlechtert. Der Rückgang der Er-werbstätigkeit, der sich in der zweiten Jahreshälfte 2003 ins-besondere durch die Ausweitung der geringfügigen Be-schäftigung deutlich abgeschwächt hatte, beschleunigte

sich wieder. Noch stärker sank die Beschäftigtenzahl, vorallem in der Bauwirtschaft und in der Industrie. Dagegennahm die Zahl der Selbständigen weiter zu, nicht zuletztdurch die vom Staat geförderte Gründung von Ich-AGs.

Die Zahl der Erwerbstätigen wird zunächst noch weiter ab-nehmen, erst ab Ende dieses Jahres zeichnet sich eine leich-te Besserung ab. Im Jahresdurchschnitt 2004 wird die Er-werbstätigenzahl um 145 000 zurückgehen, im kommen-den Jahr ist im Zuge der konjunkturellen Besserung mit ei-nem leichten Anstieg um knapp 60 000 zu rechnen (vgl.Abb. 16). Das Arbeitsvolumen, das saison- und kalender-

bereinigt zuletzt überraschend gestiegen war,dürfte in diesem Jahr von der Grundtendenznoch sinken. Im nächsten Jahr wird es, pa-rallel zur Ausweitung der Erwerbstätigkeit,wieder leicht zunehmen (vgl. Abb. 17).

Die Zahl der registrierten Arbeitslosen, dieseit dem vergangenen Frühjahr tendenziellgesunken war, ist ab Februar dieses Jahreswieder gestiegen, und zwar um 100 000. Dervergleichbare Stand des Vorjahres wurde zu-letzt allerdings noch um 50 000 unterschrit-ten. Maßgeblich hierfür waren verschiedene

Abb. 16

Abb. 17Geleistete Arbeitsstunden1) im Ausland

7 Die Preise von Energieträgern (Kraftstoffe, Heizöl so-wie Gas) und von Saisonwaren (Fische, Fischwaren,Obst, Gemüse) sind überdurchschnittlich volatil undkönnen die Ergebnisse der Preisstatistik auf kurze Sichtverzerren. Aufgrund der in Deutschland besondersgroßen Bedeutung von Gütern mit administrierten Prei-sen schließt das ifo Institut bei der Berechnung derKerninflationsrate diese Gütergruppe zusätzlich aus.

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Maßnahmen der Statistikbereinigung. Im ver-gangenen Jahr führten einmal die Aktivie-rungsanstrengungen der Bundesagentur fürArbeit dazu, dass zahlreiche Arbeitslose– insbesondere diejenigen, die keine Leis-tungen bezogen – aufgrund mangelnder Ver-fügbarkeit für den Arbeitsmarkt oder man-gelnder Eigeninitiative bei der Beschäfti-gungssuche aus der Statistik gestrichen wur-den bzw. infolge der verschärften Anforde-rungen vorerst auf eine weitere Registrierungverzichteten. Außerdem wurde Anfang die-ses Jahres die Arbeitslosenzahl durch dieAusgliederung von Teilnehmern an Eig-nungsfeststellungs- und Trainingsmaßnah-men statistisch gesenkt. Die Zahl der Ar-beitslosen, die in Folge dieser Maßnahmenaus der Statistik heraus fielen, betrug rund150 000 bzw. rund 80 000 Personen. Ohnediese Änderungen in der statistischen Ab-

Abb. 18

KastenInstrumente der Arbeitsmarktpolitik

MinijobsIm September 2003 waren ca. 4,4 Mill. Personen ausschließlich geringfügig beschäftigt. Gegenüber September 2002 bedeutet dies eineZunahme um reichlich 300 000; dabei ist allerdings ein Einmaleffekt in Höhe von rund 240 000 Personen in Rechnung zu stellen, derauf die Ausweitung der Verdienstgrenze auf 400 Euro zurückzuführen ist. Etwa 1,3 Mill. Personen gingen gleichzeitig einer geringfügigentlohnten Beschäftigung im Nebenjob nach. Im ersten Quartal 2004 waren – nach Angaben der Minijobzentrale – sogar insgesamtmehr als 6 Mill. geringfügig beschäftigt. Die im Vergleich zu einer regulären sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung deutlichgeringere Abgabenbelastung dürfte dazu führen, dass die Anzahl der Minijobs weiter zunimmt. Allerdings besteht die Vermutung, dassdie Minijobs zu einem erheblichen Teil aus der stillen Reserve rekrutiert werden, was nicht dazu beiträgt, das Problem der hohenArbeitslosigkeit zu lösen und damit die Belastungen für die sozialen Sicherungssysteme zu reduzieren. Minijobs verdrängen im Gegenteilreguläre Beschäftigungsverhältnisse und reduzieren die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.

