bosco automat von conrad bernitt/ about bosco photographic automate
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HTW Berlin FB 5 Kultur-,Technik- und Mediengeschichte
SG Kons/Rest/Gr Wintersemester 2015/16
Studienbereich: AVF-MM Ira Alaeva / 1. Semester
Inhalt
!!1. Vorwort 3
2. Die ersten Fotoautomatem 4
3. Konstruktionsmerkmale von Bernitts Erfindung 8
4. Das Arbeitsprinzip des Fotoautomaten 9
5. Ein Paar Worte über das fotografische Verfahren 12
6. Anhang 15
6.1 Literaturverzeichnis 15
6.2 Abbildungsverzeichnis 16
2
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Studienbereich: AVF-MM Ira Alaeva / 1. Semester
1. Vorwort
Schon immer hat der Mensch versucht, sein eigenes Abbild festzuhalten, aber bis zum
Erscheinen der digitalen Bildtechnik war dies keine einfache Aufgabe, vor allem für
Personen mit begrenzten materiellen Möglichkeiten. Einen großen Schritt dazu, das
Selbstportrait für jedermann erschwinglich zu machen, stellte die Entwicklung der
Fotoautomaten dar.
Fast jedem sind noch die analogen, „chemischen“ Fotokabinen bekannt, die bis vor
wenigen Jahren überall verwendet wurden, etwa für die Anfertigung von Passbildern. Ihre
Grundkonstruktion wurde 1927 von Anatol Josepho, einem russischen Emigranten, in New
York eingeführt, und danach nur noch abgewandelt und modifizert. Weniger bekannt ist, 1
dass bereits in den beiden letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts Fotoautomaten
konstruiert worden sind, die erfolgreiche „Selbstaufnahmen“ ermöglichten. Sie wurden
teils sogar in Serie gefertig und kommerziell eingesetzt. Auf die Geschichte und die
technischen Charakteristika dieser Proto-Fotoautomaten, die bis heute nur ungenügend
erforscht ist, will ich in dieser Arbeit einen Blick werfen.
Das Thema der Fotokabinen erlebt ja heute insgesamt eine gewisse nostalgische
Renaissance, und daher stammt auch mein eigenes Interesse an diesem Gegenstand: Ich
habe eine Kabine des „Typs Josepho“ (allerdings nicht aus den 20er, sondern aus den 80er
Jahren) vor einigen Jahren in Moskau selbst restauriert und betreibe sie gemeinsam mit
zwei weiteren des gleichen Typs als keines eigenständiges „business“. Während mir die
mechanischen und chemischen Prozesse, die in diesen Automaten eine Rolle spielen, im
Detail bestens vertraut sind , warf mir ihre Vorgeschichte stets Fragen auf. 2
!!
3
„Popular Science“, January, 1927, S.47 1
Das Funktionsprinzip des „Typs Josepho“ Fotoautomaten habe ich im Artikel „Kabinettfotografie“ im „Foto 2
&Video Russland“ Oktober, 2009 beschrieben, S. 102-109
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2. Die ersten Fotoautomaten
Im Jahr 1889 hat in Hamburg eine Gewerbe- und Industrieausstellung stattgefunden, mit
der die Öffentlichkeit über den damaligen Stand der Münzautomaten informiert wurde.
Damals hatte die Geschichte der Selbstbedienungsautomaten gerade erst begonnen: Das
erste Patent für einen Verkaufsautomaten war 1883 vergeben worden, und zwar für einen
„Automatischen Verkaufsbehälter für Cigarren“.
Auf dieser Ausstellung wurde ein Pavillon mit 17 Automaten errichtet, manche von ihnen
dienten dem Verkauf verschiedener Waren, die andere bestimmten Gewicht und Größe der
Besucher, dritte besprühten dieselben mit Kölnischwasser. Es wurde aber bei der gleichen
Gelegenheit auch „etwas bis dahin nicht dagewesenes“ präsentiert: ein Fotoautomat, der 3
eine Momentaufnahme anfertigte.
An der Entwicklung der ersten Fotoautomaten waren, soweit sich rekonstruieren lässt, drei
Personen beteiligt: Der Lithograf, Fotograf und Verleger Carl Greise, der Ingenieur Joseph
Raders und ein Herr namens Christel Föge, der selbst bereits einen Handel mit anderen
Automaten betrieb. In dern Erinnerungen von Carl Geise heißt es: „Im Jahre 1888. Ich […]
beschäftigte mich also in der Photographie vielseitig. Ein Ingenieur, Joseph Raders aus
Frankfurt, kam zu mir auf Empfehlung eines Herrn Föge […]. Herr Raders, ein junger
intelligenter Herr, suchte einen Photographen, der sich für die automatische Photographie
Aufnahmen interessierte.“ Aus derselben Quelle geht hervor, dass andere Hamburger 4
Fotografen, an die sich der junge Erfinder Raders gewandt hatte, ziemlich skeptisch waren.
