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©(2005) Swiss Political Science Review 11 (2): 101-129 Die Evaluation öffentlicher Politiken mit föderalistischen Vollzugsarrangements Eine konzeptionelle Erweiterung des Stufenmodells und eine praktische Anwendung Fritz SAGER, Universität Bern Christian RÜEFLI, Büro Vatter Zusammenfassung Der vorliegende Artikel leistet einen Beitrag zur Konzipierung von Wir- kungsmodellen für die Evaluation von öffentlichen Politiken mit föderalis- tischen Vollzugsarrangements. Das Phasenmodell des Policy-Zyklus erfasst die Prinzipal-Agent-Probleme des Vollzugsföderalismus nur unzureichend. Es ist aus diesem Grund sinnvoll, in der Genesephase eine Zusatzschlaufe vorzusehen, die dem Umstand Rechnung trägt, dass in der Schweiz die Kantone beim Vollzug von Bundesgesetzen nicht nur Umsetzungs-, sondern auch Programmierungskompetenzen haben. Diese Zusatzschlaufe impliziert allerdings beim häufig verwendeten Stufenmodell von Knoepfel und Bussmann (1997) für die Evaluierung öffentlicher Politik das Problem, dass es zu einer Vermischung der Evaluationsgegenstände auf Bundes- und Kantonsebene kommt. Diesem Umstand begegnen wir mit der Erweiterung des Stufenmodells, indem wir die beiden föderalen Ebenen getrennt betrachten und die Evaluationsgegenstände nicht generell, sondern entsprechend der Staatsebene definieren. Das Modell wird mit einer Anwendung aus der Eva- luation des Krankenversicherungsgesetzes illustriert. Keywords: Evaluation of Public Policies, Federal implementation setting, Policy Cycle, Public Health Policy Einleitung Politikevaluationen werden auf allen Staatsebenen immer häufiger als Instru- ment der Politikformulierung und -steuerung eingesetzt. Dabei stehen Evalua- tionen von Bundespolitiken vor besonderen Herausforderungen, da die zu

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©(2005) Swiss Political Science Review 11 (2): 101-129

Die Evaluation öffentlicher Politiken mit föderalistischen Vollzugsarrangements

Eine konzeptionelle Erweiterung des Stufenmodells und eine praktische Anwendung

Fritz SAGER, Universität Bern Christian RÜEFLI, Büro Vatter

Zusammenfassung

Der vorliegende Artikel leistet einen Beitrag zur Konzipierung von Wir-kungsmodellen für die Evaluation von öffentlichen Politiken mit föderalis-tischen Vollzugsarrangements. Das Phasenmodell des Policy-Zyklus erfasst die Prinzipal-Agent-Probleme des Vollzugsföderalismus nur unzureichend. Es ist aus diesem Grund sinnvoll, in der Genesephase eine Zusatzschlaufe vorzusehen, die dem Umstand Rechnung trägt, dass in der Schweiz die Kantone beim Vollzug von Bundesgesetzen nicht nur Umsetzungs-, sondern auch Programmierungskompetenzen haben. Diese Zusatzschlaufe impliziert allerdings beim häufig verwendeten Stufenmodell von Knoepfel und Bussmann (1997) für die Evaluierung öffentlicher Politik das Problem, dass es zu einer Vermischung der Evaluationsgegenstände auf Bundes- und Kantonsebene kommt. Diesem Umstand begegnen wir mit der Erweiterung des Stufenmodells, indem wir die beiden föderalen Ebenen getrennt betrachten und die Evaluationsgegenstände nicht generell, sondern entsprechend der Staatsebene definieren. Das Modell wird mit einer Anwendung aus der Eva-luation des Krankenversicherungsgesetzes illustriert.

Keywords: Evaluation of Public Policies, Federal implementation setting, Policy Cycle, Public Health Policy

Einleitung

Politikevaluationen werden auf allen Staatsebenen immer häufiger als Instru-ment der Politikformulierung und -steuerung eingesetzt. Dabei stehen Evalua-tionen von Bundespolitiken vor besonderen Herausforderungen, da die zu

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evaluierenden Programme meist föderalistisch vollzogen werden und die Kantone bei der Umsetzung von Bundespolitik nicht nur Vollzugs-, sondern auch Programminstanzen sind (Linder 1987: 224). Diese Feststellung ist inso-fern von Bedeutung, dass die Evaluationsforschung auf in sich stimmige Wir-kungsmodelle angewiesen ist, um ihre bewertende Aufgabe erfüllen zu können. Bisherige Konzipierungen von Evaluationsgegenständen auf Basis des Policy-Zyklus tragen allerdings sowohl Prinzipal-Agent-Problemen als auch der Verdoppelung von Adressaten- und Betroffenenkreisen in föderalistischen Voll-zugsarrangements nur ungenügend Rechnung.

Der vorliegende Artikel will deshalb einen Beitrag zur Bildung von Wir-kungsmodellen für die Evaluation von Bundespolitiken mit föderalistischen Vollzugsarrangements liefern, indem er das auf Basis des Policy-Zyklus ent-worfene Grundmodell von Knoepfel und Bussmann (1997: 70) im Sinne einer Mehrebenendifferenzierung erweitert. Evaluationsvorhaben von Verwaltungs-stellen des Bundes interessieren sich häufig für die Art und Weise der Umsetzung von Bundespolitiken durch die Kantone und die damit verbundene Vielfalt von Auswirkungen bzw. allfällige Vollzugsdefizite. Ihr Ziel ist es unter anderem, Hinweise für eine Optimierung des Vollzugs und entsprechende Anpassungen von Bundesgesetzen zu gewinnen. Die nachfolgenden Ausführungen zeichnen sich deshalb durch eine relativ ausgeprägte Gesetzgeberperspektive aus. Mit der stärkeren Berücksichtigung kantonaler Prozesse des Politikvollzugs soll die Er-klärungskraft von wirkungsorientierten Vollzugsstudien erhöht werden.

Der Beitrag ist hierzu wie folgt aufgebaut: Im folgenden Abschnitt wird auf die konkreten Probleme der Evaluation öffentlicher Politiken mit föderalis-tischen Vollzugsarrangements eingegangen. Diesen Problemen wird mit der Formulierung eines erweiterten Grundmodells für die Evaluation von Bundes-politik begegnet. Anschliessend wird dieses Grundmodell mit einem Beispiel aus der angewandten Evaluationsforschung illustriert, in dem es um die Frage der Wirksamkeit des föderalen Vollzugs zweier Massnahmen des neuen Kran-kenversicherungsgesetzes (KVG) geht. In den Schlussfolgerungen werden die konzeptionellen und empirischen Erkenntnisse zusammengefasst.

Prinzipal-Agent-Probleme im Vollzugsföderalismus

Das erste und vorherrschende Vollzugsmuster in der Schweiz ist der Vollzugs-föderalismus (Delley 1984; Kriesi 1995; Vatter 1999: 95ff.). Während in vielen Sachgebieten die Gesetzgebungskompetenz beim Bund liegt, wird der Vollzug von Bundespolitik weitgehend den Kantonen anvertraut. Dies bietet für den Bund den Vorteil der Entlastung, für die Kantone die Möglichkeit autonomer Programmgestaltung und milieugerechter Umsetzung (Kissling-Näf und

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Knoepfel 1992: 64; Linder 1987: 225). Zwar unterstehen die Kantone bei der Wahrnehmung der ihnen übertragenen Vollzugsaufgaben der Bundesaufsicht, doch sind Vollzugskontrollen im stark föderalistischen System aufgrund der Notwendigkeit von langfristiger Kooperation enge Grenzen gesetzt und auch politisch schwer durchsetzbar, weshalb der Bund kooperative gegenüber kon-fliktuellen Strategien vorzieht und von seinen Interventionsmöglichkeiten kaum Gebrauch macht (Kissling-Näf und Knoepfel 1992).

Dieser Umstand führt beim Vollzug von Bundespolitik zu so genannten Prinzipal-Agent-Problemen. In Prinzipal-Agent-Modellen wird normalerweise das Parlament als ‘Prinzipal‘ bezeichnet, während die Verwaltung der aus-führende ‘Agent‘ ist (Moe 1984; Weingast und Moran 1983). Das Modell basiert auf der Annahme, dass die Beziehung zwischen Legislative und Verwaltung jener zwischen einem Auftraggeber und einer mandatierten Firma entspricht. Aufgrund der Spezialisierung der Firma gilt es dabei vor allem das “information asymmetry problem” (vgl. Niskanen 1971) zu lösen: “because agents may act on their own behalf, special control measures are necessary on the part of the principal” (Jones 1995: 76). Der Prinzipal-Agent-Ansatz wird für die vorliegende Problemlage aus dem Grund als geeigneter Bezugsrahmen erachtet, da sich die Evaluation staatlicher Massnahmen mit föderalistischen Umsetzungsarrangements in ihrem Kern auf entsprechende Beziehungs- und Delegationsmuster bezieht. Die einer Vollzugsevaluation inhärente Gesetzgeberperspektive entspricht der Prinzipal-Agent-Annahme einer linearen Aufgabenwahrnehmung durch mandatierte Einheiten. “In dieser Perspektive besteht das grundlegende Merkmal des Vollzugsföderalismus darin, dass eine zentrale Behörde als massgeblicher juristischer Prinzipal Aufgaben an regionale Akteure delegiert. Der Lohn für solche Aufträge besteht dabei darin, dass den Kantonal- oder Länderbehörden im Austausch dafür ein gewisser Interpretationsspielraum zugestanden wird. In politökonomischer Perspektive bedeutet dies, dass der Agent diskretionäre Macht erhält” (Spörndli et al. 1998: 57).

