alpine archäologie in der silvretta

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a s. 36 . 2o13 . 1

Die Alpen sind ins Zentrum der archäologischen

Forschung gerückt: Auslöser für einen beispiellosen Aufschwung war 1991 der Fund

e as. d t 0

der Gletscherleiche Ötzi, deren Schicksal uns heute noch bewegt. Die immer stärker

abschmelzenden Gletscher bringen Funde zum Vorschein, die über Jahrhunderte und Jahrtausende im Eis eingeschlossen gewesen waren. Fallende Grenzen in Europa bewirken

eine vermehrte internationale Zusammenarbeit. All dies waren Vorausetzungen für das

2007 von der Universität Zürich gestartete erste Forschungsprojekt in der Silvretta, das

mit Folgeprojekten bis heute andauert. Die inzwischen zahlreichen archäologischen Prospektionsprojekte in den Alpen bestätigen, dass die Alpen nie abgeschottet und immer

mit der kulturellen Entwicklung Europas eng verflochten waren. Dass heute marginale

Passübergänge einst wichtig gewesen waren und umgekehrt, aber auch, dass unsere Alpwirtschaft wahrscheinlich einiges älter ist als angenommen, zeigen unter anderem die

Resultate des schweizerisch/österreichischen Projekts Silvretta Historica im Dossier dieser

as.-Ausgabe. 1 _Ciaire Hauser Pult

aS. Les Alpes sont devenues /'un des centres d'interet de Ia re­

cherche arch8ologique: le catalyseur de cet elan sans precedent

fut Ia decouverte, en 1991, du corps libere des glaces d'Ötzi, dont

le destin nous tauche aujourd'hui encore. La fonte des glaciers,

toujours plus marquee, delivre des vestiges emprisonnes depuis des

centaines, voire des milliers d'annees. La disparition des frontieres

in ternes de !'Europe a paraltelement favorise !es collaborations

internationales. Ces circonstances furent propices au demarrage,

en 2007, du premier projet de recherche de I'Universite de Zurich

dans Ia Silvretta, qui se poursuit toujours par !es etudes qui en ont

decoule. Les nombreuses prospections arch8ologiques entreprises

entre temps dans !es Alpes confirrnent qu'el/es n'ontjamais ete a

l'ecart, mais a /'inverse toujours etroitement liees au developpement

culturel de /'Europe. Que des cols aujourd'hui secondaires ont ete

irnportants autrefois, et vice versa, mais aussi que notre economie

alpine est vraisemblablement plus ancienne que ce que l'on admet

generalement, voila ce que montrent, entre autres, /es resultats

du projet helvetico-autrichien Silvretta Historiea, presentes dans

ce nouveau dossier d'as. I

a 5. Le Alpi sono balzate al eentro della rieerea areheologiea. II ritro­

vamento nel 1 991 di Ötzi, l'uomo dei ghiaeei il eui destino eommuove aneora oggi, ha seatenato un Interesse senza pari . Lo seioglimento

progressivo e il ritiro dei ghiaeeiai porta alla luee oggetti ehe sono

stati sepolti per centinaia e migliaia di anni sotto il ghiaeeio. D'altro

canto l'eliminazione delle frontiere fra gli stati europei ha faeilitato Ia

eollaborazione internazianale a livello seientifico. Queste premesse sono alla base del primo progetto di rieerea nella regione di Silvretta,

promosso daii'Universita di Zurigo nel 2007, al quale hanno fatto

seguito altri progetti fino ad oggi. Nel frattempo le numerose pros­

pezioni areheologiche dimostrano ehe le Alpi non si ehiusero mai su

se stesse, ma al contrario sono sempre state strettamente Iegate

allo sviluppo eulturale deii'Europa. I risultati della rieerea del progetto

svizzero-austriaeo Silvretta Historica, ehe presentiamo nel dossier di

questo numero di as., permettono di affermare ehe aleuni passi alpini oggi poeo uti lizzati erano inveee importanti in passato e vieeversa,

ma anehe ehe l'eeonomia alpestre e molto piu antica di quanto si

potesse immaginare. I

s o m m a r e

4 dossier Alpine Archäologie in der Silvretta _ Thomas Reitmaier, Karsten Lambers, Christoph Wa/ser, !gor Zingman, Jean Nico/as Haas, Benjamin Oietre, Danlei Reidl, lrka Hajdas, Kurt Nicolussi, Yvonne Kathrein, Leandra Naef, Thomas Kaiser

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neuer abri Der Abri Unterkobel in Oberriet (SG)­Neue Einblicke in die Geschichte des Alpenrheintals _Fabio Wegmüller, David Brönnimann, Martin P Schind/er

VUe d'en haut La villa romaine d'Ecublens EPFL, une decouverte inattendue ... _Christophe Henny

Iegionärsaiitag «Werdet Römer>• im Legionärspfad Vindonissa _ Christfan Maise, Thomas Pau/i-Gabi

rubriques

navigation et commerce_Soon e Oe oarre

geldgeschichte_Beneo-c ~er

archeone et le latenium_ Virgm1e Galbarini-Weinmann

premier bilan_Cyn hia Dunning

droit et ethique_France Terrier

bücher- livres

actuel

agenda

as. 36.2013. 1 14 Juntereng a d i n

Alpine Archäologie in der Silvretta _ Thomas Reitmaier, Karsten Lambers, Christoph Walser, I gor Zingman, Jean Nicolas Haas, Benjamin Dietre, Daniel Reidl, lrka Hajdas,

Kurt Nicolussi, Yvonne Kathrein, Leandra Naef, Thomas Kaiser

Abb.1

Scha1herde oberhalb der Alp

Urschai, Ftan, Unterengadin, Som­

mer2012.

Troupeau de moutons au-cfessus de

/'Alp Urschai, Ftan, Basse-Engadine,

ete 2012.

Gregge di pecote sopta I' Alp

Urschai, AEn. Bassa Engadina. estate 2012.

«Erst seit kurzem sind diese geheimnisvollen Bergwüsten bekannter geworden.•

(G.L. Theobald, 1860)

Seit 2007 untersucht ein internationales Forschungsprojekt in der Silvretta

zwischen der Schweiz und Österreich die Spuren der ersten Hirten.

Dabei wird immer mehr die hohe Anzahl und Qualität alpiner Denkmäle

aus mittlerweile 11 Jahrtausenden deutlich- von Lagern steinzeitlich

Jagdgruppen bis zur derzeit ältesten Alphütte der Schwe·

Prolog getrieben haben? Die Suche nach Erzen etwa? .se~~

Beilklinge war aus Kupfer gegossen, immerhin.

Hirte soll er gewesen sein. Sommer für Sommer doch die Jagd? Jäger war er, mit Sicherheit, z.. ziehen die Sehnalstaler Bauern nach Norden und offenbart seine perfekt erhaltene Ausrüstung. -=.-fahren mit ihren Herden über Gletscher, als ob der Schütz im Gebirg - aber mehr noch Gejagter, r~

Viehtrieb über den Firn ein einziges, angenehmes überstandenen Kämpfen auf der Flucht, verfc.J<;;:

Dahingleiten wäre. Transhumanz. Was sonst als das höchste Höhen. Endlich ermordet, nur sche.--.c~

Aufsuchen jener saftigen Weiden im hintersten Ötztal entronnen, niedergestreckt von einem töcl -~ _

soll einen Mann vor 5300 Jahren so welfnach oben Pfetlschuss, der im vergänglichen Eis einen ~-

Abb.2

Die Silvretta mit den heutigen Dör·

fern sowie den wichtigsten Tälern

und Passverbindungen.

La Silvretta avec /es vil/ages actue/s,

ainsi que /es vallees et co/s /es plus

importants.

I villaggi attuali, le valli principali e i

passi della Silvretta.