Sie lehnten seinen Vorschlag, in dieses Geschäft einzusteigen, mit folgenden Worten ab:
„Die Photographie ist eine Kunst und nicht für Automaten verwendbar.“ 5
Dieser Ansicht war Greise offenbar nicht. Die Zusammenarbeit muss erfolgreich gewesen
sein und schnell vonstattengegangen sein, denn schon am 20 Februar des folgenden Jahres
4
Leipziger Illustrirte Zeitung, №2405, August 1889, S.1213
„Erinnerungen: des Hamburger Lithographen und Verlegers Carl Griese“, Books of Demand, Norderstedt, 4
2013, S.113
ebenda5
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(1889) erhielt Josef Raders – gemeisam mit Föge und Geise – das Reichspatent 51081 auf
seinen „Apparat zur selbstthätigen Herstellung von Photographien“. Im Mai desselben
Jahres präsentieren sie der erstaunten Öffentlichkeit ihre Erfindung auf der hamburgischen
Ausstellung. (Abb.1)
Ein Bericht von Dr. Richard Tannert in der „Leipziger Illustrierten Zeitung“ erklärte das
Wirkprinzip des Automaten:
„[…] gegen Einwurf von 10 Pf. liefert er uns nach wenigen Minuten ein wohlgetroffenes
Photogramm unserer Physiognomie, zu welchem ein benachbarter Automat den Rahmen
herausgibt. […] Der Einwurf des Geldstücks wirkt auf einen Hebel, der für einen
Augenblick den vor der inneren Trichtermündung befindlichen Schieber entfernt; sofort ist
die Aufnahme erfolgt. Die Platte wird von einem Zängelchen erfaßt und der Reihe nach in
die drei Bäder - Entwicklungs-, Fixir- und Färbebad - die auf einer mit Ausschnitten
versehenen und in Drehung befindlichen Eisenscheibe stehen, getaucht. Nach jedem Bad
wird die Platte von der Zange durch die Ausschnitte hindurch in einen unterhalb der
5
Abb.1 Das Publikum vor dem ersten Fotoautomat
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Scheibe angebrachten Wasserbehälter gesenkt, der die Waschungen besorgt. Ein Uhrwerk
setzt den ganzen Mechanismus in Bewegung unter genauer Regelung der für jeden
einzelnen Vorgang nöthigen Zeit. Aus der letzten Waschung hebt die Zange die Platte auf
eine schiefe Bahn, durch welche sie ins Freie befördert und dem Eigenthümer, der durch
einen außen angebrachten Zeiger den Fortgang der Operation erfährt, zugestellt wird.“ 6
Dieser durchgängig mechanisierte Apparat funktionierte ohne Assistenz eines Fotografen
und erregte das Erstaunen aller Besucher der Ausstellung. Für das Publikum, welches
daran gewöhnt war, zuerst das Atelier des Fotografen zu besuchen und dann wochenlang
auf seinen Fotoabzug zu warten, war dieser Mechanismus vermutlich ein echter Zauber.
Dr. Tannert, der eventuell sich mithilfe des Automaten fotografieren ließ, berichtete weiter
im Artikel: „Aber ich konnte mich selbst überzeugen, daß der ganze Act des
Photographierens von dem Automaten selbstthätig ausgeführt wird.“ 7
Die Ausstellungsjury stimmte einhellig für die Verleihung einer goldenen Medaille an die
Urheber der Erfindung. Es wurde betont, dass dieser Mechanismus „eine geistvolle
Construktion“ war. Der Erfolg des ersten Fotoautomaten, das Interesse der Öffentlichkeit 8
und der Fortschritt in der Fotoindustrie waren dafür verantwortlich, dass bald auch
Mitteilungen über neue Patente von anderen Erfindern wie Pilze aus dem Boden schossen.
Zum Beispiel der deutschstämmige Fotograf Mathew Steffens aus Chicago beantragte am
31. Mai 1889 ein U. S. Patent auf seinen Automaten. Ebenso wurde im Jahr 1894 ein
Automat vom Erfinder Juan Ferrer y Girbau aus Barcelona patentiert. Zwischen 1889 und
1900 wurden weltweit mindesten 25 Patente für Fotoautomaten angemeldet.