Das Problem des Modells liegt darin, dass bei seiner Anwendung in föde-ralen Systemen mehrere ‘Prinzipale‘ existieren (“multiple principal problem”): In vollzugsföderalistischen Arrangements reagieren die kantonalen Vollzugsorgane nicht nur auf ‘Regulierungsaufträge‘ des Bundes zur Lösung gesellschaftlicher Probleme, sondern auch auf die Anliegen organisierter Interessegruppen, die im Rahmen der Politikimplementation artikuliert und in die kantonalen Prozesse zur Umsetzung der Bundespolitik eingebracht werden (Delley 1984; Bussmann 1986; Wälti 2004).1 Die regional organisierten Interessen begrenzen die zugestanden

1 Dies ist in akzentuierter Form dann der Fall, wenn die Politikimplementation eine Gesetzgebungstätigkeit der Kantone erfordert. Dies trifft auf diejenigen Bereiche zu, in denen der Bund über keine ausdrückliche Kompetenzzuweisung verfügt oder in denen sich der Bund sich auf die Erarbeitung eines Rahmengesetzes beschränkt, welches auf

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diskretionären Freiheiten entsprechend wieder und verlangen eine für sie optimale Vollzugslösung. Diese komplexen Abhängigkeiten der kantonalen Vollzugsträger führen zu unterschiedlichen Strategien und Anreizmechanismen von Delegation und Aufsicht in Prinzipal-Agent-Beziehungen. Für die Schweiz stellen Spörndli, Holzer und Schneider (1998: 72) in ihrer Untersuchung der kantonalen Umsetzung arbeitsmarktlicher Bestimmungen für Asylsuchende fest, “dass der Vollzugsföderalismus in diesem Bereich zu gravierenden Prinzipal-Agent-Problemen führt.”

Aufgrund der Tatsache, dass auch der Politikvollzug einen politischen Prozess darstellt (Linder 1987: 217), besitzen die Schweizer Kantone “eine Vetomacht in der Implementation von Bundespolitik, die (…) nicht als Macht verstanden werden sollte, darüber zu bestimmen, ob der Status Quo verschoben werden kann oder nicht, sondern im Sinne einer kantonal eigenständigen, von der Bun-desregierung nicht zu beeinflussenden Politik” (Braun 2003: 71). Dass dieser Umstand Vollzugsdefizite bzw. eine breite Varianz von Vollzugsstrategien und –ergebnissen begünstigt, ist hinlänglich empirisch belegt (vgl. Kissling-Näf und Knoepfel 1992; Kissling-Näf und Wälti 1999: 661f.; Battaglini und Giraud 2003). Unter den Kantonen variierende Politikergebnisse bieten zwar die Möglichkeit zur milieugerechten Umsetzung und zu innovativen Problemlösungen, er-schweren jedoch gleichzeitig die Harmonisierung der Kantone untereinander und führen zu erhöhter Unsicherheit seitens der Bundesakteure (Braun 2003: 79). Diese Eigenschaften entsprechen zwar der Logik des dezentralen Föderalismus, bringen jedoch Ungleichheiten in der Behandlung der Politikadressaten und –betroffenen mit sich, welche dem Anspruch zentralstaatlicher Behörden auf möglichst umfassende und egalitäre staatliche Leistungserbringung – insbe-sondere in der Sozialpolitik – entgegenstehen (Kissling-Näf und Knoepfel 1992: 63; Cattacin 1996). Auf kantonaler Ebene sind deshalb in zahlreichen Politik-feldern Mechanismen der sekundären Harmonisierung festzustellen (Sager 2003; Balthasar 2003).

Vollzugsföderalismus und Policy-Zyklus

Für die Analyse öffentlicher Politik hat Lasswell (1956) die Idee der Phasenheuristik in die Politikwissenschaft eingeführt, in welcher politische Prozesse als eine lineare und zeitliche Folge von Phasen der Problemverarbeitung begriffen werden. Aus der Idee der Phasenheuristik sind verschiedenen Konzepte von so genannten Policy-Zyklen hervorgegangen (als erste Brewer 1974 und de Leon

kantonaler Ebene durch entsprechende Umsetzungserlasse konkretisiert werden muss (Kissling-Näf und Knoepfel 1992: 44f.).

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(vgl. 1999); für einen Überblick vgl. Jann und Wegrich 2003). Der Policy-Zyklus stand vor allem in den 1980er und 1990er Jahren im Laufe der Etablierung des Governance-Begriffs als neuem Paradigma der Policy-Analyse (Benz 2004; Leresche 2001) zu einem nicht geringen Grad in der Kritik gewisser Autoren (für einen Überblick vgl. Jann und Wegrich 2003: 95ff.; auch Héritier 1993: 11f.; Knoepfel et al. 2001: 44f.). So bezeichnete ihn Nakamura (1984) als praxisfernen “textbook approach”. Sabatier (1993, 1999) kritisiert den Ansatz, da er mit seiner Unterteilung in zeitlich diskriminierende Sequenzen weder deskriptiv haltbar sei noch ein analytisches Kausalmodell bereitstelle. Jann und Wegrich (2003: 98) halten dieser Kritik mit Verweis auf Mayntz (1983: 14ff.) entgegen, dass in der Policy-Forschung “ein möglichst differenziertes Verständnis der internen Dynamik, der Eigenart und Ursachen der spezifischen und komplexen Prozesse des Policy-Making ein eigenständiges Erkenntnisziel [ist.] (…) Genau diese Ziele hat das Phasenmodell in hervorragender Weise erfüllt.” Das Phasenmodell findet aus diesem Grund gerade in der angewandten Forschung wie der Politikevaluation breite Anwendung.

Der Umstand, dass der Policy-Zyklus nicht linear anwendbar ist, sondern dass sich mehrere Zyklen überschneiden, ist nicht neu (Mayntz 1980; Sabatier 1993). In föderalistischen Politikformulierungs- und Vollzugsarrangements zeigt sich jedoch ein wiederkehrendes Muster dieser Überlappung, das für die wirkungsorientierte Analyse entsprechender Politiken relevant ist. Mit Rekurs auf die Doppelrolle der Kantone als Vollzugs- und Programmierungsinstanzen und die damit verbundenen Prinzipal-Agent-Probleme bietet es sich an, das gängige Modell des Policy-Zyklus zur Darstellung der idealtypischen Entwicklung einer öffentlichen Politik mit einer Zusatzschlaufe zu erweitern. Diese Erweiterung stellt auch einen modellhaften Rahmen zur Verfügung, um im Rahmen von Evaluationsvorhaben Vollzugsungleichheiten und –defizite empirisch zu analysieren.

Abbildung 1 stellt die Verdoppelung von Genese und Vollzug öffentlicher Politik idealtypisch dar. Indem nach der Entscheidfindung über die Ausgestaltung einer Politik auf Bundesebene der Vollzug an die Kantone delegiert wird, eröffnet sich eine neue Phase der Politikformulierung, in welcher kantonale Akteure den Umsetzungsprozess beeinflussen können, um zu einem eigenen, den jeweiligen besonderen Bedürfnissen angepassten Politikkonzept zu gelangen.

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Abbildung 1: Mit Subzyklus ergänzter Policy-Zyklus (idealtypisch, nach Widmer 1991)

Da der Policy-Zyklus die Basis nicht nur weiter Teile der Policy-Analyse ge-nerell, sondern auch speziell der wissenschaftlichen Politikevaluation bildet, hat diese Ergänzung spezifische Implikationen für entsprechende Wirkungs-modelle.

Im folgenden Abschnitt werden die daraus resultierenden Folgen für die Evaluation föderalistischer Politiken anhand der Konzipierung von Knoepfel und Bussmann (1997: 70) erläutert.

Implikationen für die Evaluation öffentlicher Politiken

Das Stufenmodell von Knoepfel und Bussmann

Um Politikgenerierungs- und –umsetzungsprozesse der Evaluation zugänglich zu machen, schlagen Knoepfel und Bussmann (1997: 70) ein auf dem Policy-Zyklus basierendes Stufenmodell vor (Abbildung 2), worin teilweise parallel

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ablaufende Stufen (Pfeile) unterschieden werden, die jeweils zu bestimmten Zwischenergebnissen führen (Kasten).2 Auf jeder Stufe sind zudem korrigierende Rückkopplungen zu vorgelagerten Entscheidungen vorgesehen. Das Modell be-nennt zum einen die verschiedenen Evaluationsgegenstände, zum anderen die dabei zur Anwendung kommenden Evaluationskriterien.

Abbildung 2: Acht Stufen der Politikgenerierung und -umsetzung (abgeändert, nach Knoepfel und Bussmann 1997: 70)

2 Dabei muss auf die unterschiedliche Verwendung derselben Terminologie in der deutschsprachigen und in der internationalen Evaluationsforschung hingewiesen werden. Im Englischen bezeichnet “Outcome” die bei den Politikadressaten eingetretenen Verhaltensveränderungen, während der Begriff “Impact” die Wirkungen auf das zu lösende Politikproblem meint (Patton 1997: 193f.). Bei Schubert und Bandelow (2003) und Bussmann et al. (1997) dagegen werden diese beiden Begriffe konsequent umgekehrt verwendet. Im Folgenden kommt die angelsächsische Terminologie, die dem internationalen Forschungsstandard entspricht, zur Anwendung.

