die beziehungen zwischen tränensekretion und chronischem rheumatismus

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v. Graefes Archiv fiir Ophthalmologie 163, 389--396 (1961) Aus der Universit~ts-Augenklinik Leipzig (Direktor: Prof. Dr. SACHS~W~G~R) und aus dem Volksheilbad Bad Elster (Direktor: Dr. LACtt~gANN) Die Beziehungen zwischen Tr~inensekretion und ehronisehem Rheumatismus Von 6~. BLATZ Mit 5 Textabbildungen Problemstellung Die Iritis, die Skleritis, die Randgeschwfire der Hornhaut und ver- schiedene andere chronische oder rezidivierende Entzfindungen am Aug- apfel werden sehr oft als ,,rheumatisch" bezeichnet. Bei Reihenunter- suchungen chronischer Rheumatiker in Bad Elster liel~ sich aber kein geh~uftes Vorkommen derartiger Augenkrankheiten nachweisen (BLATZ), SO dal~ die Frage naeh typisehen Augenver/~nderungen beim chronischen Rheumatismus, mit Ausnahme der Spondylitis ankylopoetica, negativ bean~wor~e~ werden mul~te. Als letztm6gliehes Effolgsorgan des gtiologisch immer noch unvoll- stgndig geklgrten chronisehen Rheumatismus blieb am Auge nur noeh die Trgnendr/ise, deren Sehgdigung beim Sj6gren-Syndrom wohl- bekannt ist. Die Anzahl der wissenschaftlichen Arbeiten und der kasuistischen Mitteflungen ~uf dem Gebiet der Keratocon]unetivitis sicca, der Keratitis filiformis bzw. des S]6gren-Syndroms ~st sowohl auf der Seite der Ophthalmologen als auch ~uf der Seite der Rheumatologen aul~erordent- lich groin. Es handelt sieh dabei meist urn einzelne oder mehrere charak- teristisehe Krankheitsf~lle. GAITL~OF~n beriehtet als einziger fiber eine Reihenuntersuchung in einer Rheumazentrale, wobe~ er unter 456 Kran- ken 40 Sicea-Syndrome land. Eine verst~rkte Tr~nensekretion (T.S.) bei ehronischen Ver~nderungen im Bereieh der ~Ialswirbels~ule haben CREYX und LEVY an einigen F/~llen gesehen. Die Rheumatologen haben fiber eJne Ver~nderung der T.S. nur indirek~e Mitteilungen gemacht. Po~L erinnert an die Steigerung der T.S. beim Parkinsonismus, den er zum primer chronischen Rheuma- tismus in Parallele setzt. BEL~'r und HILLE~ besehreiben beim chro- nischen Rheumatiker Hyperhidrosis und Glanz~uge. VoG~ und ZVCKE~S~EIN sprechen yon einer rheumatisehen Strumitis, die zurHyper- thyreose ~fihren sell. In den ophthalmologischen Handbfichern nnd in den speziellen Ab- h~ndlungen yon T~I~, fiber die Herd~nfektion und yon M~LlCS fiber den Albrech~ v. Graefes Arch. Oph~haL Bd, 163 27

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v. Graefes Archiv fiir Ophthalmologie 163, 389--396 (1961)

Aus der Universit~ts-Augenklinik Leipzig (Direktor: Prof. Dr. SACHS~W~G~R) und aus dem Volksheilbad Bad Elster (Direktor: Dr. LACtt~gANN)

Die Beziehungen zwischen Tr~inensekretion und ehronisehem Rheumatismus

Von 6~. BLATZ

Mit 5 Textabbildungen

Problemstellung Die Iritis, die Skleritis, die Randgeschwfire der Hornhaut und ver-

schiedene andere chronische oder rezidivierende Entzfindungen am Aug- apfel werden sehr oft als ,,rheumatisch" bezeichnet. Bei Reihenunter- suchungen chronischer Rheumatiker in Bad Elster liel~ sich aber kein geh~uftes Vorkommen derartiger Augenkrankheiten nachweisen (BLATZ), SO dal~ die Frage naeh typisehen Augenver/~nderungen beim chronischen Rheumatismus, mit Ausnahme der Spondylitis ankylopoetica, negativ bean~wor~e~ werden mul~te.