Aber die meisten dieser Apparate erwiesen sich als kommerziell nicht rentabel und
forderten einen hohen finanziellen Betriebsaufwand. Nur einem Apparat gelang es, Erfolg
zu erzielen und weltweit bekannt zu werden.
6
„Leipziger Illustrirte Zeitung“, №2405, August, 1889, S.1226
ebenda 7
„Erinnerungen: des Hamburger Lithographen und Verlegers Carl Griese“, von Carl Griese, Books of 8
Demand, Norderstedt, 2013, S.114
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Der bekannteste „Photographier-Automat“ des ausgehenden 19. Jahrhunderts war der
sogenannte „Bosco“-Automat, dessen Name vom berühmtesten europäischen
Zauberkünstler Bartolomeo Bosco hergeleitet wurde. Schon nach drei Minuten nach der
Aufnahme entstand der fertige Fotoabzug aus dem Apparat, was an und für sich für
ehrliche Magie gehalten werden konnte.
Das Patent D.R.P. 58613 auf seinen Apparat beantragte der Konstrukteur dieses Apparates,
Conrad Bernitt, aus Hamburg am 16 Juli 1890. Im Hamburger Telefonbuch aus dem
Zeitraum zwischen den Jahren 1880 und 1908 können verschiedene Adressen gefunden
werden, an denen sich die Werkstätten von Bernitt nacheinander befanden. Wenn nicht alle
Zeichen trügen, könnten die Standortwechsel auf dem Platzbedarf der sich erweiternden
Werkstätten zurückgeführt werden, in welchen die Fotoautomaten gebaut wurden.
Bosco-Automaten wurden auf Volksfesten und auf Ausstellungen im In- und Ausland 9
eingesetzt. Ab dem Jahr 1894 wurden die ersten Automaten in Berlin aufgestellt, z.B. in
Castans Panopticum und der Urania . In München wurde ein solcher Automat im 10
Münchner Löwenbräu-Keller betrieben. Der Bosco-Fotoautomat wurde in Stockholm im 11
Rahmen der Gewerbe- und Industrie Ausstellung im Jahr 1897 und unter dem
Markennamen Leoni in Paris im Jahr 1900 präsentiert. Im selben Jahr kam der Bosco-
Automat nach Australien. Darüber berichtete eine Zeitungsnotiz der Zeitung „The South
Australian Register“: „[…] imagine, then, a photograph taken and developed in three
minutes! That is what is taking place at Bosco's premises in the Adelaide Arcade. […] Mr.
W. Newnhan is the Adelaide representative of this wonderful invention!“ 12
7
„Allerdings gibt es auch in der Geschichte dieses Mediums einige Erscheinungen, welche in ihrer Form eng 9
mit Jahrmarkt verbunden sind, denn neben professioneller Dienstleistung diente die Photographie auch als Mittel der Volksbelustigung.“ Aus „Eintritt frei, Kinder die Hälfte: Kulturgeschichtliches vom Jahrmarkt“ von Uwe Geese, Johnas Verlag 1981, S. 57
„Leipziger Illustrirte Zeitung“, №2654, Mai 1894, S. 51610
Als bekannteste Aufnahme aus diesem Apparat gilt ein Foto von Henri Matisse. „Im Herbst 1910 11
entstanden im Münchner Löwenbräu-Keller mindestens vier fotografische Gruppen-Selbstbildnisse der Maler Henri Matisse, Hans Purrmann und Albert Weisgerber.“ Aus „Rundbrief Fotografie“ Vol. 16 (2009), S. 3
The South Australian Register, März, 1900. Internetabruf unter: http://www.trove.nla.gov.au/ndp/del/12
article/56553217 (letzter Zugriff: 01.03.2016)
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Bis etwa 1902 war der Bosco der weltweit erfolgreichste Fotoautomat.
!3. Konstruktionsmerkmale von Bernitts Erfindung
Im Folgenden werden die von Bernitt vorgeschlagenen technischen Lösungen vorgestellt,
die seiner Erfindung ermöglichten, den Fotoautomaten-Markt Ende des 19. Jahrhunderts zu
erobern. Damit hinterließ die Erfindung ihre Spuren in der Technikgeschichte und nahm
eine würdige Stellung in den Kollektionen der Museen ein.