Ich-AGDie aktive Arbeitsmarktpolitik fördert die Existenzgründung aus der Arbeitslosigkeit heraus. Mit Mai 2004 waren über 130 000 Ich-AGsregistriert. Im Vergleich zum Vormonat wurden knapp 10 800 Selbständige mehr gefördert; der Anstieg gegenüber dem Vorjahr beträgtgut 100 000. Allerdings sind seit Einführung der Maßnahme bereits ca. 22 000 Empfänger wieder aus der Förderung ausgeschieden;das entspricht 14,2% der gesamten Neugründungen. Unklar ist jedoch die weitere Erwerbsbiographie dieses Personenkreises. Die Zahlder Ich-AGs dürfte zunächst noch zunehmen, bis sich bei einer Förderungshöchstdauer von drei Jahren die Neuzugänge mit denAbgängen die Waage halten.

Personal Service Agenturen (PSA)Bis Mai 2004 waren in PSA weniger als 26 000 Teilnehmer beschäftigt. Die Entwicklung war damit seit drei Monaten rückläufig, denn imFebruar waren noch 6 700 Personen mehr gemeldet. Dies ist zum Teil auf die Insolvenz der größten Leiharbeitsfirma Maatwerkzurückzuführen, da nicht alle Arbeitskräfte, die dort beschäftigt waren, von anderen PSA übernommen worden sind. Das Instrument derLeiharbeit konnte alles in allem bisher nicht zu einer Besserung der Lage auf dem Arbeitsmarkt beitragen, zumal von den PSA-Beschäftigten bisher nur wenige den Weg in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis gefunden haben. Generell ist das Instrument alsproblematisch einzuschätzen, da die aus öffentlichen Mitteln finanzierten PSA den Wettbewerb zuungunsten regulärer Zeitarbeitsfirmenverzerren.

Arbeitslosengeld II (Grundsicherung für Arbeitssuchende)Im Zuge des »Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt« sollen ab Januar 2005 die Arbeitslosenhilfe und dieSozialhilfe zusammengelegt werden. Mit der Durchführung sind so genannte Job-Center beauftragt, die bis dahin flächendeckendeingeführt werden sollen. Träger dieser Job-Center sind entweder Kommunen oder die Bundesagentur für Arbeit (sog. Optionsmodell).Der Gesetzgeber will mit der Neuregelung für Arbeitslose einen Anreiz schaffen, sich verstärkt um eine Eingliederung in Arbeit zurSicherung des eigenen Lebensunterhalts zu bemühen. Außerdem werden durch die Maßnahme Einsparungen bei den Sozialleistungenerwartet. Im Kern sieht die Regelung vor, dass erwerbsfähige Hilfebedürftige sich arbeitslos melden und damit dem Arbeitsmarktgrundsätzlich zur Verfügung stehen müssen, um weiter eine Grundsicherung zu erhalten. Begleitet wird die Zusammenlegung von einerReihe weiterer Maßnahmen. Das Gesetz sieht z.B. ein verändertes Anrechnungsverfahren eines etwaigen Hinzuverdiensts desEmpfängers von Arbeitslosengeld II vor. In einem Eingangsbereich, der z.B. bei Verheirateten mit zwei Kindern von 400 Euro bis900 Euro reicht, ist die Transferentzugsrate von 100 auf 70% gesenkt worden, doch wurde sie bei einem monatlichen Bruttolohn von1 750 Euro bis 2 100 Euro, wo der Transferentzug bislang schon geendet hatte, auf 100% erhöht. Dies impliziert einen Anreiz fürPersonen in dieser stark besetzten Einkommensklasse, ihre Arbeitszeit zu reduzieren, weil sie dann netto nicht weniger verdienen. Vielewerden aus einem gering bezahlten Ganztagsarbeitsverhältnis in die Teilzeitbeschäftigung umsteigen.Die Verschärfung der Zumutbarkeitsregelungen und das Einstiegsgeld schaffen zwar den Anreiz, überhaupt einer Beschäftigungnachzugehen, doch der Anreiz, eine Vollzeitbeschäftigung im Niedriglohnsektor einzugehen, erlischt. Ein positiver Nettoeffekt auf das inStunden gerechnete gesamte Beschäftigungsvolumen ist unwahrscheinlich.

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grenzung läge die Arbeitslosenzahl um 230 000 derzeit deut-lich höher (vgl. Abb. 18).