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Das Politikkonzept beinhaltet im Wesentlichen die Abgrenzung des durch eine konkrete Politik zu lösenden Problems sowie ein von den politisch-administrativen Akteuren implizit oder explizt entwickeltes Wirkungsmodell mit Annahmen über die kausalen Problemursachen, zur Wirkungsweise der gewählten Intervention und zu deren mutmasslichen konkreten Auswirkun-gen. Diese Massnahmen werden in Programmen, den eigentlichen Policy Designs zusammengefasst. Ein Policy Design steckt den juristischen und program-matischen Rahmen für die Politikumsetzung ab, gibt also die konkreten Ziel-setzungen, Beurteilungskriterien, Instrumente, Kompetenzordnungen und Verfahrensweisen zur Problemlösung vor.

Unter Behördenarrangement verstehen Knoepfel und Bussmann (1997: 72) die politisch-administrativen Entscheidungen über die Umsetzungsstruktur einer Politik. Darunter fallen Entscheidungen zur Kompetenzordnung, zum Aufbau neuer bzw. zur Zuordnung der neuen Politik zu bestehenden Verwaltungszweigen oder zu den Ressourcen der zuständigen Behörden. Aufgrund der hohen Varianz der kantonalen und kommunalen Verwaltungsstrukturen kommen Zusammenhänge zwischen Verwaltungsstruktur und Vollzugsresultaten in der Schweiz relativ deutlich zum Ausdruck (Kissling-Näf und Wälti 1999: 669ff.). Die zur Umsetzung eines Policy Designs notwendigen Planungs- und Priorisierungsentscheide können in Aktionsplänen festgehalten werden.

Die Wirkung öffentlicher Politik kann alsdann auf drei Stufen gemessen werden (teils abgeändert nach Knoepfel und Bussmann 1997: 73, vgl. Fussnote 2): Die Outputs stellen die eigentlichen Produkte einer Policy dar. Es handelt sich dabei um staatliche Interventionen oder Leistungen, mit denen versucht wird, das Verhalten von Akteuren zu verändern. Dazu schaffen sie eine direkte Beziehung zwischen der zuständigen staatlichen Vollzugsinstanz und den Politikadressaten.3 Der Outcome bezeichnet die von den Outputs ausgelösten Verhaltensänderungen der Politikadressaten. Deren Reaktionen können in der erwarteten Art und Weise ausfallen, in einer nicht intendierten Art und Weise ausfallen oder aber ausbleiben. Unter Impact schliesslich wird die Gesamt-heit der intendierten oder nicht intendierten Auswirkungen der erzielten Verhaltensänderungen der Politikadressaten auf das zu lösende Problem der betreffenden Politik verstanden. Wo dieser Impact in einer positiven und dem Politikziel entsprechenden Auswirkung auf das Problem besteht, spricht man von einer wirksamen Politik.

3 Mit Politikadressaten wird diejenige Gruppe von Akteuren bezeichnet, “deren Verhalten die öffentliche Politik als relevant für die Lösung des angegangenen Problems ansieht” (Knoepfel und Bussmann 1997: 63).

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Konzeptionelle Erweiterung des Stufenmodells für die Evaluierung des föderalistischen Vollzugs

Die Anwendung der oben beschriebenen konzeptionellen Ergänzung des Policy-Zyklus für föderalistische Vollzugsarrangements auf die drei Wirkungs-stufen hat die folgenden Prinzipal-Agent-Implikationen:

Zum einen stellt sich eine Verdoppelung der Politikadressaten ein. Indem die Kantone Massnahmen zur Umsetzung von Bundesgesetzen ergreifen sollen, sind sie Politikadressaten des Bundes. Die eigentlichen Zielgruppen der Bundesgesetze, die problemverursachenden Akteure, werden so zu Politik-adressaten der Kantone, da deren Umsetzungserlasse darauf abzielen, bei den Zielgruppen Verhaltensänderungen hervorzurufen. Als Vollzugsinstanz nehmen die Kantone somit eine intermediäre Rolle ein, indem erst ihre Umsetzungsmassnahmen eine Beziehung zwischen Politikadressaten und politisch-administrativen Akteuren herstellen.

Zum andern findet dadurch eine Vermischung bzw. Verschiebung der Eva-luationsgegenstände (vgl. Abbildung 3) statt: Die Bundesregelung ist der Output der Bundespolitik. Die Adressaten dieser Politik sind die Kantone, deren Vollzugspraxis den Outcome der Bundespolitik darstellt. In den Kantonen konkretisiert sich die Bundespolitik wiederum als eigenständiges Vollzugspro-gramm, bestehend aus Policy Design und Behördenarrangement,4 welches zu behördlichen Entscheiden über die Umsetzung (Output) führt. Die dadurch ausgelösten Verhaltensänderungen der problemverursachenden Akteure stellen den Outcome der Kantonspolitik dar, dessen Konsequenzen auf das Politikproblem sich anhand der Impacts beobachten lassen. Während sich in dieser Betrachtungsweise Output und Outcome zwischen Bundes- und Kantonsebene unterscheiden, beziehen sich die Impacts für Bundes- und Kantonspolitik auf dasselbe Ausgangsproblem und sind somit unabhängig von der Staatsebene zu beobachten.

Die Integration dieser Implikationen in das Modell von Knoepfel und Bussmann (1997) führt zu einer Mehrebenen-Betrachtung des Wirkungszyklus, wie sie in Abbildung 3 dargestellt ist:

4 Policy Design und Behördenarrangement zur Umsetzung von Bundespolitiken können auf kantonaler Ebene vielfältig variieren (Kissling-Näf und Wälti 1999).

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Abbildung 3: Mehrebenen-Betrachtung der Wirkungsstufen des Policy-Zyklus

Diese konzeptionelle Erweiterung des Stufenmodells für die Evaluation öf-fentlicher Politik um den Aspekt des Vollzugsföderalismus dient vorab heuris-tischen Zwecken und weist deshalb einen instrumentellen Charakter auf. Es ist die Aufgabe von Politikevaluation, komplexe soziale Wirkungszusammenhänge wissenschaftlich zu analysieren und den politischen Entscheidungsträgern zugänglich zu machen. Hierzu sind geeignete konzeptuelle Instrumente not-wendig, die die Komplexität dieser Zusammenhänge fassbar machen. Die vor-genommene Ergänzung ist in diesem Sinne zu begreifen.

Dieses Evaluationsmodell wird im Folgenden mit einem Beispiel aus der angewandten Evaluationsforschung illustriert. Wir greifen zu diesem Zweck auf die Evaluation der Aufnahme präventivmedizinischer Leistungen in den Pfl ichtleistungskatalog der obligatorischen Krankenversicherung der Schweiz zurück, welche im Rahmen der Evaluation des neuen Krankenversicherungs-gesetzes (KVG) im Auftrag des Bundesamts für Sozialversicherung (BSV) durchgeführt wurde (Sager und Rüefl i 2001; Rüefl i und Sager 2004). Im Zent-rum steht dabei die Frage, ob der chancengleiche Zugang der Schweizer Be-völkerung zu diesen Präventionsleistungen gewährt ist und ob die KVG-Revi-sion zu Veränderungen der Angebotsstrukturen, der Finanzierung und der In-anspruchnahme dieser Leistungen geführt hat. Es handelt sich dabei um eine kausalorientierte Evaluation (Balthasar 1997: 176), die sich für die Wirkungs-mechanismen einer Politik interessiert und nach den Ursachen von Wirkungen oder Vollzugsdefi ziten fragt.5

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5 Neben kausalorientierten Evaluationen unterscheidet Balthasar (1997: 176) deskriptiv und normativ ausgerichtete Evaluationen. Während erstere beschreibenden Charakter aufweisen und nur bedingt als Evaluation im eigentlichen – beurteilenden – Sinn verstanden werden, vergleichen letztere Ist- mit Soll-Zuständen, fragen also z.B. danach, ob angestrebte Zielsetzungen tatsächlich erreicht wurden.

DIE EVALUATION ÖFFENTLICHER POLITIKEN 111

Anwendung am Beispiel der Aufnahme präventivmedizinischer Leistungen in den Pflichtleistungskatalog der obligatorischen

Krankenversicherung

Ausgangslage und Problemstellung

Mit der Revision des schweizerischen Krankenversicherungsgesetzes (KVG; SR 832.10) fanden 1996 erstmals Elemente der Sozial- und Präventivmedizin Eingang in das System der Krankenversicherung. Art. 26 KVG6 machte Massnahmen der medizinischen Prävention zum Gegenstand einer Bundespolitik. Unter der alten Gesetzgebung war keine einheitliche Vergütung von Präventionsmassnahmen vorgesehen, was Ungleichheiten in der Gesundheitsversorgung begünstigte (Abelin 1998). In Zusammenhang mit dem neu eingeführten Versicherungsobliga-torium hat die Kostenübernahme von individuellen präventivmedizinischen Leistungen zum Ziel, in diesem Bereich Versorgungsgerechtigkeit herzustellen und allen Versicherten den Zugang zu denselben Leistungen zu gewährleisten (Bundesrat 1991). Die gesamtschweizerische Leistungspflicht im Rahmen der obligatorischen Grundversicherung erweiterte das Repertoire an politischen Massnahmen der medizinischen Prävention, was es ermöglichte, die bisher eher vernachlässigten Anliegen und Erkenntnisse der Sozial- und Präventivmedizin in gesundheitspolitische Strategien umzusetzen.

