mastykova, a. die archäologie der westgoten in nordgallien. zum stand der forschung

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Die Archäologie der Westgoten in Nordgallien Zum Stand der Forschung Michel Kazanski, Anna Mastykova, Patrick Périn Zwischen der Mitte des 5. Jahrhunderts und dem ersten Drittel des 6. Jahr- hunderts haben sich in Nordgallien Gruppen von Menschen unterschied- licher Herkunft niedergelassen. Deutlich wird dies bei der Untersuchung von nordgallischen Nekropolen der beginnenden Merowingerzeit, bei- spielsweise von Arcy-Sainte-Restitue, Chassemy, Breny, Saint-Martin-de- Fontenay oder Vicq, 1 und hierbei besonders bei der Betrachtung der Reste der Frauenkleidung auf diesen Nekropolen. Die Neuankömmlinge haben, obwohl sie zahlenmäßig als eher unbedeutend zu bezeichnen sind, nach Aussage des mit diesen Gruppen zu verbindenden Prunkgräberhorizontes zweifellos eine wichtige Rolle in militärischer und sozialer Hinsicht ge- spielt. Die genannten Einflüsse umfassen alamannische, thüringische, lan- gobardische, ostgotische, germanisch-donauländische, angelsächsische und westgotische Elemente. Dass sie zeitgleich mit der Entstehung des me- rowingischen Königreiches auftauchen, ist nicht erstaunlich. Es handelt sich hier um ein Phänomen, das von archäologischer Seite auch aus ande- ren „barbarischen“ Königreichen wie etwa dem der Burgunder, dem der Ostgoten in Italien oder dem der Kiever Rus’ bekannt ist. Auch in diesen Reichen stützte sich die königliche Macht zum Teil auf militärische Grup- pen fremder Herkunft ohne Verbindung zur lokalen Bevölkerung, die dem König ihre Treue zusicherte. Als Teil dieses Phänomens sollen im Folgen- den die aus dem westgotischen Spanien kommenden Gruppen behandelt werden, die sich in Nordgallien niedergelassen hatten. 1 Arcy-Sainte-Restitue: Françoise Vallet, Parures féminines étrangères du début de l’époque mérovingienne, trouvées dans le soissonnais. Studien zur Sachsenforschung 8, 1993, 109–121. – Chassemy: Vallet, Parures (Anm. 1). – Breny: Michel Kazanski u.a., La nécro- pole gallo-romaine et mérovingienne de Breny (Aisne). D’apres les collections et les archi- ves du Musée des Antiquités Nationales (Montagnac 2002). – Saint-Martin-de-Fontenay: Christian Pilet u.a., La nécropole de Saint-Martin-de-Fontenay, Calvados (Paris 1994). – Vicq: Wimm H. Wimmers, Etude sur l’interprétation du cimetière mérovingien de Vicq (Yvelines) (Hooddorp 1993). Zwischen Spätantike und Frühmittelalter – RGA-E Band 57 – Seiten 149–192 © 2008 Walter de Gruyter · Berlin · New York

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Die Archäologie der Westgoten in Nordgallien 149

Die Archäologie der Westgoten in Nordgallien

Zum Stand der Forschung

Michel Kazanski, Anna Mastykova, Patrick Périn

Zwischen der Mitte des 5. Jahrhunderts und dem ersten Drittel des 6. Jahr-hunderts haben sich in Nordgallien Gruppen von Menschen unterschied-licher Herkunft niedergelassen. Deutlich wird dies bei der Untersuchungvon nordgallischen Nekropolen der beginnenden Merowingerzeit, bei-spielsweise von Arcy-Sainte-Restitue, Chassemy, Breny, Saint-Martin-de-Fontenay oder Vicq,1 und hierbei besonders bei der Betrachtung der Resteder Frauenkleidung auf diesen Nekropolen. Die Neuankömmlinge haben,obwohl sie zahlenmäßig als eher unbedeutend zu bezeichnen sind, nachAussage des mit diesen Gruppen zu verbindenden Prunkgräberhorizonteszweifellos eine wichtige Rolle in militärischer und sozialer Hinsicht ge-spielt. Die genannten Einflüsse umfassen alamannische, thüringische, lan-gobardische, ostgotische, germanisch-donauländische, angelsächsischeund westgotische Elemente. Dass sie zeitgleich mit der Entstehung des me-rowingischen Königreiches auftauchen, ist nicht erstaunlich. Es handeltsich hier um ein Phänomen, das von archäologischer Seite auch aus ande-ren „barbarischen“ Königreichen wie etwa dem der Burgunder, dem derOstgoten in Italien oder dem der Kiever Rus’ bekannt ist. Auch in diesenReichen stützte sich die königliche Macht zum Teil auf militärische Grup-pen fremder Herkunft ohne Verbindung zur lokalen Bevölkerung, die demKönig ihre Treue zusicherte. Als Teil dieses Phänomens sollen im Folgen-den die aus dem westgotischen Spanien kommenden Gruppen behandeltwerden, die sich in Nordgallien niedergelassen hatten.

1 Arcy-Sainte-Restitue: Françoise Vallet, Parures féminines étrangères du début de l’époquemérovingienne, trouvées dans le soissonnais. Studien zur Sachsenforschung 8, 1993,109–121. – Chassemy: Vallet, Parures (Anm. 1). – Breny: Michel Kazanski u.a., La nécro-pole gallo-romaine et mérovingienne de Breny (Aisne). D’apres les collections et les archi-ves du Musée des Antiquités Nationales (Montagnac 2002). – Saint-Martin-de-Fontenay:Christian Pilet u.a., La nécropole de Saint-Martin-de-Fontenay, Calvados (Paris 1994). –Vicq: Wimm H. Wimmers, Etude sur l’interprétation du cimetière mérovingien de Vicq(Yvelines) (Hooddorp 1993).

Zwischen Spätantike und Frühmittelalter – RGA-E Band 57 – Seiten 149–192© 2008 Walter de Gruyter · Berlin · New York

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Seit den 1990er Jahren wird die Interpretation der in Nordgallien ent-deckten ostgermanischen Elemente lebhaft diskutiert. Während franzö-sische Forscher den donauländischen Ursprung dieser Funde vertraten,2unterstrichen deutsche Archäologen mit wenigen Ausnahmen3 die Argu-mente für eine westgotische Herkunft der Objekte.4 Neben der Herkunfts-frage ist aber auch die chronologische Ansprache der Funde Anlass einerKontroverse: nach Volker Bierbrauer und seinen Schülern ist das fraglicheMaterial im Wesentlichen nach 480 zu datieren, also in die Zeit nach derwestgotischen Ansiedlung in Spanien.5 Im Gegensatz dazu werden die ent-sprechenden Funde in Frankreich in der Regel chronologisch älter einge-ordnet, nämlich in das dritte Viertel des 5. Jahrhunderts.

Antworten auf Fragen der Herkunft und der zeitlichen Ansprache derFunde werden durch zwei Probleme erschwert: erstens die Tatsache, dasssich im Bereich der Männergräber keine Fremden durch signifikante Bei-gaben von der lokalen Bevölkerung abheben, und zweitens das Problem,dass die spanisch-westgotische Frauenkleidung, so wie sie sich in den ar-chäologischen Funden präsentiert, ebenfalls donauländischen Ursprungsist. Die spanisch-westgotische Frauenkleidung stellt sich als populäre Nach-ahmung des prestigeträchtigen donauländischen Frauengewandes dar, dasin den mitteleuropäischen Prunkgräbern des Smolín-Horizontes der StufeD2/D3 der völkerwanderungszeitlichen Chronologie, also dem zweitenDrittel des 5. Jahrhunderts, bezeugt ist.6 Diese Kleidung umfasst insbeson-dere zwei an den Schultern getragene ‚Silberblechfibeln‘, die häufig voneiner großen Gürtelschnalle mit rechteckigem Beschlag begleitet werden(beispielsweise in Szabadbattyán, Maklár, Laa und vermutlich „Eszter-gom“). Im gallischen Westgotenreich ist diese donauländische Kleidungnicht vor dem letzten Drittel des 5. Jahrhunderts nachzuweisen. Daher

2 Vgl. z.B. Michel Kazanski, La diffusion de la mode danubienne en Gaule (fin du IVe siè-cle–début du VIe siècle). Essai d’interprétation historique. Antiquités Nationales 21, 1989,59–73; ders., La Gaule et le Danube à l’époque des Grandes Migrations. In: Jaroslav Tejral/Herwig Friesinger/Michel Kazanski (Hrsg.), Neue Beiträge zur Erforschung der Spätantikeim mittleren Donauraum (Brno 1997) 285–319; Michel Kazanski/Patrick Périn, LesBarbares „orientaux“ dans l’armée romaine en Gaule. Antiquités Nationales 29, 1997,201–217; Vallet, Parures (Anm. 1).

3 Barbara Sasse, Die Westgoten in Südfrankreich und Spanien. Zum Problem der archäolo-gischen Identifikation einer wandernden „gens“. Archäologische Informationen 20/1,1997, 29–48.

4 Vgl. Volker Bierbrauer, Les Wisigoths dans le royaume franc. Antiquités Nationales 29,1997, 167–200.

5 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) 169–172.6 Jaroslav Tejral, Mähren im 5. Jahrhundert (Prag 1973); ders., Zur Chronologie der frü-

hen Völkerwanderungszeit im mittleren Donauraum. Archaeologia Austriaca 72, 1988,223–304.

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wurde sie dort wahrscheinlich im Zuge der Ankunft der Armee des ostgoti-schen Prinzen Vidimer eingeführt, die mit einem kurzen Aufenthalt inItalien (472–474) direkt von der Donau nach Gallien gekommen war.7 Vi-dimer genoss als Mitglied der alten Familie der Amaler großes Prestige beiden Westgoten. Ein vergleichbarer Prozess der Ausbreitung des donaulän-dischen Kostüms ist im pontischen Raum zu beobachten,8 wo die Fund-plätze der kaukasischen Tetraxitgoten und der Krimgoten des Landes Dorizahlreiche Beispiele einer breiten Nachahmung des prunkvollen Prestigege-wandes aus Mitteleuropa bieten.

Volker Bierbrauer legte 1997 eine ausführliche Sammlung der ostgerma-nischen Funde der beginnenden Merowingerzeit in Nordgallien vor,9 diewir hier mit wenigen Ergänzungen wieder aufgreifen wollen, um die west-gotische Ansprache dieses Materials zu überprüfen. Das fragliche Fundma-terial umfasst mehrere Objektkategorien: ‚Silberblechfibeln‘, vogelförmigeFibeln bzw. Adlerfibeln, Bügelfibeln, Armbrustfibeln der Typen Duratónund Estagel sowie große eiserne oder bronzene Gürtelschnallen mit recht-eckigem Beschlag und Cloisonné- oder Cabochonverzierung. Alle Fund-gruppen haben Parallelen außerhalb des westgotischen Bereiches und sindin anderen Gebieten mit ostgermanischem Einfluss nachgewiesen, insbe-sondere an der Donau, auf dem Balkan, in Italien, auf der Krim und imnördlichen Kaukasus. Angesichts dieser großen Verbreitung ähnlicherFunde scheint es für eine Zuschreibung der fraglichen nordgallischenFunde an die Westgoten notwendig, überzeugende Parallelen aus Spanien,Septimanien und Aquitanien anzuführen und gleichzeitig ihre Abwesen-heit in anderen von Ostgermanen besiedelten Regionen, vor allem im Do-naugebiet, aufzuzeigen.

Die geringfügige chronologische Differenz zwischen den Objekten glei-chen Typs aus dem Donaugebiet und Nordgallien spielt dabei keine we-sentliche Rolle, da die hier zur Debatte stehende Epoche sich von der Mittedes 5. bis in das erste Drittel des 6. Jahrhunderts erstreckt und somit etwa50 bis 80 Jahre oder zwei bis drei Generationen andauert. Die zwischen 500

7 Patrick Périn, L’armée de Vidimer et la question des dépôts funéraires chez les wisigoths enGaule et en Espagne (Ve–VIe siècles). In: Françoise Vallet/Michel Kazanski (Hrsg.), L’ar-mée romaine et les Barbares du IIIe au VIIe siècle (Saint-Germain-en-Laye 1993) 411–423.

