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Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie der Universität zu Köln Die niederländische Gesundheitsreform. Ein Modell für Deutschland Dr. Andreas Gerber Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie der Universität zu Köln

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Page 1: Die niederländische Gesundheitsreform. Ein Modell für Deutschland · 2006-07-03 · Die niederländische Gesundheitsreform. Ein Modell für Deutschland Dr. Andreas Gerber Institut

Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologieder Universität zu Köln

Die niederländische Gesundheitsreform.Ein Modell für Deutschland

Dr. Andreas GerberInstitut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie

der Universität zu Köln

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Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologieder Universität zu Köln

Kriterien eines Gesundheitssystemvergleichs bzw. der Übertragbarkeit

Access/ Zugang

Quality/Qualität

CostKosten

Quelle: Health and Public Policy Committee, American College of Physicians, 1987

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Gesundheitssystem/Gesundheitspolitik

Recht

Gesundheitssystem/Gesundheitspolitik

PolitischesSystem

Soziales Gefüge(Familie etc.)

Öffentliche Erwartun-gen und Wünsche

Medien

Gesundheitswesenim engeren Sinne

Versicherungs-system

Demographie- Alter- Schichtung- Diversifikation

Biomedizin/ Technologie

Werte des sozialen Lebens- Rechte des einzelnen- Lebensverlängerung

Kulturell geteilte Werte

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Wachstum beitragspflichtiger Einnahmen und des BIP im Vergleich (Basis 1980, alte Bundesländer*)

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

1,2

1,4

1980

1982

1984

1986

1988

1990

1992

1994

1996

1998

BIP

BeitragspflichtigeEinnahmen

Quelle: Wille, E.: Basis- und Zusatzversorgung in der GKV, 2001* Differenzierte Daten Ost-West nur bis 1998

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Fiktive beitragspflichtige Einnahmen 1998(bei Wachstum analog dem BIP)

Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologieder Universität zu Köln

Ist-Einnahmeentwicklung

• beitragspflichtige Einnahmen: 756,7 Mrd. €

• Beitragssatz: 13,54 %

Fiktive Einnahmen(bei Wachstum analog BIP)• fiktive beitragspflichtige

Einnahmen: + 91,09 Mrd. €(= 847,8 Mrd. €)

• Mehreinnahmen aus Beiträgen: 11,25 Mrd. €

• fiktiver Beitragssatz 12,2 % (./. 1,34 Prozentpunkte)

Quelle: Wille, E.: Basis- und Zusatzversorgung in der GKV, 2001

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Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologieder Universität zu Köln

Auswirkungen der Gesundheitssystemreformen auf den Beitragssatz

5

3,1

-2,9

-4,8

5,3

1,4

-3,7 -3,6

0,9

0,3 0,3

-3,4 -3,6

4

-0,3

-6

-4

-2

0

2

4

6

GK

V-Sa

ldo

[Mrd

. €]

0

2

4

6

8

10

12

14

16

durs

chni

ttl. B

eitr

agss

atz

[%]

GKV-Saldo GKV-Beitragssatz

1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2001 2003 2004

Gesundheitsreformen und Beitragssatzentwicklung

GRG GSG 1. + 2. NOG GR GMG

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Belastung des Faktors Arbeit im internationalen Vergleich?

0 €500 €

1.000 €1.500 €2.000 €2.500 €3.000 €3.500 €4.000 €4.500 €

D CH F NL PL UK USA

Reihe1

Gesundheitssystembedingte AGbelastung pro Beschäftigen pro Jahr in €(2000)

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Belastung des Faktors Arbeit im internationalen Vergleich?

0,0

2,0

4,0

6,0

8,0

10,0

12,0

14,0

16,0

D CH F NL PL UK USA

Reihe1

Gesundheitssystembedingte AGbelastung in % der Arbeitskosten (2000)

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Verdeutlichung des niedrigeren Morbiditätsrisikosder privat Versicherten

Verhältnis Private Krankenversicherung versus Gesetzliche Kran-kenversicherung nach Altersgruppen an Hand ausgewählter Parameter

Altersgruppe

Prävalenz von Krankheiten

(8 Datenpaare)

Arztbesuche

(3 Datenpaare)

Krankenhaus-aufenthalte

(1 Datenpaar)

Regelmäßige Medikamente

(1 Datenpaare)

Krankheits-tage (2

Datenpaare) 18-29 Jahre

0,68 0,88 0,43 0,99 0,65

30-39 Jahre

0,76 0,77 0,67 0,76 0,59

40-49 Jahre

0,84 0,86 0,71 0,86 0,68

50-59 Jahre

0,83 0,85 0,65 0,90 0,63

Quelle der Quantifizierung: Eigene Berechnungen

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Ergebnis aus Fertilität und Mortalität

zum 1.1., in Mio. 2001 2010 2030 2040

Bevölkerung 82,3 82,7 81,1 78,315-64-Jährige 55,8 54,6 49,1 45,365+ -Jährige 13,7 16,9 22,0 23,980+ -Jährige 3,1 4,1 6,2 7,6Altersquotient (%) 24,5 30,9 44,8 52,6((65+/(15-64))

Quelle: Prognos und Statistische Bundesamt

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Zusammenfassung Demografie

1. Es fehlen 10 Mio. Kinder in Deutschland. Dies entlastet kurzfristig die Krankenkassen, belastet sie jedoch bald.

2. Derzeit sind die geburtenstarken Jahrgänge der Baby-Boomer auf dem Höhepunkt der persönlichen Gesundheit und des Einkommens.