Der in Art. 12 der Verordnung über Leistungen in der obligatorischen Kran-kenpflegeversicherung (KLV; SR 832.112.31) enthaltene Katalog an kassen-pflichtigen präventivmedizinischen Leistungen ist Ausdruck der Bemühungen, diese neuen Möglichkeiten zu nutzen und die Versorgung mit medizinischer Prävention auszuweiten. Die gesamtschweizerische Verwirklichung von Public- Health-Zielen trifft allerdings aufgrund der strukturellen und politischen Eigenheiten des schweizerischen Gesundheitssystems (Kocher 2002; Vatter 2003) auf schwierige Rahmenbedingungen. So fällt die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung weitgehend in die Kompetenz der Kantone, die dabei einen hohen Autonomiegrad geniessen. Dies gilt auch für die Prävention, welche der Bund als Sache der Kantone und Facheinrichtungen betrachtet (Bundesrat 1991). Diese sind frei darin, im Rahmen ihrer gesundheitspolitischen Konzeptionen präventivmedizinische Angebote zu erbringen oder zu finanzieren. Der Bund legt

6 “Die obligatorische Krankenpflegeversicherung übernimmt die Kosten für bestimmte Untersuchungen zur frühzeitigen Erkennung von Krankheiten sowie für vorsorgliche Massnahmen zugunsten von Versicherten, die in erhöhtem Masse gefährdet sind. Die Untersuchungen oder vorsorglichen Massnahmen werden von einem Arzt oder einer Ärztin durchgeführt oder angeordnet.”

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(in Art. 12 KLV) lediglich fest, welche Präventionsmassnahmen unter welchen Bedingungen der Leistungspflicht der obligatorischen Krankenpflegeversiche-rung unterliegen. Es handelt sich somit im vorliegenden Fall um eine Rahmen-gesetzgebung.

Aus der geteilten Finanzierung von organisierten Präventionsmassnahmen – die obligatorische Krankenversicherung trägt die medizinischen Kosten von Leistungen gemäss Art. 12 KLV, die Kantone oder private Finanzierungsträger die Kosten, die über die reine Leistungserbringung hinaus anfallen7 – können sich zudem mit Art. 26 KVG Abgrenzungsprobleme zwischen der neuen Zu-ständigkeit von Versicherern und anderen, bisherigen Finanzierungsträgern ergeben. Nicht zuletzt steht der noch relativ junge Ansatz der Sozial- und Prä-ventivmedizin teilweise in Konkurrenz mit der traditionell kurativen, therapie-orientierten Medizin und ihren historisch gewachsenen Strukturen und Ge-wohnheiten, was die flächendeckende Verwirklichung von Public-Health-Zielen mangels Akzeptanz oder Anerkennung der Wirksamkeit zusätzlich erschweren kann.

Die Grundkonstellation zur Umsetzung von Art. 26 KVG – die auf Bun-desebene geregelte obligatorische Krankenversicherung übernimmt neu medizinische Leistungen, die im Rahmen privater oder kantonaler Prä-ventionsbemühungen erbracht bzw. beansprucht werden – verweist damit auf die beschriebene Prinzipal-Agent-Problematik. Zum einen entstanden insbesondere hinsichtlich der Finanzierung der Leistungen Probleme der Mehrebenenkoordination zwischen Bund und Kantonen, zum anderen hat die Kostenübernahme durch die Krankenversicherung Veränderungen der Anreizstrukturen zur Folge, welche das ursprüngliche Ziel, die bestehenden Ungleichheiten in Angebot und Inanspruchnahme präventivmedizinischer Leis-tungen zu beheben, beeinträchtigen können.

Fragestellung und Einordnung in das erweiterte Stufenmodell

Ausgehend von dieser Problemstellung soll nun die konkrete Forschungsfrage erörtert werden, zu welchen Veränderungen die Aufnahme von Massnahmen der medizinischen Prävention in den Pflichtleistungskatalog des KVG hinsichtlich der Angebotsstrukturen, der Finanzierung und der Inanspruchnahme geführt hat und ob das Ziel, Versorgungsgerechtigkeit herzustellen, erreicht werden konnte. Damit richtet sich das Erkenntnisinteresse auch auf die institutionellen

7 Daneben haben auch die Versicherten im Rahmen der üblichen Kostenbeteiligung (Franchise, Selbstbehalt) einen Teil der anfallenden Kosten zu tragen. Der Bundesrat kann allerdings gewisse präventivmedizinische Leistungen von der Franchise befreien (Art. 63 Abs. 6 Bst. d KVG).

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und politischen Probleme der Umsetzung präventivmedizinischer Anliegen unter den gegebenen Rahmenbedingungen. Es handelt sich hier also um eine geradezu idealtypische Prinzipal-Agent-Fragestellung, indem nach der Funk-tionsweise der Aufgabendelegation an territoriale Untereinheiten gefragt wird bzw. nach den Bedingungen für die Funktionsweise dieser Delegation in der vorgesehenen Art und Weise, wobei sowohl zentrale Anreizmechanismen als auch kantonale Interessenlagen angesprochen sind.

Das Vollzugsarrangement für die Versorgung der Bevölkerung mit präven-tivmedizinischen Leistungen lässt sich nun wie folgt mit dem erweiterten Stu-fenmodell darstellen, das die Evaluationsgegenstände der Untersuchung klar definiert:

Abbildung 4: Wirkungsmodell zur Analyse der Auswirkungen der Aufnahme präventivmedizi-nischer Leistungen in den Pflichtleistungskatalog

Wirkungsebene Untersuchungsgegenstand

Bund Kantone

Output Politikkonzept-Kostenübernahme präventivmedizinischer Leistungengemäss Art. 12 KLV

Outcome

Policy Design, Behörden-

arrangement

Kantonaler Vollzug

-Bezeichnung der für die Leistungserbringung zuständigen Akteure-Regelung der Finanzierung von nicht KVG-relevanten Kosten

Output

Präventivmedizinisches Leistungsangebot

-Genehmigung der Tarifverträge zwischen Versicherern und Leistungserbringern-Einrichtung und Finanzierung von präventivmedizinischen Massnahmen und Programmen

Outcome

Inanspruchnahme

-Nachfrage nach präventivmedizinischen Leistungen

Impact ImpactVermeidung von Krankheiten8

-Verminderung von Krankheitsursachen-Früherkennung von Krankheiten-Verzögerung, Begrenzung oder Verhinderung von Krankheitsschäden

8 Die Kategorisierung der Impacts erfolgt in Anlehnung an die Ziele von Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention gemäss Rosenbrock und Gerlinger (2004: 57f.).

114 FRITZ SAGER UND CHRISTIAN RÜEFLI

Im Folgenden wird dieses Modell am konkreten Fall angewandt, indem die Fragestellung anhand zweier beispielhafter Fallstudien – Impfungen im Schul-alter und Screening-Mammographie – erörtert wird.

Hypothesen

Im Fall der Präventivmedizin schaffen Vollzugsdefizite Ungleichheiten und Versorgungsungerechtigkeit, was dem Solidaritätsprinzip der obligatorischen Krankenversicherung und der Zielsetzung von Art. 26 KVG widerspricht. Aus-gehend von der oben formulierten Fragestellung gilt es deshalb die beiden Per-formanzmasse Output und Outcome zu untersuchen und zu erklären, wobei die oben vorgenommene Unterscheidung zwischen Bundes- und Kantonsebene zu berücksichtigen ist. Im vorliegenden Fall handelt es sich auf Bundesebene beim Output um die Vergütung präventivmedizinischer Leistungen durch die obligatorische Krankenversicherung. Da jedoch die Leistungsübernahme einer-seits an das Zustandekommen eines von den Kantonsbehörden genehmigten Tarifvertrages zwischen den Leistungserbringern und den Versicherern, ander-erseits an weitere, in Art. 12 KLV festgehaltene und teilweise von den Kan-tonen sicherzustellende Nebenbedingungen geknüpft ist, können der Bund als principal, die Kantone als agents bzw. als Politikadressaten des Bundes aufgefasst werden. Die Genehmigung des Tarifvertrags und die Gewährleistung allfälliger Nebenbedingungen – z.B. die Mitfinanzierung von Leistungen – stellen so den Output auf Kantonsebene dar. Politikadressaten der Kantone sind somit die Ziel-gruppen präventivmedizinischer Leistungen, an die sich in zweiter Linie auch die Bundesoutputs richten. Die so erzielten Verhaltensänderungen, d.h. die effektive Inanspruchnahme der verfügbaren Präventivleistungen, stellen den Outcome der kantonalen Politik dar. Aus Bundesoptik hingegen sind daneben auch die kantonalen Politikformulierungsprozesse sowie deren Outputs als Outcome aufzufassen. Dieser kann auf verschiedene Kriterien hin untersucht werden, von denen im vorliegenden Fall die Versorgungsgerechtigkeit von zentralem Interesse ist. Auf beiden Ebenen stellen die Auswirkungen der ge-troffenen Massnahmen auf die Verbreitung von Krankheiten die Impacts dar, welche jedoch nicht Gegenstand der Fragestellung sind.