5

gewöhnlichen Tatort der Vergangenheit entstehen der alpinen Volkskultur sind bereits vor langer Zeit

liess. Die einzigartige Konservierung des Eismannes entstanden und prägen als kollektives Heimatsym-

und seiner Habseligkeiten, das fesselnde Schicksal bol, als gesellschaftliches Zerrbild und exotisierende

seines Lebens und Sterbens und die aufregende Versinnbildlichung von .Freiheit, Abgeschiedenheit

Entdeckung 1991 haben der alpinen Archäologie und Naturnähe, kurz der «heilen Heidiwelt», bis

unversehens eine populäre Ikone geliefert. Und heute unsere Identität. Selbstverständlich besteht

gleichzeitig zu einer veränderten Wahrnehmung, zu daher seit langem die Frage nach dem wahren Alter

einer wissenschaftlichen Eroberung der heimischen der Alpwirtschaft. Doch - deren genaue Ursprünge

Gebirge durch Archäologen und Archäobiologen waren bislang unbekannt. Auch der Tiroler Eismann

geführt - Ötzi war gestern. wurde wiederholt mit der Transhumanz in Verbin­

dung gebracht, allerdings ohne diese trotz innova­

"· .. deine Welt sind die Berge!»

Seit Jahrtausenden leben in den Alpen Menschen

und ringen in harter Arbeit der Natur ihr tägliches

Brot ab. Wenig scheint dabei so natürlich und archa­

isch zugleich wie die sommerliche Nutzung der

ausgedehnten Hochweiden mit Schafen, Ziegen,

Rindern und Pferden. Saftige Matten, grasendes

Alpvieh und wohlklingendes Herdengeläut, ein

urchiger Senn, würziger Bergkäse - viele Elemente

tiver Zugänge und ausgedehnter Surveys konkret

belegen zu können. Für die Schweizer Alpen indi-

zieren seit Jahrzehnten neben der prähistorischen

Siedlungslandschaft in höher gelegenen Gebie­

ten vor allem archäobiologische Untersuchungen,

alpine Höhenfunde sowie Flurnamen eine prähisto­

rische Hochweidewirtschaft. Überblickt man den

Forschungsstand der letzten Jahrzehnte, so wird

deutl ich , dass die methodischen Schwierigkeiten

indes nicht unerheblich sind und das Problem trotz

einer Vielzahl archäologischer und human-/paläo­

ökologischer Arbeiten keinesfalls hinreichend gelöst

ist. Bereits i 936 stellte K. Gutzwiller fest: «Wenn

materielle Hinterlassenschaften fehlen, die auf prä­

historische Viehherden und Sennhütten schliessen

lassen, so liegt dies darin, dass die Gebirgsnatur

allem Vergänglichen auf den Leib rückt und uns

nichts erhalten ist.» Und selbst der Doyen der ver­

dienten Schweizer Wüstungsforschung W. Meyer

meinte lapidar " · .. dass die Chance, einen frühge­

schichtlichen Alpstafel zu finden, gering bleibt. » Eine

urgeschichtliche Alphütte, konnte so etwas zu ent­

decken sein? Und wo sollte man danach suchen?

Terra nuova

ln der Silvretta, einem hoch aufragenden Gebirgs­

zug zwischen der Schweiz und Österreich, versucht

ein von der Abtei lung Ur- und Frühgeschichte der

Universität Zürich 2007 initiiertes Forschungspro­

jekt sich den Anfängen der Alpwirtschaft zu nähern.

ln einer archäologisch bislang kaum bekannten

«Region am Rande" zwischen dem Unterengadin

a s. 36. 2o13. 1

elafter1ichen

6

GE W. cem ?aznaun und Montafon soll ausgehend

er bereits besser bekannten prähisto­

~smen Kulturlandschaft im Talbereich (rund 1200-

~ 5(X) m ü.M .) die frühe menschliche Nutzung der

--'.ochweideflächen ab 2000 m über den Verlauf

der letzten 11 000 Jahre eingehender analysiert

werden. Bereits 1983 hatte L. Stauffer-l senring bei

ihrer wegweisenden Bearbeitung der urgeschicht­

lichen Fundstellen des Unterengadins dazu auf­

gerufen, als sie meinte: "Möglicherweise könnte

mit einer systematischen Suche nach Temporär­

siedlungen der prähistorischen Alpwirtschaft die­

ser Wirtschaftszweig besser erfasst werden. >> Aus

historischen Quellen war bekannt, dass spätestens

ab dem 11 . Jahrhundert vom begünstigten lnntal

aus die nordwärts der Pässe, Joche oder Fuor­

clas gelegenen Alpweiden - auf heute österrei­

chischer Seite - mit Vieh bestossen wurden. Die

Vermutung lag nahe, die Wurzeln und mögliche

archäologische Belege dieser traditionellen Wirt-

Unterengadin

aufgetriebenen Vieh vorwiegend durch Bewei­

dung Nahrung bieten. Sie werden getrennt von

den tiefer gelegenen Heimgütern mit den dort

zu schonenden Acker-, Wald- und Wiesenflä­

chen bewirtschaftet, stehen jedoch gewöhn­

lich in einem organisierten Zusammenhang mit

diesen, indem sie deren Futterbasis erweitern.

Talbetrieb mit Winterfütterung (Laub/Heu), Mai­

ensäss als Zwischenstufe und Alpweiden stellen

bei dieser Stafelwirtschaft im Unterschied zur

(horizontalen) Transhumanz somit ein untrenn ­

bares Ganzes, eine funktionale Einheit dar.

Selbstredend kann der sommerliche Aufenthalt

in den Höhen mit der zusätzlichen Erschliessung

wichtiger Rohstoffe und Materialien wie Holz,

Harz, Wachs, Holzkohle, Eis, Silex, Bergkristall ,

Grüngestein und Erzen, mit Jagd- und Handel­

sunternehmungen und verschiedenen Formen

der Sammelwirtschaft sowie kultisch-religiösen

Aktivitäten (Schalen-/Zeichensteine, Felskunst,

schaftsweise in weitaus früherer Zeit zu suchen. Brandopferplätze , Depots) einhergehen.

Unter Alp/Alm werden hier im Übrigen jene

<<Grundstücke" im Gebirge verstanden, die wäh-

rend der günstigen, schneefreien Jahreszeit dem Am Boden, aus der Luft und aus dem All

Die Silvretta, beliebt als attraktives Wander-,

Bergsteiger- und Skiparadies mit Hochalpen­

strasse, ist als über 500 km2 grosses Forschungs­

gebiet abgesteckt. Doch woher wissen

Archäologen, wo sie etwas finden? Die syste­

matische Suche nach Fundstellen - die soge­

nannte Prospektion - ist bekanntlich ein wichtiger

Aspekt der Arbeit und Grundlage für jede weitere

Datierung, Dokumentation , Interpretation und fall­

weise Ausgrabung eines Bodendenkmals. Neben

traditionellen Methoden wie dem intensiven

Studium von Literatur und Karten, der Befragung

lokaler Gewährsleute (oral history) und ausgedehn­

ten Geländebegehungen kommen auch neuar­

tige Verfahren wie unbemannte Fluggeräte oder

die teilautomatisierte Auswertung von Luft- bzw.

Satellitenphotos zum Einsatz. Insbesondere die

computergestützte Bildverarbeitung bietet den

Vortei l, grosse Datenmengen und damit ein

weitläufiges Areal bereits im Vorfeld schnell, sys-

Abb. 4

Val Lavinuoz, Plan San Jon. Fels­

block mit vorkragendem Dach als

Wind- und Wetterschutz; Grabung

Sommer 2008.

Val Lavinuoz, Plan San Jon. Un bloc

de rocher en surplomb offre un abri

contre Je vent et Je mauvais temps;

touille de l'ete 2008.

Val Lavinuoz, Plan San Jon. Masse

roccioso con parte sporgente quale

riparo dal vento e dalle intemperie.

Scavo estate 2008.

7

tematisch und effizient analysieren zu können.

Für die Silvretta wurden dafür im September

2011 durch den amerikanischen Satelliten

Geoeye 1 aus einer Flughöhe von 680 km vier

Bildszenen aufgenommen, welche die höchste

derzeit verfügbare räumliche Auflösung von 50

cm aufweisen. Diese Bilder verfügen neben den

RGB-Farbkanälen im sichtbaren Licht auch über

einen Farbkanal im nahen lnfrarotbereich, der

sich besonders zur Klassifikation unterschied­

licher Pflanzenarten bzw. Wachstumsstufen

der Vegetation und damit auch zur Erkennung

von Bewuchsmerkmalen (crop marks) eignet.

Indem der Suchbereich im Photo durch mehrere

Filter auf die archäologisch interessanten Zonen

eingegrenzt wird, kann sich die eigentliche

Detektion auf die Identifizierung (geometrisch)

definierter Objekte wie Gebäudestrukturen oder

Wegesysteme beschränken.