Als letztm6gliehes Effolgsorgan des gtiologisch immer noch unvoll- stgndig geklgrten chronisehen Rheumatismus blieb am Auge nur noeh die Trgnendr/ise, deren Sehgdigung beim Sj6gren-Syndrom wohl- bekannt ist.

Die Anzahl der wissenschaftlichen Arbeiten und der kasuistischen Mitteflungen ~uf dem Gebiet der Keratocon]unetivitis sicca, der Keratitis filiformis bzw. des S]6gren-Syndroms ~st sowohl auf der Seite der Ophthalmologen als auch ~uf der Seite der Rheumatologen aul~erordent- lich groin. Es handelt sieh dabei meist urn einzelne oder mehrere charak- teristisehe Krankheitsf~lle. GAITL~OF~n beriehtet als einziger fiber eine Reihenuntersuchung in einer Rheumazentrale, wobe~ er unter 456 Kran- ken 40 Sicea-Syndrome land. Eine verst~rkte Tr~nensekretion (T.S.) bei ehronischen Ver~nderungen im Bereieh der ~Ialswirbels~ule haben CREYX und LEVY an einigen F/~llen gesehen.

Die Rheumatologen haben fiber eJne Ver~nderung der T.S. nur indirek~e Mitteilungen gemacht. Po~L erinnert an die Steigerung der T.S. beim Parkinsonismus, den er zum primer chronischen Rheuma- tismus in Parallele setzt. BEL~' r und HILLE~ besehreiben beim chro- nischen Rheumatiker Hyperhidrosis und Glanz~uge. V o G ~ und ZVCKE~S~EIN sprechen yon einer rheumatisehen Strumitis, die zurHyper- thyreose ~fihren sell.

In den ophthalmologischen Handbfichern nnd in den speziellen Ab- h~ndlungen yon T~I~, fiber die Herd~nfektion und yon M~LlCS fiber den

Albrech~ v. Graefes Arch. Oph~haL Bd, 163 27

390 G. BLATZ :

Rheumatismus wird die T.S. im Zusammenhang mit dem chronischen Rheumatismus nicht erws Wh' hielten es desha]b fiir notwendig, durch Reihenbestimmung der T.S. bei chronisch Rheumakranken dieser Frage nachzugehen, um damit eventue[l einen weiteren Einblick in das Krankheitsgeschehen des chronischen Rheumatismus zu bekommen.

Wit stellten uns folgende Fragen: 1. Is t die durchsehnittliche T.S. beim Rheumatiker qu~ntitativ ver-

s ? 2. H~ngt die durchschnittliche T.S. vom Alter ab ? 3. Wie sehen die H/~ufigkeitsverteflungen der niedrigen und tier hohen

T.S. beim Rheumatiker und beim b[ichtrheumatiker aus ? 4. Vers sich diese Verteilungen mit dem Alter ? 5. Hat die Krunkheitsdauer einen EinfluB auf die T.S. ? 6. Bestehen fiir die einzelnen Rheumaformen charakteristische Ab-

weichungen der T.S. ? 7. GehSrt das Sicca-Syndrom mit in den Formenkreis des typisch

chronischen Rheumatismus ?

Methodik Zur Messtmg der quantitativen T.S. stehen zwei Methoden zur Veffiigung, das

sind einmal der Schirmer-Test and zum auderen der ~luorescein-Verdfinnungstest nach iN'ovER und JA~G~R. Wegen tier schnelteren und einfaeheren Auswertung en~sehieden wit uns flit das Sehirmersche Verfahren. Li~ngsgeteilte, rosa Lackmus- papierstreifehen gleieher Produktion 1 wurden in beide im~ere Lidwinkel hinter das Unterlid eingelegt. Die Tageszeit der Untersuchungen lag zwischen 8 und 10 Uhr. Die naeh 5 rain durchfeuehtete Strecke wurde sofort in Millimeter abgemessen.

Ergebnisse In der Rheumaklinik Bad Elster warden 314Kranke untersucht,

zum Vergleich dienten 327 Patienten ohne Rheumatismus der chirur- gisehen Kliniken in Leipzig.

Die durchschnittliche T.S. lag bei den l~heumatikern bei 20 ram, w~hrend sie bei der VergleichsgTuppe nut 12 mm betrug. Eine Trennung nach Altersstufen s das Verhi~ltnis nieht, sie zeigte abet, dai~ die T.S. in beiden Gruppen mit dem Alter sinkt (Abb. 1).