8 Michel Kazanski, The Sedentary Elite in the „Empire“ of the Huns and its Impact on Ma-terial Civilisation in Southern Russia during the Early Middle Ages (5th–7th CenturiesAD). In: John Chapman/Pavel Dolukhanov (Hrsg.), Cultural Transformations in EasternEurope. (Aldershot 1993) 211–235; ders., Les Germains orientaux au Nord de la mer Noirependant la seconde moitié du Ve s. et au VIe s. Materialy po Archeologii, Istorii i EtnografiiTavrii 5, 1996, 324–337, 567–581.

9 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4).

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und 530 bestatteten Personen wurden mehrheitlich in den Jahren zwischen450 und 490 geboren. Gleichzeitig scheinen diese Leute Angehörige vonisolierten Gruppen im fremden gallo-römischen und westgermanischenMilieu gewesen zu sein (obwohl ihre Gräber gut in die Gräberfelder derBevölkerungsmehrheit integriert sind). Deswegen erscheint es möglich,dass ihre Beigaben gewisse archaische Züge bewahrt haben, die in ihrenHerkunftsländern schon verschwunden waren. Vergleichbar ist dies mitverschiedenen modernen Gemeinschaften, etwa emigrierten Russen, dieim russischen Bürgerkrieg auf der Seite der „weißen“ Truppen standen,Schwarzmeergriechen oder Wolgadeutschen, die weit entfernt von ihrenHeimatländern altertümliche Traditionen dieser Regionen bewahrt haben.In diesem Licht können kulturelle Merkmale, die in der Donauregionschon um 480 verschwunden sind, in Gallien bis 500, sogar bis 530 über-dauert haben, weil die Eltern ihrer Träger im zweiten Drittel des 5. Jahrhun-derts direkt aus dem Donauraum kamen. Die künstliche Schädeldeforma-tion ist in diesem Sinn sehr bezeichnend. In Gallien wie generell in Mittel-und Osteuropa sind die Personen, die in ihrer Kindheit diesem Brauchalanisch-sarmatischen Ursprungs10 unterzogen wurden, nach Aussage ihrerGrabbeigaben in der nach-hunnischen Epoche gestorben. Es ist dennochsicher, dass der Höhepunkt dieser Mode mit dem Geburtszeitpunkt dieserMenschen übereinstimmt, also der Blütezeit des hunnischen Reiches, indem Gewohnheiten aus der Steppe eine prestigeträchtige Rolle bei den Bar-baren innewohnte.11 Es scheint demnach sinnvoll, eine ähnliche Verschie-bung im Bereich der Kleidungsmoden auch bei den barbarischen Gruppenaus dem Osten anzunehmen, die isoliert im westlichen Milieu lebten.

‚Blechfibeln‘

Die großen ‚Silberblechfibeln‘ mit halbrunder Kopfplatte und gestreckt-rautenförmigem oder zungenförmigem Fuß (Abb. 2; 4) stellen das mar-kanteste Element ostgermanischer Herkunft im Nordgallien der frühenMerowingerzeit dar.12 Ihre entfernten Vorläufer sind in den „fürstlichen“

10 Michel Kazanski, A propos de l’apparition de la coutume de la déformation crânienneartificielle chez les tribus germaniques de la Gaule. Bulletin de Liaison. Association Fran-çaise d’Archéologie Mérovingienne 3, 1980, 85–88.

11 Joachim Werner, Beiträge zur Archäologie des Attila-Reiches (München 1956); BodoAnke, Studien zur reiternomadischen Kultur des 4. bis 5. Jahrhunderts (Weissbach 1998).

12 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) 167f.; Kazanski/Périn, Les barbares (Anm. 2) 205–209;Alexander Koch, Bügelfibeln der Merowingerzeit im westlichen Frankenreich (Mainz1998) 413–449.

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Schmuckstücken aus hunnischer Zeit zu suchen (genauer in der Periode D2bzw. zwischen 380/400–440/450 n. Chr.13), die in Gräbern und Schatzfun-den wie jenen von Kacin in der westlichen Ukraine, Kerc oder Phanagoriaam kimmerischen Bosporus sowie Sinjavka an der Mündung des Don vor-kommen.14 Auf der Grundlage dieser Stücke entstanden im Donauraumwährend des zweiten Drittels des 5. Jahrhunderts (Horizont von Smolínbzw. Periode D2/D3, 430/440–470/480) die großen ostgermanischen Fibelnvom Typ Smolín (mit Appliken in Palmettenform) (z.B. Abb. 1,1–2), vomTyp Kosino (mit dreieckigen Appliken) oder Bakodpuszta (mit halbkreis-förmigen Appliken).15 Charakteristische Kennzeichen dieser Fibeln sindder gestreckt-rautenförmige Fuß, der im mittleren bis unteren Teil verbrei-tert ist, und ihre Herstellung durch Treiben eines massiven, gegossenenStückes Silber.

Obwohl der Großteil derartiger Fibeln an der mittleren Donau entdecktwurde, erstreckt sich das Fundgebiet einzelner Exemplare über ein riesigesGebiet zwischen Spanien und dem nördlichen Kaukasus.16 Das einzigenordgallische Exemplar dieser Fibeln stammt aus Arcy-Sainte-Restitue(Abb. 2,2; 5,2; 8,1).17 Während sich auch hier die für den Horizont vonSmolín charakteristische gestreckte Form des Fußes findet, unterscheidetsich die Herstellungstechnik dieses gallischen Exemplars von seinen donau-ländischen Verwandten: das im Vergleich dünnere Silberblech ist hier aufeinen metallischen Träger aufgebracht und zeigt so eine Technik, die inNordgallien bei den Fibeln des letzten Drittels des 5. Jahrhunderts vorherr-schend sein wird. Neu ist diese Herstellungsweise allerdings nicht, sondernschon bei den prunkvollen polychromen Fibeln hunnischer Zeitstellungvom Typ Untersiebenbrunn zu beobachten.

Im östlichen Gallien sind diese Fibeln in Straßburg (Abb. 2,3) undim Tal der Saône (Abb. 2,4)18 belegt. Ein Paar stammt zudem ausdem südgallischen Lezoux (Abb. 2,1)19, ein Exemplar aus Südwestspa-

13 Vgl. zur „barbarischen“ Chronologie: Jaroslav Tejral, Neue Aspekte der frühvölkerwande-rungszeitlichen Chronologie im Mitteldonauraum. In: Jaroslav Tejral/Herwig Friesinger/Michel Kazanski (Hrsg.), Neue Beiträge zur Erforschung der Spätantike im mittleren Do-nauraum (Brno 1997) 321–392.

14 Tejral, Mähren (Anm. 6) Abb. 1,8.9; 2,11.15 Tejral, Chronologie (Anm. 6) Abb. 31,13.14; 32,1.2.12.13; 33; 37 etc.16 Kazanski/Périn, Les barbares (Anm. 2) Abb. 8.17 Vallet, Parures (Anm. 1) Abb. 9,1; Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) Taf. 2,3.18 Kazanski/Périn, Les barbares (Anm. 2) Abb. 2,1–3.19 Hugues Vertet/Yves Duterne, Tombes mérovingiennes du cimetière Saint-Jean de Lezoux

(Puy-de-Dôme). In: Bernadette Fizellier-Sauget (Hrsg.), L’Auvergne de Sidoine Apolli-naire à Gregoire de Tours. Histoire et Archéologie (Clermont-Ferrand 1999) 337–349, hierAbb. 7; 8.

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nien20 und schließlich ein Fibelpaar aus Grab 79 von Duratón.21 Die Fibelnvon Castiltierra und „aus Spanien“22 nehmen vielleicht eine vermittelndePosition zwischen den Fibeln des Smolín-Horizonts und denjenigen dernachfolgenden Epoche ein.

Es ist anzunehmen, dass die ältesten ‚Blechfibeln‘ mit gestrecktem Fußin Gallien (Saône, Straßburg, Lezoux, Arcy-Sainte-Restitue) entweder di-rekt aus dem Donauraum importiert wurden oder nach donauländischenVorbildern in Gallien hergestellt wurden. Ihre chronologische Zuweisungan die Epoche nach 48023 ist nicht überzeugend, da sie wegen ihres fastgänzlichen Fehlens in den großen spanischen Nekropolen vom Typ Dura-tón einerseits (siehe oben) und ihrer relativen Häufigkeit an der Donau vor480 andererseits nicht an die spanische Chronologie anzuhängen sind.

Um 480 endet die Laufzeit von ‚Silberblechfibeln‘ an der Donau. Diechronologisch jüngste Entdeckung ist der polnische Schatzfund von Ra-dostowo an der Weichselmündung, der Münzen der Jahre 475–477 und dasFragment einer Fibel vom Typ Kosino erbrachte.24 An der Donau wird nundie neue Mode der Bügelfibeln vorherrschend. In Nordgallien erscheinendagegen, soweit man es anhand der archäologischen Chronologie der Me-rowingerzeit beurteilen kann, in großer Zahl späte Formen von ‚Silber-blechfibeln‘ (Abb. 4,2.5–7; 5,1.3). Gleichzeitig sind diese Fibeln in Spaniengut vertreten, seltener in Ostgallien (Beire-le-Châtel) (Abb. 4,1) und imRheinland (Rödingen, Köln-Müngersdorf).25 In Südgallien sind aus dieserEpoche nur seltene, recht kleine Nachahmungen bekannt.26 Auch imSchwarzmeergebiet, auf der Krim und an der Küste des nördlichen Kauka-sus leben die Fibeln fort.27 Der Hauptunterschied dieser Fibeln zu denälteren Exemplaren besteht in der Form des Fußes, der nun zungenförmigist und dessen größte Breite am Bügelansatz liegt. In Nordgallien besitzendie Fibeln häufig eine dünne Silberauflage auf einem Kern aus anderemMetall.

20 Gerd G. Koenig, Archäologische Zeugnisse westgotischer Präsenz im 5. Jahrhundert. Ma-drider Mitteilungen 21, 1980, 220–247, hier Taf. 61.

21 I Goti (Milano 1994) Abb. IV,18,d.22 Koenig, Archäologische Zeugnisse (Anm. 20) Taf. 64,a–b; 65,b.23 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) 170.24 Joachim Werner, Studien zu Grabfunden des 5. Jahrhunderts aus der Slowakei und der

Karpatenukraine. Slovenská Archeológia 7/2, 1959, 422–438, hier 427.25 Kazanski/Périn, Les barbares (Anm. 2) Abb. 9.26 Herpes, Pech, Séviac. – Vgl. Kazanski/Périn, Les barbares (Anm. 2) Abb. 2,11.12.27 Anatolij K. Ambroz, Fibuly juga evropejskoj casti SSSR. Svod archeologiceskich istocni-

kov D1–30 (Moskau 1966) 87–91,73–75; Aleksej V. Dmitriev, Rannesrednevekovye fibulyiz mogil’nika na r. Djurso. In: Drevnosti epochi velikogo pereselenija narodov V–VIIIvekov (Moskau 1982) 69–107.

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Das Hauptproblem ist nun die Frage, ob die nordgallischen Fibeln wirk-lich Importe aus dem westgotischen Spanien darstellen. Lässt man außeracht, dass die spanischen Fibeln häufig spitze, die gallischen Exemplaredagegen meist abgerundete Fußplattenenden besitzen, sind die Formen dergallischen und der spanischen Fibeln ähnlich. Es gilt daher, die dekorativenDetails zu untersuchen, um die vermutete Verwandtschaft der gallischenund spanischen Fibeln zu bestätigen oder abzulehnen. Von diesen Merk-malen sind es vor allem zwei Details, die einen Teil der gallischen Fibelnvon den spanischen unterscheiden:

Erstens die seitlichen, tierkopfförmigen Knöpfe, die nur in Gallien be-kannt sind und bei den Fibeln aus Grab 756 von Vicq (Abb. 3,1–2)28 oderdenjenigen von Lezoux vorkommen (Abb. 2,1). Die seitlichen Rundelnder gallischen Fibeln von Envermeu (Abb. 4,6), Breny (Abb. 5,1), Marché-lepot (Abb. 2,6), Chassemy (Abb. 4,2) oder von Nouvion-en-Ponthieu(Abb. 9,11–12)29 sind offensichtlich von den tierförmigen Köpfen abgelei-tet. Derartige Ableitungen sind an spanischen Fibeln unseres Wissens nureinmal belegt, und zwar an dem Fibelpaar aus Grab 63 von Tinto Juan de laCruz in der Region Madrid (Abb. 4,3).30 Vergleichbarer zoomorpher Dekorhat donauländische Vorläufer, zum Beispiel an den Fibeln von Szabadbat-tyán 1924,31 Bakodpuszta,32 Balsa,33 Ménföcsanak34 oder Marcianopolis.35

28 Edmond Servat, Exemple d’exogamie dans la nécropole de Vicq (Yvelines). Bulletin deLiaison. Association Française d’Archéologie Mérovingienne 1, 1979, 40–44, hier 42 Abb.;I Goti (Milano 1994) Abb. IV,41; Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) Taf. 1,1.2.