Aus den Erkenntnissen der schweizerischen Vollzugsforschung (Linder 1987; Kissling-Näf und Knoepfel 1992; Kissling-Näf und Wälti 1999) lassen sich mehrere allgemein gehaltene Hypothesen zur Erklärung der Vollzugsperformanz ableiten und formulieren, die anschliessend am Beispiel zweier seit 1996 neu im KVG figurierenden präventivmedizinischen Leistungen konkret diskutiert werden.

Erstens muss der Vollzug auf kantonaler Ebene als gesellschaftlicher Prozess verstanden werden, in den die daran beteiligten Akteure ihre divergierenden Interessen einbringen, ohne notwendigerweise einen direkten Bezug zur Bundes-

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politik zu haben (Linder 1987). An der Leistungserbringung und -vergütung im Rahmen der obligatorischen Krankenversicherung sind mehrere Akteure mit unterschiedlichen Eigeninteressen beteiligt: Kantonsbehörden, Ärzte, Kranken-versicherer und unter Umständen diverse private Organisationen. Diese Akteure müssen sich auf Tarifverträge einigen, bevor eine Leistung im Rahmen des KVG erbracht werden kann. Da diese Tarifverhandlungen in der Regel auf kantonaler Ebene stattfinden und der Bund darauf nur einen beschränkten Einfluss hat (Schneider 2001), kann eine erste Hypothese zum Zustandekommen von präventivmedizinischen Leistungsangeboten formuliert werden:

H1: Ein Outcome der Bundespolitik, d.h. ein präventivmedizinisches Leis-tungsangebot, kommt nur zustande, wenn die Politikformulierungsprozesse auf Kantonsebene zu Outputs führen, d.h. wenn sich auf Kantonsebene Leistungs-erbringer und Finanzierer auf einen Tarifvertrag einigen können. Die den Zielen von Art. 26 KVG entsprechende Umsetzung von Präventionsmassnahmen hängt deshalb von akteurspezifischen Interessenkonstellationen ab, die sich je nach Kanton unterscheiden und sich unterschiedlich manifestieren können.

H1 führt somit allfällige Unterschiede in der Implementation auf das Vor-handensein und den Einfluss unterschiedlicher principals auf kantonaler Ebene zurück. Daran anschliessend kann zweitens festgestellt werden, dass Kantone als Politikadressaten beim Vollzug von Bundespolitiken eine erhebliche Viel-falt von Strategien entwickeln (Linder 1987; Braun 2003). Sie können auf Mass-nahmen völlig verzichten, sie nur teilweise vollziehen oder für eigene Ziele in-strumentalisieren. Es kann mitunter vorkommen, dass die ursprünglichen Ziele der Bundespolitik gerade ins Gegenteil verkehrt werden. Massgebend sind dabei die eigenen Interessen und politischen Strategien der Kantone und ihre Über-einstimmung mit der Bundespolitik. Sofern die Kantone als Finanzierer oder Leistungserbringer an der Bereitstellung präventivmedizinischer Leistungen be-teiligt sind, heisst das, dass die Ausprägung der Outcomes der Bundespolitik, d.h. die durch sie erzielten Verhaltensänderungen von der Kongruenz der Ziele der Bundespolitik mit den Interessenlagen der Akteure auf Kantonsebene abhängig ist. Diese Feststellung führt zu einer zweiten Hypothese:

H2: Die Form der Umsetzung der präventivmedizinischen Bundesregelun-gen durch die Kantone, d.h. des Outcomes der Bundespolitik, hängt davon ab, inwieweit sich die bundesstaatlichen Ziele mit eigenen kantonspolitischen Optionen in Einklang bringen lassen oder für die Verfolgung dieser Optionen instrumentalisiert werden können.

Als weitere Faktoren zur Erklärung von Unterschieden im Politikvollzug gelten gemeinhin die Ausgestaltung des Policy Designs (z.B. die Umsetzungs-instrumente), die Konstellation der gesellschaftlichen und administrativen Ak-

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teure und die Möglichkeit von institutionellen Lernprozessen (Kissling-Näf und Knoepfel 1992; Knoepfel und Bussmann 1997). Zusätzlich zu den in H1 und H2 thematisierten Interessenkonstellationen wird deshalb auch der Einfluss des Policy Designs und des Behördenarrangements auf den Outcome von föderalistisch umgesetzter Bundespolitik betrachtet. Die zielkonforme Umsetzung von Präven-tionsmassnahmen kann zum einen durch ungeeignete oder ungenügende Policy-Instrumente, zum anderen durch ungeeignete Aufgabenverteilung und/oder ungenügende Ressourcen seitens der Vollzugsträger erschwert werden. Hierbei stellt sich bei föderalistischen Vollzugsarrangements das analytische Problem, dass diese Elemente sowohl auf Bundes- als auch auf Kantonsebene vorkommen, wobei die kantonalen Policy Designs und Behördenarrangements aus Sicht des Bundes einen Teil des Outcomes darstellen, welcher jedoch seinerseits wiederum die Wirkungsweise des kantonalen Outputs beeinflusst, der auch unter den Bundesoutcome fällt.

Im Fall der präventivmedizinischen Leistungen gibt der Bund in Art. 12 KLV die Bedingungen der Leistungsvergütung vor, welche die grund-sätzlichen Bestimmungen über die Anforderungen an Leistungserbringer (Wirt-schaftlichkeit, Qualität etc.) im KVG ergänzen. Die Kantone können jedoch ihrerseits im Rahmen ihrer Präventionspolitik zusätzliche Regelungen treffen bzw. eigene Leistungen erbringen. Diese Konstellation wirft das Problem der Mehrebenenkoordination auf und stellt die Frage nach der Verbindlichkeit der Vorgaben des Bundes zur Ausgestaltung der Umsetzungsmassnahmen bzw. Anreizmechanismen und der Implementationsstrukturen.

Zur Untersuchung des Einflusses von Policy Design und Behördenarrange-ment auf das Angebot an präventivmedizinischen Leistungen werden jeweils eigenständige Hypothesen formuliert:

H3: Ist das Policy Design zur Erbringung präventivmedizinischer Leistungen in Ausführungsbestimmungen auf Bundesebene konkret geregelt, sind geringere Vollzugsvarianzen und –defizite zu erwarten, als wenn sie der kantonalen Pro-grammierungsfreiheit überlassen sind.

H4: Ist das Behördenarrangement zur Erbringung präventivmedizinischer Leistungen in Ausführungsbestimmungen auf Bundesebene konkret geregelt, sind geringere Vollzugsvarianzen und –defizite zu erwarten, als wenn sie der kantonalen Programmierungsfreiheit überlassen sind.

Vorgehen und Methode

Die Frage nach der Vollzugsperformanz der Präventionsmassnahmen im KVG wird mittels eines strukturierten qualitativen Vergleichs von zwei Fallstudien zu exemplarisch ausgewählten präventivmedizinischen Leistungen beantwortet:

DIE EVALUATION ÖFFENTLICHER POLITIKEN 117

-Impfungen im Schulalter (Art. 12 Bst. f KLV): Impfungen gelten fachlich unbestritten als eine der effizientesten und kostengünstigsten Massnahmen der medizinischen Prävention (Battaglia und Junker 2001). Gemäss dem ge-samtschweizerischen Impfplan des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) sollen Kinder im Schulalter eine Auffrischimpfung gegen Diphterie, Tetanus und Pertussis, gegen Poliomelytis, Masern, Mumps und Röteln sowie Impfungen gegen Hepatitis B erhalten. Ziel dieser Massnahme ist neben der individuellen Gesundheitsvorsorge die Sicherstellung eines möglichst breiten Durchimpfungs-grades unter den Kindern im Schulalter, um die Verbreitung dieser ansteckenden Krankheiten weitgehend einzudämmen. Vor Inkrafttreten des KVG wurden die Impfungen von den Kantonen im Rahmen der öffentlichen Gesundheitspflege organisiert und finanziert.

-Screening-Mammographie (Art. 12 Bst. o KLV): Die Mammographie dient der Früherkennung von Brustkrebs. Ihre Wirksamkeit ist wissenschaftlich jedoch nicht unumstritten (Gisler 2000) und hängt von der Art der Durchführung ab. Gegenüber individuellen Früherkennungsuntersuchungen können systema-tische Früherkennungsprogramme (Screenings) aus Public-Health-Sicht zu einer Senkung der Brustkrebsmortalität und einer Erhöhung der Qualität der Massnahme beitragen. Voraussetzung dafür sind eine möglichst hohe Beteili-gung der Zielpopulation (Frauen ab 50 Jahren) an einem Programm sowie dessen Vorkehren zur Qualitätssicherung. Aus diesem Grund wurde die Screening-Mammographie unter der Bedingung, dass sie im Rahmen eines kantonal aner-kannten systematischen Programms erbracht wird, auf befristeter Basis neu in den Pflichtleistungskatalog des KVG aufgenommen. Mit diesem Schritt sollte im Rahmen des nationalen Krebsbekämpfungsprogramms eine möglichst vollständige Erfassung aller Frauen zwischen 50 und 70 Jahren begünstigt werden.