Vorrangiges Anliegen der Kampagnen 2007 bis

2012 war allerdings eine intensive Begehung

des Arbeitsgebietes, um sich während 22 Som­

merwochen eine gute Kenntnis der Landschaft

zu << erlaufen" . in abertausenden Höhenmetern

konnten so von einem ausgezeichneten, hart­

näckigen und verschworenen Team aus jungen

Studierenden über 200 Fundstellen erfasst wer­

den. Dabei finden sich im alpinen Gelände unter­

schiedliche Spuren der Vergangenheit - ober­

flächlich sichtbar sind jüngere Gebäudereste,

sogenannte Wüstungen. Sie geben aufgrund

ihrer räumlichen, strategischen und funktio­

nalen Lage (wind- und wettergeschützte, ebene,

trockene Lage, lawinensicher, Wassernähe,

Wegenetz, Aussicht bzw. Sichtschutz etc.) gute

Anhaltspunkte auf mögliche ältere Strukturen im

Umfeld. Eine besonders wichtige Kategorie alpi­

ner Fundstellen sind grössere Fels(sturz)blöcke,

sog. Abris . Sie boten mit ihren überhängenden

Felsdächern schon sehr früh und wiederholt dem

Menschen Schutz und Unterschlupf. Gleichzeitig

bleiben die archäologischen Hinterlassenschaf­

ten (Feuerstel len, Abfall etc.) sehr gut erhal­

ten, wie unter dem in der römischen Kaiserzeit

genutzten Abri Plan San Jon in der Val Lavinuoz.

Weitaus schwieriger sind sog. Freilandstationen

auszumachen , die im weitläufigen und offenen

Gelände meist auch schlechter erhalten sind.

Ohnehin zeichnen sich alpine Temporärsied­

lungen trotz (oder gerade wegen) der wiederhol­

ten, nur saisonalen menschlichen und tierischen

Anwesenheit in der Regel durch ausgesprochene

Fundarmut, unscheinbare Baustrukturen und

wenig ausgebi ldete stratigraphische Abfolgen

aus, was die chronologische und typologische

Zuweisung trotz subtiler Grabungs- und Doku­

mentationsmethodik oft erschwert und manch­

mal zweifelhaft erscheinen lässt.

Natur? Kulturwiesel

Seit jeher lebt der Mensch in Abhängigkeit von sei­

ner Umwelt und wird von ihr geprägt. Umgekehrt

übt er grossen Einfluss auf die <<Natur" aus. Den­

noch galt und gilt die heimische Hochgebirgsland­

schaft im allgemeinen Bewusstsein als naturbelas­

senes Gebiet mit geringen menschlichen Eingriffen ,

das dementsprechend in diesem idyllischen Urzu­

stand belassen werden sollte. Diese Auffassung

wurde schon vor längerer Zeit dahingehend kor­

rigiert, dass Alpen und Wälder über Jahrtausende

unter mehr oder weniger intensiver Bewirtschaf­

tung des Menschen standen. Die Paläoökologie

konnte sehr früh und deutlich nachweisen, dass

die Pflanzenzusammensetzung der Hochweiden

ein Ergebnis Jahrtausende alter Beweidung und

Mahd ist, denen zumeist Brandrodungen voraus­

gingen. So haben Biologen und Geographen -

noch vor den Archäologen- eine (prä-)historische

Entwicklung aus der Veränderung der Umwelt und

Vegetation auf den Alpen belegen können. Dem­

entsprechend unterlagen auch die Landschaf­

ten der Silvretta einer nicht unerheblichen Über­

prägung und Umgestaltung. Paläoökologische

Daten von Mikroresten (Pollen , Sporen und

Extrafossilien) sowie von Pflanzengrassresten aus

alpinen Feuchtgebieten wie Mooren, aber auch

die jahr(ring)genauen Ergebnisse der Dendro­

chronologie liefern einen wesentlichen Beitrag

a s. 36 . 2013 . 1

Abb. 5 Kulturlandschaft als Palimpsest- die

Alp Urschai, Sommer 2011.

Le paysage cultive se fit comme un

palimpseste -/'Alp Urschai en ete

2011.

II paesaggio culturale come palinse­

sto- I' Alpe Urschai, estate 2011.

Abb.6

Alpine Archäologie in der Silvretta

- Fragestellungen und angewandte

Methoden.

Archeologie alpine dans Ia Silvretta

- questions posees et methodes

emptoyees.

Archeologia alpina a Silvretta- for­

mulazione dei quesiti della ricerca e

metodi applicati.

la

zum Wissen über die prähistorische Hochwei­

denutzung sowie zur Vegetations- , Wald- und

Klimageschichte und ergänzen bzw. prüfen die

Aussagen der archäologischen Spuren. Noch

heute wächst auf den meist stark überdüngten

Weiden nahe den Alpsiedlungen eine typische

Kräuterflora aus Alpenampfer (Rumex alpinus),

Alpenwegerich (Piantago alpina) oder Gutem

Heinrich (Chenopodium bonus-henricus) . Diese

Kulturbegleiter sind ein starkes Indiz für eine

bereits vor Jahrtausenden einsetzende Nutzung

der alpinen Matten. Auch Pilze, die bevorzugt

auf Exkrementen von (Haus-)Tieren wachsen,

bzw. deren überlieferte Sporen eignen sich als

hervorragender Nachweis für die frühere Bewei­

dung . Die Archäozoolog ie vermag durch die

Bestimmung tierischer Überreste wichtige Fra­

gen zur Ernährung, (mobilen) Jagd- und Vieh­

wirtschaft oder zu Domestikations- und Zucht­

strategien wie der Milchnutzung zu beantwor­

ten. Und nicht zuletzt liefern Flurnamen wichtige

Anhaltspunkte zur alpinen Siedlungs- und Kul­

turentwicklung. Das Silvretta-Projekt kombiniert

daher von Beginn an eine Vielzahl von Wissen­

schaften und technischen Anwendungen. Nur

durch diese transdisziplinäre Zusammenarbeit

ist es möglich , ein akzeptables Bild der ohne­

hin stark fragmentierten Vergangenheit nachzu­

=e:chnen. Die Landschaft prägt den Menschen

- :;e· \~ersch prägt die Landschaft.

Junterengadin

~

«Picnic at hanging rock••

Jagen und Sammeln. Viele Jahrhunderttausende

lang war die wildbeuterische, aneignende Lebens­

weise elementare Grundlage aller Menschen. Nach

der letzten Eiszeit folgten die Menschen rasch der

sich ausbreitenden Flora und Fauna in neue alpine

Territorien. Sie nutzten die nun eisfreien , hochal­

pinen Zonen, um sich im Sommer mit Jagdwild,

Sammelpflanzen und Rohstoffen zu versorgen.

Spuren dieser letzten Wildbeuter konnten mehr­

fach auch in der Silvretta entdeckt werden, insbe­

sondere unter mehreren Abris im Gebiet von Plan

da Mattun in der Val Urschai (2287 m; Gem. Ftan).

Die Basislager mit Resten von Feuerstellen , Werk­

zeugen und Waffen aus Feuerstein sowie Knochen­

abfällen stammen aus dem 9. bis 6. Jahrtausend

v.Chr. und offenbaren, dass das Gebiet weitaus

früher vom Menschen begangen war als bisher

bekannt. Die systematische Prospektion in der

Silvretta, aber auch Neuentdeckungen aus dem

Oberengadin verdeutlichen zudem, dass wohl alle

heimischen alpinen Täler und Pässe intensiv von

steinzeitliehen Jagdgruppen begangen wurden,

obwohl im Kanton Graubünden derzeit nur wenige

Fundstellen aus der Mittelsteinzeit registriert sind.

So illustrieren die aktuellen Verbreitungskarten

weniger das reale Bild der Vergangenheit, son­

dern den noch unzureichenden Forschungsstand.

Jüngst aufgedeckte, ungefähr zeitgleiche Fundstel-

Abb. 7

Panoramablick auf das ausgedehnte

Areal Plan da Maltun in der hinteren

Val Urschai, mit dem Futschölpass

und einem weiteren Übergang in die

Val Fenga/Fimbertal .