29 Kazanski/Périn, Les barbares (Anm. 2) Abb. 2,6. 2,10. 7,11–12; Bierbrauer, Les Wisigoths(Anm. 4) Taf. 2,1; 2,5; 4,11; Claude Lorren, Fibules et plaques-boucles à l’époque méro-vingienne en Normandie (Paris 2001) Taf. 1,5; Kazanski, Breny (Anm. 1) Taf. 117; DanielPiton, La nécropole de Nouvion-en-Ponthieu (Berck-sur-Mer 1985) Taf. 132,12.13.

30 Rafael Barroso Cabrera/Salvador Jaque Ovejero/Manuele Major González/Jorge Morínde Pablos/Eduardo Penedo Cobo/Pablo Oñate Baztán/José Sanguino Vázquez, Los yaci-mentos de Tinto Juan de la Cruz Pinto, Madrid (ss. I al VI d.C.). Estudios de Prehistoria yArqueología Madrileñas 12, 2002, 117–174, hier Taf. 125.

31 Attila Kiss, Germanische Funde von Szabadbattyán aus dem 5. Jahrhundert. Alba Re-gia 18, 1980, 105–132, hier Taf. 2,5.

32 Attila Kiss, Die Skiren im Karpatenbecken, ihre Wohnsitze und ihre materielle Hinter-lassenschaft. Acta Archaeologica Academiae Scientiarum Hungaricae 35, 1983, 95–131,hier Abb. 7,3.

33 Constantin C. Giurescu, Das westgotische Grab von Chiojdu in Rumanien. Mannus 29,1937, 556–566, hier Abb. 3.

34 Germanen, Hunnen und Awaren. Schätze der Völkerwanderungszeit (Nürnberg 1987)IV, 2.

35 Zuletzt: Anna Haralambieva, Marcianopolis als Anziehungspunkt für Ostgermanen (Go-ten) vom 3. bis zum 5. Jahrhundert. In: Herwig Friesinger/Alois Stuppner (Hrsg.), Zen-trum und Peripherie. Gesellschaftliche Phänomene in der Frühgeschichte (Wien 2004)143–148, hier Abb. 1,2.

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In ihrem Ursprung sind derartige Verzierungen hunnischer Zeitstellung wieetwa in Kerc auf der Krim, Grab 165/4.190436, und in Kruglica in Zentral-russland.37 Die Knöpfe der spanischen Fibeln sind dagegen annäherndkugelförmig (Abb. 6,2; 7,1),38 wobei sich dieses Element auch in Nord-gallien findet, zum Beispiel in Straßburg (Abb. 2,3), bei einer der Fibeln ausMarchélepot (Abb. 4,6) und einer bisher unveröffentlichten Fibel aus Hou-dan (Musée de Dreux). In der Donauregion sind ebenfalls kugelförmigeKnöpfe an ‚Silberblechfibeln‘ nachgewiesen, zum Beispiel in Szabadbat-tyán 1909,39 Kiskorös,40 Levice,41 Tiszalök,42 Laa,43 Ilok44 und Székely.45

Zweitens unterscheiden sich die die Kopfplattenappliken einiger galli-scher Fibeln in Form zweier sich gegenüberstehender Vogelköpfe von spa-nischen Fibeln. Derartige Appliken sind an den Fibeln der Gräber 37 oder53 von Chassemy (Abb. 2,7), von Mouy,46 in Grab 359 von Saint-Martin-de-Fontenay (Abb. 2,5), Marchélepot (Abb. 2,6) und von Breny belegt(Abb. 5,1).47 Im dritten Viertel des 5. Jahrhunderts kommen derartige Ap-pliken auf der Fibel von Arcy-Sainte-Restitue vor (Abb. 2,2; 5,2).48 ImRheinland sind vogelförmige Appliken an den Fibeln aus Rödingen be-legt.49 In Gallien südlich der Loire schmücken vergleichbare zoomorpheAppliken das Fibelpaar aus Lezoux (Abb. 2,1) aus der vorangehenden Epo-che der Stufe D2/D3.50 Die donauländischen Parallelen aus dem zweiten

36 Irina P. Zaseckaja, Materialy Bosporskogo nekropolja vtoroj poloviny IV–pervoj polovinyV vv. n.e· . Materialy po Archeologii, Istorii i Etnografii Tavrii 3, 1993, 23–104, hierTaf. 53,284.

37 Irina P. Zaseckaja, Klassifikacija polychromnych izdelij gunnskoj epochi po stilisticeskimdannym. In: Drevnosti epochi velikogo pereselenija narodov V–VIII vekov (Moskau1982) 14–30, hier Abb. 7.

38 Vgl. z.B. I Goti (Milano 1994) Abb. IV,20. IV,21; Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4)Taf. 5,2; 6,1; 12,3; 14,2; 16,4.

39 Kiss, Germanische Funde (Anm. 31) Taf. 1.40 Kiss, Skiren (Anm. 32) Abb. 10,1.41 Tejral, Chronologie (Anm. 6) Abb. 46,1.2.42 Tejral, Chronologie (Anm. 6) Abb. 38,3.43 Tejral, Chronologie (Anm. 6) Abb. 31,13.14.44 Germanen (Anm. 34) V,10.45 Germanen (Anm. 34) V,6a.46 Unpubliziert, vorgestellt in der Ausstellung „La Picardie, berceau de la France“.47 Kazanski/Périn, Les barbares (Anm. 2) Abb. 2,8.9; 2,7.8; 6,1.2; Bierbrauer, Les Wisigoths

(Anm. 4) Taf. 1,1.2; 2,1.4; für Breny vgl. das Foto: Kazanski, Breny (Anm. 1) Taf. 117.48 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) Taf. 2.3; Kazanski/Périn, Les barbares (Anm. 2)

Abb. 4,1.49 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) Taf. 16.2; Kazanski/Périn, Les barbares (Anm. 2)

Abb. 4,1.50 Kazanski/Périn, Les barbares (Anm. 2) Abb. 3,4.5.

Die Archäologie der Westgoten in Nordgallien 157

Drittel des 5. Jahrhunderts – Tiszalök,51 Kosino,52 Balsa53 oder Kolut54 –weisen deutlich auf den Ursprung dieser Appliken. Dabei ist es wichtig zuunterstreichen, dass vergleichbare Appliken im westgotischen Spanien un-seres Wissens vollkommen fehlen. Im Gegensatz dazu sind bei den spani-schen Fibeln späte Derivate dieser Appliken zu beobachten, jedoch ohnevogelförmige Köpfe (Abb. 4,3.4.8; 7,1.2; 6,1.2).55 Späte Derivate sind auchaus Gallien bekannt, namentlich aus Chassemy (Abb. 4,2.7) und Hou-dan,56 bei denen man die Vogelköpfe noch erahnen kann, die sich aberdeutlich von den spanischen Exemplaren unterscheiden. Da die nordgalli-schen Fibeln mit vogelkopfförmigen Appliken typologisch demnach frühereinzuordnen sind als diejenigen in Spanien, kann ein spanisch-westgoti-scher Ursprung der angesprochenen gallischen Fibeln wohl ausgeschlossenwerden. Der Unterschied zwischen den Verzierungen der gallischen undder spanischen Fibeln weist unseres Erachtens dagegen eher auf gleichartigedonauländische Wurzeln, aber offensichtlich auch auf die Entstehung inunterschiedlichen Werkstätten. An den gallischen Fibeln sind zudemarchaische Züge zu beobachten, etwa der tier- und vogelförmige Dekor, derbei spanischen Fibeln nur als spätes Derivat existiert.

Dieser Unterschied wurde auch von Volker Bierbrauer zur Kenntnis ge-nommen, der daraus jedoch die gegensätzliche Schlussfolgerung gezogenhat, an der Zusammengehörigkeit der Fibeln aus dem fränkischen Reichund aus Spanien zu einer einheitlichen Gruppe könne kein Zweifel beste-hen.57 Obwohl die gallischen Fibeln typologisch älter einzuordnen sind als

51 Ilona Kovrig, A tiszalöki és mádi lelet. Archaeologiai Értesito 78/2, 1951, 112–120, hier Taf.44.

52 Tejral, Chronologie (Anm. 6) Abb. 38,1.3.53 Giurescu, Chiojdu (Anm. 33) Abb. 3.54 Tejral, Chronologie (Anm. 6) Abb. 33,2.55 Duratón Gräber 166, 190, 516, 525, 553, Aldeanueva de San Bartolome, Termes, El Carpio

de Tajo Grab 96, Tinto Juan de la Cruz Grab 63, Villel de Mesa: Bierbrauer, Les Wisigoths(Anm. 4) Taf. 5,1.2; 6,1–4; Antonio Molinero Pérez, La necropólis visigoda de Duratón(Segovia). Excavaciones del Plan Nacional de 1942 y 1943. Acta Arqueológia Hispánica 4(Madrid 1948) Taf. 15.sep. 190; Taf. 31.sep 166; Antonio Molinero Pérez, Aportaciones delas excavaciones y hallazgos casuales (1941–1959) al Museo Arqueológico de Segovia.Excavaciones Arqueológicas en Espana 72 (Madrid 1971) Taf. 46.sep. 516, sep. 525,Taf. 50.sep.553; Taf. 65.sep. 12; I Goti (Milano 1994) Abb. IV,3; Hans Zeiß, Die Grab-funde aus dem spanische Westgotenreich (Berlin 1934) Taf. 1,5.8; Gisela Ripoll Lopez, Lanecrópolis visigoda de El Carpio de Tajo (Toledo). Excavaciones Arqueológicas en Espana142 (Madrid 1985) Abb. 16.sep. 96.4; Barroso u.a., Los yacimentos (Anm. 30) Taf. 125;Ma. V. Martin Rocha/Ana María Elorrieta Lacy, El cementerio visigoda de Villel de Mesa.Cuadernas de Historia Primitiva 2, 1947, 54–56, hier Abb. 1.

56 Kazanski/Périn, Les barbares (Anm. 2) Abb. 2,7.57 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) 168: „On ne peut pourtant mettre en doute l’appar-

tenance à un même ensemble des fibules du royaume franc et d’Espagne“.

158 Michel Kazanski, Anna Mastykova, Patrick Périn

die spanischen, postulierte Bierbrauer einen spanischen Ursprung der gal-lischen Exemplare.

Die Datierung der Fibeln mit zungenförmigem Fuß ist nach den Grä-bern von Maule 274, Nouvion 140 oder Breny 167 zwischen 470/480 und520/530 anzusetzen. Diese Gräber enthalten Objekte wie Vogelfibeln oderS-Fibeln, die für die erste Phase der älteren Merowingerzeit (AM I) kenn-zeichnend sind. Die Vogelfibeln von Maule haben Parallelen in Grab 304der burgundischen Nekropole von Beaune,58 das anhand einer für die pro-tomerowingische und ältermerowingische Stufe 1 charakteristischen Gür-telschnalle vom Typ 109 nach Legoux, Périn und Vallet datiert wird.59 InGrab 140 von Nouvion fand sich ein S-Fibel-Paar (Abb. 9,3.15) des mero-wingischen Typs 225,60 ebenfalls typisch für die protomerowingische Epo-che und die ältermerowingische Stufe 1. Schließlich enthielt Grab 167 vonBreny einen aus der gleichen Epoche stammenden Glasbecher des mero-wingischen Typs 443.61

Die Fibeln mit zungenförmigem Fuß können nicht von der Donauimportiert worden sein, da diese Mode in Zentraleuropa um 470–480verschwindet (s.o.). Sie können aber auch nicht aus Spanien stammen,weil sie typologisch mitunter früher anzusetzen sind als die spanisch-westgotischen Exemplare. Daher ist von einer lokalen, aus älteren donau-ländischen Traditionen abgeleiteten Herstellung auszugehen, die für einebestimmte, ostgermanisch dominierte Klientel bestimmt war, bei der ersich entweder um Abkömmlinge von Soldatenfamilien in römischenDiensten handelt62 oder in Nordgallien angesiedelte spanische oder aqui-tanische Westgoten.