Die Zahl der Arbeitslosen wird im Prognosezeitraum zunächstweiter steigen, der Höchststand dürfte sich im Februar 2005dem Ursprungswert nach auf knapp 4,8 Mill. belaufen. Oh-ne die erwähnten Maßnahmen zur Statistikbereinigung wür-de damit in Deutschland erstmals die 5-Millionenmarke über-schritten. Danach dürfte die Arbeitslosenzahl leicht sinken;im Jahresverlauf beläuft sich der Rückgang auf knapp100 000. In der Jahresdurchschnittsbetrachtung ergibt sichallerdings aufgrund der besonders hohen Arbeitslosigkeit zuJahresanfang ein im Vergleich zu 2004 unveränderter Wert(knapp 4,4 Mill.). Die Arbeitslosenquote wird in beiden Jah-ren durchschnittlich 10,3% betragen.

Weiterhin prekäre Finanzlage der öffentlichenHaushalte

Die öffentliche Finanzlage wird weiterhin durch die schwa-che wirtschaftliche Entwicklung geprägt. Insbesondere in-folge der beschlossenen Maßnahmen zur Begrenzung desAusgabenanstiegs und der positiven Effekte der Gesund-heitsreform verharren die Ausgaben im Jahr 2004 jedochauf Vorjahresniveau. Außerdem resultiert dies aus den sin-kenden staatlichen Personalausgaben aufgrund von Kür-zungen bei Urlaubs- und Weihnachtsgeld für Beamte undder weiter rückläufigen Beschäftigung im öffentlichen Dienst.Entscheidend aber entlasten die Einsparungen bei den Sach-ausgaben den Staatshaushalt. Diese ergeben sich aus derab 1. Januar 2004 erhöhten Zuzahlungspflicht von privatenHaushalten bei Medikamenten, der zum Jahresbeginn ein-geführten Gebühr für Arztbesuche sowie der Einschränkungdes Leistungsumfangs der Gesetzlichen Krankenkassen.Insgesamt kann für das laufende Jahr mit einem einmali-gen Rückgang der Sachausgaben um 3,2% gerechnet wer-den. Auch die Vermögensübertragungen (wegen Kürzun-gen von Investitionszuschüssen an die Deutsche Bahn AG)und die Investitionsausgaben sind rückläufig. Anders siehtes bei den Zinsausgaben aus: Aufgrund des im vergange-nen Jahr spürbar gestiegenen Schuldenstandes stellt sichhier ein Zuwachs von 3,3% ein. Dagegen ist beim größtenAusgabenposten – den monetären Sozialleistungen – eingeringerer Anstieg als im Jahr 2003 zu erwarten. Dies ist Fol-ge der ausgesetzten Rentenanpassung in diesem Jahr undder seit 1. April bestehenden vollen Beitragspflicht der Rent-ner zur gesetzlichen Pflegeversicherung. Die somit für dieRentenversicherer entfallenden Zahlungen zur Pflegeversi-cherung bewirken eine Entlastung des Staatshaushalts.

Allerdings kommt der im letzten Jahr eingeleitete Abbau vonSubventionen nur schleppend voran – für dieses Jahr wirdein Rückgang der Subventionen um 3,2% erwartet. So er-geben sich durch das Gesetz zur Umsetzung der Protokoll-

erklärung der Bundesregierung zum Vermittlungsverfahrenzum Steuervergünstigungsabbaugesetz (»Korb II«) und dasHaushaltsbegleitgesetz 2004 (beide im Dezember letztenJahres beschlossen) gegenwärtig nur relativ geringe Ein-sparungen. Beispielsweise wird es dieses Jahr bei der Ei-genheimzulage nochmals eine Ausweitung des Förde-rungsvolumens geben, da für Altfälle (d.h. für Bauvorha-ben, für die bereits vor dem 31. Dezember 2003 eine Bau-genehmigung vorlag) das bis dahin geltende Recht unein-geschränkt Gültigkeit hat. Erst in den kommenden Jahrenist mit deutlicheren Einspareffekten zu rechnen. Zu beach-ten ist außerdem, dass die Mehreinnahmen aus dem Sub-ventionsabbau auch deshalb ungewiss sind, da eine ge-richtliche Überprüfung des Haushaltsbegleitgesetzes 2004durch das Bundesverfassungsgericht ansteht. Dieses wirdprüfen, ob die Subventionskürzungen im Rahmen der so ge-nannten Koch-Steinbrück-Liste wegen formaler Mängel nich-tig sind.