Die hs Mei]werte lagen bei den l~heumatikern und bei den Vergleichspersonen unter 11 ram. Das war bei der Vergleiehsgruppe deutlieher als bei der Rheumatikergruppe ausgepr~gt (Abb. 2).

Mit zunehmendem Alter wurden in der Vergleiehsgruppe niedrige T. S.-Werte immer hi~ufiger, die Altersabhs kam bei der Rheuma- gruppe nieht so stark zum Ausdruck (Abb. 3). Eine altersentspreehende Teilung des Materials in starke und schwaehe T.S. nach dem Vorbild

Firma Feinehemie, Sebnitz.

Beziehungen zwischen Tr~nensekretion und ehronischem Rheumatismus 391

yon Nov~g u n d Jx~G~g zeigte, dab sich ira Alter yon 31- -40 J ah ren die starke u n d schwache T.S. der Ver- gleichsgruppe die Waage hielten, w/~hrend bei den R h e u m a k r a n k e n keine Gleichheit zus tande kam

Tabelle 1

Dutch schnittliche L ~ n g e der

B e ~ e u e h t ~ g s - s t r ecke i n m m

b e i m S c h i r m e r - T e s t

18 24 18 18 19 13 16 23

Darler des Rheumao~ -

tismu~e i n J a h r e n

1 - - 3 4 - - 6 7 - - 9

10--12 13--15 16--20 21--25

16 und mehr

Z a h l 4e r M e s s u n g e n

74 60 72 54 44 38 12 24

Tabelle 2

Dt~reh- s e h n i t t l i e h e L ~ n g e t ier

B e f e u c h t ~ a g s - s t r ecke i n r a m

b e i m S c h i r m e r - T e s t

24

23

19

17 12

R h e n m a f o r m

Spondylitis ankylopoetica

Sekund~r chronischer Rheumatismus

Primi~r chronischer Rheumatismus

Arthrosen Vergleichsgruppe

mffJ

gO

20

70

Z a h l de r M e s s u n g e n

3 ~

26

70 ~ 2OO

378

154 700 654

(Abb. 4). Die K u r v e n der le tz teren wiesen im Alter von 41- -50 Jah ren einen Knick auf.

o-lo z-go 21-3osz-~ mm f.s. Der unterschiedliche Kurvenver l au f wurde ADD. 2. T.S. V e r t e i l u n g s k m *-

ffir die P u n k t e 1--5, bezogen auf die yen. Vergleichspersonen, - - - - R h e u m a t i k e r . Absz i s se =

P u n k t e 1 ' - - 5 ' mi t einer I r r tumswahrschein- T.S. jeweilsinl0mmBefeueh- l ichkeit yon 0 ,05 - -1%, ffir den P u n k t 6, t u n g s s t r e e k e b e i m S c h i r m e r -

Tes t , O r d i n a t e -- Z a h l tier bczogen auf den P u n k t 6', mi t einer solchen iVIessungen yon 5% stat ist isch gesichert.

Wir haben die durchschnit t l iche T.S. ffir bes t immte Krankhei ts - dauern berechnet u n d in Tabelle 1 zusammengestel l t .

27*

I l l "~

400 -

Zusa/'nmen 11-30 31-.50 51-70 fohre

Abb . I . D u r o h s o h n i t t l i c h e T r ~ n e n s e k r e t i o n (T.S.) i n M i l l i m e t e r B e f e u c h t u n g s s t r e c k e b e i m S c h i r m e r - T e s t be i 327 K r a n k e n des C h i r u r g i s c h e n I t : l i n iken L e i p z i g ( I ) u n 4 314 c h r o n i s c h R h e l m a a k r a n k e n i n B a d E l s t e r (r~). D icke S g u l e n = D u r c h s c h n i t t der g e s a m t e n K o l l e k t i v e ; di imae S g u l e n = D u r c h s c h n i t t e b e i d e r I f o l l e k t i v e n a c h