Vue panoramique de Ja vaste zone

du Plan da Mattun, dans Je fond du

Val Urschai, avec Je co/du Futschöl

et un second passage en direction

du Val Fenga/Fimbertal.

Veduta panoramica nell'ampia area

del Plan da Maltun nella Val Urschai

interna con il passo Futschöl e un

altro passaggio ehe conduce nella

Val Fenga/Fimbertal.

Abb. 8

Plan da Maltun, Abri L 1. a) Pfeil­

spitze aus Feuerstein mit Resten von

Birkenteer als Klebstoff, 6. Jahr­

tausend v.Chr.; b) rekonstruierte

Jagdszene.

Plan da Mattun, abri L 1. a) Pointe de

fleche en silex avec des traces du

brai de bouleau utilise comme co/Je

(6• millenaire av. J.-C.); b) restitution

d'une scene de chasse.

Plan da Mattun, riparo L 1. a) Punta di

freccia in selce con resti di catrame

di betulla quale collante, VI millennio

a.C.; b) ricostruzione d'una scena di

caccia.

Sa

9

len im nordwärts gelegenen Jam- und FimbertaiNal

Fenga veranschaulichen den Aktionsradius dieser

hochspezialisierten Gesellschaften und legen nahe,

dass wiederholt auch die auf österreichischer Seite

gelegenen Gebiete begangen wurden. Rohstoff­

analysen der aus Feuerstein und Bergkristall pro­

duzierten Ausrüstung demonstrieren, dass bereits

damals ein gut ausgebautes, transalpines Kontakt­

und Handelsnetz vorhanden war. Sehr bedauerlich

hingegen ist, dass die alpinen Böden die Knochen

der damals gejagten, zerlegten, verspeisten bzw. zu

verschiedensten Zwecken weiter verarbeiteten Tiere

wie Gämse, Steinbock, Reh, Hirsch, Bär, Murmeltier

u.a.m. nur selten konservieren.

Transformation einer Landschaft

betroffen, und das kulturelle Erbe aus jener Über­

gangszeit ist dünn gesät. Trotzdem ist anzuneh­

men, dass sich innerhalb eines längeren Zeitraumes

- wohl ab 5500 v.Chr. - letzte Jäger und Sammle­

rinnen und erste Ackerbäuerinnen und Viehzüchter

abgelöst haben, und sich wohl sogar begegnet sind.

Spätestens im 4./3. Jahrtausend v.Chr. verdichten

sich durch die neuen Forschungen in der Silvretta

die Hinweise auf jungsteinzeitliche Bauern und erste

Hirten. Diese transferieren und adaptieren nicht

nur neue Kulturtechniken und Innovationen in der

Wirtschaftsweise und Ernährung, sondern initiieren

auch einen nachhaltigen Wandel der Landschaft mit

bis heute charakteristischen Elementen wie Acker-

terrassen, Flurbewässerung und Lärchwiesen. Das

langsame Absinken der alpinen Waldgrenze in jener

Zeit ist folglich einerseits klimatisch bedingt, ande-

rerseits auf starke Eingriffe durch Mensch und Haus-

Das Höhen-Chronologieschema der aktuell in der tiere (human impact) zurückzuführen. Erst am Ende

Silvretta nachgewiesenen bzw. datierten Fund- des langen Besiedlungsprozesses tauchen Schrift-

stellen zeichnet die nun folgende, kontinuierliche quellen und damit auch die ersten urkundlichen

Erschliessung des alpinen Raumes <<Von oben >> Erwähnungen der historischen Talorte auf.

nach. Vor 7000 bis 9000 Jahren erfuhr Mitteleu-

ropa bekanntlich eine seiner grundlegendsten kul-

turellen Umwälzungen, in dem die Tradition der wild- Ötzi war nicht allein beuterischen Lebensweise durch eine auf Ackerbau

und Viehzucht basierende Kultur ersetzt wurde. Die Bereits 2007 wurde unweit der Jamtalhütte, am

Alpen wurden erst spät von dieser weit aus dem Weg zum Futschölpass, eine Feuerstelle entdeckt

Osten kommenden <<Revolution>> bzw. Kolonisation (2173 m; Gem. Galtür), die mit ihrer Datierung

as. 36.2013.1 110

"" I

2200 ~-=: == ==:::::::::::: :::::::::::::::::::::::: :::: ::; :::: ::::::-::-::::::::::::: .,;:::;:: = -~ ----:

Mesolithikum

-- ~--~~-~(21:11

11000 e~ eooo 7YJO 1000 6500 eooo 200 sooo

Neolithikum Bronzezeit

• Da~.rerl!afteBesiedlung im Unterengactn

(mit Un lerbt!idl~)

Eisen· ;Röm.; Mittelalter Neuzeit zeit

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Sb1H: /s-J .i. .~(U-} ..

Ytt3(~

R--/R-1 . ..

Junter e ngadin

tionale Zuweisung der hochalpinen Fundplätze meist

unzureichend, und es ist trotzumweltgeschichtlicher

Näherungsdaten mitunter schwer, zwischen pionier- ..

haften, ganzjährig bewohnten Dauersiedlungen und

nur temporär besetzten Funktionsplätzen etwa zur

Rohstoffgewinnung und -weiterverarbeitung, Jagd

oder eben Viehwirtschaft zu differenzieren. Obwohl

im Unterengadin archäologische Anhaltspunkte für

eine "Landnahme» im 4./3. Jahrtausend v.Chr. bis­

her ausblieben, zeigen die pollenanalytischen Unter­

suchungen von H. Zoller aus den 1990er Jahren

und insbesondere die neuen palynologischen Daten

aus dem Silvrettaprojekt für diese Zeit wirtschaft­

liehe Aktivitäten und intensiven menschlichen Ein­

fluss im Naturraum (Getreidepollen; Rodungs- und

Weidezeiger). Dies bestätigen auch frühere Unter-Jal'oreea!.v. ChrJn. Ctlt. 9 suchungen in den Ackerterrassen oberhalb von

Abb. 9

Höhen-Chronologieschema der bis­

lang in der Silvretta nachgewiesenen

bzw. datierten Fundstellen, Stand

Winter 201 2/13.

Schema chronologique et altime­

trique des sites archeologiques

attestes, respectivement dates, dans

Ia Silvretta, etat de Ia recherche a l 'hiver 2012113.

Grafico crono-altitudinale dei luoghi

di ritrovamento finora attestati a

Silvretta. Stato dell 'aggiornamento:

inverno 201 2-1 3.

Abb.1 0

Jamtal mit der Jamtalhütte und

der kupferzeitliehen Feuerstelle; im

Hintergrund der Futschölpass.

Le Jamtal, avec Ia cabane du Jamtal

et le foyer de l'age du Cuivre; a l 'arriere-plan, le col du Futschöl.

Valle di Jam con Ia capanna di Jam

e il focolare dell 'eta del Rame; sullo

sfondo il passo del Futschöl.

zwischen 3300-3000 v.Chr. in d ie Lebens- und

Sterbenszeit des ermordeten Ötztaler Eismannes

fällt. Im Verlauf dieses 4. Jahrtausends v.Chr. dringt

der Mensch (erneut) vermehrt in die Alpen vor,

sodass dieser Fundplatz in der Silvretta ebenso wie

Ötzi als gewiss faszinierendste Manifestation jener

Zeit keinesfal ls zufällig erscheinen. Bei beiden Befun­

den wird - trotz diametraler Erhaltung und Aussage­

kraft - aber auch das Dilemma deutlich, die Motive

für das damalige Aufsuchen der Hochweidezonen

näher zu ergründen: Jagd, Weidewirtschaft, Han­

del, Rohstoffe, kl imatische oder sozioökonomische

Gründe? Vor diesem Hintergrund scheint es nahe­

liegend, in den talnahen Zonen selbst nach weiteren

Anhaltspunkten oder gar zeitgleichen Anlagen zu

suchen. Zwei Probleme werden hier insbesondere

für das alpine Neolithikum evident: die (gezielte) Auf­

findung neolithischer Siedlungen in den inneralpinen

Tälern erweist sich abseits topographisch hervorste­

chender Situationen (Felssporne; Abris) als äusserst

schwierig bis unmöglich, zeigen doch wiederholte

Entdeckungen der letzten Jahrzehnte - zumeist im

Zuge tief greifender Baumassnahmen - , dass derar­

tige Fundplätze von meterhohen Kolluvien (Muren,

Flussablagerungen) überdeckt und damit weitge­

hend unauffindbar sind. Gleichzeitig bleibt gerade

aus diesem Grund eine genauere kulturelle und funk-

Ramosch, deren Installation wohl spätestens hier

zu verorten ist. Ein im Rahmen des Projekts (wie­

der) geöffnetes Profil in der Flur Plan da Pasa (1600

m) konnte eine stark ausgeprägte Holzkohleschicht

(Brandrodung?) an der Basis einer dieser Terrassen

in die erste Hälfte des 3. Jahrtausends v.Chr. datie­

ren. N. Sererhard charakterisiert Ramosch (Remüss)

