der umlaut von: tanja kirchhoff und susanne krüger

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Der Umlaut von: Tanja Kirchhoff und Susanne Krüger

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Page 1: Der Umlaut von: Tanja Kirchhoff und Susanne Krüger

Der Umlaut

von: Tanja Kirchhoff und Susanne Krüger

Page 2: Der Umlaut von: Tanja Kirchhoff und Susanne Krüger

Entstehungsprozess

Der Umlaut ist die Veränderung eines Vokals durch kombinatorischen Lautwandel

Dieser bezeichnet die teilweise oder völlige Assimilation eines Vokals an einen Laut, der in der folgenden Silbe steht

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Entstehungsprozess Im Ahd. begegnet man auch einem graphematisch

realisierten Wandel von /a/ zu /e/ Das kurze /a/ wird zu einem helleren /e/ (also a e),

wenn ein /i/ oder /j/ (palatal) in der darauf folgenden Silbe auftritt

Das bedeutet, dass das /a/ höher und weiter vorn artikuliert wird, deshalb charakterisiert man diesen Wandel als Aufhellung, partielle Assimilation (des Stammsilbenvokals a,o,u) und Palatalisierung

Der Umlaut, auch i/j- Umlaut genannt, ist im Ahd. als Primärumlaut sichtbar

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Primärumlautkraft krefti (statt krafti)

gast gesti (statt gasti)

lamb lembir

lang lengiro (Komperativ)

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Primärumlauthemmungen Jedoch gibt es es Ausnahmen, sogenannte

Umlauthemmungen, welche eintreten, wenn zwischen dem Wurzelvokal /a/ und dem /i/ oder /j/ der Folgesilbe eine der folgenden Konsonantenverbindungen /ht/, /hs/ oder /rw/ auftreten

Des Weiteren tritt diese Hemmung auf, wenn /i/ oder /j/ nicht in der direkten Folgesilbe, sondern erst in der übernächsten Silbe steht

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Primärumlauthemmungenmaht mahti (Plural)

wahsan wahsit (3.P.Sg. Präs.Ind.Aktiv)

garwjan

ahd. faterlich ->wenn i/j nicht in der direkten Folgesilbe steht

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Primärumlaut Da es im Ahd. Schwankungen zwischen gesprochener und

geschriebener Sprache gegeben hat, kam es zu Behinderungen in der Entwicklung der graphischen Umsetzung des Umlautes

In der Übergangsphase vom Ahd. zum Mhd. kam es zur Endsilbenabschwächung, d.h. das umlautbewirkende /i/ wurde zum /e/ abgeschwächt

Deshalb schwankt die Registrierung dieser Umlautphase stärker, als bei Vokaländerungen in der indogermanischen bzw. germanischen Zeit

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Funktionen des Umlautes Der Umlaut hat insgesamt 7 Funktionen Er wurde zur Bildung von Wortarten eines Stammes

verwendet. Zum Beispiel: gruoz => grüezen; got => götin; maht => mehtic.

Des Weiteren benutzte man den Umlaut um die Unterscheidung von Singular und Plural bei Substantiven zu kennzeichnen. Zum Beispiel: gast => geste; mûs => miuse; naht => nähte; huon => hüener.

Aber auch bei der Steigerung der Adjektive brauchte man den Umlaut. Zum Beispiel: lanc - lenger - lengest; grôz – groezer – groezest

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Funktionen des Umlautes Der Umlaut half bei der Unterscheidung von

Indikativ und Konjunktiv Präteritum der starken Verben. Zum Beispiel: wir/sie hulfen (Ind.) => hülfen (Konj.). Dabei werden die Wörter im Konjunktiv durchgehend mit /ü/ geschrieben.

Zudem verwendete man den Umlaut bei der Unterscheidung von Adjektiv (Umlaut) und Adverb. Zum Beispiel: schoene (Adjektiv) und schône (Adverb)

oder herte (Adjektiv) und harte (Adverb).