A l t e r s g r u p p e n g e t r e n n t

392 G. BLATZ :

%

60

5O

3O

70

% ~0

50

% 60

50

qO

"'~ 30 xx~'\ \ dO

/ ~ . . . . 20 "." ~\ 20

/ 70 ~ 70

1 I I I 0-10 71-20 21-30 31-~0 ~l-mmT.S. 0-70 77-20 2.1-30,,W-'10 //7-rllOiTS.

71-30~T~hm 37-50,]'ahpe a b

xx~x

~x x l

O-lO 11"20 21-30 31-~10 q7-mrn~o c. 57- 70 Jah m

Abb. 3 a - - c . T .S . -Ver te i lungsk l l rven in 3 Als g e t r e n n t . - Vergleiehs- personen, - - - - - - Rheuma t ike r . a 11--30 3ahre (206 1V1essnngen); b 31--50 J ah re (364 Messllngeli); e 51- -70 J a h r e (596 13/J[essungen). Abszisse = T . S . jeweils in 10 inln Befeuchtungss t reeke be im Schirmer-Test , Ordinate -- Prozen~ der H~Lufigkeit im jeweiligen

Kol lek t iv

O - l O m m . 7"00 . . . . 71undmehPmm be/chmKronken 90 �9 ............... llundmehrmm I! Z~e/Rhez~mukm,nkon . . - . . . . . . O - 1 0 m m

70 x x \ x " '" '- , .. , . d . r ~ ~

I/O .z.~-..~..,,.~.

30 ",.

20 ~ 3// -"'~" ~..

70 7 ~. 2.,,.""

0 U" I I I I i I 11-20 21-30 3l-~zO //7-50 51-80 81-70 77-80

arahPe Abb. 4. I-I~Lufigkeitsver~nderungeli hoher u p . e l , niedr iger T . S . bei ehirurgiseh ]~ranken (Vergleiehspersonen) ulid Rheu laak ra l iken Ia i t znnehmel idem Alter. Abszisse = Alters-

g ruppen in 5ahreli . Ordiliate = Hauf igke i t in Prozelit . (Ziffern 1 - -6 siehe Text )

%

50

3O

20

%

60

40

~" 20

0-10 11-20 21-3037-~/0 ,~1-mmTS, a

% 6O

40 / , , ,

/ / / ~ 20

.10

I 0-10 ll-20 21-3031-~O ~?-mm}gS

b

I 0-70 II-20 21-J0 3~ ~ @I- m i n T S

a

Abb. 5 a - - c , H~uf igke i t sve r t e ihmg der R h e u m a t i k e r ( . . . . ) und der Vergleichspersoneli ( ) n a c h je 10 mma Befel leht lmgsstreeke be im Sehilmaer-Test (Abszisse) uJad Prozelis der Iii~ufigkeit (Ordinate) , a for p r i m e r ehroliisehen Rhel lm~t ismus (378 Messnngen);

b ffir sekundi~r ehronisehen lZhelmaatismns (70 ~r e fiir degenera t ive Gele l ikerkrankungen (154 Messullgen)

Beziehungen zwischen Trgnensekretion und chronisehem l~heumatismus 393

Eine offensichtliehe lineare Beziehung zwischen T.S. und Rheuma- dauer lg6t sich ~us der Tabelle weder erkennen noch statistisch siehern.

!~fir die einzelnen Formen des chronischen Rheumatismus wurde die durehschnittliche T.S. ebenfalls ermittelt. Tabelle 2 zeigt eine ent- sprechende Zusammenstellung.

Sie besagt, dab die T.S. yon der Spondylitis ankylopoetiea und dem sekundgr-chronischen Rheumatismus fiber den primgr-chronischen Rheu- matismus zu den Arthrosen abfgllt, aber in allen Fgllen fiber der Ver- gleichsgruppe liegt.

Wegen der offensichtlich versehiedenen dnrchsehnittlichen T.S. wurden zuss Verteilungsdiagramme angelegt (Abb. 5). Die Spon- dylitis ankylopoetica

Tabelle 3 haben wir wegen zu kleiner Zahlen dabei I I l~fessungen unter5mm Zahl alle~ Befeuchtungsstrecke

Alle I)iagramme wiehen absolut in % yon der Verteilung der Vergleiehsgruppe ab, zu- Vergleiehsgruppe sgtzlieh bestand ein Mgnner I 302 I 9 3,0

Frauen I 352 I 9 2,7 deutlicher Unterschied Zusammen 654 I 18 2,8 zwisehen den Verteilun- gen bei dem primgr- gheumatikmgruppe chronisehen und bei Manner I 194 7 3,6

Frauen 434 41 9,4 dem sekundgr-ehroni- Zusammen [ 628 48 I 7,6 " ' sehen Rheumatismus.