Die Staatseinnahmen entwickeln sich im Jahr 2004 sehr ver-halten und steigen lediglich um 0,2%. Grund hierfür ist vorallem der geringe Zuwachs bei den Steuereinnahmen (in Ab-grenzung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung) um le-diglich 0,4%. So sinkt das Lohnsteueraufkommen (VGR) in-folge der Ausfälle in Höhe von rund 14 Mrd. q aufgrund desInkrafttretens der Zweiten Stufe der Steuerreform 2001 unddes Teilvorziehens der Dritten Stufe um rund 5%. Auch zeigtdas Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit bisher nichtdie erhoffte Wirkung. So summieren sich die bisherigen (ein-schließlich April 2004) aus der Steueramnestie resultieren-den Einnahmen des Fiskus lediglich auf 125,3 Mill. q. Auchwenn es insbesondere aufgrund des notwendigen Beratungs-sowie Planungsbedarfs und der gegenwärtigen kontroversgeführten steuerpolitischen Grundsatzdiskussion gute Grün-de dafür gibt, dass bisher nur wenig Auslandskapital zu-rückgeflossen ist, erscheint es zum jetzigen Zeitpunkt unre-alistisch, von den in den Haushaltsplanungen unterstelltenEinnahmen aus der Steueramnestie in Höhe von 5 Mrd. qauszugehen. Daher wurden dieser Prognose lediglich Ein-nahmen von 1,5 Mrd. q zugrunde gelegt, was ein Aufkom-men der veranlagten Einkommensteuer von ca. 6 Mrd. q(nahezu + 34%) zur Folge hat.

Die Einnahmen aus den Steuern vom Umsatz entwickeltensich im bisherigen Jahresverlauf uneinheitlich. Dennoch istdavon auszugehen, dass das Aufkommen in diesem Jahrerstmals seit dem Jahr 2000 wieder etwas steigen wird(+ 1%). Auch die Änderung bei der Tabaksteuer und der Ge-werbesteuer tragen zu einer Aufkommenssteigerung derSteuereinnahmen des Staates bei. Außerdem kommt eserneut zu einer immensen Steigerung des Körperschaft-steueraufkommens (rund 54%).

Demgegenüber werden die Sozialbeiträge insbesondere in-folge der verhaltenen Einkommens- und Beschäftigungs-

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wirkung nur wenig zunehmen (+ 1%). Verantwortlich hierfürsind sowohl eine geringe Zunahme der Rentenversiche-rungsbeiträge als auch gegenläufige Entwicklungen bezüg-lich der Einnahmeentwicklung bei der gesetzlichen Kran-kenversicherung. Einerseits steigen diese, da Rentner in-folge des zum 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Gesetzeszur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung(GKV-Modernisierungsgesetz) auf Betriebsrenten und an-dere Versorgungsbezüge den vollen Beitragssatz zur ge-setzlichen Krankenversicherung entrichten müssen. Ande-rerseits führen die voraussichtlichen Senkungen des Kran-kenkassenbeitragssatzes zu Einnahmeausfällen.

Für die übrigen Einnahmen des Staates ergibt sich ein deut-licher Rückgang. Dies liegt vor allem daran, dass die Bundes-bank sowohl infolge von Wertberichtigungen auf Dollar-Po-sitionen aufgrund der im vergangenen Jahr erfolgten Dol-larabwertung als auch dem niedrigen Zinseinnahmen le-diglich einen Gewinn von 248 Mill. q an den Bund abführt.

Alles in allem wird das Staatsdefizit im laufenden Jahr vor-aussichtlich rund 79 Mrd. q betragen, was 3,6% des no-minalen Bruttoinlandsprodukts entspricht (vgl. Abb. 19). DieDefizitgrenze des Maastricht-Vertrages wird zum dritten Malin Folge überschritten. Auch die im deutschen Stabilitäts-programm in der aktualisierten Fassung vom Januar 2004veranschlagte Defizitquote von 31/4% wird deutlich über-troffen. Die gegenüber der EU-Kommission gemachte Zu-sage, die Defizitquote um 0,6 Prozentpunkte zurückzufüh-ren, wird ebenfalls nicht eingehalten.

Auch für das Jahr 2005 ist keine nachhaltige Besserung inSicht, da einerseits die Einnahmen durch die letzte Stufe derSteuerreform 2000 gedrückt werden und andererseits aufder Ausgabenseite der Einmaleffekt durch die Gesund-

heitsreform entfällt. Daher werden neben den Einnahmendes Staates (+ 1,9%) auch die Ausgaben um 1,3% wach-sen und das Defizit rund 75 Mrd. q betragen, was 3,4% desfür 2005 prognostizierten nominalen Bruttoinlandproduktsentspricht und einen erneuten Verstoß gegen den Stabili-tätspakt bedeutet (vgl. Abb. 19).