Die Auswahl dieser beiden Präventionsleistungen begründet sich damit, dass in beiden Fällen die Kantone eine wesentliche Rolle bei ihrer Bereitstellung wahrnehmen und sich an ihnen die Problematik des Vollzugsföderalismus ent-sprechend untersuchen lässt. Bei den übrigen Massnahmen, die infolge Art. 26 KVG kassenpflichtig wurden, handelt es sich um Vorsorgeuntersuchungen, Impfungen und prophylaktische Masssnahmen, insbesondere bei Neugeborenen und Kleinkindern sowie gynäkologischer Art, welche unabhängig von kantonalen Präventionsbemühungen privatärztlich angeboten und erbracht werden.9

Während die Schulimpfungen schon vor Inkrafttreten des KVG eine kantonale Aufgabe darstellten und mit der neuen Regelung eine Vereinheitlichung des Leistungsumfangs angestrebt und die Aufteilung der Finanzierung verändert

9 Die insgesamt 17 Leistungen und die Bedingungen ihrer Vergütung sind in Art. 12 KLV detailliert aufgelistet.

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wurde, ist die Screening-Mammographie eine bisher nicht verfügbare Mass-nahme, die nur vergütet wird, wenn sie im Rahmen eines kantonal anerkannten systematischen Programms erbracht wird. Zum Zeitpunkt der Untersuchung (2001) waren solche Früherkennungsprogramme nur in den Kantonen Waadt, Genf und Wallis verfügbar.10

Neben einer ausführlichen Prozessrekonstruktion mittels Dokumentenanalyse beruhen die beiden Fallstudien auf verschiedenen empirischen Grundlagen. Das Beispiel der Impfungen im Schulalter basiert auf den Ergebnissen einer stand-ardisierten schriftlichen Befragung zur Situation der Impfungen im Schulalter im jeweiligen Kanton, an der 24 der 26 Kantonsärzte teilnahmen (Battaglia und Junker 2001). Die Screening-Mammographie wurde anhand eines Vergleichs dreier Kantone untersucht, welche hinsichtlich ihrer Grösse und ihrer struk-turellen Voraussetzungen mit den drei Programmkantonen Genf, Wallis und Waadt vergleichbar sind: Basel-Stadt, St. Gallen und Luzern. Zudem waren in diesen Kantonen die Aufbauarbeiten für ein kantonales Screening-Programm unterschiedlich weit fortgeschritten. In Basel-Stadt war ein fertig ausgearbeitetes Programm an der fehlenden politischen und finanziellen Unterstützung gescheitert, in St. Gallen war eine Arbeitsgruppe noch zu keinem Ergebnis gelangt und in Luzern waren keine organisierten Aktivitäten zu beobachten. In jedem Kanton wurden jeweils der Kantonsarzt und eine Fachperson, die mit der Einrichtung eines Screening-Programms beschäftigt war, interviewt.

Ergebnisse

Die Ergebnisse der Fallstudien zu den beiden untersuchten Präventivleistungen werden im Folgenden einzeln kurz wiedergegeben und anschliessend unter besonderer Berücksichtigung des nach Untersuchungsebenen differenzierten Analysekonzepts zusammengeführt. Die Diskussion der Hypothesen erfolgt an-hand eines qualitativen Fallstudienvergleichs.

Impfungen im Schulalter

Das Ziel der Impfungen im Schulalter ist es, entsprechend dem nationalen Impf-plan des BAG einen möglichst hohen Durchimpfungsgrad zu erreichen. Vor 1996 wurde diese Massnahme von den Schulärzten der Kantone wahrgenommen. Die Aufnahme verschiedener Impfungen in den Pflichtleistungskatalog hat diese klare Abgrenzung zwischen der im KVG geregelten individuellen Prävention und den Aufgaben des öffentlichen Gesundheitswesens aufgehoben und im Bereich

10 Inzwischen sind solche Screening-Programme auch in den Kantonen Freiburg (seit 2004) und Basel-Landschaft (ab 1.1.2005) verfügbar.

DIE EVALUATION ÖFFENTLICHER POLITIKEN 119

der Impfungen im Schulalter zu Zuständigkeitskonflikten zwischen Kantonen und Versicherern geführt. Indem die Finanzierung der Impfungen von den Kantonen auf die Versicherer übergegangen ist, besteht für erstere kein direkter finanzieller Anreiz mehr, weiterhin einen effizienten Schulgesundheitsdienst aufrecht zu erhalten.

Die Fallstudie zeigt, dass die Uneinigkeit der betroffenen Akteure bereits auf Bundesebene eine inkohärente Zielsetzung zur Folge hatte und die Formu-lierung eines Policy Designs verunmöglichte (Battaglia und Junker 2001). Auch die Kantone waren unter sich über die Umsetzungsmodalitäten uneinig. Deshalb variieren die Implementierungsstrukturen auf Kantonsebene sehr stark. Während acht Kantone das Schularztsystem weiterhin aufrechterhalten, entschieden sich bisher fünf Kantone für das Privatarztsystem. In elf Kantonen finden sich uneinheitliche Mischsysteme, in denen die Durchführung der Impfleistungen weg von den Schularztdiensten hin zur Privatärzteschaft gelenkt wird und wo für verschiedene Impfungen verschiedene Vorgehen vorgesehen sind. Die Wahl der kantonalen Vollzugsstruktur hängt unter anderem vom Verhältnis der kantonalen Behörden zu den Bundesstellen ab: Kantone mit dem Privatarztsystem beurteilen die Bundesbehörden kritischer. Es kann zudem auch festgestellt werden, dass die Ausgestaltung des kantonalen Behördenarrangements von finanziellen Überlegungen der Kantone abhängig ist. Diese führen tendenziell zu einem Systemwechsel zum Privatarztmodell, welches den Aufwand der Kantone verringert. Der Rückzug der Kantone aus den Impfungen im Schulalter ist jedoch nicht eindeutig auf die Reform des KVG zurückzuführen.

Bezüglich der kantonalen Leistungserbringung konnte festgestellt werden, dass die Vollzugsperformanz umso höher ist, je einheitlicher die kantonale Umsetzungsstruktur (Policy Design und Behördenarrangement) ist. Das Schul-arztmodell zeigt sich anfälliger für Abweichungen von der Strategie des Bundes als das Privatarztmodell, erreicht aber bei einer aktiven Rolle des Kantons eine bessere Vollzugsperformanz. Diese nimmt ab, je mehr Kinder von einem neben- oder hauptamtlichen Schularzt betreut werden müssen. Hinsichtlich der Inan-spruchnahme der Impfungen liegen keine schlüssigen Zahlen vor, hingegen hat ein Wechsel vom Schularzt- zum Privatarztsystem in der Einschätzung der Kantonsärzte tendenziell eine Abnahme der Schüleruntersuchungen, insbe-sondere bei zurückhaltenden Eltern und sozial benachteiligten Gruppen, zur Folge.

Screening-Mammographie

Mit der neu in die KLV aufgenommenen Screening-Mammographie wurde erst- mals ein Public-Health-Programm für nicht übertragbare Krankheiten kassen-

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pflichtig (Faisst und Rička 2001). Die Einführung eines gesamtschweizerischen Programms scheiterte daran, dass wegen unterschiedlichen Tarifvorstellungen kein Tarifvertrag zwischen Versicherern und Leistungserbringern abgeschlossen werden konnte (Gisler 2000). Screening-Programme können gemäss KLV jedoch auch auf kantonaler Ebene durchgeführt werden. Ihre Anerkennung als kassenpflichtige Leistung hat denn auch verschiedene Akteure dazu angeregt, ein entsprechendes Programm zu lancieren. Nach ihrer Aufnahme in den Pflichtleistungskatalog war die Screening-Mammographie zum Zeitpunkt der Untersuchung (2001) in den Kantonen Waadt, Genf und Wallis verfügbar. Ein kantonaler Output, und damit auch ein allfälliger Outcome der Bundespolitik, ist lediglich in diesen drei Kantonen beobachtbar.

Im Vergleich mit der erfolgreichen Umsetzung in diesen drei Kantonen zeigen die Fallstudien in den Vergleichskantonen St. Gallen, Basel-Stadt und Luzern die Schwierigkeiten auf, welche die Einrichtung von weiteren kantonalen Screening-Programmen verhinderten. Dabei zeigte sich übereinstimmend, dass die ungeklärte Finanzierung der nicht von der Krankenversicherung gedeckten Programmadministration das Haupthindernis darstellte. Potenzielle private Programmträger verfügen nicht über die nötigen Ressourcen, während die meisten Kantone darauf verzichten, im Rahmen ihrer Präventionspolitik ein Früherkennungsprogramm zu betreiben oder zu unterstützen. Ebenfalls spielt eine Rolle, dass der Nutzen des Mammographie-Screenings in Fachkreisen und bei den Kantonsbehörden umstritten ist (Zeyen Bernasconi 2001).