Aus Nordgallien sind weitere Belege für eine derartige Produktionbekannt; vor allem die Fibeln des Typs Bretzenheim (Abb. 10,2) und ihreDerivate, die zwar fast ausschließlich in Nordgallien und im Rheinland

58 Kazanski/Périn, Les barbares (Anm. 2) Abb. 5,2; vgl. Henri Gaillard de Sémainville/Chri-stian Sapin in Zusammenarbeit mit Didier Maranski, Les découvertes de Beaune (Côte-d’Or). Des Burgondes en Bourgogne? In: Les Burgondes, apports d’archéologie (Dijon1995) 143–165, hier Abb. 10,304.

59 René Legoux/Patrick Périn/Françoise Vallet, Chronologie normalisée du mobilier funé-raire mérovingien entre Manche et Lorraine (Saint-Germain-en-Laye 2004) Nr. 109.

60 Piton, Nouvion (Anm. 29) Taf. 134,34.35; Kazanski/Périn, Les barbares (Anm. 2)Abb. 7,3.15; vgl. Legoux/Périn/Vallet, Chronologie (Anm. 59) Nr. 225.

61 Kazanski, Breny (Anm. 1) Taf. 2.167.7; Legoux/Périn/Vallet, Chronologie (Anm. 59)Nr. 443.

62 Der nach einem östlichen Brauch verformte Schädel der Verstorbenen von Grab 359von Saint-Martin-de-Fontenay wäre hierfür ein Beleg: Pilet, Saint-Martin-de-Fontenay(Anm. 1) 101f.

Die Archäologie der Westgoten in Nordgallien 159

vorkommen,63 deren Form aber charakteristisch ostgermanisch ist.64 Eswurde schon darauf hingewiesen, dass eine derartige Interpretation auchfür bestimmte Schnallenbeschläge vorzuschlagen ist. Daher halten wirdiese Fibeln und die anderen angesprochenen Objekte nicht für Belege füreinen direkten Kontakt zwischen dem Donauraum und Gallien, sondernvielmehr für Zeugnisse des Überlebens donauländischer Traditionen dervorangehenden Epoche, die entweder von der barbarisierten römischen Ar-mee oder von aquitanischen Westgoten nach Gallien vermittelt wurden.Tatsächlich bestätigen die schon angesprochenen Fibeln von Lezoux dieExistenz derartiger Fibeln südlich der Loire.

Bügelfibeln

Eine kleine Serie von als westgotisch bezeichneten Bügelfibeln ist jüngstvon Alexander Koch bearbeitet worden.65 Es handelt sich im Wesentlichenum Fibeln der Typen Koch III.3.6.3.2 und III.3.6.3.3 (Abb. 11,1–3),66 die inArcy-Sainte-Restitue, Grab 1727,67 Creil68 und Envermeu69 belegt sind.Diese Fibeln haben Parallelen in Septimanien70 und in Aquitanien.71 Sie

63 Mainz-Bretzenheim, Kärlich, Bassenheim, Marchélepot, Flamincourt, Champs-de-Châ-teau-aux-Salines, Saint-Martin-de-Fontenay Grab 300, Lavoye Grab 182, Arcy-Sainte-Re-stitue Grab 2278; einzige Ausnahme südlich der Loire ist ein Fund aus Herpes: Kazanski/Périn, Les barbares (Anm. 2) Abb. 11; 12.

64 Vallet, Parures (Anm. 1) 118.65 Koch, Bügelfibeln (Anm.12) 552–554.66 Koch, Bügelfibeln (Anm.12) 235–239.67 Koch, Bügelfibeln (Anm.12) Taf. 35,4.68 Koch, Bügelfibeln (Anm.12) 618.69 Laurence Flavigny, L’abbé Cochet et l’archéologie mérovingienne. In: La Normandie sou-

terraine. II. L’abbé Cochet archéologue (Rouen 1975) 135–190, hier Nr. 632; Lorren, Fibu-les (Anm. 29) Taf. 2,3.

70 Estagel: Raymond Lantier, Le cimetière wisigothique d’Estagel (Fouilles de 1935 et 1936).Gallia 1/1, 1943, 153–188, hier Abb. 3,T,8; Christian Landes/Eric Dally/Véronique Kra-mérovskis (Hrsg.), Gaule mérovingienne et monde méditerranéen. Les derniers Romainsen Septimanie IVe–VIIIe siècles. Actes des IXe journées d’Archéologie Mérovingienne (Lat-tes 1988) Abb. IV,42.

71 Larroque-Castayrols: René Cubaynes/Françoise Lasserre, Le cimetière wisigothiqe de Lar-roque-Cestayrols (Tarn). Ogam 18, 1966, 305–310, hier Taf. 98; Monteils: Jacques Lapart/Julien Neveu, Objets mérovingiens de Monteils près de Caussade (Tarn-et-Garonne). In:Montauban et les anciens pays de Tarn-et-Garonne (1986) Taf. 1; Saint-Affrique: EmileCarthaillac, Le cimetière barbare de Saint-Affrique (Aveyron). Bulletin de la SociétéArchéologique du Midi de la France 29/IV, 1902, 35–37, hier Taf. 31.2; Toulouse: CasimirBarrière-Flavy, Etude sur les sépultures barbares du Midi et de l’Ouest de la France. Indu-strie wisigothique (Toulouse 1892) Taf. 3,2.

160 Michel Kazanski, Anna Mastykova, Patrick Périn

sind zudem nicht selten in Spanien.72 Die Datierung dieser Fibeln ist immerowingischen Kontext nicht einfach. Falls die Angaben zum Fund vonEnvermeu stimmen,73 kam die Fibel aus dem Grab von 1850 mit einemArmring des merowingischen Typs 337 ans Licht, einer Pinzette Typ 320,einer Nadel vom Typ 314, Nieten vom Typ 195 und einer GürtelschnalleTyp 110,74 die gemeinsam in der Phase AM I der älteren Merowingerzeitvorkommen.

Eine andere Bügelfibel aus westgotischem Umfeld kam in Jochesans Licht (Abb. 11,4).75 Sie gehört dem Typ Koch III.3.6.3.4 an;76 ihrenächste Parallele hat sie in einer Fibel aus dem Grab von Routier in Septi-manien.77

Adlerfibeln

Mit nur zwei Funden aus Lothringen sind Adlerfibeln ebenfalls nicht zahl-reich (Abb. 11,6.7). Anzuführen sind die Fibel aus Grab 859 von Cutry78

und ein Einzelfund aus Ville-sur-Cousance (Meuse)79. Unter den spanisch-westgotischen Funden sind derartige Fibeln gut vertreten (Abb. 11,5.8),80

fehlen jedoch in Septimanien. In Aquitanien sind sie mit dem Grab vonCastelsagrat (Abb. 12)81 dagegen bekannt. Andererseits sind Adlerfibeln inder zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts bzw. im ersten Drittel des 6. Jahrhun-derts auch unter den ostgermanischen Funden in Italien belegt.82 Ihregroße Anzahl in Spanien und ihr Vorkommen in Aquitanien sprechen je-doch eher für einen westgotischen Ursprung der Funde aus Nordgallien.

72 Z.B. I Goti (Milano 1994) Abb. IV,27.73 Flavigny, L’abbé Cochet (Anm. 69) 153–154.74 Typen immer nach Legoux/Périn/Vallet, Chronologie (Anm. 59).75 Koch, Bügelfibeln (Anm. 12) Taf. 36,1.76 Koch, Bügelfibeln (Anm. 12) 239–241.77 Pierre Toulze/Roger Toulze, Recherches archéologiques à Routier (Aude). Bulletin de la

Société d’Études Scientifiques de l’Aude 36, 1983, 51–64, hier Abb. 2,1; Koch, Bügelfibeln(Anm. 12) 240.

78 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) Taf. 9,1; René Legoux, La nécropole mérovingienne deCutry (Meurte-et-Moselle) (Saint-Germain-en-Laye 2005) Taf. 23,859.

79 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) Taf. 9,5.6; Joachim Werner, Katalog der SammlungDiergardt 1. Die Fibeln (Berlin 1961) Taf. 50,D.

80 Z.B. Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) Taf. 9,3.4.7; Zeiß, Grabfunde (Anm. 55) zahlrei-che Beispiele; Werner, Sammlung Diergardt (Anm. 79) Taf. 40; I Goti (Milano 1994)Abb. IV,29.

81 I Goti (Milano 1994) Abb. IV,45.82 Domagnano, Milano, Rom: Volker Bierbrauer, Die ostgotischen Grab- und Schatzfunde

in Italien (Spoleto 1975) Taf. 18,1; 19,2; 26,1; 36,2.3.

Die Archäologie der Westgoten in Nordgallien 161

Der für die spanischen Fibeln vorgeschlagene Datierungszeitraum umfasstdie Jahre von 480/490 bis 525.83 Der Zeitpunkt ihres Auftretens in Spanienist hierbei jedoch künstlich festgelegt und korrespondiert mit der Ansied-lung der Goten auf der Iberischen Halbinsel. Berücksichtigt man zusätzlichden aquitanischen Fund von Castelsagrat einerseits, der wohl vor der Nie-derlassung der Goten in Spanien anzusetzen ist, und andererseits die Exi-stenz einer ostgermanischen Kleidung mit zwei Fibeln schon in der zweitenHälfte des 5. Jahrhunderts,84 dann ist es folgerichtig anzunehmen, dass diewestgotischen Adlerfibeln möglicherweise älter sind und die ganze zweiteHälfte des 5. Jahrhunderts und das erste Drittel des 6. Jahrhunderts umfas-sen können.

Armbrustfibeln

Armbrustfibeln mit langem Fuß und kurzem Nadelhalter sind in Nordgal-lien in mehreren Exemplaren belegt (Abb. 10,1; 13,1.2.4.5.11.12): St.-Pierre-de-Vauvray, Frénouville Grab 529, Mondeville, Armentières, Grand-Verly,Nouvion-en-Ponthieu, Grab 303,85 Vicq, Grab 1923,86 Maule, Grab 13,87

Grigny, Grab 19.88 Von Mechthild Schulze-Dörrlamm werden die Fibelnden westgotischen Typen Duratón und Estagel zugeschrieben.89 Die bei-den Typen unterscheiden sich durch einen Knopf am Fußende der Fibelnvom Typ Estagel.

83 Gisela Ripoll Lopez, Problèmes de chronologie et de typologie à propos du mobilier fu-néraire hispano-wisigothique. In: Landes u.a., Gaule mérovingienne (Anm. 70) 101–107.

84 Vgl. z.B. der Schatzfund von Domagnano; zu dessen Datierung vgl.: Michel Kazanski/Anna Mastykova/Patrick Périn, Byzance et les royaumes barbares d’Occident au début del’époque mérovingienne. In: Jaroslav Tejral (Hrsg.), Probleme der frühen Merowingerzeitim Mitteldonauraum (Brno 2002) 159–194, hier 160.

85 Mechthild Schulze-Dörrlamm, Romanisch oder Germanisch? Untersuchungen zu denArmbrust- und Bügelknopffibeln des 5. und 6. Jahrhunderts n. Chr. aus dem Gebietenwestlich der Rheins und südlich der Donau. Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentral-museums Mainz 33, 1986, 593–720, Fundlisten 16–17; Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4)Taf. 7,1.2; 8,1–5; Lorren, Fibules (Anm. 29) Taf. 1,2.3; Christian Pilet, La nécropole de Fré-nouville. BAR International Series 83 (Oxford 1980) Bd. 3 Taf. 141,529.1; Piton, Nouvion(Anm. 29) Taf. 131,4.5.

86 Wimmers, Etude (Anm. 1) Abb. 23,3.87 Jacques Sirat, La nécropole de Maule (France, Yvelines). Essai de chronologie. In: Michel

Fleury/Patrick Périn (Hrsg.), Problèmes de chronologie relative et absolue concernant lescimetières mérovingiens entre Loire et Rhin (Paris 1978) 105–107, hier Taf. 16,1.

88 Nadine Berthelier, La nécropole mérovingienne de Grigny (Essonne). Bulletin Archéolo-gique du Vexin Français 27, 1994, 75–80, hier 80.