Grund für die Mehrausgaben im kommenden Jahr sind dieabermals steigenden Zinsausgaben (4,9%) und der kräfti-ge Zuwachs der sonstigen Transfers (10,3%) infolge derzunehmenden Zahlungen so genannter BSP-Eigenmittel andie EU. Nachdem sich die Einmaleffekte aus der Gesund-heitsreform in diesem Jahr Ausgaben senkend ausgewirkthaben, steigen die Sachausgaben im Jahr 2005 wieder et-was an. Dagegen ist wegen der weiter rückläufigen Be-schäftigtenzahl und der zu erwartenden nur moderaten Ta-rifanhebungen 2005 abermals mit einem Rückgang der Per-sonalausgaben zu rechnen. Die Einsparungen im Bereichder Vermögensübertragungen, der Investitionen und derSubventionen werden sich auch im nächsten Jahr wegender angespannten Finanzlage der öffentlichen Haushalte fort-setzen. Allerdings ist hier ein geringerer Rückgang im Ver-gleich zum Vorjahr zu erwarten. Ein weiterhin moderater An-stieg stellt sich bei den monetären Sozialleistungen ein. Diesresultiert zum einen aus dem Rückgang der Ausgaben derArbeitslosenversicherung aufgrund der sich 2005 bessern-den Arbeitsmarktlage. Zudem führen die im Jahr 2004 nurleicht steigenden Löhne und die Einführung des Nachhal-tigkeitsfaktors in die Rentenanpassungsformel zu einer nurgeringen Rentenanhebung. Des Weiteren kommt 2005 nunfür das gesamte Jahr die volle Beitragspflicht der Rentnerzur Pflegeversicherung zum tragen.

Die Einnahmenseite wird maßgeblich durch einen Anstiegder Sozialbeiträge um 1,3% und ein mäßiges Steuer-

wachstum (in Abgrenzung der Volkswirt-schaftlichen Gesamtrechnung) von 1,8% ge-prägt. Aufkommen mindernd wirkt sich hier-bei vor allem ein weiterer Rückgang desLohnsteueraufkommens infolge der zusätz-lichen Ausfälle bedingt durch die verbliebe-nen Tarifsenkungen der dritten Stufe derSteuerreform 2000 (rund 6 Mrd. q) bei ver-halten steigenden Löhnen und einer nur ge-ringen Beschäftigungsausweitung aus. Dar-über hinaus wird die Neuordnung der Be-steuerung von Renten und Pensionen imRahmen des Alterseinkünftegesetzes, alsoder Beginn eines Übergangs zur nachgela-gerten Besteuerung von gesetzlichen Ren-ten im Rahmen der Einkommensteuern nichtunerheblichen Ausfällen zur Folge haben.Demgegenüber werden der nun spürbarereAbbau von Steuervergünstigungen und ei-ne weitere Anhebung der Tabaksteuer zum

Abb. 19

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1. September 2005 zu Mehreinnahmen führen. Auch dieübrigen Einnahmen des Staates werden kräftig zunehmen.Verantwortlich hierfür sind sowohl der wieder deutlich hö-here Bundesbankgewinn und die in der Prognose unter-stellten Einnahmen aus der Lkw-Maut. Da sich jedoch erstEnde dieses Jahres entscheiden wird, ob der vorgeseheneStart der Lkw-Maut zum 1. Januar 2005 tatsächlich erfol-gen kann oder abermals verschoben werden muss, sind die-se gegenwärtig hochgradig unsicher.

Alles in allem ist also nach wie vor keine grundlegende Än-derung der extrem defizitären Haushaltslage in Sicht undeine vierte Verletzung des Defizitkriteriums des Stabilitäts-paktes erscheint nahezu unausweichlich. Trotzdem sind vonSeiten der Politik zum gegenwärtigen Zeitpunkt, um das mä-ßige Wachstum nicht zu gefährden, keine zusätzlichen Aus-gabenkürzungen in Form von Sparpaketen oder weiterenEinschnitten in den Sozialsystemen geplant und daher indieser Prognose auch nicht unterstellt.

Abgeschlossen am 21. Juni 2004

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Anhang

Die wichtigsten Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungfür die Bundesrepublik Deutschland

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