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Funktionen des Umlautes Auch bei der Unterscheidung der 2./3. Person Singular

Präsens Indikativ umlautfähiger starker Verben von den Präsensformen als Konjunktiv war der Umlaut notwendig. Zum Beispiel: du grebest, er grebet (Präsens Indikativ) aber du grabest, er grabe (Präsens Konjunktiv).

Der Umlaut kennzeichnete die 2. Person Singular Präteritum Indikativ der starken Verben. Zum Beispiel: ich nam, du naeme, ...

Nur bei der 2. Person Singular Präteritum benutzt man /ae/, sonst bei allen anderen Personen nur das /a/.

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Sekundärumlaut Probleme gibt es allerdings bei der zeitlichen Festlegung,

des Sekundärumlauts Nähere Erläuterungen siehe Anhang Folie 24

Der Sekundärumlaut wurde im Ahd. gesprochen, aber im Mhd. erst verschriftlicht, sodass er meistens dem Mhd. zugeordnet wird

Eine Vielzahl von Kurzvokalen, Langvokalen und Diphthongen erlangen durch den hellen Vokal /i/ oder /j/ in der Folgesilbe eine Aufhellung. Es werden hierbei die dunklen (also den nicht i ähnlichen) Vokale beeinflusst

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Sekundärumlaut

So werden die kurzen Vokale /a/ , /o/, /u/ dementsprechend zu /e/, /ö/, /ü/, und die langen Vokale /a/, /o/, /u/ werden zu /ae/, /oe/, /iu/.Die Diphthonge /uo/ und /ou/ werden in Folge dessen zu /üe/ und /öu/ umgelautet

ā

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Sekundärumlaut Diese Umlautung geschieht auch, wenn das /i/ oder /j/ in

dem Wort bereits ausgefallen ist

„ich valle“ „du vellest“ weil die 2. Pers. im Ahd. ein i hatte (vellis)(du fällst)

„ruom“ (Ruhm)

„rüemen“ weil es im Vor-Ahd. ruomjan hieß

Ehemaliges jan-Verb

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Rückumlaut Auf der anderen Seite kommt es aber auch vor, dass mit

dem Verlust des /i/ oder /j/ auch die Wirkung des Umlautes verschwindet

Nach langer Silbe ist das /i/ der Folgesilbe im Präteritum einiger schwachen Verben schon in voralthochdeutscher Zeit ausgefallen, sodass im Präteritum kein Umlaut erfolgen konnte.

Dieses Phänomen nannten die Grimms fälschlicherweise Rückumlaut, da sie der Auffassung waren, dass der Umlaut im Präteritum wieder rückgängig gemacht worden wäre

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Umlautloses Präteritum bei einigen schwachen Verben (sog. Rückumlaut)

hangtehengenbranntebrennenbuctebücken

druhte/dructe

drückenkusteküssenblanteblendendurstedürsten

fuogtefüegenkuolteküelennuztenützen

marhte/marcte

merkenkandekennensterben machen=töten=>starbtesterben

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Bedingungen des Sekundärumlautes a=>ä

Im Ahd. gibt es in bestimmten Fällen trotz folgenden /i/ kein Umlaut des /a/

In den wenigen Fällen, wofür heute /ä/ steht, standen im Mhd. /ä/ und /e/

So gibt es fünf Regeln, an denen man herausfinden kann wie das /ä/ entsteht.

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5 Regeln wann /a/ zu /ä/ wird1) So erscheint erstens der Sekundärlaut /ä/ vor einigen

Konsonanten, die eine umlauthemmende Wirkung hatten. Im allgemeinen gilt, wenn /a/ vor /ht/, /hs/, /h/ und /ch/ steht, dann wird das /a/ zu /ä/. Des Weiteren, wenn /a/ vor /r/ in Verbindung mit gewissen Konsonanten steht, besonders vor /rw/ und /rh/, sowie wenn /lh/ dem /a/ folgt

2) Zweitens erscheint /ä/, wenn ein /iu/ folgt3) Drittens erscheint ein /ä/, bei Ableitungen mit –lich, egal in

welcher vorhergehenden Silbe das /a/ steht4) Viertens, wenn man von der zweiten Folgesilbe ausgeht5) Fünftens entsteht bei jüngeren Neubildungen aus einem

anderen Vokal ein /ä/

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Beispiele für a => ä1) maht mähte (Pl.)

walh wälhisch2) alliu älliu3) vater väterlich

man mänlich4) arzzi ärze (Erz)5) schemen schämen

zemen zämenstabe stäbewalde wälde

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ā =>ae

Das lange ā wird durch ae umgelautet Es konnte sich nur schwer durchsetzen, da es durch /h/

gehemmt wurde Beispiel: smāhen neben smaehen So entfällt das ae bei der Analogie im Präsens und bei

starken Verben.