Zuletzt interessierten wir uns ffir die unteren Grenzwerte der T.S. ; wit haben dazu das Ergebnis aller Messungen unter 5 mm herangezogen. Das Vorkommen derartiger Werte wurde ffir l~heumatiker und Ver- gleichspersonen nach Mgnnern und Frauen getrennt in Tabelle 3 erfal]t.

Die Zusammenstellung zeigt, dab bei rheumakranken Frauen eine herabgesetzte T.S. viel hgufiger vorhanden ist als bei den Frauen der VergMehsgruppe. Der Unterschied ist mit einer Irrtumswahrschein- lichkeit yon 1% statistiseh gesiehert.

Diskussion Gegen den Schirmer-Test sind viele Einwgnde erhoben worden,

einmal weft der dureh den Papierstreifen hervorgerufene Sekretionsreiz differiert, zum anderen weft die Saugfghigkeit des Papieres Unterschiede hat, worauf yon EIs~cE~ besonders hingewiesen wurde. Trotz dieser m6glichen Ungenauigkeit und vet ahem mangels einer besseren Methode, die sich ffir Reihenuntersuchungen eignet, sind wir davon tiberzeugt, dad mit dem Sehirmer-Test bei groBen Reihen eine relativ siehere Orien- tierung m6glieh ist.

394 G. BLitz:

Beim chronischen Rheumatismus ist die durchschnittliche T.S. erhSht, wie es auch den Mitteilungen yon Po~L, HrLLE~ nnd BELA~T ZU entnehmen ist. Ffir diese Erh6hung werden verschiedene Ursachen angenommen nnd z.T. auch nachgewiesen. Po~L sieht die Ursache in Ver/~nderungen des Striopallidums. t t~LE~ weist eine Fehlsteuerung des Kohlenhydrat- und Wasserhaushaltes nach, deren GrS$e aber in keiner Beziehung zur Schwere des Rheumatismus steht. ZvcK~sT~I~ und VOGLE~ sprechen yon einer rheumatischen ,,Strumitis", die durch rheumatische Affektionen in der Gegend des Halses (VoGLE~), dutch Bakterientoxine allgemein (ZvoKERSTEI~) oder auch dutch Zerfalls- vorg/s ,,wie sie sieh bei der chronischen nicht fieberhaften Arthro- pathie abspielen" (Bi)~GE~), ausgelSst wird. Eine gesteigerte Thyroxin- produktion setzt die Wasserbindungsf/~higkeit des Gewebes herab, da- dureh kann sekundKr die T.S. ansteigen. Eine StimuHerung durch Bakterientoxine ffihrt in der Schilddrfise anf/~nglich zu Proliferation und Hyperplasie, sp/s aber zu degenerativen Ver/~nderungen; dadurch wird klar, weshalb zwischen Schwere des l~heumatismus und StSrung des Wasserhaushaltes keine lineare Beziehung bestehen kann.

C ~ Y x und LEvy machen eine Sympathicusreizung im Bereich der rheumatisch erkrankten ttalswirbels/~ule ffir eine fiberschie~ende T.S. verantwortlich. P~_LIAGA konnte einen Fall mit schwerer Arthrose der letzten ]talswirbel beobachten, der unter anfallsweisen Tr/inen lift, das nach entsprechender Behandlung der Wirbels/~ule verschwand. Eine letzte Erkl/~rung ffir e i n e gesteigerte T.S. ist die Reizung des Ganglion pterygopalatinum durch einen Focus ira Nasenrachenraum

Die Altersabh/~ngigkeit der T.S. ist bekannt, sie wurde yon N o v ~ und JAEGE~ mit dem Fluorescein-Verdfinnungstest nachgewiesen. Bei unserem etwas grSl~eren Vergleichsmaterial konnten wir mit dem Schirmer-Test bei /~hn]icher Auswertung fast die gleichen Vertellungs- kurven erhalten. Das spricht ffir eine relativ grol]e Genauigkeit unserer Ergebnisse. Da$ die Hs hoher T.S.-Werte sowohl bei der Ver- gleichsgruppe Ms auch bei der I~heumatikergruppe mit steigendem Lebensalter abnimmt, wurde bereits erw~hnt, dab abet diese Abnahme bei der I%heumatikergruppe nach der Altersstufe yon 41--50 Jahren fast zum Stillstand kommt, ist ~uffgllig (Abb. 4). Diese Besonderheit kann mit der endokrinen Involution des Alters zusammenhgngen, denn es ist bekannt, daIt endok~4ne Vergnderungen Beziehungen zum rheumatischen Krankheitsgeschehen haben.