Da das Policy Design im Rahmen einer Qualitätssicherungsverordnung vom Bund sehr konkret vorgegeben ist, und weil die Kantone nicht zur Einrichtung bzw. Finanzierung von Früherkennungsprogrammen verpflichtet werden können, hängt deren Zustandekommen sehr stark vom Engagement, den Inte-ressen und den Ressourcen der Akteure auf kantonaler Ebene ab. Wie die Kan-tone Wallis, Waadt und Genf zeigen, kann die Einrichtung eines Programms dann erfolgen, wenn das entsprechende Engagement vorhanden ist, wenn die Finanzierungsfrage gelöst werden kann und wenn die präventionspolitische Aufgabenteilung zwischen den Kantonsbehörden, den Leistungserbringern und privaten Akteuren geklärt ist. In den Vergleichskantonen finden sich dies-bezüglich unterschiedliche Voraussetzungen. Während in Basel-Stadt eine Arbeitsgruppe ein Programmprojekt vollständig ausarbeitete, jedoch an der fehlenden politischen Unterstützung scheiterte, sistierte die private Arbeits-gruppe in St. Gallen ihre Aktivitäten bereits vorher, weil sie durch eine alleinige Trägerschaft überfordert gewesen wäre. In Luzern hingegen fanden sich keine privaten Akteure, die sich für den Aufbau eines Screening-Programms einsetzen wollten. Die Beschaffenheit des Behördenarrangements erweist sich somit als wesentlicher Faktor für die Erarbeitung eines Programmprojekts.

DIE EVALUATION ÖFFENTLICHER POLITIKEN 121

Hypothesentest

Bezüglich der Performanzmasse Output (gemessen auf Kantonsebene) und Outcome (gemessen auf Kantons- und Bundesebene) zeigt sich für die beiden untersuchten präventivmedizinischen Leistungen, dass ihre Aufnahme in den Pflichtleistungskatalog des KVG (Output auf Bundesebene) nicht im angestrebten Mass dazu beigetragen hat, das Leistungsangebot der obligatorischen Kranken-versicherung auszubauen und Versorgungsgerechtigkeit im Bereich der medi-zinischen Prävention (Outcome auf Bundesebene) herzustellen, da grosse Unter-schiede im Zustandekommen und der Beschaffenheit der kantonalen Outputs bestehen. Auf die grundsätzliche Verfügbarkeit von Impfungen im Schulalter hatte die Aufnahme dieser Leistung ins KVG keinen Einfluss. Ihre Übernahme durch die Krankenversicherung führte allerdings in einigen Kantonen zu einem anderen Behördenarrangement, was eine qualitative Veränderung des Outputs der Kantonspolitik zur Folge hatte, indem die Leistungserbringung vom Staat zu den Privatärzten überging. Als Outcome ist ein damit verbundener Rückgang der Inanspruchnahme von Impfungen beim Schularzt festzustellen, was aufgrund der schwächer ausgeprägten Anreiz- und Kontrollmechanismen des Privatarzt-systems die Gefahr eines geringeren Durchimpfungsgrads beinhaltet.

Bei der Screening-Mammographie ergänzte der Bund das Policy Design mittels einer Verordnung zur Qualitätssicherung, um die Bereitstellung der Leistung auf kantonaler Ebene zu ermöglichen. Ein Output kam jedoch nur in drei von 26 Kantonen zustande, womit gesamtschweizerisch gesehen nicht von Versorgungsgerechtigkeit gesprochen werden kann. Ein Outcome der Bun-despolitik kann somit auch nur in diesen drei Kantonen festgestellt werden, während in den anderen Landesgegenden der Zielgruppe dieser Massnahme keine Möglichkeit geboten wird, ihr Verhalten zu ändern und diese Leistung in Anspruch zu nehmen.

Im Folgenden werden die Ergebnisse der beiden Fallstudien aufgenommen und die aufgestellten Hypothesen diskutiert, um die Gründe für die festgestellten Vollzugsdefizite aufzuzeigen.

H1: Die Hypothese, dass eine zielkonforme Umsetzung von Präventions-massnahmen von akteurspezifischen Interessenkonstellationen abhängt, bestä-tigt sich in beiden Fallstudien. Bei den Impfungen im Schulalter führte Unei-nigkeit über die zu verfolgende Strategie auf Bundesebene dazu, dass keine einheitliche Vorgaben für den Vollzug bestehen. Das liess den Kantonen die Möglichkeit, nicht dasjenige System zu wählen, das Versorgungsgerechtigkeit besser gewährleistet, sondern das billigere. Dies entspricht nicht den Art. 26 KVG zugrunde liegenden Zielen.

Die Errichtung von Mammographie-Screening-Programmen ist auf natio-naler Ebene und in den meisten Kantonen an unterschiedlichen finanziellen

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Interessen der Tarifpartner und an mangelnder Überzeugung vom Nutzen der Massnahme gescheitert. Die Screening-Mammographie wird in denjenigen Kantonen angeboten, in denen sich Leistungserbringer, Versicherer, Programm-organisation und Kantonsbehörden auf die Durchführung eines systematischen Früherkennungsprogramms einigen und die Finanzierung einvernehmlich re-geln konnten.

H2: In beiden Fallstudien zeigt sich, dass die Umsetzung der präventiv-medizinischen Bundesregelungen durch die Kantone davon abhängt, inwieweit sich die bundesstaatlichen Ziele mit eigenen kantonspolitischen Optionen in Einklang bringen lassen oder für deren Verfolgung instrumentalisiert werden können. Ein Teil der Kantone sah in der Neuregelung der Kostenübernahme der Impfungen im Schulalter eine Möglichkeit, kantonale Sparbemühungen zu unterstützen. Sie nutzten den neuen Handlungsspielraum dafür, das gesund-heitspolitische Ziel der verstärkten Prävention für finanzpolitische Anliegen zu instrumentalisieren, was sich negativ auf den Durchimpfungsgrad der Ziel-gruppe auswirken kann. Im Fall der Screening-Mammographie erwies sich die fehlende Unterstützung durch die mit der Prävention betrauten Kantons-behörden als ausschlaggebender Faktor für das Scheitern privater Bemühungen, ein Früherkennungsprogramm zu errichten. Hingegen stehen kassenpflichtige Screening-Programme in den drei Kantonen zur Verfügung, welche die Brust-krebsfrüherkennung von sich aus zu einer Aufgabe des öffentlichen Gesund-heitswesens machten.

H3: Hinsichtlich des Einflusses der Ausgestaltung des Policy Designs auf die Umsetzung von Präventionsmassnahmen führen die Fallstudien zu differen- zierten Ergebnissen. Weil der Bund lediglich die Bedingungen der Leistungs-vergütung durch die Krankenversicherung regelt, verfügt er über keine Instrumente, um die Bereitstellung der kassenpflichtigen Präventionsleistungen durchzusetzen. Einzig im Bereich der Qualitätssicherung bestehen Be-stimmungen (Impfplan, Qualitätssicherungsverordnung), welche jedoch lediglich die Leistungsinhalte betreffen, nicht aber die Leistungserbringung an sich. Bei den Impfungen im Schulalter zeigen sich kantonale Unterschiede in der schulärztlichen Versorgung in Abhängigkeit vom gewählten Policy Design. In denjenigen Kantonen, welche die Impfung staatlich durchführen oder kontrollieren, ist eine höhere Vollzugsperformanz festzustellen, als in den Kantonen, welche sich nur minim oder gar nicht um die Erfolgskontrolle der an die Privatärzte ausgelagerten Impftätigkeit bemühen.

Die mangelnde Verfügbarkeit der Screening-Mammographie ist auf die fehlende Regelung der Finanzierung der Programmkosten und auf das Fehlen von Anreizen zur Leistungserbringung zurückzuführen. Neben dieser zent-ralen Lücke im Vollzugsinstrumentarium stellt in einem anderen Bereich die

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vorhandene Regelung gleichzeitig ein gewisses Vollzugshindernis dar: Die Er-füllung der für den Programmerfolg zentralen Qualitätssicherungsbestimmun-gen ist mit hohem Aufwand verbunden und hält viele Leistungserbringer davon ab, an einem Früherkennungsprogramm zu partizipieren.

H4: Die Hypothese, dass fehlende Vorgaben des Bundes zu den Implemen-tationsstrukturen die Umsetzung von präventivmedizinischen Leistungen be-einträchtigen, bestätigt sich aufgrund der Fallstudien ebenfalls weitgehend. Im Fall der Impfungen im Schulalter zeigt sich bei einem Wechsel zum Privat-arztsystem, dass die Kontrolle der Inanspruchnahme von Impfangeboten nicht im selben Ausmass gewährleistet ist, wie bei einer Leistungserbringung durch den Kanton. Auch bei der Screening-Mammographie wirkt sich das Behördenarrangement auf die Umsetzung aus, weil das Zustandekommen von systematischen Früherkennungsprogrammen im Wesentlichen von der Initiative privater Akteure abhängig ist, diese jedoch kaum über die nötigen finanziellen Ressourcen und politische Unterstützung verfügen.

Als gemeinsamer Befund zu H3 und H4 kann somit bezüglich der Bedeutung von Bundesvorgaben zu Policy Design und Behördenarrangement festgehalten werden, dass bei unverbindlichen Regelungen auf Bundesebene die Kantone ihren Handlungsspielraum nutzen und eigenständige Regelungen treffen, die zu uneinheitlichen Politikergebnissen führen (Impfungen im Schulalter), gleich-zeitig bei verbindlichen Bundesregelungen die Kantone von der Möglichkeit Gebrauch machen, diese nicht umzusetzen, was Vollzugsdefizite begründet (Screening-Mammographie).