beinahe 5 Jahrtausende später als eine an «einer

anmuthigen, trefflich fruchtbaren kornreichen Berg­

halden situirte Gemeind. " ln diesen spannenden Kontext einzuordnen ist

eine 2011/12 erstmals untersuchte Fundstelle

unter einem mächtigen Felsblock oberhalb der Alp

Urschai (Abri Urschai, 2180 m; Gem. Ftan). Vom

vorkragenden Felsdach gut geschützt, wurden

Abb.11

Ackerterrassen oberhalb von

Ramosch, 1960er Jahre; im Hinter­

grund die Mottata.

Terrasse cultivee au-dessus de

Ramosch dans/es annees 1960;

a l'arriere-p/an, Ia Mottata.

Terrazzamenti coltivati sopra a

Rarnasch negli anni 1960; sullo

sfondo Ia Mottata.

Abb. 12

Val Urschai, Abri Urschai - Pfeilspit­

zen und Keramik aus der Grabung

2011.

Val Urschai, abri Urschai- Pointes

de fleches et ceramique issues des

fouil/es de 2011.

Val Urschai, riparo Urschai- Punte di

freccia e ceramica dallo scavo 2011 .

11

hier mehrere Feuerstellen ausgegraben, die anhand

des Fundmaterials sowie durch mehrere CI4-0atie­

rungen ins endneolithische 3. Jahrtausend v.Chr.

eingeordnet werden . Etliche Pfeilspitzen und die

topographische Lage des Platzes legen ein saiso­

nales Jagdlager nahe, doch lassen zahlreiche zeit­

gleiche, grobkeramische Topffragmente auf immer­

hin 2200 m Höhe aufhorchen. Sind es erste Hirten,

die hier ihre Speisen zubereitet, gar Milch verarbei­

tet haben - und woher kommen sie? Eine präzise

Analyse der vielen geborgenen, kleinteiligen Tier­

knochen, der verkohlt erhaltenen Speisereste und

Abfallschichten sowie der Keramik wird genauere

Informationen zur Interpretation dieses Schlüsselbe­

fundes liefern . Oie Situation verdeutlicht aber schon

jetzt, ebenso wie das Steinbockfleisch und Brot

(und Käse?) aus Ötzis Magen, dass die Jagd für die

urgeschichtlichen Bauern und Hirten ihren Steilen­

wert nie gänzlich verloren hat, sondern bis in die heu-

graphischen Gründen auch ein erhöhter Raum­

anspruch für Ackerbau und Viehzucht, neue

gewerbliche Aktivitäten (Erz- und Salzabbau)

und nicht zuletzt die günstige Verkehrslage vieler

Bergtäler und Pässe beitrugen. Dementsprechend

ist es auch im Unterengadin zur Anlage zahlreicher

bronze- und eisenzeitlicher Dörfer gekommen,

und die von den bekannten Dauersiedlungen aus­

gehende Suche nach zeitgleichen (sub-)alpinen

Fundstellen war ja anfängliches Hauptanliegen

des Projektes. Auch hier sind die <<klassischen»,

fundarmen Befundsituationen oft zu wenig aussa­

gekräftig für eine hinreichende Erklärung der mög­

lichen Beweggründe, wenn auch ein Zusammen­

hang mit der saisonalen Sömmerung des Viehs

nahe liegt. Besonders erwähnenswert ist dabei

noch einmal die Fundstelle Plan da Mattun, wo

einerseits unter einem Felsblock (R3) mittelbron­

zezeitliche Belegungen, andererseits unter dem

Felsdach LI eine knapp I m mächtige stratigra­

phische Abfolge dokumentiert werden konnten.

Mehrere übereinander liegende Feuerstellen, eine

Unmenge an kalzinierten (verbrannten) Tierkno­

chen, Silexgeräte und -abschläge unterschied­

licher Varietäten sowie vor allem bronze- und

eisenzeitl iche Keramikfragmente (Melauner Krüge)

und verschiedene Bronzeobjekte verdeutlichen

wiederholte und längere Aufenthalte in dieser

Gegend.

Dass damals die Silvretta ein intensiv genutztes

Weidegebiet war, zeigen neben den zahlreichen

Lagerplätzen und umweltgeschichtlichen Unter­

suchungen auch erstmalig nachgewiesene archi­

tektonische Überreste in Form von Pferchanlagen

und Hüttenfundamenten aus dem I . Jahrtausend

v.Chr. Bereits beim ersten Silvretta-Survey 2007

tige Zeit als Charakteristikum einer alpinen Lebensart wurde im hinteren FimbertaiNal Fenga - nahe der

fortbesteht. Heidelberger Hütte- ein unscheinbarer, oberfläch­

lich kaum sichtbarer << Steinkreis» entdeckt (Val

Pendler am Berg

Fenga, Gern. Ramosch, 2283 m) . Dessen Aus­

grabung und Dokumentation hat gezeigt, dass

es sich dabei um das verschliffene Fundament

Ab dem 2. Jahrtausend v.Chr. kam es zu einer einer nicht mehr erhaltenen Hütte aus der älteren

rasanten Ausweitung und Verdichtung des besie- Eisenzeit handelt. Oie präzise Datierung des Bau-

12 delten Raumes in den Alpen, wozu neben demo- werks in die Zeit um 600 v.Chr. stammt einerseits

a s. 36 . 2013 . 1

Abb.13

Ausgrabung an der Fundstelle Plan

da Mattun L 1 , Sommer 2012.

Fouil/e sur /e site de Plan da Mattun

u, ete 2012.

Scavo nella localita Plan da Mattun

L 1 , estate 2012.

! 12

von C14-Datierungen bzw. dendrochronlogischen

Analysen der Holzkohle, andererseits von der typo­

logischen Einordnung der aufgefundenen Kera­

mik. Die Ergebnisse der Archäobotanik erhellen

den damaligen menschlichen und tierischen Ein­

fluss auf das Tal: Funde von verkohltem Getreide

bestätigen eine längere, saisonale Anwesenheit,

nährstoffliebende Vegetation ist für jene Zeit in den

Pollenprofilen nachgewiesen. Die eisenzeitlichen

Hirten und ihr Vieh kamen wohl über den nahen

Fimberpass/Cuolmen Fenga aus ihren Siedlungen

bei Ramosch (Mottata) oder Sent, um im Sommer

die reichen Weiden zu nutzen. Deren urgeschicht­

licher Name ist heute noch als << Fimba••, ''Fenga»

oder << ld» in Gebrauch, was nichts anderes als << fetV

fruchtbar» bedeutet. Wie die Flurnamen gehören in

der Schweiz wichtige Fachausdrücke der Landwirt­

schaft einer vorrömischen Sprachschicht an, etwa

lioba für Kuh, gebse für ein flaches Milchgefäss

oder balm für einen schützenden Felsvorsprung.

in den Tiroler Bergen betreffen die wichtigsten vor­

römischen Benennungsmotive die Bodenbeschaf­

fenheit (feucht, brüchig, murengefährdet, über­

düngt), die Topographie (Höhen-/Tiefenlage eines

Objekts, Flachheit, Steilheit), die wirtschaftliche

Nutzung/Nutzbarkeit eines Gebiets (Land-/Forst-

! unterengadin

wirtschaft, Viehzucht) sowie die vorherrschende

Flora (Gehölz, Baumarten). So bezeichnet in der

Silvretta das Jam ein Gebiet «ZU beiden Seiten

des Baches" und bezieht sich damit sicher auf die

hangseitig liegenden Alpen südlich von Galtür.