Die durchschnittliche T.S. der einzelnen gheumaformen ist ver- schieden, ihre T.S.-Verteilungsdiagramme sind ungleich, wobei besonders der Unterschied zw~schen prim/~r chronischem und sekundgr chronischem Rheumatismus auffgllt. Daffir gibt es eine plausible Erkl/~rung: Die

Beziehungen zwischen Tr~nensekretion und chronischem Rheumatismus 395

Diagnosen wurden nach serologischen Gesichtspunkten gestellt (TICHY), wobei zwangsliiufig aueh eine Trennung nach verschiedenen Zerfalls- produkten im Serum erfolgte. Dadureh ist eine entspreehende Eh~- wirkung auf die T.S. gegeben.

GAULHOFER stellte bei seinen Reihenuntersuchungen in 9 % der Falle ein Sicca-Syndrom lest, bei unseren an Rheumatismus erkrankten Frauen war die T.S. ebenfalls in 9% der Falle sehr gering, aber nur bei einer Frau konnten wir eine Keratitis filiformis seben. Es kann sich bei diesen Fallen extrem niedriger T.S. nur um Ausnahmen handeln, weil nach den durehsehnitt]iehen Ergebnissen unserer Arbeit die T.S. bei Rheumatismus gesteigert ist. Das SjSgren-Syndrom laBt sieh also nieht mit in den Formenkreis des primar- und seknndar-chronischen l~heuma- tismus einbeziehen. Gleichzeitig mSchten wir darauf hinweisen, dM~ dutch eine extrem herabgesetzte T.S. allein noeh keine Keratitis fili- formis entsteht.

Die vorliegenden Ergebnisse entspreehen den bisherigen Kenntnissen fiber das Wesen des Rheumatismus Ms eines reaktionspathologischen Geschehens, das keine streng einheitliche Form besitzt, das teilweise vom vegetativen Nervensystem, teilweise vom Hypophysennebennieren- system abhangt und yon exogenen Faktoren ausgel6st wird. Die stagi- stisehe Bearbeitung wird dureh die Polymorphie des rheumatisehen Krankheitsbfldes sehr erschwert, so dab alle Ergebnisse mit den gleiehen Vorbehalten betrachtet werden mfissen, die aueh gegenfiber der Rheuma- diagnose geltend gemaeht werden.

Zusammeniassung Bei vergleichenden Untersuchungen der quantitativen Tranen-

sekretion (T.S.) an 314 Rheumatikern und 327 Vergleichspersonen mit Hilfe des Schirmer-Testes war festzustellen, dM~ die durchschnittliche T.S. beim l%heumakranken in jeder Altersstufe gesteigert ist. Mit zu- nehmendem Alter werden die hohen Sekretionswerte sowohl bei den Vergleichspersonen als auch bei den l~heumakranken seltener, wobei der Abfall innerhMb der t~heumatikergruppe im r Lebensjahr zum Still- stand kommt, was endokrine Ursachen vermuten lal3t. Von der Dauer des Rheumatismus ist die T.S. nicht abhangig. Die einzelnen l~heuma- formen unterscheiden sich in den Dnrchschnittswerten ihrer T.S. und aueh in den entspreehenden H~ufigkeitsvertellungen, wahrscheinlich bedingt durch eine verschiedene Pathogenese. Extrem niedrige T.S. stellt beim chronischen t~heumatismus eine Ausnahme dar, so dab die Keratitis flliformis, die nur in einem Fall beobachtet wurde, nicht mit zum Formenkreis des typischen chronischen l~heumatismus gerechnet werden kann.

396 G. BLATZ: Beziehungen zwisehen Trgnensekretion und l~heumatismus

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Dr. G. Bnx~z, Universitats-Augenklinik, Leipzig C 1, Liebigstr. 14