89 Schulze-Dörrlamm, Romanisch (Anm. 85) 643–650.

162 Michel Kazanski, Anna Mastykova, Patrick Périn

Tatsächlich kann nur für den Typ Estagel mit Fußknopf (Abb. 10,1;13,1.2.4.5) eine Herkunft aus dem westgotischen Raum postuliert werden.Dabei handelt es sich um Fibeln mit Wulstverzierung90 und ohne derartigeVerzierung,91 die Parallelen in Spanien und im südlichen Gallien haben(Abb. 13,7–9).92 In Aquitanien und im Languedoc finden sich sogar ihre di-rekten Vorläufer.93 Die von Schulze-Dörrlamm vorgeschlagene Datierungder Fibeln vom Typ Estagel umfasst den Zeitraum zwischen dem letztenViertel des 5. und dem ersten Viertel des 6. Jahrhunderts. In Bezug aufNordgallien enthielt Grab 19 von Grigny zwei Vogelfibeln des merowingi-schen Typs 239 (Abb. 10,1), der typisch für die ältere Merowingerzeit istund so allgemein die Datierung von Schulze-Dörrlamm bestätigt.

Gewisse Zweifel an dem westgotischen Ursprung dieser Fibeln sinddennoch nicht vollkommen zu zerstreuen, da ähnliche Fibeln mit Fuß-knöpfen auch in Zentraleuropa nachgewiesen sind, wo sie von Schulze-Dörrlamm dem Typ Miltenberg zugeordnet werden.94 Dies gilt besondersfür eine der Fibeln aus Weingarten.95 Zudem steht eine Fibel aus Armentiè-res mit Wulstverzierung am Fuß96 zentraleuropäischen Fibeln vom TypSchönwarling nahe97 und muss daher nicht zu den westgotischen Fibeln ge-zählt werden.

Dagegen ist es schwierig, für die Fibeln vom Typ Duratón (Abb. 13,11.12)mit oder ohne Wulstverzierung (mit: Saint-Pierre-de-Vauvray, Vicq,Grab1924; ohne: eine der Fibeln aus Grab 303 von Nouvion) „westgoti-sche“ Parallelen aus Nordgallien anzuführen. Die von Schulze-Dörrlammangeführten spanischen Fibeln,98 darunter auch die Stücke aus Duratón,weisen eine andersartige Form auf (Abb. 13,3.6.10.13). Ihr Fuß zeigt keinespitze, sondern häufig langrechteckige Form, Ritzdekor und zuweilen ver-

90 Frenouville Grab 529, Mondeville, Grigny Grab 19, Maule Grab 13.91 Grand Vely und eine der Fibeln von Nouvion 303.92 Vgl. z.B. Schulze-Dörrlamm, Romanisch (Anm. 85) Abb. 66,1.2.4.6.9.11–13; Bierbrauer,

Les Wisigoths (Anm. 4) Taf. 8,6–8.93 Michel Kazanski, A propos de quelques types de fibules germaniques de l’époque des

Grandes Migrations trouvées en Gaule au Sud de la Loire. Antiquités Nationales 26, 1994,161–175, hier 163–165; ders., Les Barbares en Gaule du Sud-Ouest durant la première moi-tié du Ve siècle. In: Jaroslav Tejral/Christian Pilet/Michel Kazanski (Hrsg.), L’Occidentromain et l’Europe centrale au début de l’époque des Grandes Migrations (Brno 1999)15–23, hier 17.

94 Schulze-Dörrlamm, Romanisch (Anm. 85) 609–612.95 Schulze-Dörrlamm, Romanisch (Anm. 85) Abb. 17,5.6.96 Schulze-Dörrlamm, Romanisch (Anm. 85) Abb. 66,14.97 Vgl. Schulze-Dörrlamm, Romanisch (Anm. 85) Abb. 72,1.2.98 Schulze-Dörrlamm, Romanisch (Anm. 85) Abb. 61,6–8.10.12.13.15–18; Bierbrauer, Les

Wisigoths (Anm. 4) Taf. 7,3–7.

Die Archäologie der Westgoten in Nordgallien 163

breiterte Enden. Die Fibel aus Güstow99 gehört nach ihrer Verzierung eherdem Typ Schönwarling an. Es entsteht daher der Eindruck einer recht will-kürlichen Zusammenstellung von Fibeln unterschiedlicher Form im TypDuratón. Da einige zentraleuropäische Fibeln, die von Schulze-Dörrlammden Typen Miltenberg und Schönwarling zugewiesen wurden, wiederumden sogenannten Fibeln vom Typ Duratón aus Nordgallien ähneln,100 wa-ren es wohl die geographischen Verbreitungsmuster, die Schulze-Dörrlammveranlasst haben, Armbrustfibeln mit langem Fuß und kurzem Nadelhalterunterschiedlichen Typen zuzuweisen.

Große Rechteckbeschläge

Max Martins Zuweisung der Gürtel mit großen Rechteckbeschlägen andie römische Frauenkleidung101 erscheint uns unwahrscheinlich, da die Ver-breitung dieser Schnallen und Beschläge mit Ausnahme des nördlichenGallien mit den Hauptgebieten der ostgermanischen Ansiedlung der zwei-ten Hälfte des 5. und des 6. Jahrhunderts übereinstimmt: Spanien, Nord-italien, Südgallien, dem mittleren Donauraum, dem westlichen Balkan undder Krim. In Süditalien, Nordafrika, Griechenland und Kleinasien fehlendiese Beschläge dagegen, genau wie in den römischen Provinzen des Vor-deren Orients und in Ägypten,102 wo die griechische, römische oder roma-nisierte Bevölkerung vorherrschend war und Ostgermanen eine Minderheitdarstellten. Da manche der Schnallenbeschläge jedoch Verzierungen auf-weisen, die für mediterrane Werkstätten charakteristisch sind,103 ist die Her-stellung zumindest eines Teils dieser großen Beschläge in der Tradition rö-mischer Goldschmiedekunst nicht abzustreiten.

In Nordgallien, wo die Anzahl derartiger Beschläge zunehmend größerwird,104 waren Ostgermanen offenbar nicht zahlreich. Dennoch gibt esHinweise auf ihren Einfluss auf die lokale materielle Kultur: die schon er-wähnten Fibeln vom Typ Bretzenheim, die eine charakteristisch ostgerma-nische Form aufweisen, sind nur in Nordgallien nachgewiesen und reprä-

99 Schulze-Dörrlamm, Romanisch (Anm. 85) Abb. 61,14.100 Fibeln aus Weingarten, Alzey und Seefeld: Schulze-Dörrlamm, Romanisch (Anm. 85)

Abb. 17,5.6.8; 72,3.101 Max Martin, Zur frühmittelalterlichen Gürteltracht der Frau in der Burgundia, Francia

und Aquitania. In: L’Art des invasions en Hongrie et en Wallonie (Mariemont 1991)31–84.

102 Ausnahme: Martin, Gürteltracht (Anm. 101) Abb. 4.103 Z.B. Desana, Plaissan: Martin, Gürteltracht (Anm. 101) Abb. 31; 33,1.104 Zuletzt: Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4).

164 Michel Kazanski, Anna Mastykova, Patrick Périn

sentieren daher eine lokale, aber von ostgermanischen Moden beeinflussteBevölkerung (siehe oben). An großen Rechteckbeschlägen sind in Nordgal-lien verschiedene Typen zu unterscheiden, von denen wir uns zuerst denFormen zuwenden, die direkte Parallelen in Spanien oder in Gallien süd-lich der Loire aufweisen. Zu diesen zählen vor allem die cloisonnéverzier-ten Beschläge des Typs Ripoll A (Abb. 3,5),105 der in Grab 756 von Vicqund in Saint-Denis belegt ist (Abb. 14,6),106 diejenigen des Typs Ripoll Qaus Saint-Martin-de-Fontenay, Grab 741 (Abb. 14,7),107 Baron, Grab 69,108

Flamicourt (Abb. 14,1),109 Verwandte des Typs Ripoll O aus Rouen, sowiediejenigen des Typs Ripoll N aus Versigny110 (Abb. 14,4) und Houdan111

(Abb. 14,5). Zu erwähnen sind auch die Beschläge, die nur schwer in diespanische Typologie einzuordnen sind, wie etwa jene von Grigny, Grab 19(Abb. 10,1) und Cutry, Grab 859,112 die aber dennoch Parallelen in Spanienaufweisen.113 Gleichzeitig kommen Beschläge mit Cloisonnédekor imburgundischen Gebiet in Ostgallien vor. So wurde ein Beschlag des TypsRipoll B in Grab 324 von Beaune entdeckt114 (Abb. 14,10) und einer desTyps Ripoll P in Vaux-Donjon.115 Nach Aussage von Grigny, Grab 19,Cutry, Grab 859, Saint-Martin-de-Fontenay, Grab 741, Vicq, Grab 756 tre-

105 Vgl. zur Typologie: Ripoll Lopez, Problèmes (Anm. 83) Abb. 2; Gisela Ripoll Lopez,Materiales funararios de la Hispana visigoda. Problemas de chronología y tipología. In:Patrick Périn (Hrsg.), Gallo-Romains, Wisogoths et Francs en Aqitaine, Septimanie etEspagne (Rouen 1991) 111–132, hier Taf. 2.

106 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) Taf. 1,3; 12,1; I Goti (Milano 1994) Abb. IV,41.107 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) Taf. 14,1; Pilet, Saint-Martin-de-Fontenay (Anm. 1)

Taf. 93,3.108 Unpubliziert.109 Théophile Eck, Exploration d’anciens lieux de sépultures de la Somme et de l’Aisne. Bul-

letin Archéologique du Comité des Travaux Historiques et Scientifiques 1895, 387–398,hier Taf. 16.

110 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) Taf. 13.2; La Picardie, berceau de la France (Amiens1986) Nr. 186, Abb. 225.

111 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) Taf. 13,1; Hans Zeiß, Die germanischen Grabfunde desfrühen Mittelalters zwischen mittlerer Seine und Loiremündung. Bericht der Römisch-Germanischen Kommission 31/1, 1941, 5–173, hier Abb. 30.

112 Berthelier, Grigny (Anm. 88) 80; Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) Taf. 9,2; Legoux,Cutry (Anm. 78) Taf. 23,859.

113 Vgl. Duratón Gräber 106, 368, 573, Madrona Gräber 32, 164, 174: Molinero Pérez, Dura-tón (Anm. 55) Taf. 27.sep.106; Molinero Pérez, Aportaciones (Anm. 55) Taf. 32.sep. 368;51.sep. 573; 67.sep. 32; 76. sep. 164; 77.sep. 174.

114 Gaillard de Sémainville u.a., Beaune (Anm. 58) Abb. 11,324.115 Françoise Vallet/Michel Kazanski/Dominique de Pirey, Eléments étrangers en Bourgogne

dans la deuxième moitié du Ve siècle. In: Les Burgondes, apports de l’archéologie (Dijon1995), 111–127, hier Abb. 5,3.

Die Archäologie der Westgoten in Nordgallien 165

ten diese Beschläge in Nordgallien in der ersten Phase der älteren Merowin-gerzeit auf (470/480–520/530).

Es ist jedoch riskant, diese Beschläge allein den spanischen Westgotenzuzuweisen und sie chronologisch in der Folge dieser Zuweisung erst der Zeitnach 480/90 zuzuordnen, die für die Iberische Halbinsel vorgeschlagenwurde. Tatsächlich sind sehr ähnliche Beschläge südlich der Loire nachgewie-sen, so etwa in Ardan/Niort,116 Nérac,117 Brens,118 Estagel,119 Leuc,120 Marseil-lan,121 Bessan,122 Guzargues,123 Lunel-Viel,124 Nîmes,125 Plaissan126 (Abb. 14,8)oder Pouget/Tressan127 (Abb. 14,3). Dies erlaubt einerseits, die für die nord-gallischen Funde vorgeschlagene Chronologie beizubehalten und anderer-seits, ihre Herkunft aus Südgallien in Betracht zu ziehen. Besonders durchGrab 84 von Lunel-Viel, in dem ein derartiger Beschlag gemeinsam mit einersogenannten „thüringischen“ Fibel der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts(Typ 256 nach Legoux/Périn/Vallet) gefunden wurde,128 werden die fürNordgallien vorgeschlagenen, etwas älteren Datierungen bestätigt.