Ebenso unscheinbar wie die hallstattzeitliche

Alphütte im FimbertaiNal Fenga offenbarte sich

2007 ein nur wenig jüngerer, ebenfalls eisenzeit­

licher Viehpferch in der Val Tasna oberhalb von

Ardez und Ftan. Die archäologischen Ausgra­

bungen konnten auch hier die Struktur des ca.

250 m2 grossen Bauwerks klären und <<Aktivitäts­

zonen» der urgeschichtlichen Hirten in Form von

Feuerstellen und Konzentrationen von Keramik und

Feuerstein dokumentieren. Die zeitliche Zuweisung

des schweizweit bisher singulären Pferchs in die

Latenezeit ist wiederum durch C14-Datierungen

bzw. die Keramik gesichert. Anzunehmen ist , dass

vor beinahe 2400 Jahren das Vieh hier über Nacht,

zum Schutz bzw. Melken, Abkoten oder bei Schnee

eingesperrt war.

Bisher spärlich nachgewiesen sind die römische

und frühmittelalterliche Epoche, ehe es im Hoch­

mittelalter zu einer sprunghaften Siedlungsinten­

sivierung kam, gestärkt durch die Einwanderung

von Walsern in Galtür und die Besiedlung des Paz­

nauns.

Bedrohte Archive

Der Grosste il der im Verlauf der letzten sechs Jahre

entdeckten und systematisch erfassten Fundstel­

len in der Silvretta stammt aus jüngerer Zeit. Nur

wenige dieser 200 Orte wurden genauer datiert

und untersucht, die meisten werden allgemein

dem Mittelalter bzw. der Neuzeit zugewiesen.

Auch jüngste, eben aufgelassene Befunde sind

dokumentiert, da sie das Wissen um die Nutzung

des Gebietes durch Zeit und Raum mehren sowie

das archäologische Spurenbild älterer Vorgänger

verständlicher machen. Faszinierend bleibt, wie

wenig sich diese materielle Hinterlassenschaften

über den Verlauf der letzten Jahrtausende geändert

haben. Ein Felsdach oder ein trockener, sicherer

Abb.14

Ausgrabung des eisenzeitlichen

Hüttengrundrisses in der Val Fenga/

Fimbertal, Sommer 2011.

Fouille des fondations d 'une cabane de l'age du Fer dans Je Val Fengal

Fimbertal, ete 2011.

Scavo della cascina dell'eta del Ferro

nella Val Fenga/Fimbertal, estate

2011.

Abb. 15

Eisenzeitlicher Viehpferch in der

Val Tasna, Ardez, Flur Plan d 'Agl ,

während der Ausgrabung im Sommer

2008. Dokumentation mit ferngesteu­

erter Drohne.

Enclos a betail de l'age du Fer dans

Je Val Tasna, Ardez, lieu-dit Plan d 'Agl, pendant Ia fouille de l'ete

2008. Documentation realisee a l'aide d 'un drone telecommande.

Stabbio per gli animali risalente

all'eta del Ferro nella Val Tasna,

Ardez, localita Plan d 'Agl, scavo

estate 2008. Documentazione con

drone telecomandato. •

13

Bauplatz, Zugang zum Wasser, aufgeschichtete

Steine, unscheinbare Mauern, einfache Feuerstel­

len, etwas Brennmaterial und Feuerzeug, wenige

Werkzeuge und Gefässe, Speiseabfälle. Wertvolle

Zeugen, auch für künftige Generationen?

Alpine Bodendenkmäler aus 11 Jahrtausen­

den werfen ein völlig neues Licht auf die bis­

lang wei tgehend unerforschte Silvretta. Die von

L. Stauffer-lsenring 1 983 eingeforderte systema­

tische Suche war erfolgreich und hat das hohe

Alter der Alpwirtschaft aufgezeigt. Die aktuellen

Entdeckungen und die eingesetzten Methoden

ermöglichen es, der Hochweidenutzung von

den letzten Jägern zu den ersten Hirten noch

besser auf die Spur zu kommen. Das über sechs

Jahre erstellte Inventar archäologischer Fundstel ­

len besitzt zudem einen hohen denkmaipflege­

rischen Wert mit Vorbildfunktion auch für andere

Gebiete. Gegen 90% des Bündner Bodens lie­

gen über 1200 m ü.M ., die mittlere Höhe des

Kantons beträgt gar 21 00 m, womit Graubünden

alle Regionen des Alpenbogens übertrifft . Dass

Graubünden ein typisches Gebirgsland ist, zeigt

sich auch daran, dass knapp 45% seiner Bevöl­

kerung in Höhen über 1000 m leben. Dies muss

eine rasche Expansion der (boden -)denkmalpfle­

gerischen Anstrengungen in die Höhe zur Folge

haben, da hier verstärkt mit baulichen lnterven-

tionen (Ausbau Skigebiete, Zufahrten/Strassen,

Leitungsgräben , Windparks, Speicherseen etc.)

und weiteren Bedrohungsszenarien wie dem

Klimawandel zu rechnen ist. ln den Schweizer

Alpen hat die gegenwärtige Erderwärmung jäh

ein neues wissenschaft liches Arch iv geöffnet. ln

mehreren Schweizer Bergkantonen sind in den

letzten Jahren aus dem alpinen «Eisschrank>>

wiederholt menschliche Überreste samt Ausrüs­

tung sowie weitere Funde ans Licht gekommen,

die auch an die Gefahren der alp inen Weit oder

an unruhigere Zeiten erinnern und wesentl iche

Informationen zur alpinen Ku ltur- , Klima- und

Umweltgeschichte bereithalten. Altfunde vom

Vermuntg letscher und wiederum N. Sererhard

geben Anlass zur Hoffnung, dass auch in der

Silvretta mit derartigen Entdeckungen zu rech­

nen ist : «Oie Steinsberger [Ardezer] besizen

auch eine grosse kostbahre Alp jenseits des

Gebirgs auf Oesterreichischem Boden an das

Montafun gränzend, heisset Fermont. Sie müs­

sen ob Guarda durch ein Neben Thai nammens

Thuoi mit ihrem Viech über einen sehr grossen

Gletscher hinüber fahren (der Gletscher soll vier

Stunden lang seyn) und bisweilen Bruken über

die grässliche Gletscher Spalten machen, damit

sie passiren können.» Die fortschreitende Glet­

scherschmelze mahnt zur Eile, weshalb in den

as. 36.2013.1

Abb. 16

Alpine Archäologie: Sensible Boden­

denkmäler, vielfältige Bedrohungs­

szenarien und neue Herausforde­

rungen.

L'archeologie dans/es Alpes: des

vestiges fragiles, des menaces de

tous cötes et de nouveaux detis.

Archeologia alpina: monumenti

fragili , minacce di vario tipo e nuove

sfide.

Abb.17

Prospektion auf einem Eisfeld nahe

dem Futschölpass im Sommer 2011.

Prospection sur un glacier pres du

co/du Futschölen ete 2011.

Prospezione su un campe gelato

nelle vicinanze del passe Futschöl

nell'estate 2011.

17

letzten beiden Jahren auf Basis eines komplexen

GIS-Vorhersagemodel ls (predictive modelling)

gezielt die noch vorhandenen und aus archäo­

logischer Sicht relevanten Gletscherbereiche

der Si lvretta detektiert und prospektiert wurden. Ein Monitoring- und Awareness-Programm soll

in Zukunft im gesamten Kanton Graubünden

die rechtzeitige, fachgerechte Dokumentation

und Bergung von Objekten aus den eisfrei wer­

denden Zonen gewährleisten.

Epilog

Junt erengadin

Pfarrer sammeln Kräuter, steigen auf Berge, wehren Saumpfade und Schmugglerrouten immer auch

Adler ab und blicken dann staunend in ferne Län­

der, weit hinaus über das seit Anbeginn der Weft

vereiste Silvrettagebirge. Links und rechts führen

derweil Säumer Pferde über die Pässe, 12 Pferde

aufs Mal, alle bepackt mit Fässern voll italienischem

Wein. Andere Leute schmuggeln Tabak und Kaf­

fee vorbei, dann Autoreifen, Sonntagsschuhe und

Grammophone. Berggeister erscheinen, Bergstei­

ger und Touristen. Und alle wandeln, wandern und

klettern sie durch diese Gebirgsweft walserischer

Prägung, rätoromanischer Eigenart, tirolerischen

Volkstums und vorarlbergischen Brauchtums. Und

manch einer steigt unversehens auch jenen stein­

zeitlichen Jägern nach, die bereits vor mehr als

10500 Jahren durch die Silvretta zogen. Jäger, die

vor mehr als 4000 Jahren auch Alphirten wurden,

neues Weideland erschlossen und deren uralte

Sprache noch heute nachklingt in den Tälern, in

Wörtern, die lautmalerisch den silbernen Bächen

der Silvretta nachzuspringen scheinen ...