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Die Besonderheit bei der Annahme ä = ae bzw. ae = ä und ue = ü Für ä kann man immer ae schreiben, aber anders herum

kann man ae nicht durch ä ersetzen (gleiches gilt für ue = ü)

Zum einen gibt es fremdsprachige oder mehrteilige Wörter, wie Aero, Duell, Mensaessen und Guerilla bei denen diese Umsetzung nicht möglich ist

Auch Namen wie AEG, Israel, Buenos Aires und Bluebird werden diphthongisch ausgesprochen

Manchmal deuten oe und ue in Namen eine Dehnung an, wie bei Coesfeld und Soest bei denen keine Umlautung des einfachen Vokals gesprochen werden darf

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Literaturverzeichniszum Althochdeutschen:- Müffelmann, Friedrich: Althochdeutsch. Einführung in Grammatik

und Literatur. Bonn: Dümmler 1970zum Mittelhochdeutschen:- Boor, Helmut de und Wisniewski, Roswitha: Mittelhochdeutsche

Grammatik. 9. Auflage. Berlin, New York: de Gruyter 1984- Eggers, Hans: Deutsche Sprachgeschichte 2. Das Mittelhochdeutsche.

Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1965- Helm,Karl und Ebbinghaus, Ernst A.: Abriss der Mittelhochdeutschen

Grammatik 3. Auflage. Tübingen: Niemeyer Verlag 1966- Mettke, Heinz: Mittelhochdeutsche Grammatik. Laut- und

Formenlehre. 3. Auflage. Leipzig: Bibliographisches Institut 1970

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Literaturverzeichniszum Mittelhochdeutschen:- Paul, Hermann und Mitzka, Walther: Mittelhochdeutsche Grammatik.

19. Auflage. Tübingen: Niemeyer 1966- Paul, Herman/ Moser, Hugo/ Schröbler, Ingeborg: Mittelhochdeutsche

Grammatik. 20. Auflage. Tübingen: Niemeyer 1969- Weinhold, Karl: Mittelhochdeutsche Grammatik. 2. Auflage.

Paderborn: Schöningh 1967zur Sprachgeschichte:- Bergmann, Rolf und Pauly, Peter: Alt- und Mittelhochdeutsch.

Arbeitsbuch zum linguistischen Unterricht. 2. Auflage. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht 1978

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Literaturverzeichniszur Sprachgeschichte:- Dal, Ingerid: Untersuchungen zur germanischen und deutschen

Sprachgeschichte. Oslo, Bergen und Tromsö: Universitetsforlaget 1971

- Linke, Angelika/ Nussbaumer, Markus/ Portmann, Paul R.: Studienbuch Linguistik. 4. Auflage. Tübingen: Niemeyer 2001

- Polenz, Peter von: Geschichte der deutschen Sprache. 8. Auflage. Berlin, New York: de Gruyter 1972

- Schweikle, Günther: Germanisch-deutsche Sprachgeschichte im Überblick. 3. Auflage. Stuttgart: Metzler 1990

- Wells, Christopher J.: Deutsch: Eine Sprachgeschichte bis 1945. Tübingen: Niemeyer 1990

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Anhang Erläuterungen: Man geht davon aus, dass die Erweiterung des

Primärumlautes schon am Ende des Ahd. stattgefunden hat, denn der Wegfall des i-Vokals in der Folgesilbe geschieht gleichzeitig mit dem Erscheinen des Umlautes an sich

Das bedeutet, dass sich der i-Umlaut ungefähr gleichzeitig bildet, als der i-Vokal verschwindet