Schlussfolgerungen

Wir können aus den Ausführungen in diesem Artikel auf zwei Ebenen Schlussfolgerungen ziehen: Auf einer konzeptionellen Ebene hinsichtlich der Erweiterung des Stufenmodells von Knoepfel und Bussmann (1997) für die Evaluation föderalistischer Vollzugsarrangements und auf einer inhaltlichen Ebene zur Frage der Implikationen des föderalen Vollzugs für die Ziele des KVG im Fall der präventivmedizinischen Leistungen.

Auf der konzeptionellen Ebene haben wir gezeigt, dass das Phasenmodell die Prinzipal-Agent-Probleme des Vollzugsföderalismus nur unzureichend darzustellen vermag. Es ist aus diesem Grund sinnvoll, eine Zusatzschlaufe in der Genesephase zu konzipieren, die dem Umstand Rechnung trägt, dass die schweizerischen Kantone nicht allein Umsetzungs- sondern auch Pro-grammierungskompetenz beim Vollzug von Bundesgesetzen haben, was sich auf die Outputproduktion und auf die Wirkungen von Bundespolitik auswirkt

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und Vollzugsdefizite bzw. –ungleichheiten begünstigt. Diese Zusatzschlaufe impliziert allerdings beim häufig verwendeten Stufenmodell von Knoepfel und Bussmann (1997) für die Evaluierung öffentlicher Politik das Problem, dass es zu einer Vermischung der Evaluationsgegenstände auf Bundes- und Kan-tonsebene kommt. Diesem Umstand begegnen wir mit der Erweiterung des Stufenmodells, indem wir die beiden föderalen Ebenen getrennt betrachten und die Evaluationsgegenstände nicht generell, sondern entsprechend der Staats-ebene definieren.

Das so ergänzte Analysemodell wenden wir an einem konkreten Beispiel aus der Evaluation des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) an. Die ent-sprechende Analyse der Aufnahme präventivmedizinischer Massnahmen in den Pflichtleistungskatalog führt zur Erkenntnis, dass sich die angestrebten Ver-änderungen bei den vollziehenden Behörden und den Leistungserbringern nicht oder nur unvollständig eingestellt haben. Es zeigt sich, dass die Abgeltung dieser Leistungen durch die Krankenversicherung eine ungenügende Voraussetzung zur Sicherstellung der Versorgungsgerechtigkeit ist. Aufgrund der festgestellten Vollzugsdefizite wurden die präventionspolitischen Ziele von Art. 26 KVG im Fall der beiden untersuchten Massnahmen nicht wie vorgesehen erreicht. Die zielkonforme politische Umsetzung präventivmedizinischer Erkenntnisse und Anliegen scheitert damit an den politischen Rahmenbedingungen und der fö-deralistischen Kompetenzordnung des schweizerischen Gesundheitswesens. Aufgrund seiner starken Abhängigkeit von den Kantonen beim Vollzug ist der Bund zur Erreichung seiner Ziele auf eine erfolgreiche Mehrebenenkoordination angewiesen. Die insbesondere in der Sozialpolitik wichtige Equität staatlicher Leistungserbringung kann unter diesen Voraussetzungen jedoch nicht gewähr-leistet werden.

Bei der Erweiterung des Pflichtleistungskatalogs wurde es einerseits ver-passt, klare übergeordnete Zielsetzungen zu formulieren, andererseits wurde den Voraussetzungen der tatsächlichen Umsetzung zu wenig Beachtung ge-schenkt. Die Bundesgesetzgebung regelt zwar die Bedingungen der Vergütung einer medizinischen Massnahme, enthält jedoch keine Instrumente, um die effektive Leistungserbringung im Sinne der Versorgungsgerechtigkeit zu beein-flussen. Das KVG stellt damit eine ungenügende Rechtsgrundlage dar, um die angestrebte Erbringung von präventivmedizinischen Leistungen in den Kan-tonen zu gewährleisten.

Da die medizinische Prävention in den Aufgabenbereich der Kantone fällt, führt das Fehlen von Bundesregelungen zu einem autonomen kantonalen Vollzug, der sich in Abhängigkeit von verschiedenen politischen Faktoren ent-sprechend unterschiedlich gestaltet. Die Veränderung der Anreizstrukturen sowie die ungelöste Finanzierungsfrage bei Präventionsprogrammen eröffnen zudem einerseits Spielraum für die Verfolgung politikfeldexterner Interessen und hindern

DIE EVALUATION ÖFFENTLICHER POLITIKEN 125

andererseits ressourcenschwache Akteure an der Umsetzung der Massnahmen. Somit kann die vom Gesetzgeber angestrebte Versorgungsgerechtigkeit im Bereich der medizinischen Prävention nicht gewährleistet werden.

Als Konsequenz ergibt sich für die mit dem Vollzug des KVG betrauten Bundesbehörden in zwei Richtungen Handlungsbedarf: Zum einen implizieren die Ergebnisse eine stärkere Führungsrolle des Bundes zur Sicherstellung der Versorgungsgerechtigkeit im Bereich der Prävention, weil die Kassenpflicht von Präventionsmassnahmen allein zur Erreichung von Public Health-Zielen nicht ausreicht. Sinnvoll erscheinen Instrumentarien auf Bundesebene, um die Versorgungsgerechtigkeit als Kriterium der Kassenpflicht zu definieren und durchsetzen zu können.

Zum anderen ist im Gegensatz zu den nachfrageorientierten individual-medizinischen Leistungen im Bereich der medizinischen Prävention, welche Aufgabe des öffentlichen Gesundheitswesens ist, die Bedeutung politischer Vollzugsinstanzen und damit die Wahrscheinlichkeit von Vollzugsproblemen ungleich höher. Das bedeutet, dass bei der Aufnahme von Präventivleistungen unter dem Stichwort der Versorgungsgerechtigkeit auch Vollzugsaspekte zu berücksichtigen sind. Um die Vollzugs- und damit auch der Föderalismus-tauglichkeit solcher Massnahmen sicherzustellen, sind die Vollzugsinstanzen, d.h. kantonale Stellen bzw. parastaatliche oder private Leistungserbringer, ein-zubeziehen. Wie die Analyse gezeigt hat, kommt hierbei der Frage der Finanzie-rung von Präventions- und Früherkennungsprogrammen besonderes Gewicht zu.

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L’évaluation des politiques publiques mises en œuvre dans le fédéra-lisme d‘exécution: Une extension conceptuelle du modèle d‘étape et une application pratique

L‘article présent apporte une contribution à la conception des modèles d’analyse pour l’évaluation des politiques publiques mises en œuvre dans le fédéralisme d‘exécution. Le modèle d‘étape du policy cycle n’arrive pas à saisir toutes les facettes du problème du type ‘principal agent’. Il paraît donc pertinent de prévoir une boucle complémentaire dans la phase de genèse qui tient compte du fait qu‘en Suisse, lors de l‘implémentation des lois fédérales, les cantons n’ont pas seulement des compétences d’exécution mais aussi de programmation. Cette boucle complémentaire implique cependant un problème lorsque le modèle d‘étape de Knoepfel et Bussmann (1997), souvent utilisé pour évaluer des politiques publiques, est appliqué, parce que les objets d‘évaluation au plan fédéral et cantonal se mêlent. Pour remédier à ce problème, nous étendons le modèle d‘étape en examinant séparément les deux plans fédéral et cantonal sans définir les objets d’évaluation en général mais correspondant au plan. Le modèle est illustré par une application issue de l’évaluation de la loi fédérale sur l’assurance maladie (LAMal).

DIE EVALUATION ÖFFENTLICHER POLITIKEN 129

The evaluation of public policies with federalist implementation structure: A conceptual extension of the stage model and a practical application

The present article contributes to the conceptualization of models for the assessment of public policies with federalist implementation structures. The stage model based on the policy-cycle does not sufficiently grasp the principle-agent-problems of federalist implementation. Therefore, it is considered useful to add a supplementary loop in the stage of program formulation, which takes into account the fact that in the application of federal laws, the Swiss cantons not only have implementation competencies, but programming competencies as well. However, when applying the frequently used stage model by Knoepfel and Bussmann (1997) for evaluating public policies, this supplementary loop implies the problem that the evaluated objects at the federal and the cantonal levels are blended. In order to cope with this fact, we extend the stage model by looking at the federal and cantonal level separately and define the objects of the evaluation not generally, but according to the level. The model is illustrated by an application derived from the evaluation of the Swiss law on sickness insurance.

Fritz Sager, Prof. Dr., ist Assistenzprofessor für Politikanalyse und –evaluation am Institut für Politikwissenschaft der Universität Bern. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Sozial- und Gesundheitspolitik, der raumwirksamen Politik und der Aussenpolitik sowie der Institutionenforschung.

Address for correspondence: Fritz Sager, Institut für Politikwissenschaft, Universität Bern, Unitobler, Lerchenweg 36, CH-3000 Bern 9; E-Mail: [email protected].

Christian Rüefli, lic. rer. soc., ist Projektleiter im Büro Vatter, Politikforschung & -beratung, in Bern. Er verfügt über mehrjährige Berufserfahrung in der angewandten Politikevaluation und Policy-Analyse und ist Autor zahlreicher Forschungsberichte zum Gesundheitswesen in der Schweiz.

Address for correspondence: Christian Rüefli, Büro Vatter, Politikforschung & -beratung, Gerberngasse 27, 3011 Bern, E-Mail: [email protected]