Jäger und Hirten sind noch immer da. Die Bündner Berge ziehen also an - heute auch als

Marke im Tourismus, als Synonym für Wande­

rer, Sportbegeisterte, Künstler und Romantiker,

die hier Kraft, Erholung, aber auch Geschichte

und Geschichten suchen. Geschichten und

Geschichte schliessen sich also nicht aus in der Silvretta, zusammen erst ergeben sie ein

Gefühl für diese Gebirgsregion, in deralldie Alp-

an Grenzen führen. Daher soll das von der Euro­

päischen Union von 2010 bis 2013 geförderte

Projekt Silvretta Historica (lnterreg IV) auch

einen Beitrag für eine touristische, grenzüber­schreitende lnwertsetzung und Vermittlung der

archäolog ischen und historischen Forschun­

gen ermöglichen - von der Wissenschaft zur

Gastwirtschaft. Möglicherweise vermögen diese

Bemühungen auch die Identität und gesell­

schaftliche Verantwortung für das historische

Natur- und Kulturerbe zu stärken. Auftrag und

Herausforderung zugleich .

Ahnungslos, aber voller Zuversicht sind wir im

Sommer 2007 aufgebrochen, um einem weissen

Flecken auf der archäologischen Landkarte seine

vergessene Vergangenheit zurückzugeben . Was am Ende bleibt, ist aber nicht nur eine Alpinge­

schichte der anderen Art - entstanden ist auch

ein wertvolles Netzwerk aus in- und ausländischen

Wissenschaftlern, ein Mosaik aus einzigartigen

Erinnerungen, Erfahrungen und Begegnungen mit Forschern, Studierenden, Hirten und Jägern, Ein­

heimischen und Gästen. Und das in einer mitun­

ter auch sprichwörtlich atemberaubenden Land­

schaft , dicht unter dem Himmel.

Si!vretta. Was ist das? Ein Alpenpanorama?

Eine Gefühlsku/isse? Oder ein Kabinett der alpi­

nen Kulturgeschichte? Vielleicht auch nur eine

touristische Erfindung? Oder eine eigensinnige

und Bergwege, die Kletterrouten , Karrenwege, Täuschung über das eigentliche Dasein von

15

Mensch und Berg hinweg, über ein Dasein, das

lieber nichts von sich preisgibt ... ? Silvretta, so

viel steht fest, ist weder Berg noch Tal noch

Region. Silvretta ist alles in der Mehrzahl. Berge,

Regionen, Gletscher, Stauseen, Bergbahnen,

Alphütten und Sprachen. Und Mehrzahl ist hier

auch immer die Geschichte.

mises au Jour jusqu'ici. Parallelement, diverses

disciplines des sciences naturelles tentent de

reconstruire l'histoire du climat et de Ia vegeta­

tion de I'Holocene dans cette region, en relation

avec Ia dynamique des occupations humaines.

Dans unprojet de !'Union Europeenne, appele

Silvretta Historica, /es nouvelles donnees scien-

tifiques devraient meme etre communiquees aux

habitants et aux h6tes de Ia region par /e biais

B i b I i o g r a p h i e I w e b I o g d'offres touristiques attrayantes. Ainsi, meme

Aktuelle Informationen zum Projekt, den beteiligten Partnern und dans un paysage de montagne apparemment

Sponsoren sowie zu Ausstellungen und weiterführender Uteratur: intact, on rencontre des traces humaines et des

www.silvrettahistorica.wordpress.com atteintes tres diverses, qui trouvent leurs prolon-

T. Reitmaler (Hrsg.), Letz1e Jäger, erste Hirten. Hochalpine Archäo- gements modernes sous Ia forme de pistes de

logie in der Silvretta. Chur 2012. ski, de remonte-pentes, de retenues d'eau ou

K. Gutzwiller, Hirtentum, Alpenwirtschaft und Handelsverkehr über encore de routes d'acces aux co/s. I die Alpen in der Pfahlbauzert. Die Pfahlbauer in neuer Beleuchtung.

Dank Waidshut 1936. Riassunto Publiziert mit Unterstützung von W. Meyer et al., Heidenhüttli. 25 Jahre archäologische Wüstungs- Gli uomini sono insediati da millenni nelle Alpi

e lottano duramente con Ia natura per assicu­

rarsi il pane quotidiano. Lo sfruttamento estivo

dei pascoli d'altura sembra oggi un fatto ovvio,

ma gli inizi dell 'economia alpestre restano finora

sconosciuti. Dal 2007 un progetto di ricerca ad

ampio raggio indaga le tracce dei primi pastori

nella regione di Silvretta, fra Ia Bassa Engadina,

Paznaun e Montafon. I risultati mostrano in modo

SWISSLOS/Kulturiörderung, Kanton forschung im schweizerischen Alpenraum. Basel1998.

Graubünden und Universität lnnsbruck. L. Stauffer-lsenring, Die Siedlungsreste von Scuoi-Munt Baselgia

Das Projekt in der Silvretta wird u.a. (Unterengadin GR). Antiqua 9. Basel1983.

gefördert durch das Climate Change in H. Zoller, Ch. Erny-Rodmann, Epochen der Landschaftsentwick-

the Alps-Förderprogramm der Herzog- lung im Unterengadin. ln: A.F. Lotter, B. Ammann, Festschrift G.

Sellenberg- und Dr.-Erich-Ritter-Stiftung Lang. Dissertationes Botanicae 234,1994, 565-581.

(Deutschland) sowie durch das lnterreg- N. Sererhard, Einfalte Delineation aller Gemeinden gemeiner dreyer

IV-Programm Alpenrhein-Bodensee- Bünden. 1742, Neuausgabe Chur 1994.

Hochrhein bzw. durch Leader-Mittel der

Regionalförderung Paznaun!Tirol.

Für die freundliche Genehmigung zur

Reproduktion des Umschlagbildes sei

Ernst J. Huber, Schweiz. lnst. Volks­

kunde, Basel gedankt.

Abbildungsnachweise

T. R~itmaier (Abb. 1; 4; 5; 7; 1 0)

Ch. Walser (Abb. 2, Grundlage: Ortho­

photo Swisstopo; 3; 9; 13; 14; 17)

D. Schürch, E. Schönenberger,

A. Schmocker, n. Vorlage T. Reitmaler

(Abb. 6; 8a; 16)

A. Gertsch (Abb. 8b)

Sammlung F. Juen, Gargellen (Abb. 11 )

Arch. Dienst GR (Abb. 12)

omnisight GmbH, Kloten (Abb. 15)

sempre piu evidente il grande numero e Ia qualita

dei manufatti alpini , ehe nel frattempo si possono

R e s u m e far risalire fino a 11 000 anni fa: dagli accampa-

Depuis des milliers d'annees, !es hommes vivent menti di gruppi di cacciatori del l'eta del la pie-

dans des regions familieres des Alpes et tirent tra alla piu antica capanna alpina della Svizzera.

leur pain quotidien de Ia nature a force de travail Parallelamente varie discipline collaterali cercano

acharne. Rien ne paralt des lors plus evident que di ricostruire Ia storia del clima e della vegeta-

l 'utilisation des paturages d 'alpage durant /'ete. zione deli'Oiocene in questa regione, correlan-

Cependant, !es origines exactes de l'economie dola alle dinamiche dell'insediamento umano.

des hauts paturages demeurent inconnues. I risultati della ricerca saranno inoltre integrati

Depuis 2007, un vaste projet de recherche dans nell'attrattiva offerta turistica per i residenti e i