Die gleiche Beobachtung drängt sich in Bezug auf die Beschläge mitgeometrisch verziertem Pressblechbelag der Typen Ripoll G aus Con-cevreux und Mouy129 (Abb. 17,6) und Ripoll H aus Grab 529 von Frénou-ville auf 130 (Abb. 17,5). Diese Beschläge haben Parallelen in Spanien,131 aber

116 Zeiss, Grabfunde (Anm. 111) Abb. 1; Romains et Barbares entre Loire et Gironde IVe–Xe

siècles (Poitiers 1989) Nr. 232.117 Charles de Linas, Les origines d’orfèvrerie cloisonnée, Bd. 3 (Paris 1877–1887) Taf. B2.118 Michel Labrousse, Circonscription de Midi-Pyrénées. Gallia 32, 1974, 453–500, hier 489,

Abb. 31.119 Gaule mérovingienne 1988, Nr. 17; I Goti (Milano 1994) Abb. IV,42.120 Barrière-Flavy, Etude (Anm. 71) Taf. 6,4.121 Landes u.a., Gaule mérovingienne (Anm. 70) Nr. 75.122 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) Taf. 13,4.123 Zeiss, Grabfunde (Anm. 55) Taf. 32,4.124 Premiers temps chrétiens en Gaule méridionale. Antiquité tardive et Haut Moyen Age

IIIe–VIIIe siècles (Lyon 1986) Nr. 237; Landes u.a., Gaule mérovingienne (Anm. 70) Nr. 77.125 Jean-Pierre Caillet, L’antiquité tardive, le haut moyen âge et Byzance au Musée Cluny

(Paris 1985) Nr. 122.126 Edward James, The Merovingian Archaeology of South-West Gaul. British Archaeological

Reports, Supplementary Series 25 (Oxford 1977) Taf. 66; Bierbrauer, Les Wisigoths(Anm. 4) Taf. 12,2.

127 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) Taf. 13,3.128 Claude Raynaud, Activités du Groupe Archéologique des cantons de Lunel et Mauguio en

1985. Archéologie en Languedoc. Bulletin Trimestriel de la Fédération Archéologique del’Hérault 1986/1, 5–11, hier Abb. 5,4.5.

129 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) Taf. 15,1.4; La Picardie (Anm. 110) Nr. 98, Abb. 126und Nr. 184, Abb. 223; Martin, Gürteltracht (Anm. 101) Abb. 35,2.

130 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) Taf. 8,5; Pilet, Frénouville (Anm. 85) Bd. 3 Taf.141,529.2.

131 Vgl. z.B. Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) Taf. 5,2; 6,2; 15,2.3; 16,4.

166 Michel Kazanski, Anna Mastykova, Patrick Périn

auch im südlichen Gallien – in Estagel,132 Lunel-Viel,133 Giroussens,134

Fiac,135 Toulouse136 oder Herpes137. Die für die vorhergehenden Beschlag-typen erarbeiten Schlussfolgerungen gelten daher auch für diese Beschlägemit Kerbschnittdekor.

Als schwierig erweist es sich, die Beschläge der Typen Ripoll D, Eund F, die Glascabochons auf einer ansonsten unverzierten Platte aufweisen(Abb. 15), allein den Westgoten zuzuweisen. Nordgallische Exemplaredieser Beschläge stammen aus Ville-en-Tardenoise,138 Arcy-Sainte-Restitue,139

Saint-Martin-de-Fontenay, Gräber 359140 (Abb. 8,5), 385,141 712 (Abb. 15,3),142

Muids (Abb. 15,7),143 La-Villeneuve-au-Châtelot, Grab 4 (Abb. 15,9),144

Envermeu (Abb. 15,10),145 Marchélepot (Abb. 15,6),146 Lavoye, Grab 221,147

Caranda, Grab 1073,148 Choisy,149 Armentières (Abb. 15,1)150 und Gaillon-

132 Raymond Lantier, Le cimetière wisigothique d’Estagel (Pyrénées-Orientales). Fouilles en1946, 1947 et 1948. Gallia 7/1, 1949, 55–80, hier Abb. 13.

133 Premiers temps chrétiens (Anm. 124) Nr. 238; Landes u.a., Gaule mérovingienne(Anm. 70) Nr. 78.

134 Jean-Michel Lassure, La nécropole wisigothique des Martels à Giroussens (Tarn). In:Patrick Périn (Hrsg.), Gallo-Romains, Wisogoths et Francs en Aqitaine, Septimanie etEspagne (Rouen 1991) 205–223, hier Abb. 12,3.

135 Lassure, Martels (Anm. 134) Abb. 21,1.136 Lassure, Martels (Anm. 134) Abb. 21,2.137 Cathy Haith, Un nouveau regard sur le cimetière d’Herpes (Charente). Revue Archéolo-

gique de Picardie 1988/3–4, 71–80, hier Taf. 5138 Charles Poulain, Le mobilier mérovingien dans la collection de Maurice Jorssen. Les sites

de Ville-en-Tardenois et de Sept-Saulx (Marne). Bulletin de Liaison. Association Françaised’Archéologie Mérovingienne 4, 1981, 80–82, hier 81 mit Abb.

139 Vallet, Parures (Anm. 1) Abb. 9,1.140 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) Taf. 3,3; Pilet, Saint-Martin-de-Fontenay (Anm. 1) Taf.

54,2.141 Pilet, Saint-Martin-de-Fontenay (Anm. 1) Taf. 58,1.142 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) Taf. 11,1; Pilet, Saint-Martin-de-Fontenay (Anm. 1)

Taf. 89,712.1.143 Lorren, Fibules (Anm. 29) Taf. 17,5.144 René Joffroy, Notes sur trois sépultures franques découvertes à la Villeneuve au Châtelot

(Aube). Bulletin du Groupe Archéologique du Nogentais 10, 1973–1974 (1976), 19–25, hierAbb. 19.

145 Lorren, Fibules (Anm. 29) Taf. 17,5.146 Martin, Gürteltracht (Anm. 101) Abb. 36,3; Claude Boulanger, Le cimetière franco-méro-

vingien et carolingien de Marchélepot (Somme) (Paris 1909) Taf. 31,3.147 René Joffroy, Le cimetière de Lavoye (Paris 1974) Taf. 24,221.1.148 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) Taf. 11,3; Frédéric Moreau, La collection Caranda.

Album des principaux objets recueillis dans les sépultures de Caranda (Saint-Quentin1877–1892) Taf. 9,9.10; La Picardie (Anm. 110) Nr. 187, Abb. 226.

149 Moreau, Caranda (Anm. 148) neue Serie, Taf. 41,3.150 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) Taf. 11,2; Moreau, Caranda (Anm. 148) neue Serie,

Taf. 19,5.

Die Archäologie der Westgoten in Nordgallien 167

sur-Montcient, Grab 28.151 Im östlichen Gallien sind sie in Sézegnin, Grab276, belegt.152 Nach einem Exemplar in dem Grab von Arcy-Sainte-Restitue,in dem auch die Fibel mit gestreckt-rautenförmigem Fuß gefunden wurde(siehe oben), treten diese Beschläge im dritten Viertel des 5. Jahrhundertsauf. Grab 359 von Saint-Martin-de-Fontanay enthielt einen derartigen Be-schlag und eine Fibel mit zungenförmigem Fuß (siehe oben), was zeigt, dassdiese Beschläge auch in der ersten Phase der älteren Merowingerzeit (AM I)auftreten. Grab 4 von La Villeneuve-au-Châtelot kann einen größeren Zeit-raum abdecken, da die Scheibenfibeln vom Typ 207, die gemeinsam mit dembetreffenden Beschlag entdeckt wurden, sowohl in der Phase AM I als auchin AM II (520/530–560/570) vorkommen.

Obwohl derartige Schnallen und Beschläge im westgotischen Spaniensowie im südlichen Gallien bekannt sind,153 besitzen sie Vorläufer im Do-nauraum des zweiten Drittels des 5. Jahrhunderts, wie etwa den prunkvol-len Kleidungselementen aus Laa an der Thaya und Zmajevo (Abb. 1,7).154

Es ist daher schwierig, die Ursprungsregion dieser Beschläge mit Glascabo-chonverzierung in Nordgallien zu bestimmen. Sie können aus Südgallienoder Spanien kommen, aber auch eine lokale, volkstümliche Ausprägungder prestigeträchtigen donauländischen Kleidung darstellen. Gegen diesüdgallische bzw. spanische Herkunft spricht jedoch, dass derartige Be-schläge mit dem Fund von Arcy-Sainte-Restitue in Nordgallien früher alsin Spanien und Südgallien auftreten.

Große Rechteckbeschläge vom Typ Ripoll C, die zuweilen mit un-verziertem Silberblech belegt sind, stammen aus Cys-la-Commune(Abb. 16,1),155 Breny, Grab 955 (Abb. 16,9),156 Saint-Martin-de-Fontenay,Gräber 388, 389 und 502157 (Abb. 16,2–4), und Vicq, Gräber 862, 1390,1478 sowie 1924.158 In Grab 955 von Breny fand sich außer dem Gürtel-beschlag ein ausgebesserter Glasbecher des Typs 448; in den Gräbern 862

151 Stephane Régnard/Marc Langlois, Gaillon-sur-Montcient (Yvelines). Nécropole mérovin-gienne de „La Garenne“ (Versailles 1997) 28 Abb.

152 Béatrice Privati, La nécropole de Sézegnin (IVe–VIIIe siècle) (Genf 1983) Taf. 14,1; Martin,Gürteltracht (Anm. 101) Abb. 6,2.

153 Estagel: Landes u.a., Gaule mérovingienne (Anm. 70) Nr. 16; Lunel-Viel: Landes u.a.,Gaule mérovingienne (Anm. 70) Nr. 79; Fabrègues: Landes u.a., Gaule mérovingienne(Anm. 70) Nr. 74.

154 Vgl. z.B. Tejral, Chronologie (Anm. 6) Abb. 31,4; 34,14; Martin, Gürteltracht (Anm. 101)Abb. 24,1; Kiss, Skiren (Anm. 32) Abb. 15.

155 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) Taf. 10,1; Moreau, Caranda (Anm. 148) Taf. 10,3.156 Kazanski, Breny (Anm. 1) Taf. 43,8.157 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) Taf. 10,2.4; Pilet, Saint-Martin-de-Fontenay (Anm. 1)

Taf. 59,388; 59,389.1; 71,502.2.158 Wimmers, Etude (Anm. 1) Abb. 47,4.5; 48,1.3.

168 Michel Kazanski, Anna Mastykova, Patrick Périn

und 1390 von Vicq kamen die Beschläge gemeinsam mit Vogelfibeln derTypen 239, 244 und 248 zu Tage. Dieses Fundmaterial gehört in die PhasenAM I und AM II. Im westgotischen Raum wurde ein Exemplar in einemGrab in Toulouse, Saint-Pierre-des-Cuisines, entdeckt zusammen mit do-nauländischen Fibeln aus dem letzten Drittel des 5. Jahrhunderts.159 Be-schläge dieses Typs haben deutliche donauländische Vorläufer in der Mitteund in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts, wie sie etwa in Szabadbat-tyán, Zemun oder Soponya nachgewiesen sind (Abb. 1,5).160 Von der Do-nau sind sie auch nach Italien gelangt, wo man ein Exemplar in Brescia ge-funden hat.161 Im Hinblick auf Nordgallien kann also eine Herkunft dieserBeschläge aus Südgallien in Erwägung gezogen werden, oder eine lokaleProduktion unter donauländischem Einfluss. Wenn man jedoch das Vor-kommen einer beachtlichen Gruppe von großen Rechteckbeschlägenin Nordgallien in Betracht zieht, die weder in Südgallien noch in SpanienParallelen aufweisen, erscheint die zweite Möglichkeit, also eine lokale Pro-duktion unter donauländischem Einfluss, wahrscheinlicher zu sein. Beiden nordgallischen Funden handelt es sich z.B. um Stücke mit rundemCloisonnédekor aus Monceau-le-Neuf 162 (Abb. 14,9) oder Arcy-Sainte-Restitue163 (Abb. 14,3). Außerhalb des westgotischen Raumes sind großeRechteckschnallen mit Cloisonnéverzierung in Italien nachgewiesen,164 wosie als ostgotische Accessoires angesehen werden. Dies zeigt, dass auch au-ßerhalb des westgotischen Einflussbereiches Werkstätten cloisonnéver-zierte Rechteckbeschläge hergestellt haben.