3. Momentan gehen relativ wenige Personen in den Ruhestand.

2006: 3-fache Entlastung2015-2020: 3-fache Belastung

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Rürup-Kommission Herzog-KommissionGesundheitsprämien:• Einheitl. Prämie von 264 Euro.• Bis 27,3 Mrd. Steuerzuschuss• Kapitaldeckung bis 2013.• Ausgliederung von Leistungsblöcken • PKV bleibt bestehen.

Die GrünenBürgerversicherung :• Alle Bürger inkl. PKV & Beamte.• Alle Einkommensarten mit unveränderter Beitragsbemessungsgrenze.• Einfrieren AG-Beitrag.• Gleichstellung von GKV und PKV

SPDBürgerversicherung :• Alle Bürger inkl. PKV & Beamte.• Alle Einkommensarten.• Beiträge nach Leistungsfähigkeit• Ablehnung von Kopfprämien.

Seehofer (CSU) CDUGesundheitsprämie:• Einheitl. Prämie von 180 Euro plus 20 Euro Kapitaldeckung.• Kinder und Einkommensschwache aus Steuermitteln, max. 15% Belast..• Auszahlung von 6,5% AG-Beitrag.• Beibehaltung PKV

Neue Bürgerversicherung • Beitragsbemessung in 2-Säulen getrennt.• Wettbewerb zwischen GKV und PKV sowie zwischen Leistungsanbietern.• Kapitalansparung über Rentenversicherung.

Bürgerprämie• Kombination von Einbeziehung aller Bürger mit Gesundheitsprämie.• Keine Kapitaldeckung im Gesundheitssystem. • Kinder aus Steuermitteln.•SVR-Wirtschaft (2004)

Neue Gesundheitsprämie • Gesundheitsprämie von 170 Euro.• Einkommensabhängiger Beitrag von 3% zur Finanzierung der sozialen Absicherung.

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Gesundheitsprämien:• Einheitl. Prämie von 210 Euro, Kinder frei.•Bis 14 Mrd. Steuerzuschuss• keine Kapitaldeckung• PKV mit portablen Altersrückstellungen

Bisher kein eigenes CSU-Modell, jedoch Eckpunkte von Seehofer:• Einbeziehung aller Bürger (Bürgerversicherung)• Kein Rückgriff auf Steuermittel• Eventuell gestaffelte Gesundheitsprämie an Einkommen.

Bürgerversicherung:•Alle Bürger inkl. PKV, Beamte• Alle Einkommensarten mit Beitragsbemessungsgrenze von 5.100 Euro• Zusatzversicherung für Luxusmedizin

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Was ist eigentlich „Bürgerversicherung“?

Die Grundpfeiler der Bürgerversicherung sind

1. einkommensabhängige Beitragsgestaltung (Solidarprinzip),

2. einheitliches Vertragsrecht (Wettbewerbsprinzip) und

3. Einheitlicher, umfassender Leistungskatalog (Qualitätsprinzip).

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Quelle: FAZ

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Welche Beitragsbemes-sungsgrenze?

PKV?Kinder?

Welche Einkünfte?

Wer legt fest?Risikostrukturausgleich?

Kartellrecht?

Wie denn?

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Was heißt das für die Patienten und Versicherten?

Kostendruck

• Im Pool-Modell sind nur noch Versicherte an Kostensteigerungen

beteiligt.

• Druck zur Effizienz oder Effektivität wird abgebaut.

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Was heißt das für die Patienten und Versicherten?

Wettbewerb

• Krankenkassen haben Anreiz, sich an der 0-Grenze zu bewegen.

• Bürokratie der Zu-/ Auszahlung

• Werbung mit nicht-effektiven Leistungen

• Wechsel der Krankenkassen wird weniger relevant werden mit

Tendenz zur Einheitskasse.

• Fusionen werden zunehmen.

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Was heißt das für die Patienten und Versicherten?

PKV und GOÄ

• Pool- Modell ist entweder extrem gut oder extrem schlecht für die

PKV.

• Absenkung der GOÄ wird von den Ländern gefordert.

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Was heißt das für die Patienten und Versicherten?

Demografie

• Demografie ist eine Options-Lösung, die allen Modellen

angegliedert werden kann.

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Was heißt das für die Patienten und Versicherten?

Und die Qualität der Versorgung?

• Qualität ist momentan kein Thema.

• Es fehlen Konzepte zur Messung, zur Auswertung und zur

Sanktionierung.

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Deutschland und Niederlande: Übertragbarkeit?

Leistungspaket unterschiedlich vs. für alle gleich

Zugang unterschiedlich vs. für alle gleich

Finanzierung unterschiedlich vs. für alle gleich

Modell der Niederlande trifft bei Übertragung auf völlig andere

Voraussetzungen, daher Übertragbarkeit 1:1 = ?

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Deutschland und Niederlande: Übertragbarkeit?

Weitere Kriterien:

Arbeitgeberbelastung?

Auffassung von Solidarität und sozialem Frieden?

Demographische Entwicklung

Bisherige Entwicklung: Einnahme- oder Ausgabendefizit?

Modell der Niederlande trifft bei Übertragung auf völlig andere

Voraussetzungen, daher Übertragbarkeit 1:1 = ?