Ia Silvretta, entre Ia Basse-Engadine, le Paznaun turist i grazie a un progetto deii 'Unione Europea,

et le Montafon, etudie !es traces des premiers Silvretta Historica , in corso fino al 2013. Anche in

bergers. Le nombre eleve et Ia grande qualite des una reg ione di montagna apparentemente incon-

vestiges alpestres, attestes depuis desormais taminata s'incontrano dunque molteplici tracce e

onze millenaires, apparaissent toujours plus clai- interventi umani , i cu i discendenti moderni sono

rement- des camps de chasseurs de l'age de Ia le piste di sei, gli impianti di risalita, i bacini idrici

Pierre aux plus anciennes cabanes de montagne e Je strade attraverso i passi. I

Autori nnen dieser Ausgabe Les auteurs de ce cahier Autori di questo numero

dossier Thomas Reitmaier et al. Archäologischer Dienst Graubünden Loestrasse 26 7001 Chur [email protected]

neuer abri Fabio Wegmüller et al. IPNA Spalenring 145 4055 Basel [email protected]

vue d 'en haut Chnstophe Henny Archeodunum SA 11 24 Gallion [email protected]

Iegionärsai itag Chnstian Maise et al. Byfangweg 1 0 D-79725 Laufenburg [email protected]

navigat ion et commerce Sophie Deibarre Site et Muses Romain d'Avenches 1580 Avenches [email protected]

geldgeschichte Benedikt Zäch Münzkabinett Villa Bühler, Lindstrasse 8 8402 Winterthur benedikt [email protected]

archeone et le latenium Virginie Galbarini-Weinmann Office et Musäe d'archeologie 2088 Hauterive [email protected]

premier bilan Cynthia Dunning Schützengasse 21 2502 Siel [email protected]

droit et ethique Francs Terrier Muses d'Yverdon et region Le Chateau, CP 968 1401 Yverdon-les-Bains [email protected]

Schafhirte in der Val Tuoi, Guarda, Unterengadin, um 1940. © Schwei­zerisches Archiv f. Volkskunde Basel, Slg. E. Brun ner.

Bergerdans /e Val Tuoi, ßasse-Engadine, vers 1940.

Pastore con le pecore nella Val Tuoi, Bassa Engadina, ann i Trenta.

Mitteilungsblatt von <<Archaologie Schweiz»

B Jlt~t1r c''<<Arct-eologie SLISSe»

En collaboration avec Conference suisse des archeologues cantonaux CSAC

ln Zusammenarbeit mit Konferenz Schweizerischer Kantonsarchäologinnen und Kantons­archäologen KSKA

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Redazione italiana Simonetta Biaggio-Simona Via Fabrizia 24a 6512 Giubiasco Tel. 091 840 21 41 Fax 091 840 21 45 [email protected]

Traductions Red.

Product ion lnfographie : lnfolio, 1124 Gallion

Design: Martine Waltzer, 1096 Gully

Impression: lmprimeries St-Paul , Fribourg

ISSN 0255 - goo5

Parut ion : fin mars, mi -juin, fin septembre , fin decembre.

Amtl ehe Meldestellen fur archäologtsche Boden1unde Adres~es ces servtces archeologiques lndtrizz de Servizi archeologici

Aargau, Georg Matter, Kantonsarchäologie, Vindonissa-Museum, Industriestrasse 3, 5200 Brugg, Tel. 056 462 48 11

Appenzell IR, •Landesarchiv, 9050 Appenzell, Tel. 071 788 93 11

Appenzell AR, •staatsarchiv, 9100 Herisau, Tel. 071 353 61 11

Augst/ Kaiseraugst, Jürg Rychener/Cedric Grezet , Ausgrabungen Augst!Kaiseraugst, Poststrasse 1, 4302 Augst, Tel. 061 816 22 36, www.augusta-raurica.ch

Avenches, Marie-France Meylan Krause, Musee Romain, 1580 Avenches, Tel. 026 557 33 00, www.avenches.ch

Basel-Stadt, Guido Lassau, Archäologische Bodenforschung, Petersgraben 9-11 , 4051 Basel , Tel. 061 267 23 55, www. archaeobasel.ch

Basel-Landschaft , Reto Marti, Archäologie Baselland, Regierungs­gebäude, 4410 Liestal, Tel. 061 552 50 88, www.archaeologie. bl.ch

Bern, Daniel Gutscher, Archäologischer Dienst, Brünnenstrasse 66, 3018 Bümpliz, Tel. 031 633 98 21, www.erz.be.ch

Fribourg , Carmen Buchillier, Service archeologique de I'Etat, Planche-Superieure 13, 1700 Fribourg, Tel. 026 305 82 00, www. fr.ch/sac

Geneve, Jean Terrier, Service cantanal d'archeologie, rue du Puits­St-Pierre 4, 1204 Geneve, Tel. 022 327 24 86

Glarus, •Landesarchiv, 8750 Glarus , Tel. 055 646 61 11

Graubünden, Thomas Reitmaier, Archäologischer Dienst, Lee­strasse 26, 7000 Chur, Tel. 081 257 48 50

Jura, Robert Fellner, Office de Ia Culture, Sections d'Archeologie et de Paleontologie, Hotel des Halles , 2900 Porrentruy 2, Tel. 032 420 84 00, www.jura.ch

Luzern , Jürg Manser, Kantonsarchäologie Luzern , Libellenrain 15, 6002 Luzern, Tel. 041 228 65 95, www.da.lu .ch

Neuchatel, Sonia Wüthrich, Latenium, Parc et Musee d'archeologie de Neuchatel, Espace Paui-Vouga, 2068 Hauterive, Tel. 032 889 6910

Nidwalden, Fachsteile für Archäologie, Staatsarchiv, Stansstader­strasse 54,6371 Stans, Tel. 041 618 51 51, www.archaeologie.nw.ch

Obwalden, Peter Omachen, •Fachstelle für Kultur- und Denkmal­pflege, Brünigstrasse 178, 6060 Sarnen, Tel. 041 666 62 51, www.denkmalpflege.ow.ch

St. Gallen , Martin P. Schindler, Kantonsarchäologie, Rarschacher­strasse 23, 9001 St. Gallen, Tel. 058 229 38 72/7 1, www.sg .ch

Schaffhausen, Markus Höneisen, Kantonsarchäologie, Herrenacker 3, 8201 Schaffhausen, Tel . 052 632 7 4 83, www. archaeologie.sh .ch

Schwyz, •Amt für Kultur, Kollegiumstrasse 30, Postfach 2201 , 6431 Schwyz, Tel. 041 819 20 65

Solothurn, Pierre Harb, Kantonsarchäologie, Werkhofstrasse 55, 4500 Solothurn, Tel. 032 627 25 76, www.so.ch

Thurgau, Hansjörg Brem, Amt für Archäologie, Schlossmühlestr. 15a, 8510 Frauenfeld, Tel. 052 724 15 70, www.archaeologie.tg.ch

Ticino, Rossana Cardani Vergani, Servizio Archeologico, Viale Stefano Franscini 30A, 6500 Bell inzona, Tel. 091 814 13 80, www.ti .ch

Uri, •staatsarchiv, Bahnhofstr. 13, 6460 Al tdorf, Tel. 041 875 22 21

Vaud, Nicole Pousaz, Section de l'archeologie cantonale, Place de Ia Riponne 10, 1014 Lausanne, Tel. 021 316 73 29, www.dinf.vd.ch

Valais, Fran<;ois Wible , Office des recherches archeologiques, Gasepostale 776, 1920 Martigny, Tel . 027 722 65 45, www.vs.ch

Zug , Stefan Hochuli, Kantonsarchäologie, Hofstrasse 15, 6300 Zug, Tel. 041 728 28 58, www.zug.ch

Zürich/Kanton, Beat Eberschweiler, Kantonsarchäologie, Stettbachstrasse 7, 8600 Dübendorf, Tel. 043 259 69 00, www. archaeologie.zh.ch

Zürich/Stadt , Dölf Wild, Denkmalpflege und Archäologie, Amtshaus IV, Lindenhofstrasse 19, 802 1 Zürich, Tel. 044 412 40 85

Fürstentum Liechtenstein, Hansjörg Frommelt, Landesverwaltung des Fürstentums Liechtenstein, Archäologie, Messinastrasse 5, 9495 Triesen FL, Tel. 00423 236 75 30

(" Diese Amtsstellen führen keine Ausgrabungen durch)