Die Beschläge aus Caranda165 (Abb. 17,2) und Hermes166 (Abb. 17,1) tra-gen kreuzförmig verzierte Pressblechbeschläge. Sie haben keine direktenParallelen; auf der Krim sind jedoch zahlreiche Beschläge vergleichbarerForm mit einem Kreuz bekannt.167

159 Robert Lequément, Circonscription de Midi-Pyrénées. Gallia 44/2, 1986, 309–333, hier321 Abb. 15.

160 Kiss, Germanische Funde (Anm. 31) Taf. 1; Tejral, Chronologie (Anm. 6) Abb. 32.10; Mar-tin, Gürteltracht (Anm. 101) Abb. 29.3; Jaroslav Tejral, Kostorvé hroby z Mistrina, Polko-vic, Slapanic a Tasova a jejich postaveni v rámci moravskégo stehováni národu. PamátkyArcheologické 64, 1973, 301–339, hier Abb. 2,3.

161 Bierbrauer, Grabfunde (Anm. 82) Taf. 52,4.162 Claude Boulanger, Le mobilier funéraire gallo-romain et franc en Picardie et en Artois (Pa-

ris 1902–1905) Taf. 25,1.163 Moreau, Caranda (Anm. 148) Taf. L.164 Bierbrauer, Grabfunde (Anm. 82) Taf. 63,4.165 Moreau, Caranda (Anm. 148) Taf. 32,4; Martin, Gürteltracht (Anm. 101) Abb. 35,1.166 Martin, Gürteltracht (Anm. 101) Abb. 6,9.167 Vgl. z.B. Archéologie de la mer Noire. La Crimée à l’époque des grandes invasons, IVe–

VIIIe siècle (Caen 1997) Nr. 63, Abb. auf S. 51.

Die Archäologie der Westgoten in Nordgallien 169

Schließlich sind die Beschläge mit geometrisch verziertem Silberblech-belag aus Saint-Martin-de-Fontenay, Grab 504 (Abb. 16,3),168 Aiguisy169

(Abb. 16,7) und Chouy170 (Abb. 16,8) mit großer Wahrscheinlichkeit loka-ler Herstellung, da sie außerhalb Nordgalliens keine Parallelen aufweisen.171

Kleidung

Das Tragen zweier Fibeln an den Schultern oder der oberen Brusthälfte istspätestens seit römischer Zeit charakteristisch für das Gewand von Ostger-maninnen.172 Die erste Zusammenstellung derartiger Kombinationen imnordgallischen Raum zu Beginn der Merowingerzeit stammt von VolkerBierbrauer, der sie als spanisch-westgotisch angesprochen hat.173 Zieht manjedoch die unzweifelhafte Präsenz von aus dem Osten, vor allem dem mitt-leren Donauraum, stammenden Ostgermanen (siehe oben) in Betracht,scheint diese Interpretation zu eng gefasst. Wir ziehen es daher vor, dieseGräber im weiteren Sinne über die in ihnen sichtbar werdenden ostgerma-nischen Traditionslinien anzusprechen, die sowohl die Westgoten als auchandere ostgermanische Einheiten einschließen.

Schon vor geraumer Zeit wurde festgestellt,174 dass in Nordgallien zweiunterschiedliche Trageweisen der „östlichen“ Fibeln zu beobachten sind.Im ersten Fall handelt es sich um ein Kostüm mit einer oder zwei Fibeln anden Schultern oder der Brust, die von einer Gürtelschnalle im Becken be-gleitet werden175. Gelegentlich treten derartige Fibeln aber auch ohne Gür-

168 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) Taf. 10,3; Pilet, Saint-Martin-de-Fontenay (Anm. 1)Taf. 72,504.1.

169 Moreau, Caranda (Anm. 148) Taf. 54,2.170 Moreau, Caranda (Anm. 148) Taf. 41,2.171 Zu erwähnen ist ein Stück vergleichbarer Form und Technik aus dem Schatzfund von De-

sana in Italien (Bierbrauer, Grabfunde (Anm. 82) Taf. 10,1), das unseres Erachtens aus derzweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts stammt (vgl. Manfred Menke, Archäologische Befundezu Ostgoten des 5. Jahrhunderts in der Zone nordwärts der Alpen. In: Peregrinatio Go-thica. Archaeologia Baltica VII (Łódz 1986) 239–282, hier 262; Kazanski/Mastykova/Périn, Byzance (Anm. 84) 160). Der Beschlag von Desana trägt jedoch vegetabilen Dekor,der in Nordgallien nicht belegt ist.

172 Magdalena Tempelmann-Maczynska, Das Frauentrachtzubehör des mittel- und osteuro-päischen Barbaricums in der römischen Kaiserzeit (Krakau 1989).

173 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) 168f.174 Vgl. zuletzt Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4).175 Vicq Grab 756: Servat, Exemple (Anm. 28); Frénouville Grab 529 (Abb. 18,3): Pilet, Fré-

nouville (Anm. 85) Bd. 2, 262f.; Arcy-Sainte-Restitue Grab 1094: Vallet, Parures (Anm. 1)116f.; Saint-Martin-de-Fontenay Grab 359 (Abb. 8,13), Grab 502 kombiniert mit einer Fi-bel, die den italienischen Typen von Typ Gurina oder Altenerding ähnelt: Schulze-Dörr-

170 Michel Kazanski, Anna Mastykova, Patrick Périn

telschnalle auf, wie in Arcy-Sainte-Restitue, Grab 127,176 Breny, Grab 167,177

Nouvion-en-Ponthieu, Grab 303,178 Chassemy, Grab von 1888,179 eventuellLavoye, Grab 182180 (mit einer vom Typ Bretzenheim abgeleiteten Fibelunterhalb der Brust). Dieses Gewand ist auch in Gallien südlich der Loirebelegt,181 und seltener auch im burgundischen, östlichen Gallien.182

Im zweiten Fall wurden die Fibeln in ostgermanischer Tradition, diezuweilen sogar von Gürtelschnallen und -beschlägen gleicher Traditionbegleitet werden, nach merowingischer Art getragen, also im Becken odersogar noch tiefer. Beispiele hierfür stammen aus Cutry, Grab 859(Abb. 18,2),183 Grigny, Grab 919,184 Saint-Martin-de-Fontenay, Gräber 270(ostgotische Fibeln vom Typ Udine-Planis), 282 (Bügelfibeln ostgermani-scher Tradition) und 300 (Abb. 10,2) (Fibeln vom Typ Bretzenheim),185

Rödingen, Grab 472,186 Köln-Müngersdorf, Grab 118187 und Nouvion,Grab 140188 (Abb. 9). Diese Beispiele spiegeln unseres Erachtens deutlichdie Akkulturation der ostgermanischen Gruppen an das gallo-fränkischeMilieu wieder.

Zahlreiche Gräber, die einen einzelnen Rechteckbeschlag enthieltenund nicht von Fibeln begleitet wurden, wurden von Bierbrauer ebenfalls alswestgotisch angesprochen.189 Für die Bestattungen mit Typen, die für Spa-nien oder Südgallien typisch sind (siehe oben), ist diese Ansprache sehrwahrscheinlich, wenn es auch nicht möglich ist, dies zu verallgemeinern.

lamm, Romanisch (Anm. 85) 661–668, Grab 741 (Abb. 18,1) mit zwei merowingischen Fi-beln: Pilet, Saint-Martin-de-Fontenay (Anm. 1) 385, 411, 456; Villeneuve-au-ChâtelotGrab 1 mit zwei merowingischen Fibeln und einem Gürtelbeschlag, der jedoch eher zumMännergewand gehört: Joffroy, Notes (Anm. 144) Abb. 1.

176 Etwas älter, vielleicht aus der Periode D2/D3: Vallet, Parures (Anm. 1) 111f.177 Kazanski, Breny (Anm. 1) 94.178 Piton, Nouvion (Anm. 29) 135.179 Gisela Clauss, Die Tragsitte von Bügelfibeln. Eine Untersuchung zur Frauentracht im frü-

hen Mittelalter. Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz 34, 1987,491–603, hier 602, XI,4.

180 Joffroy, Lavoye (Anm. 147) 120.181 Die ältesen Funde sind besonders diejenigen von Saint-Pierre-des-Cuisines in Toulouse

und von Lezoux: Lequément, Midi-Pyrénées (Anm. 159); Vertet/Duterne, Tombes(Anm. 19).

182 Beaune Grab 312: Gaillard de Sémainville u.a., Beaune (Anm. 58) 163.183 Mit westgotischen Fibeln und Beschlag: Legoux, Cutry (Anm. 78) Taf. 93.184 Berthelier, Grigny (Anm. 88) 80.185 Pilet, Saint-Martin-de-Fontenay (Anm. 1) 365, 367, 368, 372.186 Walter Jannsen, Das fränkische Reihengräberfeld von Rödingen, Kr. Düren (Stuttgart

1993) 304f.187 Clauss, Tragsitte (Anm. 179) 602, XI,3.188 Piton, Nouvion (Anm. 29) 75.189 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) 169.

Die Archäologie der Westgoten in Nordgallien 171

Gräber mit einem Schnallenbeschlag in ähnlicher Form sind in der Tatauch am anderen Ende der ostgermanischen Welt bekannt, z.B. auf dersüd-westlichen Krim in den Nekropolen vom Typ Suuk-Su-Skalistoe. Es istaufgrund dessen möglich, einen gemeinsamen donauländischen Vorläuferfür diese Gewandform in Betracht zu ziehen, zumal sie auch in diesem Ge-biet belegt ist, namentlich in Zmajevo.190

Interpretation

Bisher konnte festgestellt werden, dass westgotische Präsenz in Gallien zuBeginn der Merowingerzeit einerseits gut bezeugt ist, dass es andererseitsaber schwierig, zuweilen auch unmöglich ist, Elemente westgotischer Klei-dung von denen anderer ostgermanischer Gruppen zu unterscheiden, vorallem den Nachkommen barbarischer Soldaten in der Armee des römi-schen Westreiches. Daher spiegeln die Verbreitungskarten sog. westgoti-scher Funde in Nordgallien, von denen diejenige von Volker Bierbrauer dievollständigste ist (Abb. 19),191 tatsächlich ein allgemeines Phänomen wie-der, in diesem Fall das einer ostgermanischen Präsenz. Die in den mero-wingerzeitlichen Nekropolen zwischen 470/80 und 520/30 bestattete Ge-neration wurde um die Mitte bzw. im dritten Viertel des 5. Jahrhundertsgeboren. Einige dieser Bestatteten, sogar ihre Eltern, könnten im Barbari-cum oder im Südwesten Galliens geboren worden sein. Da die spanischeHerkunft westgotischer Elemente in Nordgallien ohnehin noch zu bewei-sen ist, erscheint uns im Hinblick auf die Chronologie der Fundstücke eineHerkunft aus dem südlichen Gallien wahrscheinlicher zu sein.

Bezüglich der Chronologie dieser Objekte muss betont werden, dass di-rekte Kontakte zwischen Nordgallien und dem Donauraum nach 470/480unwahrscheinlich sind. Hinzu kommt, dass die Entwicklung der weib-lichen Mode in den donauländischen Regionen das Verschwinden der ‚Sil-berblechfibeln‘ zu Gunsten knopfverzierter Bügelfibeln bewirkt. Die nord-gallischen Fibeln behalten währenddessen einige ältere, donauländischeElemente bei, die bei den spanischen Fibeln nicht belegt sind. Es ist dem-nach anzunehmen, dass diese donauländischen Merkmale vor dem Jahr480 nach Nordgallien gekommen sind, vielleicht aus dem tolosanischenWestgotenreich südlich der Loire, wie es etwa die Funde von Lezoux oderToulouse nahelegen, und demnach vor dem Modelwechsel im Donauraumund ebenfalls vor dem massiven und dauerhaften Ansiedlung von Westgo-

190 Kiss, Skiren (Anm. 32) 121.191 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) Abb. 1.

172 Michel Kazanski, Anna Mastykova, Patrick Périn

ten in Spanien. In Nordgallien haben diese Elemente in einem militärisch-barbarischen Umfeld ein oder zwei Generationen überlebt – von 450/460bis 520/530 – und stehen gleichzeitig am Anfang lokaler Ableitungen,wie den Fibeln vom Typ Bretzenheim oder gewissen Typen von Gürtel-beschlägen.