Es ist anzunehmen, dass die Haupterfindung von Bernitt nicht die Konstruktion des
Apparates selbst war, sondern eine besondere Ausführung der Fotoplatte. Diese wurde
ebenfalls patentiert. Dafür liefert das Patent D.R.P. 57159 „Lichtempfindliche Platte für
Apparate zur selbstthätigen Herstellung von Photographien“ einen Beweis.
!!!!!!!!!!Die mit einer Mischung aus schwarzem Pigment und Schellack lackierte Blechplatte, die
für die Aufnahme verwendet wurde, hatte einen aufgebogenen erhöhten Rand, der sich laut
Patent „an der lichtempfindlichen Seite der […] benutzten Platten” befand, und „die zum
Hervorrufen und Fixiren erforderlichen Flüssigkeiten zu fassen vermag und gleichzeitig als
8
Abb.2 Zeichnung zum Patent „Lichtempfindliche Platte für Apparate zur selbstthätigen Herstellung von Photographien“
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Rahmen für das Bild dient.“ Das bedeutet, dass die Platte gleichzeitig sowohl wie ein 13
Träger für die Fotoschicht als auch eine Entwicklerwanne für die fotografische Chemie
diente. Auf der zum Patent gehörenden Zeichnung wurde der Rand als a1 und die Bildseite
der Platte als a bezeichnet. (Abb. 2)
Bernitt konstruierte seinen Automat auf solche Weise, dass sich im Inneren keine offenen
Behälter mit der flüssigen fotografischen Chemie befanden. Dies machte zum einen die
Bedienung des Apparats leichter und billiger, zum anderen vermied es die Verschmutzung
und das Verderben der fotografischen Chemie.
Auf dieses Konstruktionsmerkmal, das den Automaten „System Bernitt“ von anderen
ähnlichen Apparaten unterschied, wurde im Text zum Patent hingewiesen: „Die zuletzt
angefertigten Bilder werden daher auch ebenso rein und klar wie die ersten, was bei
keinem der bekannten selbstthätigen Apparate zur Herstellung von Photographien erreicht
worden ist.“ 14
!4. Das Arbeitsprinzip des Fotoautomaten
Das Gerät stellt ein aus Holz gebautes Gehäuse dar, im welchen sich befand: eine
Fotokamera, ein Kasten mit den Fotoplatten, die Glasbehälter mit der fotografischen
Chemie, ein für das mechanische Teil der Aufnahmeprozessen zuständiges Uhrwerk, und
eine Horizontalwalze. Der Apparat wurde im zwei Größen produziert. Die eine Version, für
feststehende Montage, war 140 Kilogramm schwer und 2,7 m hoch, eine andere,
transportable, war für Volksfeste und Ausstellungen vorgesehen und in der Ausführung
leichter (ungefähr 56 Kilogramm) und kürzer (93 cm). (Abb. 3, nächste Seite) Der Apparat
konnte auch für Blitzlicht eingerichtet werden, das mithilfe von einer Batterie entzündet
werden konnte.
10
Internetabruf auf der Website des Deutsches Patent- und Markenamts unter: https://depatisnet.dpma.de/13
DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE000000057159A (letzter Zugriff: 04.03.2016)
Internetabruf auf der Website des Deutsches Patent- und Markenamts unter: https://depatisnet.dpma.de/14
DepatisNet/depatisnet?action=pdf&docid=DE000000058613A (letzter Zugriff: 04.03.2016)
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!!!!!!!!!!!!!Der Besucher saß dem Objektivsfenster C gegenüber und warf ein 50-Pfennig-Stück ein,
um den Beginn der Aufnahme auszulösen. Das sich unten der Kabine befindende Uhrwerk
H trieb eine mit entsprechend angeordneten Vertiefungen T oder Erhöhungen U versehen
Horizontalwalze S an, durch welche die Mechanismen zur Ausübung der verschiedenen
Tätigkeiten in Bewegung gesetzt wurden. Zuerst wurde eine Fotoplatte aus dem Magazin-
Kasten B in einen Halter geschoben, eine Klingel signalisierte, dass in diesem Moment der
Kameraverschluss geöffnet ist. Die Aufnahmezeit dauerte 2 Sekunden, während der die
lichtempfindliche Schicht der Platte belichtet wurde. Das Uhrwerk brachte dann die Platte
in horizontale Lage. Auf die Platte wurde dann eine Portion des Entwicklers aus der
Flasche A1 aufgebracht. Dann wurde die Platte mit Wasser aus der Wasserleitung oder aus
dem Reservoir gespült, das sich unter dem Dach des Apparates befand. Darauf folgte die
Einwirkung des Fixiermittels aus der Flasche A2 und des Toners aus der Flasche A3. Die
10
Abb.3 Links (rot) ist die große und rechts (blau) die kleine Version des Apparates (Maßstäbe unterschiedlich).