Ein anderes, wichtiges Indiz, auf das bereits Volker Bierbrauer hinge-wiesen hat,192 spricht für eine frühere Datierung dieser ostgermanischenFunde: ihre Verbreitung stimmt gut mit dem Gebiet überein, das bis 486unter der römischen Kontrolle von Syagrius und, weiter im Osten, vonArbogast stand. In der Schelderegion und östlich der Somme sind dieseStücke dagegen fast nicht vorhanden. Daher scheint es möglich, die An-siedlung von Ostgermanen einschließlich der Westgoten in Nordgallienmit römischen Maßnahmen zu verbinden, bevor diese Region nach 486mit der ersten fränkischen Expansion zu Beginn der Regierung Chlodwigsseine strategische Bedeutung verloren hatte. Diese archäologischen Fundemüssen demnach einerseits mit germanischen Soldaten der Armeen vonAegidius, Paulus, Syagrius und Arbogast der Jahre zwischen 460 und 480 inVerbindung gebracht werden, andererseits mit Westgoten, die wahrschein-lich etwas später, um 470, von Alarich entsandt wurden, um seinem Alliier-ten Syagrius angesichts der fränkischen Bedrohung zur Seite zu stehen.

Unseres Erachtens ist daher die These der Anwesenheit kleiner barbari-scher Gruppen donauländischer und westgotischer Herkunft in römischenund später fränkischen Diensten vorzuziehen. Dabei ist auch an die Prä-senz von Hunnen, Alanen, Herulern, Skiren, Ostgoten oder Rugiern inden „westlichen“ Armeen von Majorian oder Odoaker zu denken.193 In bei-den Fällen handelt es sich um Neuankömmlinge sowie um Barbaren derzweiten Generation. Die vor Ort hergestellten Objekte donauländischerTradition gehören, zumindest in Teilen, der letzteren Gruppe an. Es ist be-zeichnend, dass „östliche“ Ausstattung der nach-hunnischen Epoche inden Nekropolen neben archäologischen Funden vorkommt, die für anderebarbarische Kulturgruppen charakteristisch sind, zum Beispiel alamanni-schen Funden in der Nekropole von Arcy-Sainte-Restitue, alamannischenund langobardischen in Breny, oder ostgotischen und angelsächsischen inSaint-Martin-de-Fontenay, und auf diese Weise sehr heterogene Populatio-nen erkennen lässt.

Es ist bekannt, dass die merowingischen Könige anlässlich der Konfron-tation der Franken mit den „letzten Römern“ westlich der Seine mit Trup-pen aus Aremorica paktierten und sie als ganze Regimenter, mit ihren Fah-

192 Bierbrauer, Les Wisigoths (Anm. 4) 170.193 Kazanski, Diffusion (Anm. 2) 63–66.

Die Archäologie der Westgoten in Nordgallien 173

nen und „Uniformen“, in die fränkische Armee integrierten.194 Es erscheintin diesem Kontext nicht erstaunlich, dass sich Spuren von in der römischenArmee des Westens tätigen östlichen Barbaren und Westgoten auch unterdem Befehl der Merowinger wiederfinden lassen und in lokale Gemein-schaften integriert waren. Es ist in diesem Licht bedeutsam, dass in einigenNekropolen „östliche“ Objekte entdeckt wurden, etwa in Arcy-Sainte-Restitue oder Saint-Martin-de-Fontenay, in denen wahrscheinlich militäri-schen Gemeinschaften bestatteten, die teilweise aus Fremden bestanden,die vor der fränkischen Eroberung nach Gallien gekommen waren und dortnach der Eroberung Chlodwigs weiter existierten. Ohne jeden Zweifel sinddiese „östlichen“ Soldaten von römischen in fränkische Dienste übergegan-gen. Ihre Spuren verlieren sich im gallo-fränkischen Umfeld während deszweiten Drittels des 6. Jahrhunderts.

194 Prokop, Bellum Goticum I, 12.

174 Michel Kazanski, Anna Mastykova, Patrick Périn

Abb. 1. Donauländische Vorläufer ostgermanischer Mode im Westen. 1–4 Szabadbattyán;5 Zemun; 6 Region von Esztergom; 7 Zmajevo (1–4 nach Tejral, Zur Chronologie [Anm. 6];

5–7 nach Martin, Zur frühmittelalterlichen Gürteltracht [Anm. 101])

Die Archäologie der Westgoten in Nordgallien 175

Abb. 2. ‚Blechfibeln‘ aus Gallien. 1 Lezoux; 2 Arcy-Sainte-Restitue Grab 1094; 3 Straßburg;4 Tal der Saône; 5 Saint-Martin-de-Fontenay Grab 359; 6 Marchélepot (nach unterschied-lichen Vorlagen, zitiert bei Kazanski/Périn, Les Barbares [Anm. 2]; Bierbrauer, Les Wisigoths

[Anm. 4])

176 Michel Kazanski, Anna Mastykova, Patrick Périn

Abb. 3. Funde des Grabes 756 von Vicq (nach Servat, Example d’exogamie [Anm. 28])

Die Archäologie der Westgoten in Nordgallien 177

Abb. 4. ‚Silberblechfibeln‘ aus Gallien und Spanien. 1 Beire-le-Châtel; 2, 7 Chassemy; 3 TintoJuan de la Cruz; 4 Tiermes; 5 Marchélepot; 6 Envermeu; 8 Aldeanueva de San Bartolomé(1,2,4–8 nach unterschiedlichen Vorlagen, zitiert bei Bierbrauer, Les Wisigoths [Anm. 4];

Kazanski/Périn, Les Barbares [Anm. 2]; 3 nach Barroso u.a., Les yacimentos [Anm. 30])

178 Michel Kazanski, Anna Mastykova, Patrick Périn

Abb. 5. ‚Blechfibeln‘ aus Nordgallien. 1 Breny Grab 167; 2 Arcy-Sainte-Restitue Grab 1094;3 Chassemy Grab vom 31. 10. 1888 (nach Koch, Bügelfibeln [Anm. 12])

Die Archäologie der Westgoten in Nordgallien 179

Abb. 6. Funde aus spanischen Gräber mit Gewandbestandteilen donauländischer Tradition.1 Duratón Grab 190; 2 Duratón Grab 525 (nach Molinero Pérez, Duratón [Anm. 113]; Moli-

nero Pérez, Apartaciones [Anm. 55]; Bierbrauer, Les Wisigoths [Anm. 4])

180 Michel Kazanski, Anna Mastykova, Patrick Périn

Abb. 7. Funde aus spanischen Gräbern mit Gewandbestandteilen donau-ländischer Tradition. 1 Duratón Grab 553; 2 Duratón Grab 166 (nachMolinero Pérez, Duratón [Anm. 113]; Molinero Pérez, Apartaciones

[Anm. 55]; Bierbrauer, Les Wisigoths [Anm. 4])

Die Archäologie der Westgoten in Nordgallien 181

Abb. 8. Austattung von Gräbern mit Kleidungsbestandteilen donauländischerTradition. 1–4 Arcy-Sainte-Restitue Grab 1094; 5–13 Saint-Martin-de-FontenayGrab 359 (1–4 nach Vallet, Parures [Anm. 1]; 5–13 nach Pilet, Saint-Martin-de-

Fontenay [Anm. 1])

182 Michel Kazanski, Anna Mastykova, Patrick Périn

Abb. 9. Grab 140 von Nouvion-en-Ponthieu (nach Piton, Nouvion [Anm. 29])

Die Archäologie der Westgoten in Nordgallien 183

Abb. 10. Gräber mit Gewandbestandteilen in donauländischer Tradition. 1 Grigny Grab 19;2 Saint-Martin-de-Fontenay Grab 300 (nach Berthelier, Griguy [Anm. 88]; Pilet, Saint-Mar-

tin-de-Fontenay [Anm. 1])

184 Michel Kazanski, Anna Mastykova, Patrick Périn

Abb. 11. Fibeln westgotischer Tradition. 1 Frankreich; 2 Envermeu; 3 Arcy-Sainte-Restitue Grab 1727; 4 Joches; 5 Alovera; 6 Cutry Grab 859; 7 Ville-sur-Cousance;

8 Talavera de la Reina (1–4 nach Koch, Bügelfibeln [Anm. 12]; 5–8 nachBierbrauer, Les Wisigoths [Anm. 4])

Die Archäologie der Westgoten in Nordgallien 185

Abb. 12. Eine der Adlerfibeln von Castelsagrat(nach I Goti [Anm. 21])

186 Michel Kazanski, Anna Mastykova, Patrick Périn

Abb. 13. Armbrustfibeln aus Gallien und Spanien. 1, 12 Nouvion-en-PonthieuGrab 303; 2 Mondeville; 3, 13 Carpio de Tajo Grab B; 4, 5 Frénouville Grab 526;6 Duratón Grab 129; 7 Duratón Grab 144; 8 Duratón Grab 341; 9 Duratón Grab

177; 10 Madrona Grab 337; 11 Saint-Pierre-de-Vauvray (nach Bierbrauer,Les Wisigoths [Anm. 4])

Die Archäologie der Westgoten in Nordgallien 187

Abb. 14. Cloisonnéverzierte Beschläge. 1 Flamicourt; 2 Tressan; 3 Arcy-Sainte-Resti-tue; 4 Versigny; 5 Houdan; 6 Saint-Denis; 7 Saint-Martin-de-Fontenay Grab 741;8 Plaissan; 9 Monceau-le-Neuf; 10 Beaune Grab 324 (1 nach Eck 1895; 2, 4–8 nachunterschiedlichen Autoren, zitiert bei Bierbrauer, Les Wisigoths [Anm. 4]; 3 nachMoreau, Caranda [Anm. 148]; 9 nach Boulanger, Le mobilier funéraire [Anm. 162];

10 nach Gaillard de Sémainville u.a., Beaune [Anm. 58])

188 Michel Kazanski, Anna Mastykova, Patrick Périn

Abb. 15. Cabochonverzierte Beschläge. 1 Armentières; 2 Duratón Grab 229; 3 Saint-Martin-de-Fontenay Grab 712; 4 Duratón Grab 176; 5 Duratón Grab 80; 6 Marchélepot; 7 Muids;8 Buggingen; 9 La-Villeneuve-au-Châtelot Grab 4; 10 Envermeu (1–6, 8: nach unterschiedlichenAutoren, zitiert bei Martin, zur frühmittelalterlichen Gürteltracht [Anm. 101]; Bierbrauer,Les Wisigoths [Anm. 4]; 7,10 nach Lorren, Fibules [Anm. 29]; 9 nach Joffroy, Notes [Anm. 144])

Die Archäologie der Westgoten in Nordgallien 189

Abb. 16. Beschläge mit Blechbelag ohne sichtbare Verzierung. 1 Cys-la-Commune; 2 Saint-Martin-de-Fontenay Grab 388; 3 Saint-Martin-de-Fontenay Grab 504; 4 Saint-Martin-de-Fontenay Grab 389; 5 Duratón Grab 311; 6 Duratón Grab 439; 7 Aiguisy; 8 Chouy; 9 BrenyGrab 955 (1–6 nach unterschiedlichen Autoren, zitiert bei Bierbrauer, Les Wisigoths [Anm. 4];

7,8 nach Moreau, Caranda [Anm. 148]; 9 nach Kazanski, Breny [Anm. 1])

190 Michel Kazanski, Anna Mastykova, Patrick Périn

Abb. 17. Beschläge mit Pressblechauflage. 1 Hermes; 2 Caranda; 3 Duratón Grab 32; 4 Dura-tón Grab 166; 5 Frénouville Grab 529; 6 Mouy; 7 Carpio de Tajo Grab 116; 8 Carpio de TajoGrab 119 (nach unterschiedlichen Autoren, zitiert bei Martin, Zur frühmittelalterlichen

Gürteltracht [Anm. 101]; Bierbrauer, Les Wisigoths [Anm. 4])

Die Archäologie der Westgoten in Nordgallien 191

Abb. 18. Gräber mit donauländischen und spanisch-westgotischen Obkjekten. 1 Saint-Mar-tin-de-Fontenay Grab 741; 2 Cutry Grab 859; 3 Frénouville Grab 529; 4 Duratón Grab 176;

5 Duratón Grab 192 (nach Bierbrauer, Les Wisigoths [Anm. 4])

192 Michel Kazanski, Anna Mastykova, Patrick Périn

Abb. 19. Funde von „westgotischen“ Kleidungsbestandteilen außerhalb Spaniens(nach Bierbrauer, les Wisigoths [Anm. 4])