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verbrauchten Flüssigkeiten wurden in einen entsprechenden Container Q abgeführt. Nach
3-4 Minuten rutschte die fertige Platte auf einer Gleitbahn I aus dem Apparat heraus.
(Abb. 4)
!!!!!!!!!!!!!!!!!!
11
Abb. 4 Innenraum und Mechanismus des Bosco-Automaten
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Die Fotografie auf mit schwarzem Lack beschichtete Eisenblech im Format 5x7,5 cm mit
einem erhöhten Rand, der mit einem goldfarbenen Muster verziert war, wurde in ein
passendes Etui aus Pappkarton verpackt. Dieses diente einerseits als Schutz vor
verschiedenartigen Beschädigungen, andererseits als Informationsträger. Auf ihm konnten
z.B. der Aufnahmeort oder einfach das Datum abgedruckt werden. (Abb. 5)
!!!!!!!!!!5. Ein Paar Worte über das fotografische Verfahren.
Wie schon früher ausgeführt wurde, verfertigten die erste Fotoautomaten die Fotografien
auf Eisenblech, es handelte sich um sogenannte Ferrotypien. Es wurde allerdings nicht 15
der klassische Prozess der Ferrotypie verwendet, wie er vom französischen Chemiker
Adolph Alexandre Martin im Jahr 1853 veröffentlicht worden war. Dieser bestand darin,
dass auf eine Platte eine Schicht von Kollodium (einer Lösung von Pyroxylin und Iod- 16
und Bromsalzen in Ethanol und Ether) aufgetragen wurde. Dann musste die Platte sofort
12
von lateinischen ferrum=Eisen15
„Das Pyroxylin ist ein Körper, den man erhält, wenn man Baumwolle, Leinen, Papier in eine Mischung 16
von concentrirter Salpetersäure und Schwefelsäure eintaucht und dann sorgfältig auswäscht und trocknet.“ Aus „Lehrbuch der Photographie“ von Dr. H. Vogel, Verlag von Robert Oppenheim, Berlin, 1870, S. 94
Abb.5 Die Fotografie aus dem Bosco-Automaten mit einem passenden Etui
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sensibilisiert werden (bzw. durch Eintauchen in Silbernitratlösung), um lichtempfindlich zu
werden. Danach wurde die noch feuchte fotografische Platte zur Aufnahme verwendet,
denn im trockenen Zustand verlor sie ihre Lichtempfindlichkeit. Es liegt nahe, dass dieser
Prozess nicht für die Anwendung in den Fotoautomaten verwendet werden konnte.
20 Jahren nach Martins Erfindung wurde eine neue Methode für Ferrotypie vorgestellt. Am
8. September 1871 in einem Bericht aus dem Britisch Journal of Photography wurde
mittgeteilt, dass der englische Arzt Richard L. Maddox eine Möglichkeit für Herstellung
einer mit der Bromsilbergelatine bedeckten trockenen Platte entdeckt hatte. Sie war es, die
wegen ihrer Haltbarkeit und hohen Lichtempfindlichkeit in den Fotoautomaten
Verwendung fand. Darüber schrieb J. M. Eder in seinem „Ausführlichen Handbuch der
Photographie“: „Später (um 1900) tauchten die Ferrotypien wieder vorübergehend in Form
von Bromsilbergelatineplatten auf und es wurden Apparate, sog. photographische
Automaten, verwendet, bei welchen die Belichtung (Magnesiumblitzlicht oder elektrisches
Licht), Entwicklung und Fixierung automatisch erfolgte […]“ 17
Als Entwickler im Bosco-Apparat wurde das kurz zuvor auf den Markt gebrachte Produkt
Rodinal von Agfa verwendet, das noch heute vielfach in Gebrauch ist. Das Patent (D. R. P.
Nr. 60174) für diesen auf p-Amidophenol basierten Entwickler hatte am 28.Januar 1891 18
ein Dr. Momme Andresen erhalten. Für die Fixierung wurde eine Lösung von
Natriumthiosulfat gebraucht und als Toner Quecksilberchlorid, „welches das Bild weiss
färbt“ . 19
!Wie man sieht, hat Bernitt in seiner Maschine den damals neuesten Stand der Technik und
der fotochemischen Prozesse umgesetzt. Die Entwicklung blieb jedoch an dieser Stelle
nicht stehen. Mit der Entstehung des Negativ-Positiv-Verfahrens auf Fotopapier kamen ein
13
„Ausführliches Handbuch der Photographie“ (Erster Band, erster Teil) von Hofrat Prof. Dr. Josef Maria 17
Eder, Verlag von Wilhelm Knapp, 1932, S.514
p-C6H4(OH)(NH2) - farblose oder grünliche Krystalle. Die wässerige Lösung färbt sich rötlich.18
„Photographische Mitteilungen für Fachmänner und Liebhaber“, 30. Jahrgang (1893-1894), S. 19 19
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neuer Typ von Maschinen auf. Über diese schreibt der schon erwähnte J. M. Eder: „Auch
für solchen raschen Bedarf an Gelegenheitsbildern verdrängte das Bromsilberpapierbild
die alte Ferrotypie.“ 20
Spurlos verschwunden ist der Urahn der späteren modernen Fotoautomaten jedoch nicht.
Mindestens zwei Exemplare der Bernittschen Fotoautomaten sind bis heute erhalten
geblieben, einer von ihnen in der Sammlung des Deutschen Museums in München , der 21
andere im Tekniska museets in Stockholm , und die Fotografien aus diesen Maschinen – 22
allesamt Unikate – erfreuen sich bei Sammlern großer Nachfrage.
!!!!!!!!!!!
14
„Ausführliches Handbuch der Photographie“ (Erster Band, erster Teil) von Hofrat Prof. Dr. Josef Maria 20
Eder, Verlag von Wilhelm Knapp, 1932, S.514
„Ein Original dieses Apparates steht im Deutschen Museum zu München, Abteilung Photographie nebst 21
einer großen Zahl der erwähnten Steinheil’schen Objektive und Apparate.“ Aus „Carl August von Steinheil der Erfinder und Schöpfer der Kleinbild-Photographie vor 100 Jahren“ von Dr. Rudolf Loher, Druck: J.B. Lindl, München, 1939, S. 13
„The photobooth was showed at The General Art and Industrial Exposition of Stockholm in 1897. The 22
photobooth was donated to the museum by Helmer Bäckström and donated to him by a phographer in Kalmar, southern Sweden in 1936 named Walter Olsson . It is possible that he had been touring with the photobooth around Sweden.“ Aus meinem Briefwechsel mit Frau Emilie Sabel, der Kuratorin des National Museum of Science and Technology Sweden.
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6. Anhang
6.1 Literaturverzeichnis
1. Chiesa, Gabriele; Gosio, Paolo: „Dagherrotipia, ambrotipia, ferrotipia positivi unici e
processi antichi nel ritratto fotografico“, E-Book (Internetabruf : http://www.gri.it/
dagherrotipia-book/DAF-filigranato.pdf), 2012
2. Eder, Josef Maria: „Ausführliches Handbuch der Photographie“ (Erster Band, erster
Teil), Verlag von Wilhelm Knapp, Halle, 1932
3. Geese, Uwe: „Eintritt frei, Kinder die Hälfte: Kulturgeschichtliches vom Jahrmarkt“,
Johnas Verlag, Marburg, 1981
4. Griese, Carl: „Erinnerungen des Hamburger Lithographen und Verlegers“, Books of
Demand, Norderstedt, 2013
5. Häußler, Franz: „Fotografie in Augsburg 1839 bis 1900“, Wißner-Verlag, Augsburg,
2004
6. Kemp, Cornelia; Gierlinger, Ulrike: „Wenn der Groschen fällt ... Münzautomaten -
gestern und heute“, Deutsches Museum, München,1989
7. Loher, Rudolf: „Carl August von Steinheil der Erfinder und Schöpfer der Kleinbild-
Photographie vor 100 Jahren“, Druck: J.B. Lindl, München, 1939
8. Massen, Ernst: „Kleine Geschichte der Fotoautomaten“, Photo Antiquaria Nr. 103
(4/2011)
9. Valenta, Eduard: „Photographische Chemie und Chemikalienkunde“, Velag von
Wilhem Knapp, Halle, 1899
10. Vogel, Hermann Wilhelm: „Lehrbuch der Photographie“, Verlag von Robert
Oppenheim, Berlin, 1870
11. „Leipziger Illustrirte Zeitung“, №2405, August 1889
12. „Leipziger Illustrirte Zeitung“, №2654, Mai 1894
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